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ID0806521200

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/65 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 65. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Schwabe 4959 A Eintritt des Abg. Schmidt (Niederselters) in den Deutschen Bundestag . . . . . . . 4959 D Glückwünsche zum Geburtstag der Abg Frau Pieser 4959 D Begrüßung einer Delegation der Fraktion der Sozialistischen Partei Spaniens in der spanischen Abgeordnetenkammer . . . . 4959 D Regelung für die Einreichung von Fragen für die Woche nach dem 23. Januar 1978 . . 5037 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Schmidt, Bundeskanzler . . . 4960 A, 4987 B, 5039 D Dr. Kohl CDU/CSU 4973 C, 5041 D Wehner SPD 4987 D Genscher, Bundesminister AA 5012 D Adorno, Minister des Landes Baden-Württemberg 5019 D Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 5021 A Dr. Zimmermann CDU/CSU . . . . . . 5024 A Mischnick FDP . . . . . . . . . . . 5030 A Dr. Emmerlich SPD 5037 A Leber, Bundesminister BMVg . . . . 5044 C Dr. Vogel, Bundesminister MBJ . . . . 5046 A Präsident Carstens 4966 C Fragestunde — Drucksache 8/1417 vom 13. 01. 1978 Vertrautheit der mit der Arbeitsvermittlung betrauten Mitarbeiter der Bundesanstalt für Arbeit mit den Ursachen und Problemen der Frauenarbeitslosigkeit; Benachteiligung der Frauen bei der Stellenausschreibung der Arbeitgeber MdlAnfr A14 13.01.78 Drs 08/1417 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD MdlAnfr A15 13.01.78 Drs 08/1417 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . 4993 B, C, D, 4994 A, B, C, D ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . 4993 C, D, 4994 C ZusFr Frau Dr. Lepsius SPD . . . . . . 4994 A ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . . 4994 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 Förderung der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung der berufstätigen Frauen gemäß Nr. 9 der Entschließung der Internationalen Arbeitskonferenz vom Juni 1975; Registrierung der Stellenangebote bei den Arbeitsämtern getrennt nach Männern und Frauen MdlAnfr A19 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Diederich (Berlin) SPD MdlAnfr A20 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Diederich (Berlin) SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . 4995 A, B, C, D, 4996 A, B, C, D ZusFr Dr. Diederich (Berlin) SPD . . . . 4995 B ZusFr Frau Dr. Lepsius SPD . . . . 4995 C, D ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . 4996 A ZusFr Frau Steinhauer SPD 4996 B ZusFr Dr. Linde SPD 4996 C ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . 4996 D Gesundheitsschäden durch fehlerhafte oder technisch nicht zuverlässige medizinische Geräte; Rechtspflicht zur Überprüfung der Geräte MdlAnfr A21 13.01.78 Drs 08/1417 Löffler SPD MdlAnfr A22 13.01.78 Drs 08/1417 Löffler SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . 4997 A, B, C, D, 4998 A, B ZusFr Löffler SPD . . . . . . . 4993 B., C ZusFr Frau Steinhauer SPD 4997 D ZusFr Hansen SPD 4997 D ZusFr Franke CDU/CSU 4998 A ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . 4998 A ZusFr Dr. Jens (Voerde) SPD . . . . 4998 B Erhöhung des Beitragssatzes der Allgemeinen Ortskrankenkassen ab 1. Januar 1978 MdlAnfr A23 13.01.78 Drs 08/1417 Müller (Berlin) CDU/CSU MdlAnfr A24 13.01.78 Drs 08/1417 Müller (Berlin) CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . . 4998 B, C, 4999 A, B, C ZusFr Müller (Berlin) CDU/CSU . 4999 A, B, C Verfahren des Bundesamts für den Zivildienst bei der Einsetzung von Zivildienstleistenden bei kirchlichen bzw. karitativen Einrichtungen MdlAnfr A26 13.01.78 Drs 08/1417 Broll CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . . . . 4999 D Anrechnung des Wohngelds und des freien Wohnrechts landwirtschaftlicher Altenteiler bei der Ermittlung der Einkommensgrenze für die Befreiung von der Rezeptgebühr MdlAnfr A29 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Enders SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . 5000 A, B, C ZusFr Dr. Enders SPD 5000 B Eigene Versicherungspflicht der mitversicherten Ehefrau und der Kinder bei einem Einkommensanteil der Ehefrau von mehr als 370 DM monatlich MdlAnfr A30 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA 5000 C, D, 5001 A ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . . . 5000 D, 5001 A Ausschreibung der Stelle eines Heimleiters mit möglichst sozialdemokratischer Gesinnung durch das Arbeitsamt Aschaffenburg; Heim der Arbeiterwohlfahrt als Tendenzbetrieb im Sinne des § 20 des Arbeitsförderungsgesetzes MdlAnfr A31 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Bötsch CDU/CSU MdlAnfr A32 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Bötsch CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . . . 5001 A, B Entwicklung des Sozialismus in Deutschland MdlAnfr A116 13.01.78 Drs 08/1417 Sauter (Epfendorf) CDU/CSU MdlAnfr A117 13.01.78 Drs 08/1417 Sauter (Epfendorf) CDU/CSU Antw StMin Wischnewski BK . . . . 5001 C, D, 5002 A, B, C, D, 5003 A, B, C, D, 5004 A, B ZusFr Sauter (Epfendorf) CDU/CSU . . . 5001 D, 5002 A, 5003 B, C ZusFr Dr. Bötsch CDU/CSU . . . . . . 5002 A ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 5002 B, 5004 A ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 5002 B, 5003 C ZusFr Ey CDU/CSU . . . . . . . . . 5002 C ZusFr Müller (Berlin) CDU/CSU . . . . 5002 C ZusFr Lagershausen CDU/CSU 5002 D, 5004 B ZusFr Hansen SPD 5003 A, 5004 C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 5003 D ZusFr Conradi SPD 5004 A Erkenntnisse der Bundesregierung über den Aufenthalt des ehemaligen Vorsitzenden des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Um- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 III weltschutz, Hans-Helmut Wüstenhagen, nach dessen Vorsprache bei der deutschen Botschaft in Bangkok MdlAnfr A48 13.01.78 Drs 08/1417 Spranger CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 5005 A, B ZusFr Spranger CDU/CSU 5005 A ZusFr Dr. Möller CDU/CSU 5005 B ZusFr Conradi SPD 5005 B Beurteilung der Menschenrechtsverletzungen in Chile und in anderen Staaten MdlAnfr A120 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU MdlAnfr A121 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . . 5005 C, 5006 A, B, C, D, 5007 A, B, C ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 5005 D, 5006 A, 5007 B ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 5006 B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 5006 B ZusFr Frau Erler SPD . . . . . . . 5006 C ZusFr Kunz (Berlin) CDU/CSU 5006 D ZusFr Lagershausen CDU/CSU 5006 D Eintreten der Bundesregierung gegenüber der südafrikanischen Regierung für die Beendigung des Rassismus angesichts der Ermordung von Richard Turner und Steve Biko MdlAnfr A123 13.01.78 Drs 08/1417 Frau von Bothmer SPD MdlAnfr A124 13.01.78 Drs 08/1417 Frau von Bothmer SPD Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 5007 C, D, 5008 A, B ZusFr Frau von Bothmer SPD 5007 D, 5008 A, B Verstoß gegen Art. 2 des Moskauer Vertrages durch die Einmischung des sowjetischen Parteichefs Breschnew in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A128 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 5008 C, D, 5009 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 5008 D ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 5009 A Forderung des sowjetischen Ministerpräsidenten Kossygin nach Abschaffung der NATO und Ablehnung der Neutronenwaffe anläßlich des 60. Jahrestages der finnischen Unabhängigkeit; Auswirkungen auf die letzte NATO-Konferenz MdlAnfr A129 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 5009 B, C, D, 5010 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU . . . . . 5009 B, C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . . . . . 5009 D ZusFr. Dr. Corterier SPD . . . . . . . 5009 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 5010 A Aufnahme japanischer Terroristen sowie Unterstützung der PLO, der POLISARIO und der MPAIAC durch Algerien MdlAnfr A130 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Rose CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 5010 B, D, 5011 A ZusFr Dr. Rose CDU/CSU . . . . . . 5010 C, D ZusFr Frau Erler SPD . . . . . . . . 5010 D Rechtliche Grundlage der Leibes- und Gepäckvisitation des Bundesjugendsekretärs der Naturfreundejugend Deutschland auf dem Grenzbahnhof Kehl durch den Bundesgrenzschutz MdlAnfr A39 13.01.78 Drs 08/1417 Conradi SPD Antw PStSekr von Schoeler BMI . 5011 B, C, D ZusFr Conradi SPD . . . . . . . . . 5011 C ZusFr Hansen SPD . . . . . . . . . 5011 D Rechtliche Grundlage der Kontrolle eines Vortragsmanuskripts des Journalisten Henryk M. Broder durch Bundesgrenzschutzbeamte bei der Paßkontrolle im Flughafen Köln/Bonn MdlAnfr A40 13.01.78 Drs 08/1417 Conradi SPD Antw PStSekr von Schoeler BMI . 5012 A, B, C ZusFr Conradi SPD 5012 B, C Nächste Sitzung 5047 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5049* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 4959 65. Sitzung Bonn, den 19. Januar 1978 Beginn: 9.00 Uhr
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    Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 20. 1. Dr. van Aerssen * 20. 1. Dr. Aigner * 20. 1. Alber * 20. 1. Dr. Bangemann * 20. 1. Dr. Bayerl * 20. 1. Blumenfeld * 20. 1. Fellermaier * 20. 1. Flämig * 20. 1. Dr. Früh * 20. 1. Dr. Fuchs * 20. 1. Haase (Fürth) * 20. 1. Hölscher 20. 1. Höpfinger 20. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 20. 1. Dr. Jahn (Braunschweig) * 20. 1. Jung 20. 1. Dr. Klepsch * 20. 1. Klinker * 20. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete() entschuldigt bis einschließlich Dr. Kreile 20. 1. Frau Krone-Appuhn 27. 1. Lange * 20. 1. Lemmrich 20. 1. Lemp * 20. 1. Lücker * 20. 1. Luster * 20. 1. Müller (Mülheim) * 20. 1. Müller (Wadern) * 20. 1. Dr. Müller-Hermann * 20. 1. Schmidt (München) * 20. 1. Schreiber * 20. 1. Dr. Schwörer * 20. 1. Seefeld * 20. 1. Sieglerschmidt * 20. 1. Dr. Starke (Franken) * 20. 1. Dr. Todenhöfer 24. 2. Frau Dr. Walz * 20. 1. Dr. Warnke 20. 1. Wawrzik * 20. 1. Baron von Wrangel 20. 1. Würtz * 20. 1. Zeyer * 20. 1. Zywietz * 20. 1.
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    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Kollegin, ich beziehe das nicht auf den Oppositionschef allein, sondern ich sage, daß es bei einer Normalisierung der Beziehungen insgesamt zum Umgang miteinander gehört, daß man dort, wo man Verpflichtungen nicht erfüllt hat, das auch einsieht und es nicht verschweigt.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich fahre fort: Bis dahin aber bleibt es wichtigste praktische Aufgabe jeder deutschen Politik, zu ermöglichen, daß die Menschen der beiden deutschen Staaten zueinanderkommen. Wenn wir unter den gegebenen Umständen schon die Staaten nicht zusammenführen können, wollen wir das wenigstens für die Menschen möglich machen. Der Blick auf das langfristige Ziel der Einheit darf uns nicht hindern, das zu erreichen, was jetzt erreichbar ist. Um auf eine Bemerkung von Herrn Kollegen Kohl einzugehen: Auch insoweit in Übereinstimmung mit dem Bundeskanzler, Herr Kollege Kohl, darf ich noch einmal folgendes feststellen. Ich bitte, von dieser Zielsetzung her die Politik der Bundesregierung zu beurteilen und nicht von einer nichtautorisierten Studie her.
    Ein besonderer Prüfstein für die Entspannungspolitik ist und bleibt Berlin. Die Bundesregierung tritt zusammen mit den drei Mächten für die Rechte der Berliner ein, die Bindungen an die Bundesrepublik Deutschland aufrechtzuerhalten und zu entwikkeln. Das Viermächteabkommen hat Erhebliches zur Verbesserung der Lage beigetragen. Wir suchen zusammen mit den drei Mächten beharrlich das Einvernehmen mit der Sowjetunion, aber auch der DDR bei der strikten Einhaltung und vollen Anwendung aller seiner Bestimmungen. Wir sind bereit, unseren Beitrag dazu zu leisten, daß Berlin in Ruhe und Frieden seiner Aufgabe als Zentrum der Wirtschaft, Kultur und der Begegnung gerecht werden kann.
    Basis des Entspannungsprozesses ist ein militärisches Kräftegleichgewicht zwischen Ost und West.
    Ein starkes und einiges Bündnis ist daher nicht Gegensatz, sondern Voraussetzung jeder realistischen Entspannungspolitik. Präsident Carter hat im NATO-Rat bekräftigt, wie sehr sich sein Land dem Bündnis verpflichtet fühlt. Er hat zugleich bestätigt, daß Amerikaner und Europäer in der NATO-Strategie der „Flexiblen Erwiderung" einschließlich der für uns essentiellen Vorneverteidigung unverändert voll übereinstimmen. Der Beitrag, den die Vereinigten Staaten mit ihrem strategischen und taktischen Nuklearpotential und mit ihren konventionellen Streitkräften in Europa leisten, ist unabdingbar für die Sicherheit Europas und Amerikas. In Europa wird auch über die Sicherheit Amerikas entschieden.
    Die Übereinstimmung in diesen zentralen Bündnisfragen ist um so wichtiger, als sich das militärische Kräfteverhältnis in Europa im Bereich der nuklearen Mittelstreckenwaffen und im konventionellen Bereich unausgewogen darstellt. Der Warschauer Pakt rüstet mehr, als er für seine Sicherheit braucht.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    Die Verbündeten begegnen dieser bedenklichen Entwicklung mit der Bereitschaft, die Verteidigungsfähigkeit der Allianz zu stärken. Dazu muß auch die technologische Fortentwicklung im Bereich der konventionellen, der Mittelstrecken- und der taktisch-nuklearen Waffen gehören. Bei den dafür not- wendigen Beratungen und Entscheidungen des Bündnisses sollte sich niemand von außen hereinreden und von Kampagnen beeinflussen lassen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    Eine gegenteilige Haltung würde nicht nur unsere Sicherheitslage beeinträchtigen, sondern sie würde auch unsere Verhandlungsposition für Rüstungsbegrenzungs- und Rüstungskontrollverhandlungen mindern.

    (V o r sitz : Vizepräsident Frau Funcke)

    Für Beschlüsse des Bündnisses — nur dort können die Entscheidungen fallen — muß allein das legitime gemeinsame Sicherheitsbedürfnis entscheidend sein, ein Sicherheitsbedürfnis, das nicht auf Überlegenheit, sondern auf Gleichgewicht zielt.
    Militärisches Gleichgewicht aber ist Voraussetzung für politische Gleichberechtigung, d. h. für die Fähigkeit, die eigene Unabhängigkeit als Vorbedingung einer konstruktiven Politik der Entspannung zu bewahren.
    Andererseits sind die Verbündeten der NATO jederzeit bereit, ihre Verteidigungslasten zu verringern, sobald sich eine größere Ausgewogenheit der Kräfteverhältnisse ergeben würde — sei es, weil die Gegenseite weniger rüstet, sei es, weil sie ausgewogenen Vereinbarungen über Abrüstung und Rüstungskontrolle zustimmt. Einem fairen Interessenausgleich durch Verhandlungen wird die Allianz jederzeit vor autonomen Entscheidungen den Vorzug geben.



    Bundesminister Genscher
    Die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion rechnen damit, daß in absehbarer Zeit ein SALT-II-
    Abkommen geschlossen wird. Wir begrüßen diese Aussicht. Eines der wesentlichen Ergebnisse von SALT II wird die Parität bei den strategischen Trägern sein. Wir sehen darin einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung vor allem des strategischen Kräfteverhältnisses. Zugleich sehen wir, daß bei einer interkontinentalen Parität nuklearer Systeme das wachsende Übergewicht des sowjetischen Mittelstreckenpotentials an Bedrohlichkeit gewinnt. Das müssen wir bei der Beurteilung der militärischen Lage in Europa und bei den weiteren Rüstungskontrollverhandlungen in Rechnung stellen.
    Wir begrüßen es deshalb besonders, daß die Vereinigten Staaten ihren Willen unterstrichen haben, sich mit ihren Verbündeten eingehend zu beraten und die Sicherheitsinteressen des Bündnisses, d. h. aller seiner Partner in den bilateralen amerikanischsowjetischen Verhandlungen geltend zu machen. Wir sehen auch darin einen Beweis für die transatlantische Solidarität im Bündnis.
    Dieses Jahr wird uns — so hoffen wir — auch bei den MBFR-Verhandlungen weiterbringen. Wir erwarten, daß es in Wien bald zum Austausch und zur Erörterung der Streitkräfte-Daten der NATO und des Warschauer Pakts in Mitteleuropa kommt.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Die kollektiven Zahlen!)

    Das wird uns erlauben, die Verhandlungen voranzutreiben. Die Bundesregierung hat dazu wichtige Denkanstöße gegeben. Das wesentliche Verhandlungskonzept ist klar und überzeugend und verlangt vor allem von niemandem Unbilliges. Die Kernelemente dieses Konzepts sind Parität und Kollektivität sowie Selektivität bei der Einbeziehung von Waffen. Diese Elemente sind für unsere Position unverzichtbar.
    Wie bei allen Verhandlungen wäre auch hier Ungeduld ein schlechter Ratgeber.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    Schon heute kann gesagt werden — das sage ich an die Adresse derer, die die Wiener Verhandlungen mißtrauisch betrachten und mit Kritik bedenken —, daß der sicherheitspolitische Dialog, den die beiden Bündnissysteme in Wien führen, in sich selbst einen nicht zu überschätzenden Wert hat. Dieser Dialog verringert die Gefahr von Mißverständnissen und Fehlschlüssen. Deshalb liegt es im Interesse aller, daß diese Verhandlungen intensiv fortgeführt werden. .

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Gespräche oder Verhandlungen?)

    Die Diskussion über Abrüstung und Rüstungskontrolle wird aber in diesem Jahr nicht allein von SALT und MBFR bestimmt. Eine große Rolle kommt der Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen für Abrüstung zu, die im Mai und Juni in New York tagen wird. Hier geht es um eine Initiative der Dritten Welt. Sie will bei der Abrüstung und Rüstungskontrolle mehr Verantwortung
    übernehmen. Sie will aber zugleich die Industrieländer nachdrücklich an ihre Verantwortung erinnern.
    Die Bundesregierung hat diese Initiative von Anfang an unterstützt. Wir teilen den Wunsch der Entwicklungsländer, daß ein Ende des Wettrüstens politische und wirtschaftliche Kräfte für die Überwindung der Kluft zwischen Armen und Reichen auf dieser Welt freisetzen möge.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir erwarten von der Sondergeneralversammlung eine Stärkung des internationalen Vertrauens, einen Konsens über die Prioritäten bei der Abrüstung und starke Impulse für laufende und kommende Verhandlungen.
    Atlantisches Bündnis und Zusammenarbeit sind die notwendige Ergänzung zur Europäischen Einigung. Wir haben mit Befriedigung festgestellt, daß Präsident Carter bei seinem Besuch in Europa unterstrichen hat, daß er das europäisch-amerikanische Verhältnis als ein Verhältnis der Partnerschaft von Gleichberechtigten betrachtet. Europäer und Nordamerikaner leben in dem Bewußtsein eines gemeinsamen Erbes, und sie gehen einer gemeinsamen Zukunft entgegen. Gemeinsam müssen wir unsere freiheitliche politische Lebensordnung, aber auch unsere wirtschaftliche und soziale Stabilität bewahren und sichern. Ein tiefer Sinn der deutschamerikanischen Freundschaft liegt auch darin, zu dieser Aufgabe beizutragen.
    Präsident Carter hat die uneingeschränkte Unterstützung der Vereinigten Staaten zu einer Politik der europäischen Einigung zugesichert. Dabei wissen wir, daß diese Politik europäischer Einheit ein langfristiges Ziel ist. Die zu hoch gegriffenen Erwartungen des Beginns haben heute in einer vielleicht manchmal sogar verständlichen Gegenreaktion zu einem nicht minder ungerechtfertigten Pessimismus geführt. Dieser Pessimismus ist gefährlich, denn er lähmt. Wir müssen endlich zu einer ausgewogenen Haltung auch in der Europapolitik finden, die das Erreichte an realistischen Zielvorstelungen mißt.
    Die Gemeinschaft hat selbst in den schwierigen Jahren der weltweiten Wirtschaftskrise Fortschritte gemacht. Ich hebe nur die Intensivierungen der gemeinsamen Handels- und Außenwirtschaftspolitik und die gleichzeitige kräftige Entwicklung der außenpolitischen Zusammenarbeit hervor. Beides führte dazu, daß heute die Gemeinschaft der Neun in der Welt außerhalb ihrer Grenzen mehr als Einheit gesehen wird, als es innerhalb der Staaten der Gemeinschaft der Fall ist.
    Die Bundesregierung wird alles in ihren Kräften Stehende tun, um die Einigung Europas zusammen mit ihren Partnern voranzutreiben. Zu dieser Einigung gehört für uns das Ziel, die Europäische Union zu ereichen. Dazu gehört für uns eine möglichst baldige Festlegung des nun hoffentlich endgültigen Termins für die Direktwahlen zum Europäischen Parlament. Schließlich gehört für uns dazu auch unsere Offenheit, wie es der Bundeskanzler heute noch einmal unterstrichen hat, für den Beitritt Griechen-



    Bundesminister Genscher
    lands, Portugals und Spaniens zur Europäischen Gemeinschaft,

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    in voller Erkenntnis der wirtschaftlichen Probleme, die damit verbunden sind. Das ist und bleibt eine politische Entscheidung, die langfristig auch über unseren eigenen demokratischen Bestand entscheiden wird.

    (Beifall bei der FDP und der SPD und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir sehen wie diese beitrittswilligen Länder in ihrer Mitgliedschaft eine Garantie für ihre demokratische Lebensordnung. Daran haben wir alle ein vitales eigenes Interesse.
    Eine wichtige Aufgabe wird sein, die Abwehr der protektionistischen Tendenzen in der Weltwirtschaft und der Gemeinschaft selbst erfolgreich zu gestalten. Unter dem Druck der Arbeitslosigkeit hat überall die Versuchung zugenommen, Strukturprobleme durch Einfuhrbeschränkungen zu lösen oder, besser gesagt, zu verdecken. Das ist der falsche und ein gerade für die Gemeinschaft gefährlicher Weg. Die Gemeinschaft ist der größte Exporteur und Importeur der Welt. Eine Schrumpfung des Welthandels müßte also gerade die Europäische Gemeinschaft treffen.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Die Bundesregierung wird daher ihr ganzes Gewicht einsetzen, um zu bewirken, daß bei den GATT-Verhandlungen 1978 die Entscheidung für einen freien Handel fällt.
    Die vierte Grundlinie unserer Außenpolitik weist zu den Ländern der Dritten Welt. Die gegenseitige Abhängigkeit der Staaten ist heute global geworden. Sie umfaßt eben auch die Beziehungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Friede und wirtschaftliches Wachstum werden immer mehr unteilbar. Wir werden dessen unmittelbar gewahr, wenn wir etwa daran denken, was bei der Suche nach einem gerechten Frieden im Nahen Osten auch für uns als Europäer auf dem Spiel steht.
    Unsere Politik gegenüber den Ländern der Dritten Welt hat drei Ziele:
    Erstens. Wir wollen dazu beitragen, daß die Konflikte auch in diesen Regionen friedlich gelöst werden. So gesehen, ist unsere Politik gegenüber der Dritten Welt Teil unserer Friedenspolitik.
    Zweitens. Wir wollen in den politischen Beziehungen eine gleichberechtigte Partnerschaft aufbauen.
    Drittens. Wir wollen im wirtschaftlichen Bereich eine ausgewogene Ordnung der Zusammenarbeit herstellen, durch die die Entwicklungsländer mit gleichen Rechten und zunehmend mit gleichen Chancen in die Weltwirtschaft integriert werden.
    Im Blickpunkt steht zur Zeit der Nahe Osten. Die Friedensinitiative von Präsident Sadat hat eine neue Situation geschaffen. Sie hat in die Mauer des Mißtrauens und der Angst eine erste große Bresche geschlagen. Aber wir alle erkennen, daß es nicht in
    einem Anlauf gelingt, diese Mauer gänzlich niederzureißen. Nun kommt alles darauf an, daß die Beteiligten in den ungemein schwierigen Verhandlungen die Nerven behalten und die zähe Geduld aufbringen, durch die allein diese Verhandlungen vorangebracht werden können. Es kommt auch darauf an, meine Damen und Herren, daß alle, die die Möglichkeit dazu haben — ich schließe uns ein —, mithelfen, um die in den letzten Stunden entstandene Lage zu überwinden. Die historische Chance, die herbeigeführt wurde, muß genutzt werden. Eine dauerhafte Friedenslösung muß eine umfassende Lösung sein.
    Die Bundesregierung hat — zusammen mit ihren europäischen Partnern — ihre Auffassung über eine gerechte Friedenslösung und über die Substanz einer solchen Lösung wiederholt dargelegt, zuletzt in der Entschließung des Europäischen Rates in London. Nur auf dieser Grundlage lassen sich die Grundkonflikte in der Region beilegen. Nur so können Frieden und Stabilität in die Region einkehren. Nur so können die Völker des Nahen Ostens ihre Kräfte endlich auf den Ausbau ihrer Volkswirtschaften konzentrieren, statt sie in einem Rüstungswettlauf zu vergeuden.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: Sehr gut!)

    Nur so schließlich kann sich die Region in Unabhängigkeit und Selbständigkeit — frei von äußeren Einflüssen — entwickeln. Ich betone noch einmal das vitale Interesse der Europäer — auch der Bundesrepublik Deutschland — an einer gerechten Friedenslösung im Nahen Osten. Deshalb werden wir alles in unseren Kräften Stehende tun, um zur Erreichung dieses Ziels beizutragen.
    Um die friedliche Lösung von Problemen geht es auch in zahlreichen Regionen Afrikas: am Horn von Afrika, in der Westsahara, im Süden Afrikas. Im südlichen Afrika, in Rhodesien, Namibia und Südafrika, heißt die Alternative heute: Evolution und Reform oder Revolution und Rassenkrieg.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Der Wandel ist unaufhaltbar. Es geht darum, ihn in friedlichen und geordneten Bahnen zu vollziehen. Dazu will die Bundesregierung beitragen. Darum geht es auch, wenn wir — oft kritisiert — mit den Befreiungsbewegungen und ihren Vertretern sprechen.

    (Dr. Corterier [SPD]: Sehr gut!)

    Darum geht es, wenn wir aktiv an der Namibia-Initiative der fünf im Sicherheitsrat vertretenen westlichen Mächte teilnehmen. Darum geht es, wenn wir Südafrika mit Nachdruck zu einem Kurs der Reformen zu bewegen versuchen. Fest steht: Die Konflikte in Afrika müssen von den Afrikanern gelöst werden; ihre Lösung ist schwer genug. Sie darf nicht zusätzlich erschwert werden, indem in sie ein fremder Konflikt, der Ost-West-Gegensatz, hineingetragen wird.
    Das führt mich zum zweiten Ziel unserer Politik gegenüber der Dritten Welt: Eine stabile politische Zusammenarbeit zwischen den Industrie- und Entwicklungsländern kann heute nut mehr auf dem Prinzip der absoluten Gleichberechtigung begrün-



    Bundesminister Genscher
    det werden. Das Streben nach Einflußsphären richtet sich gegen die stärkste Kraft der Dritten Welt, nämlich den unbedingten Willen dieser Völker zur Unabhängigkeit. Die Staaten der Dritten Welt haben ihre Unabhängigkeit nicht errungen, um sich einem neuen Versuch zu beugen, sie zu beherrschen. Auch hier steht übrigens die Politik der Entspannung auf dem Prüfstand. Nur wenn sie als unteilbar verstanden und entsprechend behandelt wird, werden die außereuropäischen Rahmenbedingungen für die Entspannungspolitik in Europa gesichert sein.
    Die Grundlage unserer Politik überall in der Welt ist die Achtung des Selbstbestimmungsrechts der Nationen. Das entspricht nicht nur unseren Wertvorstellungen, wie die eigene Verfassung sie ausdrückt, sondern das ist auf die Dauer auch die einzige realistische und erfolgversprechende Politik.
    Die Welt braucht im Verhältnis der Industrie-
    und der Entwicklungsländer eine stabile Ordnung gleichberechtigter Zusammenarbeit. In den wirtschaftlichen Beziehungen setzt das voraus, daß wir die Kluft zwischen armen und reichen Ländern stetig verringern. Ein Vierteljahrhundert hat der Ost-West-Gegensatz die Weltpolitik beherrscht; er ist nicht überwunden, aber während er andauert, schiebt sich mehr und mehr in den Vordergrund der Gegensatz zwischen Nord und Süd. Die Bundesrepublik Deutschland als einer der großen Industriestaaten muß an der Aufgabe, diesen Gegensatz durch einen gerechten Interessenausgleich zu überwinden, aktiv mitwirken. Seien wir uns dieser historischen Verantwortung voll bewußt!
    Die Aufgabe lautet, eine Weltwirtschaft zu schaffen, die das doppelte Ziel erreichbar macht: stabiles Wachstum in den Industrieländern und beschleunigtes, überproportionales Wachstum in den Entwicklungsländern. Eine beschleunigte Entwicklung in der Dritten Welt nützt auch uns selbst; so uneigennützig sind wir dabei gar nicht. Die Expansion des Handels zwischen Industrie- und Entwicklungsländern könnte geradezu die Rolle jenes Antriebsmotors übernehmen, die in den 50er und 60er Jahren die Ausweitung des Handels der Industrieländer untereinander spielte.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich habe 1975 zu Beginn des Nord-Süd-Dialogs in meiner Rede vor der 7. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen dargelegt, daß eine Weltwirtschaftsordnung, die auf das doppelte Ziel stabilen Wachstums und beschleunigter Entwicklung gerichtet ist, auf marktwirtschaftlicher Grundlage möglich ist, ja, diese Ziele nur auf marktwirtschaftlicher Grundlage erreicht werden können.
    Lassen Sie mich noch auf einen Punkt eingehen, der gerade angesichts der Probleme, die wir in den Industriestaaten haben, von besonders zentraler Bedeutung ist. Ich meine die Öffnung unserer Märkte für die Fertigwaren der Dritten Welt. Nur wenn wir dazu bereit sind, können wir die aus der Kolonialzeit überkommene Austauschstruktur überwinden, bei der die Industrieländer Fertigwaren, die Entwicklungsländer vorwiegend Rohstoffe liefern;
    nur so können wir eine wirtschaftliche Ordnung gleichberechtigter Partnerschaft erreichen. Der Strukturwandel, der mit einer Öffnung der Märkte verbunden ist, stellt uns gewiß vor Anpassungsprobleme, die wir durch Hilfen für die Betroffenen erträglich machen müssen. Aber langfristig ist der Strukturwandel auch im eigenen Interesse. Wer exportieren will, muß auch bereit sein zu importieren — nicht nur Rohstoffe und Energie.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die Grundlinien unserer Außenpolitik laufen in einem Ziel zusammen: eine außenpolitische und eine außenwirtschaftliche Umwelt zu schaffen und zu erhalten, in der unsere Wertvorstellungen gedeihen und in der wir unsere eigene Unabhängigkeit bewahren und anderen bei der Sicherung ihrer Unabhängigkeit zur Seite stehen können. Das Jahr 1978 ist auch außenpolitisch ein Jahr der Möglichkeiten, aber auch der Risiken. Das Maß unseres Erfolges — ich meine hier die Bundesrepublik Deutschland in ihrer Gesamtheit — wird auch davon abhängen, ob es uns in diesem Hause gelingt, in sachlicher Aussprache einen Grundkonsens für die Wahrnehmung unserer nationalen Interessen zu finden. Die Bundesregierung ist dazu unverändert bereit.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat als Mitglied des Bundesrates Herr Minister Adorno, BadenWürttemberg.

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    Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Die von Ihnen, Herr Bundeskanzler, heute morgen in Ihrer Regierungserklärung gegenüber der Landesregierung von Baden-Württemberg erhobenen Vorwürfe wegen unserer Haltung zu dem von der Bundesregierung vorgeschlagenen Bund-Länder-Programm

    (Zuruf von der SPD: Sind gerechtfertigt!)

    zur Energieeinsparung bedürfen einer klarstellenden Erwiderung.
    Die Landesregierung von Baden-Württemberg wendet sich nicht gegen das von der Bundesregierung angestrebte Ziel. Sie hält eine stärkere Einsparung von Heizenergie für unerläßlich. Die Landesregierung wendet sich jedoch gegen die konkrete Ausgestaltung des geplanten Programms. Dies hat nichts, wie der Herr Bundeskanzler formulierte, mit politischer Konfrontation und schon gar nichts mit „provinzieller Wichtigtuerei" zu tun. Solche Äußerungen lassen auf ein merkwürdiges Verständnis für die verfassungsrechtlich garantierten Kompetenzen der Länderregierungen und der Länderparlamente schließen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Derartige Aussagen sind daher auch nicht geeignet, zur Verbesserung des Bund-Länder-Verhältnisses beizutragen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Nach Auffassung der baden-württembergischen Landesregierung ist das Programm verfassungspoli-



    Minister Adorno
    tisch bedenklich, konjunkturpolitisch falsch und ordnungspolitisch verfehlt.

    (Zurufe von der SPD)

    Es hat erneut die grundsätzliche verfassungspolitische Problematik der immer mehr überhandnehmenden Mischfinanzierungsprogramme von Bund und Ländern deutlich gemacht und die grundsätzlichen Bedenken der Landesregierung in dieser Frage verstärkt.
    Bereits heute wird ein Drittel des gesamten Investitionsspielraums des Landes durch Mischfinanzierungstatbestände ausgefüllt.

    (Zuruf von der SPD)

    Der Bund ist damit auf dem Wege, den Bereich der Mischfinanzierung immer weiter auszudehnen und damit das Haushaltsrecht der Länder auszuhöhlen.
    Die Verwirklichung des Bund-Länder-Programms würde die Länder zu erheblichen Streichungen in anderen, von den Landtagen mit höchster Priorität ausgestatteten Bereichen zwingen. In Baden-Württemberg sind das z. B. die Investitionen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze für die junge Generation, die Förderung des Mittelstands und die Wohnungsmodernisierung. Das neue Programm würde eine Verschiebung der Prioritäten bewirken, die in dieser Rigorosität nicht hingenommen werden kann.
    Baden-Württemberg befindet sich keineswegs in einer starren Anti-Haltung gegenüber dem Bund

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Nein, in einer flexiblen Anti-Haltung!)

    und wird die Durchführung gewachsener Gemeinschaftsaufgaben, Herr Kollege Schäfer, wie beispielsweise des sozialen Wohnungsbaus, auch künftig unterstützen. Andererseits können sich die Länder jedoch nicht länger durch ständig neue Mischfinanzierungsprogramme unter Druck setzen lassen. Nach Auffassung der Landesregierung ist daher eine Einschränkung der Gemeinschaftsaufgaben und eine Reduzierung der Möglichkeiten für Investitionshilfen des Bundes nach Art. 104 a des Grundgesetzes erforderlich, um einer weiteren Aushöhlung des Föderalismus Einhalt zu gebieten.

    (Wehner [SPD] : Das hat die Priorität bei Ihnen!)

    Die Koppelung des Programms mit einer Erhöhung der Heizölsteuer ist nach Auffassung der Landesregierung auch konjunkturpolitisch nicht richtig. Sie belastet die Wirtschaft und die Verbraucher auf Dauer zusätzlich mit jährlich 500 Millionen DM, die für Investitionen und privaten Konsum dann nicht mehr zur Verfügung stehen. Die volkswirtschaftliche Steuerquote, die in den letzten Jahren zwischen 22 und 24 % lag, hat schon jetzt die Rekordmarke von 25 % überschritten.

    (Dr. Ehmke [SPD] : Sie ist niedriger als 1969, als wir anfingen!)

    — Das ist kein Argument dafür, daß wir das jetzt so beibehalten müssen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Böhme [Freiburg] [SPD])

    Diese Belastung trifft vor allem die Verbraucher und das Kleingewerbe, also eine Bevölkerungsgruppe, die nach den letzten Steuerbeschlüssen durch Steuerentlastungen zu vermehrten Geldausgaben im Bereich des Konsums angeregt werden soll. Eine Konjunktur- und Steuerpolitik, die mit der einen Hand nimmt, was sie mit der anderen Hand gibt, ist widersprüchlich und muß ihr Ziel verfehlen.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Wie klug!)

    Baden-Württemberg würde durch die Erhöhung der Heizölsteuer in besonderem Maße benachteiligt werden. Wenn das Fünfjahresprogramm verwirklicht würde, erhielte das Land insgesamt 300 Millionen DM an Bundeszuschüssen. Demgegenüber würden die baden-württembergischen Verbraucher über die höhere Heizölsteuer insgesamt 400 Millionen DM in die Bundeskasse zahlen.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Hört! Hört!)

    Das Verfahren des Bundes, seinen Anteil am Programm voll durch eine vorausgehende Verdoppelung der Heizölsteuer zu finanzieren, weist auch ordnungspolitisch einen bedenklichen Weg. Die ordnungspolitisch richtige Entscheidung, nämlich die Finanzierung aus dem allgemeinen Steueraufkommen vorzunehmen — soweit dies überhaupt Aufgabe des Staates ist —, wird lediglich den Ländern zugemutet. Eine solche Zumutung widerspricht nicht nur dem Gebot der Gerechtigkeit; sie sprengt auch, wenn wir ihr stattgäben, den Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten.
    Nach Auffassung der baden-württembergischen Lanndesregierung müssen dem Bürger durch eine Tarifreform allgemeine Steuerleichterungen gewährt und dadurch seine Eigeninitiative gestärkt werden.
    Da der Bund diesen Weg aber nicht gehen will, ist die Landesregierung bereit, die — wie Sie, Herr Bundeskanzler, es formuliert haben — weltweit als wichtig anerkannte Aufgabe des Sparens von Heizenergie durch eine wesentliche Ausweitung des bisherigen Landesenergieprogramms in verstärktem Umfang in Angriff zu nehmen; Die Landesregierung wird dabei den Bürger beim Einsparen von Energie unterstützen, ohne ihn gleichzeitig finanziell zusätzlich zu belasten.
    Dieses Programm wird aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden und im Jahre 1978 ein Volumen von 50 Millionen DM umfassen. Durch dieses Förderprogramm können private Investitionen in einer Größenordnung von etwa 200 Millionen DM angekurbelt werden; eine höhere Summe würde das in Baden-Württemberg ohnehin ausgelastete Ausbaugewerbe kaum verkraften können.
    Das Landesprogramm sieht einen breiteren förderungsfähigen Aufwand als das Bundesprogramm vor; insbesondere bezieht es Lärmschutzmaßnahmen in die Förderung ein. Dadurch werden Überhitzungserscheinungen in einzelnen Gewerbezweigen vermieden. Uns erscheint es deshalb angebracht, vor zusätzlichen Maßnahmen zunächst mit einem flexiblen



    Minister Adorno
    und wohldosierten Landesprogramm weitere Erfahrungen auf diesem Gebiet zu sammeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Böhme [Freiburg] [SPD] : Parteinutzen vor Bürgernutzen! — Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Sie tun Ihre Pflicht und sagen, was man Ihnen aufgeschrieben hat!)