Rede:
ID0804606800

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 15
    1. der: 2
    2. Meine: 1
    3. Damen: 1
    4. und: 1
    5. Herren,: 1
    6. wir: 1
    7. fahren: 1
    8. in: 1
    9. Aussprache: 1
    10. fort.: 1
    11. Das: 1
    12. Wort: 1
    13. hat: 1
    14. Abgeordnete: 1
    15. Löffler.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/46 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 46. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1977 Inhalt: Absetzung zweier Punkte von der Tagesordnung 3469 A Aussprache über den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1978 (Haushaltsgesetz 1978) — Drucksache 8/950 — in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1977 bis 1981 — Drucksache 8/951 — Strauß CDU/CSU 3469 B Dr. Ehmke SPD 3485 C Hoppe FDP 3497 D Dr. Friderichs, Bundesminister BMWi . . 3502 D Dr. Barzel CDU/CSU 3512 A Reuschenbach SPD 3521 C Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 3525 D Dr. Apel, Bundesminister BMF 3532 D Haase (Kassel) CDU/CSU . . . . . . 3539 D Löffler SPD 3543 D Gärtner FDP 3547 D Nächste Sitzung . . . . . . . . . 3551 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3553* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 46. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 5. Oktober 1977 3469 46. Sitzung Bonn, den 5. Oktober 1977 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 6. 10. Dr. Ahrens ** 7. 10. Dr. Aigner * 7. 10. Alber ** 7. 10. Dr.Bardens ** 7. 10. Dr. Bayerl * 6. 10. Böhm (Melsungen) ** 7. 10. Frau von Bothmer ** 7. 10. Brandt 7. 10. Büchner (Speyer) ** 7. 10. Frau Eilers (Bielefeld) 7. 10. Dr. Enders ** 7. 10. Dr. Evers ** 7. 10. Fellermaier * 5. 10. Dr. Geßner ** 7. 10. Haase (Fürth) * 7. 10. Handlos ** 7. 10. Frau Dr. Hartenstein 7. 10. von Hassel ** 7. 10. Hoffmann (Saarbrücken) * 6. 10. Dr. Holtz ** 7. 10. Frau Hürland 5. 10. Dr. Klepsch * 7. 10. Klinker * 7. 10. Lagershausen ** 7. 10. Lange * 7. 10. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Lemmrich ** 7. 10. Lemp * 7. 10. Lenzer ** 7. 10. Marquardt ** 7. 10. Dr. Mende ** 7. 10. Milz ** 7. 10. Möhring 7. 10. Dr. Müller ** 7. 10. Müller (Mühlheim) * 7. 10. Neuhaus 5. 10. Pawelczyk ** 7. 10. Reddemann ** 7. 10. Dr. Schäuble ** 7. 10. Scheffler ** 7. 10. Schmidhuber ** 7. 10. Schmidt (Kempten) ** 7. 10. Schmidt (München) * 7. 10. Schmidt (Würgendorf) ** 7. 10. Schreiber * 6. 10. Schwabe * 7. 10. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 7. 10. Seefeld * 7. 10. Sieglerschmidt * 6. 10. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 7. 10. Dr. Staudt 7. 10. Frau Steinhauer 7. 10. Ueberhorst ** 7. 10. Dr. Vohrer ** 7. 10. Wehner 7. 10. Dr. Wörner 7. 10. von Wrangel 7. 10. Würtz * 7. 10. Zebisch ** 7. 10. Zywietz * 6. 10.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Lothar Haase


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Lieber Herr Professor Schäfer, ich erinnere mich: Die sozialliberale Koalition ist jetzt über sieben Jahre in der Verantwortung. Nehmen Sie doch jeden Tag Ihre guten Ideen von damals auf und sanieren Sie! Wir würden Ihnen ja dabei helfen. Aber Sie können doch nicht fragen: Wer hat denn damals etwas verhindert? Sie haben jahrelang Zeit gehabt. Warum haben Sie es nicht getan? Warum haben Sie nicht seit 1970 saniert?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Glos [CDU/ CSU]: So ist es!)

    Von 1960 bis 1969 wurde das Personal bei der Bahn kontinuierlich um 100 000 Personen vermindert; aber in den nächsten drei Jahren wurde der Personalbestand unter der SPD/FDP-Regierung wieder um 22 000 Personen erhöht. Jetzt kämpfen wir mit den Folgen.
    Als Investition bezeichnen Sie 2,5 Milliarden DM von den 13,5 Milliarden DM, die Sie insgesamt an die Bahn geben. Aber Ihrer Verpflichtung, Herr Bundesfinanzminister, das Defizit der Eisenbahn zu dekken, kommen Sie nicht nach. In der gleichen Höhe, in der der Finanzminister angebliche Investitionszuschüsse zahlt, erwartet die Bundesbahn ein ungedecktes Defizit, das dem Bund zur Last fällt. Im praktischen Ergebnis sind das 2,5 Milliarden DM, die Sie in Ihrem Zahlenwerk mit dem Markenetikett „Investitionen" versehen. In Wirklichkeit sind sie nichts anderes als ein Verlustausgleich, während die Bahn ihre Investitionen ausschließlich durch Schulden finanzieren muß und durch die Zinsen immer tiefer in die Misere gerät. Das ist das angebliche Mehr an öffentlichen Investitionen, mit denen der Finanzminister seinen Haushalt der Reparaturen selbst verschuldeter Unfälle ein falsches Markenetikett aufzukleben versucht.
    Ein weiteres Täuschungselement wird durch die haushaltstechnischen willkürlichen Umbuchungen in Apels Haushaltswerk eingeführt. Wir werden im Ausschuß .bei der Entwicklungshilfe sofort mit diesen Fragen konfrontiert werden. Zuweisungen, die bisher als konsumtive Ausgaben ausgewiesen wur-



    Haase (Kassel)

    den, sind nun einfach in Investitionszuschüsse umgebucht worden. Ich will Sie in diesem Moment mit Einzelheiten verschonen; aber das sind doch billige Taschenspielertricks. Man kann durchaus darüber streiten, ob so oder so veranschlagt wird. Aber auch Sie, Herr Bundesfinanzminister, werden doch nicht bestreiten, daß sich die von Ihnen genannten höheren Investitionen nicht ergeben, wenn so wie im vergangenen Jahr gebucht wird.
    Bei dieser Gelegenheit möchte ich darum bitten, die Anregung des Kollegen Leicht aufzunehmen, die Buchungen im Bundesetat — Investitionen oder konsumtive Ausgaben - einmal zu ordnen und einer einvernehmlichen Regelung zuzuführen.

    (Vorsitz Einige kurze Bemerkungen zu dem Komplex der Rentenversicherung. Es ist noch gar nicht lange her, daß die Regierung ein Rentensanierungskonzept vorlegte und meinte, damit seien die Probleme mittelund langfristig gelöst. Wenn wir uns den Entwurf des Haushalts 1978 und den Finanzplan ansehen, müssen wir feststellen, daß Probleme der Rentenversicherungsträger und der Bundesanstalt für Arbeit in den Bundeshaushalt und damit auf den Steuerzahler verlagert werden. In dem sogenannten Rentensanierungskonzept, das vor drei Monaten beschlossen wurde und schon heute, nach. einem Vierteljahr, nicht mehr stimmt, war beschlossen worden, daß die Bundesanstalt für Arbeit die Rentenversicherungsbeiträge für Arbeitslose ab 1. Januar 1979 übernimmt. Nunmehr wird der Termin kurzerhand auf den 1. Juli 1978 vorgezogen. Aber die eineinhalb Milliarden werden dem Steuerzahler angelastet. Hier zeigt sich erneut die Flickschusterei, mit der dieser Etat zusammengestellt worden ist. (Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Vorhin hat Herr Apel das noch gelobt!)


    (V o r s i t z : Vizepräsident Dr. SchmittVockenhausen)

    — Na gut; das ist die Apelsche Art und Weise, Finanzpolitik zu betreiben.
    Weitere zwei Milliarden DM mußten in den Finanzplan übernommen werden, da die Bundesanstalt nicht in der Lage ist, den ihr im Rentenkonsolidierungskonzept auferlegten Beitragszahlungen an die Rentenversicherungsträger zu übernehmen. Nur kurzfristige Reparaturpolitik ist es auch, daß den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung aus früheren Jahren gestundete Bundeszuschüsse in Milliardenhöhe vorzeitig zurückgezahlt werden müssen.
    All dies wird im Bundeshaushalt unter dem großen Mantel „Verbesserung der sozialen Sicherheit und Ausbau des Sozialwesens" verkauft, und der Bundesfinanzminister erzählt uns das Märchen, die Rentenfinanzen seien sicher.
    Ich stelle also fest: Das Programm der Bundesregierung zur Rentenkonsolidierung bedurfte schon nach kurzer Zeit erheblicher Reparaturen. Es reichte
    eben nicht aus, um Renten- und Arbeitslosenversicherung längerfristig zu konsolidieren. Selbst wenn Ihre jetzige Rechnung aufgeht, erreichen Sie mit der jetzigen Methyode, die Defizite hin- und herzuschieben, allenfalls das Jahr 1981.
    Die Ausgabensteigerung um 10 % — die muß hier bei dieser Gelegenheit erwähnt werden — erscheint mir problematisch. Um Mißverständnisse auszuschließen: Sicherlich wäre es zweckmäßig, ja, notwendig und würde es dem Stabilitätsgesetz entsprechen, wenn wir in unserer Wirtschaftslage neben den unabweisbaren steuerlichen Entlastungen unterstützende Konjunkturanreize durch zusätzliche Ausgaben — allerdings an der richtigen Stelle — ausbringen würden.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    Aber die Mittel, die dafür gebraucht werden, haben Sie in der Vergangenheit mit vollen Händen bereits ausgegeben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Löffler [SPD] : Wozu? Sagen Sie das mal!)

    — Lieber Herr Kollege Löffler, daran kranken wir noch heute. In der Zeit der Überbeschäftigung haben Sie die Staatsausgaben

    (Zuruf des Abg. Löffler [SPD])

    Jahr für Jahr mit zweistelligen Zuwachsraten steigen lassen. Herr Strauß hat Ihnen das ja heute morgen im Detail vorgeführt, was damals in so gefährlicher Weise die Inflation anheizte. Genau daher kommen doch unsere Kümmernisse bis auf den heutigen Tag.

    (Löffler [SPD] : Im Gegenteil! Sie sind angeheizt worden!)

    — Herr Kollege, wollen Sie denn bestreiten, daß aus eben diesen Gründen zwei Ihrer Finanzminister innerhalb kürzester Zeit zurückgetreten sind? Das waren doch Nebenwirkungen!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Prinz zu SaynWittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : So war es!)

    Was damals zuviel ausgegeben wurde, fehlt uns heute. Sie haben damals das Holz verbrannt, an dem wir uns heute wärmen wollen, lieber Herr Löffler.
    Angesichts des riesigen Schuldenbergs, den die Regierung in der Vergangenheit aufgetürmt hat, scheidet leider die Möglichkeit aus, die Kostenlast der Wirtschaft und die Ausgabenlast der Bürger durch Steuererleichterungen im erforderlichen Umfang abzubauen und gleichzeitig die Statsausgaben gezielt im investiven Bereich massiv zu erhöhen. Das ist ja unser großes Problem, unsere Krux und unser Leid. Statt des Sowohl-Als-auch nach dem Stabilitätsgesetz gibt es bei Inkaufnahme einer immer noch unerträgliche Verschuldung nur die Entscheidung des Entweder-Oder.
    In dieser Lage, in die diese Regierung unseren Staat geführt hat und in der Sie, Herr Bundesfinanzminister, ein hohes Maß an Mitschuld tragen, haben wir, die Christlich Demokratische und die Christlich-



    Haase (Kassel)

    Soziale Union, eine klare Entscheidung getroffen. Wir sind mit dem Sachverständigenrat der Auffassung, eine dauerhafte massive Erhöhung der Staatsausgaben wäre fiskalisch und volkswirtschaftlich wohl die teuerste Variante der Beschäftigungspolitik und würde überdies eine deutliche Abkehr von der Politik der vergangenen Jahre bedeuten. Der Sachverständigenrat sieht den Problemkern nicht in der Nachfrage. Er deutet den verbliebenen Nachfragemangel nicht mehr als autonomen Störfaktor, sondern im wesentlichen als Reflex der ungelösten Probleme auf der Angebotsseite. Auf gut deutsch: Vorrang kann nicht eine Politik haben, die durch hohe Staatsausgaben mittelbar oder unmittelbar zu mehr Nachfrage führt. Vorrang gebührt dem Abbau der Kostenbelastung der Wirtschaft und einem leistungsgerechten Steuerrecht zur Entlastung von Tarifverhandlungen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Glos [CDU/ CSU] : Genauso ist es!)

    Deshalb haben wir beantragt, jetzt in einer Sofortmaßnahme nach dem Stabilitätsgesetz die Steuern um 10 % zu senken und unmittelbar daran anschließend ohne Zeitdruck einen neuen, gerechteren Steuertarif zu schaffen. Ich fürchte, daß diejenigen Damen und Herren im Regierungslager, die nicht um jeden Preis eine andere Republik, sondern sachgerecht und ohne ideologische Scheuklappen das Beste für die Republik wollen, noch bedauern werden, daß sie unserem Vorschlag nicht gefolgt sind. Auch wenn wir jetzt auf Grund Ihres Verhaltens gegebenenfalls gezwungen werden, in eine andere Lösung einzutreten oder sie hinzunehmen, halten wir nach wie vor an der Auffassung fest, daß es alleine richtig wäre, auch in dieser Lage den Ausgabenzuwachs stärker zu- bremsen und die dadurch freiwerdenden Mittel für eine fühlbare Steuerentlastung einzusetzen. An den damit verbundenen Sparmaßnahmen beim Staat werden Sie angesichts der katastrophalen Entwicklung der Finanzen auch bei den Sozialversicherungsträgern früher oder später nicht vorbeikommen, nur daß es dann unseren Bürgern immer noch teurer zu stehen kommen wird.
    Meine Damen und Herren, wenn Sie weiter auf diesem Kurs beharren, der sich abzeichnet, Unsicherheit in dieses Land zu tragen, Unsicherheit in die Wirtschaft zu tragen — gar nicht mal aus böser Absicht, sondern Ihr Verhalten zwingt diesem Land diese Atmosphäre auf — wenn beispielsweise die Verunsicherung und die fürchterlichen Folgen aus dem Energiebereich dieses Land weiter schlagen und zusätzlich beeinträchtigen, dann werden Sie als Verantwortliche Deutschland aus dem Kreis der wohlhabenden Industrieländer langfristig abmelden müssen. Dann heißt es: Dritte Welt, wir kommen. Das haben Sie dann aber zu verantworten.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU — Löffler [SPD] : Das glauben Sie doch selber nicht!)

    Meine Damen und Herren, angesichts der fortgeschrittenen Zeit muß ich darauf verzichten, die Stellenprobleme, die natürlich auch in diesem Haushalt angesprochen werden müßten, hier im Detail zu erörtern. Eine Regierung, die die Unsicherheit beseitigen und das Vertrauen wiederherstellen will, muß, wie wir es vor zehn Jahren beispielsweise einmal in derGroßen Koalition mit Erfolg gegen viele Widerstände getan haben, unserer Bevölkerung reinen Wein darüber einschenken, wie die Kümmernisse beseitigt werden sollen, wie die Defizite bei der Rentenversicherung, bei der Krankenversicherung, bei der Arbeitslosenversicherung, bei der Bundesbahn ausgeräumt werden können, wie wir die Schuldenzuwächse beseitigen können, auch die Schuldenzuwächse beim Staat. Es gibt ja kaum mehr einen öffentlichen Sektor, der durch diese Politik nicht angekränkelt ist. Weil die Regierung die Finanzkrise allzulange hat treiben lassen, kann dies ohne schweren Schaden nicht mehr von heute auf morgen geschehen. Aber die Regierung müßte aus ihrer Verantwortlichkeit heraus

    (Zuruf von der CDU/CSU: Zurücktreten!)

    zumindest die Richtung deutlich machen. Diese Aufgabe kann der Bundesregierung das Parlament oder der Haushaltsausschuß nicht abnehmen.
    Im Ausschuß stehen wir wieder einmal vor der Aufgabe, in relativ kurzer Zeit unsere Arbeit tun zu müssen, eine hektische Beratung wird folgen, damit der Haushalt wenigstens nicht zu spät im nächsten Jahr wieder ins Plenum kommt. Auch das hat die Regierung zu verantworten, weil sie wieder einmal den Haushalt zu spät verabschiedet hat. Wir erwarten mit Ihnen, Herr Kollege Hoppe, daß die Regierung nächstes Jahr endlich dem Gesetz und dem Spruch des Bundesverfassungsgerichts folgt, damit das Parlament seiner Rolle gerecht werden und den Haushalt endlich einmal so in Kraft setzen kann, wie es das Grundgesetz fordert.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Abgeordnete Löffler.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Lothar Löffler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Allzuviel haben wir ja heute noch nicht über den Haushalt gesprochen. Das mag wohl daran liegen, daß heute der unbedeutende Tag ist, an dem die Opposition ihre häufig angekündigte Herbstoffensive gestartet hat. Drei Angriffswellen haben wir ja bereits über uns ergehen lassen müssen. Der erste Angriff war besonders lang. Es krachte schrecklich und donnerte und blitzte, aber es traf nichts —

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Platzpatronen oder offensichtlich völlig fehlgeschossen. Der zweite Angriff war schon ein bißchen geschickter; er wurde ganz geschickt eingeleitet, Nebelschwaden wurden geschossen; aber dann wurde der Nebel so dick, daß sich der Angriff verzettelte; er erreichte uns auch nicht. Und der letzte Angriff, lieber Herr Kollege Haase, blieb offensichtlich im eigenen Stolperdraht hängen. Sie werden verstehen können, daß wir keine allzugroße Angst davor haben, was uns der Hauptstoß morgen bringen mag;



    Löffler
    auch den werden wir, glaube ich, ganz, ganz gut überstehen.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Einige Bemerkungen zum Haushaltsentwurf 1978. Ich nehme an, daß wir noch bei späteren Gelegenheiten um diesen Haushalt ringen werden, z. B. im Haushaltsausschuß und auch anläßlich der zweiten und dritten Beratung in diesem Hause. Angesichts der Bedeutung des Haushaltsplans ist es natürlich klar, daß sich dieses Ringen auch in echter Gegensätzlichkeit vollziehen soll. Aber trotz aller Gegensätzlichkeiten — ich meine nicht solche Gegensätzlichkeiten, wie sie meine liebe Kollegin Berger hier im Hause provoziert, wenn ich rede, sondern echte politische Gegensätzlichkeiten — sollten drei Dinge nicht vergessen werden. Erstens, jeder Haushalt ist von den vorausgegangenen Haushalten abhängig. Er setzt gleichzeitig wichtige Merkposten für künftige Haushalte. Insofern ist es nicht möglich, in einem Haushaltsjahr eine völlig neue Welt in Zahlen zu konzipieren. Zweitens, im Haushalt geht es um Zahlen. Sie sind zum Rechnen da und nicht dazu, daß man sie mit Spekulationen, Verdächtigungen und haltlosen Anwürfen befrachtet. Zahlen sollten zur Sachlichkeit zwingen. Drittens, gerade in Haushaltsberatungen — das ist insbesondere der Opposition gesagt — wird die Politik einer Nagelprobe unterzogen. Diese Nagelprobe besteht darin, daß man vom andern nicht mehr fordert, als man selbst zu geben bereit und in der Lage wäre.
    Der Entwurf des Haushaltsplans 1978 steht nicht vereinzelt in der politischen Landschaft da. Man kann ihn nur dann richtig werten, wenn man ihn zu der sozialen und wirtschaftlichen Realität, wie sie in unserem Lande und auch in anderen Ländern besteht, in Beziehung setzt. Wie sieht diese Realität nun aus? In allen Industriestaaten der Erde ist seit einigen Jahren festzustellen, daß die Industrieproduktion rückläufig ist oder gar stagniert, daß die Lebenshaltungskosten kräftig steigen, daß die Stundenlöhne diese Entwicklung mitmachen und daß im Gefolge dieser Erscheinungen Arbeitslosigkeit auftritt, die weit über dem Stand dessen liegt, was in Zeiten günstigerer konjunktureller Entwicklungen zu verzeichnen war. Es ist ganz klar, daß diese Erscheinungen Auswirkungen auf die Welthandelsbeziehungen haben mußten.
    Wenn man sich nun die internationalen Vergleichszahlen ansieht — ich will Sie zu dieser späten Stunde nicht anführen; bei dieser Besetzung des Hauses wäre es ja auch nutzlos —, dann stellt man fest, daß die Bundesrepublik Deutschland vergleichsweise gut, recht gut abgeschnitten hat, so daß man ohne weiteres die Aussage machen kann, die Bundesrepublik Deutschland ist mit diesen weltweiten Wirtschaftserscheinungen besser fertig geworden als andere Länder.
    Das kann jeder nachvollziehen, wenn er die Zahlen vergleicht, die auf den Seiten 248 und 249 des Finanzberichts 1978 enthalten sind. Liebe Kollegin Berger, ich möchte Ihnen natürlich auch einige echte Lebenshilfe gewähren, noch einmal: die Seiten 248 und 249 heute abend vor dem Zubettgehen. Die
    relativ gute Stellung, die wir in der Welt einnehmen, ist nicht von ungefähr. Weil wir gut dastehen, wird uns vom Ausland manchmal, vielleicht auch aus gewissen Neidkomplexen, Großmannssucht vorgeworfen. Dieser Vorwurf stimmt nicht. Vielmehr verhält es sich so: die Menschen in unserem Lande wissen, wie wirtschaftliche und soziale Not die Demokratie wegspülen kann, wie diese Not zur Trittleiter eines Diktators werden kann und wie dann die Entwicklung überhaupt nicht mehr zu beeinflussen ist und bis hin zum Inferno führen kann.
    Unsere Bürger sind durch historische Erfahrung sensibel geworden und halten Disziplin. Sie wollen durch Maßlosigkeit nicht das gefährden, was sie haben, weil sie wissen, was danach kommt, kann nur schlechter sein. Diese Haltung ist nicht zu kritisieren, sondern sie ist ausdrücklich zu begrüßen. Denn wehe dem demokratischen Gemeinwesen, an das in aller Scheinheiligkeit immer höhere Anforderungen gerichtet werden bis hin zur Schwelle der Unerfüllbarkeit, um dann mit der gleichen Scheinheiligkeit feststellen zu können, diese Gesellschaft tauge nichts, sie müsse weg.

    (Beifall bei der SPD)

    Das ist zum Glück nicht die Haltung des weitaus größten Teils unseres Volkes. Deshalb haben auch Weltverbesserer mit ihren Ideologien von ganz rechts oder ganz links bei uns keine Chance.
    Wir sind dankbar, daß die Bundesregierung in dieser Zeit weltweiter wirtschaftlicher Schwierigkeiten das Steuer fest in der Hand hält. Die Bürger erkennen das durch ihre disziplinierte Haltung an. Allerdings zeichnet sich ein guter Kapitän nicht dadurch aus, daß er stur einen einmal gewählten Kurs beibehält, egal, aus welcher wechselnden Richtung der Wind nun pfeifen möge. Nein, ein guter Kapitän muß wissen

    (Wohlrabe [CDU/CSU] : Jährlich neue Steuergesetze!)

    — lieber Kollege Wohlrabe —, wann er das Steuer herumzulegen hat. Unser weiß es.

    (Beifall bei der SPD)

    Zugegebenermaßen ist über die Kurskorrektur ziemlich viel geredet und spekuliert worden. Auch ein paar Schiffsjungen und ein paar Schiffsstewards haben an dieser Diskussion teilgenommen. Das hat aber zum Glück nicht den verunsichert, der in erster Linie den Kurs zu bestimmen hat.
    Der Haushalt 1978 enthält gegenüber dem diesjährigen Haushalt, gegenüber dem Haushalt 1977 eine gewisse Kurskorrektur. Während wir im Haushalt und im Finanzplan dieses Jahres das Gebot der Konsolidierung an die erste Stelle gesetzt haben, werden wir, indem wir die Mehrausgaben und damit die Neuverschuldung deutlich gebremst haben, den Haushalt 1978 stärker expansiv fahren. Diese Politik der Haushaltskonsolidierung im vorigen Jahr — das möchte ich nur einschieben und möchte darin meinen Kollegen Hoppe unterstützen — war richtig und bleibt richtig. Schließlich wollen wir uns durch die Kosten für den Kapitaldienst in künftigen



    Löffler
    Jahren nicht den finanziellen und damit den politischen Spielraum völlig nehmen. Aber Güterabwägung gibt es nicht nur im Recht, sondern auch in der Politik und besonders in der Politik.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Großer Beifall bei der Haushaltsgruppe der SPD! Kein einziger da!)

    — Ja, wissen Sie, bei mir sind genauso wenig anwesend wie bei Ihnen, und ich muß sagen, auch denjenigen, die jetzt noch anwesend sind, Herr Kollege Jenninger, sollte man es eigentlich erlassen, noch Beifall zu klatschen. Es ist schon eine große Leistung von ihnen, daß sie sich in dieser Atmosphäre überhaupt noch eine Rede anhören.

    (Beifall bei der SPD)

    Im Laufe dieses Jahres stellte sich heraus, daß sich der Erholungsprozeß in unserer Wirtschaft und insbesondere auch in den Volkswirtschaften anderer Länder sehr verlangsamte. Das bedeutete auch, daß die Arbeitslosen keine Chance hätten, wieder in Arbeit zu kommen, wenn nicht zusätzlich etwas geschähe, um die Konjunktur in Schwung zu bringen. Ein Mittel dazu sind die Ausgaben der Gebietskörperschaften, also auch die des Bundes. Statt den Haushalt 1978 nach dem Finanzplan 1977 um nur 7,5 °/o steigen zu lassen, hat sich die Regierung für eine kräftige Steigerungsrate von mehr als 10 °/o entschlossen. Das sind 4 Milliarden DM mehr Ausgaben, als der Finanzplan vorsieht. Von Inflationswirkung, Herr Kollege Haase, kann in diesem Zusammenhang gar keine Rede sein. Wir haben heute an Inflation nur eines bemerkt, nämlich die Inflation der Redezeiten von Herrn Franz Josef Strauß,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    was irgendwie wohl darauf zurückzuführen ist, daß er sich immer mehr dem Punkt der Verzweiflung nähert.

    (Wohlrabe [CDU/CSU]: Der war gut! Da war alles zusammengefaßt, was bei euch mies war! Da ist abgewogen die Wahrheit gesagt worden!)

    Nun hat der Kollege Strauß heute früh eine sehr berechtigte Frage gestellt. Er hat nämlich die Frage gestellt, lieber Herr Kollege Wohlrabe, welchen Sinn Finanzpläne noch hätten. Wir wissen natürlich, daß die Finanzpläne wirklich nur eine sehr eingeschränkte Bedeutung haben.

    (Wohlrabe [CDU/CSU]: Herr Möller hat da früher aber anderes behauptet! Das ist eine ganz neue Erkenntnis von Ihnen!)

    Insbesondere wissen das diejenigen, die diese Schriftstücke jedes Jahr sehr eingehend im Haushaltsausschuß lesen müssen. Bei den Reden, die heute von der Opposition gehalten worden sind, stellt sich allerdings die Frage nach der Sinnfälligkeit. Aber das nur nebenbei.
    Von der bewußten Expansion des Bundeshaushalts im nächsten Jahr sollte man sich keine Wunder erwarten.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU]: Der baut schon vor!)

    Der Bundeshaushalt 1978 mit seinen rund 189 Milliarden DM stellt zwar eine bedeutende wirtschaftliche Größe dar, die nicht zu unterschätzen ist, aber sie repräsentiert nur zirka 15 % des Bruttosozialprodukts. Damit sind die Möglichkeiten und die Grenzen dessen, was wir tun können, bereits eindeutig aufgezeigt. Die übrigen Gebietskörperschaften sind darüber hinaus aufgerufen, unseren Kurs mitzumachen.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wir hören Ihnen zwar gern zu, aber mitmachen?! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Wenn ich dann allerdings die Opposition höre, dann klingt immer wieder der Vorwurf heraus, der Staat mische sich zu stark ein. Er kann es gar nicht; er soll es, nebenbei gesagt, auch gar nicht. Die kundigen Thebaner wissen ja auch, daß nicht wir diejenigen sind, die sich irgendwie einmischen, sondern daß von 100 Stellen aus der sogenannten freien Marktwirtschaft Bitten an uns um finanzielle Hilfen und Unterstützungen herangetragen werden, die wir selbstverständlich auch gerne gewähren, wenn damit eine soziale Notlage abgewendet wird.

    (Beifall bei der SPD)

    Aber es ist dann nicht sehr fair, zu sagen: Ihr mischt euch zuviel in die Dinge ein.

    (Grobecker [SPD]: Recht hast du!)

    Expansion hat natürlich ihren Preis. Dieser Preis wird noch höher dadurch, daß wir im nächsten Jahr auch auf gewisse Steuereinnahmen verzichten wollen. Die Nettokreditaufnahme wird wieder auf 28 Milliarden DM steigen, eine Summe, die die Vorstellungskraft der meisten Menschen übersteigt. Rechnet man sie allerdings auf jeden Bundesbürger um, wird sie schon etwas handlicher. Dann sind es etwa 460 DM pro Kopf der Bevölkerung in der Bundesrepublik. Dann wird auch deutlich, daß diese Verschuldung nicht abenteuerlich, sondern vertretbar ist. Die unabhängige Bundesbank ist der gleichen Auffassung.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein beliebtes Spielchen bei der Betrachtung des Haushalts wird von den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen durchgeführt. Dieses Spielchen besteht darin, daß man die Steigerungsraten für die verschiedenen Ausgaben mit der Gesamtsteigerungsrate des Haushalts vergleicht. Kommt dabei heraus, daß diejenigen Ausgaben, an denen man ein besonderes Interesse zeigt, nicht in gleichem Maße steigen, wird Protest eingelegt. Viele sehen Steigerungsraten offensichtlich als ein Prestigeabzeichen an, das die Bedeutung bestimmter politischer Aufgaben unterstreichen soll. Tatsache ist jedoch, daß sich die Steigerungsraten nach den politischen Notwendigkeiten zu richten haben.

    (Beifall bei der SPD)

    Wäre es, nebenbei gesagt, anders, könnten wir Politiker einpacken und nach Hause gehen. Wir
    brauchten die Haushaltsansätze der Vorjahre je-



    Löffler
    weils lediglich um die Steigerungsrate hochrechnen zu lassen. Das machen Computer. Dazu braucht man keine Politiker.
    Die Steigerungsraten bei den Einzelplänen und bei den verschiedenen politischen Aufgaben, die in dem Haushaltsplan mit Zahlen belegt sind, entsprechen unseren politischen Absichten. Die höchste Steigerungsrate hat der Einzelplan 23, wirtschaftliche Zusammenarbeit, mit fast 22 v. H. mehr als im Vorjahr. Damit machen wir unsere Verpflichtung deutlich, die wir als einer der großen Industriestaaten gegenüber den Völkern der Dritten Welt zu erfüllen haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wir als eine Industrienation sind doch auf Welthandel und weltweite Partnerschaft angewiesen. Wir wissen: die Hilfeempfänger von heute werden unsere wertvollen Partner von morgen sein.
    Der Einzelplan 06, Inneres, weist die zweithöchste Steigerungsrate auf. Das Volumen dieses Einzelplans wird vielleicht sogar noch wachsen. Darüber muß noch diskutiert und beraten werden. Das Mehr in diesem Einzelplan bezeugt unter anderem auch unsere Absicht, die personellen und materiellen Voraussetzungen zu schaffen, um das organisierte Verbrechertum noch wirkungsvoller bekämpfen zu können als bisher.
    Es folgen dann die Einzelpläne für Wirtschaft, Verkehr und Soziales, die ebenfalls Steigerungsraten aufzuweisen haben, die deutlich über 10 v. H. liegen.

    (Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein [CDU/CSU] : Sagen Sie auch mal die Gründe!)

    — Wenn Sie mich dauernd unterbrechen, sehr geehrter Herr Prinz Botho, dann kann ich nicht weiterreden. Ich gehe weiter davon aus, daß Sie den heutigen Abend vielleicht mit etwas Angenehmerem verbringen könnten, als sich von mir, den Sie zwangsläufig in jeder Sitzung des Haushaltsausschusses genießen müssen, darlegen zu lassen, weshalb gewisse Einzelpläne in ihrem Volumen wachsen.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Jetzt kommt der Hauptstoß von ihm!)

    — Ich will nicht stoßen; ich will auch keine Offensive machen.