Rede von
Michael
Glos
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine große Hamburger Illustrierte, unter anderem dafür bekannt, daß sie der CDU/CSU nicht sonderlich nahesteht, erteilte in ihrer Ausgabe vom 26. Mai 1977 Zwischenzeugnisse für diese Bundesregierung, die seit dem 16. Dezember 1976 im Amt ist. Diese Illustrierte schreibt: Mit den Noten für die bisherigen Leistungen würde kaum einer der Bonner Minister einen Studienplatz bekommen.
Frau Minister Huber, deren Etat heute zur Debatte steht, kommt dabei — auch wenn es zum Studienplatz nicht mehr reichen würde, gnädige Frau — sehr gut weg: Sie kommt mit der Note 3 — befriedigend — davon.
Dieser Beurteilung kann ich mich von seiten der Union und als zuständiger Berichterstatter im Haushaltsausschuß leider nicht anschließen.
Unserer Auffassung nach hätte Frau Minister Huber vielleicht die Note „mangelhaft" verdient.
Denn die Leistungen und Programme der Frau Bundesminister Huber entsprechen nicht einmal der Note „befriedigend".
Der Haushalt der Bundesregierung und damit der Haushalt jedes Ministeriums sind das in Zahlen ausgedrückte Regierungsprogramm. So lautet die treffende Umschreibung durch den Finanzwissenschaftler Professor Fritz Neumark. Die Mängel des politischen Programms spiegeln sich also logischerweise im jeweiligen Haushalt wider.
Ein ausgezeichnetes Beispiel liefert der Haushalt des Jugend- und Familienministers. Ihn heute im einzelnen aufzuschlüsseln würde — da sind Sie sicher mit mir einverstanden — aus Zeitgründen zu weit gehen.
— Das kommt noch, Herr Kollege, warten Sie bitte ab! Die Redezeiten sind sehr beschränkt. Wenn ich nach dieser meiner ersten Rede vor diesem Hause noch Zeit habe, Zwischenfragen zuzulassen, tue ich es recht gern.
Dieser Haushalt läßt kaum neue Modelle oder Maßnahmen erkennen. — Sie werden sich wundern, diese Bewertung stammt nicht von mir, sie stammt von dem leitenden Ministerialdirektor dieses Ministeriums, Herrn Kosmale, der das in einer Zeitung der Arbeiterwohlfahrt geschrieben hat.
Dieser Haushalt schleppt nur sattsam bekannte Untersuchungen und Programme weiter. Er läßt die dringend notwendigen Lösungsvorschläge für die brennenden jugend- und familienpolitischen Probleme unserer Zeit vermissen.
Frau Minister Huber erklärte vor dem Bundesrat: „Der für Jugend zuständige Minister muß ein Anwalt sein für Kinder und Jugendliche. Er muß also ein Augenmerk haben auf alle Felder der Politik, wo Bedürfnisse, Interessen, Chancen, Rechte und Pflichten junger Menschen berührt sind." Ich frage Sie, sehr geehrte Frau Bundesminister: Wo bleiben Ihre ausgewogenen Lösungsvorschläge, die kurzfristig helfen müßten, das größte Problem der Jugend in unserer Zeit, nämlich die verheerende Jugendarbeitslosigkeit, abzustellen?