Rede:
ID0804700800

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Metadaten
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  • date_rangeDatum: 6. Oktober 1977

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/47 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 47. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 6. Oktober 1977 Inhalt: Begrüßung des Präsidenten des Malaysischen Unterhauses und einer Delegation . 3555 A Begrüßung der Vorsitzenden der britischen Kommission für Kommunalpolitik, Baroness Bea Serota, des Ombudsmann von Finnland, Dr. Aalto, und des Beauftragten der Stadt Zürich in Beschwerdesachen, Dr. Vontobel 3566 A Begrüßung einer Delegation des Parlaments von Kenia 3571 A Abwicklung der Tagesordnung . . . . 3555 B Erweiterung der Tagesordnung . . . . 3555 D Fortsetzung der Aussprache über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 (Haushaltsgesetz 1978) — Drucksache 8/950 — in Verbindung mit Fortsetzung der Beratung des Finanzplans des Bundes 1977 bis 1981 — Drucksache 8/951 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu dem Antrag der Fraktion der CDU/CSU Anwendung des Gesetzes zur Förderung der Stabilität und des Wachstums der Wirtschaft — Drucksachen 8/876, 8/983, 8/992 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/987 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Steuerentlastung und Investitionsförderung — Drucksachen 8/900, 8/905 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/988 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksachen 8/984, 8/992 — in Verbindung mit II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Oktober 1977 Zweite Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Ersten Gesetzes zum Abbau der Überbesteuerung der Arbeitnehmer und Betriebe sowie zur Erhöhung des Kindergeldes für Kinderreiche (Steuerentlastungsgesetz 1978) — Drucksache 8/592 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/988 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksachen 8/985, 8/992 — in Verbindung mit Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Steuerentlastung und Investitionsförderung — Drucksache 8/974 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/988 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses — Drucksachen 8/986, 8/992 — Dr. Langner CDU/CSU . . . . 3556 D, 3573 C Dr. Diederich (Berlin) SPD . . . 3558 D, 3576 B Dr. Kreile CDU/CSU . . . . . . . . . 3560 C Dr. Böhme (Freiburg) SPD 3566 A Frau Funcke FDP 3571 A Frau Matthäus-Maier FDP 3578 A Dr. Apel, Bundesminister BMF 3580 D Dr. von Wartenberg CDU/CSU . 3582 B, 3585 D Porzner SPD 3586 A Stutzer CDU/CSU 3586 C Dr. Spöri SPD 3587 C Schmidt, Bundeskanzler 3596 A Dr. Kohl CDU/CSU . . . . . . . . 3607A Mischnick FDP 3619 B Dr. Ehmke SPD 3623 D Namentliche Abstimmungen . . 3591 A, 3592 C Beratung der Beschlußempfehlung des Ausschusses nach Artikel 77 des Grundgesetzes (Vermittlungsausschuß) zu dem Sechsten Gesetz über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern (Sechstes Bundesbesoldungserhöhungsgesetz) — Drucksache 8/998 — Vogel (Ennepetal) CDU/CSU 3594 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1977 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1977) — Drucksache 8/365 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 8/970 — Dr. Warnke CDU/CSU . . . . . . . 3626 C Roth SPD 3628 C Angermeyer FDP 3630 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über den Reiseveranstaltungsvertrag — Drucksache 8/786 — Dr. de With, Parl. Staatssekretär BMJ . . . 3632 B Dr. Hennig CDU/CSU . . . . . . . . 3633 B Dr. Schöfberger SPD 3635 C Kleinert FDP 3637 C Erste Beratung des von der Bundesregie- rung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes — Drucksache 8/971 — . 3638 B Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Pockenschutzimpfung — Drucksache 8/933 — 3638 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Durchführung einer Repräsentativstatistik auf dem Gebiet des Wohnungswesens (Wohnungsstichprobengesetz 1978) — Drucksache 8/921 — 3638 C Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung des Weihnachts-Freibetrages und Verbesserung der Abschreibungsbedingungen — Drucksache 8/990 — 3638 C Beratung der Ubersicht 3 des Rechtsausschusses über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem Bundesverfassungsgericht — Drucksache 8/925 — 3638 D Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Oktober 1977 III Bundeseigenes Gelände in Wilhelmshaven, Rüstersieler Groden; hier: Veräußerung einer Teilfläche an das Land Niedersachsen — Drucksache 8/937 — . . . . . . . . 3638 D Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend die Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren — Drucksachen 7/5222, 8/913 — 3639 A Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Luftreifen von Kraftfahrzeugen und ihren Anhängern — Drucksachen 8/55, 8/934 — 3639 A Beratung der Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag für eine Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 3177/76 des Rates zur Angleichung der Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und der sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften sowie der Berichtigungskoeffizienten, die auf diese Dienst- und Versorgungsbezüge anwendbar sind Vorschlag zur Änderung des Verfahrens für die Angleichung der Dienstbezüge der Beamten und der sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften — Drucksachen 8/850, 8/947 — 3639 B Nächste Sitzung 3639 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3641* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 47. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 6. Oktober 1977 3555 47. Sitzung Bonn, den 6. Oktober 1977 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 6. 10. Dr. van Aerssen * 7. 10. Dr. Ahrens ** 7. 10. Dr. Aigner * 7. 10. Alber ** 7. 10. Dr. Bardens ** 7. 10. Dr. Bayerl * 6. 10. Dr. von Bismarck 7. 10. Blumenfeld * 7. 10. Böhm (Melsungen) ** 7. 10. Frau von Bothmer ** 7. 10. Brandt 7. 10. Büchner (Speyer) ** 7. 10. Frau Eilers (Bielefeld) 7. 10. Dr. Enders ** 7. 10. Dr. Evers ** 7. 10. Dr. Früh * 6. 10. Dr. Geßner ** 7. 10. Haase (Fürth) * 7. 10. Handlos ** 7. 10. Frau Dr. Hartenstein 7. 10. von Hassel ** 7. 10. Helmrich 7. 10. Hoffmann (Saarbrücken) * 6. 10. Dr. Holtz** 7. 10. Dr. Jahn (Braunschweig) * 7. 10. Dr. Klepsch * 7. 10. Klinker* 7. 10. Lagershausen* * 7. 10. Lange * 7. 10. Lemmrich * 7. 10. Lemp * 7. 10. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer ** 7. 10. Marquardt ** 7. 10. Dr. Mende ** 7. 10. Milz ** 7. 10. Möhring 7. 10. Dr. Müller ** 7. 10. _ Müller (Mülheim) * 7. 10. Müller (Wadern) * 7. 10. Dr. Müller-Hermann * 7. 10. Pawelczyk ** 7. 10. Reddemann ** 7. 10. Dr. Schäuble ** 7. 10. Scheffler ** 7. 10. Schmidhuber ** 7. 10. Schmidt (Kempten) ** 7. 10. Schmidt (München) * 7. 10. Schmidt (Würgendorf) ** 7. 10. Schmöle 7. 10. Schreiber * 6. 10. Schwabe ' 7. 10. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 7. 10. Dr. Schwörer * 7. 10. Seefeld * 7. 10. Sieglerschmidt * 6. 10. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 7. 10. Dr. Starke (Franken) * 7. 10. Dr. Staudt 7. 10. Frau Steinhauer 7. 10. Ueberhorst ** 7. 10. Dr. Vohrer ** 7. 10. Frau Dr. Walz * 7. 10. Wawrzik * 7. 10. Wehner 7.10. Windelen 7. 10. Dr. Wörner 7. 10. Würtz * 7. 10. Zebisch ** 7. 10. Zeyer * 7. 10. Zywietz * 6. 10.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Reinhold Kreile


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Sehr verehrte Damen, sehr verehrte Herren! Von dem heute dem Hohen Hause zur Abstimmung vorliegenden Gesetz zur Steuerentlastung und Investitionsförderung erwarten die Bundesregierung und die Fraktionen der SPD und der FDP, wie sich aus ihren Ankündigungen ergibt, neue Impulse zur Förderung des Wirtschaftswachstums und zur Verminderung der Arbeitslosigkeit. Wer von diesem sogenannten Steuerpaket, von diesem doch etwas großsprecherisch als „Bündel von Maßnahmen" angekündigten Steuerpaketchen, solches erhofft, täuscht sich selbst und damit leider auch alle Betroffenen: den deutschen Bürger, den deutschen Arbeiter, den deutschen Arbeitnehmer und die deutsche Wirtschaft. Hier handelt es sich nämlich nicht um ein großzügiges, die danieder liegende Konjunktur in Gang setzendes Steuerentlastungsgesetz, sondern um ein kleinliches, auf die Empfindlichkeiten und Verbohrtheiten der Verteilungspolitiker Rücksicht nehmendes Gesetz zur Reparatur des dennoch verbleibenden Erbübels der Steuerpolitik dieser Koalition: der nach wie vor verbleibenden heimlichen Steuererhöhungen.
    Daß diese heimlichen Steuererhöhungen, dieser ständig stärker werdende Griff der Steuerprogression und das Anwachsen von Scheingewinnen, die nichts anderes als Verluste sind, den Bürger immer schwerer und immer unzumutbarer belasten, hätte diese Bundesregierung bereits bei ihrer Regierungserklärung im Dezember 1976 nicht nur sehen können, sondern auch müssen. Sie hätte erkennen müssen, daß es nicht dabei bleiben kann, nur einen Tarifbericht vorzulegen. Sie hätte mit allem Nachdruck die notwendigen Konsequenzen ziehen müssen und zum 1. Januar 1978 einen neuen Einkommen- und Lohnsteuertarif als Gesetz vorschlagen müssen, mit dem und durch das die heimlichen Steuererhöhungen nachhaltig abgebaut werden.
    Statt dessen hat die Bundesregierung sich in der Regierungserklärung damit begnügt, klarzustellen, daß sie — mit Ausnahme dessen, was im Steueränderungsgesetz 1977 mit der einen Hand durch Steuererhöhungen genommen und mit der anderen Hand als Steuerentlastungen wieder gegeben wur-



    Dr. Kreile
    de — keine Möglichkeiten sähe, Vorschläge für eine weitere Steuersenkung zu realisieren. Man muß noch einmal nachlesen und man darf zitieren, Herr Präsident, was in der Regierungserklärung seinerzeit gesagt worden ist. Es hieß:
    Die Regierung wird solche Forderungen mit den ihr gegebenen Möglichkeiten abwehren. Dies bedeutet auch: Steuererleichterungen z. B. auf dem Gebiete der Abschreibungen, die heutigen Investoren einen Aufschub ihrer für 1977 geplanten Investitionen auf einen späteren Zeitpunkt lohnend erscheinen lassen könnten, sind nicht beabsichtigt.
    So weit das Zitat aus der Regierungserklärung.
    Trotzdem stehen wir heute, kaum ein Vierteljahr nach der Verabschiedung des Steueränderungsgesetzes 1977, erneut in der dritten Lesung eines Steuerentlastungspakets. Wie kommt es dazu, daß die noch kein Jahr alte Klarstellung der Bundesregierung nicht mehr gilt? Der Herr Bundesfinanzminister hat gestern als Begründung angegeben, es habe sich die Notwendigkeit einer erneuten Feineinstellung, einer konjunkturellen Nachsteuerung ergeben. Mit einer solchen Begründung werden aber die eigentlichen Ursachen für die Notwendigkeit eines Steuerentlastungsprogramms verwischt.
    Die Ursachen liegen nämlich sehr viel tiefer. Die erste Ursache liegt darin, daß die Bundesregierung die Wirkung ihrer verschiedenen Konjunkturprogramme überschätzt hat. Man hat in den letzten drei Jahren über 30 Milliarden DM ausgegeben, ohne damit den Aufschwung, der uns seit den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen als unmittelbar bevorstehend angepriesen worden ist, tatsächlich erzielen zu können. Das Scheitern dieser Konjunkturprogramme bestätigt die hier von uns immer wieder vorgetragene Auffassung: der Schlüssel für einen dauerhaften Aufschwung liegt nicht in der Ausgabensteigerung beim Staat, er liegt vornehmlich in der Förderung der Investitionen im privaten Bereich.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die zweite Ursache liegt darin, daß die Bundesregierung den Unwillen der Bevölkerung über die heimlichen Steuererhöhungen unterschätzt hat. Noch im April 1977, als die Diskussion um das sogenannte Steuerpaket 1977 in vollem Gange war, hat die Bundesregierung ausgeführt, die Lohnsteuerbelastung der Arbeitnehmer sei insgesamt keineswegs als unvertretbar hoch anzusehen.

    (Dr. Häfele [CDU/CSU]: Hört! Hört! — Zurufe von der CDU/CSU: Unglaublich!)

    Man glaubt es gar nicht. Sie hat weiter ausgeführt, die fehlende steuerliche Anpassung an die Entwicklung des Geldwertes habe die Steuerbürger keinesfalls immer einschneidender getroffen; es bestehe keine Veranlassung, so sagte die Bundesregierung im April, also vor einem halben Jahr, den Tarif und die Steuerfreibeträge so kurze Zeit nach der erfolgten Entlastung im Rahmen der Steuer- und Kindergeldreform 1975 erneut anzupassen.

    (Dr. Häfele [CDU/CSU] : Nicht zu glauben!)

    Man kann nur sagen, die Probleme, die sich aus dem Zusammenwirken der Inflation und Progression ergeben, sind bereits damals verkannt worden. Daß sie auch heute noch nicht richtig erkannt werden, zeigt der von der SPD und FDP gemachte Vorschlag einer isolierten Erhöhung des Grundfreibetrags ohne gleichzeitige Tarifreform.
    Die dritte Ursache aber ist, daß es die Bundesregierung nicht vermocht hat, das für einen Konjunkturaufschwung unentbehrliche Vertrauen in eine längerfristige, stetige, marktwirtschaftliche, freiheitliche Wirtschafts- und Finanzpolitik zu wekken. Die Bundesregierung hat keine Klimaänderung bei den Investoren und Verbrauchern bewirken können. Dieses Konjunkturgesetz wird das gleiche Schicksal erleiden wie die vergangenen; es wird deswegen nichts Wesentliches passieren.

    (von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU]: Das kann man jetzt schon sagen!)

    Warum dies so ist, wurde in diesem Parlament einmal ganz präzise gesagt. Ich zitiere:
    Zum Wirtschaften gehört nun einmal fundamental das Vertrauen der Wirtschaft in die Entwicklung und die Stabilität ihrer Kostendisposition. Nach diesem permanenten Herumoperieren ... hat nun allerdings die Wirtschaft allmählich die Sorge, daß die Grundlage vernünftigen Wirtschaftens und damit die Grundlage langfristiger Disposition ... erschüttert werden könnte. Von daher kommt ein Teil des Attentismus, den wir doch heute spüren. Es ist doch nicht mehr die Zinshöhe, es sind doch nicht mehr die Kreditrestriktionen, es sind doch nicht mehr mangelnde Abschreibungsmöglichkeiten, ... die eine Gesundung der Wirtschaft verhindern, sondern es ist in der Tat eine Vertrauenskrise, die mitschwingt.

    (Zuruf von der SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

    Wer dies der Regierung gesagt hat, war Frau Abgeordnete Funcke am 10. Mai 1967 in ihrer Rede zum Stabilitätsgesetz. — Goldene Worte von der .Oppositionsbank aus, leider aber in der Regierungsverantwortung hier und heute nicht befolgt.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    In der gestrigen Haushaltsdebatte wurde sehr deutlich gemacht, wo der Grund für diese Vertrauenskrise zu suchen ist: Es ist der kontinuierliche offene und verdeckte Abbau der Sozialen Marktwirtschaft.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dieser zunehmende Abbau der Sozialen Marktwirtschaft ist auch im Bereich der Steuerpolitik deutlich zu sehen, und zwar sogar in der Art und Weise, wie notwendige Steuergesetze zustande kommen, wie die in dieser Konjunkturlage dringenden Steuersenkungsmaßnahmen von der SPD und der FDP — teilweise nur mit halbem Herzen, teilweise so-



    Dr. Kreile
    gar nur widerwillig — mitgetragen und mitverantwortet werden.

    (von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU] : Vor drei Monaten wollten sie die Steuern noch erhöhen! — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : So ist es!)

    Das fing damit an, daß sie sich weigerten, unseren Entwurf eines Steuerentlastungsgesetzes 1978, des Ersten Gesetzes zum Abbau der Überbesteuerung der Arbeitnehmer und der Betriebe, noch in die Beratungen einzubeziehen, die schließlich zum Steueränderungsgesetz 1977 geführt haben. Das ging weiter damit, daß der Bundesfinanzminister dann eine Steuerentlastung erst für 1980 in Aussicht stellte,

    (Dr. Häfele [CDU/CSU]: Frühestens 1980! — von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU]: Frühestens!)

    daß der stellvertretende SPD-Vorsitzende Koschnick im Spätsommer dieses Jahres eine Diskussion über. Steuerentlastungen noch für geradezu makaber hielt. Makaber ist diese Meinung des Herrn Koschnick, nicht die Diskussion. Es ging dann weiter damit, daß der Bundesfinanzminister am 4. August 1977 die Auffassung vertrat, eine massive Reduzierung der Steuerlast müsse zu einer massiven Reduzierung der Lebenschancen und der Lebenssicherheit der Bürger führen,

    (von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU] : Typisch!)

    und daß in der SPD eine lange Diskussion darüber geführt werden mußte, ob Steuersenkungen überhaupt sinnvoll seien oder ob man nicht allein einer verstärkten Haushaltsausweitung den Vorzug geben müsse.
    Schließlich haben Sie sich dann zu dem durchgerungen, was Sie ein „Bündel von Maßnahmen" nennen, bei dem auf steuerlichem Gebiet überall ein bißchen gekleckert, aber nirgends ein wuchtiger Schritt getan wird. Zu wuchtigen Schritten sind Sie immer nur auf dem Gebiet der Ausweitung des Staatskorridors fähig, d. h.: mehr Staatsausgaben, aber nie in wirklich vernünftiger Form Abbau der steuerlichen Leistungen die vom Bürger verlangt werden.

    (Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Das glauben Sie doch selbst nicht, was Sie hier erzählen!)

    Einige Schritte in dem Maßnahmenpaket, das hier vorgelegt worden ist — dies muß man zugeben, das gabe ich gerne zu —, sind durchaus Schritte in die richtige Richtung. Dies gilt insbesondere für die Erhöhung des Weihnachtsfreibetrages. Eine solche Erhöhung haben wir jedoch bereits im Sommer dieses Jahres gefordert. Sie haben diese abgelehnt. Die jetzt vorgesehene Erhöhung von 100 DM auf 400 DM haben wir im Finanzausschuß mitbeantragt und mitgetragen.
    Für die Erhöhung der Obergrenze bei den degressiven Abschreibungen für bewegliche Wirtschaftsgüter gilt ebenfalls die Auffassung, daß dies ein Schritt in die richtige Richtung ist. Es ist die Wiederherstellung eines bis in den 60er Jahren geltenden Rechtszustandes. Ebenso begrüßen wir die Wiedereinführung der Gebäudeabschreibung in Staffelsätzen für alle Bauherren. Schließlich begrüßen wir auch die Maßnahmen bei der Investitionszulage und der Forschungsförderung.
    Gerade aber bei den letzten, die Wirtschaft sehr interessierenden Maßnahmen mußten doch innerhalb der SPD-Fraktion starke Widerstände überwunden werden. Dort hält man nämlich, wie gelegentlich auch anderswo, die Erhöhung der degressiven Abschreibung fälschlicherweise für ein Steuergeschenk an Unternehmer.

    (Kühbacher [SPD] : Das stimmt doch überhaupt nicht, Herr Kreile!)

    Mit einem Geschenk haben diese Abschreibungen jedoch nichts zu tun.

    (Kühbacher [SPD] : Das ist eine Steuerstundung!)

    Jede vorgezogene Abschreibung erhöht den Gewinn der folgenden Jahre. Die Steuern hierauf werden in jedem Fall bezahlt. — Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihren Zwischenruf, daß dies nur eine Steuerstundung ist. Aber ich meine: Nicht mir müssen Sie dies sagen, sondern Ihren Kollegen in der Fraktion und außerhalb der Fraktion müssen Sie dies sagen,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Kühbacher [SPD] : Welchen denn, Herr Kreile?)

    damit endlich das dumme Gerede von dem Geschenk an die Unternehmen abgebaut wird.

    (Kühbacher [SPD] : Nennen Sie doch einmal Namen, Herr Kreile! Sie behaupten hier etwas, ohne es beweisen zu können! Dies ist unredlich! — vonder Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU] : Er hat aber recht!)

    Die Motive dafür, warum Sie der Erhöhung der degressiven AfA letztlich doch zugestimmt haben — diese hätten Sie ja auch schon früher vornehmen können; der Herr Bundeswirtschaftsminister hat es ja bereits für das Frühjahr angekündigt und hätte es gern schon zu dem Zeitpunkt gehabt —, will ich nicht weiter erforschen. Ebensowenig will ich der Vermutung nachgeben, ob die Erhöhung des Weihnachtsfreibetrages für Sie nicht den Grund darin hat, daß sehr vielen Arbeitnehmern bei der Auszahlung des Weihnachtsgeldes erst richtig bewußt wird, wie eigentlich die Steuerprogression wirkt und wie weit die Steuerschraube schon tatsächlich angezogen worden ist. Ich will nicht hoffen, daß Ihre plötzliche Bereitschaft, den Weihnachtsfreibetrag zu erhöhen, auf Ihrer Hoffnung beruht, Sie könnten dadurch die Progressionswirkung etwa vergessen machen oder etwas kaschieren.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : So ist es!)

    Leider aber glaubten Sie, diese umstrittigen Maßnahmen mit einem gleichmacherischen, egalitären Drall versehen zu müssen, indem Sie sich nämlich weigern, die heimlichen Steuererhöhungen dort abzubauen, wo sie entstehen, nämlich im Progressionsbereich der Einkommensteuer und der Lohnsteuer.



    Dr. Kreile
    Von den heimlichen Steuererhöhungen — das sollte zwar allgemein bekannt sein; ich will es aber trotzdem noch einmal ins Gedächtnis rufen — werden nicht diejenigen am stärksten betroffen, die sich am unteren oder am oberen Ende der Einkommensskala befinden, sondern davon werden die breiten Mittelschichten unseres Volkes betroffen:

    (Dr. Häfele [CDU/CSU]: So ist es!)

    die Facharbeiter, die Einzelhändler, die Handwerker und viele Angehörige der freien Berufe, Beamte, kurzum all jene, die als Ledige über ein Einkommen zwischen 16 000 DM und 40 000 DM und als Verheiratete über ein Einkommen zwischen 32 000 DM und 80 000 DM jährlich verfügen. Dort wirkt die Steuerprogression wirklich einschneidend, und das ist der Bereich, in dem etwas getan werden muß. Diese heimlichen Steuererhöhungen sind doch mit eine der Ursachen des Marsches in den Lohnsteuerstaat, den der Bundesfinanzminister zwar öffentlich beklagt, den er jedoch mit diesem Gesetz nicht stoppt, den er kaum verlangsamt.

    (Dr. Häfele [CDU/CSU]: Das ist es!)

    Der Marsch in den Abgabenstaat, in den Steuerstaat, wird einem deutlich vor Augen geführt, wenn man einmal in das Bundesgesetzblatt der letzten Jahre blickt. Eine wahre Flut von Steuergesetzen ergießt sich über den Bürger. 1974 waren es allein 21 Steuergesetze, 1975 mußten 13 Steuergesetze beschlossen werden, und 1976 waren es dann wieder 19 Steuergesetze. Allein das Einkommensteuergesetz von 1974, das als großes Reformwerk angepriesen wurde, ist sei 1974 vierzehnmal geändert worden. Heute beraten wir die 15. Änderung eines Gesetzes aus dem Jahre 1974, eines großen Reformgesetzes,

    (Dr. Häfele [CDU/CSU] : Jahrhundertwerk!)

    das sozusagen ein Jahrhundertwerk werden sollte.
    Dazu kommt, daß der Marsch in den Lohnsteuerstaat von Lohnsteuerrichtlinien begleitet wird wie die Schafe von den Hunden des Schäfers. Ich möchte dem Herrn Bundesfinanzminister der diesen Marsch in den Lohnsteuerstaat beklagt, einmal einige Beispiele für die administrativen Verschärfungen gerade im Lohnsteuerbereich nennen, Verschärfungen, die zur Belastung des Arbeitnehmers führen.
    Es fehlt beispielsweise an 'der mangelnden Anpassung der Pauschsätze für einen Verpflegungsmehraufwand. Es wird alles auf den Einzelnachweis abgestellt. Das bedeutet eine vermehrte Arbeitsbelastung für die Finanzverwaltung und natürlich auch eine erhöhte Belastung für den einzelnen Staatsbürger. Die Sachzuwendungen an die Arbeitnehmer sind seit jeher ein beliebtes Thema für die Lohnsteuerprüfungen. Jetzt geht es nicht nur darum, sondern jetzt sollen diese sozialen Leistungen, die den Arbeitnehmern gegeben werden, auch noch der Umsatzsteuer unterworfen werden. Eine ganz besonders groteskte Verschärfung liegt im Bereich der verbilligten Wohnungsüberlassungen. Wenn ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer eine Wohnung überläßt, dann ist der Betrag für die Miete bis zu 40 DM lohnsteuerfrei.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Aber bei Herrn Ehmke nicht!)

    Was steht nun in den Lohnsteuerrichtlinien? Durch sie sind die Lohnsteuerprüfer veranlaßt, mit spitzestem Bleistift auszurechnen, ob die Marktmiete für solch eine überlassene Wohnung nicht etwas mehr als 40 DM beträgt. Das bedeutet, daß diese Marktmiete für die Arbeitnehmer überall angehoben wird, und das hat dann nicht nur Auswirkungen im Bereich der Einkommensteuer; in Essen beispielsweise, wo die Firma Krupp große Wohnungsgebiete für ihre Arbeitnehmer hat, wird damit das Mietniveau ganz allgemein, also für alle angehoben. Das, Herr Bundesfinanzminister, sind Ergebnisse einer administrativen Steuerpolitik, die einmal einer sozialen Überprüfung bedürften.

    (Kühlbacher [SPD]: Herr Kreile, wollen wir nicht die Steuern ganz abschaffen?)

    — Nein, wir wollen eine vernünftige Steuerpraxis, nicht eine unvernünftige und deswegen unsoziale Steuerpraxis haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Offergeld [SPD]: Wissen Sie, daß die Administration den Ländern zusteht? Herr Kreile, ist Ihnen das bekannt?)

    — Herr Offergeld, es ist mir natürlich bekannt, daß die Administration den Ländern zusteht. Aber ich darf Ihnen doch einmal erläutern — was Sie natürlich genau wissen, in Ihrer Frage aber nicht zum Ausdruck bringen —, daß die Referenten des Bundesfinanzministeriums unter Aufsicht und Anweisung der politischen Spitze die Lohnsteuergespräche führen und daß dort nur das geschieht, was von Ihnen, Herr Staatssekretär Offergeld, an Verschärfungen auch abgezeichnet wird.

    (Dr. Miltner [CDU/CSU]: Er ist ja schuld daran! — Offergeld [SPD]: Es ist doch nicht wahr, was Sie hier erzählen! Das wissen Sie doch! Sie sind ein Märchenonkel! — Weitere Zurufe)

    - Sie hören das nicht gern, aber in der Tat ist es so!
    Vor diesem Hintergrund der heimlichen Steuererhöhungen mutet nun die isolierte Erhöhung des Grundfreibetrages um 510 DM in einem solchen Maße unzureichend und grotesk an, daß Sie hierbei auf unsere Mitwirkung nicht rechnen können.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU — Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Da sind wir aber traurig!)

    — Ja, mal sehen, ob Sie das so gern haben!
    Die Grundfreibetragserhöhung verkürzt nämlich lediglich die untere Proportionalzone, sie mindert aber nicht den Progressionseffekt der Steuertarife. Die nivellierenden und leistungshemmenden Wirkungen des Einkommen- und Lohnsteuertarifs werden nicht abgebaut, sondern damit unverändert fortgeschrieben. Die Selbständigen, die von der Erhö-



    Dr. Kreile
    hung des Weihnachtsfreibetrages ohnehin nicht profitieren und die zu einem großen Teil auch nicht von der Erhöhung der degressiven AfA betroffen werden, werden hierdurch klar benachteiligt.

    (Dr. Häfele [CDU/CSU]: 9,35 DM!)

    Sie versuchen nun, die isolierte Erhöhung des Grundfreibetrages mit dem Argument zu rechtfertigen, diese Maßnahme entlaste im unteren Einkommensbereich, wo jede Mark Steuerersparnis in den Konsum fließe, relativ stärker als bei besser Verdienenden. Das ist doch, obwohl es der Herr stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD Ehmke gestern nochmals mit Verve vorgetragen hat, ein fadenscheiniges Argument! Denn bei dem sogenannten Konjunkturfreibetrag oder Tarifausgleichsbetrag oder Tarifüberlastungsbetrag, wie ihn beispielsweise der Bundesrat vorgeschlagen hat, erhalten diese unteren Einkommensschichten keine Mark weniger als nach Ihrem Vorschlag. Der Konjunkturfreibetrag würde aber gleichzeitig dazu beitragen, daß der überproportionale Zugriff auf jede zusätzlich verdiente Mark etwas gemildert wird. Ihr scheidender Bundeswirtschaftsminister Friderichs hat dies in der Debatte, die vor dieser Debatte geführt worden ist, sehr klar erkannt, und auch Herr Genscher hat dies in seinen Sonntagsreden immer klar erkannt.
    Es geht doch darum: Heute steht doch nicht der Proportionalsteuersatz von 22 % im Kreuzfeuer der Kritik, sondern der Tarifsprung von 22 % auf 30,8 % mit der sich anschließenden steilen Steuerprogression. Dieser groteske Sprung des Grenzsteuersatzes ist schlechthin unerträglich, und er bleibt es auch bei der Erhöhung des Grundfreibetrages, denn er beginnt dann lediglich 510 DM später seine schädliche Wirkung zu entfalten.
    Die isolierte Erhöhung des Grundfreibetrages erschwert die zunehmend notwendig erscheinende Tarifumstellung, denn ein Teil der Finanzmasse, die für die Tarifreform notwendig ist, wird hier von vornherein aufgebraucht. Jeder durchgehend progressive Tarif, der nach dieser isolierten Erhöhung des Grundfreibetrages noch möglich ist, ist nur um den Preis wesentlich höherer Steuermindereinnahmen zu haben. Auch dies bestärkt mich und meine Freunde in der Befürchtung, daß es SPD und FDP um eine Tarifreform, um einen durchgehenden progressiven Tarif gar nicht geht, daß Sie ihn zumindest jetzt gar nicht wollen.
    Denn in dieselbe Richtung zielte auch ein Argument, das der DGB in der Anhörung am vergangenen Mittwoch vorgebracht hat. Man müsse, so hat der Sprecher des DGB gesagt, vor einer Tarifänderung erst einen Überblick über die sogenannten Transfereinkommen gewinnen und dazu die Ergebnisse der eben erst eingesetzten Tarif-Enquete-Kommission abwarten.

    (Dr. Häfele [CDU/CSU]: Das heißt verschieben!)

    Herr Abgeordneter Böhme hat dies dann sofort — wenn auch verdeckt um fast wissenschaftlich aufgeputzt — im Pressedienst seiner Partei wiederholt.
    Dies alles bedeutet doch im Klartext, daß die Tarifreform auf den Sanktnimmerleinstag verschoben werden soll,

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    und dies, obwohl gesetzlich vorgeschrieben ist, daß zum 1. Januar 1978 — nicht 1979 oder 1980 oder 1985 — ein durchgehender progressiver Tarif in Kraft treten muß. So geht die Koalition, so geht die Bundesregierung mit Gesetzen um, die sie selber beschlossen hat.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, wir sind nach wie vor der Auffassung — und haben das in den Ausschußberatungen immer wieder vorgetragen —, daß die optimale Lösung der derzeitigen Schwierigkeiten im Bereich der heimlichen Steuererhöhungen in einer Reform des Tarifs schon zum 1. Januar 1978 gesehen werden muß. Eine solche Tarifreform wäre — wie der Vertreter des Bundesfinanzministeriums im Finanzausschuß des Bundesrates auch zugegeben hat, entgegen der Auffassung, die von den Koalitionsfraktionen im Finanzausschuß des Bundestages geäußert worden ist — technisch innerhalb kürzester Frist möglich. Sie wäre jetzt noch ohne weiteres durchführbar. Es mangelt nicht an der Zeit. Es mangelt nur am politischen Willen der SPD und der FDP.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Weil dies so ist und weil deshalb eine Tarifreform wohl kaum vor dem 1. Januar 1979 — wenn überhaupt — gegen Ihre Widerstände, meine Damen und Herren von der SPD und der FDP, durchgesetzt werden kann, ist von uns als Sofortmaßnahme, als Überbrückungsmaßnahme ein zehnprozentiger Konjunkturabschlag vorgeschlagen worden, so, wie er im Stabilitätsgesetz bzw. in den Ermächtigungsvorschriften zum Einkommensteuergesetz vorgesehen ist. Dieser zehnprozentige Konjunkturabschlag könnte, wenn es der Bundesregierung und der sie tragenden Mehrheit in diesem Hause wirklich ernst mit den Konjunkturmaßnahmen und dem Abbau der heimlichen Steuererhöhungen wäre, bereits seit Wochen in Kraft sein.
    Der Bundesfinanzminister, Herr Dr. Apel, hat es sich in seiner zweiten Einlassung gestern nachmittag zu leicht gemacht, als er behauptete, diese Forderung der CDU/ CSUFraktion nach einem zehnprozentigen Tarifabschlag von der Einkommen- und der Körperschaftsteuer stünde im Gegensatz zu der Auffassung des Bundesrates, auch von dessen CDU/CSU-Mitgliedern. Hat der Bundesfinanzminister denn die bohrende Frage des Finanzministers von Rheinland-Pfalz in der Sitzung am 30. September 1977 überhört, wo Herr Gaddum ihn gefragt hat, wie schlecht die Lage denn eigentlich sein müsse, damit dieser vom Stabilitätsgesetz vorgezeigte Weg von Ihnen begangen werde? Hat der Bundesfinanzminister denn vergessen, daß ihm in dieser Bundesratssitzung vorgeworfen wurde, die Bundesregierung „habe hier ihre Chance vertan und habe deswegen die Verantwortung für alles, was aus diesem Nichttätigwerden komme, zu tragen"?



    Dr. Kreile
    Sie versuchen nun, den Konjunkturabschlag dadurch zu diffamieren, daß sie seine Entlastungswirkung in einzelnen Extremfällen vergleichen und dabei ganz naiv an latent vorhandene Neidkomplexe appellieren.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! — Zuruf von der SPD: Na! Na!)

    Sie übersehen aber dabei, daß der Konjunkturabschlag nur das Gegenstück zum Konjunkturzuschlag, zum Stabilitätszuschlag ist. Sie haben nichts dabei gefunden, den Stabilitätszuschlag anzuwenden. Sie haben es für selbstverständlich und erwünscht hingenommen, daß Besserverdienende prozentual gleich, im Ergebnis aber natürlich mit höheren Beträgen, belastet wurden. Wir fanden das in der seinerzeitigen Konjunkturphase auch durchaus richtig. Aber warum ist es denn bei einem Konjunkturabschlag nicht genauso richtig? Wenn nunmehr von Ihnen argumentiert wird, ein prozentual gleicher Abschlag sei unsozial, dann wird damit von Ihnen gleichzeitig das Stabilitäts- und Wachstums-Gesetz für unsozial erklärt.

    (Dr. Häfele [CDU/CSU]: So ist es!)

    Erinnern Sie sich noch, was der der SPD angehörende Bundeswirtschaftsminister Schiller am 10. Mai 1967 bei der Einbringung dieses Gesetzes gesagt hat? Er hat erklärt, daß dieses Gesetz dem sozialen und ökonomischen Gleichgewicht diene — ich wiederhole: dem sozialen Gleichgewicht, und zwar mit allen Maßnahmen, die in diesem Gesetz vorgesehen sind —, daß es ein Gesetz des wirtschaftlichen und technischen Fortschritts sei, daß es der Interdependenz privater und öffentlicher Wirtschaft diene, daß es dem Übergang von einer konventionellen Marktwirtschaft zu einer aufgeklärten Marktwirtschaft — über die Herr Bundesfinanzminister Apel gestern so beredte Worte gefunden hat — diene. Jetzt auf einmal soll das alles nicht mehr wahr sein?
    Der Sprecher der Bundesregierung hat im Sommer dieses Jahres empfohlen, dieses Stabilitätsgesetz zu lesen. Jetzt, wo es gelesen worden ist und wo es darauf ankommt, daß es angewendet wird, entdeckt man auf einmal auf Ihrer Seite, dieses Stabilitätsgesetz sei unsozial.
    In diesem Zusammenhang muß ich noch ein Wort zu Ihrem weiteren Argument sagen, eine allgemeine prozentuale Steuersenkung, wie sie mit dem Konjunkturabschlag vorgeschlagen sei, sei eine Gießkannenförderung. Ich bin dagegen — wir wohl allle —, immer und stets mit der Gießkanne zu fördern. Es gibt aber Situationen, in denen nur solche Maßnahmen zum Erfolg führen. Sie können eine ausgedörrte Wiese — und so stellt sich doch derzeit die deutsche Industrie dar — nicht dadurch wieder zu einem grünen Rasen machen, daß Sie einzelnen Pflanzen sozusagen mit der Pipette etwas Wasser zuteilen. Hier muß schon allgemein gefördert werden, hier muß ein warmer, ein das Wachsten fördernder Regen kommen. Das ist richtige Konjunktur- und Steuerpolitik, nicht aber Ihr Kiekkern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wenn Sie schon diesen unseren Vorschlag, der zu einer raschen Entlastung geführt hätte, aus gleichmacherischen Gründen ablehnen und wenn schon die Art der tariflichen Entlastung weitere Gespräche, möglicherweise — oder sogar sicher — ein Vermittlungsverfahren notwendig macht — Sie riskieren das jedenfalls —, so hätte es doch nahegelegen, wenigstens die unstrittigen Teile Ihres Steuerpakets, nämlich den Weihnachtsfreibetrag, die Erhöhung der degressiven Abschreibungen, die Wiedereinführung der degressiven Gebäudeabschreibung auszuklammern und vorab zu verabschieden. Aber dazu waren — und wie ich vorhin der Stellungnahme Ihres Berichterstatters entnommen habe — und sind Sie offenbar auch heute bei der Abstimmung nicht bereit. Sie glauben wohl, Sie könnten mit dieser Taktik den Bürgern im Lande weismachen, wir, die CDU/CSU, hätten gegen den erhöhten Weihnachtsfreibetrag gestimmt. Allerdings werden wir gegen dieses von der SPD und der FDP vorgelegte unorganische und unordentliche Steuergesetz stimmen.

    (Stücklen [CDU/CSU]: So ist es!)

    Aber die Bürger wissen, daß wir bereits seit dem Sommer die Erhöhung des Weihnachtsfreibetrags fordern, und sie wissen, daß es die CDU/CSU ist, die sich konsequent für den Abbau der steuerlichen Überbelastungen ausgesprochen hat und diese auch durchsetzen wird.
    Die CDU/CSU-Fraktion fordert die SPD- und die FDP-Fraktion sowie die Bundesregierung auf, dem Abbau der steuerlichen Überbelastung nicht mehr im Wege zu stehen. Die Bundesregierung hätte längst handeln und das Stabilitätsgesetz anwenden müssen. Der 10 °/oige Abschlag von der Einkommen- und Körperschaftsteuer könnte bereits in Kraft sein und seine positive Wirkung für eine Konjunkturbelebung und für das Investitionsklima ausüben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Für die Verabschiedung der jetzt zur Abstimmung anstehenden Steuergesetze, nämlich des CDU/CSU- Gesetzes zum Abbau der Überbesteuerung — jetzt geht es im wesentlichen um den Weihnachtsfreibetrag — und des SPD/ FDP-Gesetzes zur Steuerentlastung und Investitionsförderung gilt folgendes:
    Erstens. Die CDU/CSU-Fraktion ist für die sofortige Erhöhung des Weihnachtsfreibetrags, für die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung bei Gebäuden, für die Verbesserung der degressiven Abschreibung bei beweglichen Wirtschaftsgütern.
    Zweitens. Wir sind nach wie vor bereit, diese unstrittigen Regelungen vorab zu beschließen, damit sie möglichst umgehend in Kraft treten können.
    Drittens. Wir sind aber gegen die ungerechte, gleichmacherische, mittelstandsfeindliche und leistungsfeindliche Reduzierung der Entlastung im Tarifbereich auf die Erhöhung des Grundfreibetrags.
    Viertens. Wenn Sie nicht bereit sind, das Paket aufzuschnüren, die unstrittigen Teile vorab zu beschließen und in der einzig noch strittigen Frage nach einem annehmbaren Kompromiß zu suchen, dann sind wir nicht bereit, diesem Ihren Gesetzes-



    Dr. Kreile
    vorschlag zuzustimmen, sondern lehnen ihn ab. Die schwerwiegenden Folgen gehen dann zu Ihren Lasten. Der deutsche Arbeitnehmer kann jedoch sicher sein, daß die Erhöhung des Weihnachtsfreibetrages noch in diesem Jahr in Kraft treten wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Meine Damen und Herren, bevor ich das Wort weitergebe, möchte ich das Haus davon in Kenntnis setzen, daß auf der Diplomatentribüne Platz genommen haben und der Sitzung des Deutschen Bundestages folgen: die Vorsitzende der britischen Kommission für Kommunalpolitik, Baroness Bea Serota, der Ombudsmann von Finnland, Herr Dr. Aalto, und der Beauftragte der Stadt Zürich in Beschwerdesachen, Herr Dr. Vontobel. Auf Einladung des Deutschen Bundestages halten sie sich zur Zeit zu Informationsgesprächen in Bonn auf. Ich darf sie herzlich begrüßen.

(Beifall)

Das Wort hat nunmehr der Herr Abgeordnete Dr. Böhme.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rolf Böhme


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Kreile hat vorhin in seiner Rede davon gesprochen, in der Steuerpolitik sei eine Klimaänderung notwendig, um Vertrauensverluste in der Wirtschaft wieder auszugleichen. Ihr Wort, Herr Dr. Kreile, vom Klima in Gottes Ohr! Tatsächlich ist es so, daß die Opposition in diesem Hohen Hause nichts unversucht läßt, um durch ständige Polemik dieses Klima von ihrer Seite aus zu verschlechtern.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Der Finanzminister veranstaltet doch das Tollhaus!)

    Dabei muß ich hinzufügen — wenn ich an die Reden einiger Kollegen von der Opposition denke —, daß der Donner ihrer Polemik selten vom Blitz einer Erleuchtung oder eigenen Idee erhellt wird.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Was wir von der Steuerpolitik der CDU/CSU in Wirklichkeit hören, ist, daß Sie ständig über Steuerentlastungen reden, die Stimmung draußen im Volke anheizen, indem Reizworte wie „Inflation, Überbesteuerung, zu hoher Staatsanteil" gebraucht werden, und gleichzeitig in jeder konkreten Abstimmung, wenn es um Steuerentlastungen tatsächlich geht, ein hochmütiges und vorprogrammiertes Nein aussprechen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    So war es bei der Verabschiedung der Steuerreform im Jahre 1974. So war es vor wenigen Wochen bei der Verabschiedung des Steueränderungsgesetzes 1977. Und so wird es heute nachmittag bei der Abstimmung wieder sein. Das ist die Tatsache.
    Herr Dr. Kreile, Sie haben davon gesprochen, daß Sie sich für eine Tarifreform einsetzen. Hier sind wir nicht auseinander. Aber ich frage Sie: Wenn dies ein so dringendes Problem für Sie ist, warum werden Sie dann nicht selber, z. B. über den Bundesrat, initiativ? Bayern hat einen Gesetzentwurf angekündigt. Darüber wird man sprechen müssen. Auch wir sind für eine Tarifreform. Aber ich wende mich dagegen, daß Sie hier etwas pharisäerisch die Nichtvorlage einer Gesetzesvorlage kritisieren, während Sie selber Ihre Möglichkeiten nicht wahrnehmen. Dies ist keine redliche Argumentation.

    (Beifall bei der SPD)

    Zum anderen noch ein Wort zu den sogenannten bürokratischen Hemmnissen. Sie haben hier Beispiele angeführt, die aus der Praxis sind und die auch wir kennen. Wir wissen, daß dies draußen Ärger macht. Aber auch hier, meine ich, sollten wir ehrlich und redlich miteinander umgehen. Ich möchte Ihnen sagen, daß bei keiner dieser Regelungen in den Jahren der Regierung der sozialliberalen Koalition irgendwo eine Verschärfung eingetreten ist. Sie haben den Eindruck erweckt, als ob von der Seite unserer Regierung her bei einem dieser Punkte irgend etwas verschärft worden ist. Das ist nicht der Fall.
    Ähnlich ist es bei den Fragen, die Sie genannt haben, z. B. bei den Werkswohnungen oder beim Kantinenessen oder bei den Sachzuwendungen. Ich weiß, daß diese Fragen gerade bei den Arbeitnehmern eine wichtige Rolle spielen. Wir haben uns diese Fragen überlegt. Aber ich sehe z. B. beim Kantinenessen keine Möglichkeit, mehr zu tun als das, was bisher schon geschieht; denn wir dürfen nicht nur diejenigen sehen, die die Möglichkeit haben, in der Kantine zu essen, sondern müssen auch die Millionen der Arbeitnehmer sehen, die eben nicht die Möglichkeit haben, in einer Kantine zu Mittag zu essen. Hier müssen die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und die soziale Gerechtigkeit gewahrt sein. Das gleiche gilt für die Werkswohnungen. Hier sind 40 DM der Sachzuwendung, nämlich der billigere Bezug der Wohnung, steuerfrei. Das ist eine richtige Sache; aber auch hier ist eine Abwägung gegenüber denjenigen vorzunehmen, die keine Möglichkeit haben, eine solche Werkswohnung zu besitzen. Ich stelle Ihnen anheim, hier konkrete Anträge zu stellen; dann können wir konkret darüber sprechen.
    Lassen Sie mich jetzt zu dem kommen, was heute zur Abstimmung steht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Genau!)

    Die Regierungskoalition stellt heute im Plenum des Deutschen Bundestages die Gesetzentwürfe zur Entscheidung, welche vorgestern abend im Finanzausschuß mit den Stimmen der SPD und FDP verabschiedet worden sind. Regierung und Koalition leiten damit ihre ursprünglichen Vorlagen unverändert dem Deutschen Bundestag zu, wohl wissend, daß diese Vorlagen nach dem Votum des Bundesrates nicht ohne zusätzliche Veränderungen rechtskräftig werden. Die Koalition hat aber keine andere Wahl. Die CDU/CSU-Opposition hat die in der Öffentlichkeit z. B. über das Wochenende diskutierte Kompromißmöglichkeit entweder ausdrücklich abgelehnt oder unbeachtet gelassen. Sie hat im Finanzausschuß des Deutschen Bundestages sogar darauf verzichtet,



    Dr. Böhme (Freiburg)

    die Voten des Bundesrates, z. B. das Votum betreffend die Einführung eines Konjunktur- oder Tariffreibetrages, auch nur zum Gegenstand einer Kompromißformel zu machen.

    (Zuruf des Abg. von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU])

    Im Gegenteil: Die CDU/CSU-Opposition, Herr von der Heydt, beharrt im Bundestag auf ihrem ursprünglichen Gesetzentwurf, nämlich der Einführung eines Konjunkturabschlages.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Das hat Herr Dr. Kreile wieder bestätigt. Ihr erster Sprecher in der gestrigen Debatte, Herr Franz Josef Strauß, hat ausdrücklich auf diesen Vorschlag eines Abschlags nach dem Stabilitäts- und Wachstums-Gesetz abgehoben und alle anderen Vorschläge als Flickschusterei bezeichnet. Von Kompromißbereitschaft ist also keine Spur. Damit wird klar, daß es die CDU/CSU-Opposition im Bundestag bei dieser Steuervorlage leider erneut auf eine klare Konfliktstrategie abgesehen hat.
    Bei dieser Situation muß die Ausgangslage besonders hervorgehoben und der Öffentlichkeit und allen Bürgern klargemacht werden, daß es die Opposition ist, welche stur und rechthaberisch auf ihren Vorlagen beharrt,

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    und das Steuerpaket an dieser Haltung zu scheitern droht.

    (Beifall bei der SPD)

    Die Schuld liegt hier vor allem bei den Scharfmachern in der Bundestagsfraktion der CDU/CSU.

    (Beifall bei der SPD)

    Kein einziger Sprecher — auch Sie, Herr Dr. Kreile, heute morgen nicht — hat in der stundenlangen Debatte auch nur mit einem einzigen Ton eine Kompromißbereitschaft im Steuerstreit erkennen lassen, obwohl diese Frage die Bürger draußen in unserem Lande stark beschäftigt. Deswegen stellen wir die Opposition heute in dieser Debatte und machen in diesem Hohen Hause und in der Öffentlichkeit klar, wer die Verantwortung für ein mögliches Scheitern des Steuerpaketes trägt. Den Beweis hierfür kann man antreten, indem der Gang der Verhandlungen dargestellt und die wechselseitigen Anträge, die heute zur Abstimmung kommen, analysiert werden.
    Die CDU/CSU hat in einem eigenen Gesetzesvorschlag die Anwendung des Stabilitäts- und Wachstums-Gesetzes mit einem linearen Abschlag von 10 % vorgesehen und einen weiteren Gesetzentwurf eingebracht, welcher im noch nicht erledigten Teil eine Erhöhung des Weihnachtsfreibetrages um 100 DM vorsah. Später hat die Opposition im Finanzausschuß die Erhöhung des Grundfreibetrages abgelehnt und sonst im übrigen die Vorschläge der Koalition übernommen, nämlich die Vervierfachung des Weihnachtsfreibetrages, die Verbesserung der degressiven AfA und die Einführung eines Ausbildungsplatzabzugsbetrages. Es ist wichtig, diese Feststellung hier zu treffen, damit klar ist, daß insbesondere die Vervierfachung des Weihnachtsfreibetrages kein Vorschlag der CDU/CSU war. Die Opposition hat sich hier vielmehr der Initiative der Koalition nachträglich angeschlossen. Beim Weihnachtsfreibetrag ist die CDU/CSU ein Trittbrettfahrer unserer Gesetzesvorlage.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist aber gut so — ich kritisiere es nicht —, denn der ursprüngliche Vorschlag, den Weihnachtsfreibetrag nur um 100 DM zu erhöhen, war gegenüber den Arbeitnehmern eine Zumutung. Eine solche Minimaßnahme hätte praktisch nichts daran geändert, daß die seit 1960 unverändert bestehende Höhe des Weihnachtsfreibetrags völlig überholt ist und der inzwischen eingetretenen Entwicklung bei der Lohnsteuerprogression und der Weihnachtsgeldhöhe in keiner Weise mehr entspricht.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Deswegen unser Vorschlag der Vervierfachung. Betrachten Sie von der Opposition doch Ihre eigene Vorlage. Dann werden Sie feststellen, daß Ihr ursprünglicher Vorschlag auf 100 DM gerichtet war. Ich bin froh, daß wir uns jetzt hier verständigt haben

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    und dieses Hohe Haus geschlossen eine Erhöhung auf 400 DM trägt.
    Lassen Sie mich nun zum Gesamtpaket der Vorschläge der Union einige Anmerkungen im Zusammenhang machen.
    Erstens. Wir lehnen die Anwendung des Stabilitäts- und Wachstums-Gesetzes mit einem linearen Steuerabschlag von 10 % ab, weil dieser Abschlag in der gegenwärtigen Konjunktursituation konjunkturpolitisch nicht das richtige Mittel ist, zugleich verteilungspolitisch zu unerwünschten Ergebnissen führt und damit sozial unausgewogen ist.
    Ein linearer Abschlag bei der Einkommensteuer einschließlich der Körperschaftsteuer bedeutet, daß der Entlastungseffekt mit steigendem Einkommen wächst. Der lineare Abschlag bevorzugt somit hohe und höchste Einkommen gegenüber kleineren Einkommen in unerträglicher Weise. Wir haben dies ausgerechnet. Beispielsweise würde ein verheirateter Millionär durch den Konjunkturabschlag nicht weniger als 55 000 DM kassieren, während ein Arbeitnehmer mit zwei Kindern und 24 000 DM Jahresgehalt mit ganzen 277 DM zufrieden sein müßte.
    Kann diese Argumentation der SPD als Ausdruck eines Neidkomplexes abgetan werden? Oder ist es nicht neben der Steuergerechtigkeit ein Gebot der ökonomischen Vernunft, die Einkommensunterschiede in unserem Land von Staats wegen nicht noch zu vergrößern? Herr Strauß hat gestern noch einmal die Anwendung des Stabilitäts- und Wachstums-Gesetzes mit dem zehnprozentigen Steuerabschlag gefordert und die ablehnende Haltung der Koalition und unseren Vorschlag der Anhebung des Grundfreibetrags als Gleichmacherei und als Ausdruck eines Neidkomplexes kritisiert. Außerdem hat er sich für den Leistungsbegriff eingesetzt, wo-



    Dr. Böhme (Freiburg)

    nach jeder Bürger — ich zitiere aus seiner gestrigen Rede — „mit beruhigendem Blick auf die eigene Leistung zurückschauen" könne.
    Genau dies ist der Punkt. Wenn der Konjunkturabschlag für den einen Bürger von Staats wegen einen Steuervorteil von sage und schreibe 55 000 DM ausmacht und bei dem anderen Bürger ganze 280 DM bringt, so ist dies für den kleinen Mann eben keine beruhigende Feststellung, sondern im Grund ein Anlaß für einen Blick zurück im Zorn.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Diese christdemokratische Steuerpolitik nach dem Motto „Wer hat, dem wird gegeben" machen wir nicht mit.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Zweitens. Wir lehnen die Anwendung des Konjunkturabschlags im Zusammenhang mit • den anderen Gesetzesinitiativen — die von der Opposition ja übernommen worden sind — ab, weil das Gesamtvolumen zu hoch wäre. Zusammen mit der degressiven AfA, dem Weihnachtsfreibetrag und dem Ausbildungsplatzabzugsbetrag würde das Volumen nach Ihrer Vorstellung durch die Anwendung des Stabilitäts- und Wachstums-Gesetzes etwa 20 Milliarden DM ausmachen. In diesem Zusammenhang erinnere ich daran, daß diese heutige Steuerdebatte im Rahmen einer Haushaltsberatung geführt wird. Also ist — und zwar mit dem spitzen Bleistift — zu fragen: In welcher Weise macht die Opposition Deckungsvorschläge für die zusätzlichen Ausfälle?

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Darüber ist in dieser Debatte bisher kein einziger Ton gesagt worden. Die Wirkung Ihrer Gesetzesvorschläge würde also darauf hinauslaufen, daß der Staat mehr Schulden machen soll.
    Über diese Vorschläge kann ich mich nur wundern, weil sie von genau den gleichen Politikern kommen, die noch vor kurzem den Staatsbankrott der Bundesrepublik Deutschland hier in den schwärzesten Farben gemalt haben. Ich finde, es ist keine seriöse Politik, in diesem Hin und Her Steuerentlastungsvorschläge zu unterbreiten, ohne gleichzeitig an die Auswirkungen im Haushalt zu denken. Aber diese Art von Finanzpolitik kennen wir von der Opposition leider zur Genüge, nämlich vom Staat Mehrausgaben zu verlangen und gleichzeitig Einnahmen zu verweigern. Dies ist keine seriöse Politik, vielmehr das Gegenteil solider Haushaltsgestaltung.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Drittens. Den Konjunkturabschlag haben wir auch deshalb abgelehnt, weil das Problem der Anschlußwirkung ungelöst ist. Bekanntlich ist der Konjunkturabschlag auf ein Jahr befristet. Nun will die Opposition diesen Steuerabschlag offensichtlich in eine Tarifreform einmünden lassen. „Einmünden" lautet das Stichwort. Das bedeutet, daß die jetzige Entlastung um 15 Milliarden DM, nämlich die progressionsbedingte Steigerung der Auswirkungen nach dem Stabilitäts- und Wachstums-Gesetz, voll in den künftigen Tarif eingehen muß und daß damit ein zusätzliches notwendiges Volumen für eine echte Tarifreform nicht mehr vorhanden ist. Also gerade derjenige, der eine Tarifreform fordert, muß sich
    gegen einen solchen Konjunkturabschlag wenden.
    Im übrigen möchte ich der Vollständigkeit halber nur anmerken, daß die Forderung der Opposition, den zehnprozentigen Konjunkturabschlag bei der Tarifreform in dauerhafte Steuersenkungen übergehen zu lassen, befürchten läßt, daß eine derartige Tarifreform eine Reform für die Reichen sein wird. Dazu kann ich nur sagen: ohne uns. Wir stellen uns eine Tarifreform, die auch wir befürworten, anders vor.

    (von der Heydt Freiherr von Massenbach [CDU/CSU] : Wie denn?)

    — Ich komme gerade darauf, Herr Kollege. Besonders delikat ist nämlich in diesem Zusammenhang die Begründung eines solchen Vorgehens mit dem, was sich hier in der Diskussion über die Steuerlastquote ergeben hat. Richtig ist, daß die Steuerlastquote 1937 gegenüber 1976 gestiegen ist. Aber interessant ist diese Überlegung erst, wenn die Steuerlastquote in ihrer Zusammensetzung betrachtet wird. Hier stellt man fest, daß es die Lohnsteuer war, welche durch ihr starkes Ansteigen verhindert hat, daß die Steuerlastquote überhaupt sinkt. Fast alle anderen Steuerarten sind gesunken, sind abgesackt, dies stellt man fest, wenn man sich die Gliederung des Steueraufkommens ansieht, während die Lohnsteuer angestiegen ist. Es ist also gerade die Lohnsteuer, welche die Steuerlastquote insgesamt verursacht. Gerade weil dies so ist, darf diese Entwicklung nicht fortgesetzt werden, sondern muß abgestoppt werden. Aber dies wird bei einem linearen Abschlag von 10 % nicht nur auf die Lohnsteuer, sondern auch auf die Einkommensteuer und die Körperschaftsteuer nicht erreicht. Die jetzige Struktur des Steueraufkommens, gerade im Lohnsteuerbereich, ist geradezu ein Fanal dafür, die gegenwärtige Entwicklung nicht weiterlaufen zu lassen. Genau dies soll aber nach den Vorschlägen der Union der Fall sein. Der kleine Mann bekommt wieder ein Zubrot, während die großen Einkommensbezieher den Goldschnitt bekommen. Da machen wir nicht mit.
    Die Opposition — auch dazu noch ein Wort — spricht immer von Leistung. Wir sind auch für Leistung, aber dann bitte für alle. Wir fragen zurück: Was ist dies für ein Leistungsbegriff, der die phantastischen Einkommensunterschiede in unserer Gesellschaft abdeckt? Wenn es richtig ist, daß in Zukunft die großen Wachstumsschübe fehlen werden und die Zuwächse am verteilbaren Einkommen geringer sind, müssen die jetzigen großen Unterschiede überwunden werden. Es ist z. B. nicht einzusehen, daß eine Krankenschwester im Operationssaal nur einen Bruchteil dessen verdient, was der Chefarzt am gleichen Arbeitsplatz erhält. Das ist im übrigen hier nicht einmal das eigentliche Thema, sondern es geht darum, daß der Staat nicht die Hand dazu reichen soll, daß sich durch lineare Steuersenkungen die Schere zwischen den Einkommen noch weiter öffnet. Das ist der Punkt.

    (Dr. Kreile [CDU/CSU] : Warum bekommt ein Bundestagsabgeordneter denn mehr als andere?)




    Dr. Böhme (Freiburg)

    — Ich könnte noch andere Beispiele bringen; ich will sie lieber nicht bringen.

    (Dr. Lenz [Bergstraße] [CDU/CSU] : Wie ist das mit dem Gehalt des Bundeskanzlers? — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Bringen Sie sie doch!)

    In diesem Zusammenhang noch ein Wort zu dem Vorwurf, der Bund betreibe eine Finanzpolitik des „stop and go". Herr Strauß hat gestern vormittag dazu einige Beispiele gebracht. Hier muß man zurückfragen, ob dieser Vorwurf des „stop and go" — ich glaubte gestern nicht richtig gehört zu haben — an die richtige Adresse geht, z. B. an die Adresse der Bundesbank, die wegen der wirtschaftlichen Strukturänderungen und wegen der Konjunkturschwankungen ihr Geldmengenziel Jahr für Jahr korrigieren mußte und in den letzten Monaten eine fast dramatisch zu nennende Zinspolitik gemacht hat — ich kritisiere dies nicht, sondern zeige auf, daß z. B. bei der Bundesbank auch Schwankungen ausgeglichen werden mußten —, oder z. B. an die Adresse des Sachverständigenrates oder an die Adresse der Wirtschaftsinstitute, die, wie der Bundesfinanzminister gestern ausgeführt und nachgewiesen hat, in den letzten Monaten fast einen Salto mortale bei der Begründung und den Ratschlägen für wirtschaftliche und steuerpolitische Entscheidungen gemacht haben? Oder richtet sich dieser Vorwurf des „stop and go" vielleicht an Ihre eigene Adresse?
    Die Opposition hat am Tage der Abstimmung über das Steueränderungsgesetz 1977 — das war kurz vor der Sommerpause - in diesem Hohen Hause gegen das Gesetz mit den Erhöhungen der Sonderausgabenhöchstbeträge, des Kindergeldes und der Absenkung der Vermögensteuersätze gestimmt.

    (Dr. Häfele [CDU/CSU]: Warum wohl!)

    Dies war doch wohl ein Stopp-Zeichen für die Vorlage der Regierung. Beinahe am gleichen Tage hat dann die Opposition aber einen Gesetzentwurf mit fast dem gleichen Inhalt eingebracht.

    (Dr. Häfele [CDU/CSU]: Warum denn wohl!)

    Das war dann wohl die Politik des „go". Am gleichen Tag „stop and go" in ein und derselben Sache!

    (Dr. Häfele [CDU/CSU] : Es ging doch um die Verhinderung der Erhöhung der Mehrwertsteuer!)

    Mit dieser Argumentation sitzen Sie nach meiner Auffassung mitten im Glashaus. Da sollten Sie nicht mit Steinen werfen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf von der CDU/ CSU: Das können Sie doch selbst am besten!)

    Bietet somit das Steuerpaket der Opposition keine Grundlage,

    (Dr. Häfele [CDU/CSU] : Das wissen Sie selbst besser!)

    so bleibt es bei. der Regierungsvorlage. Die Regierungsvorlage setzt bei ihren Entlastungen dort an,
    wo der Grund für die gegenwärtige Konjunkturschwäche liegt, nämlich bei den geringen Impulsen von der Nachfrageseite.

    (Zuruf von der CDU/CSU: In einem Jahr reden wir wieder darüber!)

    Es kommt somit in der gegenwärtigen Situation vor allem auf die Stärkung des privaten Konsums an, um die Kapazitätsauslastung und damit die Investitionsbereitschaft der Unternehmen zu verbessern. Eine überproportionale Begünstigung der hohen Einkommensbezieher führt jedoch dazu, daß gerade die hohen Einkommensbezieher, welche den höchsten Sparanteil haben, gefördert werden. Das Gegenteil tut not; es gilt, die Massenkaufkraft der kleinen und mittleren Einkommensbezieher mit hohem Konsumanteil zu stärken.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist jetzt ein ganz anderes Argument!)

    Dieses Anliegen wird durch die gleichmäßige Entlastung bei der Anhebung des Grundfreibetrages nach Vorschlag der Koalition erreicht. Die jetzige Erhöhung bedeutet für einen verheirateten Arbeitnehmer einheitlich .einen Steuernachlaß von 224 DM; er ist also für alle Steuerbürger gleich. Die Sorge und der Einwand, daß diese Steuerersparnis nicht in den Konsum fließt, kann entkräftet werden. Eine kürzlich durchgeführte Umfrage des Wickert-Instituts hat gezeigt, daß gerade die jetzigen Steuerentlastungen — dies gilt vor allem für den Weihnachtsfreibetrag — voll in den Konsum gehen werden.
    Im übrigen sind die Erhöhung des Grundfreibetrages und die Anhebung des Weihnachtsfreibetrages im Zusammenhang mit den anderen Steuererleichterungen und Leistungen zu sehen, die am 1. Januar 1978 in Kraft treten, nämlich mit der Erhöhung der Sonderausgabenhöchstbeträge und der Anhebung des Kindergeldes. Es kommt letztlich auf die Gesamtauswirkung all dieser steuerlichen Entlastungen zum 1. Januar 1978 an, und es ist eine Irreführung der Öffentlichkeit, wenn jetzt bei den einzelnen steuerlichen Entlastungen die Wirkung isoliert ausgerechnet wird. Nur der Blick auf das Ganze, was ab 1. Januar 1978 gelten soll, schafft die richtige Optik und macht die große Anstrengung der Bundesregierung deutlich, fühlbare Steuererleichterungen zu gewähren.
    Im Zusammenhang dargestellt ergibt sich:
    1. Erhöhung der Sonderausgabenhöchstbeträge um 300 DM für Ledige und 600 DM für Verheiratete; gleichzeitig wird die Vorsorgepauschale von 16 0/o auf 18 % erhöht.
    2. Erhöhung des Kindergeldes für das zweite Kind von 70 DM auf 80 DM und für das dritte und jedes weitere Kind von 120 DM auf 150 DM.
    3. Erhöhung des Weihnachtsfreibetrages — auch schon für 1977 — von 100 DM auf 400 DM, worüber jetzt zu entscheiden ist.
    4. Erhöhung des Grundfreibetrages von zur Zeit 3 000 DM auf 3 510 DM für Ledige; für Verheiratete verdoppeln sich diese Beträge.



    Dr. Böhme (Freiburg)

    Die Auswirkungen dieser Gesetze — für den Bürger draußen kommt es auf die Auswirkungen an — können sich sehen lassen. So beträgt der Steuernachlaß im Falle eines verheirateten Arbeitnehmers ohne Kinder bei einem Jahresbruttolohn von 24 000 DM 330 DM. Bei einem Arbeitnehmer mit zwei Kindern sind es 410 DM, bei einem Arbeitnehmer mit vier Kindern 1 130 DM. Das sind keine Pfennigbeträge, sondern Entlastungen, die kräftig im Geldbeutel zu spüren sein werden.
    Ich komme zum Schluß, meine Damen und Herren. Die Frage ist berechtigt, welches Schicksal diese Steuervorlage nach dem zu erwartenden und angekündigten Nein der Opposition haben wird. Bisher hat die CDU/CSU-Opposition im Bundestag weder die Vorschläge des Bundesrates aufgenommen noch andere Kompromißvorschläge, die in der Offentlichkeit gemacht wurden, positiv beurteilt. Dies kann politisch nur so gewertet werden, daß die Opposition offensichtlich keine Kompromisse will. Dafür wird die Opposition aber in der Offentlichkeit wenig Verständnis finden. Der Bürger erwartet eine rechtzeitige Verabschiedung der Steuerentlastungsgesetze mit Wirkung für Weihnachten 1977 und zum 1. Januar 1978. Dies ist hier unsere Sache. Wir waren dazu bereit, Kompromisse zu machen, und sind dies auch heute noch. Aber die CDU/CSU hat keine Bereitschaft gezeigt, sondern hat den bekanntgewordenen Kompromißvorschlag ausdrücklich abgelehnt und beharrt heute hier im Plenum auf ihrem Gesetzentwurf der Anwendung des Stabilitäts- und Wachstums-Gesetzes.