Rede von
Dr.
Ludolf-Georg
von
Wartenberg
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Entschuldigen Sie, Herr Kühbacher, ich bin doch nicht daran gehindert, hier die Wahrheit zu sagen.
Meine Damen und Herren, was soll diese Hektik? In den Finanzämtern und bei den Steuerzahlern wächst das Unverständnis über diese teilweise widersprüchliche und sich zeitlich überlagernde, immer komplizierter werdende Steuergesetzgebung. Die Steuerpolitiker Ihrer Fraktion kommen mir manchmal wie Mieter einer Altbauwohnung mit einer durch Ventil zu steuernden Heizung vor. Wenn es zu heiß ist, dann müssen sie das Ventil zudrehen. Kurz danach ist es dann zu kalt; dann drehen sie es wieder auf. Sie laufen immer hin und her, hin und her. Vertrauen Sie einem Thermostaten! Er regelt das automatisch. Der Thermostat unserer Wirtschaftsordnung ist nun einmal die Privatinitiative, der Spielraum, den die Marktwirtschaft für Investitionen läßt.
Meine Damen und Herren, gerade in der Konjunkturpolitik und in der Steuerpolitik kommt es auf die längere Geltungsdauer der Bestimmungen an, auf die sich die Bürger dann verlassen können. Natürlich verspricht eine Politik nur dann Erfolg, wenn auch die Investitionsbedingungen, vor allem steigende Nachfrage mit steigendem Absatz und steigenden Erträgen, gegeben sind.
Nur ein Blick durch die ideologische Brille erlaubt es, die Wurzel für die anhaltende Arbeitslosigkeit vor allem in der Zurückhaltung der öffentlichen Nachfrage oder gar im flacheren Verlauf der Weltkonjunktur zu sehen. Wer aber — wie die Koalition — angesichts der Notwendigkeit der Schaffung zusätzlicher Nachfrage immer nur an staatliche Aufträge denkt, wer — wie im Hearing des Finanzausschusses der Deutsche Gewerkschaftsbund — vor dem Folgekostendenken bei öffentlichen Investitionen warnt, weil dadurch öffentliche Investitionen in Frage gestellt werden könnten, der wird langfristig unser Wirtschaftssystem verändern.
Auf dem Tisch liegen heute zwei klare Alternativen. Zunächst sind wir uns im Prinzip über die Erhöhung des Weihnachtsfreibetrages und die Verbesserung der Abschreibungsbedingungen einig. Wir wissen auch, daß die Verbesserung der Abschreibungsbedingungen nur eine kleine Angleichung an die Abschreibungsbedingungen des Auslandes und nur eine kleine Anpassung an die infolge des technologischen Fortschritts notwendige schnellere wirtschaftliche Abschreibung darstellt. Die Verbesserung dieser Abschreibungsbedingungen wird Neuinvestitionen anregen und bereits geplante und notwendige Investitionen verstärkt absichern.
Daß Sie, meine Damen und Herren und Herr Professor Diederich, bei der Formulierung der Verbesserung der Abschreibungsbedingungen gänzlich die unterschiedliche Handhabung, die unterschiedliche Präferenzstruktur der Abschreibungen in Berlin, im Zonenrandgebiet und im übrigen Bundesgebiet vergessen haben, spricht doch einfach für die Nervosität, mit der sie dieses Gesetz mit heißer Nadel gestrickt haben.
Uns ist nicht damit geholfen, wenn ein neuer Ausschuß damit beauftragt wird, zu überprüfen, inwieweit man die Strukturpolitik, von der Sie immer reden, umgestalten könnte, damit sie im Zonenrandgebiet und in Berlin erfolgreich sein kann. Wir wollen, daß solche Verbesserungen, wenn sie vorgenommen werden, parallel erfolgen. Wir wollen ferner, daß diese Präferenzstruktur nicht auch nur wenige Monate in Frage gestellt wird, denn dieses Infragestellen verhindert gerade in den nächsten Wochen und Monaten Entscheidungen, die notwendig sind.