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    5. Bundeskanzler.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/65 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 65. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 Inhalt: Nachruf auf den Abg. Schwabe 4959 A Eintritt des Abg. Schmidt (Niederselters) in den Deutschen Bundestag . . . . . . . 4959 D Glückwünsche zum Geburtstag der Abg Frau Pieser 4959 D Begrüßung einer Delegation der Fraktion der Sozialistischen Partei Spaniens in der spanischen Abgeordnetenkammer . . . . 4959 D Regelung für die Einreichung von Fragen für die Woche nach dem 23. Januar 1978 . . 5037 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Schmidt, Bundeskanzler . . . 4960 A, 4987 B, 5039 D Dr. Kohl CDU/CSU 4973 C, 5041 D Wehner SPD 4987 D Genscher, Bundesminister AA 5012 D Adorno, Minister des Landes Baden-Württemberg 5019 D Dr. Graf Lambsdorff, Bundesminister BMWi 5021 A Dr. Zimmermann CDU/CSU . . . . . . 5024 A Mischnick FDP . . . . . . . . . . . 5030 A Dr. Emmerlich SPD 5037 A Leber, Bundesminister BMVg . . . . 5044 C Dr. Vogel, Bundesminister MBJ . . . . 5046 A Präsident Carstens 4966 C Fragestunde — Drucksache 8/1417 vom 13. 01. 1978 Vertrautheit der mit der Arbeitsvermittlung betrauten Mitarbeiter der Bundesanstalt für Arbeit mit den Ursachen und Problemen der Frauenarbeitslosigkeit; Benachteiligung der Frauen bei der Stellenausschreibung der Arbeitgeber MdlAnfr A14 13.01.78 Drs 08/1417 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD MdlAnfr A15 13.01.78 Drs 08/1417 Frau Dr. Martiny-Glotz SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . 4993 B, C, D, 4994 A, B, C, D ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . 4993 C, D, 4994 C ZusFr Frau Dr. Lepsius SPD . . . . . . 4994 A ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . . 4994 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 Förderung der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung der berufstätigen Frauen gemäß Nr. 9 der Entschließung der Internationalen Arbeitskonferenz vom Juni 1975; Registrierung der Stellenangebote bei den Arbeitsämtern getrennt nach Männern und Frauen MdlAnfr A19 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Diederich (Berlin) SPD MdlAnfr A20 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Diederich (Berlin) SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . 4995 A, B, C, D, 4996 A, B, C, D ZusFr Dr. Diederich (Berlin) SPD . . . . 4995 B ZusFr Frau Dr. Lepsius SPD . . . . 4995 C, D ZusFr Frau Dr. Däubler-Gmelin SPD . . 4996 A ZusFr Frau Steinhauer SPD 4996 B ZusFr Dr. Linde SPD 4996 C ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . 4996 D Gesundheitsschäden durch fehlerhafte oder technisch nicht zuverlässige medizinische Geräte; Rechtspflicht zur Überprüfung der Geräte MdlAnfr A21 13.01.78 Drs 08/1417 Löffler SPD MdlAnfr A22 13.01.78 Drs 08/1417 Löffler SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . 4997 A, B, C, D, 4998 A, B ZusFr Löffler SPD . . . . . . . 4993 B., C ZusFr Frau Steinhauer SPD 4997 D ZusFr Hansen SPD 4997 D ZusFr Franke CDU/CSU 4998 A ZusFr Frau Dr. Martiny-Glotz SPD . . 4998 A ZusFr Dr. Jens (Voerde) SPD . . . . 4998 B Erhöhung des Beitragssatzes der Allgemeinen Ortskrankenkassen ab 1. Januar 1978 MdlAnfr A23 13.01.78 Drs 08/1417 Müller (Berlin) CDU/CSU MdlAnfr A24 13.01.78 Drs 08/1417 Müller (Berlin) CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . . 4998 B, C, 4999 A, B, C ZusFr Müller (Berlin) CDU/CSU . 4999 A, B, C Verfahren des Bundesamts für den Zivildienst bei der Einsetzung von Zivildienstleistenden bei kirchlichen bzw. karitativen Einrichtungen MdlAnfr A26 13.01.78 Drs 08/1417 Broll CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . . . . 4999 D Anrechnung des Wohngelds und des freien Wohnrechts landwirtschaftlicher Altenteiler bei der Ermittlung der Einkommensgrenze für die Befreiung von der Rezeptgebühr MdlAnfr A29 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Enders SPD Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . 5000 A, B, C ZusFr Dr. Enders SPD 5000 B Eigene Versicherungspflicht der mitversicherten Ehefrau und der Kinder bei einem Einkommensanteil der Ehefrau von mehr als 370 DM monatlich MdlAnfr A30 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA 5000 C, D, 5001 A ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . . . 5000 D, 5001 A Ausschreibung der Stelle eines Heimleiters mit möglichst sozialdemokratischer Gesinnung durch das Arbeitsamt Aschaffenburg; Heim der Arbeiterwohlfahrt als Tendenzbetrieb im Sinne des § 20 des Arbeitsförderungsgesetzes MdlAnfr A31 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Bötsch CDU/CSU MdlAnfr A32 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Bötsch CDU/CSU Antw StSekr Frau Fuchs BMA . . . . 5001 A, B Entwicklung des Sozialismus in Deutschland MdlAnfr A116 13.01.78 Drs 08/1417 Sauter (Epfendorf) CDU/CSU MdlAnfr A117 13.01.78 Drs 08/1417 Sauter (Epfendorf) CDU/CSU Antw StMin Wischnewski BK . . . . 5001 C, D, 5002 A, B, C, D, 5003 A, B, C, D, 5004 A, B ZusFr Sauter (Epfendorf) CDU/CSU . . . 5001 D, 5002 A, 5003 B, C ZusFr Dr. Bötsch CDU/CSU . . . . . . 5002 A ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 5002 B, 5004 A ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD 5002 B, 5003 C ZusFr Ey CDU/CSU . . . . . . . . . 5002 C ZusFr Müller (Berlin) CDU/CSU . . . . 5002 C ZusFr Lagershausen CDU/CSU 5002 D, 5004 B ZusFr Hansen SPD 5003 A, 5004 C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 5003 D ZusFr Conradi SPD 5004 A Erkenntnisse der Bundesregierung über den Aufenthalt des ehemaligen Vorsitzenden des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Um- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 III weltschutz, Hans-Helmut Wüstenhagen, nach dessen Vorsprache bei der deutschen Botschaft in Bangkok MdlAnfr A48 13.01.78 Drs 08/1417 Spranger CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 5005 A, B ZusFr Spranger CDU/CSU 5005 A ZusFr Dr. Möller CDU/CSU 5005 B ZusFr Conradi SPD 5005 B Beurteilung der Menschenrechtsverletzungen in Chile und in anderen Staaten MdlAnfr A120 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU MdlAnfr A121 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . . 5005 C, 5006 A, B, C, D, 5007 A, B, C ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 5005 D, 5006 A, 5007 B ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 5006 B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 5006 B ZusFr Frau Erler SPD . . . . . . . 5006 C ZusFr Kunz (Berlin) CDU/CSU 5006 D ZusFr Lagershausen CDU/CSU 5006 D Eintreten der Bundesregierung gegenüber der südafrikanischen Regierung für die Beendigung des Rassismus angesichts der Ermordung von Richard Turner und Steve Biko MdlAnfr A123 13.01.78 Drs 08/1417 Frau von Bothmer SPD MdlAnfr A124 13.01.78 Drs 08/1417 Frau von Bothmer SPD Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 5007 C, D, 5008 A, B ZusFr Frau von Bothmer SPD 5007 D, 5008 A, B Verstoß gegen Art. 2 des Moskauer Vertrages durch die Einmischung des sowjetischen Parteichefs Breschnew in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A128 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . 5008 C, D, 5009 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 5008 D ZusFr Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . 5009 A Forderung des sowjetischen Ministerpräsidenten Kossygin nach Abschaffung der NATO und Ablehnung der Neutronenwaffe anläßlich des 60. Jahrestages der finnischen Unabhängigkeit; Auswirkungen auf die letzte NATO-Konferenz MdlAnfr A129 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 5009 B, C, D, 5010 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU . . . . . 5009 B, C ZusFr Voigt (Frankfurt) SPD . . . . . 5009 D ZusFr. Dr. Corterier SPD . . . . . . . 5009 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 5010 A Aufnahme japanischer Terroristen sowie Unterstützung der PLO, der POLISARIO und der MPAIAC durch Algerien MdlAnfr A130 13.01.78 Drs 08/1417 Dr. Rose CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 5010 B, D, 5011 A ZusFr Dr. Rose CDU/CSU . . . . . . 5010 C, D ZusFr Frau Erler SPD . . . . . . . . 5010 D Rechtliche Grundlage der Leibes- und Gepäckvisitation des Bundesjugendsekretärs der Naturfreundejugend Deutschland auf dem Grenzbahnhof Kehl durch den Bundesgrenzschutz MdlAnfr A39 13.01.78 Drs 08/1417 Conradi SPD Antw PStSekr von Schoeler BMI . 5011 B, C, D ZusFr Conradi SPD . . . . . . . . . 5011 C ZusFr Hansen SPD . . . . . . . . . 5011 D Rechtliche Grundlage der Kontrolle eines Vortragsmanuskripts des Journalisten Henryk M. Broder durch Bundesgrenzschutzbeamte bei der Paßkontrolle im Flughafen Köln/Bonn MdlAnfr A40 13.01.78 Drs 08/1417 Conradi SPD Antw PStSekr von Schoeler BMI . 5012 A, B, C ZusFr Conradi SPD 5012 B, C Nächste Sitzung 5047 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 5049* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 65. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Januar 1978 4959 65. Sitzung Bonn, den 19. Januar 1978 Beginn: 9.00 Uhr
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    Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 20. 1. Dr. van Aerssen * 20. 1. Dr. Aigner * 20. 1. Alber * 20. 1. Dr. Bangemann * 20. 1. Dr. Bayerl * 20. 1. Blumenfeld * 20. 1. Fellermaier * 20. 1. Flämig * 20. 1. Dr. Früh * 20. 1. Dr. Fuchs * 20. 1. Haase (Fürth) * 20. 1. Hölscher 20. 1. Höpfinger 20. 1. Hoffmann (Saarbrücken) * 20. 1. Dr. Jahn (Braunschweig) * 20. 1. Jung 20. 1. Dr. Klepsch * 20. 1. Klinker * 20. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete() entschuldigt bis einschließlich Dr. Kreile 20. 1. Frau Krone-Appuhn 27. 1. Lange * 20. 1. Lemmrich 20. 1. Lemp * 20. 1. Lücker * 20. 1. Luster * 20. 1. Müller (Mülheim) * 20. 1. Müller (Wadern) * 20. 1. Dr. Müller-Hermann * 20. 1. Schmidt (München) * 20. 1. Schreiber * 20. 1. Dr. Schwörer * 20. 1. Seefeld * 20. 1. Sieglerschmidt * 20. 1. Dr. Starke (Franken) * 20. 1. Dr. Todenhöfer 24. 2. Frau Dr. Walz * 20. 1. Dr. Warnke 20. 1. Wawrzik * 20. 1. Baron von Wrangel 20. 1. Würtz * 20. 1. Zeyer * 20. 1. Zywietz * 20. 1.
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    was muten Sie uns, was muten Sie mir an Glaubensbereitschaft zu, wenn ich höre, daß die Behauptung von Ihrer Seite kommt — bei Ihnen hat es der Regierungssprecher gesagt; Herr Leber hat es selber vor der Pressekonferenz gesagt —, Sie seien nicht informiert worden? Ich muß Ihnen ganz einfach sagen: dies nehme ich Ihnen nicht ab,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wie bei Kühn und Osswald!)

    und zwar deswegen, weil es unwahrscheinlich ist, daß ein Mann, der Regierungschef wird, der viele Jahre Bundesverteidigungsminister war, der die leitenden Beamten doch alle dort persönlich kennt, so wenig Interesse an dieser_Tätigkeit haben sollte, daß er sich nicht selbst informiert hätte. Herr Bundeskanzler, Sie haben eine so hohe Zahl auch durchaus hochqualifizierter Mitarbeiter. Ich würde auch jedes Vertrauen gegenüber diesen verlieren, wenn nicht einer in diesen Monaten zu Ihnen gekommen wäre und zu Ihnen gesagt hätte: Herr Bundeskanzler, das ist doch ein ganz dickes Ding, das ist eine Sache, wo alles mit hochgehen kann, wo Sie die 'Regierung umbilden müssen. — Denn das, was Sie vorhin zu Georg Leber sagten, das war Nachruf, das war keine Zukunftsperspektive.

    (Beifall und Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Sie werden uns schon erläutern müssen: Wie ist das möglich? Ich will ein ganz einfaches Beispiel bringen. In einer sehr viel kleineren, nicht ganz vergleichbaren Ebene war ich selbst Regierungschef. Ich wäre doch, wenn ich gelesen hätte: „Da ist ein Spionagefall", mindestens auf den Gedanken gekommen nachzufragen. Wenn Sie in Ihrer hoheitlichen Überzeugung schon nicht selbst lesen, dann lassen Sie doch lesen und es sich anschließend sagen.

    (Heiterkeit bei der CDU/CSU)

    Ich verstehe nicht, daß nicht die ganze Öffentlichkeit aufsteht und sagt: Wie kann ein Mann Richtlinien der Politik bestimmen, der erklären läßt, er habe das nicht zur Kenntnis genommen?
    Beim Bundesverteidigungsminister will ich es etwas vorsichtiger formulieren. Nach all dem, was er im Wahlkreis, in der SPD und sonstwo erlebt hat, sind so viele Verdrängungsprozesse in Gang gekommen, daß er möglicherweise auch diese Dinge verdrängt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Kollege Leber, Sie haben am 13. Dezember 1977 im Zweiten Deutschen Fernsehen auf die Frage: „Seit wann ist Ihnen der volle Umfang des Spionagefalls bekannt?" erklärt: „Der ist mir jetzt noch nicht bekannt." Der Bundeskanzler hat am 14. Dezember durch den Regierungssprecher erklären lassen — ich zitiere —, „Schmidt habe keine genaueren und tieferen Erkenntnisse haben können als der Verteidigungsminister". Da muß ich Sie wirklich fragen: Was ist das für eine Politik? Da beginnt der eigentliche Skandal.
    Wenn Sie, Herr Kollege Leber, und wenn Sie, Herr Bundeskanzler, erst so viele Monate danach erfahren haben, wie gravierend dieser Spionagefall ist, dann ist doch auch offensichtlich im Ministerium gar nicht abgeschottet worden. Da ist doch gar nicht versucht worden, sofort überall dicht zu ma-



    Dr. Kohl
    chen, damit nicht weitere Entwicklungen dieser Art vonstatten gehen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich kann Ihnen nur sagen: Das ist eine unglaubliche Leichtfertigkeit, mit der Sie hier entweder mit der Wahrheit oder mit Ihrer Amtspflicht umgehen. Eines von beiden kann nur richtig sein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Daß dieser Schlendrian eintreten konnte, Herr Bundesminister Leber, ist die Folge Ihrer Parteipolitik, Ihrer Parteibuchwirtschaft, Ihres Parteibuchnepotismus, in dem Gesinnung und Parteibuch anstelle von fachlicher Qualität getreten sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Da hilft kein Beschönigen: Es sind über tausend wichtige Dokumente diesen Spionen zugänglich gewesen. Wenn jetzt Neunmalkluge sagen: „Den Spionen war zwar das Dokument zugänglich; aber das ist noch nicht der Beweis, daß die Spione das verraten haben", dann muß ich Ihnen sagen: Das ist eine Mentalität, über die man in der Tat nur den Kopf schütteln kann. Für wie dumm halten Sie eigentlich den Deutschen Bundestag und den Wähler in der Bundesrepublik?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es sind über tausend Dokumente, wichtigste Dokumente, verraten worden. Herr Bundeskanzler und Herr Bundesverteidigungsminister, auch da kann es keinen Streit geben: Diese Dokumente waren so wichtig, daß sie den drei Obleuten des Verteidigungsausschusses — sage und schreibe: drei Abgeordneten des Deutschen Bundestages —, die aus ihrer parlamentarischen und persönlichen Qualifikation und Funktion heraus besonderes Vertrauen verdienen, nicht zugänglich gemacht werden konnten.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Und jetzt heißt es, diese Dokumente seien gar nicht so wichtig.
    Wir werden darauf drängen, daß ohne Rücksicht auf Personen die deutsche Öffentlichkeit die volle Wahrheit erfährt; denn daß hier unsere Bündnisfähigkeit in Frage gestellt wird, daß man in Brüssel in drastischster Weise reagiert, das wissen Sie doch selbst.
    Ich gehe nicht so weit, Herr Kollege Leber, aus Gesprächen und Dokumenten der Botschaften zu zitieren, wie Sie das bei anderer Gelegenheit mir gegenüber hier getan haben, aber wenn Sie noch einen Funken von Verständnis für Ihre eigene Lage aufbringen, dann gehen Sie nach Hause und lesen Sie die Berichte des NATO-Botschafters zu diesem Punkte nach.
    Meine Damen und Herren, der Herr Bundeskanzler hat hier in einer Weise über das Thema innere Sicherheit gesprochen, daß ich — nach diesen schlimmen sechs Wochen, die wir gemeinsam durchstehen mußten — ganz einfach sagen muß: Das ist schwer, schwer erträglich. An diesem Vorgang ist einmal mehr die politische Erpreßbarkeit, die Handlungsunfähigkeit der Regierung in einer penetrant peinlichen Weise deutlich geworden. Immer wieder, Herr Bundeskanzler, haben Sie — nicht zuletzt hier im Bundestag nach der Ermordung von Hanns Martin Schleyer — erklärt, es werde alles Erforderliche getan, um diesen Terrorismus in Zukunft wirksamer bekämpfen zu können. Sie sagten einmal — das ist nicht indiskret, es war in einem großen Kreise; diesen Satz habe ich noch in Erinnerung —: Ich, Helmut Schmidt, bin bereit,- bis an die Grenzen des in einem Rechtsstaat Möglichen zu gehen. Zehn Mitbürger wurden im letzten Jahr in der Bundesrepublik — in einem Fall außerhalb der Bundesrepublik — von Terroristen ermordet. Dem letzten dieser bitteren Reihe, Hanns Martin Schleyer, ist durch die gemeinsame Entscheidung im großen Krisenstab das denkbar schwerste Opfer zugemutet worden.
    Wir alle waren uns damals darin einig, daß dieser freiheitliche Rechtsstaat mit dem Terrorismus fertig werden kann, daß er die Herausforderung zurückschlagen muß, daß er nicht erpreßbar werden darf. Wir waren uns auch einig, daß alle in einem Rechtsstaat zulässigen administrativen und gesetzgeberischen Mittel eingesetzt werden müssen, um diesem schrecklichen Spuk ein Ende zu machen. Nur unter dieser Voraussetzung war und ist das Opfer von Hanns Martin Schleyer moralisch zu rechtfertigen. Untätigkeit — aus welchen Gründen auch immer — nimmt diesem Opfer jeden Sinn und unserem Tun, unserem Mittragen — das gilt für alle demokratischen Gruppen — die moralische Rechtfertigung. Wer jetzt noch zögert — nach all dem, was wir erlebt haben, und nach dem, was wir möglicherweise noch erleben werden — unseren Rechtsstaat wehrhaft zu machen, der verwirkt das Recht, von einem oder von vielen Bürgern Opfer zu verlangen, etwa dann, wenn erneut der Versuch unternommen wird, unseren Staat zu erpressen. Es ist völlig unerträglich, daß wir nach diesen Erfahrungen mit bloßem Stückwerk auf den Terrorismus antworten. Es ist unerträglich, meine Damen und Herren, wenn die Entschlossenheit zum Handeln an den Gräbern der. Opfer immer wieder in Worten zum Ausdruck kommt, daß aber Handeln ausbleibt. Trauerreden haben wir genug gehört.
    Niemand in diesem Hause würde seine Hand reichen, rechtsstaatlich fragwürdige oder gar unzulässige Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus vorzuschlagen oder zu beschließen. Aber, meine Damen und Herren, es ist doch bisher nicht in einem einzigen Fall überhaupt ein solcher Vorschlag gemacht worden. Weder ein einzelner noch die Summe der in diesem Hohen Hause zur Terrorismusbekämpfung eingebrachten Vorschläge tastet die Substanz unserer Verfassung an. Jeder dieser Vorschläge hat Vorbilder in anderen Ländern, in großen, alten, liberalen, moralisch unantastbaren Demokratien. Im Blick auf die besonders umstrittenen Punkte — Verteidigerausschluß, Verteidigerüberwachung — wurde doch bei der Ausarbeitung des Bundesjustizministeriums vor Wochen und Monaten ausdrücklich auf diese, ich sage es bewußt: moralische Grundlage hingewiesen. Dennoch, Herr Bundeskanzler, ist seit dem Tode Hanns Martin Schleyers nichts geschehen.
    Heute vor 86 Tagen haben wir ihn zu Grabe getragen. Seine Familie, seine Freunde blicken uns fra-



    Dr. Kohl
    gend an, stellen Fragen. Dabei liegen doch die Vorschläge seit langem auf dem Tisch. Ich habe nie erklärt, daß die Vorschläge der CDU/CSU allein letzte Weisheit seien. Wir haben unsere Kompromißbereitschaft immer wieder erklärt. Das alles wurde unter den Tisch gewischt. Der Dringlichkeitskatalog zur Verteidigerüberwachung wurde abgelehnt. Denken Sie an die Äußerungen des Generalbundesanwalts vor ein paar Tagen in Stammheim. Zur Sicherungsverwahrung: Sie selbst, Herr Bundeskanzler, haben doch — wie ich auch — in diesen Wochen gesagt, daß dies das wichtigste Instrument ernsthafter Terrorismusbekämpfung ist. Herr Maihofer weiß dies, Herr Genscher weiß dies, wir alle wissen das. Verschärfung der Strafbestimmungen gegen terroristische Vereinigungen, Verschärfung des Haftrechts, Erschwerung der Strafaussetzung bei Bewährung — ich will nur diese wenigen Punkte nennen —, jede dieser Maßnahmen ist rechtsstaatlich absolut unbedenklich. Diese Maßnahmen sind nach unserer und noch viel mehr nach der Erfahrung der mit der Bekämpfung des Terrorismus unmittelbar betroffenen Beamten des Bundes und der Länder zwingend geboten. Auch das ist ein Punkt, den man einmal bedenken muß. Was muten wir eigentlich den Beamten zu, die seit Monaten rund um die Uhr und aus vielerlei Gründen bisher, Gott sei es geklagt, nicht mit sonderlichem Erfolg gesegnet, ihre Pflicht tun, wenn sie sehen, daß wir unsere Pflicht nicht tun?

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)

    Alle diese Vorschläge, Herr Bundeskanzler, sind rechtsstaatlich völlig in Ordnung. Sie sind zwingend geboten; ihre Eignung für den Bereich der Terrorismusbekämpfung wird auch in Ihren eigenen Reihen nicht bestritten.
    Was ich in diesem Zusammenhang als so schlimm empfinde, Herr Bundeskanzler, ist, daß Sie ja im wesentlichen in Ihrem Inneren genauso denken wie ich, daß Sie aber wegen bestimmter Gruppen in der eigenen Fraktion nicht den Mut aufbringen, endlich Zivilcourage zu beweisen und das Richtige zu tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das verbale Zugeständnis, daß die Zusammenarbeit aller demokratischen Kräfte bei der Terrorismusbekämpfung nicht von vornherein auszuschließen ist, ist doch eine bare Selbstverständlichkeit. Aber wo bleibt der Wert im parlamentarischen Alltag? Wir haben interfraktionelle Gespräche zur Genüge geführt. Wir, der Kollege Zimmermann und ich, waren bei Ihnen zu allen möglichen Besprechungen. Aber was ist herausgekommen? Alle unsere Vorschläge wurden kompromißlos abgelehnt. Statt dessen, meine Damen und Herren, wurde mit den Stimmen der Koalitionsmitglieder im Rechtsausschuß ein Minimalkatalog von vier gesetzgeberischen Maßnahmen beschlossen. Jetzt überlegen Sie — das war schon fast nichts und hat die Blöße kaum bedeckt — Nicht einmal das können Sie morgen hier lesen. Es wird jetzt bis zum Februar verschoben, und Sie wissen noch gar nicht, ob Sie es im Februar zuwege bringen. Das zeigt — und ich sage das nicht ohne Bitterkeit in dieser Frage, weil dies nicht irgendeine politische Frage ist —, daß das Diktat der Linken in der SPD und möglicherweise auch in der
    FDP den Deutschen Bundestag daran hindert, seine Pflicht so zu tun, wie er das im Angesicht unseres Volkes tun muß.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)

    Weil Sie, Herr Bundeskanzler, oder zumindest — das wäre ja die Mehrheit — die Mitglieder Ihres Kabinetts es nicht wagen, Entscheidungen, die auch von Ihnen als vernünftig und notwendig betrachtet werden, gemeinsam mit uns zu treffen, haben die Linken in Ihrer eigenen Fraktion mittlerweile den Rang und die Macht einer letzten Instanz in Fragen der inneren Sicherheit der Bundesrepublik bekommen. Herr Bundeskanzler, ich sage ganz ruhig: Wenn der Wähler dies am 3. Oktober erfahren hätte, wären Sie weit unter die 40 % gefallen, denn Sie haben dem Wähler ein ganz anderes Bild vorgegaukelt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie lassen es zu, daß sich eine Handvoll linker Abgeordneter der SPD ohne jede Voraussetzung zu Tempelwächtern des Rechtsstaates aufschwingen und dem Parlament und dem ganzen Land ihre ideologischen Vorstellungen von scheinbarer Liberalität aufoktroyieren wollen. Das Denken dieser Leute — wer kennt sie besser als Sie selbst? - ist von einem tiefen, einseitigen, gegen den freiheitlichen Rechtsstaat gerichteten Mißtrauen geprägt, und Sie lassen sich diese Maxime aufzwingen.
    Das Ergebnis ist, daß Ihre eigenen Vorlagen immer weiter verwässert wurden, daß ich gar nicht weiß, wie eigentlich der Bundesjustizminister seinen Beamten im Ministerium klarmachen will, daß sie fortdauernd Makulatur produzieren, daß die Vorschläge ins Kabinett kommen, im Kabinett sogar verabschiedet werden — und dann vom Tisch gewischt werden. Es kam dann nur jener Minimalkatalog heraus, von dem ich sprach, den wir ablehnen werden, und zwar aus zwei entscheidenden Gründen. Die von Ihnen vorgelegten vier Maßnahmen sind unbrauchbares Stückwerk. Es sind Maßnahmen, die so angelegt sind, daß sie vielen Bürgern Belastungen auferlegen, aber gegen zu allem entschlossene Terroristen wirkungslos bleiben. Beschlüsse dieser Art enttäuschen das Vertrauen des Bürgers zum Staat,

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    mindern die zwingend notwendige Bereitschaft zur Solidarität mit dem Staat. Wir, die CDU/CSU, übernehmen nicht die Alibifunktion, an einer solchen Vertuschung mitzuwirken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für mich steht außer Zweifel, daß alle Vorschläge der Union in diesem Hause eine Mehrheit finden würden, wenn ausschließlich aus der Sache — und nicht unter dem Gesichtspunkt der Koalitionsmehrheit — abgestimmt würde. Herr Bundeskanzler, Sie sprachen von der Glaubwürdigkeit der Politik. Wir erleben jetzt auf anschauliche Weise, wie Politik zur Farce wird, wenn Sie Sachentscheidungen bedingungslos machtpolitischem Kalkül unterordnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)




    Dr. Kohl
    Auf diese Weise wurden Fragen zu Problemen die nichts mehr mit der Wahrung rechtsstaatliche-Prinzipien zu tun haben. Was hat es — ich bitt( hier um Auskunft — mit rechtsstaatlichen Grundsätzen zu tun — das ist der Durchbruch der Terrorismusgesetzgebung; man muß es mit bitteren' Zynismus sagen —, ob nun der Richter in Zukunft aus dem Gesetz liest, ob Wohnungen in einem Gebäude oder ein Gebäudekomplex durchsucht werden dürfen?

    (Zurufe von der SPD)

    Hier haben Sie, meine Damen und Herrn, ein Beispiel. Ich könnte es in den Bereich des Ausschlusses eines Verteidigers bei ausreichenden Verdachtsmomenten hinein erweitern. Im Rechtsausschuß haben sich die Koalitionsabgeordneten ohne Rücksicht auf sachliche Einsicht aus Koalitionsrücksichten nicht dazu verstehen können, zur Gemeinsamkeit zu kommen. Hier wird deutlich, wer wirklich das Sagen hat.
    Ich spreche dies in der Generalaussprache über die Regierungserklärung des Herrn Bundeskanzlers an, weil dies nicht irgendeine periphere Frage der Politik ist. Hier geht es an die Richtlinienkompetenz des Kanzlers. Hier geht es auch an jenes Bild, das bis an die Grenze und über die Grenze des geschmacklich Erträglichen hinweg im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus und der glücklichen Befreiung der Geiseln in Mogadischu in den letzten Wochen gezeichnet wurde.
    Dies alles veranschaulicht, daß der Mann, der sich gern als entschlußfreudiger und tatkräftiger Sieger von Mogadischu feiern ließ,

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Der Löwe!)

    bei der Bekämpfung des Terrorismus mit dem notwendigen gesetzlichen Instrumentarium jedes Risiko scheut, das die Erhaltung der Regierungsmacht gefährden könnte. Das, Herr Bundeskanzler, ist die Wirklichkeit.
    Ich spreche das an, weil ich im Vorfeld der Hamburger Bürgerschaftswahl in diesen Tagen über die Regie des für Sie bestimmten Wahlfilms gestolpert bin: Es fängt mit dem Beschwichtiger der Wogen in der Flutkatastrophe an — und hört mit der Parade der GSG 9 nach Mogadischu auf. So nicht, Herr Bundeskanzler! Das ist nicht die Möglichkeit der Darstellung!

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der CDU/CSU)

    Herr Bundeskanzler, auch das muß man hier wegen mancher Gefährdung, die auf uns zukommt, sozusagen zu Protokoll geben: Sie ganz persönlich, die von Ihnen geführte Regierung und die Abgeordneten von SPD und FDP werden sich den Vorwurf gefallen lassen müssen, wenn uns die Terroristen demnächst neue Beweise dafür geben, daß ihre Logistik und ihre Organisation bis in die Zellen deutscher Zuchthäuser und Gefängnisse hinein funktionieren — —

    (Zurufe von der SPD: Stammheim! — Filbingerl)

    — Ich bin gern bereit, den Ausdruck zurückzunehmen. Wenn Sie aber keine anderen Beschwerden bei
    diesem Punkt meiner Rede haben als diese, zeigt es, wie die Realität Ihres politischen Denkens aussieht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie, Herr Bundeskanzler, und die Sie tragende Koalition haben es zu verantworten, wenn niemand mehr an Ihre Behauptung ungebrochener Entschlossenheit nach neuen Anschlägen glaubt. Wie wollen Sie vom Bürger Solidarität mit dem Staat und vielleicht wieder Opfer verlangen, wenn Sie diese Haltung nicht einmal in Ihrer eigenen Fraktion durchsetzen?
    Erlauben Sie mir hier eine sehr persönliche Bemerkung, die uns beide, Herr Bundeskanzler Helmut Schmidt, aus verschiedenen Gründen vielleicht mehr als andere angeht. In diesen Wochen nach der Entführung von Hanns Martin Schleyer haben wir alle Entscheidungen im Großen Krisenstab gemeinsam getragen. Im Rahmen dieser Gemeinsamkeit ist es wohl verständlich, wenn man sagt, daß wir beide in einer besonderen Weise in einer besonderen Verantwortung standen — aus amtlichen Gründen und aus sehr persönlichen Gründen, aus Gründen persönlicher Freundschaft und Verbindung.
    Wenn ich über dieses Thema spreche und Sie anspreche, gehe ich davon aus, daß das Bild dieses hervorragenden Mannes, unseres Freundes, vor uns steht, daß wir wissen, daß wir ihm ein Opfer zugemutet haben, und daß das längst keine politische Frage mehr ist, sondern eine moralische Anfrage an uns ganz persönlich, wie wir uns dieser Verantwortung stellen.
    Ich habe immer erklärt — und dies entspricht meiner vollen Überzeugung —, daß in schweren Stunden der Nation parteiliches Betrachten keinen Platz haben darf. Eine solche Position — ich unterstelle sie Ihnen genauso — kann nur dann erträglich sein, wenn man aus den gemeinsamen moralischen Grundlagen die notwendigen Konsequenzen zieht. Sie müssen die Fragen der Familienangehörigen genauso beantworten wie ich. Ich sage Ihnen ganz offen, Herr Bundeskanzler: Mit dem, was ich hier beschreiben mußte, kann ich diese Fragen nicht beantworten, und ich frage Sie, wie Sie es mit Ihrem Gewissen vereinbaren wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist auch ein untauglicher Versuch, wenn im Zusammenhang mit dem Terrorismus das intellektuelle Umfeld in einer Weise abgesteckt, abgeschottet wird, daß die Anfrage nach den Ursachen unmöglich gemacht wird.
    Ich habe mit großer Freude gehört, daß Sie hier aus unserer Terrorismustagung ganz zutreffend zitiert haben. Nur, Herr Bundeskanzler, hätte ich mir gewünscht — das sage ich dem stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Helmut Schmidt —, daß Sie aus diesem Geist heraus mit denen, die in der eigenen Partei so denken wie Sie, jenen Leuten — einschließlich Ihres Parteivorsitzenden Willy Brandt — entgegengetreten wären, die auf dem SPD-Parteitag in Hamburg einen völlig anderen Eindruck erweckten.



    Dr. Kohl
    Ich habe hier nur noch einmal festzustellen: Im Deutschen Bundestag ist von keiner verantwortlichen Seite ein einziger Gesetzesvorschlag zur Terrorismusbekämpfung vorgelegt — geschweige denn beraten — worden, der rechtsstaatlich bedenklich gewesen wäre. Wenn dazu auf Ihrem Parteitag etwas anderes behauptet worden ist, so ist das schlicht und einfach eine infame Lüge und Verleumdung, die mit der Wirklichkeit der Gemeinsamkeit deutscher Demokraten nichts zu tun hat.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich muß es als eine bewußte Täuschung der Öffentlichkeit werten, wenn ausgerechnet solche Leute eine Gefahr für den Rechtsstaat beschwören, deren sogenannte Reformgesetze in den letzten Jahren vom höchsten deutschen Gericht wiederholt aufgehoben wurden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Hier, Herr Bundeskanzler, wird mit dem Begriff „Rechtsstaat" Schindluder getrieben. Er wird zur kleinen, billigen Münze in der tagespolitischen Auseinandersetzung gemacht. Das ist schlimm, weil doch niemand leugnen kann — Sie haben es erfreulicherweise auch nicht getan —, daß wir die geistige Offensive, die Auseinandersetzung mit den Hintergründen des Terrorismus brauchen.
    Hysterie, Hetzjagd auf Intellektuelle, Denunziation liberaler und sozialer Demokraten — dies waren doch die agitatorischen Schlagworte, die in die Welt gesetzt wurden. Wenn man sich heute vergegenwärtigt, was von Ihrer Seite zu einer geistigpolitischen Auseinandersetzung in diesem Zusammenhang beigetragen wurde, dann muß man doch sagen: Das waren doch mehr falsche Spuren und Persilscheine als wirkliche Auseinandersetzung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Mit falschen Spuren wurden der Faschismus, der Nihilismus, die großbürgerlichen Elternhäuser — und welche Ausflüchte auch immer — herangezogen. Mit Persilscheinen wurden all jene Intellektuellen versehen, deren Schriften und Äußerungen darauf befragt wurden, ob sie das Verhalten von Terroristen, ihrer Helfershelfer, ihrer kritiklosen Sympathisanten — ob mit Zustimmung oder unter Mißverständnis — rechtfertigen könnten.
    Wer den Hunger der jungen Generation, von dem Sie sprachen, Herr Bundeskanzler, nach geistigmoralischen Leitbildern, nach Ideen und Idealen kennt, der weiß, wie gewichtig das Wort der Intellektuellen wirkt — der weiß, daß auch diese kritische Anfrage notwendig ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wer in dieser Gesellschaft Friedfertigkeit, Toleranz, Offenheit und Fairneß unserer politischen Kultur bewahren möchte, muß sich auch kritisch mit allen geistigen Strömungen auseinandersetzen können, auch wenn sie im Gewande ideologischer Heilslehren Absolutheitsanspruch erheben, wenn sie revolutionäre Gewalt befürworten oder revolutinäre Gewalt nicht ausschalten.
    Wir haben als Partei versucht, das auf einer Tagung zu einer ersten Klärung zu bringen. Wir
    wissen, daß noch viel Diskussion und Nachdenken notwendig ist. Diese Tagung hat ergeben, daß es neben der Materialisierung unserer gesellschaftlichen Moral vor allem Ideologen und bewaffnete Heilslehren sind, die dem Terrorismus in der Bundesrepublik und seiner Gefolgschaft von Helfern und Sympathisanten den geistigen Nährboden bereiten. Das Element politischer Kritik ist eine elementare Freiheitsidee. Ohne Kritik ist Demokratie nicht möglich. Jede Gesellschaft braucht gerade im geistigen Bereich die kritische Herausforderung. Das braucht uns niemand zu sagen. Aber wir müssen Ihnen sagen, daß es falsch war, Kritik zur politischen Haupttugend hochzustilisieren, weil sie ein Vehikel zur Veränderung der Gesellschaft ist.
    Herr Bundeskanzler, in diesem Zusammenhang ein Wort, das die junge Generation 'betrifft: Das, was Sie der jungen Generation mit Ihrer Wehrpflichtnovelle an Diskussion gebracht haben, ist das genaue Gegenteil von Opferbereitschaft für das eigene Land.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)

    Eine Gesellschaft, die -von ihren Mitgliedern Loyalität, Engagement, Leistung und mitmenschliche Solidarität und Friedfertigkeit erwartet, darf nicht die radikalste, absolut negative Systemkritik als intellektuelle Leistung preisen. Vor allem darf doch diese Kritik nicht tabuisiert werden! Die Freiheit zur poltischen Kritik ist nicht gleichbedeutend mit dem Recht, als Kritiker selbst von jeder Kritik freigesprochen zu werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß kommen.

    (Wehner [SPD] : Sehr gut!)

    Dies alles, Herr Bundeskanzler, gehört in Ihren Jahresbericht. Sie selbst haben es nicht angesprochen, weil Sie es nicht ansprechen dürfen. Sie können es nicht wagen, alles so zu sagen, wie Sie es in Wirklichkeit sehen, weil Sie dann im Bundestag keine Mehrheit mehr hätten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es hat ja System in diesem Jahr: Da gab es einen Ministerpräsidenten, der eine Minute nach Schließung der Wahllokale von seinem Amt zurücktrat. Da gab es die hinterhältigsten und heimtückischsten Verdächtigungen gegen eine Partei und ihren Vorsitzenden, Franz Josef Strauß, in der Lockheed-Affäre, obwohl Sie schon damals wußten, daß diese ganze Sache nur wahltaktisches Manöver war.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Pfui! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Unerhört!)

    Da gab es die Verschleuderung von Millionen von Steuergeldern zu Propagandazwecken. Dafür wurden Sie vom Bundesverfassungsgericht in einer ungewöhnlich harten Weise zur Ordnung gerufen. Da gab es die Verschleppung eines anderen Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht, weil Sie berechtigte Furcht hatten, daß dieses höchste deutsche Gericht — wie es dann auch eintrat — Ihnen ganz



    Dr. Kohl
    persönliche Verstöße gegen die Verfassung im Blick auf Ihre Ausgabenpolitik nachweisen konnte.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Da haben Sie den größten Spionageskandal der Nachkriegszeit bewußt verschleiert, weil Sie nicht ertragen konnten, daß der Wähler die Wahrheit erfährt. Glauben Sie ernsthaft, Herr Bundeskanzler, daß nach all dem Ihre Glaubwürdigkeit, die Glaubwürdigkeit Ihrer Politik gewachsen ist? Sie wissen, daß Sie inzwischen längst einer Minderheitenregierung vorstehen. Auf Existenzfragen unserer Gesellschaft im Bereich der Wirtschafts-, Sozial-, Steuer, Energie- und Bildungspolitik — wo auch immer — liefert der immer mächtiger werdende linke Flügel der Koalition die Antworten von gestern und vorgestern. Sie sind ein Gefangener dieses linken Flügels geworden. Er allein diktiert Ihren Handlungsspielraum. So lautet am Ende Ihres ersten Regierungsjahres das traurige Testat: Stillstand der Regierungstätigkeit. Die Leidtragenden sind die Bürger in unserem Lande. Im vierten Jahr beträgt die Zahl der Arbeitslosen über i Million; die Zukunftschancen der jungen Generation schwinden; der endgültige Abbau der verhängnisvollen Überbesteuerung unserer Bürger ist überfällig; das Rentenloch wird von Tag zu Tag größer; in der Energiepolitik stehen die Entscheidungen aus. Ihnen, Herr Bundeskanzler, geht es dabei überhaupt nicht mehr um diese Fragen, obwohl Sie — das bestätige ich Ihnen persönlich gerne — Ihren Beitrag leisten möchten. Sie können nicht mehr, Sie dürfen nicht mehr.

    (Strauß [CDU/CSU] : Aber fröhlich sein!)

    Das ist kein Grund zum Fröhlichsein.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Das Motto für die Politik des nächsten Jahres ist heute bereits ausgegeben worden. Es heißt Flucht; Flucht nach draußen, in die Weltpolitik — gewiß nützliche Begegnungen fernab vom heimatlichen Herd, von der Leverkusener Küche und sonstigen Küchen, in denen die linke Suppe gekocht wird. Sie wollen sich Ihrer Verantwortung entziehen. Wir werden Ihnen in diesem Jahr hier im Hause und bei den Wahlen, die anstehen, Gelegenheit geben,

    (Zurufe von der SPD: Aufhören!)

    dem Bürger die volle Wahrheit zu sagen. Wir sehen diesem Urteil mit großem Ernst, aber auch mit großer Gelassenheit entgegen. Wir werden unsere Pflicht tun.

    (Langanhaltender Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das
Wort hat der Herr Bundeskanzler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich brauche jetzt — im Laufe des Tages werde ich mich noch zu Wort melden — nur eine einzige Minute; ich bitte den nachfolgenden Redner um Entschuldigung. Ich will jetzt nicht auf die vielerlei Bemerkungen des Herrn Abgeordneten Kohl eingehen, die eine Antwort verdienen, und auch nicht auf jene Bemerkungen, die eine

    (C) verlangen. Ich bitte nur, in einem einzigen ) Punkte eine ganz sachliche Bemerkung von mir zur Information zur Kenntnis zu nehmen; ich möchte gerne, daß sie heute mittag, ehe in den Zeitungen Redaktionsschluß sein wird, auch über die Ticker läuft.


    (Lachen bei der CDU/CSU)

    — Ich bin ganz ehrlich, wie Sie sehen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Fernsehen!)

    Mir liegt daran, daß in einem Punkte ein Mißverständnis, das offenbar vorhanden ist, nicht weiter fortbesteht. Herr Abgeordneter Kohl hat aus einer Quelle, den Sprecher der Bundesregierung zitierend, eine Mitteilung gemacht, die ich im Augenblick nicht überprüfen kann, zu der ich aber so, wie er sie zitiert hat — sicherlich guten Glaubens und guten Gewissens — eine Bemerkung machen muß. Es ist erstens unrichtig, davon auszugehen, der Bundeskanzler habe von Anfang an keine ausreichende Kenntnis über den hier zur_ Rede stehenden Spionagefall besessen.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU]: Ach so! Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Es ist zweitens unrichtig, davon auszugehen, daß er sich zu dem damaligen Zeitpunkt — er liegt jetzt fast eineinhalb Jahre zurück — nicht auch um ordnungsgemäßes Vorgehen gegenüber dem Bündnis und durch andere Stellen gekümmert habe.
    Im übrigen stehe ich zu diesem Komplex dem Untersuchungsausschuß, wenn er es so wünschen sollte, sehr gerne zur Verfügung. Ich bitte Sie aber, das Mißverständnis nicht weiter zu kultivieren. (D)


    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Rawe [CDU/CSU] — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)