Rede:
ID0803900800

insert_comment

Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 8039

  • date_rangeDatum: 8. September 1977

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 18:28 Uhr

  • fingerprintRedner ID: Nicht erkannt

  • perm_identityRednertyp: Präsident

  • short_textOriginal String: Präsident Carstens: info_outline

  • record_voice_overUnterbrechungen/Zurufe: 0

  • subjectLänge: 8 Wörter
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. der: 2
    2. Das: 1
    3. Wort: 1
    4. hat: 1
    5. Herr: 1
    6. Bundesminister: 1
    7. Verteidigung.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/39 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 39. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 Inhalt: Gedenkworte für den am 30. Juni 1977 ermordeten Sprecher des Vorstands der Dresdner Bank, Jürgen Ponto, und für die bei dem Anschlag auf den Präsidenten des Bundesverbandes der Deutschen Industrie und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, Dr. Hanns Martin Schleyer, am 5. September 1977 ermordeten Begleiter, Polizeihauptmeister Reinhold Brändle, Polizeimeister Helmut Ulmer, Polizeimeister Roland Pieler und Heinz Marcisz 2987 D Verzicht des Abg. Dr. Gölter auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag . . . 2987 D Eintritt des Abg. Gerster (Mainz) in den Deutschen Bundestag . . . . . . . 2987 D Erweiterung der Tagesordnung 2988 A Wahl des Abg. Dr. Enders als ordentliches Mitglied und des Abg. Mattick als stellvertretendes Mitglied der Parlamentarischen Versammlung des Europarates 2988 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 2988 B Große Anfrage der Abgeordneten Dr. Wörner, Dr. Kraske, Dr. Marx, Ernesti, Weiskirch (Olpe), Frau Tübler, de Terra, Würzbach, Löher, Biehle, Stahlberg, Dr. Jaeger, Handlos, Gierenstein, Damm, Werner, Dr. Möller und der Fraktion der CDU/CSU Verteidigungspolitik -- Drucksachen 8/195, 8/464 — in Verbindung mit Große Anfrage der Fraktionen der SPD, FDP Sicherheitspolitik — Drucksachen 8/224, 8/464 — Dr. Wörner CDU/CSU 2990 B Neumann SPD 2997 A Möllemann FDP . . . . . . . . . 2999 D Leber, Bundesminister BMVg . . . . 3006 D Dr. Kraske CDU/CSU . . . . . . . 3012 C Ahlers SPD 3018 C Ludewig FDP 3023 A Biehle CDU/CSU . . . . . . . . . 3035 A Pawelczyk SPD . . . . . . . . . 3042 A Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 3046 B II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 Dr. Geßner SPD. 3050 B Jungmann SPD 3054 B Damm CDU/CSU 3056 A Möhring SPD 3060 C Gerstl (Passau) SPD 3062 A Ollesch FDP 3063 D Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Regelung zusätzlicher Fragen der Ausbildungsplatzförderung — Drucksache 8/602 — 3066 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung der Pfändungsfreigrenzen — Drucksache 8/693 — . . . . . . . . 3067 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen über den Internationalen Währungsfonds in der Fassung von 1976 — Drucksache 8/763 — . . 3067 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen — Drucksache 8/764 — 3067 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über das Inkrafttreten der Vorschriften über die Unterbringung in einer sozialtherapeutischen Anstalt — Drucksache 8/792 — 3067 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit — Drucksache 8/842 — . . . . . . . . 3067 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes — Drucksache 8/857 — 3067 C Beratung des Antrags des Bundesministers für Wirtschaft Rechnungslegung über das Sondervermögen des Bundes „Ausgleichsfonds zur Sicherung des Steinkohleneinsatzes" —Wirtschaftsjahr 1976 Drucksache 8/758 — 3067 C Beratung der zustimmungsbedürftigen Verordnung der Bundesregierung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 8/77 — Besondere Zollsätze gegenüber Israel — EGKS) — Drucksache 8/781 — . . . . . . . . 3067 C Fragestunde — Drucksache 8/871 vom 02. 09. 1977 — Bericht in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" über Geheimgespräche deutscher Diplomaten mit palästinensischen Terrororganisationen MdlAnfr A62 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA . 3025 D, 3026 A, B, C ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . . 3026 A, B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 3026 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU . . . . . 3026 C Durchführung von Veranstaltungen über deutsche Wissenschaft und Kultur in einer polnischen Großstadt entsprechend den in Köln veranstalteten Tagen über polnische Wissenschaft und Kultur MdlAnfr A65 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Hupka CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA . 3026 D, 3027 A, B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . 3026 D, 3027 A ZusFr Ey CDU/CSU 3027 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 3027 B Kontakte der Bundesregierung zu palästinensischen Befreiungsorganisationen über diplomatische Vertretungen des Nahen Ostens MdlAnfr A67 02.09.77 Drs 08/871 Broll CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3027 C, D ZusFr Broll CDU/CSU . . . . . . . 3027 C, D Verwendung eines palästinensischen Arabers als Dolmetscher bei Verhandlungen des Bundesministers des Auswärtigen im Vorderen Orient MdlAnfr A68 02.09.77 Drs 08/871 Broll CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3028 A, B ZusFr Broll CDU/CSU . . . . . . . . 3028 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 3028 A ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU . . . 3028 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 III Finanzielle Unterstützung der kommunistisch beherrschten südwestafrikanischen Befreiungsbewegung Swapo durch die Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A70 02.09.77 Drs 08/871 Engelsberger CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3028 B, D, 3029 A, B, C, D 3030 A, B, C ZusFr Engelsberger CDU/CSU 3028 D ZusFr Frau Erler SPD . . . . . . . 3029 A ZusFr Hansen SPD 3029 B ZusFr Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU 3029 B ZusFr Kittelmann CDU/CSU 3029 C ZusFr Frau Dr. Focke SPD . . . . . 3029 C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . . . . 3029 D ZusFr Sieglerschmidt SPD . . . . . . 3030 A ZusFr Gerster (Mainz) CDU/CSU . . . 3030 A ZusFr Dr. Corterier SPD . . . . . . 3030 B Verhinderung der Produktion und der Verbreitung von Rauschgift in Kolumbien MdlAnfr A71 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Hennig CDU/CSU MdlAnfr A72 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Hennig CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3030 C, D, 3031 A ZusFr Dr. Hennig CDU/CSU . . 3030 D, 3031 A Glückwünsche des Bundesaußenministers zur 125-Jahrfeier der deutschen Einwanderung in Chile MdlAnfr A73 02.09.77 Drs 08/871 Hansen SPD MdlAnfr A74 02.09.77 Drs 08/871 Hansen SPD Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA . 3031 B, C, D, 3032 A, B, C, D, 3033 A, B ZusFr Hansen SPD . . . . 3031 C, D, 3032 A ZusFr Hoffmann (Saarbrücken) SPD . . 3032 B ZusFr Ey CDU/CSU 3032 C ZusFr Dr. Möller CDU/CSU 3032 C ZusFr Frau Erler SPD . . . . . . . 3032 D ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 3032 D ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . 3033 A ZusFr Dr. Corterier SPD 3033 A Äußerung des Bundeskanzlers vor der Presse in Ottawa zur Menschenrechtsfrage MdlAnfr A75 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3033 B, C, 3034 A ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 3033 C, D ZusFr Sieglerschmidt SPD 3034 A Aussiedlung deutscher aus der Tschechoslowakei auf Grund des humanitären Briefwechsels mit der CSSR MdlAnfr A76 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Czaja CDU/CSU Antw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3034 B, C, D ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 3034 C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 3034 D Nächste Sitzung 3067 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 3069* A Anlage 2 Beschluß des Bundesrates zum Gesetz über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude 3069* B Anlage 3 Entschließung des Bundesrates zum Neunten Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes . . . 3069* C Anlage 4 Beschluß des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften 3069* D Anlage 5 Verbot der Einreise der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach Potsdam sowie Sinn neuer Gespräche mit der DDR angesichts der ständigen willkürlichen Verletzung längst geltender Vereinbarungen MdlAnfr A3 02.09.77 Drs 08/871 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw PStSekr Höhmann BMB . . . . 3070* C Anlage 6 Behauptung des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz über die Errichtung eines Zwischenlagers zur Entsorgung für Kernbrennstoffe bei Wertingen im Landkreis Dillingen MdlAnfr A9 02.09.77 Drs 08/871 Lemmrich CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 3070* D IV Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 Anlage 7 Genehmigung der Bundesregierung nach § 353 c StGB zur strafrechtlichen Ermittlung gegen den SPIEGEL wegen Veröffentlichung geheimer Akten im Fall Traube MdlAnfr A10 02.09.77 Drs 08/871 Spranger CDU/CSU SchrAntw PStSekr Baum BMI 3071* B Anlage 8 Praxis des Bundesinnenministeriums und einiger Landesinnenministerien bei der Sicherheitsüberprüfung von um Asyl nachsuchenden chilenischen politischen Gefangenen MdlAnfr A11 02.09.77 Drs 08/871 Thüsing SPD MdlAnfr A12 02.09.77 Drs 08/871 Thüsing SPD SchrAntw PStSekr Baum BMI 3071* C Anlage 9 Äußerungen des Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks über das Angebot von Lehrstellen MdlAnfr A34 02.09.77 Drs 08/871 Löffler SPD SchrAntw PStSekr Engholm BMBW . . . 3072* B Anlage 10 Auffassung des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung über die Qualifikation einiger Bundesminister der SPD und FDP MdlAnfr A59 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Waigel CDU/CSU SchrAntw StSekr Bölling BPA . . . . . 3072* D Anlage 11 Hetzkampagne von Kommunisten und ihren Sympathisanten im Ausland gegen die Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A60 02.09.77 Drs 08/871 Spranger CDU/CSU SchrAntw StSekr Bölling BPA . . . . . 3073* A Anlage 12 Inhaftierung des deutschen Wirtschaftsjournalisten Werner Gengenbach im Prager „Pankraz"-Zuchthaus wegen angeblicher Spionage MdlAnfr A61 02.09.77 Drs 08/871 Dr. Kunz (Weiden) CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3073* C Anlage 13 Ablehnung des Antrags des Bundestagsabgeordneten Alfred Biehle auf Ausstellung eines Visums für einen eintägigen Besuch in Budapest sowie Gründe für Biehles Unerwünschtheit MdlAnfr A63 02.09.77 Drs 08/871 Röhner CDU/CSU MdlAnfr A64 02.09.77 Drs 08/871 Röhner CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3073* D Anlage 14 Ausbildung von Terroristen aus der Bundesrepublik Deutschland im Südjemen durch Angehörige der NVA der DDR MdlAnfr A69 02.09.77 Drs 08/871 Jäger (Wangen) CDU/CSU SchrAntw StMin Frau Dr. Hamm-Brücher AA 3074* C Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 2987 39. Sitzung Bonn, den 8. September 1977 Beginn: 9.00 Uhr (Die Abgeordneten erheben sich)
  • folderAnlagen
    Berichtigung 36. Sitzung, Seite 2794 B, Zeile 9: Statt „Konsum" ist zu lesen: „Konkurs". 37. Sitzung, Anlage 12: In der ersten Zeile der Antwort ist statt „Anfragen" zu lesen: „Angriffe". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Dr. Abelein 16. 9. Dr. Ahrens* * 9. 9. Dr. Bangemann * 8. 9. Berger 16. 9. Frau Benedix 9. 9. Büchner (Speyer) ** 9. 9. Frau Dr. Däubler-Gmelin 16. 9. Dr. Dregger 9. 9. Dr. Fuchs 9. 9. Frau Dr. Hartenstein 30. 9. Dr. Holtz 9. 9. Dr. h. c. Kiesinger 16. 9. Kroll-Schlüter 9. 9. Frau Krone-Appuhn 9. 9. Lenzer ** 9. 9. Milz ** 9. 9. Dr. Müller ** 8. 9. Reddemann ** 9. 9. Russe 9. 9. Scheffler ** 9. 9. Schmidt (Kempten) ** 9. 9. Schmidt (München) ' 9. 9. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 9. 9. Dr. Starke (Franken) * 9. 9. Dr. Staudt 30. 9. Strauß 9. 9. Tönjes 16. 9. Ueberhorst ** 9. 9. Frau Dr. Walz * 9. 9. Zywietz * 8. 9. für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Beschluß des Bundesrates zum Gesetz über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude Der Bundesrat hat in seiner 447. Sitzung am 24. Juni 1977 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 27. Mai 1977 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 105 Abs. 3 des Grundgesetzes zuzustimmen. Der Bundesrat hat ferner die folgende Entschließung angenommen: Der Bundesrat ist in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf (BR-Drucks. 110/77 - Beschluß -) davon ausgegangen, daß der entstehende Steuerausfall bei Ländern und Gemeinden im Rahmen der Anlagen zum Stenographischen Bericht bevorstehenden Verhandlungen über die Neuverteilung des Umsatzsteueraufkommens ausgeglichen wird, damit er dem Gesetz zustimmen kann. Der geforderte Ausgleich für die ab 1977 eintretenden Steuerausfälle ist nach dem gegenwärtigen Stand der Umsatzsteuerverhandlungen noch nicht gesichert. Der Bundesrat stellt seine sich hieraus ergebenden Bedenken gegen eine Zustimmung im jetzigen Zeitpunkt im Interesse der Begünstigten, die sich bereits auf dieses Gesetz eingestellt haben, zurück. Er hält jedoch mit Nachdruck an seiner grundsätzlichen Forderung fest und fordert einen vollen Ausgleich des den Ländern und Gemeinden entstehenden Steuerausfalls im Rahmen der Verhandlungen über das Steueränderungsgesetz 1977 und über die Neuverteilung der Umsatzsteuer. Anlage 3 Entschließung des Bundesrates zum Neunten Gesetz über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Neuntes Anpassungsgesetz - KOV 9. AnpG-KOV) Der Bundesrat ist im Interesse einer rechtzeitigen Zahlung der erhöhten Renten zum 1. Juli 1977 bereit, die in seiner Stellungnahme vom 11. März 1977 (Drucksache 77/77 - Beschluß -) erhobenen Bedenken gegen die Verschiebung des Anpassungstermins zurückzustellen. Im Hinblick auf die mit der Hinausschiebung des Anpassungszeitpunktes verbundenen Einsparungen im Haushalt der Kriegsopferversorgung fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, möglichst bald einen Gesetzentwurf vorzulegen, der entsprechend ihrer Zusagen notwendige strukturelle Verbesserungen des Kriegsopferrechts vorsieht. Anlage 4 Beschluß des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung schadensersatzrechtlicher Vorschriften Der Bundesrat hat in seiner 448. Sitzung am 15. Juli 1977 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 15. Juni 1977 verabschiedeten Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen. Der Bundesrat hat außerdem die folgende Stellungnahme beschlossen: Der Bundesrat begrüßt, daß der Gesetzesbeschluß die nach dem Reichshaftpflichtgesetz bestehende 3070* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1973 Gefährdungshaftung für Elektrizitäts- und Gasanlagen auf Anlagen zur Fortleitung oder Abgabe von vergleichbaren Energien und Stoffen — wie Wasser, Fernwärme, Stickstoff, Wasserstoff, Sauerstoff, Äthylen, Mineralöl, Mineralölprodukte und dergleichen — ausdehnt, da insoweit eine erhebliche Lücke im Bereich der Gefährdungshaftung besteht. Der Gesetzesbeschluß bleibt allerdings in einer Reihe von Punkten hinter den Erwartungen zurück, die die Wirtschaftsministerkonferenz an die gesetzliche Regelung der Gefährdungshaftung bei Rohrleitungen geknüpft hat (vgl. Beschluß vom 7. Februar 1973: Leitsätze für die haftungsrechtliche Regelung des Baues und Betriebs von Rohrleitungen). Der Bundesrat bedauert, daß es nicht möglich gewesen ist, die bereits im Beschluß des Bundesrates vom 30. Januar 1976 — vgl. BR-Drucks. 777/75 (Beschluß) — vorgebrachten Wünsche zu berücksichtigen. Die Bundesregierung wird daher gebeten, bei der bereits früher in Aussicht gestellten weiteren Entwicklung des Haftpflichtrechts (vgl. BT-Drucks. 7/4825 S. 21) folgende Gesichtspunkte zu berücksichtigen: 1. Dem mit dem Betrieb der Leitungen verbundenen Risiko sollte jeweils nach Maßgabe der Intensität und des Ausmaßes des möglichen Schadens bei einer bestimmten Art von Rohrleitungen eine entsprechende Gefährdungshaftung gegenüberstehen (Nr. 1 der Leitsätze). Diesem Anliegen entspricht die einheitliche Begrenzung der Haftung für die vorgenannten Leitungen nicht. Insbesondere bedarf der Höchstbetrag der Haftung für Sachschäden von 100 000 DM je Schadensereignis der Überprüfung. 2. Zur Sicherung der Ersatzansprüche sollte eine entsprechende Deckungsvorsorge durch Abschluß und Unterhaltung einer Haftpflichtversicherung, verbunden mit einem unmittelbaren Klagerecht der Geschädigten gegen den Versicherer, oder eine sonst geeignete Sicherung vorgesehen werden (Nr. 6 der Leitsätze). Ein solches Bedürfnis besteht vornehmlich gegenüber Betriebsgesellschaften industrieller Rohrleitungen, deren Kapitalausstattung in keinem angemessenen Verhältnis zur möglichen Haftung steht. 3. Bei einem Auseinanderfallen von Betreiber bzw. Inhaber der Rohrleitungen und deren Eigentümer sollte eine gesamtschuldnerische Haftung vorgesehen werden (Nr. 3 der Leitsätze). 4. Ferner sollte erwogen werden, ob nicht über die Sachschadenregelung hinaus auch die Schädigung eines eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes (einschließlich landwirtschaftlicher Betriebe) in die Gefährdungshaftung einzubeziehen ist (Nr. 4 der Leitsätze). 5. Im Zusammenwirken mit den Ländern sollten möglichst bald Regelungen erarbeitet und dem Gesetzgeber vorgeschlagen werden, die eine sichere Regulierung der Schäden gewährleisten, die beim Überfliegen von Gebäuden durch Flugzeuge infolge von Luftturbulenzen entstehen. Der Bundesrat verweist hierzu auf sein Ersuchen an die Bundesregierung vom 30. Januar 1976. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Höhmann auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/ CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 3) : Welchen Sinn sieht die Bundesregierung in neuen Gesprächen mit der DDR, die zu neuen Vereinbarungen führen sollen, solange nicht sichergestellt ist, daß die DDR-Behörden längst geltende Vereinbarungen auch korrekt beachten und deren ständige willkürliche Verletzung einstellen, und zeigt das Einreiseverbot für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach Potsdam nicht deutlich an, daß die Taktik der innerdeutschen Verhandlungen einer deutlichen Kurskorrektur bedarf? Die Bundesregierung hat seit dem Beginn der Vertragspolitik stets darauf hingewiesen, daß die Probleme zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR Augenmaß, Standhaftigkeit und langen Atem verlangen. Die Auffassung der Bundesregierung über die Notwendigkeit der Fortsetzung der Vertragspolitik darf sich deshalb nicht mit wechselnden Tendenzrichtungen an einzelnen Ereignissen orientieren. Ihre negative Beurteilung der Verweigerung der Reise der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nach Potsdam hat sie klar und eindeutig zum Ausdruck gebracht. Die Bundesregierung sieht sich durch diese Absage in der Auffassung bestätigt, daß das angestrebte Ziel eines Beitrags zur Entspannung und zur friedlichen Regelung des Nebeneinander nur dann erreichbar ist, wenn die geschlossenen Vereinbarungen nach Geschäftsgrundlage, Buchstaben und Geist eingehalten und zur Überwindung von Problemen genutzt werden. Dies ist unter anderem auch Sinn der gegenwärtig geführten Gespräche. Das Miteinanderreden kann zu einer Verbesserung des gegenwärtigen Zustandes führen. Es ist nicht zu sehen, daß eine Verbesserung zu erreichen sein könnte, wenn man nichts tut. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Lemmrich (CDU/CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 9) : Trifft die Behauptung des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz zu, nach der bei Wertingen im Landkreis Dillingen ein Zwischenlager zur Entsorgung für Kernbrennstoffe errichtet werden soll, und ist in die etwaige Errichtung des Zwischenlagers zur Entsorgung von Kernbrennstoffen bei Wertingen bereits die dafür zuständige Genehmigungbehörde, die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig, eingeschaltet worden? Das in Rede stehende Zwischenlager dient dazu, abgebrannte Brennstoffelemente aus den in der Bundesrepublik in Betrieb befindlichen Kernkraft- Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 3071* werken so lange zu lagern, bis die Brennstoffelemente in eine Wiederaufbereitungsanlage überführt werden. Der Betrieb beschränkt sich während dieser Zeit im wesentlichen auf die Abführung der Nachzerfallswärme, auf die kontinuierliche Reinigung des Beckenwassers und die Instandhaltungsarbeiten. Da. die Wasserbecken drucklos sind und die abzuführende Wärmeleistung nur einen sehr kleinen Bruchteil der beim vorausgegangenen Kernkraftwerksbetrieb abzuführenden Wärmeleistung ausmacht (maximal 10,5 Megawatt bei voller Beladung mit 1 500 t Uran), ist das Gefährdungspotential sehr klein. An die Funktionssicherheit der Aggregate und den Schutz gegen äußere Einwirkungen werden trotz der erheblich geringeren materialtechnischen Belastung der Brennelemente dieselben Anforderungen gestellt wie bei Kernkraftwerken. Die Deutsche Gesellschaft für Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen (DWK) ist seit Anfang 1977 mit Standortvorschlägen an einige Landesregierungen herangetreten. Die Bundesregierung unterstützt diese Bemühungen, die zu einem sicheren Verbleib der abgebrannten Brennelementen während einer Übergangszeit beitragen, in einer Bund/Länder-Arbeitsgruppe von Staatssekretären der betroffenen Ressorts. In der ersten Sitzung dieser Arbeitsgruppe hat die DWK sechs Standortvorschläge zur näheren Prüfung vorgelegt, über die noch nicht entschieden ist. Unter diesen Vorschlägen ist auch Wertingen im Landkreis Dillingen. Die DWK ist gebeten worden, die Unterlagen über ihre Standortvorschläge weiter auszuarbeiten, bevor die Beratungen fortgeführt werden. Voraussichtlich werden sich dabei auch noch andere Standortvorschläge ergeben. Da bisher noch nicht entschieden ist, welcher Standortvorschlag ernsthaft weiterverfolgt werden soll, ist die Physikalisch-Technische Bundesanstalt noch nicht im Zusammenhang mit der etwaigen Errichtung eines Zwischenlagers weder bei Wertingen noch an einem anderen Standort eingeschaltet worden. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 10) : Trifft es zu, daß die Bundesregierung die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den SPIEGEL wegen der Veröffentlichung von amtlichen Unterlagen, die dem Verschlußsachenschutz unterlagen, im Fall Traube bisher dadurch unmöglich gemacht hat, daß sie die erforderliche Genehmigung nach § 353 c Strafgesetzbuch verweigert hat, und was gedenkt die Bundesregierung zu tun, um endlich die Aufklärung der Umstände des Verrats geheimer Akten auch gegen den SPIEGEL zu ermöglichen? Wie ich Ihnen bereits auf Ihre Frage vom 13. Mai 1977 mitgeteilt habe, wurde am 14. April 1977 die nach § 353 b StGB erforderliche Strafverfolgungsermächtigung erteilt. Ich weise erneut darauf hin, daß die Bundesregierung durch unverzüglich angeordnete Verwaltungsermittlungen und die Staatsanwaltschaft durch strafprozessuale Ermittlungen die Aufklärung der Umstände des Verrats geheimer Akten mit Nachdruck betreiben. Das Erreichen dieses Ermittlungszieles scheint mir allein wichtig zu sein. Es bedarf dazu keiner Strafverfolgungsermächtigung nach § 353c StGB. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Thüsing (SPD) (Drucksache 8/871 Fragen A 11. und 12) : Teilt die Bundesregierung meine Auffassung, daß die doppelte Sicherheitsüberprüfung von chilenischen politischen Gefangenen, die hier um Asyl nachgesucht haben, durch das Bundesinnenministerium wie auch durch einige Landesinnenministerien zu unnötigen Wartezeiten für die Betroffenen führt (nach Angaben von amnesty international beträgt dieser Vorgang in der Bundesrepublik Deutschland mindestens neun Monate, in Frankreich vier bis sechs Wochen, in Holland zwei Wochen, in Schweden 24 Stunden), und daß durch diese Praxis die Inhaftierung der Chilenen um Monate verlängert wird, und wenn ja, welche Folgerungen zieht sie daraus? Ist die Bundesregierung der Meinung, daß bei der politischen Beurteilung von Asylsuchenden die gleichen Maßstäbe wie bei der Überprüfung von Bewerbern um den öffentlichen Dienst angelegt werden sollten? Zu Frage A 11: Die Aufnahme chilenischer Flüchtlinge durch die Bundesrepublik Deutschland ist nach einer Vereinbarung der Innenministerkonferenz von einer Sicherheitsüberprüfung abhängig, in der letztlich eine Abwägung zwischen sicherheitsrelevanten Erkenntnissen und humanitären Erwägungen stattfindet. Sie konnte nach den Erfahrungen der letzten 12 Monate in etwa der Hälfte der Fälle in einem Zeitraum von höchstens 2 Monaten abgeschlossen werden. Soweit hierfür längere Zeit beansprucht wurde, handelt es sich in der Regel um Fälle, bei denen aufgrund vorliegender Erkenntnisse eine besonders sorgfältige Überprüfung angezeigt erschien oder das Ergebnis der Sicherheitsüberprüfung aufgrund von Umständen, auf die die Bundesregierung keinen Einfluß hatte, nicht zeitig vorlag. Einige Länder haben sich allerdings die abschließende Entscheidung über die Aufnahme der Flüchtlinge vorbehalten. Aber auch in Verfahren mit Landesvorbehalt werden die Entscheidungen durch die zuständigen Behörden der Länder grundsätzlich rasch getroffen und übermittelt. In den letzten 12 Monaten war in der Regel ein zeitlicher Aufwand von 5 Tagen bis zu 2 Wochen erforderlich. Nur in ganz wenigen Einzelfällen dauerte das Verfahren beim Land bis zu 3 Wochen. Darüber hinaus hat es in einigen Ausnahmefällen zeitliche Verzögerungen und Probleme gegeben, weil die Beurteilung des Landes von der des Bundes abwich. Bis auf einen Fall konnte jedoch durch Vermittlung des Bundes- 3072* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 ministers des Innern die Einreise der betroffenen Chilenen in die Bundesrepublik Deutschland ermöglicht werden. Auch dieser Fall, in dem erst später sicherheitsrelevante Informationen eingetroffen sind, wird, wie ich hoffe, in Kürze abgeschlossen werden können. Die von Ihnen erwähnte 9monatige Verfahrensdauer bezieht sich offenbar auf diese Einzelfälle. Wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit war es mir nicht möglich, die Verfahrensdauer in den anderen von Ihnen genannten Ländern festzustellen. Zu Frage A 12: Die Sicherheitsüberprüfung bezweckt nicht die politische Beurteilung eines Asylsuchenden. Sie dient auch nicht der Feststellung, ob der Asylsuchende aktiv für unser Grundgesetz einzutreten bereit ist, wie dies nach geltendem Recht für die Aufnahme eines Bewerbers in den öffentlichen Dienst Voraussetzung ist. Sie ist nichts anderes als die Ermittlung der Tatsachen, die die verantwortlichen Stellen kennen müssen, um humanitäre Belange einerseits und Sicherheitserfordernisse andererseits abwägen zu können. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Engholm auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Löffler (SPD) (Drucksache 8/871 Frage A 34) : Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse über das Angebot von Lehrstellen vor, das nach Äußerungen des Präsidenten des Zentralverbandes des Deutschen Handwerkes die Nachfrage im Jahr 1977 erheblich übersteigen werde? 1. Nach dem Ausbildungsplatzförderungsgesetz ist der Stichtag zur Feststellung der tatsächlichen Zahl der ausbildungsplatzsuchenden Jugendlichen als auch der tatsächlichen Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze der 30. September eines jeden Jahres. 2. Zum 30. Juli 1977 waren bei der Bundesanstalt für Arbeit 321 800 Ausbildungsplätze gemeldet, das waren 33 100 mehr als im Vorjahr. Dem standen 416 600 der Bundesanstalt für Arbeit bekannte Bewerber gegenüber, 30 300 mehr als 1976. Die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze stieg im Vergleich zum Vorjahr um 10 000 auf 46 100, die Zahl der unversorgten Bewerber um 11 000 auf 81 500. Es kann davon ausgegangen werden, daß seit dem 30. Juli weitere Ausbildungsverträge abgeschlossen und darüber hinaus viele Ausbildungsverträge der Arbeitsverwaltung noch nicht bekanntgeworden sind. Gleichzeitig muß angenommen werden, daß es noch eine beachtliche Zahl von Jugendlichen gibt, die immer noch einen Ausbildungsplatz suchen. Aus diesem Grunde ist es um so wichtiger, in der Zeit bis Ende September alle noch freien Ausbildungsplätze den Arbeitsämtern anzuzeigen. 3. Aus den genannten Zahlen zum 30. Juli 1977 eine Prognose über die Ausbildungsplatzsituation zum 30. September dieses Jahres abzugeben, erscheint mit Blick auf die vorläufigen Teilergebnisse unrealistisch. Diese Zahlen können auch nicht Grundlage für politische Entscheidungen sein. Die jetzt vorliegenden Daten auf die gesamte Vermittlungstätigkeit „hochzurechnen" wäre eine bloße Spekulation. Sie führte dazu, daß Jugendliche und deren Eltern verunsichert und die Betriebe in ihrer Ausbildungsbereitschaft beeinträchtigt werden könnten. 4. Eine verläßliche Bilanz zur Ausbildungsplatzsituation 1977 ist erst möglich, wenn die amtlichen Zahlen der Bundesanstalt für Arbeit und der Kammern mit Stichtag vom 30. September 1977 vorliegen. Das wird erfahrungsgemäß erst Mitte Dezember der Fall sein. Einseitige und pauschale Erklärungen über Ausbildungsangebote, die den Arbeitsämtern nicht als vermittelbares Angebot zur Verfügung stehen, können nicht zum Gegenstand einer seriösen Bilanz für das Jahr 1977 gemacht werden. 5. Die Bundesregierung hat in den Beratungen zum Berufsbildungsbericht 1977 erklärt, daß sie, falls das Angebot an Ausbildungsplätzen in diesem Jahr nicht der Vorausschau des Hauptausschusses des Bundesinstituts für Berufsbildung vom März 1977 entspricht, alle Möglichkeiten des Ausbildungsplatzförderungsgesetzes ausschöpfen wird, um die Ausbildungschancen der Jugendlichen zu sichern. Anlage 10 Antwort des Staatssekretärs Bölling auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Waigel (CDU/CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 59) : Trifft es zu, daß das Presse- und Informationsamt die bereits gerichtlich bestätigte Auffassung vertreten hat, daß es sich bei den Bundesministern Prof. Dr. Maihofer, Dr. Vogel, Dr. Apel, Dr. Friderichs, Ertl, Dr. Ehrenberg, Frau Huber, Gscheidle, Ravens, Franke, Matthöfer, Rohde und Frau Schlei nicht um „bedeutende Staatsmänner" handelt (vgl. Meldung in der Kölnischen Rundschau vom 27. August 1977), und wenn ja, welche Folgerungen gedenkt die Bundesregierung bejahendenfalls daraus zu ziehen? Da sich die Anfrage auf ein schwebendes Gerichtsverfahren in einer personalrechtlichen Angelegenheit bezieht, bitte ich um Verständnis für eine gewisse Zurückhaltung bei der Beantwortung. Ihre Anfrage kann ich mit Nein beantworten. Zutreffend ist allerdings das in dem Zeitungsartikel, den Sie in Ihrer Anfrage erwähnen, enthaltene kurze Zitat aus einer Zeugenaussage des zuständigen Referenten des Bundespresseamtes vor dem Landesarbeitsgericht. In dem Artikel bleibt jedoch der entscheidende Gesichtspunkt unerwähnt, daß die Stellungnahme des Referenten auch nicht den Versuct Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 3073* einer Beurteilung der politischen Bedeutung von Bundesministern enthält. Vielmehr hat sich der Referent zu dem Prozeßgegenstand geäußert, nämlich zu einer tarifvertraglichen Protokollnotiz, die sich auf fremdsprachliche Auswerter bezieht, also mit der Auswertung von Erklärungen inländischer Politiker nichts zu tun haben. Diese Protokollnotiz betrifft „Informationsmaterial von herausragender politischer Bedeutung" und erwähnt insoweit als Beispielsfälle „wichtige Reden, Pressekonferenzen oder Interviews bedeutender Staatsmänner oder Politiker". Es geht in dem Arbeitsrechtsstreit um die tarifrechtliche Beurteilung der Auswertung von Sendungen aus osteuropäischen Staaten. Der Referent hat daher vor Gericht sachgerecht dargelegt, daß hier informationspolitisch für Bundespräsident, Bundeskanzler und Parlament Unterschiede bestehen, je nachdem, ob der ausländische Minister etwa das Verteidigungs- oder Außenressort innehat oder ob es sich um die Inhaber anderer Ressorts handelt, deren Erklärungen aus der Natur der Sache mehr auf die Innenpolitik ihres Landes bezogen sein werden. Anlage 11 Antwort des Staatssekretärs Bölling auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 60) : Teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß zur Zeit von Kommunisten und ihren Sympathisanten im Ausland eine planmäßige Hetzkampagne gegen die Bunderepublik Deutschland betrieben wird, und ist die Bundesregierung bereit, eine entsprechende publizistische Gegenoffensive zu starten? Die Bundesregierung verfolgt die Berichterstattung in den ausländischen Massenmedien über die Bundesrepublik Deutschland kontinuierlich und mit großer Aufmerksamkeit. Die in letzter Zeit in einigen Ländern veröffentlichten kritischen Kommentare lassen nach Auffassung der Bundesregierung nicht den Schluß zu, daß es sich dabei um eine organisierte antideutsche Hetzkampagne handelt. Die Bundesregierung ist auch nicht der Meinung, daß es erfolgversprechend wäre, der Kritik im Ausland mit einer massiven „publizistischen Gegenoffensive" zu begegnen. Vielmehr wird sie sich weiterhin — wie sie und ihre Vorgängerinnen es schon seit vielen Jahren tun — mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln bemühen, ausländischer Kritik durch gezielte Informationsarbeit entgegenzuwirken, falsche oder verzerrte Vorstellungen zu korrigieren, Vorurteile oder Ressentiments abzubauen und Verständnis für unsere Haltung zu wecken, die nicht zuletzt auf die Besonderheiten eines geteilten Landes Rücksicht zu nehmen hat. Bei aller Besorgnis über zeitgebundene Phänomene sollte nicht übersehen werden, daß sich das Deutschlandbild im Ausland dank der Politik aller Bundesregierungen und dank der Bemühungen vieler amtlicher und nichtamtlicher Stellen und Organisationen in den letzten Jahrzehnten stetig verbessert hat. Anlage 12 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 61) : Trifft der Bericht der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vom 24. August 1977 (Seite 10) zu, wonach der deutsche Wirtschaftsjournalist und frühere Generalsekretär des Verbandes der Auslandspresse in Wien Werner Gengenbach mit seinen 64 Jahren seit Februar 1974 im Prager „Pankraz"-Zuchthaus wegen angeblicher Spionage schmachtet, und ist die Bundesregierung bereit, stärkere Mittel als nur eine Fürsprache des Bundesaußenministers einzusetzen, um den offensichtlich unschuldig Inhaftierten rechtzeitig, d. h. noch lebend und einigermaßen gesund freizubekommen? Herr Werner Gengenbach wurde im Oktober 1974 in Prag zu 10 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die Urteilsbegründung lautete auf Spionage. Die Bundesregierung bemüht sich, auch unter Berücksichtigung des Alters und des schlechten Gesundheitszustandes von Herrn Gengenbach, nachdrücklich um seine Freilassung. Herr Minister Genscher hat sich persönlich gegenüber dem tschechoslowakischen Außenminister für ihn eingesetzt; ich selbst habe im März 1977 in Prag dieses Anliegen erneut geltend gemacht. Das gleiche ist bei den am 1./2. September 1977 in Prag geführten Konsultationen zwischen den Außenministerien geschehen. Aufgrund beunruhigender Meldungen in der Presse hat unsere Botschaft Anfang des Monats einen sofortigen Besuchstermin erbeten und erhalten, um sich davon zu überzeugen, daß keine akute Gesundheitsgefahr besteht. Die Bundesregierung wird sich weiter für Herrn Gengenbach einsetzen und hofft, daß ihre Bemühungen in absehbarer Zeit zum Erfolg führen werden. Anlage 13 Antwort des Staatsministers Frau Dr. Hamm-Brücher auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Röhner (CDU/ CSU) (Drucksache 8/871 Fragen A 63 und 64) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß der Antrag des Bundestagsabgeordneten Alfred Biehle, für einen eintägigen Besuch in Budapest ein Visum ausgestellt zu erhalten, von der ungarischen Botschaft in Wien, wo sich der Abgeordnete Biehle in Urlaub befand, mit der Begründung abgelehnt wurde, daß sein Besuch in Ungarn nicht erwünscht sei, und ist sie bereit, eine Klärung der Angelegenheit mit dem Ziel herbeizuführen, die Gründe für Biehles Unerwünschtheit zu erfahren? Wie beurteilt die Bundesregierung diesen Vorgang vor dem Hintergrund der in der KSZE-Schlußakte von Helsinki in Aussicht gestellten Reiseerleichterungen und der Tatsache, daß der Bundeskanzler in seiner diese Legislaturperiode einleitenden Regierungserklärung behauptete, daß sich die Bundesrepublik Deutschland zu den Staaten des Ostens „auf einem breiten Weg zu normaler Nachbarschaft" befinde? Herr Kollege Biehle hat sich wegen der Verweigerung eines Visums durch die Ungarische Botschaft in Wien zu einem eintägigen Besuch in Budapest nicht an das Auswärtige Amt gewandt. Das Auswärtige Amt kennt nur die diesbezüglichen Pressemeldungen. Sollte sich Herr Kollege Biehle deswegen an das Auswärtige Amt wenden, so wird dieses die Angelegenheit selbstverständlich aufnehmen und sich um eine Klärung bemühen. Um dies jedoch tun 3074* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 39. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 8. September 1977 zu können, müßte das Auswärtige Amt über die näheren Umstände der Beantragung und der Ablehnung des Sichtvermerks unterrichtet werden. Dabei könnte z. B. die Frage eine Rolle spielen, auf welchem Wege und in welchen Paß der Sichtvermerk beantragt worden ist. Auch für die Beurteilung dieses Vorganges vor dem Hintergrund der Schlußakte von Helsinki wäre eine Kenntnis der näheren Umstände erforderlich. Selbst nach der Konferenz von Helsinki bleibt es jedoch, darauf weise ich schon jetzt vorsorglich hin, letztlich der souveränen Entscheidung eines Teilnehmerstaates überlassen, wem er die Einreise in sein Hoheitsgebiet gestatten will. Anlage 14 Antwort des Staatsministers Frau Hamm-Brücher auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Jäger (Wangen) (CDU/CSU) (Drucksache 8/871 Frage A 69) : Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Ausbildung von Terroristen aus der Bundesrepublik Deutschland im Südjemen durch Angehörige der NVA der DDR, und wie beurteilt sie gegebenenfalls solche Vorgänge im Zusammenhang mit dem innerdeutschen Grundlagenvertrag und mit der Schlußakte der KSZE-Konferenz von Helsinki? Die Bundesregierung hat keine Erkenntnisse über die Ausbildung von Terroristen aus der Bundesrepublik idurch NVA-Angehörige im Südjemen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Jürgen W. Möllemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen, meine Herren! In der Antwort der Bundesregierung auf die beiden Großen Anfragen heißt es — ich zitiere —:
    Ein Vergleich aller Potentiale ergibt, daß die Nordatlantische Allianz insgesamt über eine Verteidigungskraft verfügt, die nicht hinter den Möglichkeiten des Warschauer Pakts zurücksteht.
    Ich halte dies für die wesentlichste Aussage, die viele andere Feststellungen aus der Antwort der Bundesregierung resümiert. Ich halte es für besonders erfreulich, daß diese Aussage erst vor wenigen Tagen von dem unabhängigen und weithin anerkannten Londoner Internationalen Institut für strategische Studien bestätigt wurde. Das Institut kommt zu dem Ergebnis, daß im ganzen das Kräfteverhältnis zwischen den Machtblöcken so erscheint, daß eine militärische Aggression unattraktiv ist. Dies bedeutet, daß die Bürger unseres Landes weiterhin in Frieden und Freiheit leben können. Wie jedermann weiß, ist das keine Selbstverständlichkeit — gerade auch vor dem Hintergrund der schnellen sowjetischen Aufrüstung —, sondern eine von uns durch Leistungen bewirkte Sicherheit.



    Möllemann
    Diese Sicherheit haben wir ganz wesentlich auch den Leistungen der Angehörigen unserer Bundeswehr zu verdanken sowie den verteidigungspolitischen und entspannungspolitischen Anstrengungen unserer Bundesregierung, vor allem ihrer Minister Genscher und Leber. Auch Sie, Herr Kollege Wörner, scheinen dies so zu sehen; denn Sie haben in 90 % Ihrer Rede den Prinzipien unserer Verteidigungspolitik hier zugestimmt. Ich frage mich allerdings nach Ihrer Rede, weshalb Sie dann dem Budget für eben diese Politik nicht zustimmen konnten. Herr Kollege Kraske wird es sicherlich besonders schwer haben, in seinem nächsten Beitrag dies zu erläutern.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wenn wir, wie Sie behauptet haben, finanziell zu wenig für unsere Politik getan haben, dann frage ich mich allerdings, wo Ihre finanziellen Mehrforderungen bei der Beratung des Bundeshaushalts 1977 geblieben sind.
    Die Bundeswehr, meine Damen und Herren, ist diszipliniert, sie ist hervorragend ausgebildet und besser ausgerüstet als je zuvor.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Wenn Sie sich nur ein bißchen auskennen würden!)

    Unsere Bundeswehr ist zum Stützpfeiler der Verteidigung in Mitteleuropa geworden.
    Herr Kollege Wörner, Sie meinen, ich würde mich so wenig auskennen. Ich fliege zwar nicht so oft mit dem Flugzeug über die Bundeswehr weg; ich habe meine Wehrübung dafür i n der Bundeswehr gemacht.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Wörner [CDU/CSU] : Aber vielleicht sollten Sie ein paar Truppenbesuche mehr machen!)

    Niemand, der sich auch nur einigermaßen von Vorurteilen freigehalten hat, wird bestreiten können, daß die Bundeswehr Stützpfeiler des Bündnisses ist. Wer uns das nicht glaubt, Herr Kollege Dr. Wörner und meine übrigen geschätzten Kollegen von der Union, kann ja einmal unsere Alliierten fragen und deren Lagebeurteilung heranziehen.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Ich würde Sie eher fragen, ob Sie die Meinung seriöser militärischer Führer von oben bis unten kennen und zur Kenntnis nehmen wollen, die Ihnen unter vier Augen sicher anderes erzählen, als Sie hier gesagt haben!)

    — Ich will, Herr Kollege Dr. Wörner, die Sache für die interessierten Zuhörer vereinfachen und Ihre Frage wiederholen, ob ich nicht die Meinung von seriösen Experten beurteilen könnte, die mir unter vier Augen etwas ganz anderes sagten. Wissen Sie, die Methode kann ich hier nicht akzeptieren. Ich muß schon das veröffentlichte Meinungsbild aller Experten zur Kenntnis nehmen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wenn die Ihnen unter vier Augen etwas anderes sagen, als sie publizieren, dann sprechen Sie mit eigenartigen Experten!
    Auch in der Entspannungspolitik, meine sehr verehrten Damen und Herren, haben wir Fortschritte erzielt, die wesentlich mit auf die konstruktiven Beiträge der Bundesregierung zurückzuführen sind. Die Entspannungspolitik hat in der Tat — wie es in der heute zu behandelnden Antwort heißt — „dazu beigetragen, die politische Lage in Europa zu stabilisieren". Trotz aller Schwierigkeiten, die nicht zu leugnen sind und die nicht nur durch die sowjetische Aufrüstung verursacht wurden, sind die Koalitionsparteien und die von ihnen getragene Regierung nie versucht gewesen, Verteidigung und Entspannung als notwendige, einander ergänzende Einheit der Strategie des Friedens aus dem Blick zu verlieren. Ohne Frieden aber ist in der gegebenen politischen Weltlage und beim Stand der heutigen Waffentechnik ein Überleben nicht möglich. Diese Erkenntnis sollte jeder beachten, der Kritik an der Entspannungspolitik übt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das ist doch eine Binsenwahrheit!)

    Man kann Kritik an falschen Methoden der Entspannungspolitik üben; das ist sicherlich Ihr Recht und auch Ihre Pflicht. Übt man aber undifferenzierte Kritik an der Entspannungspolitik schlechthin, so dient man, finde ich, dem Frieden überhaupt nicht.
    Herr Kollege Wörner, was Sie vorhin hier vorgetragen haben, war in der Tat der offenbar bei Ihnen nicht zu überwindende Tenor — ich zitiere —: Entspannung vollzieht sich nach den Spielregeln der Kommunisten, eine Politik, die sich Schritt um Schritt der Macht beugt; und was Sie sonst noch an Diffamierung uns gegenüber immer wieder vertreten.
    Dies ist nicht unsere Entspannungspolitik. Unsere Entspannungspolitik hat konkret bisher dazu geführt, daß die Menschen, für die wir hier ab und zu ja wohl auch noch Politik machen, Verbesserungen erfahren haben. Darauf kommt es uns an.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die Antwort der Bundesregierung stellt — darauf habe ich hinzuweisen versucht — in Übereinstimmung mit der Studie des Internationalen Londoner Instituts fest, daß ein Angriff auf uns weiterhin unattraktiv ist. Wenn die so bleiben soll, dürfen wir nicht die Augen verschließen vor den Mängeln, vor den noch nicht gelösten oder noch nicht in Angriff genommenen Aufgaben in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, in der Strategiediskussion und in der Bundeswehr selbst.
    Diese Mängel haben uns, die Freien Demokraten, dazu veranlaßt, schon zu Beginn der Legislaturperiode eine kritische Bestandsaufnahme im Bereich der Sicherheitspolitik vorzunehmen und uns zu fragen, wieweit es denn nun wirklich her ist mit der Fähigkeit des Bündnisses zur angemessenen Antwort, wieweit die herrschende Strategie und ihre materielle Ausfüllung wirklich in der Lage ist, unser Land zu verteidigen, ohne daß zerstört wird, was eigentlich verteidigt werden soll.
    Wir haben uns aber auch gefragt, wieweit denn der Bürger willens und bereit sei, Recht und Freiheit der Bundesrepublik Deutschland zu verteidigen.



    Möllemann
    Wir sind im Zusammenhang damit der Frage nachgegangen, ob die Unterrichtung der Soldaten auf dem Gebiet der politischen Bildung so angelegt ist, daß er seinen Auftrag versteht, und ob der tägliche Dienst, ob Fürsorge und Betreuung, auch für die Familienangehörigen der Soldaten, so gestaltet sind, daß der Soldat diesen sozialen und freiheitlichen Rechtsstaat, den er verteidigen soll, auch als solchen im Dienst erlebt.
    Wir verstehen eigentlich auch heute noch nicht die Art und Weise, wie unserer Überlegungen dann behandelt werden. Herr Kollege Wörner, Sie haben gesagt, im Grunde komme Ihnen so vieles bekannt vor. Das ist die einfachste Methode, zu sagen: Ätsch, ich bin schon vorher dagewesen.

    (Zuruf ,des Abg. Dr. Wörner [CDU/CSU])

    Ich finde, Sie sollten, wenn Sie Punkte positiv ansehen, ruhig einmal sagen, daß Sie sie so bewerten und weshalb das so ist, und nicht mit einem etwas lässigen Schlenker in eine bestimmte Ecke zu rücken versuchen.

    (Dr. Kraske [CDU/CSU] : Haben Sie nicht eben selber Wörner gegenüber von 90 % gesprochen?)

    — Ja, 90 % seiner Ausführungen zur Regierungspolitik waren in der Tat so lobend, daß wir uns keinen besseren Förderer vorstellen könnten. Aber als er sich mit den Positionen der FDP beschäftigt hat — und dafür spreche ich nun mal hier, nicht für die Regierung —, fand ich die Behandlung unserer Auffassung nicht angemessen.
    Heute beschäftigen sich öffentliche und veröffentlichte Meinungen sehr eingehend mit den Problemen der Sicherheitspolitik und der Bundeswehr. Das gibt unserer Initiative nachträglich und nachdrücklich, wie ich finde, recht. Wir geben aber ohne Umschweife zu, daß wir besonders auf dem Gebiet der Strategie nicht über die Exploration von Alternativen hinausgekommen sind, daß wir dabei sind, über Ergänzungen und Modifizierungen nachzudenken. Dies ist ein sehr schwieriger Prozeß, fern von aller Polemik, gerade weil wir alle Beiträge vorurteilsfrei prüfen wollen, die Denkanstöße liefern und uns bei dem Bemühen um die Abstellung von Mängeln helfen können.
    Wir halten dies für eine bessere Methode als die Polemik, die hier vorgetragen worden ist, und für eine Methode, die auch der Bedeutung der Probleme von Frieden und Sicherheit in unserem Lande durchaus angemessen ist. Wir wünschen uns, daß unsere diesbezüglichen Versuche respektiert werden und daß vorläufige Ergebnisse dieses Denkprozesses nicht immer wieder als endgültig hingestellt werden.
    Zurück zur Anfrage! Namens der FDP-Fraktion begrüße ich das erneute Bekenntnis der Bundesregierung zum Atlantischen Bündnis als der Grundlage unserer Sicherheit und zu den USA als unverzichtbaren Partner, wenn es um die Sicherheit Europas geht. Herr Kollege Dr. Wörner, es fördert diese Kooperation zwischen uns und den Vereinigten Staaten sicherlich manches nicht, aber ganz sicherlich auch nicht, wenn Sie hier versuchen, künstliche Gegensätze zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA zu konstruieren zu einem Zeitpunkt, da nach dem letzten Treffen beide Regierungen nachdrücklich die hervorragende Kooperation unterstrichen haben.
    Wir werden in unserer Außenpolitik alles tun, um einzelnen Bündnispartnern bei der Überwindung von ökonomischen oder politischen Problemen zu helfen und somit das gesamte Bündnis zu stützen. In diesem Zusammenhang möchte ich anfügen, daß wir Spanien ermuntern möchten, nicht nur Mitglied der Europäischen Gemeinschaft, sondern auch der NATO zu werden. Die beiderseitige Solidarität sollte den Sicherheitsbereich voll einschließen. Spaniens Beitritt zur NATO würde Europa und das Bündnis stärken. Wir unterstreichen die Feststellung, daß die Freiheit Amerikas in Europa verteidigt wird. Von daher begrüßen wir das Bekenntnis von Präsident Carter zur grenznahen Verteidigung.
    Wie die Bundesregierung so sieht auch meine Fraktion, daß die Sicherheit nicht ausschließlich durch Verteidigungs- und Entspannungspolitik erreicht werden kann. Wir sehen, daß Außen-, Verteidigungs-, Wirtschafts- und Entwicklungspolitik ein Ganzes bilden. Wir sagen hinzu: wir unterstreichen den Zusammenhang zwischen der Verteidigungswürdigkeit, also der inneren Qualität, und der Verteidigungsfähigkeit und -bereitschaft einer Gesellschaft. Diese Erkenntnis ist und bleibt der entscheidende Ausgangspunkt bei der Arbeit an unserem sicherheitspolitischen Programm. Deshalb setzen wir uns ein für einen weltweiten Abbau möglicher Konfliktursachen und -auslöser, seien sie wirtschaftlicher, sozialer, militärischer oder politischer Natur.
    Dies bestimmt auch unsere Haltung gegenüber den Problemen des südlichen Afrika, wo wir einen friedlichen Wandel zu einer gerechten, menschenwürdigen Ordnung unterstützen und somit helfen wollen, Blutvergießen zu vermeiden. Dies ist der beste Weg, ein Hineingleiten Südafrikas in die Einflußsphäre des Kommunismus zu verhindern. Der falsche Weg ist der, den Ihr Kollege Todenhöfer beschreitet: sich hinzustellen und zu sagen: Für alle anderen Länder ja, aber für Südafrika soll niemals das Prinzip „One man one vote, also die politische Gleichberechtigung gelten. Damit fördern Sie, ob Sie es wollen oder nicht, Radikalisierungstendenzen.
    Ich möchte einige Bemerkungen zu dem machen, was hier zum Thema Strategiediskussion gesagt worden ist. Wir begrüßen es, daß — man könnte sagen: endlich — eine Diskussion über diese Fragen in Gang gekommen ist. Für diese Bewertung gibt es mindestens zwei Gründe: Erstens kann sich hierdurch sicherheitspolitisches Engagement in der Offentlichkeit verstärken und sicherheitspolitisches Bewußtsein in der Bevölkerung herausbilden und differenzierter werden. Zweitens erhält ein bislang etwas vernachlässigter Aspekt unserer Sicherheit überhaupt ein stärkeres Fundament. Uns Freien Demokraten geht es — ich betone dies — sehr wohl um Ziel und Inhalt dieser unsere Existenz betreffenden Diskussion.



    Möllemann
    Wovon ist dabei auszugehen? — Als die frühere Bündnisstrategie der massiven Vergeltung trotz erheblicher amerikanischer nuklearer Überlegenheit geändert wurde, geschah dies um der Glaubwürdigkeit der Abschreckung willen. Es war nämlich unglaubhaft geworden, daß gewissermaßen beim ersten Grenzstreit gleich der nukleare Hammer eingesetzt werden würde, was das Stellen der Existenzfrage zum frühest denkbaren Zeitpunkt bedeutet und alle sonstigen Möglichkeiten der Konfliktregelung überflüssig gemacht hätte. Also folgte auf die massive retaliation die abgestufte Reaktion. Inzwischen hat sich die Lage weiter verändert. Aus der nuklearen Überlegenheit der USA ist ein nukleares Patt der Supermächte geworden, das nur noch in sehr spezifischen Bereichen unterschiedliche, sich letztlich aber aufhebende Bewertungen gestattet. Darüber hinaus haben sich die Arsenale der Verteidigungspakte so gefüllt, daß komplette Stufenleitern der Eskalation auf beiden Seiten verfügbar sind. Infolgedessen sind die Interessen der Supermächte so gelagert, daß sie kategorisch gezwungen sind, jedem direkten Konflikt auszuweichen, um die Eskalationsautomatik nicht auszulösen. Weiter hat dies zur Folge, daß die Supermächte eigene Konflikte auf Stellvertreter an der Peripherie überzuwälzen versuchen. Und umgekehrt: Wenn sich irgendwo auf der Welt Konflikte zuspitzen, suchen sich die Beteiligten ihre Supermacht und ordnen sich damit regelmäßig in die große politische Konfliktlage ein.
    Eine weitere Konsequenz ist, daß die Bundesrepublik Deutschland mit allen materiellen und psychologischen Folgen davon Kenntnis nehmen muß, daß Vorne-Verteidigung sich, wenn das Grundgesetz Gültigkeit und wenn dieser Begriff Sinn behalten soll, auf unserem Territorium abspielen müßte. Daher lehnen wir die Dregger-WeinsteinKonzeption der Vorwärtsverteidigung ab. — Herr Kollege Wörner, auch Sie hätten zu diesbezüglichen Ausführungen Ihres Kollegen Dregger hier etwas sagen können, als Sie die Verfechter anderer Strategien etwas pauschal angegriffen haben.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, daß ich nicht die Verfechter angegriffen habe, sondern die Theorien!)

    — Das Mikrophon steht vor Ihnen; wenn Sie das bitte benutzen würden.
    In letzter Konsequenz werden die europäischen Bündnispartner für mangelhafte Erfüllung ihrer konventionellen Bündnis- und Verteidigungsverpflichtungen nicht die USA nuklear — und das bedeutet existentiell — haftbar machen können. Zwischen einer amerikanischen politischen Tendenz, die nukleare Schwelle deutlich anzuheben, um nicht vorzeitig nuklear engagiert zu werden, und einer militärstrategischen Tendenz, den Übergang in den nuklearen Sektor der Eskalation zu vereinfachen, glaubhafter oder logischer zu machen, bestehen ebenfalls Widersprüche.
    Alle diese nur schlaglichtartig angedeuteten Tatbestände und Tendenzen sind in den letzten 15 Jahren starken Wandlungen unterzogen gewesen. Die aus ihnen abgeleiteten Lagebeurteilungen und Entscheidungen sind daher notwendigerweise zu überprüfen und in mancher Hinsicht — das erscheint in diesém Stadium der Diskussion bereits wahrscheinlich — zu modifizieren. Es hilft dabei wirklich nichts, Herr Kollege Dr. Wörner, wenn man jeden, der in dieser Richtung auch nur nachdenkt, gleich in eine bestimmte, sozusagen die Sicherheit gefährdende Ecke zu drängen versucht.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Wer tut das denn!)

    Die Diskussion in unserem eigenen Lager hat dabei zu ersten Erkenntnissen und Ergebnissen geführt. Erstens. Das Bündnis ist und bleibt das Fundament unserer äußeren Sicherheit. Jedes Nörgeln daran ist schädlich. Jede Kritik — auch eigene Kritik — muß auf Stärkung des Bündnisses, nicht auf Schwächung oder Auflösung zielen.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Eine gewaltige Erkenntnis!)

    Zweitens. Die Bundesrepublik sollte mehr — und vor allem qualifizierter als bisher — ihren sicherheitspolitischen und militärstrategischen Eigenbeitrag ins Bündnis einbringen. Das gilt konzeptionell wie personell. Dabei geht es keinesfalls um ein Mehr an nationaler Eigenbrötelei und Rechthaberei, wohl aber um die Darstellung der Bündnisaufgaben aus unserer Sicht unter Verdeutlichung unserer spezifischen Interessen, soweit sie bündnisfähig sind.
    Drittens. Hierher gehört auch unsere Forderung, ein nukleares Vetorecht für die Regierung der Bundesrepublik Deutschland zu konzipieren, das gewissermaßen als Schlußstein die Konsultationsverfahren im Bündnis bzw. bilateral politisch absichert.
    Herr Kollege Wörner, Sie haben vorhin diese Frage hier an uns gerichtet. Ich unterstreiche noch einmal diese Position. Nur, damit hier kein Mißverständnis aufkommt, zweierlei: Dies mag eine prozedurale Erschwernis im Entscheidungsprozeß sein. Aber ich kenne auch keine vitalere Frage für uns als die, in einem militärischen Konfliktfall die Grundsatzentscheidung mittreffen zu können, ob auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Atomwaffen eingesetzt werden. Ich spreche nicht davon, daß nach dieser Grundsatzentscheidung sozusagen auch noch die jeweilige Punktentscheidung über Regierungsmechanismen geklärt werden müßte. Über diese Frage der Grundsatzentscheidung lasse ich nicht mit mir handeln. Über andere Fragen zu diskutieren bin ich gern bereit.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Die Frage ist, ob Ihr Minister, Ihr Vorsitzender, nicht mit sich handeln läßt!)

    — Im Gegensatz zur Ihrer Partei, Herr Kollege Dr. Wörner, sind Aussagen, die ein Vertreter der FDP hier macht, Aussagen der FDP, d. h. natürlich auch des Vorsitzenden der FDP.

    (Beifall bei der FDP — Weiskirch [Olpe] [CDU/CSU] : Möllemann ex cathedra!)

    Viertens. Unsere bisherige Diskussion lehrt auch, daß die gültige „Vorne-Verteidigung" durch Elemente einer den gesamten Raum unseres Landes ab-



    Möllemann
    deckenden Verteidigung ergänzt werden sollte. Ich sage ausdrücklich: ergänzt werden sollte. Von manchen Seiten ist uns nämlich unterstellt worden, wir forderten eine Ablösung der bisher gültigen Strategie der „Vorneverteidigung" durch die sogenannte „Raumverteidigung". Dies ist unzutreffend.
    Wir Freien Demokraten plädieren indessen für eine Anpassung bestimmter Elemente unserer Verteidigungsstrategie an inzwischen eingetretene historische Entwicklungen und Veränderungen. Dabei gehen wir mit Sorgfalt, Augenmaß und der Bereitschaft, Kritik entgegenzunehmen an diese Diskussion heran.
    Vieles von dem, was hier zur Strategie gesagt worden ist und was wir auch bei uns selbst überlegt haben, kann allerdings ganz anders aussehen, wenn es zum Bau der Neutronenwaffe und zu deren Einführung in das Arsenal der Waffen kommt, die für die Verteidigung Europas vorgesehen sind. Dabei muß von vornherein klar sein: Die Entscheidung zum Bau der Neutronenwaffe ist eine rein nationale Entscheidung des US-Präsidenten. Die Entscheidung über eine mögliche Aufnahme der Waffe in die Bewaffnung der NATO liegt aber — das ist sehr wesentlich — auch bei den Verbündeten. Beide Entscheidungen stehen also in Beziehung zueinander. Eine Entscheidung zum Bau der Waffe würde sicherlich wesentlich im Blick darauf getroffen, ob sie Waffe der NATO in Europa werden soll. Präsident Carter steht jetzt also vor seiner Entscheidung über Produktion oder Nichtproduktion der Waffe — und zwar zu Recht — in enger Konsultation mit den Bündnispartnern, nicht bilateral, sondern notwendigerweise mit allen Partnern in der NATO. Er hat sich noch nicht entschieden. Sie werden auch von uns hier heute keine definitiven Stellungnahmen in Sachen Neutronenwaffe erwarten können. Ich will aber auf die wesentlichen Aspekte eingehen und meine Beurteilung hier erläutern.
    Zum ersten: Auch die Neutronenwaffe ist eine Nuklearwaffe. Bei ihrem Einsatz im Verteidigungsfall muß der Wille der Bundesregierung ausschlaggebend sein. Zum zweiten: Weil die Neutronenwaffe eine Nuklearwaffe ist, ist sie zunächst politische Waffe. Sie muß also zuerst unter den nur theoretisch voneinander zu trennenden Aspekten von Abschrekkung und Entspannung gesehen werden. Die Glaubwürdigkeit unserer Abschreckung ist in jüngster Zeit häufig in Frage gestellt worden. Grund dafür ist die Annahme, daß der Westen nicht fähig sein könnte, sich rein konventionell zu verteidigen, und deswegen gezwungen sei, auf die herkömmlichen Nuklearwaffen zurückzugreifen. Die Wirkung dieser Waffen kann aber so stark sein, daß sie möglicherweise zerstören, was eigentlich verteidigt werden soll. Damit wäre dann in der Tat die Verteidigung — und mit ihr die Abschreckung — widersinnig und unglaubwürdig.
    Das Charakteristische der Neutronenwaffe ist, daß ihre Flächenwirkung auf einen Bruchteil der Flächenwirkung herkömmlicher Nuklearwaffen reduziert ist. Damit kann sie gezielt auf die Angriffsspitzen eines Aggressors eingesetzt werden — bei gleichzeitiger weitgehender Schonung der Zivilbevölkerung; und dies ist ein sehr entscheidender Aspekt. Die Neutronenwaffe könnte also die konventionelle Schwäche der NATO ausgleichen, ohne zu zerstören, was sie verteidigen soll. Ihr Einsatz wäre — in diesem extremen Fall — wirkungsvoll und gegenüber der eigenen Bevölkerung verantwortbar. Die Verteidigung — und mit ihr die Abschreckung — wäre erheblich glaubwürdiger; die Verhältnisse in Mitteleuropa wären stabiler. Das heißt also, die Neutronenwaffe wäre in besonderem Maße geeignet — könnte in besonderem Maße geeignet sein —, den Zustand, den wir erhalten wollen — den Frieden —, zu stabilisieren.
    Offensichtlich sieht die Sowjetunion die Möglichkeiten der Neutronenwaffe ähnlich. Nur so ist ihre heftige Propaganda gegen dieses System zu erklären. Statt ihre Propaganda zu intensivieren, sollte sich die UdSSR besser darüber klarwerden, daß es zweckmäßigere und friedensdienlichere Mittel gibt, auf den Entscheidungsprozeß zur Neutronenwaffe einzuwirken. So könnte vor allem die Entscheidung der UdSSR, sich bei MBFR mit uns auf das Prinzip der Parität zu einigen, das Interesse des Westens an Bau und Einführung dieser Waffe wesentlich verringern.
    Mit dem hier Dargelegten sind vor allem die eher positiven Möglichkeiten der Neutronenwaffe aufgezeigt. Mir ist klar, daß sich aus ihnen viele Fragen ergeben, in denen die Meinungen sehr geteilt sind. Und, Herr Kollege Dr. Wörner, auch hier noch einmal zu einem unredlichen Teil Ihrer Rede: Sie versuchen, den Eindruck zu erwecken, als seien die Kritiker nur in einer Partei. Aber diese Diskussion geht doch durch alle Parteien! Ich habe sehr aufmerksam das Interview mit Ihrem hochgeschätzten Kollegen Dr. Leisler Kiep gelesen, der sich selbst auch sehr kritisch geäußert hat. Warum kann man sich denn nicht hierher stellen und sagen, daß man aus ernsten Sorgen dieses System kritisch durchleuchten kann und daß dies nicht immer gleich mit irgendwelchen obskuren Motiven zu tun haben muß?

    (Zustimmung bei der FDP und der SPD — Dr. Wörner [CDU/CSU] : Bauen Sie doch nicht immer Türken auf! Sie bauen doch fortlaufend Türken auf, und Sie schlagen dann auf die Türken ein! — Weitere Zurufe)

    — Also, Herr Kollege Dr. Wörner, ich bin sehr dafür, daß wir die Solidarität mit den Türken pflegen. Von daher kann man sie ruhig aufbauen. Darauf einschlagen tun wir hier nicht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Kalauer!)

    — Sie sagen, das war ein Kalauer. Nun, ich versuche, mich Ihrem Niveau ein bißchen anzugleichen.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der FDP und der SDP)

    Es wird gefragt, ob Bau und Einführung der Waffe im Westen noch Sinn hätten, wenn auch der Osten sie einführe. Hier meinen also die einen, damit paralysierten sich die Waffen in ihrer Bedeutung. Andere sind der Auffassung, daß der Westen — im Gegensatz zu heute — dann um so mehr über eine



    Möllemann
    wirkungsvolle Verteidigungswaffe verfügen müsse, deren Einsatz glaubwürdig sei.
    Auch in der Frage, ob die Neutronenwaffe die Grenze zwischen atomarer und konventioneller Verteidigung verwischen und so die Eskalation beschleunigen könnte, sind die Meinungen geteilt. Während diese Möglichkeit von manchen — auch gestern im Verteidigungsausschuß — bejaht wird, meint man andererseits — und dies scheint mir schlüssiger zu sein , daß bei Vorhandensein der Neutronenwaffe ein Einsatz der herkömmlichen Atomwaffen insgesamt und auch der Neutronenwaffe durch deren pure Existenz unwahrscheinlicher werde.
    In diesem Falle wird jedoch eine gewisse Gefahr des „decoupling" — des Entkoppelns — gesehen. Das heißt, eine mögliche Fähigkeit des Einsatzes von Neutronenwaffen könnte den USA Gelegenheit geben, sich in der atomaren Auseinandersetzung insofern zu schonen, als sie die Auseinandersetzung auf die beiden untersten Stufen der Triade und auf den Bereich Mitteleuropas, vor allem auf den der Bundesrepublik, beschränkt. Vor solchen Vorstellungen in der amerikanischen Diskussion müssen wir natürlich nachdrücklich warnen. Ich glaube allerdings nicht, daß sie bei den Verantwortlichen in der amerikanischen Politik gehegt werden.
    Gewarnt werden muß auch vor den Ideen, die in einer eventuellen Einführung der Neutronenwaffe die Chance zu einem weiteren Abbau konventioneller Kampfkraft sehen wollen. Das Gegenteil ist derzeit nötig!
    Nun zu einem letzten und wesentlichsten Argument gegen die Waffe: Auch militärische Fachleute weisen darauf hin, daß eine Gefahr der Neutronenbombe darin bestehen könnte, daß sie wegen der räumlichen Begrenztheit ihrer Wirkung die Kriegsführung wieder möglich machen oder erscheinen lassen könnte. Nicht weniger aber leuchtet, finde ich, das Gegenargument ein, wonach die Neutronenbombe eben wegen dieser begrenzten Wirkung erst verantwortbar eingesetzt werden könnte und damit Verteidigung und Abschreckung wieder glaubwürdiger gemacht werden könnten und somit der Frieden stabilisiert würde.
    Als Fazit möchte ich zu unserer Position an dieser Stelle sagen, daß der Entscheidungsprozeß in meiner Fraktion noch nicht abgeschlossen ist, daß wir ihn in der gebotenen Nüchternheit zu Ende führen wollen, daß wir aber von einer tendenziell positiven Bewertung ausgehen.
    Nach diesen kurzen Überlegungen zur Strategie und zu Bündnisfragen möchte ich mich zwei Punkte aus dem nationalen Sicherheitsbereich zuwenden. Zunächst möchte ich einige Anmerkungen zur Beschaffungspolitik machen. Bei der Entwicklung und Beschaffung von Rüstungsmaterial ist es der Bundesregierung im großen und ganzen gelungen, die gesteckten Ziele zu erreichen. Es ist schon imposant — und vielleicht sogar erschreckend —, die Liste der in den letzten Jahren entwickelten und beschafften Systeme für die Bundeswehr durchzuarbeiten. Hierbei sind nicht nur die technisch hochwertigen Systeme wie der verbesserte Kampfpanzer „Leopard", der Flakpanzer „Gepard", die Feldhaubitze 70 oder das Mehrzweckkampfflugzeug MRCA zu nennen, sondern auch die vielen kleinen Maßnahmen, die zur Kampfwertsteigerung vorhandener Systeme, Projekte und Geräte geführt haben. Und doch muß man sich fragen, ob diese Rüstungsanstrengungen bei den vorhandenen Mitteln so weitergeführt werden können. Zur Zeit glauben wir noch immer, daß wir mit einer immer höheren Qualität die Quantität des Gegners ausgleichen können, um somit das Gleichgewicht zu erhalten.
    Von der Regierung wird nun in mehreren Passagen der Antwort deutlich gemacht, daß die Steigerung der Qualität aller Waffensysteme des Warschauer Paktes ebenfalls ständig fortgesetzt und dabei die Gesamtzahl der Systeme nicht verändert wird. Hier kann eine Gefahr auf uns zukommen, der man nach meiner Ansicht schon heute entgegentreten muß. Wir müssen verhüten, daß die technologische Führung des Westens auf irgendeinem Gebiet verlorengeht.
    Überdies sind Bemühungen der Regierung, die Entwicklung und Beschaffung von Wehrmaterial durch Zusammenarbeit im Bündnis zu verbessern und dadurch für alle Bündnispartner wirtschaftlicher zu gestalten, ohne Einschränkung zu begrüßen. Sie müssen noch verstärkt werden. Die Ergebnisse dieser Bemühungen sind nämlich noch nicht ausreichend. Wenn vielleicht hier und da falschverstandene wirtschaftliche Interessen einzelner Länder eine gemeinsame Arbeit noch erschweren, so ist zumindest festzulegen, daß alle Mengenverbrauchsgüter, Munition sowie Betriebsstoffe vereinheitlicht werden.
    Deshalb ist die Standardisierung zunächst verstärkt auf die Aufgabe zu konzentrieren, wichtige Systeme, Projekte und Geräte miteinander verträglich und miteinander einsetzbar zu machen. Auf diesem Feld entscheidet sich, ob sich der Westen mit der Verteidigungspolitik finanziell übernimmt oder nicht. Hier sollte auch die europäische Solidarität einsetzen. Wir treten dafür ein, daß das zu schaffende gemeinsame Europa als politische Union auch die Verteidigungspolitik in seine Kompetenz übernimmt. Mit Kooperation und Standardisierung bei der Waffenproduktion wäre hier schon ein guter Anfang gemacht.
    Unter der Überschrift „Bundeswehr" werden in der Antwort der Bundesregierung einige wesentliche Fragen der Inneren Führung behandelt. Das erscheint uns zweckmäßig, weil bei aller Bedeutung von Sicherheitspolitik, von Strategie, von Ausrüstung und Bewaffnung der Mensch, der einzelne Soldat auch bei der Bundeswehr im Mittelpunkt stehen muß. Dies muß man hier unterstreichen, weil lange Beobachtungen zeigen, daß der Grundsatz, nach dem der Mensch im Mittelpunkt stehen müsse, in der Bundeswehr manchmal verloren zu gehen droht.
    Ich glaube, daß die Bundesregierung stärkeres Interesse auf die Belange der Inneren Führung richten muß. Wir haben auf die Mängel in den Bereichen der Menschenführung, der politischen Bildung wie auch der Fürsorge und Betreuung schon vor längerer



    Möllemann
    Zeit hingewiesen und mit konkreten Vorschlägen Abhilfe gefordert. Zunächst wurde uns entgegengehalten, die Befürchtungen und die Kritik seien gegenstandslos. Nun aber geben uns die Ergebnisse verschiedener, von der Bundeswehr selbst initiierter Bestandsaufnahmen nur allzu recht.
    Wir begrüßen es daher, daß die Bundesregierung nun bemerkenswerte Schritte zur Verbesserung vor allem der politischen Bildung in der Bundeswehr unternommen hat. Wir begrüßen die Aussage der Bundesregierung, daß erstens die Neuordnung der Bildung und Ausbildung in den Streitkräften, zweitens das Pädagogikstudium der Offiziere an den Hochschulen der Bundeswehr und drittens schließlich die verbesserte Ausbildung der Unteroffiziere an den Fachschulen des Heeres für Erziehung besonders einer zeitgemäßen Menschenführung zugute kommen sollen.
    Wir Liberalen bestehen jedoch insbesondere bei der Ausbildung der Offiziere an den Hochschulen der Bundeswehr auf Ausbau und Durchführung des Anleitstudiums, das zur Zeit — wenn überhaupt — nur zu einem Bruchteil betrieben wird. Hier wird eine Chance der politischen Bildung in der Bundeswehr sträflich vernachlässigt.
    Da ich gerade bei dem Thema „Hochschulen der Bundeswehr" bin: Wir begrüßen es, daß die Bundesregierung nunmehr bereit ist, darüber nachzudenken, ob diese Hochschulen der Bundeswehr auch für zivile Studenten geöffnet werden könnten. Dieser Prozeß des Nachdenkens sollte allmählich abgeschlossen werden, und diese guten, hochqualifizierten Einrichtungen sollten sehr bald den zivilen Studenten zur Verfügung gestellt werden.
    Wir erwarten eine Weiterentwicklung des Lernzielkatalogs Innere Führung mit den Ausbildungsteilgebieten zeitgemäße Menschenführung, politische Bildung, soldatische Ordnung und Wehrrecht, Betreuung und Fürsorge, Völkerrecht und am Völkerrecht orientierte Ausbildung. Für die dort formulierten Lernziele sollen methodische und didaktische Hilfen von der Schule für Innere Führung in Koblenz ausgearbeitet werden.
    Wir erwarten, daß diese Schule für Innere Führung alle notwendigen quantitativen und vor allem qualitativen Hilfen erhält, um ihren neuen Auftrag erfüllen zu können. Darüber hinaus braucht sie diese, um an der Erarbeitung der derzeit überprüften neuen Konzeption mitwirken zu können.
    Wir wissen, daß die Absicht besteht, an der Schule für Innere Führung keine Einzellehrgänge mehr durchzuführen. Statt dessen sollen Modellehrgänge für die Vorgesetzten aller Dienstgrade entwickelt und durchgeführt werden. Wir halten diese Überlegung für organisatorisch zweckmäßig. Wir meinen aber auch, daß sie sich nur dann im Sinne der Inneren Führung auswirken kann, wenn die Vorgesetzten aller Dienstgrade Innere Führung als wirkliche Notwendigkeit begriffen haben und das Bekenntnis zu ihr mehr ist als nur ein Lippenbekenntnis.
    Solange Innere Führung nicht von der weit überwiegenden Mehrzahl aller Soldaten als Existenzprinzip unserer Bundeswehr begriffen wird, sollte die
    Ausbildung der Vorgesetzten aller Ebenen, aber auch der Vertrauensleute, an den Einrichtungen der Bundeswehr stattfinden, an denen das Prinzip der Inneren Führung wirklich begriffen worden ist.
    Insofern bleiben wir vorläufig bei unserer Forderung, daß Kommandeure und Einheitsführer sowie Vertrauensleute eine obligatorische Ausbildung an der Schule für Innere Führung zu absolvieren haben. Darüber hinaus fordern wir heute noch einmal, daß der Soldat nicht nur Mittel zum Zweck sein darf. Er muß mitdenkender und mithandelnder Partner sein. Jeder Soldat ist — unabhängig von seinem Dienstgrad — gleichermaßen wichtig für die Erfüllung des Auftrages der Bundeswehr.
    Von daher setzen wir uns — und hier gibt es einen Unterschied zu der Auffassung der Bundesregierung — für eine Erweiterung der Rechte der Vertrauensleute ein. Wir wollen für den Vertrauensmann zum ersten ein Mitspracherecht bei Personalangelegenheiten, zum zweiten ein Mitspracherecht bei der Ausgestaltung des Dienstplanes, und zum dritten wollen wir die Einführung der Zugsprecher, vor allem bei großen Einheiten und abgesetzten Teileinheiten. Wir fordern erneut eine Verbesserung des Führungsstils — —

    (Würzbach [CDU/CSU] : Den Vorgesetzten abschaffen!)

    — Ich habe den Zuruf nicht verstanden.

    (Weiterer Zuruf)

    — Vorgesetzten abschaffen! Das ist die typische Reaktion, die dann kommt. Wir diskutieren hier über die Möglichkeit, wie man dem einzelnen das Erlebnis von Mitwirkung ermöglichen kann, und dann kommt der sachlich hervorragend qualifizierte Zuruf: Vorgesetzte abschaffen! Wissen Sie, wenn man auf diese Art und Weise mit Ihnen Sicherheitspolitik diskutieren soll, ergibt das natürlich keinen Sinn.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Dr. Wörner [CDU/CSU] : Sie tun doch fortlaufend das gleiche! Sie sind doch ein Heuchler! — Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir fordern erneut eine Verbesserung des Führungsstils, vor allem die Rückkehr zu mehr Auftragstatik. Nur so können sich Entscheidungsfreude, Verantwortungsbereitschaft und geistige Mobilität stärker entfalten.
    Es fällt mir häufig schwer, zu verstehen — auch nach meinem eigenen Erleben in der Wehrübung —, daß sich Verantwortliche auf allen Führungsebenen der Bundeswehr gegen 'diese Vorschläge wehren. Besonders stark ist die Abneigung gegen Vorstellungen, die auf Erweiterung des Freiheits-, Verantwortungs- und Beteiligungsraumes des einzelnen hinauslaufen. Dies ist für mich um so verwunderlicher, als gerade Soldaten wissen und wissen müssen, daß eine technisierte Armee und das moderne Gefecht einen Soldaten verlangen, der auf sich selbst gestellt zu handeln vermag. Das aber setzt ein hohes Maß an Freiheit als tägliche Diensterfahrung voraus. Nicht die beste Technologie, die bessere Strategie oder Bewaffnung ist die Chance der



    Möllemann
    Demokratie, sondern die Freiheit und die Möglichkeit, den Soldaten damit zu motivieren. Daß dies alles noch nicht in vollem Umfange erkannt und anerkannt ist, zeugt von mangelndem Verständnis für manche Werte unserer Demokratie und ihrer Chancen.
    Freilich, alle Bemühungen auf dem Gebiet der Inneren Führung können nur Erfolg haben, wenn die Gesellschaft willens und fähig ist, das Ihre beizusteuern. Dies gilt in besonderem Maße für die politische Bildung. Neben dem Elternhaus hat vor allem die Schule den Auftrag, die jungen Menschen politisch zu bilden, sie kritik-, urteils- und entscheidungsfähig zu machen. Es ist weder für die Gesellschaft noch für die Bundeswehr gut, wenn diese Aufgabe den Streitkräften allein überlassen bleibt. Auch das Warum und das Wie der Landesverteidigung muß zuerst in der Schule behandelt werden. Wir fordern deshalb erneut, daß die Probleme von Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Grundlagen von Wehr- und Zivildienst, aber auch der Themenkreis der Friedens- und Konfliktforschung obligatorisch im Unterricht aller Schularten behandelt werden. Wenn man den jungen Männern die Pflicht aufbürdet, zu dienen, muß man ihnen auch das Recht auf Unterrichtung über Sinn und Zweck dieses Dienens einräumen und ein entsprechendes Informationsangebot unterbreiten.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)

    Aber es geht nicht nur darum, daß dem Wehrpflichtigen aus seiner Pflicht zu dienen, auch ein Recht auf entsprechende Informationen erwächst. Es geht um mehr. Carl Friedrich von Weizsäcker hat einmal gesagt:
    Der Gesichtspunkt der Friedenssicherung muß bei der Beurteilung jeder Politik die erste Priorität haben.
    Das bedeutet auch eine wichtige Priorität für das Thema Friedenspolitik im Unterricht der Schulen. Solange wir dies nicht praktizieren und nicht erkennen, werden wir kaum zu dem Wandel des Bewußtseins in der Bevölkerung gelangen, der es allein uns Politikern erlaubt, eine konsequente Politik der Friedenssicherung und Friedensgestaltung zu betreiben, ohne Rücksicht nehmen zu müssen auf friedensgefährdende Vorurteile, Klischees, Nationalismen, Gruppen- und Klassenegoismen in den Völkern. Dies ist der eigentliche und tiefere Grund, aus dem politische Bildung innerhalb und außerhalb der Streitkräfte notwendig ist. In beiden Bereichen, in Schule und Bundeswehr wird noch ein gutes Stück Weg zurückzulegen sein, bis dieses Ziel erreicht ist, einen in Fragen der Verteidigungs- und Entspannungspolitik informierten, urteils- und entscheidungsfähigen, aber auch handlungsfähigen und handlungsbereiten Bürger heranzubilden.
    Meine Damen und Herren, verehrte Kollegen, ich habe eben von der großen Bedeutung der Fürsorge und der Betreuung im Bereich der Inneren Führung gesprochen, ohne hier auf Einzelheiten einzugehen. Wir und Sie alle wissen, daß auf diesem Gebiete trotz aller Anstrengungen — und diese sind bedeutsam — der jetzigen Bundesregierung noch Mängel bestehen, die allerdings nicht nur etwa von dieser Bundesregierung zu verantworten sind. Ich erlaube mir hier als Stichworte nur in Erinnerung zu bringen den Beförderungs- und Verwendungsstau und die Frage, ob es nicht möglich ist, daß in unserer Bundeswehr die Versetzungshäufigkeit verringert, Freizeitausgleich gewährt und vor allen Dingen eine transparentere Personalpolitik betrieben werden kann. Wir meinen, daß die Fragen von Fürsorge und Betreuung nicht zurücktreten dürfen hinter den ganz ohne Zweifel auch wichtigen Problemen, die ich Ihnen dargelegt habe. Von daher wird sich mein Kollege Walther Ludewig in seinem Beitrag ganz auf diesen Bereich konzentrieren.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir eine abschließende Bemerkung. Ich habe in einem Aufsatz einer Tageszeitung die Feststellung gelesen, daß man innere und äußere Sicherheit nicht trennen kann. Ich teile diese Auffassung, weil ich glaube, daß sie beide von Leuten bedroht werden, die in ihrer intellektuellen Grundhaltung verwandt sind. Aber ich glaube, daß wir ebenso für uns die Verpflichtung haben — und ich habe ein bißchen Sorge, wenn ich die aufkommende Diskussion der letzten Tage beobachte —, mit uns gemäßen Mitteln zu reagieren; das heißt ganz besonders in diesem konkreten Fall der Bedrohung der inneren Sicherheit und darüber hinaus der äußeren Sicherheit: mit der notwendigen Solidarität und mit einem kühlen und klaren Kopf.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Verteidigung.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Georg Leber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die drei Fraktionen des Deutschen Bundestages haben mit Großen Anfragen insgesamt 52 Fragen an die Bundesregierung gerichtet. Die Bundesregierung hat sich bemüht, auf jede der gestellten Fragen gewissenhaft Antwort zu geben. Es kann daher nicht meine Aufgabe heute hier sein, diese schriftlichen Antworten zu wiederholen oder sie gar zu interpretieren. Die Fragen und Antworten decken das wesentliche Feld der Sicherheitspolitik auch ab.
    Seit die Bundesregierung ihre Antworten formuliert hat, sind in den Sommermonaten aber neue Fragen öffentlich aufgeworfen worden, die für die Presse und für die Medien sicher willkommener Stoff in den trockenen Monaten des Sommers gewesen sind; aber es sind Fragen, die wir uns auch stellen müssen. Wer das alles registriert hat, der hat herausfinden können, daß auf dem deutschen Markt mindestens fünf strategische Konzepte gehandelt worden sind, die sich allesamt damit befassen, wo, wie, wie lange, unter welchen Umständen, mit welchen Waffen Deutschland verteidigt werden kann. Hier hat sich wieder einmal in der Debatte der zurückliegenden Wochen herausgestellt, daß Sicherheits- und Verteidigungspolitik keine statische, sondern eine sehr dynamische Angelegenheit ist. Sie hat immer wieder neue Fragen aufgeworfen, auch wenn man



    Bundesminister Leber
    alle denkbaren Fragen gerade gestellt, so wie der Deutsche Bundestag das getan hat, alle denkbaren Fragen beantwortet hat, so wie die Regierung das versucht hat. Wer diese Diskussion mit etwas Abstand verfolgt hat, wer hingehört hat, was die Gemüter bewegt, wer gesehen hat, was Emotionen verursacht, der konnte leicht den Eindruck gewinnen, als sei der Krieg ein nicht zu verhinderndes Schicksal, das eines Tages doch unwiderrufbar über die Menschheit kommt.
    Diese hinter uns liegende öffentliche Auseinandersetzung war auf eine schiefe Ebene geraten. Unsere erste Aufgabe besteht nicht darin, uns innerlich darauf einzustellen, daß Krieg unabwendbar ist und daß er kommen wird. Die Aufgabe, die wir haben, ist unverrückbar und lautet unverändert: Wir haben alles zu tun, was in unseren Kräften ist, um das Unheil eines Krieges abzuwenden. Zuerst muß in uns immer die sorgende Frage bohren, ob wir auch alles, was möglich ist, ob wir alles, was eigentlich nötig ist, getan haben. Wenn wir glauben, wir hätten alles getan, müssen wir prüfen, ob es nicht doch Lücken und Mängel in unserer Logik gibt, ob wir jede erdenkliche Vorsorge getroffen haben, um zu verhindern, daß das Schlimme über uns kommt. Diese Aufgabe der Verhinderung des Krieges muß unsere ganze Kraft herausfordern. Wer diesen Gedanken vernachlässigt, gerät so auf die schiefe Ebene, wie die Debatte im Sommer auf die schiefe Ebene geraten ist.
    Krieg ist auch in unserer Zeit zu verhindern, wenn durch Krieg nichts gewonnen werden kann und wenn er unführbar bleibt. Damit ist die Aufgabe umschrieben. Ein Krieg zwischen industrialisierten Staaten, die sich, zu Blöcken formiert, hochgerüstet gegenüberstehen, ist nichts, was Menschen mit Verantwortung wollen können, was planende Vernunft durchkalkulieren kann, was sich überhaupt unter vernünftigen Menschen zu Ende denken läßt. Dabei ist doch wohl gar nicht zu bestreiten, daß jemand, der sich vornimmt, einen Angreifer vom Vorhaben eines Angriffs abzuschrecken, dann, wenn er das genügend kann, auch eher die Chance hat zu bestehen, wenn wider alle Vernunft doch ein Angriff auf ihn erfolgen würde. Mit dem, was ich als die Unmachbarkeit des Krieges bezeichne, meine ich jede Art von Krieg zwischen den Blöcken, und ich meine jeden Krieg, mit welcher Waffe auch immer.
    Der Zweck von Kriegswaffen ist es, zu zerstören, zu vernichten, zu töten. Dies gilt auch für das, was man Neutronenwaffe genannt hat. Diese Waffe ist ganz fraglos eine Kriegswaffe und eine inhumane Waffe. Man muß nur aufpassen, daß keine Mißverständnisse entstehen. Wenn man eine Waffe als inhuman bezeichnet, kann leicht der Eindruck entstehen, als ob es Waffen gäbe, die human wären oder vielleicht ein wenig humaner als diese.

    (Beifall bei der SPD und der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU)

    In dem breiten Arsenal der Kriegswaffen, über die ich glaube einige Übersicht zu haben, ist nicht eine einzige, die ich den Mut hätte, als eine humane zu bezeichnen. Der Krieg als Ganzes ist inhuman, und
    jede Waffe, mit der er ausgetragen wird, ist gleichfalls inhuman.
    Unser Raster, mit dem wir in der Zeit, in der wir leben, zu prüfen haben, ist die Aufgabe, Krieg und Fiasko zu verhindern und von der Menschheit fernzuhalten. Dazu muß uns jedes brauchbare Mittel recht sein. Das ist zugleich der Maßstab für die Prüfung und Bewertung der Frage, ob Waffen, die es gibt und die es geben könnte, geeignet sind, durch ihre Existenz Krieg zu verhindern, weil der Schrekken, der von ihnen ausgeht, Krieg zum politischen Unsinn macht. Krieg ist auch in der Zukunft denkbar, wenn er ohne existentielles Risiko für einen Angreifer gewonnen werden kann. Wir haben dafür zu sorgen, daß Krieg in einer so bewaffneten Welt nicht zu gewinnen ist. Und weil er zum Unsinn wird, wird er unter vernünftigen Menschen dann wohl auch nicht geführt werden.
    Was haben wir für Alternativen dazu? Ich frage das mit dem Blick auf die Debatte in unserem Volk. Man kann, durch Gottesglauben gefestigt, von Ethik und Moral gefordert, so wie die Weltkirchenkonferenz 1975 es beschlossen hat, in einer Welt, die voll von Waffen ist, ohne Waffen leben wollen. Ich persönlich habe Respekt vor denen, die aus religiösen und moralischen Überzeugungen eine solche Auffassung vertreten. Ich wünschte mir aber, daß jemand, der so denkt, zugleich auch die Gefahren sieht, die sich ergeben würden, wenn es möglich wäre, nur einen Teil der Welt zu bewegen, in Waffenlosigkeit zu leben, während der andere Teil der Menschheit dieses Gebot nicht beachten würde, weil man auf ihn eben keinen Einfluß hat.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das ist der entscheidende Punkt!)

    Dann wäre der waffenlose Teil der Menschheit der
    Gewalt der Waffen des anderen ausgeliefert, und er
    würde in der Gefahr leben, ihm untertan zu werden.

    (Vorsitz: Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen)

    Man kann natürlich auch, ohne durch Gottesglauben abgestützt zu sein, im Vertrauen darauf, daß es schon gutgehen wird, also aus Bequemlichkeit oder aus Fahrlässigkeit oder weil das billiger ist, mit geringerer oder ganz ohne jede militärische Vorsorge leben wollen, wie das heißt: waffenlos einherwandeln, um Krieg zu verhindern. In beiden Fällen wären sehr viel Glaube, sehr viel Hoffnung und noch viel mehr Vertrauen in die Moral der anderen, die Waffen oder mehr Waffen hätten, die höher gerüstet sind als man selber, notwendig.
    Wir müssen von einer Welt ausgehen, die so ist, wie sie ist. Man darf sich in dieser Welt zu allem, was in ihr schwierig ist — weil es schon schwierig ist, sie einzuordnen, wie sie ist —, nicht obendrein auch noch gegenseitig falsche Dinge unterstellen. Man kann die einen nicht verteufeln, weil sie durch ausreichende militärische Vorsorge gegen erkannte und vorhandene militärische Gefahren Krieg verhindern wollen, und ihnen, weil dazu Waffen nötig sind, unterstellen, sie wollten, weil sie deswegen Waffen brauchten, in Wirklichkeit Krieg. Man kann



    Bundesminister Leber
    den anderen Teil nicht loben, weil er keine militärische Vorsorge zur Verhinderung eines Krieges treffen und keine Waffen haben will, um sich gegen militärische Bedrohung zu schützen, und deswegen für den Frieden sei. Das kann man genauso wenig, wie man jene, die aus Gewissengründen keine Waffen tragen können, als Personen verteufeln darf und wie man jene, die es für ihre Pflicht halten, an der militärischen Vorsorge teilzunehmen, deswegen besonders bewundern darf. Der eine folgt der Auflage seines Gewissens, so wie es ihm das Recht und seine verbriefte Freiheit erlauben; der andere befolgt die ihm aus seinem Gewissen eingegebenen Pflicht, so wie es das Gesetz ihm als Bürger befiehlt. Die Welt, in der wir leben, ist viel komplizierter, als daß wir sie auf einen kleinen Nenner bringen könnten und alles nur in Schwarz oder Weiß sehen dürften.
    Wir sind in der Verantwortung gegenüber unserem Volk, es gegen objektiv vorhandene Gefahren so zu schützen, daß aus ihnen nicht Krieg werden kann. Das mag unbequem sein; das mag, vordergründig betrachtet, sogar teuer sein. Aber es ist unsere Pflicht und am Ende wohl auch das Richtige.
    Militärische Konflikte werden mit Waffen ausgetragen. Sie werden aber nicht durch Waffen verursacht. Militärische Konflikte entstehen, weil Menschen sie aus politischen Gründen wollen

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    und weil Staaten sich in politischen Spannungen verlieren, auf deren Nährböden die Gefahr von Kriegen wächst. Es ist wohl gleichfalls richtig, daß die Gefahr für den Frieden auch immer dann wächst, wenn sich zu vorhandenen Spannungen Mißtrauen gegen die Haltbarkeit des Friedens gesellt. Dies gilt für alle Seiten.
    Wenn die Hoffnung auf Einsicht und Vernunft keine Aussicht hätte, dann hätte die Welt bei wachsenden Spannungen zwischen West und Ost keine Zukunft mehr, weil die Menschheit nicht hoffen könnte, daß ihr die irgendwann drohende Vernichtung erspart bleibt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn die Bemühungen um Entspannung zwischen Ost und West keine Chance hätten, dann müßten wir uns darauf einstellen, daß die Spannungen vermutlich wie nach einem Naturgesetz wachsen, und wir müßten mit einem Rüstungswettlauf rechnen, der die Kräfte der Völker auszehrt und mit der Gefahr verbunden ist, eines Tages zur militärischen Explosion zu treiben, ähnlich wie der Dampf in einem Topf schließlich seinen Ausgang findet. Einer solchen Entwicklung muß mit Politik begegnet werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Krieg unter hochgerüsteten und industrialisierten Staaten ist nicht Politik mit anderen Mitteln.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Krieg mit Mitteln, wie die industrialisierten Staaten sie heute besitzen, ist die tödliche Alternative zum Leben und zur Existenz der Menschheit.

    (Beifall bei der SPD und der FDP) Unsere Bemühungen zum weiteren Abbau der Spannungen bleiben daher notwendig, weil sie der Sicherung des Friedens dienen.

    Man muß sich aber auch davor hüten, sich auf falsche Pferde zu setzen. Wer mit Entspannungspolitik die Absicht verbindet, das kommunistische System in den Ländern, mit denen wir verhandeln müssen, zu beseitigen, würde erleben, daß der Osten zur Sicherung dieses Systems die Jalousien herunterlassen würde und sich dahinter neue Mißhelligkeiten und neue Spannungen bilden würden. So wenig es unsere Sache ist, ,das politische System des Ostens zu stabilisieren, so kurzsichtig wäre unsere Politik, wenn Entspannungspolitik die Änderung der inneren Verfassung der Länder im Osten zum erklärten Ziel hätte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Jede Seite muß selber im Innern mit den Folgen ihrer Politik nach außen fertig werden. Jede Seite ist frei, ihre Politik nach außen unabhängig zu bestimmen. Auch dies sollte klar sein. Es geht um die Minderung der Spannungen zwischen Staaten. Entspannung zwischen Gesellschaftsordnungen gibt es nicht. Wir sollten denen, die für Entspannung sind, nicht vorwerfen, daß sie nichts zur Entspannung in gesellschaftspolitischen Fragen sagen. Der ideologische Zwist bleibt, auch wenn Spannungen zwischen Staaten vermindert werden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Europa erlebt im Herzen eines Kontinents seit Jahrzehnten die gefährlichste Ansammlung militärischer Kraft in der europäischen Geschichte überhaupt. Es gibt nichts Vergleichbares in der Geschichte der Menschheit, wo man eine derartige militärische Konfrontation schon einmal irgendwo vernommen hätte. Dies mag auch erklären, warum nirgendwo in der Welt so große Erwartungen an die Entspannungspolitik geknüpft sind und sich soviel Ungeduld einstellt, wenn Entspannungspolitik nicht schneller vorankommt und nicht auch im militärischen Aufwand und im Kräfteverhältnis zwischen Ost und West schon ihren Niederschlag findet.
    Die Bundesregierung hat durch ihre im Bündnis verankerte Außen- und Deutschlandpolitik in den letzten Jahren entscheidende Beiträge geleistet, um den Weg zu Verhandlungen über Rüstungsbegrenzung und Rüstungsverminderung freizuschaufeln.
    Ich denke, meine Damen und Herren, heute ist klarer, als es vor fünf Jahren, wo wir darüber stritten, klar sein konnte, daß z. B. der deutsch-sowjetische Vertrag, der unter der Kanzlerschaft Willy Brandts abgeschlossen wurde, seinen hohen historischen Rang — heute schon unbestreitbar — hat.

    (Beifall bei der SPD)

    Dieser Vorgang, 'den wir heute klarer einschätzen können als damals, war u. a. Ausdruck der politischen Erkenntnis, daß im Zeitalter der Atomwaffen und Raketen, im Zeitalter der schnellen Verbände, hoher Fluktuation und Flexibilität und bei begrenztem Raum in Europa Verzicht auf Gewalt nichts anderes ist als Gewinn an Vernunft durch Verzicht auf Selbstmord.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)




    Bundesminister Leber
    Es ist wohl ebenso gewiß, daß ohne diesen vorher vereinbarten Gewaltverzicht die in Gang gekommenen Wiener MBFR-Verhandlungen gar nicht erst begonnen worden wären, weil es dafür keine Ausgangsbasis gegeben hätte. Mit dem Blick nach vorn füge ich hinzu, daß ohne Wiener Verhandlungsergebnisse diesem mit der Sowjetunion vor ein paar Jahren vereinbarten Gewaltverzicht etwas Wesentliches vorenthalten würde, was ihm folgen muß, um diese Politik nach vorn zu tragen und ihr auch in die Zukunft hinein Atem zu geben. Eines geht nicht ohne das andere, eines muß dem anderen folgen, wenn es Sinn haben soll.
    Die Sowjetunion hat mit den Vereinigten Staaten von Amerika ein erstes Abkommen zur Begrenzung der strategischen Waffen und danach 1973 ein Abkommen zur Verhinderung von Nuklearkriegen geschlossen. Das hat sie so gewollt. Es lag im Interesse der Sowjetunion, die Überlegenheit der Vereinigten Staaten auf diesem Gebiet abzubauen. Die USA sind diesen Weg mitgegangen. Beide haben sich darauf verständigt.
    Es wäre logisch und sehr konsequent, wenn nun ein Abkommen vorgeschlagen würde und eine Lösung gefunden würde, mit der eine gleiche Parität wie bei den nuklearen Waffen auch bei den Waffen im konventionellen Bereich zustande käme. Das ist der Punkt, um 'den es uns geht. Damit würde die Unsicherheit aus der Frage zerstreut, ob wir von den auf der östlichen Seite angesammelten Panzermassen überrascht werden könnten, und die Gefahr eines konventionellen Krieges würde abgetragen. Eine solche Verständigung würde Vertrauen bilden.
    Was eigentlich könnte die Sowjetunion daran hindern, den von Herrn Breschnew wiederholt ausgesprochenen Verzicht auf Angriffsabsichten durch einen Verhandlungsvorschlag in Wien mit Hand und Fuß auszustatten?

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Was man nicht will, meine Damen und Herren, braucht man auch nicht zu können. Wenn man aber etwas kann, was man nicht will, dann schafft man bei dem anderen, der das sieht, Zweifel. Im Westen entstehen deswegen Zweifel und Besorgnis, weil die Sowjetunion, wie wir wissen, etwas kann, was sie politisch wenn ich ihre Erklärungen nehme — eigentlich nicht will. Wer nicht angreifen will, sollte das auch nicht können wollen. Wir wollen niemand angreifen, wir wollen niemand angreifen können, und wir verzichten deshalb darauf, es zu können.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dies, meine Damen und Herren, füge ich hinzu, damit keine Mißverständnisse ausgelöst werden. Nicht fähig sein zum Angriff, zur Offensive auf den anderen, das ist nicht Schwäche, das ist nicht Einbißchen-weniger-stark-Sein, sondern das ist eine andere Art von Stärke. Man kann mit ihr nicht angreifen, aber mit dieser spezifischen Art von Stärke, die man sich zugelegt hat, ist man fähig, jeden Angriff mit erkannter Bedrohung abzuwehren. Darum geht es uns.
    Es kommt dabei auf folgendes an. Dem fortgesetzten Anwachsen des militärischen Gegeneinander in Europa muß Einhalt geboten werden. Durch entsprechende vertrauensbildende Maßnahmen muß die Anwendung militärischer Gewalt erschwert und soviel neues Vertrauen gewonnen werden, daß Reduzierungen auf ein tieferes Niveau der Kräfte und auf ein zu gewinnendes Gleichgewicht durch Parität möglich werden.
    Wenn der Osten will, daß seine Entspannungsbereitschaft ernst genommen wird — und wir wollen sie ernst nehmen und sie ernst nehmen können —, dann muß der Osten vermeiden, daß durch steigende Panzer- und Flugzeugzahlen ein Klima des Mißtrauens geschaffen wird, das denen in der Welt Wasser auf ihre Mühlen leitet, die keine Entspannung wollen.

    (Sehr gut! bei der SPD)

    Es hat manchmal den Anschein, als ob die Führung der Sowjetunion die politischen Wirkungen ihrer Rüstungssteigerungen, die uns doch nicht verborgen sind, falsch einschätzt.

    (Beifall bei der SPD)

    Es hat manchmal den Anschein, daß sie nicht richtig einschätzt, was sie mit ihrer Rüstungsvermehrung im Westen anrichtet, die auch nach dem Beginn der Verhandlungen über eine Verminderung der Rüstung in Wien nicht nur unverändert fortgeführt wurde, sondern mit Nachdruck weitergeführt wurde.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Sofort nach dem Moskauer Vertrag!)

    Es ist nötig, das so deutlich zu sagen, nicht weil wir anklagen und zurück wollen in den Kalten Krieg, sondern weil wir den Abbau von Mißtrauen und den Abbau von Spannungen wollen, weil wir wissen, daß das nicht mit Illusionen und mit einer Verharmlosung der Lage, sondern nur mit dem Fuß auf dem festen Boden vorhandener Realitäten möglich ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Kein sachkundiger Politiker in Ost und West wird von den Verhandlungen in Wien einen schnellen Erfolg erwarten können. Auf der östlichen Seite darf zugleich auch niemand damit rechnen können, daß es möglich ist, daß der Westen während der Verhandlungen in Wien mit seiner eigenen Verteidigungskraft nachläßt, während im Osten inzwischen das eigene militärische Potential so gestärkt wird, daß es schließlich eine Ausgewogenheit der Kräfte nicht mehr gibt, sondern eine Überlegenheit des Ostens zustande kommt. Dies müssen wir sehen.
    Gelegentlich der NATO-Konferenzen im Mai haben wir gemeinsam festgestellt, daß wir gegenwärtig keine Veranlassung haben, an der Wahrung der Balance der Kräfte zwischen Ost und West im ganzen zu zweifeln. Diese Auffassung wird in der Allianz von niemandem, der ernst zu nehmen ist, ernsthaft bestritten. Wir sind aber auch übereinstimmend der Auffassung, daß die Tendenz, die im Osten erkennbar ist, gefährlich werden kann, wenn die Entwicklung über eine längere Frist so weitertriebe. Deshalb müssen die Schwächen in



    Bundesminister Leber
    der konventionellen Verteidigung des Westens, die bei einigen Alliierten eingetreten sind, behoben werden, damit die Allianz auch künftig ihre zentrale Aufgabe der Sicherung des Friedens erfüllen kann.
    Die Vereinigten Staaten haben seit dem Treffen in London mehrfach deutlich gemacht und unterstrichen, daß Amerika Europa zugewandt ist, daß das Kernstück der amerikanischen Außenpolitik die Solidarität mit Westeuropa ist, daß sie unverändert zur Strategie des Bündnisses und zum Prinzip der Vorne-Verteidigung stehen. Dieses, meine Damen und Herren, ist ein Kernstück der uns obliegenden Verantwortung. Hier geht es nicht um deutsche Grashalme, die irgendwo verteidigt werden, sondern hier geht es um die Substanz unseres Landes.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Diese Fragen sind für uns nicht Ausfluß taktischer oder hypothetischer Überlegungen; sie reichen an unsere Existenz, und sie sind deshalb Geschäftsgrundlage für unsere Teilhabe an der atlantischen Allianz. Dies muß man auch in Amerika wissen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es ist gut für das Bündnis und gut für unsere gemeinsame Sicherheit, daß zwischen der Regierung der Vereinigten Staaten und uns ein enger Kontakt besteht, ein gutes Vertrauensverhältnis und auch Einvernehmen in allen Grundfragen, die unsere Sicherheit berühren und die uns angehen.
    Statt eigener Betrachtungen möchte ich dem Deutschen Bundestag den Inhalt eines Briefes mitteilen, den mir der amerikanische Verteidigungsminister in Kenntnis der öffentlichen Diskussion in unserem Lande vor ein paar Tagen geschrieben hat. Ich zitiere:
    Wegen der letzthin in der Presse angestellten Spekulationen über die amerikanische Politik in Fragen der Verteidigung Westeuropas hielt ich es für zweckmäßig, Ihnen persönlich unsere grundsätzliche Verpflichtung in dieser Angelegenheit erneut auszusprechen. Wie Sie wissen, sind von Angehörigen unserer Regierung, angefangen von Präsident Carter, zahlreiche Erklärungen abgegeben worden, in denen unsere volle Verpflichtung gegenüber der NATO und ihrer Strategie der Vorne-Verteidigung und der flexiblen Reaktion bekräftigt worden ist. Wir teilen mit Ihnen und unseren anderen Verbündeten auch die fundamentalen Annahmen, auf denen die Bemühungen der Allianz auf dem Gebiet der langfristigen Verteidigungsinitiativen beruhen. Vor allem aber legen unsere Anstrengungen einschließlich der umfangreichen Stationierungen von US-Streitkräften in Europa beredt Zeugnis ab von dem Ausmaß der amerikanischen Entschlossenheit.
    Unsere Regierung hat ihre Gesamtüberprüfung der Verteidigungsstrategie beendet. Sie können rückhaltlos Ihrer festen Überzeugung Ausdruck geben, daß die Vereinigten Staaten zu Ihnen und den anderen NATO-Partnern stehen in unserem Engagement für die lückenlose
    Verteidigung (total defense) der politischen Integrität und des gesamten Territoriums der Allianz.
    Ich werde Sie in vollem Umfang unterstützen, falls irgend jemand diese Überzeugung in Frage stellen sollte. Ich begrüße diese Gelegenheit, die feste und grundsätzliche Verpflichtung der Vereinigten Staaten gegenüber allen unseren NATO-Partnern zu wiederholen.

    (Beifall bei der SPD, der FDP und der CDU/ CSU)

    Dies ist nahtlos identisch mit der Botschaft, die der Präsident der Vereinigten Staaten am 27. August, also auch vor nur kurzer Zeit, an die Vereinigten Atlantischen Gesellschaften gerichtet hat. Diese Botschaft ist in Teilen in der Presse veröffentlicht, aber ich möchte sie gern zu Protokoll des Deutschen Parlaments nehmen und sie deshalb hier verlesen, weil sie auch nicht ganz veröffentlicht worden ist. Ich zitiere die Botschaft des Präsidenten:
    Ich möchte ferner noch einmal wiederholen, daß die Vereinigten Staaten der NATO-Strategie der Vorne-Verteidigung und der flexiblen Antwort kategorisch verpflichtet bleiben. Dies ist meine feste Überzeugung, und dies wird die Politik der Vereinigten Staaten bleiben, solange ich Präsident bin. Da dies auch die feste Überzeugung des Kongresses und des amerikanischen Volkes ist, besteht überhaupt kein Zweifel, daß auch meine Amtsnachfolger diese Verpflichtung aufrechterhalten werden.
    Wir sind weiterhin der Überzeugung, daß diese Strategie — glaubwürdig gehalten durch zeitgemäße Streitkräfteverbesserungen — die territoriale Integrität aller Bündnismitglieder bewahren kann. Die Verpflichtung meines Landes für die Verteidigung Westeuropas ist das Kernstück unserer Außen- und Sicherheitspolitik. Die Sicherheit der Nordatlantischen Gemeinschaft bleibt weiterhin von lebenswichtiger Bedeutung für die Sicherheit der Vereinigten Staaten selbst.

    (Beifall bei der SPD, der FDP und der CDU/CSU)

    Dies sind klare und eindeutige Aussagen und Festlegungen unseres Hauptverbündeten, Ausführungen, die nach den verwirrenden Strategiedebatten des Sommers wohl keinen Zweifel lassen, wo Amerika steht und wie Amerika zu uns steht.
    Deshalb ist die Bundesregierung besonders dankbar für diese Klarheit. Wir wissen alle, so deutlich war das nicht immer. Wir alle sollten uns daher, weil das so klar ist, auch davor hüten, durch eigene Gedankenspielereien und öffentliche Äußerungen strategische Konzepte in die Welt zu setzen, wie sie in den Sommermonaten in öffentlichen Diskussionen auf dem deutschen Markt abgehandelt worden sind.

    (Zustimmung bei der SPD — Dr. Wörner [CDU/CSU] : Sehr gut!)

    Das verwirrt unsere Bündnispartner. Das kann Zweifel schaffen, wo keine Zweifel gut sind.



    Bundesminister Leber
    Aber auch der europäische Teil der Allianz muß bereit sein, daraus Konsequenzen zu ziehen.

    (Dr. Wörner [CDU/CSU] : Sehr, sehr gut!)

    Für die gültige Strategie müssen die richtigen Mittel bereitgestellt und ausreichende Mittel eingebracht bleiben und sein, damit der richtigen Strategie nicht die Grundlage entzogen wird.

    (Beifall bei der SPD, der FDP und der CDU/CSU)

    Neue Schuhe sind kein gutes Mittel gegen Muskelschwund. So geht es auch mit Strategien. An diesen Erfordernissen orientieren sich auch unsere eigenen Entscheidungen über Inhalt und Struktur der Bundeswehr. Mit dem, was wir tun, wollen wir vor Überraschungen sicherer sein können. Wir wollen durch die Nutzung der Warnzeit in Krisensituationen soviel Abwehrkraft gewinnen können, wie es zur Stärkung der Abschreckungsfähigkeit in Krisenzeiten geboten ist. Dies auch — dies ist wichtig —, damit wir nicht wie Sklaven der atomaren Technologie dastehen und nicht fürchten müssen, daß schon Stunden nach einem wider alle Vernunft auf uns erfolgten Angriff nach Atomwaffen gerufen werden muß. Auch deshalb ist das wichtig.
    Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang eine Bemerkung zur Bundeswehr machen. Ich habe dem zugehört — es ist wohl wichtig, daß man das tut —, was vom Sprecher der Opposition bis jetzt zur Bundeswehr gesagt worden ist. Ich habe drei Punkte festgehalten. Er hat sich mit der Personallage, mit der Ausbildung der Unteroffiziere und mit der Ausstattung mit Munition befaßt. Ich widerspreche Ihnen da nicht. Das sind Probleme, die wir haben, aber es sind Probleme, mit denen wir fertig werden können. Das eine kann man mit Geld lösen, das andere mit Mühe. Wenn niemals eine Situation eintritt, bei der mehr an der eigenen Armee zu kritisieren ist, als ich eben gehört habe, dann ist sie auch in der Zukunft immer gut, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    In den Zusammenhang, der sich mit den Aufgaben, die im Vordergrund stehen, nämlich mit der Verhinderung des Krieges, verbindet, gehört auch das, was unter dem Begriff „Neutronenwaffe" in die öffentliche Debatte geflossen ist. Dazu möchte ich für die Bundesregierung ein paar Bemerkungen machen, die ihr heute dazu möglich sind. Diese Waffe ist eine typische Nuklearwaffe mit allem, was für Nuklearwaffen typisch ist. Das ist eine sehr wichtige Feststellung. In jeder Nuklearwaffe sind auch Neutronen am Prozeß der Kernspaltung oder am Prozeß der Fusion, in dem Druck, Hitze und Strahlen erzeugt werden, beteiligt. An dieser Tatsache ändert sich auch dadurch nichts, daß die Wirkungskomponenten dieser Kernwaffe, eben Kernstrahlen, Druck und Hitze, in einem anderen Verhältnis zueinander stehen als bei anderen, schon vorhandenen sogenannten schmutzigen Atomwaffen. Der neue Name aus Amerika hat hier Verwirrung gestiftet.
    Die Bundesregierung stellt deswegen fest: Diese Nuklearwaffe, die den Namen „Neutronenwaffe" erhalten hat, ändert nichts daran, daß der erste Einsatz von Nuklearwaffen einen grundlegenden Wandel im Charakter des Krieges herbeiführt, daß eine Entscheidung über ihren Einsatz eine politische Entscheidung bleiben muß, daß die Grenze zwischen konventionellen und nuklearen Waffen nicht verwischt werden darf und nicht verwischt wird, daß diese Waffe kein Ersatz für eventuell fehlende konventionelle Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses gegen konventionelle Offensivkraft eines Angreifers sein kann, weil Kernwaffen ganz allgemein nicht Ersatz für angemessene konventionelle Streitkräfte sein dürfen. Die Bundesregierung stellt weiter fest, daß die Entscheidung über den Einsatz von Nuklearwaffen in den Händen des Präsidenten der Vereinigten Staaten liegt, daß der Präsident der Vereinigten Staaten eine Entscheidung zum Einsatz von Nuklearwaffen unter den aktuellen Bedingungen eines erfolgten Angriffs auf den Westen unter Wahrung der Interessen der betroffenen Bündnispartner nach gehöriger und ausreichender Konsultation treffen wird und daß die Vorne-Verteidigung, das heißt die grenznahe Abwehr durch die Kräfte des Westens, ein Eckpfeiler der Allianzstrategie bleibt. Die Neutronenwaffe ist daraufhin zu prüfen, ob ,sie als zusätzliches Mittel der Abschreckungsstrategie, also als ein Mittel zur Verhinderung eines Krieges, für das Bündnis von Wert ist.
    Ich möchte dazu noch besonders festhalten: Die Vertreter der Vereinigten Staaten haben uns kontinuierlich von allen Anfängen an — ich kann das jetzt, fünfeinhalb Jahre in meinem Amt, übersehen — in allen Phasen über den Stand ihrer Arbeiten an dieser Entwicklung im Bündnisrahmen und auch bilateral informiert und auf dem laufenden gehalten. Neu ist auch für mich der im Juni erstmals bekanntgewordene Name „Neutronenwaffe". An der Fortentwicklung der Nuklearwaffen wird vermutlich nicht nur in den Vereinigten Staaten, sondern vermutlich ebensosehr auch in der Sowjetunion fortwährend gearbeitet. Ich frage mich persönlich: Was wäre wohl geschehen, wenn dieser technischen Weiterentwicklung in den Vereinigten Staaten nicht ein besonderer Name gegeben worden wäre? Dieser neue Name vor allem hat zu der Vermutung geführt, es handele sich um etwas völlig Neuartiges. Dies, meine Damen und Herren, dann noch in der Hitze des Sommers durch eine Indiskretion aus einem Haushaltstitel in Amerika nach Europa transferiert, mußte Europa verwirren. Sommermonate sind in Europa Monate von Stoffarmut für Journalisten. Das wissen wir alle. Wenn der Stoff geliefert wird, findet die Debatte statt. Dies mag in den Vereinigten Staaten, die von der Überraschung der deutschen Offentlichkeit etwas beeindruckt sind, auch erklären, wie das hier zustande gekommen ist.
    Niemand, meine Damen und Herren, kann dem Präsidenten der Vereinigten Staaten die Last seiner Entscheidung abnehmen, vor der er jetzt steht. Wir haben dabei keinen Zweifel, daß das ganze Thema hinsichtlich aller Fragen, die sich in diesem Stadium und auch später stellen werden, von den Vereinigten Staaten mit ihren Partnern im Bündnis intensiv behandelt wird und damit auch die besonderen Interessen, die sich aus der Lage der Bundesrepublik Deutschland ergeben, vom Bündnis, von allen Bünd-



    Bundesminister Leber
    nispartnern sorgsam abgewogen werden. Solche Gespräche über die Fragen, die jetzt anstehen, sind bereits eingeleitet. Die Bundesregierung ist sich der Bedeutung der Sache und ihrer eigenen Verantwortung mit ihren vielen Aspekten voll bewußt. Sie hofft auf Verständnis, wenn sie wegen der Eigenart der Sache gegenwärtig keine weiteren Einzelheiten, die auch Gut und Interessen befreundeter Nationen berühren, zum Gegenstand öffentlicher Erklärungen machen kann.
    Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß und möchte zusammenfassen: Die Allianz ist funktionsfähig. Ihre Kräfte reichen im ganzen aus, um die Aufgaben zu erfüllen, die sich uns gegenwärtig stellen. Der Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zur gemeinsamen Sicherheit des Westens ist ausreichend. Er wird auch von der Allianz im ganzen für angemessen und ausreichend erklärt. Die Strategie des Bündnisses ist tragfähig, sie ist glaubwürdig. Sie bleibt es, wenn sie auch in der Zukunft von allen Partnern angemessen mit Substanz ausgefüllt wird. Zum ersten Mal in der Geschichte der Atlantischen Allianz gehören dem Bündnis nur demokratisch regierte Länder an. Dies, meine Damen und Herren, ist kein geringer Faktor für den Zusammenhalt und für die Einschätzung der Kräfte eines Bündnisses, dessen Aufgabe zuerst auf die Bewahrung der Freiheit gerichtet ist.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ausreichende militärische Vorsorge und die Wahrung der Balance der Kräfte sind auch in der Zukunft nötig. Sie sind zugleich auch ein wesentliches Element als Voraussetzung für den weiteren Abbau der Spannungen zwischen Ost und West. Mit Schwachen und mit Schwächlingen verhandelt man nicht.
    Die Zukunft wird zeigen, ob das Kernprinzip der bisherigen Entspannungspolitik, ob der politische Gewaltverzicht auch durch den Abbau militärischer Gewalt seine Fortsetzung und Bestätigung finden kann. Das heißt konkret: Im Zeichen nuklearer Parität zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjetunion sollte es möglich sein, auch für den konventionellen Bereich des Kräfteverhältnisses in Europa das Prinzip der Parität gelten zu lassen. Wohl noch nie seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges haben die Chance zu einer Begrenzung der Rüstung und die Gefahr eines neuen Wettlaufs in der Rüstung so nahe beieinander gelegen wie gegenwärtig.

    (Beifall bei der SPD)

    Die vor uns liegende Phase wird zeigen, welchen Weg die Mächte dieser Welt zu gehen bemüht und entschlossen sind. Wir wollen von uns aus einen Weg des friedlichen Miteinander gehen und uns redlich mühen, unseren eigenen gehörigen Beitrag dazu zu leisten, ,daß er für alle gangbar sein wird.
    Wenn die Chancen, die sich uns heute bieten, versäumt würden, könnte neue Gefahr ihren Lauf nehmen, und ich fürchte, dann wäre viel mehr zunichte gemacht und viel mehr vertan als nur die Aussicht auf eine Begrenzung der Rüstung.
    Deshalb, meine Damen und Herren, muß auf gesichertem Boden und frei von Illusionen unsere ganze politische Kraft, unser ganzer Einfallsreichtum darauf gerichtet sein, Fehlschläge zu vermeiden und der Sicherung unserer Freiheit hinein in eine hoffentlich weite Zukunft eine gute Gasse zu bauen. — Ich danke Ihnen.

    (Lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP — Vereinzelter Beifall bei der CDU/ CSU)