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ID0804705800

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/47 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 47. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 6. Oktober 1977 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des Malaysischen Unterhauses und einer Delegation . 3555 A Begrüßung der Vorsitzenden der britischen Kommission für Kommunalpolitik, Baroness Bea Serota, des Ombudsmann von Finnland, Dr. Aalto, und des Beauftragten der Stadt Zürich in Beschwerdesachen, Dr. Vontobel 3566 A Begrüßung einer Delegation des Parlaments von Kenia 3571 A Abwicklung der Tagesordnung . . . . 3555 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . 3555 D Fortsetzung der Aussprache über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 (Haushaltsgesetz 1978) — Drucksache 8/950 — in Verbindung mit Fortsetzung der Beratung des Finanzplans des Bundes 1977 bis 1981 — Drucksache 8/951 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU Anwendung des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft — Drucksachen 8/876, 8/983, 8/992 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/987 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Steuerentlastung und Investitionsförderung — Drucksachen 8/900, 8/905 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/988 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksachen 8/984, 8/992 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Oktober 1977 Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zum Abbau der Überbesteuerung der Arbeitnehmer und Betriebe sowie zur Erhöhung des Kindergeldes für Kinderreiche (Steuerentlastungsgesetz 1978) — Drucksache 8/592 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/988 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksachen 8/985, 8/992 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Steuerentlastung und Investitionsförderung — Drucksache 8/974 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/988 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksachen 8/986, 8/992 — Dr. Langner CDU/CSU . . . . 3556 D, 3573 C Dr. Diederich (Berlin) SPD . . . 3558 D, 3576 B Dr. Kreile CDU/CSU . . . . . . . . . 3560 C Dr. Böhme (Freiburg) SPD 3566 A Frau Funcke FDP 3571 A Frau Matthäus-Maier FDP 3578 A Dr. Apel, Bundesminister BMF 3580 D Dr. von Wartenberg CDU/CSU . 3582 B, 3585 D Porzner SPD 3586 A Stutzer CDU/CSU 3586 C Dr. Spöri SPD 3587 C Schmidt, Bundeskanzler 3596 A Dr. Kohl CDU/CSU . . . . . . . . 3607A Mischnick FDP 3619 B Dr. Ehmke SPD 3623 D Namentliche Abstimmungen . . 3591 A, 3592 C Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Sechsten Gesetz über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern (Sechstes Bundesbesoldungserhöhungsgesetz) — Drucksache 8/998 — Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 3594 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1977 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1977) — Drucksache 8/365 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 8/970 — Dr. Warnke CDU/CSU . . . . . . . 3626 C Roth SPD 3628 C Angermeyer FDP 3630 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Reiseveranstaltungsvertrag — Drucksache 8/786 — Dr. de With, Parl. Staatssekretär BMJ . . . 3632 B Dr. Hennig CDU/CSU . . . . . . . . 3633 B Dr. Schöfberger SPD 3635 C Kleinert FDP 3637 C Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes — Drucksache 8/971 — . 3638 B Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Pockenschutzimpfung — Drucksache 8/933 — 3638 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Durchführung einer Repräsentativstatistik auf dem Gebiet des Wohnungswesens (Wohnungsstichprobengesetz 1978) — Drucksache 8/921 — 3638 C Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Weihnachts-Freibetrages und Verbesserung der Abschreibungsbedingungen — Drucksache 8/990 — 3638 C Beratung der Ubersicht 3 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/925 — 3638 D Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Oktober 1977 III Bundeseigenes Gelände in Wilhelmshaven, Rüstersieler Groden; hier: Veräußerung einer Teilfläche an das Land Niedersachsen — Drucksache 8/937 — . . . . . . . . 3638 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren — Drucksachen 7/5222, 8/913 — 3639 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Luftreifen von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern — Drucksachen 8/55, 8/934 — 3639 A Beratung der Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 3177/76 des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind Vorschlag zur Änderung des Verfahrens für die Angleichung der Dienstbezüge der Beamten und der sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften — Drucksachen 8/850, 8/947 — 3639 B Nächste Sitzung 3639 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3641* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Oktober 1977 3555 47. Sitzung Bonn, den 6. Oktober 1977 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 6. 10. Dr. van Aerssen * 7. 10. Dr. Ahrens ** 7. 10. Dr. Aigner * 7. 10. Alber ** 7. 10. Dr. Bardens ** 7. 10. Dr. Bayerl * 6. 10. Dr. von Bismarck 7. 10. Blumenfeld * 7. 10. Böhm (Melsungen) ** 7. 10. Frau von Bothmer ** 7. 10. Brandt 7. 10. Büchner (Speyer) ** 7. 10. Frau Eilers (Bielefeld) 7. 10. Dr. Enders ** 7. 10. Dr. Evers ** 7. 10. Dr. Früh * 6. 10. Dr. Geßner ** 7. 10. Haase (Fürth) * 7. 10. Handlos ** 7. 10. Frau Dr. Hartenstein 7. 10. von Hassel ** 7. 10. Helmrich 7. 10. Hoffmann (Saarbrücken) * 6. 10. Dr. Holtz** 7. 10. Dr. Jahn (Braunschweig) * 7. 10. Dr. Klepsch * 7. 10. Klinker* 7. 10. Lagershausen* * 7. 10. Lange * 7. 10. Lemmrich * 7. 10. Lemp * 7. 10. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer ** 7. 10. Marquardt ** 7. 10. Dr. Mende ** 7. 10. Milz ** 7. 10. Möhring 7. 10. Dr. Müller ** 7. 10. _ Müller (Mülheim) * 7. 10. Müller (Wadern) * 7. 10. Dr. Müller-Hermann * 7. 10. Pawelczyk ** 7. 10. Reddemann ** 7. 10. Dr. Schäuble ** 7. 10. Scheffler ** 7. 10. Schmidhuber ** 7. 10. Schmidt (Kempten) ** 7. 10. Schmidt (München) * 7. 10. Schmidt (Würgendorf) ** 7. 10. Schmöle 7. 10. Schreiber * 6. 10. Schwabe ' 7. 10. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 7. 10. Dr. Schwörer * 7. 10. Seefeld * 7. 10. Sieglerschmidt * 6. 10. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 7. 10. Dr. Starke (Franken) * 7. 10. Dr. Staudt 7. 10. Frau Steinhauer 7. 10. Ueberhorst ** 7. 10. Dr. Vohrer ** 7. 10. Frau Dr. Walz * 7. 10. Wawrzik * 7. 10. Wehner 7.10. Windelen 7. 10. Dr. Wörner 7. 10. Würtz * 7. 10. Zebisch ** 7. 10. Zeyer * 7. 10. Zywietz * 6. 10.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Friedrich Vogel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens des Vermittlungsausschusses erstatte ich über die gestrige Sitzung des Vermittlungsausschusses den folgenden Bericht.
    Der Bundesrat hat am 15. Juli dieses Jahres beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 16. Juni 1977 verabschiedeten Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu verlangen, um eine Änderung des Gesetzesbeschlusses in vier Punkten zu erreichen.
    Ziffer 1 des Anrufungsbegehrens des Bundesrates betraf zum einen das Begehren, in dem Bundesbesoldungsgesetz eine Übergangsregelung für die Besoldung von Stufenlehrern selbst vorzusehen, zum anderen das Verlangen, die Regelung der Anwärterbezüge gegenüber der vom Bundestag beschlossenen Regelung zu ändern.
    Erstens. Der Vermittlungsausschuß hat die Frage der Regelung der Stufenlehrerbesoldung sehr eingehend beraten. Ausgangspunkt der Beratung war, daß die Sperrvorschrift des § 27 des Zweiten BesVNG, die den Ländern untersagte, für Lehrer in einem Amt mit stufenbezogenem Schwerpunkt Besoldungsregelungen zu treffen, nach dem Gesetzesbeschluß des Bundestages am 30. September 1977 ausgelaufen wäre. Der Bundesrat machte in seinem Anrufungsbegehren nun geltend, daß nicht nur in mehreren Ländern bereits Beamte auf Widerruf im Vorbereitungsdienst für derartige Lehrämter in Ausbildung sind, sondern daß gegenwärtig zum Teil in den Ländern auch schon stufenbezogen ausgebildete Lehrer als Beamte auf Probe übernommen worden sind. Wenn in dieser Situation die genannte Sperrvorschrift auslaufe, ohne daß eine bundesrechtliche Regelung für die Stufenlehrerbesoldung getroffen wäre, steht es den in Betracht kommenden Ländern frei, selbst Besoldungsregelungen für die Stufenlehrer zu treffen, da es sich hier um neue Ämter handele. Es bestehe dann die Gefahr einer besoldungsmäßigen Auseinanderentwicklung zwischen den Ländern, die die Lehrerausbildung stufenbezogen organisieren, und anderen Ländern, die es bei einer schulartbezogenen Lehrerausbildung belassen wollen. Es wäre — so der Bundesrat — unerträglich, wenn je nach Organisation der Lehrerausbildung die Besoldung entweder bundesgesetzlich oder landesgesetzlich geregelt würde.



    Vogel (Ennepetal)

    Im Vermittlungsausschuß setzte sich die Meinung durch, daß aus den vom Bundesrat geltend gemachten Gründen der Gefahr einer besoldungsrechtlichen Auseinanderentwicklung in den Ländern die Besoldung der Stufenlehrer bundesrechtlich eingebunden werden muß und daß ferner entsprechend dem Vorschlag des Bundesrates die bundesrechtliche Regelung auf eine Übergangszeit, nämlich bis zum 31. Dezember 1981, eingeschränkt werden soll.
    In der konkreten Ausgestaltung der Besoldungsregelung der Stufenlehrer folgte der Vermittlungsausschuß nicht voll dem Vorschlag des Bundesrates, sondern er schlägt eine Kompromißlösung vor. Dabei wurde davon ausgegangen, daß für die genannte Übergangszeit in die bestehende Besoldung der Stufenlehrer möglichst nicht eingegriffen, also der bestehende Zustand nicht grundlegend verändert werden sollte. Die vorgeschlagene Lösung hat folgendes zum Inhalt:
    Lehrer mit der Befähigung für ein Lehramt der Primarstufe oder der Sekundarstufe I werden in A 12, Lehrer mit der Befähigung für ein Lehramt der Sonderpädagogik bei einer dieser Befähigung entsprechenden Verwendung werden in A 13 und Studienräte mit der Befähigung für ein Lehramt der Sekundarstufe II bei einer dieser Befähigung entsprechenden Verwendung in A 13 mit ruhegehaltsfähiger Zulage eingestuft. Ferner enthält der Kornpromißvorschlag die Regelung, daß Lehrer mit der Befähigung für ein Lehramt der Sekundarstufe I bei Verwendung an Realschulen, an Gymnasien oder an Zweigen dieser beiden Schulformen eine nicht ruhegehaltsfähige Stellenzulage in Höhe des jeweiligen Unterschiedsbetrags zum Grundgehalt der Besoldungsgruppe A 13 erhalten. Das gleiche gilt bei einer entsprechenden Verwendung an schulformunabhängigen Gesamtschulen oder an schulformunabhängigen Orientierungsstufen. Diese Regelungen sollen, wie bereits erwähnt, bundesrechtlich für eine Übergangszeit, d. h. bis Ende 1981, festgeschrieben werden.
    Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß bereits nach dem geltenden Recht § 80 des Bundesbesoldungsgesetzes eine Sonderregelung für die Lehrerbesoldung in den Ländern Bremen und Hamburg vorsieht. Hierzu schlägt der Vermittlungsausschuß eine Ergänzung vor, um für die drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg wegen ihrer besonderen besoldungsrechtlichen Regelungen eine Abweichung von der allgemeinen bundesrechtlichen Regelung für die Stufenlehrer zuzulassen; die Regelung soll ebenfalls nur bis Ende 1981 gelten.
    Zweitens. Hinsichtlich der Regelung der Anwärterbezüge hat der Vermittlungsausschuß ebenfalls einen Kompromiß vorgeschlagen: Der Bundestagsbeschluß hatte zum einen vorgesehen, daß für Anwärter, die nach dem 30. September 1977 eingestellt werden bzw. eingestellt worden sind, hinsichtlich der Eingangsämter A 12, A 13 und A 13 plus Zulage einheitliche Bezüge gewährt werden sollen. Der Vermittlungsausschuß schlägt demgegenüber vor, daß es — insoweit entsprechend dem Begehren des Bundesrates — bei einer differenzierten Besoldung für die
    Anwärter mit den Eingangsämtern A 12, A 13 und A 13 plus Zulage bleiben soll.
    Hinsichtlich der Höhe der Anwärterbezüge hatte der Bundestag weiterhin entsprechend der Regierungsvorlage beschlossen, daß für Anwärter, die nach dem 30. September 1977 eingestellt werden, eine Senkung der Bezüge eintreten sollte, damit die dadurch ersparten Beträge dazu benutzt werden könnten, in vermehrtem Maße Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Hierzu schlägt der Vermittlungsausschuß vor, daß im Gesetz allgemein für die Anwärterbezüge, d. h. auch für die ab 1. Oktober dieses Jahres eingestellten Anwärter, die bisherigen Sätze — erhöht um die allgemeine Anpassung um 5,3 % — bestehenbleiben sollen.
    In diesem Zusammenhang faßte der Ausschuß aber die folgende Entschließung:
    Der Vermittlungsausschuß fordert die Bundesregierung und die Länder auf, bei der nächsten Anpassung der Besoldung gemäß § 14 Bundesbesoldungsgesetz die Anwärterbezüge in Anlehnung an bereits vorhandene Regelungen der öffentlichen Ausbildungsförderung neu zu gestalten.
    Hierzu erklärte im Vermittlungsausschuß die Bundesregierung, vertreten durch Herrn Staatssekrtär Dr. Hartkopf, daß die Bundesregierung sich im Zusammenwirken mit den Ländern bemühen wird, dem zu entsprechen.
    Ich darf mir erlauben, den Bericht hinsichtlich der weiteren drei Anrufungsbegehren des Bundesrates ganz kurz zu fassen: Der Vermittlungsausschuß hat sich in allen drei Punkten dem Änderungsbegehren angeschlossen.
    Abschließend darf ich darauf hinweisen, daß nach dem Beschluß des Vermittlungsausschusses über die vorgeschlagenen Änderungen gemeinsam abzustimmen ist.

    (Beifall)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich danke dem Herrn Berichterstatter und frage, ob das Wort zur Abgabe einer Erklärung gewünscht wird. — Das ist offensichtlich nicht der Fall.
Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Wie der Herr Berichterstatter bereits gesagt hat, hat der Vermittlungsausschuß gemäß § 10 Abs. 3 Satz 1 seiner Geschäftsordnung beschlossen, daß über die vorliegenden Änderungsanträge gemeinsam abzustimmen ist. Wer dem Antrag des Vermittlungsausschusses zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Zeichen. —Gegenprobe! — Keine Gegenstimmen. Stimmenthaltungen? — Fünf Stimmenthaltungen. Damit ist dem Antrag des Vermittlungsausschusses zugestimmt.
Wir treten nun in die Fortsetzung der Aussprache über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 und der Beratung des Finanzplans des Bundes 1977 bis 1988 ein.
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler.




  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die von dem Abgeordneten Dr. Strauß geführte Opposition

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen bei bei der CDU/CSU)

    sah es gestern als ihre Aufgabe an, durch seinen Mund das Bild der Bundesrepublik Deutschland, das Bild ihrer Gesellschaft, das Bild ihrer Wirtschaft, ihrer Finanzen, möglicherweise auch sogar das Bild ihrer auswärtigen Beziehungen, jedenfalls das Bild ihres geistigen und demokratischen Prozesses, das Bild ihres Parlaments, ihrer Bundesregierung so schwarz, so abstoßend, so beängstigend wie möglich zu zeichnen und auszumalen. Demgegenüber hat die Bundesregierung die Aufgabe, für die tatsächlichen Interessen der Bundesrepublik Deutschland und für die tatsächlichen Interessen aller Deutschen einzutreten. Dazu gehört auch ein wahrhaftiges Bild von unserem Volke und unserem Staate.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sodann hat drittens das Publikum — übrigens nicht
    nur im Inland, sondern auch im Ausland — sicherlich die Aufgabe, sich ein eigenes Urteil zu bilden.
    Was nun die vielfältigen Korrekturen angeht, deren das Gemälde des Herrn Abgeordneten Strauß dringend bedarf, fange ich mit vergleichsweise weniger wichtigen an, wobei ich vieles auslassen muß, denn man kann nicht auf alle Punkte einer neunzigminütigen Rede antworten.
    Ich muß mich gegen den hier gemachten Versuch wenden, das aus den 50er Jahren stammende Schlagwort von der Sozialen Marktwirtschaft,

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    so wie es in den 50er und am Anfang der 60er Jahre praktiziert worden ist, sozusagen normativ festzuschreiben.

    (Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU] : Kotau vor dem linken Flügel!)

    — Auf den Zwischenruf darf ich Ihnen antworten, daß ich im Gegensatz zu den Freien Demokraten — und ich befinde mich da in voller Übereinstimmung mit allen Sozialdemokraten — mir weder dieses Schlagwort von Ludwig Erhard — eigentlich von Alfred Müller-Armack — noch das andere von der „formierten Gesellschaft" oder das dritte von den „Pinschern" jemals zu eigen gemacht habe.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Erbärmlich! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Vor drei Monaten die Totenrede und jetzt die Pinscher-Rede!)

    — Herr Kohl, Sie werden noch viel Gelegenheit zum Widerspruch und auch zum Zwischenruf haben; aber es wäre gut, Sie würden sich ihn besser überlegen als das, was Sie eben gesagt haben.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Erbärmlich!)

    Wenn ich mich für einen Augenblick auf den Boden derjenigen stelle, die seinerzeit das Konzept Ludwig Erhards aufgenommen haben — und das ist ein ernst zu nehmendes Konzept —, wenn ich mich auf diesen Boden einen Augenblick stelle, dann muß ich Ihnen doch sagen: Dieses im Laufe der Jahre mit allen möglichen Aussagen — auch dogmatischen Aussagen wie z. B. „formierte Gesellschaft" — verbundene Konzept, kann doch nicht ein Gebäude sein, das Sie festschreiben wollen, sondern es kann doch nur eines sein, das weiterentwickelt werden muß. Nur durch Entwicklung, durch Entfaltung gegenüber der fortschreitenden wirtschaftlichen, sozialen, staatlichen, internationalen Wirklichkeit kann marktwirtschaftliche Lenkung, für die ich zu jeder Zeit eintrete, für vereinbar mit dem sozialen Rechtsstaat gehalten werden, auf den hin ich vereidigt bin.
    Ich mache hier einen deutlichen Unterschied zwischen dem, wofür wir eintreten, und dem, was uns nach dem Geist und dem Buchstaben des Grundgesetzes vorgeschrieben ist. Ich wehre mich dagegen, die Vorstellung von der Sozialen Marktwirtschaft, die eine ernsthafte und von mir ernst genommene Vorstellung ist, auch wenn ich mir dieses Schlagwort nie zu eigen mache, auf dem Weg der Argumentation quasi in Verfassungsrang zu erheben.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn ich sage, daß die Soziale Marktwirtschaft, so wie Sie sie als Konzept verstehen,

    (Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU] : Nölting kommt wieder!)

    der Entfaltung und der Fortentwicklung bedarf, dann gebe ich dafür vier Beispiele, von denen ich glaube, daß Sie im Grunde damit mehr oder minder — vielleicht sogar mehr — übereinstimmen müßten.
    Das erste Beispiel, womit Sie sicher sehr weitgehend übereinstimmen, ist, daß auch im Zuge Ihres Konzepts — nicht nur im Zuge der Konzepte anderer Parteien — der Ausbau der Vermögenspolitik zur Milderung extrem ungleicher Vermögensverteilungen wünschenswert ist, aber noch weitgehend in der Zukunft liegt. Ich nehme an, daß Sie dem zustimmen.
    Zweites Beispiel: daß das Ziel der Vollbeschäftigung durch Stärkung der konjunkturpolitischen Komponente eine richtige, notwendige Ergänzung ihres ursprünglichen Konzeptes sein sollte. Diejenigen, die dem Deutschen Bundestag etwas länger angehören, werden sich vielleicht daran erinnern, daß Vollbeschäftigung zur selben Zeit, als das Konzept unter dem Schlagwort der Sozialen Marktwirtschaft entstanden war, von dem Urheber dieses Konzepts abgelehnt wurde. Hier ist auf seiten der Unionsparteien ein Gesinnungswandel eingetreten, den ich begrüße. Ich sage, daß Vollbeschäftigung ursprünglich von Ihnen sogar abgelehnt wurde zu einer Zeit, wo auf sozialdemokratischer Seite eine Quote von 4 % Arbeitslosigkeit als normal und als Vollbeschäftigung angesehen wurde; das war vor 25 und 28 Jahren, zu Beginn des Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland. Selbst diese Vorstellung, die ich heute ablehnen würde — wir haben uns ja auch fortentwickelt, nicht nur die Union entwickelt sich —, ist seinerzeit von dem Urheber des Konzepts der Sozialen Marktwirtschaft abgelehnt worden



    Bundeskanzler Schmidt
    Oder ich gebe in diesem Zusammenhang zu be-
    denken, daß etwa das Stabilitäts- und WachstumsGesetz seiner Zielsetzung nach für Sie eine Fortentwicklung ist, in der Mitte der 60er Jahre entstanden, wesentlich auf sozialdemokratische Anregung hin und, wenn ich mich richtig erinnere, seinerzeit gemeinsam verabschiedet.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Von Kurt Schmükker vorgelegt! Schiller wollte es doch gar nicht! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Das ist ja auch etwas, was im Laufe der Zeit hinzugekommen ist, Vorstellungen, die Sie früher nicht hatten.
    Die Konzertierte Aktion, drittens, von der Herr Friderichs gestern sprach — ich komme darauf zurück —, ist ja doch nicht ein Urbestandteil, so schlecht, so irreführend dieses Wort „Aktion" auch sein mag. Da wird ja nicht agiert im Sinne von gemeinsam handeln, sondern da wird ja nur agiert im Sinne von auf derselben Bühne miteinander reden, Dialog und Aussprache halten. Aber auch dies ist ja im Laufe der Jahre Ihrem Konzept nur hinzugefügt worden — mehr von außen als von innen.
    Viertens. Da werden Sie jetzt weniger zustimmen, nehme ich an, aber im Grunde werden einige innerlich zustimmen, wenn ich sage, daß das Konzept der Sozialen Marktwirtschaft, so wie Sie es vertreten, auch der Entfaltung bedurft hat und weiterhin bedarf, was die bessere Verwirklichung der Chancengleichheit im Bildungs- und Ausbildungswesen angeht.
    Oder ich erwähne als fünftes Beispiel den Ausbau der Mitbestimmung, bei der Sie Verdienste am Anfang der frühen 50er Jahre haben, die Sache aber seitdem bis in die 70er Jahre hinein liegengelassen haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich habe mit diesen fünf Beispielen Ergänzungen bezeichnet, die nun allerdings keineswegs von vornherein Ihrem Konzept — schon gar nicht ausschließlich — zugehört haben, sondern die zum Teil auf dem geistigen Boden der Liberalen, der Freien Demokraten, zum Teil auf dem geistigen Boden der Sozialdemokraten gewachsen sind. Sie waren in dem ursprünglichen Konzept der Sozialen Marktwirtschaft nur bruchstückweise vorhanden. Ich würde Ihnen aus dieser geschichtlichen Erfahrung heraus nahelegen wollen, sich auch für die Zukunft für die Entfaltung, für die weitere Entwicklung Ihrer Konzepte offenzuhalten und das Volk nicht glauben zu machen, Sie hätten seit 1949 alles gewußt, besser gewußt, und wenn man dahin zurückkehrte, sei alles in Ordnung.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Im übrigen gebe ich denjenigen recht, die, soweit es sich um ernsthaft gemeinte Debattenbeiträge handelte, von Gefährdungen marktwirtschaftlicher Prozesse reden. Die sind sicherlich gegeben, übrigens auch durch den Staat in seiner vielfältigen Gestalt von Bundesländern und allen möglichen Behörden, auch Kommunen. Sie sind auch gegeben, meine Damen und Herren, durch Fehlverhalten derjenigen, die ihre Freiheit am Markte nicht richtig oder nicht optimal genutzt haben oder falsch nutzen. Oder noch anders ausgedrückt und zugespitzt: Marktwirtschaftliche Abläufe können auch durch unternehmerische Resignation und Abtretung der Verantwortung an den Staat und an das Parlament gestört werden. Ich mag die Reden, nach denen Verbandssyndikus oder Geschäftsführer zu sein — auf der Seite der Arbeitgeber- und Unternehmerverbände genauso wie auf der Seite der Gewerkschaf- ten — ein Hauptberuf geworden ist, die Reden der hauptberuflichen Geschäftsführer, die nun daraus wirklich ihren Beruf machen — sie wollen für ihr Einkommen ja auch etwas leisten —, nicht gern hören, wenn sie einerseits von den Gefahren für die Marktwirtschaft durch die Parlamentsmehrheit oder durch die Regierung sprechen, aber andererseits immer dann, wenn es in einem Unternehmen oder in einer Branche nicht klappt — schauen Sie auf den Schiffsbau oder auf die Stahlindustrie: sicherlich internationale Krisen; schauen Sie auf bestimmte Firmen der deutschen Flugzeugbauindustrie: sicherlich weder eine internationale noch eine nationale Krise, sondern die Krise eines schlecht geführten Einzelunternehmens —, zum Staat gehen und sagen, er solle gefälligst helfen und eingreifen, und zwar ohne Rücksicht auf den Markt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das Funktionieren der Marktwirtschaft gefährdet übrigens auch derjenige, der sich dazu verführen läßt, durch seine Rede, durch seine Vorschläge, durch seine öffentlich ausgesprochenen Urteile Attentismus, Abwartehaltungen, bei den Marktbeteiligten auszulösen oder, sofern vorhanden, zu verstärken. Zur Marktwirtschaft gehört auch, sage ich zugespitzt, Selbstbewußtsein der Unternehmensleitungen, gehören Verantwortung für das, was sie geleistet haben, und Verantwortung für das, was ihnen schiefgegangen ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Die steuerpolitischen, die finanzwirtschaftlichen Maßnahmen, der Haushaltsentwurf 1978, der den Ausgangspunkt der gegenwärtigen zweitägigen Debatte bildet, die Ihnen schon vorliegenden Programme, wie das Programm für Zukunftsinvestitionen, all dies sind Schritte, welche Bundesregierung und Gesetzgeber auf ihrer Seite, auf der staatlichen Seite, zur Stützung und Stärkung eines sich im übrigen marktwirtschaftlich vollziehenden Wachstums tun. Andere müssen ebenso ihre Beiträge leisten. Mit „anderen" meine ich in diesem Zusammenhang an allererster Stelle die Tarifpartner.
    Ich rede hier vor dem Deutschen Bundestag nicht anders als vor drei oder vier Wochen vor dem Gewerkschaftstag der Industriegewerkschaft Metall: Diese Zeit ist keine geeignete Zeit für verteilungspolitische Glaubenskriege. Ich bitte einerseits die Unternehmensleitungen in unserem Lande um ein äußerstes Maß an preispolitischer Disziplin, um unsere deutlichen Erfolge bei der Bekämpfung der Weltinflation nicht in Gefahr zu bringen. Ich bitte andererseits die Tarifparteien, sich des unverändert schmalen Grates zwischen der auch konjunkturell.



    Bundeskanzler Schmidt
    erwünschten Erhöhung der Einkommen und einem beschäftigungspolitisch und stabilitätspolitisch abträglichen erneuten Auftrieb von Lohnkosten und Lohnnebenkosten bewußt zu bleiben. Jedes Verlassen dieses Pfades würde zu Nachteilen führen, die für die Gesellschaft als Ganzes, zumal für ihre Arbeitslosen, größer wären als die kurzfristigen Vorteile für einzelne oder für einzelne Gruppen.
    Nach meinem Urteil waren der bisher in der Bundesrepublik Deutschland gewahrte soziale Friede und das hohe Ausmaß, in dem er hat gewahrt werden können, eine der entscheidenden Voraussetzungen — vielleicht d i e entscheidende Voraussetzung — für die unerhörte Entfaltung der Produktivkräfte unseres Landes. Wenn man den internationalen Vergleich zieht und sich fragt, warum einiges in dieser oder jener Branche in diesem Lande anders und effektiver läuft als in einem anderen Lande, glaube ich sogar, daß das hohe Maß, in dem wir in der Lage waren, den sozialen Frieden zu wahren, d i e entscheidende Voraussetzung für die Entfaltung unserer Kräfte gewesen ist. Natürlich gehört dazu auch die freie Lohnfindung, die Lohnautonomie der Tarifpartner, gehört dazu das Betriebsverfassungsgesetz mit seiner Verbesserung und seinem Ausbau, seiner Entfaltung, gehört dazu die Mitbestimmung mit ihrer Entfaltung.
    Natürlich kann jeder — und das soll jeder können — gegen bestimmte Gesetze vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Das muß auch in bezug auf das Mitbestimmungsgesetz gelten, das hier im übrigen von drei Fraktionen, auch wenn einige nicht mitgestimmt haben, gemeinsam beschlossen worden ist — es gibt ja manchmal bei der Gesetzgebung Enthaltungen und Gegenstimmen — —

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    — Das ist durchaus kein Punkt, über den ich mich ausschweigen will. Ich komme noch • auf diesen Punkt. Ich bin allerdings auch nicht der Meinung, daß es ein Punkt für Spaßmacherei oder Scherze ist.
    Jeder darf klagen, auch gegen ein Gesetz, das der Bundestag mit breiter Mehrheit angenommen hat. Ich frage mich nur, was eine gemeinsame, eine kollektive Demonstration durch eine Reihe von Weltfirmen und eine große Zahl von Arbeitgeberverbänden eigentlich soll — wenn es nicht so war, daß es überhaupt nicht ihre Absicht gewesen ist zu demonstrieren, wenn es nicht vielleicht ein Zeichen der Schwäche war, weil es keine einzelne Firma oder kein einzelner Verband allein auf sich nehmen wollte, gegen ein mit breiter Mehrheit des Bundestages beschlossenes Gesetz vorzugehen. Es kann sein, daß das, was wie eine kollektive Machtdemonstration wirkt, in Wirklichkeit aus kollektiver Schwäche geboren ist — das ist denkbar —, weil eben keiner allein zu dieser Klage bereit war.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Nun sehe ich aber die Gefahr, daß aus diesem Konflikt in Karlsruhe — der sich ja lange hinziehen wird; ein solcher Prozeß wird ja nicht in wenigen Monaten entschieden, wird auch nicht auf dem Wege der einstweiligen Anordnung entschieden; da werden viele Vorträge gehalten, und es wird von beiden Seiten viel Salz in die Wunden gestreut werden — eine erhebliche Störung der sozialen Beziehungen in unserem Lande und des sozialen Dialogs entsteht. Ich habe durchaus Verständnis für die erste Gegenreaktion auf gewerkschaftlicher Seite. Ich denke, es ist jetzt in dieser Sache Zeit zum Nachdenken auf beiden Seiten, und vielleicht sollte sich die Seite, die zunächst demonstrativ öffentlich vorgegangen ist, als erste fragen, ob sie nicht Anlaß zum Nachdenken hat.
    Ich will — wenn ich das sage, nehme ich das auf meine persönliche Kappe — jener Seite, die ihre Klage auf angebliche Verletzung der Grundrechte aus Art. 2, aus Art. 3 und aus Art. 9 und aus Art. 12 und aus Art. 14 und Art. 19 und außerdem auf Verletzung des Art. 79 gestützt hat — sechs Grundrechtsartikel sind angeblich, nach der Meinung der Klagesteller durch die gemeinsame Mehrheit des Deutschen Bundestages verletzt; es ist eine erstaunliche Klage —, doch immerhin zu bedenken geben, daß es neben dem Art. 14 im Grundgesetz seit 1949 auch Art. 15 gibt. Ich will dazu mahnen, daß niemand Entwicklungen — z. B. Entwicklungen, die sich auf den Art. 15 stützen könnten — herbeiführen oder auslösen sollte, die bisher zu unser aller Vorteil, zum Vorteil der Gesamtgesellschaft, zum Vorteil der Marktwirtschaft im wirtschaftspolitischen Forderungskatalog aller Seiten keine Rolle gespielt haben. Es wäre wünschenswert, wenn man sich in jenem Lager eine demonstrative Geste zur Normalisierung des sozialen Klimas überlegte; dann würde die andere Seite ja auch nicht im Abseits bleiben können und wollen.
    Die sogenannte — ich habe das Wort immer bedauert — Konzertierte Aktion übrigens ist ja keine Veranstaltung zugunsten der Unternehmer, ist ja auch keine Veranstaltung zugunsten des Staates, sondern wir alle brauchen sie, die Arbeitnehmer und ihre Organisationen, die Unternehmer, die Regierung. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sich dann, wenn die Bundesregierung oder der Bundeskanzler die an der Wertschöpfung beteiligten Kräfte und die Gruppen, in denen sie sich organisiert haben, zu einem Gespräch einlüde, diese Gruppen dem Gespräch mit der Regierung verweigern wollten; das kann ich mir auf die Dauer nicht vorstellen. Ich kann mir überhaupt keinen demokratisch verfaßten Staat, keine demokratisch verfaßte Gesellschaft vorstellen — auch wenn sie zum Teil noch so sehr, viel stärker als bei uns, durch Klassengegensätze geprägt sind —, in der ein Verband, stünde er hier oder dort, eine Einladung zum Gespräch durch die jeweilige Regierung oder den jeweiligen Regierungschef ablehnen würde. Ich bin mir darin mit allen Bundesministern einig, auch mit dem scheidenden, auch mit dem neu eintretenden.
    Lassen Sie mich zu dem scheidenden Bundesminister für Wirtschaft, der, wie er sagte, hier gestern seine voraussichtlich letzte Rede im Bundestag gehalten hat, noch ein Wort sagen. Die fünf Jahre, in denen Hans Friderichs sein Ressort führte, waren innerhalb des letzten Vierteljahrhunderts, innerhalb



    Bundeskanzler Schmidt
    der letzten 25 Jahre gewiß wirtschaftspolitisch die schwierigsten. Er hat an dem bisher erreichten Erfolg einen erheblichen Anteil. Ich will nicht verschweigen, daß die Zusammenarbeit mit dem Bundesminister Friderichs nicht immer für alle einfach, für mich relativ einfach, aber nicht immer für alle einfach, wohl aber für alle immer fruchtbar gewesen ist. Das ist ein Mann, der weiß, was er will, und der sagt, was er will, ein Mann mit großer Überzeugungstreue und einem klaren Zielbewußtsein. Ich nehme an, daß wir uns im Grunde — Herr Barzel hat das gestern auch für die Opposition in gebührender Form zum Ausdruck gebracht — für die Zusammenarbeit mit ihm gemeinsam bedanken wollen und daß wir uns alle wünschen, daß die Verbindung auch in Zukunft, wenn er seineneue Aufgabe angetreten hat, nicht abreißen möge.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich muß mich jetzt aber doch — wie angekündigt — wenigstens ein wenig mit dem Kolossalgemälde des CSU-Vorsitzenden beschäftigen. Ich habe hier eine lange Liste von Irrtümern — um das Wort „Verfälschung" 'nicht zu benutzen —, aber auch von Klitterungen und von Verdrehungen — um mich wenigstens an die Grenze dessen heranzutasten, was Sie ohne empörte Zwischenrufe ertragen können.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Ich will Ihnen nicht alle Beispiele vortragen. Es sind deren 20. Ich trage Ihnen einige der Beispiele vor, die mich selbst betreffen, weil ich das in der Tat für nötig halte.
    Herr Strauß hat mir unterstellt, ich hätte einen Brief Willy Brandts über Rechtsradikalismus — so seine Worte ausweislich des Protokolls — für „blühenden Unsinn" erklärt. Ich darf Ihnen sagen, Herr Abgeordneter Strauß: Dieses haben Sie frei erfunden.

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    Wahr ist, daß Herr Brandt auf seinen Brief von mir eine schriftliche Antwort bekommen hat, so, wie es sich gehört. Ich kann sie jeden Tag im Bundestag vorlesen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Bitte!)

    Dem Sinne nach sagt die Antwort, daß die Bundesregierung sowohl linksextremistische als auch rechtsextremistische Erscheinungen in unserem Lande voll ihre Aufmerksamkeit zuwendet.
    Daß dies tatsächlich der Fall ist, haben Sie vor zwei Tagen hinsichtlich der antisemitischen Umtriebe auf der Bundeswehrhochschule in München erlebt, auf die hin der Bundesminister der Verteidigung in aller Geschwindigkeit und mit der gebotenen Eindringlichkeit eingegriffen hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich will aber in dem Zusammenhang einen Satz, den auszusprechen eigentlich nicht notwendig wäre, doch hinzufügen, damit kein Mißverständnis resultiert: In ihrer ganz überwältigenden Mehrheit setzt sich die Bundeswehr aus Soldaten zusammen, die
    fest und zuverlässig zum demokratischen Staat und zu unserer Verfassung stehen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Daran möchte ich keinen Zweifel lassen.
    Herr Strauß hat behauptet, ich hätte früher die Wunderdroge der Inflation als ein Mittel gegen den Übel der Beschäftigungslosigkeit oder die Krankheit der Arbeitslosigkeit angepriesen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Jawohl!)

    Ich stelle nur fest, daß er den Beleg dafür nicht wird bringen können. Dieses ist eine derjenigen Straußschen Aussagen, die in die Rubrik „Verdrehung oder Klitterung" fallen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die nächste Aussage auf derselben Seite des Protokolls, ich hätte mich auf der Londoner Konferenz schlußendlich dem Kommuniqué angeschlossen, daß Inflation kein Mittel zur Verhinderung der Arbeitslosigkeit sei, ist — vielleicht irrtümlich, Herr Strauß — falsch; denn dieser Satz des Kommuniqués wurde auf Vorschlag des deutschen Bundeskanzlers dort hineingeschrieben. Er hat sich ihm nicht angeschlossen, sondern er hat ihn durchsetzen können bei unseren Freunden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es gibt eine lange Kette weiterer Unwahrheiten, z. B. die — und das ist die letzte, die ich im Augenblick erwähnen will —,

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    in der Regierungserklärung vom 16. Dezember 1976 sei eine Prognose über das Wirtschaftswachstum von 5 bis 6 °/o gegeben worden. Wenn Sie inzwischen die Regierungserklärung nachgelesen haben, werden Sie festgestellt haben, daß Sie oder Ihr Zettelkastenbearbeiter sich in diesem Punkte geirrt haben. Davon ist nichts wahr. Wahr ist, daß ich für das Jahr 1976, das damals noch nicht voll abgelaufen war, gesagt habe, ich rechnete für 1976 mit einem Wachstum von 5 bis 6 %. Tatsächlich sind es 5,6 % geworden; deshalb ist die Aussage 5 bis 6 % wohl nicht zu beanstanden.
    Herr Strauß hat natürlich auch ein paar Sachen gesagt, denen man zustimmen kann; es waren nicht so viele. Immerhin hat er ein Loblied auf Arbeiter und Unternehmer gesungen, die den Export so gefördert haben. Dem kann man sich anschließen. Allerdings wäre es noch besser, Sie hielten dann nicht so lange Reden über Inflation, sondern würden anerkennen, was wahr ist, Herr Abgeordneter Strauß, nämlich, daß mit Ausnahme der Schweiz die deutschen Exportgüter, aber auch die im Inlande verkauften und gekauften Güter, in der ganzen industriellen Welt zu niedrigsten Preisen angeboten und verkauft werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sie haben auch recht, wenn Sie z. B. in Ihrer Rede sagen: „Der Konflikt ohne Konsensus zerstört menschliches Glück und staatliche Gemeinschaft." Ich unterschreibe diesen Satz: Der Konflikt ohne



    Bundeskanzler Schmidt
    Konsens zerstört Glück und Gemeinschaft. Ich unterschreibe ihn. Nur, wenn es so ist — das sage ich nicht nur an Ihre Adresse, Herr Abgeordneter Strauß, sondern an die Adresse der Opposition —, was sollen dann diese ganze künstliche Konfrontation und die Freiheit-oder-Sozialismus-Debatte, die doch Spalten aufreißen will? Es ist doch Ihr erklärtes Ziel, den Konsens zu zerstören, der in Wirklichkeit so groß ist, wie Herr Friderichs Idas 'gestern dargestellt hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wie kann denn derselbe Mann, der hier sagt, Konflikt ohne Konsens zerstört die Gemeinschaft, auf seinem Landesparteitag vor wenigen Wochen den Vorsitzenden einer der großen demokratischen Parteien unseres Volkes der Deutschfeindlichkeit bezichtigen?

    (Pfui-Rufe bei der SPD)

    Wie paßt denn das zusammen?

    (Zuruf von der CDU/CSU: Schon immer! — Dr. Jenninger [CDU/CSU]: „Verbrecher und andere Deutsche"!)

    - Ich hoffe eigentlich, daß dieser Ihr Zwischenruf, Herr Kollege, so nicht ins Protokoll kommt; sonst wird er einen Rattenschwanz von schlimmen Sachen auslösen. Ich bitte Sie herzlich, nehmen Sie doch selber ernst, was Herr Strauß gesagt hat: Konflikt ohne Konsens zerstört die Gemeinschaft.

    (Beifall bei 'der SPD und der FDP — Schröder [Lüneburg] [CDU/CSU] : Wer ist denn der Verfasser gewesen? — Dr. Marx [CDU/ CSU] : Warum soll sich Herr Jenninger beschimpfen lassen?)

    Es gibt sicherlich Leute, mit denen Konsens unter keinen Umständen möglich ist. Soweit ich sehe, sind die im Deutschen Bundestag nicht vertreten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Doch, Herr Coppik! Fragen Sie den mal!)

    Ich beziehe mich z. B. auf die schon mehrfach zitierte Rede eines Kölner Betriebsratsvorsitzenden — Heinz Bastian heißt er —, der bei der Trauerfeier für einen der in Köln Ermordeten gesagt hat:
    Wir leben als Bürger und Arbeitnehmer sicherlich nicht in einer Welt, in der alles vollkommen ist. Eines ist jedoch gewiß: In der Welt, die uns die Terroristen und deren Sympathisanten aufbauen möchten, wollen wir als arbeitende Menschen in diesem Lande auf keinen Fall leben.
    Ich glaube, daß die große Mehrheit des deutschen Volkes beiden Feststellungen des Kölner Betriebsratsvorsitzenden zustimmen wird. Wir leben nicht in einer Welt, in der alles vollkommen ist; aber auf keinen Fall wollen wir in einer Welt leben, wie die Terroristen sie herbeiführen wollen. Wenn wir in einer unvollkommenen Welt leben, wenn es unser Auftrag ist, sie zu verbessern, dann muß Kritik möglich bleiben, dann muß das streitige Austragen politischer Meinungskonflikte, Urteilskonflikte möglich
    bleiben, dann darf auch niemand, nur weil er kritisiert, um dieses Tatbestands willen in die Ecke gestellt werden.
    Zum anderen: Mit der Intoleranz haben wir nichts im Sinn. Wir wissen, daß kein Gesetz — übrigens in keinem Staate — jemals völlig verhindern kann, daß Verbrecher aus dem Hinterhalt morden. Aber es ist ein Irrtum — und es ist nicht gut, wenn diesem Irrtum Vorschub geleistet wird — anzunehmen, daß deswegen dieser Staat hilflos sei. Dieser freiheitlichste, demokratischste Staat, den Deutschland je kannte in seiner Geschichte, kann durch einen verlorenen Haufen von Desperados nicht ernsthaft gefährdet werden — dann jedenfalls nicht, wenn wir uns von diesen Erscheinungen des Terrorismus nicht dazu verleiten lassen, unsererseits zur Zerstörung der Gemeinschaft beizutragen.
    Ich habe hier im Bundestag vor einigen Monaten — oder war es am anderen Ort — gesagt, der Rechtsstaat bleibe unverwundbar, so lange er in uns selbst lebt, und hinzugefügt: er lebt in uns, nun gerade und nun erst recht. Ich nehme mir das Recht, daran zu erinnern, wenn ich lese, daß der Abgeordnete Strauß auf seinem Parteitag vor 14 Tagen gesagt hat — wörtlich —: „Man sollte einmal die, die für die Freiheit des Volkes angeblich kämpfen, dem Volke überlassen. Dann braucht die Polizei und braucht die Justiz sich gar nicht mehr darum zu kümmern."

    (Hört! Hört! und weitere Zurufe von der SPD)

    Ich weiß nicht, Herr Abgeordneter Strauß, wie das gemeint ist. Es wäre gut, Sie würden es interpretieren. Man ist vieles von Ihnen gewöhnt. Aber dieses macht auf den ersten Blick hin den Eindruck, als ob Sie Rechtsstaatlichkeit und Verfassung am liebsten beiseite schieben wollten, um sich einer Rechtsprechung durch den Ku-Klux-Klan hinzugeben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — OhRufe von der CDU/CSU)

    Ich wäre dankbar, wenn der Satz interpretiert werden könnte: „Dann braucht sich die Polizei nicht mehr darum zu kümmern, und die Justiz braucht sich auch nicht mehr darum zu kümmern." Ich bin der Meinung, daß die Polizei und die Gerichte dazu da sind, sich darum zu kümmern, damit nicht Selbstjustiz in unserer Gesellschaft einreißt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich stimme der Rede meines Kollegen Ehmke von gestern bei, daß unser Volk in dieser Sache keine parteiliche Polemik so sehr gerne hören will, sondern einen Sieg des demokratischen Rechtsstaates über den Terrorismus erleben will. Ich bleibe bei dem Wort, daß wir, um diesen Sieg des Rechtsstaates über den Terrorismus zu ermöglichen, nichts verschulden dürfen — allesamt nicht — und nichts versäumen dürfen. Ich weiß, daß die von vielen dadurch abverlangte Geduld, Zurückhaltung und Selbstbeherrschung um so schwieriger zu wahren sind, je länger sie gefordert werden. So wie ich in allen diesen vier Wochen bei manchen Versuchungen — das will ich nicht verhehlen — an mich selbst und an meine Kollegen in der Bundesregierung appelliert



    Bundeskanzler Schmidt
    habe, so möchte ich auch an Sie appellieren: lassen Sie uns gemeinsam in dieser Sache im Reden und im Handeln Selbstdisziplin, Zurückhaltung, Selbstbeherrschung üben. Die Diskussion um die notwendigen Maßnahmen zur weiteren Verbesserung im Kampf gegen den Terrorismus oder die geistig-politische Auseinandersetzung mit Ursachen und Hintergründen des Terrorismus braucht darunter nicht zu leiden. Im Gegenteil, sie könnte davon gewinnen, wenn wir sie mit Gelassenheit und dem Willen, auch dem anderen zuzuhören, führten. Sie würde durch geistige und moralische Selbstdisziplin gefördert werden.
    Es ist übrigens eine notwendige Diskussion. Sie ist auch international notwendig. Aber wir müssen sie in Gelassenheit führen. Das würde allen, uns und übrigens auch dem Ansehen unseres Volkes im Ausland, insbesondere auch bei unseren Freunden, sehr zugute kommen. Wir haben gezeigt, daß der Rechtsstaat da, wo die Not es erfordert, schnell zu handeln und schnell zu reagieren vermag; aber wir wollen uns Inhalt, Tempo und Stil der Auseinandersetzung über unsere Gesetzgebungsarbeiten nicht von den von Terroristen gesetzten Daten vorschreiben lassen.
    Es werden Verbesserungen unserer inneren Sicherheit notwendig sein. Mir scheint, es ist notwendig, daß sie mit der für gute Gesetze angemessenen Bedachtsamkeit und Umsicht zustande gebracht werden. Sie müssen vorher ausreifen, ehe sie im Bundesgesetzblatt stehen. Die Bundesregierung hat mehrfach betont, daß sie jeden Vorschlag unvoreingenommen prüfen werde. Ich stehe dazu; aber gleichzeitig betone ich mit Nachdruck: unsere geistige Stärke, unsere moralische Rechtfertigung in dieser Sache liegen allein in der Treue zum Recht und im entschiedenen Einsatz für den Rechtsstaat des. Grundgesetzes.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es gab einen Fall, in dem war Eile geboten, weil Gefahr im Verzuge gegeben war. Deswegen haben Bundestag und Bundesrat in der letzten Woche das sogenannte Kontaktsperregesetz in einem beispielhaft zügigen Verfahren verabschiedet, das gleichwohl allen rechtsstaatlichen Anforderungen genügt. Das beweist einmal mehr, daß unser Rechtsstaat, der die Staatsgewalt durch ein sehr kompliziertes System von Verfahrens- und Kompetenznormen bindet und einschränkt, kein Nachtwächterstaat ist, sondern daß er sehr wirkungsvoll handeln und zupacken kann, wenn Gefahr ins Haus steht. Dieses Kontaktsperregesetz schafft die geschriebene Rechtsgrundlage dafür, daß in Situationen wie derjenigen, die durch das Verbrechen an Dr. Schleyer und seinen Begleitern entstanden ist, die Strafanstalten, wie z. B. in Stammheim und anderorts, nicht fahndungssichere Befehlszentralen für terroristische Aktivitäten bilden können. Wir haben leider die bestürzende Erfahrung machen müssen, daß einige Rechtsanwälte nicht als Organ der Rechtspflege handeln, sondern daß sie ihre zahlreichen Rechte dazu benutzen, nach dem Vorbild der Franks und der Freislers den Rechtsstaat zu unterminieren und, wenn es geht, zu beseitigen.
    Dennoch war das Kontaktsperregesetz ein schwerwiegender Eingriff, den sich niemand leicht machen konnte. Man konnte z. B. auch die Frage stellen, ob es nicht diesem besonderen Charakter des Gesetzes besser entsprochen hätte, es statt dessen bei den bisher ungeschriebenen Regeln des übergesetzlichen Notstandes zu belassen, statt diese Ausnahme zu normieren, wie wir es getan haben.
    Das Bundesverfassungsgericht hat sich gestern dazu geäußert; ich will darauf noch zurückkommen. Es hat auf die neue Kontaktsperregesetzgebung in seinem Beschluß Bezug genommen, und ich empfehle den Beschluß und seine Begründung dem sorgfältigen Studium aller Abgeordneten, insbesondere aber derjenigen, die in der vorigen Woche gezögert haben, dem Gesetz zuzustimmen.

    (Hartmann [CDU/CSU] : Abgelehnt! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    — Einige haben es abgelehnt, andere haben sich enthalten, manche haben gezögert und dennoch zugestimmt. Diejenigen, die sich anders verhalten haben, haben es damit allerdings auf sich genommen, dem schlimmen Eindruck Vorschub zu leisten, den Herr Strauß und andere gern verbreiten möchten, daß die Solidarität und die innere Festigkeit der Koalition nicht ausreiche, um in diesem Lande die notwendige Handlungsfreiheit der Bundesregierung und die Handlungsfreiheit der gesetzgebenden Mehrheit des Deutschen Bundestages zu wahren.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich sage hier einen Satz hinzu für den, den es angeht: Solidarität ist nirgendwo im Leben eine Einbahnstraße.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Und für diejenigen, die mir jetzt aus den Reihen der Opposition Zwischenrufe machen — übrigens lächelnden Gesichtes; ich kann nicht verstehen, daß dies ein Gegenstand der Schadenfreude sein sollte; wenn es etwas anderes ist als Schadenfreude, was ich auf dem Gesicht des Herrn Abgeordneten Kohl lese — —

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Unverschämt! — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Das ist doch unverschämt! — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Da muß ich wirklich fragen: Welch ein Zustand! — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Eine Frechheit ist das, eine regelrechte Provokation! — Zuruf des Abg. Dr. Kohl — Weitere erregte Zurufe von der CDU/CSU)

    Politische Parteien

    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU)

    sind in einem demokratischen Staat — — Sie lachen ja schon wieder, Herr Kohl! Sie lachen die ganze Zeit!

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Fortgesetzte erregte Zurufe von der CDU/CSU)

    Es scheint mir eine

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Das ist menschlich das Letzte!)




    Bundeskanzler Schmidt
    4 Zwangshandlung zu sein, daß Sie beim Anhören von Argumenten, die Ihnen nicht gefallen, immer nur lächeln können.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Gehen Sie doch heim langsam! — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Sie sind unseriös! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    Ich will

    (Fortgesetzte Zurufe von der CDU/CSU)

    darauf hinweisen, daß politische Parteien, auch die Unionsparteien, ja nun in der Tat keine monolithischen Blöcke sind. Das haben wir ja manches Mal erlebt, Herr Abgeordneter Kohl und Herr Abgeordneter Barzel.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Aha!)

    Jeder Abgeordnete hat das Recht der freien Gewissenentscheidung.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Apel lacht!) — Was?


    (Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU: Apel lacht!)

    — Ich stelle fest, daß die Opposition sich darüber freut, daß auf der Regierungsbank einer lacht. Die Regierung hat ja auch zu lachen, meine Damen und Herren. Sie hat ja auch zu lachen. Der Unterschied ist: Wir lachen manchmal, und Sie lachen immer.

    (Franke [CDU/CSU] : Herr Bundeskanzler, Ihr Löffler lacht!)

    Wenn ich

    (Franke [CDU/CSU] : Apel lacht schon wieder! — Anhaltende Zurufe von der CDU/ CSU)

    zum Ernst zurückkommen darf:

    (Strauß [CDU/CSU] : Da lacht schon wieder einer!)

    So wie jeder Abgeordnete immer, insbesondere in Ausnahmesituationen, selbstkritisch wird prüfen müssen,

    (Franke [CDU/CSU] : Sie lachen auch, Herr Bundeskanzler!)

    was er seinem Gewissen, was er seinen Koalitions-
    und Parteifreunden — —

    (Franke [CDU/CSU]: Darf ich jetzt lachen, Herr Bundeskanzler?)

    — Nein, das sollten Sie nicht! Es tut mir leid, daß die Mitte dieses Hauses nicht in der Lage ist, eine für das ganze Haus weiß Gott schwierige Frage in Ruhe zu erörtern.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Sie sind doch ein Provokateur! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich mache nochmals einen Versuch und bitte um Nachsicht, daß ich einige Sätze wiederhole, weil mir daran liegt, daß sie im Zusammenhang gehört werden.
    In einem freiheitlichen Staat sind Parteien und Fraktionen — das gilt auch für die Union — keine monolithischen Gebilde. Jeder Abgeordnete hat das Recht und die Pflicht der freien Gewissensentscheidung. Aber ebenso wird jeder Abgeordnete auch, insbesondere in Ausnahmesituationen, selbstkritisch prüfen müssen, was er seinem Gewissen, was er seinen Koalitions- und Parteifreunden, was er der Gesamtheit der politischen Zielvorstellungen seiner Wähler, die ihn entsandt haben, was er dem Grundkonsens aller bei der Verteidigung der grundgesetzlichen Ordnung des Staates schuldig ist.
    Das Bundesverfassungsgericht hat in der schon erwähnten dankenswert klaren und einstimmigen Entscheidung die Verfassungsmäßigkeit der Kontaktsperren bestätigt. Diese Entscheidung wird den Konsens der demokratischen Kräfte unseres Landes stärken und die Entschlossenheit bekräftigen, bei der Bekämpfung des Terrorismus wirklich die Grenzen des Rechtsstaates auszuschöpfen, aber nicht und niemals diese Grenzen zu überschreiten, womit die Identität dieses Staats gefährdet würde. Das Gericht hat festgestellt, daß ein „begehbarer Mittelweg" — ich zitiere —, „auf dem einerseits die ungehinderte Verteidigung den inhaftierten Antragstellern, andererseits die für notwendig erachtete Unterbindung von Kontakten der in Haft befindlichen Antragsteller mit ihren Verteidigern gewährleistet werden könnte", nicht ersichtlich sei. Das Gericht hat dabei nicht übersehen, daß die beanstandete Unterbindung von Kontakten zwischen Verteidigern und ihren inhaftierten Mandanten auch solche Anwälte treffen kann, die sich voll im Rahmen ihrer beruflichen und gesetzlichen Pflichten halten. Das Gericht hat das nicht übersehen. Diese generalisierende Wirkung des einstweiligen Besuchsverbots ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu umgehen, wenn nicht die Wirksamkeit der Maßnahme insgesamt in Frage gestellt werden soll. Die Entscheidung des Verfassungsgerichts hat die Bedenken derjenigen, die dem Gesetz nicht zugestimmt haben, durchaus und ausdrücklich gewürdigt. Aber es hat eindeutig die Rechtsauffassung derjenigen bestätigt, die dieses Gesetz, wenn auch in vielen Fällen nicht leichten Herzens, als eine notwendige Maßnahme zur Bekämpfung des Terrorismus beschlossen haben.
    Ich will in diesem Zusammenhang einen Punkt erwähnen, in dem ich meine Meinung geändert habe. Es ist ja bekannt, daß ich mich im Gegensatz zu manchen meiner eigenen Fraktion lange Zeit für die Überwachung des mündlichen Verteidigerverkehrs ausgesprochen habe. Ich hielt diese Maßnahme für notwendig, um die unerträglichen Kontakte zwischen inhaftierten Terroristen und kriminellen Anwälten zwecks Vorbereitung neuer terroristischer Aktivitäten zu unterbinden. Ich habe inzwischen eine Reihe neuer Erfahrungen und Einsichten in dieser Sache gewonnen und bin zu dem Ergebnis gekommen, daß über die von uns vorgeschlagene verschärfte Ausschlußregelung für Verteidiger unter bestimmten Voraussetzungen und das inzwischen erlassene Kontaktsperregesetz hinaus eine Überwachung des mündlichen Verteidigerverkehrs kaum effizient werden würde. Das habe ich inzwischen



    Bundeskanzler Schmidt
    kapiert. Ich bin bereit und die Minister der Bundesregierung sind bereit, im Ausschuß darüber Aufschluß zu geben, welche Erfahrungen das sind. Es kommt bei der Terrorismusbekämpfung nicht auf starke Worte, nicht auf Rechthaben an, es kommt darauf an, daß wir entschlossen und wirksam handeln. Deswegen Ist es mir in diesem speziellen Punkt auch nicht schwer gefallen, meine Meinungsänderung hier öffentlich zu bekennen.
    Nun genügt es freilich nicht, sich um der gemeinsamen politischen Ziele willen von den verbrecherischen Methoden der Terroristen zu distanzieren, wie manche es in der öffentlichen Debatte tun. Es gibt ja gar kein politisches Ziel, das die Terroristen anstreben. Sie legen es nicht dar. Wer sich in den Bannkreis des Terrorismus begibt, der steckt sehr schnell mitten in dem Teufelskreis von Gewalt und Zerstörung und Mord und wieder Gewalt und wieder Zerstörung. Deswegen, denke ich, sollte niemand terroristische Gewalttat als Abirrung angeblich politisch motivierter Täter verharmlosen, auch wenn am Ursprung im Einzelfall einmal politische Attituden gestanden haben.
    Ich denke, es sollte niemand, weder auf der Seite der Sozialdemokraten noch der Freien Demokraten noch der Christdemokraten noch der Christlich-Sozialen, den parteipolitischen Gegner in der Auseinandersetzung mit dem Terrorismus in unterschwelligen Zusammenhang mit dem Terrorismus bringen. Ich bin für die geistige Auseinandersetzung mit all den Phänomenen, die wir heute beklagen, und denen, die dahinterstehen und die vielleicht beigetragen haben. Ich sage ja zur Suche nach den psychologischen, den pädagogischen, den gesellschaftlichen, den politischen Wurzeln, übrigens nicht nur in den Parteien, auch in den Medien, an vielen Orten unserer Gesellschaft. Aber ich bitte uns alle: Lassen Sie uns nein sagen zu irgendwelcher Hysterie, auch nein zur Antihysterie gegenüber dem Terrorismus.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich gebe ein Beispiel. Es liegt eine gefährliche Einengung der eigenen Urteilskraft vor, wenn eine Veranstaltung mit Frau Luise Rinser abgesagt wird, die vorher von einer Illustrierten zur Symphatisantin des Terrorismus gestempelt wurde. Es gibt andere Fälle. Ich sollte den Namen Böll erwähnen. Ich könnte viele Namen nennen. So dürfen wir uns selber nicht denaturieren.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich bin dafür, diese Debatte mit kühlem Kopf — ich wiederhole das — und, wenn es geht, mit Gelassenheit zu führen.
    Ich habe am 15. September hier gesagt, es sei eine normale und zentrale politische Führungsaufgabe des Parlaments gegenüber einer demokratischen Gesellschaft, die durch dieses Parlament vertreten ist, daß sich das Parlament streitig auseinandersetzt, daß es streitig die politischen Grundströmungen des eigenen Volkes hier gegeneinanderstellt und in diesem Saal austrägt. Sie sind an jenem Tage dazu nicht bereit gewesen. Das war der 15. September. Gestern waren Sie dazu bereit. Die Bundesregierung und ich selbst, wir waren darauf durchaus eingestellt und hätten es für völlig normal gehalten, diese normale Funktion des Parlaments, sich über alle Bereiche der Politik streitig auseinanderzusetzen, auch zehn Tage nach jenem terroristischen Verbrechen stattfinden zu lassen. Wir waren darauf eingestellt. Sie waren eigentlich auch darauf eingestellt gewesen, aber Sie haben dann damals sagen lassen — verbunden mit der Andeutung bestimmter parlamentarischer Verhaltensweisen, die Ihnen legitimerweise zu Gebote stehen —, Sie wünschten dies nicht.
    Die Regierungsparteien und die Bundesregierung haben sich dem Wunsche der Opposition insoweit nicht verschlossen und haben die Regierungserklärung auf den Gegenstand beschränkt, der durch das terroristische Verbrechen gegeben war. Ich habe mich dabei bemüht, meinerseits keinen Graben aufzureißen oder einen bereits aufgerissenen Graben zu vertiefen. Ich will nur sagen: Es muß trotzdem bei alledem die normale politische Auseinandersetzung weitergehen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich weiß nicht, ob die normale politische Auseinandersetzung nun allerdings mit der Terrorismusdebatte so verknüpft werden muß, wie das hier und da in den letzten Tagen begonnen hat. Uns wird eine „Herbstoffensive" der Opposition angekündigt. Ich weiß nicht, ob der Ausdruck ganz glücklich gewählt ist; mögen die Urheber darüber nachdenken. Ich entnehme nur, daß Herr Strauß vor 14 Tagen auf die Offensive noch nicht ganz vorbereitet war. Gestern war er ganz gut vorbereitet. Er hatte eine ganze Menge an wirksamen Späßen und rhetorischen Formeln zur Verfügung.
    Nur, Herr Abgeordneter Strauß, wer sich auf diese Offensive festlegt, muß sich fragen, ob er eigentlich seiner Rolle als Opposition wirklich gerecht werden kann. Wenn Sie Offensive im Sinne totaler Konfrontation wirklich meinen — gut, wir werden das ertragen müssen. Wir haben das bisher auch schon eine Zeitlang ausgehalten, und wir sehen dabei gar nicht so schlecht aus, Herr Strauß. Wir können das. Ob es gut ist, totale Konfrontation in einem Parlament zu wollen, wenn man gleichzeitig davon spricht, daß Konfrontation die Gemeinschaft zerstöre, das müssen Sie selbst beurteilen. Ich habe darüber ein feststehendes Urteil: Das ist nicht gut.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der Angriff gegen die Position der Regierungsparteien ist legitim; der steht Ihnen zu. Aber er wäre eindrucksvoller, wenn Sie eine eigene Position hinzufügen könnten. Sie hat gestern 90 Minuten lang gefehlt; davon war nichts zu erkennen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Je stärker aber nicht um Substanz gestritten wird und je weniger alternative Substanz angeboten wird, je mehr statt dessen Konfrontation inszeniert wird, desto größer ist die Gefahr für das Ansehen der Parteien. Es ist ja nicht so, daß unser Volk von einer Staatsverdrossenheit erfaßt sei. Es ist Parteienverdrossenheit, die Sie vielerorten treffen. Das bezieht sich auf alle politischen Parteien. Herr Strauß



    Bundeskanzler Schmidt
    hat es gestern in seiner Rede selber eingeräumt, als er sagte, das gehe ja auch an der CDU/CSU nicht vorbei. Die Burger, wo sie auch politisch stehen, möchten parteiliche Konfrontation nicht als Selbstzweck vorgeführt bekommen. Deswegen genießen ja bei alledem die Bundesregierung und die Organe des Staates insgesamt ein unbeeinträchtigtes Vertrauen gegenüber sehr beeinträchtigtem Vertrauen in politische Parteien.
    Herr Strauß hat ein weiteres Mal in den langen Jahren seiner Zugehörigkeit hier auf den Marxismus-Popanz eingeschlagen. Dazu möchte ich etwas sagen. Kurt Schumacher hat 1946 das in meiner Partei geradezu klassisch gewordene Wort geprägt, daß es nicht darauf ankäme, ob jemand durch die Methoden marxistischer Wirtschaftsanalyse oder ob jemand aus ethischen Gründen oder ob jemand aus dem Geiste der Bergpredigt Sozialdemokrat geworden sei. Dazu ist zu sagen: Meine Partei, für die ich einmal im Augenblick ein paar Minuten sprechen darf, ist schon lange vor 1946, während der ganzen Nazi-Zeit — 1946 konnte es erst öffentlich erkennbar werden —, dieser von Schumacher geprägten Maxime gefolgt. Das wird auch darin deutlich, wie ihre Mitglieder miteinander umgingen. Schließlich hat das dann im Godesberger Grundsatzprogramm heute vor bald 20 Jahren seinen Niederschlag gefunden. Schumacher hat übrigens auch gesagt, eine einheitliche Parteitheorie sei der Tod der Freiheit, woraus sich ergibt, daß solche marxistischen Positionen, die eine ausschließliche und damit letztendlich undemokratische Theorie vertreten, in der SPD sicherlich nicht legitim sind. Jeder weiß, daß ich kein Marxist bin. Aber ich möchte doch wiederholen, was ich trotz Herrn Strauß viele Male gesagt 'habe: Ich empfehle, den Mann zu lesen. Ich empfehle, manches andere auch zu lesen. Ich empfehle nicht, ihn allein zu lesen; denn einseitige geistige Diät ist eine Ursache für mancherlei philosophische Krankheit.
    Was aber nun die Sozialdemokraten angeht, Herr Strauß: die Überzeugungen der Sozialdemokraten, die Überzeugungen des demokratischen Sozialismus, über den Sie sich gestern lächerlich machen zu sollen meinten, fließen nicht aus einer einzigen Theorie. Sie fließen aus eigener Erfahrung mit der Wirklichkeit. Sie fließen aus vielem, was man liest und lernt. Sie fließen aus der Interpretation all dessen, auch aus der Interpretation der eigenen Erfahrung. Letztlich fließen sie aus dem sittlichen Urteil über das, was politisch sein soll, was in Solidarität getan werden soll, um .der Freiheit willen, um der Demokratie, um der Gerechtigkeit, um dem Rechtes, um der Würde des Menschen willen. Wer von dem Anspruch beseelt ist das, was sein soll, zwingend aus einer rein theoretischen Erklärung dessen abzuleiten, was ist oder war, der wird es schwer haben. Hier liegt sicherlich eine der großen Gefährdungen, die aus dem Marxismus kommen. Solche Marxisten, die das so meinen, die dienen dem großen Marx sicherlich nicht, der in mancher Weise unser ökonomisches, unser soziologisches, unser philosophisches Wissen bereichert hat.
    Lassen Sie mich sagen: Der Kern, um den hier gerungen wird, um den es hier geht — Herr Strauß hat ja den Vorstoß zum Kern der Dinge verlangt —, ist, daß nicht einer von dem anderen Popanze aufbaut, Potemkinsche Dörfer, und sich dann in glänzenden Kavallerieattacken als jemand darstellt, der den Gegner besiegt.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Merken Sie sich das einmal!)

    Ich verstehe nach all dem Ärger, den Ihnen das Wort vom Saustall eingebracht hat, auch nicht, daß Sie nun in München die FDP in Ihrer Parteitagsrede einen Sauhaufen genannt haben. Herr Strauß, Sie haben eine ausgesprochene Neigung zum Borstenvieh in ihrer politischen Sprache.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich bin gegen diese fortlaufende, fortwährende, von ihm nicht provozierte Herabsetzung des Gegners. Es hatte ja vor Ihnen auf dem CSU-Parteitag weder ein Sozialdemokrat noch ein Freier Demokrat gesprochen und Sie angegriffen, auf ' den Sie hätten antworten müssen. Daß hier im Bundestag auf grobe Klötze auch grobe Keile gesetzt werden müssen, ist allerdings meine Überzeugung; aber Ihre Parteitagsreden, Herr Abgeordneter Strauß, halten Sie doch in kaltem Blute, um anderen Leuten das Blut in Wallung zu treiben; das ist Ihre wirkliche Absicht.

    (Beifall bei der SPD — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Was war denn das vorhin?)

    Das ist nun der Punkt, an dem ich mich Dr. Barzel zuwende, der gestern gemeint hat, auf diesem Lande laste die Koalition.

    (Beifall und Zurufe von der CDU/CSU)

    Er meint das Land, in dem in zehn Jahren die Nettoeinkommen um mehr als hundert Prozent gestiegen sind. Er meint das Land, in dem die Renten um mehr als hundert Prozent gestiegen sind.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Arbeitslose!)

    Er meint das Land, das einen großen Schritt in Richtung Mitbestimmung getan hat. Er meint das Land, in dem heute die Renten so hoch sind wie niemals vorher.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Er meint das Land, das in vielerlei Weise den Frieden nicht nur im Innern,

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    sondern auch nach außen hat bewahren und festigen können, nicht immer mit der Zustimmung Ihrer Fraktion, wohl mit Ihrer eigenen Zustimmung, Herr Dr. Barzel; dessen bin ich mir durchaus bewußt. Keineswegs aber hat uns bei dieser Friedensarbeit überall die Zustimmung der CDU/CSU geholfen;

    (Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Feine Methode!)

    im Gegenteil! Wenn ich jetzt manchmal den Ministerpräsidenten Albrecht höre, habe ich das Gefühl, er habe die Vertragspolitik mit der Volksrepublik Polen selber erfunden. Aber so war es ja nicht.



    Bundeskanzler Schmidt
    Sie meinen, Herr Dr. Barzel, das Land, das Freie Demokraten und Sozialdemokraten über eine lange Strecke von Jahren, in denen wir in diese wirklich schlimme weltwirtschaftliche Krise hineingekommen sind, gut ausgebaut haben.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Eine Million Arbeitslose! Weitere Zurufe von der CDU/ CSU)

    — Ich verstehe Ihre Zwischenrufe nicht. Darf ich Sie an das erinnern, was Herr Strauß gestern sagte, der die Behauptung aufstellte, das seien überall sozialistische oder sozialdemokratische Regierungen, die für die heutigen wirtschaftlichen Zustände verantwortlich seien. Ist denn in Japan, ist in Amerika, ist in Italien, ist in Frankreich eine sozialdemokratische Regierung im Amte? Was soll denn diese Schwarzweißmalerei? Das ist doch lächerlich, das hat doch keinen Sinn.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Barzel war sicherlich sehr viel höflicher und sehr viel überlegener und überlegter. Aber ich finde, so, Herr Barzel, wie Sie gestern gesprochen haben, sollten Sie eigentlich nicht reden.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU) — Ich meine, daß muß doch noch erlaubt sein:


    (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Darf ich bitte an dieser Stelle wohl lachen?)

    wenn mich ein Kollege öffentlich mahnt, was ich nicht tun sollte, darf ich ja wohl auch meinerseits eine solche Bitte aussprechen; so weit sind wir ja noch nicht.

    (Beifall bei der SPD)

    Herr Barzel hat z. B. außenpolitische Bemerkungen gemacht.

    (Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU]: Gute Bemerkungen!)

    Lassen Sie mich dazu ein Wort sagen, Herr Barzel. Es hat am Anfang der Amtsperiode des neuen amerikanischen Präsidenten auf manchen Gebieten Meinungsverschiedenheiten gegeben. An der Austragung und Ausräumung einiger dieser Meinungsverschiedenheiten war auch die Führung der Opposition durchaus beteiligt. Inzwischen ist die Sache so, daß man ohne jedwedes Zögern in der Stimme feststellen muß, daß die festgefügten Grundlagen des deutsch-amerikanischen Bündnisses, des beiderseitigen Verhältnisses völlig intakt sind, daß unsere intensiven Gespräche miteinander, insbesondere im Juli in Washington, inzwischen dazu geführt haben, daß auch bezüglich des Ost-West-Verhältnisses, des praktischen Fortgehens bei der Entspannungspolitik volle Übereinstimmung hergestellt wurde, was seinen Niederschlag findet auf der vorgestern in Belgrad begonnenen KSZE-Folgekonferenz und darin, daß wir dort gemeinsam mit den Vereinigten Staaten argumentieren. Es hat seinen Niederschlag auch in der Intensität gefunden, mit der die neue amerikanische Administration ihr Verhältnis zur Sowjetunion insgesamt zu entwickeln sucht, eine Entwicklung, die uns berechtigte Hoffnungen gibt, daß es auf dem für uns alle vitalen Gebiet einer Begrenzung der strategischen Nuklearwaffen durch SALT in absehbarer Zeit wirksame Fortschritte geben wird. Ich will zu all dem hinzufügen, daß meine inzwischen vielfältigen Gespräche mit Präsident Carter das bereits im Mai in London hergestellte vertrauensvolle persönliche Verhältnis sehr gefestigt und vertieft haben.
    Ich sage das alles nur, weil der Herr Kollege Barzel gestern gemeint hat, Herr Carter reise um Deutschland herum. So ist es nicht. Er macht eine Weltreise zu zehn Staaten. Im nächsten Jahr kommt er, ohne Rundreise, in die Bundesrepublik Deutschland und geht auch nach Berlin. Dies ist verabredet, Herr Kollege Barzel.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Barzel [CDU/CSU] : So bestimmt, wie Breschnew im Oktober kommt?)

    — Zu dem Zwischenruf, den Herr Barzel macht: Auch Herr Breschnew kommt bestimmt. Allerdings will ich eines hinzufügen: Wenn die von mir prinzipiell positiv beurteilte fortschreitende Entwicklung bei SALT II andere Besuche — was ich nicht ankündigen will, aber nicht für völlig ausgeschlossen halten darf — sich zeitlich in den Vordergrund schieben lassen sollte, würde ich darüber nicht weinen.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Aber vom Herbst ist nicht mehr die Rede?)

    — Vom Herbst ist die Rede!
    Herr Carter hat vorgestern vor den Vereinten Nationen seine konsequente Friedenspolitik erläutert. Er hat seine Verpflichtung, seine für die USA ausgesprochene Verpflichtung zum Ausdruck gebracht, Nuklearwaffen nur zur Selbstverteidigung, d. h. bei einem nuklearen oder konventionellen Angriff auf die Vereinigten Staaten oder auf das Gebiet eines ihrer Verbündeten oder auf ihre Streitkräfte, einzusetzen. Diese seine Verpflichtung hält sich in voller Übereinstimmung mit dem Grundkonzept der Atlantischen Allianz, dem Grundkonzept der Kriegsverhütung durch Abschreckung, entspricht dem Prinzip des Gewaltverzichts, wie es in der UN-Charta und in der Helsinki-Schlußakte verankert ist, demselben Prinzip, das in unserer Außenpolitik seit Jahren seine konkrete Ausprägung findet. Wir begrüßen die Erklärung des Präsidenten und erwarten, daß sich die andere Seite dem politisch-moralischen Imperativ dieser Erklärung nicht entziehen wird.
    Wenn es zu einem neuen SALT-Abkommen kommt, so würde dies nicht nur Auswirkungen auf das strategische Kräfteverhältnis zwischen den beiden Großmächten haben, sondern auch auf andere Bereiche der Ost-West-Beziehungen ausstrahlen. Dies kann nur zu unserem Nutzen sein. Kein Volk ist mehr als die geteilte deutsche Nation seiner Existenz wegen so darauf angewiesen, daß der Friede bewahrt wird, wie wir hier — mitten auf der Nahtlinie reitend —, ein Teil drüben: die Deutsche Demokratische Republik, ein Teil hier: die Bundesrepublik Deutschland. Übrigens, unsere Sondierungen mit der DDR haben dazu geführt, daß auf Teilgebieten sofort offizielle Verhandlungen beginnen können und auch werden.



    Bundeskanzler Schmidt
    Ich möchte ein Wort zur Solidarität mit unseren Partnern in Europa hinzufügen, einer Solidarität, die sich im Laufe der letzten Sommer- und Herbstmonate besonders bewährt hat. Das gilt für Frankreich und seinen Präsidenten. In den nächsten Wochen kommt der französische Premierminister Barre hierher zu Besuch. Das gilt für Großbritannien, dessen Premierminister am 18. Oktober hierher zu Besuch kommt, dessen Bemühen um Wiedergewinnung wirtschaftlicher Stabilität, dessen Entschlossenheit auf diesem Feld wir mit großer Befriedigung verfolgen. Das gilt auch, um den dritten der großen westeuropäischen Partner zu nennen, für Italien. Ich bin ganz zuversichtlich, daß sich die im Wissen um die Geschichte unserer Länder in jahrelanger Zusammenarbeit festgegründete deutsch-italienische Freundschaft behaupten wird. Es wird auch mit Premierminister Andreotti bald zu einem Treffen kommen.
    Ich will in diesem Zusammenhang ein Wort zu dem Deutschlandbild sagen, das im Ausland entstanden ist, zum Teil mit Fleiß gezeichnet wird. Es mag sein — ich rede jetzt nicht von einigen, die ihre Komplexe an den Deutschen abreagieren oder die ihre innenpolitischen Streitigkeiten auf dem Rücken des außenpolitischen deutschen Partners austragen, diese lasse ich einmal beiseite; ich rede von unseren guten Freunden oder von denjenigen, deren Urteil wir in jedem Fall ernst nehmen müssen —, daß manches am Bilde Deutschlands manchen ausländischen Beobachter erstaunt. Es erstaunt ihn, daß es bei uns keine neofaschistische Partei gibt, es erstaunt ihn, daß es bei uns keine nennenswerte kommunistische Partei gibt. Das politische Spektrum in der Bundeserepublik ist sehr viel enger als das politische Spektrum, das Parteienspektrum in anderen westeuropäischen Ländern. Dies kommt manchen ungewöhnlich vor; einigen kommt es sogar nicht normal vor. Für uns ist es normal angesichts der Erfahrungen mit dem Faschismus, angesichts der Nähe zur kommunistischen Herrschaftsform. Darin liegt einer der Gründe für mancherlei Fehlinterpretation. Ein anderer liegt vielleicht in unserem relativen wirtschaftlichen Erfolg.
    Aber sosehr wir auf der einen Seite ernst nehmen müssen, was unsere Freunde uns raten — und sie raten uns ja auch zur Gelassenheit gegenüber dem Terrorismus und zur Gelassenheit im Umgang mit uns selbst -, so wenig können wir uns die Legitimation nehmen lassen, dabei mitzureden. Wir reden ja auch mit, wir schreiben mit durch all das, was wir täglich sagen und schreiben. Ich bitte nur, daß wir uns dessen bewußt bleiben, daß wir nicht, was einigen draußen in der Welt vielleicht ganz erwünscht wäre, zum Sündenbock für anderes Übel werden dürfen. Wir können auch nicht zulassen, daß die Deutschen in der Bundesrepblik Deutschland quasi stellvertretend für die ganze deutsche Geschichte in Anspruch genommen und jetzt erneut gescholten werden, und diejenigen, die dort drüben die kommunistische Herrschaft ausüben, sich dann auch noch aufspielen können, als ob sie darüber erhaben seien. Das können wir auch nicht zulassen.
    Wir werden bei manchen in der jungen Generation die Bereitschaft dafür wecken müssen — nicht bei allen muß man sie wecken; bei den meisten ist die Beschäftigung mit Hitler-Filmen und dergleichen ja etwas durchaus als sehr erfreulich zu Qualifizierendes —, sich mit der Frage auseinanderzusetzen: Wie konnte es zu Hitler und zu Oradour und zu Auschwitz kommen?, Fragen, die uns gegenwärtig vom Ausland wieder besonders laut gestellt werden? Wir sind bereit, diese Frage immer wieder auf uns zu nehmen und an der Auseinandersetzung mitzuwirken. Wer aber die Bundesrepublik Deutschland damit vermengen möchte, der wird in uns allen seinen gemeinsamen und entschlossenen Gegner finden müssen:

    (Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Manches an dem heute im Ausland gezeichneten Deutschlandbild muß einen erstaunen. Manchem muß man ausdrücklich sagen, daß Angehörige der drei Parteien, die nach dem Krieg entstanden oder — in unserem Fall — wiedererstanden sind, daß viele führende Männer der ersten Stunde und der ersten Jahre hinter den Gefängnisgittern der Nazis gesessen haben, in den Konzentrationslagern gesessen haben, daß sie schreckliche Unbill erlitten haben, daß sie Menschen verloren haben, die ihnen vom Herzen und vom Geiste her nahestanden, daß viele ihr Land haben verlassen müssen, in das sie nachher zurückgekehrt sind. Es ist erstaunlich, daß man das heute manchen Ausländern in die Erinnerung zurückrufen muß. Aber wir müssen es vielleicht doch tun. Wir werden es um so leichter tun können, je weniger wir heute durch den Umgang untereinander das Mißverständnis aufkommen lassen, als ob sich hier gewisse angeblich latente Neigungen der Deutschen zu Ordnungshysterie wieder Spielraum verschafften.

    (Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU]: Was ist denn „Ordnungshysterie" ?)

    Meine Damen und Herren, ich möchte am Schluß einen Satz sagen, für den ich meinen freidemokratischen Koalitionspartner nicht in Anspruch nehmen kann. Wenn hier denn Konfrontation geübt werden soll — damit komme ich auf die Rede des Oppositionsführers von gestern zurück —, dann mögen Sie die Linke in unserem Lande — und die Sozialdemokratie ist die große demokratische linke Volkspartei in der Bundesrepublik — verteufeln. Eines werden Sie nicht verhindern können, nämlich dies: Das Herz der kleinen Leute, Herr Abgeordneter Strauß, wird auch in Zukunft in diesem Lande immer links schlagen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Es wird schlagen für mehr Gerechtigkeit und für mehr Freiheit und für mehr Humanität. Und auf dieser Seite stehen wir Sozialdemokraten,

    (Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    ob Ihnen das nun paßt, ob Sie es leugnen wollen
    oder nicht. Hier werden wir stehen, hier werden wir
    arbeiten. Und das ist der Kern der Sache, um den



    Bundeskanzler Schmidt
    Sie nur streiten können, den Sie aber nicht werden ändern können.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD — Beifall bei der FDP)