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    Plenarprotokoll 8/39 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 39. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 Inhalt: Gedenkworte für den am 30. Juni 1977 ermordeten Sprecher des Vorstands der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, und für die bei dem Anschlag auf den Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Dr. Hanns Martin Schleyer, am 5. September 1977 ermordeten Begleiter, Polizeihauptmeister Reinhold Brändle, Polizeimeister Helmut Ulmer, Polizeimeister Roland Pieler und Heinz Marcisz 2987 D Verzicht des Abg. Dr. Gölter auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . . . 2987 D Eintritt des Abg. Gerster (Mainz) in den Deutschen Bundestag . . . . . . . 2987 D Erweiterung der Tagesordnung 2988 A Wahl des Abg. Dr. Enders als ordentliches Mitglied und des Abg. Mattick als stellvertretendes Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates 2988 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 2988 B Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Wörner, Dr. Kraske, Dr. Marx, Ernesti, Weiskirch (Olpe), Frau Tübler, de Terra, Würzbach, Löher, Biehle, Stahlberg, Dr. Jaeger, Handlos, Gierenstein, Damm, Werner, Dr. Möller und der Fraktion der CDU/CSU Verteidigungspolitik -- Drucksachen 8/195, 8/464 — in Verbindung mit Große Anfrage der Fraktionen der SPD, FDP Sicherheitspolitik — Drucksachen 8/224, 8/464 — Dr. Wörner CDU/CSU 2990 B Neumann SPD 2997 A Möllemann FDP . . . . . . . . . 2999 D Leber, Bundesminister BMVg . . . . 3006 D Dr. Kraske CDU/CSU . . . . . . . 3012 C Ahlers SPD 3018 C Ludewig FDP 3023 A Biehle CDU/CSU . . . . . . . . . 3035 A Pawelczyk SPD . . . . . . . . . 3042 A Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 3046 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 Dr. Geßner SPD. 3050 B Jungmann SPD 3054 B Damm CDU/CSU 3056 A Möhring SPD 3060 C Gerstl (Passau) SPD 3062 A Ollesch FDP 3063 D Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung zusätzlicher Fragen der Ausbildungsplatzförderung — Drucksache 8/602 — 3066 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen — Drucksache 8/693 — . . . . . . . . 3067 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen über den Internationalen Währungsfonds in der Fassung von 1976 — Drucksache 8/763 — . . 3067 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen — Drucksache 8/764 — 3067 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Inkrafttreten der Vorschriften über die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt — Drucksache 8/792 — 3067 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit — Drucksache 8/842 — . . . . . . . . 3067 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes — Drucksache 8/857 — 3067 C Beratung des Antrags des Bundesministers für Wirtschaft Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" —Wirtschaftsjahr 1976 Drucksache 8/758 — 3067 C Beratung der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 8/77 — Besondere Zollsätze gegenüber Israel — EGKS) — Drucksache 8/781 — . . . . . . . . 3067 C Fragestunde — Drucksache 8/871 vom 02. 09. 1977 — Bericht in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" über Geheimgespräche deutscher Diplomaten mit palästinensischen Terrororganisationen MdlAnfr A62 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA . 3025 D, 3026 A, B, C ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . . 3026 A, B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 3026 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU . . . . . 3026 C Durchführung von Veranstaltungen über deutsche Wissenschaft und Kultur in einer polnischen Großstadt entsprechend den in Köln veranstalteten Tagen über polnische Wissenschaft und Kultur MdlAnfr A65 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA . 3026 D, 3027 A, B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . 3026 D, 3027 A ZusFr Ey CDU/CSU 3027 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 3027 B Kontakte der Bundesregierung zu palästinensischen Befreiungsorganisationen über diplomatische Vertretungen des Nahen Ostens MdlAnfr A67 02.09.77 Drs 08/871 Broll CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3027 C, D ZusFr Broll CDU/CSU . . . . . . . 3027 C, D Verwendung eines palästinensischen Arabers als Dolmetscher bei Verhandlungen des Bundesministers des Auswärtigen im Vorderen Orient MdlAnfr A68 02.09.77 Drs 08/871 Broll CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3028 A, B ZusFr Broll CDU/CSU . . . . . . . . 3028 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 3028 A ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . . . 3028 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 III Finanzielle Unterstützung der kommunistisch beherrschten südwestafrikanischen Befreiungsbewegung Swapo durch die Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A70 02.09.77 Drs 08/871 Engelsberger CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3028 B, D, 3029 A, B, C, D 3030 A, B, C ZusFr Engelsberger CDU/CSU 3028 D ZusFr Frau Erler SPD . . . . . . . 3029 A ZusFr Hansen SPD 3029 B ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU 3029 B ZusFr Kittelmann CDU/CSU 3029 C ZusFr Frau Dr. Focke SPD . . . . . 3029 C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . . . . 3029 D ZusFr Sieglerschmidt SPD . . . . . . 3030 A ZusFr Gerster (Mainz) CDU/CSU . . . 3030 A ZusFr Dr. Corterier SPD . . . . . . 3030 B Verhinderung der Produktion und der Verbreitung von Rauschgift in Kolumbien MdlAnfr A71 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Hennig CDU/CSU MdlAnfr A72 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Hennig CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3030 C, D, 3031 A ZusFr Dr. Hennig CDU/CSU . . 3030 D, 3031 A Glückwünsche des Bundesaußenministers zur 125-Jahrfeier der deutschen Einwanderung in Chile MdlAnfr A73 02.09.77 Drs 08/871 Hansen SPD MdlAnfr A74 02.09.77 Drs 08/871 Hansen SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA . 3031 B, C, D, 3032 A, B, C, D, 3033 A, B ZusFr Hansen SPD . . . . 3031 C, D, 3032 A ZusFr Hoffmann (Saarbrücken) SPD . . 3032 B ZusFr Ey CDU/CSU 3032 C ZusFr Dr. Möller CDU/CSU 3032 C ZusFr Frau Erler SPD . . . . . . . 3032 D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 3032 D ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 3033 A ZusFr Dr. Corterier SPD 3033 A Äußerung des Bundeskanzlers vor der Presse in Ottawa zur Menschenrechtsfrage MdlAnfr A75 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3033 B, C, 3034 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 3033 C, D ZusFr Sieglerschmidt SPD 3034 A Aussiedlung deutscher aus der Tschechoslowakei auf Grund des humanitären Briefwechsels mit der CSSR MdlAnfr A76 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3034 B, C, D ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 3034 C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 3034 D Nächste Sitzung 3067 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3069* A Anlage 2 Beschluß des Bundesrates zum Gesetz über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude 3069* B Anlage 3 Entschließung des Bundesrates zum Neunten Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes . . . 3069* C Anlage 4 Beschluß des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften 3069* D Anlage 5 Verbot der Einreise der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach Potsdam sowie Sinn neuer Gespräche mit der DDR angesichts der ständigen willkürlichen Verletzung längst geltender Vereinbarungen MdlAnfr A3 02.09.77 Drs 08/871 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höhmann BMB . . . . 3070* C Anlage 6 Behauptung des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz über die Errichtung eines Zwischenlagers zur Entsorgung für Kernbrennstoffe bei Wertingen im Landkreis Dillingen MdlAnfr A9 02.09.77 Drs 08/871 Lemmrich CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 3070* D IV Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 Anlage 7 Genehmigung der Bundesregierung nach § 353 c StGB zur strafrechtlichen Ermittlung gegen den SPIEGEL wegen Veröffentlichung geheimer Akten im Fall Traube MdlAnfr A10 02.09.77 Drs 08/871 Spranger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 3071* B Anlage 8 Praxis des Bundesinnenministeriums und einiger Landesinnenministerien bei der Sicherheitsüberprüfung von um Asyl nachsuchenden chilenischen politischen Gefangenen MdlAnfr A11 02.09.77 Drs 08/871 Thüsing SPD MdlAnfr A12 02.09.77 Drs 08/871 Thüsing SPD SchrAntw PStSekr Baum BMI 3071* C Anlage 9 Äußerungen des Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks über das Angebot von Lehrstellen MdlAnfr A34 02.09.77 Drs 08/871 Löffler SPD SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 3072* B Anlage 10 Auffassung des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung über die Qualifikation einiger Bundesminister der SPD und FDP MdlAnfr A59 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Waigel CDU/CSU SchrAntw StSekr Bölling BPA . . . . . 3072* D Anlage 11 Hetzkampagne von Kommunisten und ihren Sympathisanten im Ausland gegen die Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A60 02.09.77 Drs 08/871 Spranger CDU/CSU SchrAntw StSekr Bölling BPA . . . . . 3073* A Anlage 12 Inhaftierung des deutschen Wirtschaftsjournalisten Werner Gengenbach im Prager „Pankraz"-Zuchthaus wegen angeblicher Spionage MdlAnfr A61 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3073* C Anlage 13 Ablehnung des Antrags des Bundestagsabgeordneten Alfred Biehle auf Ausstellung eines Visums für einen eintägigen Besuch in Budapest sowie Gründe für Biehles Unerwünschtheit MdlAnfr A63 02.09.77 Drs 08/871 Röhner CDU/CSU MdlAnfr A64 02.09.77 Drs 08/871 Röhner CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3073* D Anlage 14 Ausbildung von Terroristen aus der Bundesrepublik Deutschland im Südjemen durch Angehörige der NVA der DDR MdlAnfr A69 02.09.77 Drs 08/871 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3074* C Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 2987 39. Sitzung Bonn, den 8. September 1977 Beginn: 9.00 Uhr (Die Abgeordneten erheben sich)
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    Berichtigung 36. Sitzung, Seite 2794 B, Zeile 9: Statt „Konsum" ist zu lesen: „Konkurs". 37. Sitzung, Anlage 12: In der ersten Zeile der Antwort ist statt „Anfragen" zu lesen: „Angriffe". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 16. 9. Dr. Ahrens* * 9. 9. Dr. Bangemann * 8. 9. Berger 16. 9. Frau Benedix 9. 9. Büchner (Speyer) ** 9. 9. Frau Dr. Däubler-Gmelin 16. 9. Dr. Dregger 9. 9. Dr. Fuchs 9. 9. Frau Dr. Hartenstein 30. 9. Dr. Holtz 9. 9. Dr. h. c. Kiesinger 16. 9. Kroll-Schlüter 9. 9. Frau Krone-Appuhn 9. 9. Lenzer ** 9. 9. Milz ** 9. 9. Dr. Müller ** 8. 9. Reddemann ** 9. 9. Russe 9. 9. Scheffler ** 9. 9. Schmidt (Kempten) ** 9. 9. Schmidt (München) ' 9. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 9. 9. Dr. Starke (Franken) * 9. 9. Dr. Staudt 30. 9. Strauß 9. 9. Tönjes 16. 9. Ueberhorst ** 9. 9. Frau Dr. Walz * 9. 9. Zywietz * 8. 9. für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Beschluß des Bundesrates zum Gesetz über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude Der Bundesrat hat in seiner 447. Sitzung am 24. Juni 1977 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 27. Mai 1977 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 105 Abs. 3 des Grundgesetzes zuzustimmen. Der Bundesrat hat ferner die folgende Entschließung angenommen: Der Bundesrat ist in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf (BR-Drucks. 110/77 - Beschluß -) davon ausgegangen, daß der entstehende Steuerausfall bei Ländern und Gemeinden im Rahmen der Anlagen zum Stenographischen Bericht bevorstehenden Verhandlungen über die Neuverteilung des Umsatzsteueraufkommens ausgeglichen wird, damit er dem Gesetz zustimmen kann. Der geforderte Ausgleich für die ab 1977 eintretenden Steuerausfälle ist nach dem gegenwärtigen Stand der Umsatzsteuerverhandlungen noch nicht gesichert. Der Bundesrat stellt seine sich hieraus ergebenden Bedenken gegen eine Zustimmung im jetzigen Zeitpunkt im Interesse der Begünstigten, die sich bereits auf dieses Gesetz eingestellt haben, zurück. Er hält jedoch mit Nachdruck an seiner grundsätzlichen Forderung fest und fordert einen vollen Ausgleich des den Ländern und Gemeinden entstehenden Steuerausfalls im Rahmen der Verhandlungen über das Steueränderungsgesetz 1977 und über die Neuverteilung der Umsatzsteuer. Anlage 3 Entschließung des Bundesrates zum Neunten Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Neuntes Anpassungsgesetz - KOV 9. AnpG-KOV) Der Bundesrat ist im Interesse einer rechtzeitigen Zahlung der erhöhten Renten zum 1. Juli 1977 bereit, die in seiner Stellungnahme vom 11. März 1977 (Drucksache 77/77 - Beschluß -) erhobenen Bedenken gegen die Verschiebung des Anpassungstermins zurückzustellen. Im Hinblick auf die mit der Hinausschiebung des Anpassungszeitpunktes verbundenen Einsparungen im Haushalt der Kriegsopferversorgung fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, möglichst bald einen Gesetzentwurf vorzulegen, der entsprechend ihrer Zusagen notwendige strukturelle Verbesserungen des Kriegsopferrechts vorsieht. Anlage 4 Beschluß des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften Der Bundesrat hat in seiner 448. Sitzung am 15. Juli 1977 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 15. Juni 1977 verabschiedeten Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen. Der Bundesrat hat außerdem die folgende Stellungnahme beschlossen: Der Bundesrat begrüßt, daß der Gesetzesbeschluß die nach dem Reichshaftpflichtgesetz bestehende 3070* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1973 Gefährdungshaftung für Elektrizitäts- und Gasanlagen auf Anlagen zur Fortleitung oder Abgabe von vergleichbaren Energien und Stoffen — wie Wasser, Fernwärme, Stickstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Äthylen, Mineralöl, Mineralölprodukte und dergleichen — ausdehnt, da insoweit eine erhebliche Lücke im Bereich der Gefährdungshaftung besteht. Der Gesetzesbeschluß bleibt allerdings in einer Reihe von Punkten hinter den Erwartungen zurück, die die Wirtschaftsministerkonferenz an die gesetzliche Regelung der Gefährdungshaftung bei Rohrleitungen geknüpft hat (vgl. Beschluß vom 7. Februar 1973: Leitsätze für die haftungsrechtliche Regelung des Baues und Betriebs von Rohrleitungen). Der Bundesrat bedauert, daß es nicht möglich gewesen ist, die bereits im Beschluß des Bundesrates vom 30. Januar 1976 — vgl. BR-Drucks. 777/75 (Beschluß) — vorgebrachten Wünsche zu berücksichtigen. Die Bundesregierung wird daher gebeten, bei der bereits früher in Aussicht gestellten weiteren Entwicklung des Haftpflichtrechts (vgl. BT-Drucks. 7/4825 S. 21) folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: 1. Dem mit dem Betrieb der Leitungen verbundenen Risiko sollte jeweils nach Maßgabe der Intensität und des Ausmaßes des möglichen Schadens bei einer bestimmten Art von Rohrleitungen eine entsprechende Gefährdungshaftung gegenüberstehen (Nr. 1 der Leitsätze). Diesem Anliegen entspricht die einheitliche Begrenzung der Haftung für die vorgenannten Leitungen nicht. Insbesondere bedarf der Höchstbetrag der Haftung für Sachschäden von 100 000 DM je Schadensereignis der Überprüfung. 2. Zur Sicherung der Ersatzansprüche sollte eine entsprechende Deckungsvorsorge durch Abschluß und Unterhaltung einer Haftpflichtversicherung, verbunden mit einem unmittelbaren Klagerecht der Geschädigten gegen den Versicherer, oder eine sonst geeignete Sicherung vorgesehen werden (Nr. 6 der Leitsätze). Ein solches Bedürfnis besteht vornehmlich gegenüber Betriebsgesellschaften industrieller Rohrleitungen, deren Kapitalausstattung in keinem angemessenen Verhältnis zur möglichen Haftung steht. 3. Bei einem Auseinanderfallen von Betreiber bzw. Inhaber der Rohrleitungen und deren Eigentümer sollte eine gesamtschuldnerische Haftung vorgesehen werden (Nr. 3 der Leitsätze). 4. Ferner sollte erwogen werden, ob nicht über die Sachschadenregelung hinaus auch die Schädigung eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes (einschließlich landwirtschaftlicher Betriebe) in die Gefährdungshaftung einzubeziehen ist (Nr. 4 der Leitsätze). 5. Im Zusammenwirken mit den Ländern sollten möglichst bald Regelungen erarbeitet und dem Gesetzgeber vorgeschlagen werden, die eine sichere Regulierung der Schäden gewährleisten, die beim Überfliegen von Gebäuden durch Flugzeuge infolge von Luftturbulenzen entstehen. Der Bundesrat verweist hierzu auf sein Ersuchen an die Bundesregierung vom 30. Januar 1976. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höhmann auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 3) : Welchen Sinn sieht die Bundesregierung in neuen Gesprächen mit der DDR, die zu neuen Vereinbarungen führen sollen, solange nicht sichergestellt ist, daß die DDR-Behörden längst geltende Vereinbarungen auch korrekt beachten und deren ständige willkürliche Verletzung einstellen, und zeigt das Einreiseverbot für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach Potsdam nicht deutlich an, daß die Taktik der innerdeutschen Verhandlungen einer deutlichen Kurskorrektur bedarf? Die Bundesregierung hat seit dem Beginn der Vertragspolitik stets darauf hingewiesen, daß die Probleme zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR Augenmaß, Standhaftigkeit und langen Atem verlangen. Die Auffassung der Bundesregierung über die Notwendigkeit der Fortsetzung der Vertragspolitik darf sich deshalb nicht mit wechselnden Tendenzrichtungen an einzelnen Ereignissen orientieren. Ihre negative Beurteilung der Verweigerung der Reise der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach Potsdam hat sie klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht. Die Bundesregierung sieht sich durch diese Absage in der Auffassung bestätigt, daß das angestrebte Ziel eines Beitrags zur Entspannung und zur friedlichen Regelung des Nebeneinander nur dann erreichbar ist, wenn die geschlossenen Vereinbarungen nach Geschäftsgrundlage, Buchstaben und Geist eingehalten und zur Überwindung von Problemen genutzt werden. Dies ist unter anderem auch Sinn der gegenwärtig geführten Gespräche. Das Miteinanderreden kann zu einer Verbesserung des gegenwärtigen Zustandes führen. Es ist nicht zu sehen, daß eine Verbesserung zu erreichen sein könnte, wenn man nichts tut. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Lemmrich (CDU/CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 9) : Trifft die Behauptung des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz zu, nach der bei Wertingen im Landkreis Dillingen ein Zwischenlager zur Entsorgung für Kernbrennstoffe errichtet werden soll, und ist in die etwaige Errichtung des Zwischenlagers zur Entsorgung von Kernbrennstoffen bei Wertingen bereits die dafür zuständige Genehmigungbehörde, die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig, eingeschaltet worden? Das in Rede stehende Zwischenlager dient dazu, abgebrannte Brennstoffelemente aus den in der Bundesrepublik in Betrieb befindlichen Kernkraft- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 3071* werken so lange zu lagern, bis die Brennstoffelemente in eine Wiederaufbereitungsanlage überführt werden. Der Betrieb beschränkt sich während dieser Zeit im wesentlichen auf die Abführung der Nachzerfallswärme, auf die kontinuierliche Reinigung des Beckenwassers und die Instandhaltungsarbeiten. Da. die Wasserbecken drucklos sind und die abzuführende Wärmeleistung nur einen sehr kleinen Bruchteil der beim vorausgegangenen Kernkraftwerksbetrieb abzuführenden Wärmeleistung ausmacht (maximal 10,5 Megawatt bei voller Beladung mit 1 500 t Uran), ist das Gefährdungspotential sehr klein. An die Funktionssicherheit der Aggregate und den Schutz gegen äußere Einwirkungen werden trotz der erheblich geringeren materialtechnischen Belastung der Brennelemente dieselben Anforderungen gestellt wie bei Kernkraftwerken. Die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) ist seit Anfang 1977 mit Standortvorschlägen an einige Landesregierungen herangetreten. Die Bundesregierung unterstützt diese Bemühungen, die zu einem sicheren Verbleib der abgebrannten Brennelementen während einer Übergangszeit beitragen, in einer Bund/Länder-Arbeitsgruppe von Staatssekretären der betroffenen Ressorts. In der ersten Sitzung dieser Arbeitsgruppe hat die DWK sechs Standortvorschläge zur näheren Prüfung vorgelegt, über die noch nicht entschieden ist. Unter diesen Vorschlägen ist auch Wertingen im Landkreis Dillingen. Die DWK ist gebeten worden, die Unterlagen über ihre Standortvorschläge weiter auszuarbeiten, bevor die Beratungen fortgeführt werden. Voraussichtlich werden sich dabei auch noch andere Standortvorschläge ergeben. Da bisher noch nicht entschieden ist, welcher Standortvorschlag ernsthaft weiterverfolgt werden soll, ist die Physikalisch-Technische Bundesanstalt noch nicht im Zusammenhang mit der etwaigen Errichtung eines Zwischenlagers weder bei Wertingen noch an einem anderen Standort eingeschaltet worden. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 10) : Trifft es zu, daß die Bundesregierung die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den SPIEGEL wegen der Veröffentlichung von amtlichen Unterlagen, die dem Verschlußsachenschutz unterlagen, im Fall Traube bisher dadurch unmöglich gemacht hat, daß sie die erforderliche Genehmigung nach § 353 c Strafgesetzbuch verweigert hat, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um endlich die Aufklärung der Umstände des Verrats geheimer Akten auch gegen den SPIEGEL zu ermöglichen? Wie ich Ihnen bereits auf Ihre Frage vom 13. Mai 1977 mitgeteilt habe, wurde am 14. April 1977 die nach § 353 b StGB erforderliche Strafverfolgungsermächtigung erteilt. Ich weise erneut darauf hin, daß die Bundesregierung durch unverzüglich angeordnete Verwaltungsermittlungen und die Staatsanwaltschaft durch strafprozessuale Ermittlungen die Aufklärung der Umstände des Verrats geheimer Akten mit Nachdruck betreiben. Das Erreichen dieses Ermittlungszieles scheint mir allein wichtig zu sein. Es bedarf dazu keiner Strafverfolgungsermächtigung nach § 353c StGB. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Thüsing (SPD) (Drucksache 8/871 Fragen A 11. und 12) : Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die doppelte Sicherheitsüberprüfung von chilenischen politischen Gefangenen, die hier um Asyl nachgesucht haben, durch das Bundesinnenministerium wie auch durch einige Landesinnenministerien zu unnötigen Wartezeiten für die Betroffenen führt (nach Angaben von amnesty international beträgt dieser Vorgang in der Bundesrepublik Deutschland mindestens neun Monate, in Frankreich vier bis sechs Wochen, in Holland zwei Wochen, in Schweden 24 Stunden), und daß durch diese Praxis die Inhaftierung der Chilenen um Monate verlängert wird, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus? Ist die Bundesregierung der Meinung, daß bei der politischen Beurteilung von Asylsuchenden die gleichen Maßstäbe wie bei der Überprüfung von Bewerbern um den öffentlichen Dienst angelegt werden sollten? Zu Frage A 11: Die Aufnahme chilenischer Flüchtlinge durch die Bundesrepublik Deutschland ist nach einer Vereinbarung der Innenministerkonferenz von einer Sicherheitsüberprüfung abhängig, in der letztlich eine Abwägung zwischen sicherheitsrelevanten Erkenntnissen und humanitären Erwägungen stattfindet. Sie konnte nach den Erfahrungen der letzten 12 Monate in etwa der Hälfte der Fälle in einem Zeitraum von höchstens 2 Monaten abgeschlossen werden. Soweit hierfür längere Zeit beansprucht wurde, handelt es sich in der Regel um Fälle, bei denen aufgrund vorliegender Erkenntnisse eine besonders sorgfältige Überprüfung angezeigt erschien oder das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung aufgrund von Umständen, auf die die Bundesregierung keinen Einfluß hatte, nicht zeitig vorlag. Einige Länder haben sich allerdings die abschließende Entscheidung über die Aufnahme der Flüchtlinge vorbehalten. Aber auch in Verfahren mit Landesvorbehalt werden die Entscheidungen durch die zuständigen Behörden der Länder grundsätzlich rasch getroffen und übermittelt. In den letzten 12 Monaten war in der Regel ein zeitlicher Aufwand von 5 Tagen bis zu 2 Wochen erforderlich. Nur in ganz wenigen Einzelfällen dauerte das Verfahren beim Land bis zu 3 Wochen. Darüber hinaus hat es in einigen Ausnahmefällen zeitliche Verzögerungen und Probleme gegeben, weil die Beurteilung des Landes von der des Bundes abwich. Bis auf einen Fall konnte jedoch durch Vermittlung des Bundes- 3072* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 ministers des Innern die Einreise der betroffenen Chilenen in die Bundesrepublik Deutschland ermöglicht werden. Auch dieser Fall, in dem erst später sicherheitsrelevante Informationen eingetroffen sind, wird, wie ich hoffe, in Kürze abgeschlossen werden können. Die von Ihnen erwähnte 9monatige Verfahrensdauer bezieht sich offenbar auf diese Einzelfälle. Wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit war es mir nicht möglich, die Verfahrensdauer in den anderen von Ihnen genannten Ländern festzustellen. Zu Frage A 12: Die Sicherheitsüberprüfung bezweckt nicht die politische Beurteilung eines Asylsuchenden. Sie dient auch nicht der Feststellung, ob der Asylsuchende aktiv für unser Grundgesetz einzutreten bereit ist, wie dies nach geltendem Recht für die Aufnahme eines Bewerbers in den öffentlichen Dienst Voraussetzung ist. Sie ist nichts anderes als die Ermittlung der Tatsachen, die die verantwortlichen Stellen kennen müssen, um humanitäre Belange einerseits und Sicherheitserfordernisse andererseits abwägen zu können. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Löffler (SPD) (Drucksache 8/871 Frage A 34) : Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über das Angebot von Lehrstellen vor, das nach Äußerungen des Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerkes die Nachfrage im Jahr 1977 erheblich übersteigen werde? 1. Nach dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz ist der Stichtag zur Feststellung der tatsächlichen Zahl der ausbildungsplatzsuchenden Jugendlichen als auch der tatsächlichen Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze der 30. September eines jeden Jahres. 2. Zum 30. Juli 1977 waren bei der Bundesanstalt für Arbeit 321 800 Ausbildungsplätze gemeldet, das waren 33 100 mehr als im Vorjahr. Dem standen 416 600 der Bundesanstalt für Arbeit bekannte Bewerber gegenüber, 30 300 mehr als 1976. Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze stieg im Vergleich zum Vorjahr um 10 000 auf 46 100, die Zahl der unversorgten Bewerber um 11 000 auf 81 500. Es kann davon ausgegangen werden, daß seit dem 30. Juli weitere Ausbildungsverträge abgeschlossen und darüber hinaus viele Ausbildungsverträge der Arbeitsverwaltung noch nicht bekanntgeworden sind. Gleichzeitig muß angenommen werden, daß es noch eine beachtliche Zahl von Jugendlichen gibt, die immer noch einen Ausbildungsplatz suchen. Aus diesem Grunde ist es um so wichtiger, in der Zeit bis Ende September alle noch freien Ausbildungsplätze den Arbeitsämtern anzuzeigen. 3. Aus den genannten Zahlen zum 30. Juli 1977 eine Prognose über die Ausbildungsplatzsituation zum 30. September dieses Jahres abzugeben, erscheint mit Blick auf die vorläufigen Teilergebnisse unrealistisch. Diese Zahlen können auch nicht Grundlage für politische Entscheidungen sein. Die jetzt vorliegenden Daten auf die gesamte Vermittlungstätigkeit „hochzurechnen" wäre eine bloße Spekulation. Sie führte dazu, daß Jugendliche und deren Eltern verunsichert und die Betriebe in ihrer Ausbildungsbereitschaft beeinträchtigt werden könnten. 4. Eine verläßliche Bilanz zur Ausbildungsplatzsituation 1977 ist erst möglich, wenn die amtlichen Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit und der Kammern mit Stichtag vom 30. September 1977 vorliegen. Das wird erfahrungsgemäß erst Mitte Dezember der Fall sein. Einseitige und pauschale Erklärungen über Ausbildungsangebote, die den Arbeitsämtern nicht als vermittelbares Angebot zur Verfügung stehen, können nicht zum Gegenstand einer seriösen Bilanz für das Jahr 1977 gemacht werden. 5. Die Bundesregierung hat in den Beratungen zum Berufsbildungsbericht 1977 erklärt, daß sie, falls das Angebot an Ausbildungsplätzen in diesem Jahr nicht der Vorausschau des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung vom März 1977 entspricht, alle Möglichkeiten des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes ausschöpfen wird, um die Ausbildungschancen der Jugendlichen zu sichern. Anlage 10 Antwort des Staatssekretärs Bölling auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Waigel (CDU/CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 59) : Trifft es zu, daß das Presse- und Informationsamt die bereits gerichtlich bestätigte Auffassung vertreten hat, daß es sich bei den Bundesministern Prof. Dr. Maihofer, Dr. Vogel, Dr. Apel, Dr. Friderichs, Ertl, Dr. Ehrenberg, Frau Huber, Gscheidle, Ravens, Franke, Matthöfer, Rohde und Frau Schlei nicht um „bedeutende Staatsmänner" handelt (vgl. Meldung in der Kölnischen Rundschau vom 27. August 1977), und wenn ja, welche Folgerungen gedenkt die Bundesregierung bejahendenfalls daraus zu ziehen? Da sich die Anfrage auf ein schwebendes Gerichtsverfahren in einer personalrechtlichen Angelegenheit bezieht, bitte ich um Verständnis für eine gewisse Zurückhaltung bei der Beantwortung. Ihre Anfrage kann ich mit Nein beantworten. Zutreffend ist allerdings das in dem Zeitungsartikel, den Sie in Ihrer Anfrage erwähnen, enthaltene kurze Zitat aus einer Zeugenaussage des zuständigen Referenten des Bundespresseamtes vor dem Landesarbeitsgericht. In dem Artikel bleibt jedoch der entscheidende Gesichtspunkt unerwähnt, daß die Stellungnahme des Referenten auch nicht den Versuct Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 3073* einer Beurteilung der politischen Bedeutung von Bundesministern enthält. Vielmehr hat sich der Referent zu dem Prozeßgegenstand geäußert, nämlich zu einer tarifvertraglichen Protokollnotiz, die sich auf fremdsprachliche Auswerter bezieht, also mit der Auswertung von Erklärungen inländischer Politiker nichts zu tun haben. Diese Protokollnotiz betrifft „Informationsmaterial von herausragender politischer Bedeutung" und erwähnt insoweit als Beispielsfälle „wichtige Reden, Pressekonferenzen oder Interviews bedeutender Staatsmänner oder Politiker". Es geht in dem Arbeitsrechtsstreit um die tarifrechtliche Beurteilung der Auswertung von Sendungen aus osteuropäischen Staaten. Der Referent hat daher vor Gericht sachgerecht dargelegt, daß hier informationspolitisch für Bundespräsident, Bundeskanzler und Parlament Unterschiede bestehen, je nachdem, ob der ausländische Minister etwa das Verteidigungs- oder Außenressort innehat oder ob es sich um die Inhaber anderer Ressorts handelt, deren Erklärungen aus der Natur der Sache mehr auf die Innenpolitik ihres Landes bezogen sein werden. Anlage 11 Antwort des Staatssekretärs Bölling auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 60) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß zur Zeit von Kommunisten und ihren Sympathisanten im Ausland eine planmäßige Hetzkampagne gegen die Bunderepublik Deutschland betrieben wird, und ist die Bundesregierung bereit, eine entsprechende publizistische Gegenoffensive zu starten? Die Bundesregierung verfolgt die Berichterstattung in den ausländischen Massenmedien über die Bundesrepublik Deutschland kontinuierlich und mit großer Aufmerksamkeit. Die in letzter Zeit in einigen Ländern veröffentlichten kritischen Kommentare lassen nach Auffassung der Bundesregierung nicht den Schluß zu, daß es sich dabei um eine organisierte antideutsche Hetzkampagne handelt. Die Bundesregierung ist auch nicht der Meinung, daß es erfolgversprechend wäre, der Kritik im Ausland mit einer massiven „publizistischen Gegenoffensive" zu begegnen. Vielmehr wird sie sich weiterhin — wie sie und ihre Vorgängerinnen es schon seit vielen Jahren tun — mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln bemühen, ausländischer Kritik durch gezielte Informationsarbeit entgegenzuwirken, falsche oder verzerrte Vorstellungen zu korrigieren, Vorurteile oder Ressentiments abzubauen und Verständnis für unsere Haltung zu wecken, die nicht zuletzt auf die Besonderheiten eines geteilten Landes Rücksicht zu nehmen hat. Bei aller Besorgnis über zeitgebundene Phänomene sollte nicht übersehen werden, daß sich das Deutschlandbild im Ausland dank der Politik aller Bundesregierungen und dank der Bemühungen vieler amtlicher und nichtamtlicher Stellen und Organisationen in den letzten Jahrzehnten stetig verbessert hat. Anlage 12 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 61) : Trifft der Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 24. August 1977 (Seite 10) zu, wonach der deutsche Wirtschaftsjournalist und frühere Generalsekretär des Verbandes der Auslandspresse in Wien Werner Gengenbach mit seinen 64 Jahren seit Februar 1974 im Prager „Pankraz"-Zuchthaus wegen angeblicher Spionage schmachtet, und ist die Bundesregierung bereit, stärkere Mittel als nur eine Fürsprache des Bundesaußenministers einzusetzen, um den offensichtlich unschuldig Inhaftierten rechtzeitig, d. h. noch lebend und einigermaßen gesund freizubekommen? Herr Werner Gengenbach wurde im Oktober 1974 in Prag zu 10 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die Urteilsbegründung lautete auf Spionage. Die Bundesregierung bemüht sich, auch unter Berücksichtigung des Alters und des schlechten Gesundheitszustandes von Herrn Gengenbach, nachdrücklich um seine Freilassung. Herr Minister Genscher hat sich persönlich gegenüber dem tschechoslowakischen Außenminister für ihn eingesetzt; ich selbst habe im März 1977 in Prag dieses Anliegen erneut geltend gemacht. Das gleiche ist bei den am 1./2. September 1977 in Prag geführten Konsultationen zwischen den Außenministerien geschehen. Aufgrund beunruhigender Meldungen in der Presse hat unsere Botschaft Anfang des Monats einen sofortigen Besuchstermin erbeten und erhalten, um sich davon zu überzeugen, daß keine akute Gesundheitsgefahr besteht. Die Bundesregierung wird sich weiter für Herrn Gengenbach einsetzen und hofft, daß ihre Bemühungen in absehbarer Zeit zum Erfolg führen werden. Anlage 13 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Röhner (CDU/ CSU) (Drucksache 8/871 Fragen A 63 und 64) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Antrag des Bundestagsabgeordneten Alfred Biehle, für einen eintägigen Besuch in Budapest ein Visum ausgestellt zu erhalten, von der ungarischen Botschaft in Wien, wo sich der Abgeordnete Biehle in Urlaub befand, mit der Begründung abgelehnt wurde, daß sein Besuch in Ungarn nicht erwünscht sei, und ist sie bereit, eine Klärung der Angelegenheit mit dem Ziel herbeizuführen, die Gründe für Biehles Unerwünschtheit zu erfahren? Wie beurteilt die Bundesregierung diesen Vorgang vor dem Hintergrund der in der KSZE-Schlußakte von Helsinki in Aussicht gestellten Reiseerleichterungen und der Tatsache, daß der Bundeskanzler in seiner diese Legislaturperiode einleitenden Regierungserklärung behauptete, daß sich die Bundesrepublik Deutschland zu den Staaten des Ostens „auf einem breiten Weg zu normaler Nachbarschaft" befinde? Herr Kollege Biehle hat sich wegen der Verweigerung eines Visums durch die Ungarische Botschaft in Wien zu einem eintägigen Besuch in Budapest nicht an das Auswärtige Amt gewandt. Das Auswärtige Amt kennt nur die diesbezüglichen Pressemeldungen. Sollte sich Herr Kollege Biehle deswegen an das Auswärtige Amt wenden, so wird dieses die Angelegenheit selbstverständlich aufnehmen und sich um eine Klärung bemühen. Um dies jedoch tun 3074* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 zu können, müßte das Auswärtige Amt über die näheren Umstände der Beantragung und der Ablehnung des Sichtvermerks unterrichtet werden. Dabei könnte z. B. die Frage eine Rolle spielen, auf welchem Wege und in welchen Paß der Sichtvermerk beantragt worden ist. Auch für die Beurteilung dieses Vorganges vor dem Hintergrund der Schlußakte von Helsinki wäre eine Kenntnis der näheren Umstände erforderlich. Selbst nach der Konferenz von Helsinki bleibt es jedoch, darauf weise ich schon jetzt vorsorglich hin, letztlich der souveränen Entscheidung eines Teilnehmerstaates überlassen, wem er die Einreise in sein Hoheitsgebiet gestatten will. Anlage 14 Antwort des Staatsministers Frau Hamm-Brücher auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 69) : Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Ausbildung von Terroristen aus der Bundesrepublik Deutschland im Südjemen durch Angehörige der NVA der DDR, und wie beurteilt sie gegebenenfalls solche Vorgänge im Zusammenhang mit dem innerdeutschen Grundlagenvertrag und mit der Schlußakte der KSZE-Konferenz von Helsinki? Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse über die Ausbildung von Terroristen aus der Bundesrepublik idurch NVA-Angehörige im Südjemen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Konrad Kraske


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Schmude, ich habe nun gerade dem Kollegen Möllemann klarzumachen versucht, warum mir an dieser Unterscheidung nichts liegt,

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Warum denn, Herr Kraske?)

    und ich möchte dabei auch bleiben.

    (Widerspruch des Abg. Haase [Kassel] [CDU/CSU])

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluß sagen: Wenn man weite Bereiche unserer politischen Lesebuchkultur mit der Wirklichkeit vergleicht und wenn man daran denkt, daß aus diesen Lesebüchern, Schulbüchern Kinder und junge Menschen ihr Weltbild gewinnen sollen,

    (Zuruf von der SPD: Die lesen das doch gar nicht! — Heiterkeit bei der SPD)

    wenn man bedenkt, daß diese Vorbereitung in Zukunft wichtiger denn je für die Frage sein wird, ob wir junge Menschen davon überzeugen können, daß sie in der Bundeswehr einen sinnvollen und lebensnotwendigen Dienst für unser Land leisten, dann denkt man manchmal mit Schaudern an das Bild vom Zug der Lemminge, die sich aus lauter Lebensüberdruß selbst willentlich und wissentlich ins Verderben stürzen.
    Ist das wirklich unser Schicksal? Steht die Selbstaufgabe, die sich hier symbolisiert, wirklich unausweichlich vor uns? Wer die Reden in diesem Hause hört, auch die an diesem Tage, muß zu einem ganz anderen Ergebnis kommen. Aber wenn das so ist, wenn wir darin übereinstimmen, daß es wahrhaftig lohnt, dieses Land zu verteidigen, dann sollten wir bei allen noch so tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten unseren Willen und unsere Kräfte zusammenschließen, um unseren Kindern so früh wie nur möglich einen lebendigen Eindruck davon zu vermitteln, daß unsere politische Ordnung zwar wie alles Menschenwerk unvollkommen ist, aber daß dies der freieste und der gerechteste Staat ist, den sich die Deutschen je geschaffen haben, und daß es sich wahrhaftig lohnt, ja, daß es eine Ehrenpflicht ist, für seine Sicherung und für seine Verteidigung mit der Tat einzutreten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Ahlers.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Conrad Ahlers


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es fällt gewiß schwer, sich angesichts der Sorgen um unsere innere Sicherheit mit den Fragen der äußeren Sicherheit zu befassen. Aber beides ist sicher auf die Dauer voneinander nicht zu trennen und auch gleich wichtig. Deshalb lohnt es sich meiner Ansicht nach trotz allem, hier und heute darüber zu beraten, was wir zu Fragen der äußeren Sicherheit zu sagen haben.
    Ich meine, die Antwort der Bundesregierung auf die Großen Anfragen zur Verteidigungspolitik ist ein nüchternes und schon deshalb zufriedenstellendes Dokument. Es schildert ohne Übertreibung die Leistungen der Exekutive, also die des Ministers, der Soldaten und der Beamten, Leistungen, für die wir gewiß alle zu danken haben.

    (Beifall bei der SPD, der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    Es legt in eindrucksvoller Weise die großen Anstrengungen der sozialliberalen Koalition zur Abwehr unserer äußeren Gefahren dar und widerlegt damit 'die auch heute wieder erkennbar gewordene Dauerkritik der Opposition an unserer Verteidigungspolitik. Man braucht dabei gar nicht so weit auszuholen, wie Herr Kollege Wörner es hier gemacht 'hat. Ich sehe ihn im Moment nicht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Gucken Sie mal nach rechts!)

    — Ich weiß, daß mir das immer nachgesagt wird, aber es ist nicht immer der Fall, daß ich nach rechts gucke. Herr Wörner, auch Sie fahren demnächst nach China, woher ich gerade komme. Ich möchte Sie an die Worte des nun zurückgeholten stellvertretenden Vorsitzenden Teng Hsiao-ping erinnern. Er hat einmal gesagt: „Weniger Worte" ; aber er hat hinzugefügt: „Mehr Arbeit" — eine Aufforderung, die wir beide sicher nicht brauchen.

    (Beifall und Heiterkeit)

    Das Dokument, von dem hier die Rede ist, nämlich die Antwort auf die Große Anfrage, verkleinert nicht das Ausmaß der Bedrohung unserer Sicherheit und vergrößert nicht die bislang allzu geringen Fortschritte, die wir auf dem Feld der Rüstungsbegrenzung gemacht haben. Es enthält eine erfreulich selbstkritische Distanz zu Änderungsvorhaben innerhalb der Bundeswehr, etwa zur Reform der Heeresstruktur oder zur Schaffung eines zentralen Unterstützungsbereiches, zu Bildung und Ausbildung — Vorhaben, die zum Teil wenigstens meines Erachtens mit zu vielen Vorschußlorbeeren bedacht worden sind. Aber die Bundeswehr — das möchte ich auch dem KollegenKraske sagen und mich damit über die Schulbuchdiskussion etwas erheben — ist ganz gewiß besser als der Ruf, den die Opposition ihr hier auch anhängen wollte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Kraske [CDU/CSU] : Wo denn, Herr Ahlers?)

    Diese Antwort der Bundesregierung kann — ich hoffe sehr, daß das der Fall sein wird — dem Versuch 'dienen, wieder zu etwas mehr Gemeinsamkeit und auch zu mehr Sachlichkeit in der Verteidigungspolitik zu kommen. Beides wäre wünschenswert, denn solche Gemeinsamkeit könnte den staatsbür-



    Ahlers
    gerlichen Sinn der in der Truppe und den Verteidigungswillen in der Bevölkerung stärken und so vielleicht auch dazu beitragen, der unverkennbaren Parteiverdrossenheit in unserer Bevölkerung entgegenzuwirken, die sich sehr oft an dem übertriebenen Parteienstreit auch in diesem Hause stößt. Auf seiten der Sozialdemokraten ist der Wille zu einer solchen Gemeinsamkeit vorhanden.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Aller Sozialdemokraten?)

    — Man kann nie für alle sprechen; auch Sie, Herr Wörner, können nicht für alle Ihre Kollegen sprechen. Auch auf Ihrer Seite bin ich mir trotz Ihrer sachlichen Führung des Verteidigungsausschusses nicht immer sicher. Man kann auch nicht — das bleibt keinem unserer Redner erspart, jedenfalls nicht den Rednern der Koalition — einfach an der absonderlichen Tatsache vorübergehen, daß die CDU-Fraktion den letzten Verteidigungshaushalt abgelehnt hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dieser Vorgang steht nämlich nun wirklich trotz all Ihrer Rechtfertigungsversuche in einem eklatanten Widerspruch zu den Verteidigungsbekenntnissen, die die Opposition immer wieder abgelegt hat. Wenigstens hat mein alter Kollege aus den Zeiten der Dienststelle Blank, Konrad Kraske, in seiner bekannt aufrechten und aufrichtigen Art ja hier die erforderlichen Konsequenzen gezogen.

    (Beifall bei der SPD)

    Doch Taktik hin und her, Konrad Kraske: dieser Vorgang ist um so irritierender, als die Opposition jahrelang durch die Lande und durch die Kasernen gezogen ist und mit der Feststellung unter den Soldaten Stimmung zu machen suchte, daß einmal einige wenige meiner Kollegen ebenfalls den Verteidigungshaushalt abgelehnt hatten — aus Gründen übrigens, die aus dem Selbstverständnis dieser Kollegen heraus sehr viel glaubwürdiger waren als die Begründung, die Sie Ihrem Nein geben konnten.

    (Beifall bei der SPD)

    Gemeinsamkeit — darauf muß man in diesem Zusammenhang wegen vieler Versuche, die wir seit 1969 etwa unter der Parole „gemeinsame Bestandsaufnahme" erlebt haben, hinweisen — darf nicht zu dem Zweck mißbraucht werden, ständig zu versuchen, die Regierungspolitik zu bremsen. Die Regierung wird auch in Verteidigungsfragen in Zukunft von Zeit zu Zeit nicht darum herumkommen, sich nach ausführlicher Beratung über Einwände der Opposition hinwegzusetzen. Die Regierung muß handeln, denn sonst kommen wir nicht weiter — nicht zuletzt wegen der rein antisowjetischen Ausrichtung, die viele Ihrer Kollegen in der Oppositionsfraktion immer noch ihrer Politik zugrunde legen.
    Mehr Gemeinsamkeit ist sicher auch deshalb anzuraten, weil wir nach wie vor in einer gefährdeten Welt leben. Wir machen uns darüber überhaupt keine Illusionen. Der Friede ist zwar sicherer geworden — dank unserer Politik —, aber er ist noch lange nicht sicher genug.

    (Biehle [CDU/CSU] : Werden Sie da nicht schamhaft rot im Gesicht, wenn Sie das sagen?)

    — Nein, es fällt mir bei meinem Lebensalter ohnehin schwer, noch rot im Gesicht zu werden.

    (Heiterkeit)

    Es sind in Mitteleuropa zahlreiche Ursachen für Konflikte denkbar, die es in Mitleidenschaft ziehen können. Rasche Verschlechterungen der Lage sind nicht ausgeschlossen, sei es durch einen politischen Machtwechsel in anderen Ländern, sei es durch politische Umstürze, sei es durch ökonomische Krisen oder durch das fortdauernde Hegemoniestreben der Weltmächte und den anhaltenden erbitterten Wettkampf der Systeme.
    In diesem Zusammenhang müssen wir voller Besorgnis Verschiebungen im militärischen Kräfteverhältnis betrachten, die für das Atlantische Bündnis ungüstig sind. Der Kollege Möllemann hat darauf hingewiesen, daß das Londoner strategische Institut in seiner neuesten Ausgabe zu der Schlußfolgerung kommt, daß die Gesamtbilanz eine militärische Aggression immer noch unattraktiv macht. Jedoch, Herr Möllemann, fügt das Institut im Satz danach hinzu, daß der Trend gegen den Westen läuft. Wir wissen genug über die militärischen Möglichkeiten des Warschauer Paktes, wir kennen seine Überlegenheit im Bereich der Panzerverbände, um von der Notwendigkeit überzeugt zu sein, daß wir zu unserem Schutz auch weiterhin eine konventionell starke, kampfkräftige Bundeswehr, ein funktionierendes Atlantisches Bündnis und eine enge Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten brauchen. Diese Kenntnisse haben aber auch bei uns die Erkenntnis verstärkt, daß nur erfolgreiche Abrüstungsverhandlungen unsere Sicherheit nachhaltig verbessern können und sie nicht verschlechtern werden.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Unter bestimmten Voraussetzungen!)

    — Da sind wir einer Meinung, Herr Mertes.
    Wer sich um ein realistisches Bild der Lage bemüht, muß sich aber auch immer wieder einmal in die Lage des Gegenüber versetzen. Er muß erwägen, ob die Militärpolitik des Warschauer Paktes nicht auch defensive Konzepte enthält, die ihr vielleicht zugrunde liegen, ob nicht in Moskau, in Warschau und in Ost-Berlin ähnliche Sorgen hinsichtlich der politischen Absichten und der militärischen Möglichkeiten des Westens vorhanden sind wie bei uns hinsichtlich derer des Ostens. Der Zweite Weltkrieg, die jahrelange atomare Überlegenheit der Vereinigten Staaten, die traumatischen Ereignisse des 17. Juni 1953, in Ungarn 1956, in der Tschechoslowakei, aber auch in Vietnam sind dort ganz gewiß so wenig vergessen wie bei uns. Könnte es nicht sein, daß das, was wir der Sowjetunion jetzt als Drang nach strategischer Überlegenheit unterstellen müssen, Ausdruck eines — wenn auch übertriebenen — Sicherheitsdenkens ist, das die eigene Sicherheit nur in der Form



    Ahlers
    der Unterlegenheit der anderen Seite zu begreifen vermag? Müßten wir dann nicht deshalb unsere Bemühungen noch weiter verstärken, ein politisches Klima zu schaffen, welches der anderen Seite eine Verminderung ihrer militärischen Rüstung erleichtert?

    (Wehner [SPD] : Sehr richtig!)

    Denn auch dieses Klima, dieses schlechte Klima, scheint eine Quelle des gegenseitigen Rüstungswettlaufes zu sein.
    Dieses duale Konzept, so möchte ich es einmal nennen, der offensiven Verteidigungspolitik der Sowjetunion, verbunden mit dem, was Admiral Poser jüngst ganz einleuchtend die „sowjetische Strategie vorsichtiger Risikobereitschaft" genannt hat, bietet Moskau auf jeden Fall den Vorteil, nicht nur den eigenen Machtbereich fest in der Hand zu behalten, sondern militärische Stärke auch politisch einsetzen zu können. Wir müssen deshalb auch dafür gewappnet bleiben, politischen Pressionen widerstehen zu können.

    (Weiskirch [Olpe] [CDU/CSU] : Richtig!)

    Das vorher Gesagte macht deutlich, daß ein Ergebnis der MBFR-Verhandlungen, um die wir uns ja alle gemeinsam bemühen, ein Ergebnis, welches den in der Antwort der Bundesregierung skizzierten Prinzipien, also ungefährer Gleichstand der Landstreitkräfte und Verminderung der Disparität bei den Kampfpanzern, entspricht, das Maß unserer Sicherheit wesentlich erhöhen würde. Es würde den Rüstungsdruck erleichtern, es würde Beruhigung schaffen, es würde positive Rückwirkungen auf das Verhältnis der beiden deutschen Staaten zueinander und generell auf das Verhältnis zwischen Ost und West haben können. Deshalb hat dieses Ziel hohe Priorität. Doch müssen wir uns darüber klar sein, daß auch danach noch eine verteidigungsfähige Bundeswehr notwendig sein wird, daß die zu vereinbarenden Höchststärken angesichts der labilen Zustände in einigen Ländern unserer Bündnispartner zugleich auch unsere Mindeststärken werden sein müssen. Anderenfalls würden wir gegenüber dem gewaltigen Mobilisierungspotential des Warschauer Paktes und angesichts unserer ungünstigen geostrategischen Lage immer unterlegen bleiben.
    Ich meine, das Mißverhältnis in der Stärke darf nicht festgeschrieben werden, auch nicht einseitig. Denn von einem bestimmten Punkt an schlägt Mangel an Quantität in einen Mangel an Qualität um, wie man es sinnfällig bei den Truppenversuchen mit verkleinerten Panzerverbänden in der Bundeswehr gesehen hat. Auch eine stark verbesserte Panzerabwehr, wie sie jetzt bei uns aufgebaut wird, würde nicht helfen, wenn sie zahlenmäßig überrollt werden kann. Theoretische Modelle, die nur ein Netz von kleinen Verteidigungskommandos an die Stelle vernünftig organisierter und geführter Großverbände setzen wollen, nutzen gar nichts, wobei ich, Herr Möllemann, nicht ganz verstanden habe, inwieweit Sie mit diesem Konzept überein- oder nicht übereinstimmen.

    (Dr. Gradl [CDU/CSU]: Sehr richtig!) Solche Kommandos würden von vornherein auf dem verlorenen Posten von Ernst Jünger stehen.


    (Beifall bei der CDU/CSU und bei Abgeordneten der SPD)

    Wohin es nun führen würde, wenn man sich a priori auf regionale Unterlegenheit einließe, haben die Nachrichten gezeigt, die während der Sommerpause, also nach Ablieferung der Antwort der Bundesregierung, über neue strategische Erwägungen aus Washington nach Deutschland drangen. Die Zurücknahme der Abwehr auf eine Weser-Lech-Linie, wie sie in einem präsidentiellen Memorandum vorgeschlagen wurde, wäre dann nämlich nur logisch. Im übrigen ist uns, die wir uns schon länger mit Verteidigungspolitik beschäftigen, diese Linie ja seit langem vertraut. Sie stellte früher sogar einmal einen Fortschritt gegenüber der Verteidigung an der Rheinlinie dar, einen Fortschritt, der erst durch die Aufstellung deutscher Streitkräfte möglich wurde.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : So ist alles relativ, ja!)

    — Es ist alles relativ im Leben, Herr Mertes, nicht nur dies.

    (Wehner [SPD]: Auch Herr Mertes! — Heiterkeit bei der SPD)

    — Auch die Rede!
    Inzwischen ist klar, daß im Falle eines militärischen Konflikts die Verteidigung der Bundesrepublik mit starken Kräften vorwärts der Weser-Lech-Linie beginnen würde, und wir alle sind sicher für das dankbar, was der Verteidigungsminister hier hinsichtlich der Äußerungen seines amerikanischen Kollegen und auch des amerikanischen Präsidenten vorgetragen hat. Und man kann schließlich dem NATO-Oberbefehlshaber General Haig, mag er nun viel oder wenig reden, nur zustimmen, wenn er erklärt, daß keine Allianz lebensfähig wäre, die in ihrer Strategie von vornherein die Überlassung lebenswichtiger Territorien an den Gegner vorsähe. General Close, der hier auch schon genannt worden ist, hat mit seiner These unrecht und nicht nur noch nicht recht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Gleichsam im Gegenzug zu solchen Überlegungen im Weißen Haus wurde von dem hier eben auch schon genannten Kollegen anderer Couleur in meinem Beruf, von Adalbert Weinstein nämlich, in der „FAZ" der Gedanke vorgetragen, man solle die Vorneverteidigung in „Vorwärtsverteidigung" umtaufen. Dahinter stecken sicherlich ganz interessante Erwägungen und er hat mit Recht, allerdings in dem Artikel an anderer Stelle, kritisiert — er wurde heute auch schon von Herrn Möllemann zitiert —, daß sich hier noch niemand dazu geäußert habe.
    Ich kann von dieser Ausdrucksänderung nur abraten, denn einmal würde dies zu erheblichen Mißverständnissen und Verdächtigungen in anderen Ländern — nicht nur in denen des Ostens — führen,

    (Sehr wahr! bei der SPD — Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    und außerdem ist, wie wir alle wissen, ein solcher
    Austausch der Begriffe auch überflüssig, denn es ist



    Ahlers
    ohnehin vorgesehen, daß die alliierten Luftstreitkräfte im Falle des Falles nach vorwärts verteidigen und das Territorium des Angreifers nicht aussparen werden. Die Erstreckung solcher operativen Vorstellungen auf die Landstreitkräfte ist nicht eine Frage des Prinzips, sondern eine Frage der zur Verfügung stehenden Kräfte.
    Ergänzend möchte ich bemerken, daß für mich die von Präsident Carters Sicherheitsberater Brzezinski aufgezeigten Optionen, einen Angriff auf Westeuropa nicht nur mit Gegenmaßnahmen in Europa zu beantworten, eine vernünftige Erweiterung des horizontalen Abschreckungsspektrums bedeuten können.
    Aber — und nun komme ich zur Neutronenwaffe — auch eine vertikale Erweiterung des Abschreckungs-
    und Verteidigungsspektrums auf der untersten Stufe ist jetzt Gegenstand zahlreicher Erörterungen und sorgenvoller Überlegungen geworden. Es ist in dieser Debatte schon darüber gesprochen worden, daß ein neuer nuklearer Sprengkopf, der für Kurzstrekkenraketen und Rohrartillerie geeignet ist, in den Vereinigten Staaten bis zur Produktionsreife fortentwickelt wurde, daß Präsident Carter, wie wir wissen, in wenigen Wochen über die Produktion entscheiden will und daß die Absicht besteht, ihn für den Fall der Produktion dann auch für die Verteidigung Westeuropas vorzusehen. Der Verteidigungsausschuß ist gestern — dafür haben wir zu danken — ausführlich informiert worden. Er hat aber bisher — im Unterschied zu Meldungen, die wir gestern haben hören müssen — weder eine Entscheidung getroffen noch eine Empfehlung ausgesprochen. Dies kann auch erst dann geschehen, wenn die Regierungen — vor allen Dingen gilt dies für die Bundesregierung — ihr Wort gesprochen haben.

    (Beifall bei der SPD — Weiskirch [Olpe] [CDU/CSU] : Das steht in den Meldungen aber auch nicht so!)

    — Es steht so ähnlich darin. Es hat ja keinen Zweck, hier über Worte zu streiten. Ich wollte Sie nicht kritisieren, Herr Wörner. Ich habe Sie gestern im Fernsehen bewundert. Was Sie gesagt haben, war einigermaßen neutral.

    (Heiterkeit — Dr. Wörner [CDU/CSU] : Das ist ja sehr nett!)

    Die Klarstellungen, die der Verteidigungsminister hier gegeben hat, sind deshalb sehr zu begrüßen. Wir können sicher sein, daß endgültige Beschlüsse über die Einführung dieses Sprengkopfes, über die für ihn vorgesehenen Einsatzrichtlinien, über seine Lagerung und Verwendung, vor allen Dingen aber über das Freigabeverfahren im Falle eines Konflikts erst nach gründlicher Erörterung im Bündnis und erst dann gefaßt werden, wenn die Bundesregierung den ihr zustehenden Anteil an den diesbezüglichen Beratungen genommen hat. In Anbetracht der Bedeutung dieser Sache für Deutschland — für ganz Deutschland, wie ich meine — gibt es einen klaren deutschen Mitbestimmungsanspruch.
    Ich habe im übrigen volles Verständnis für die moralische Entrüstung Egon Bahrs und auch vieler anderer über die ständige Fortentwicklung und Modernisierung der Massenvernichtungswaffen.

    (Beifall bei der SPD)

    Man kann es sehr wohl eine „Perversion des Denkens" nennen, wenn die menschliche Erfindungsgabe immer neue Methoden zur Tötung von Menschen ersinnt. Es ist gut, wenn ethische Erwägungen in so beredter Weise ihren Ausdruck finden und deshalb in der Fachdiskussion nicht einfach übergangen werden können.

    (Beifall bei der SPD)

    Diese Erwägungen haben ihre Wirkung in der deutschen Offentlichkeit naturgemäß nicht verfehlt, schon deshalb nicht, weil viele Bürger wegen der friedlichen Nutzung der Atomenergie ohnehin schon verängstigt sind.

    (Biehle [CDU/CSU] : Die Ausgangslage ist doch völlig falsch!)

    — Eine Sekunde! Erst einmal ist Herr Mertes an der Reihe, der sich zu einer Zwischenfrage gemeldet hat. Im Moment spreche ich gerade noch mit Herrn Wörner. Herr Wörner, Sie hätten nach meiner Ansicht heute hier mit der gleichen Sachlichkeit über das Thema sprechen sollen, wie Sie es gestern im Verteidigungsausschuß getan haben.