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ID0803515900

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/35 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 35. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1977 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 2629 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 2629 B Abwicklung der Tagesordnung . . . . . 2629 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1977 (Haushaltsgesetz 1977) — Drucksachen 8/100, 8/324, 8/270, 8/474 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 8/511 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 2629 D Dr. Dübber SPD 2633 C Dr. Haussmann FDP 2635 A Dr. Hubrig CDU/CSU 2636 C Dr. Steger SPD 2640 C Dr.-Ing. Laermann FDP 2644 A Matthöfer, Bundesminister BMFT . . . 2646 A Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 8/508 — Esters SPD 2649 B Picard CDU/CSU 2651 A Gärtner FDP 2653 B Frau Schlei, Bundesminister BMZ . . 2654 B Dr. Todenhöfer CDU/CSU . . . . . . 2658 B Dr. Holtz SPD 2661 C Dr. Vohrer FDP 2663 D Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . 2665 B Frau Schuchardt FDP . . . . . . . 2667 D Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksache 8/496 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksache 8/516 — Dr. Riedl (München) CDU/CSU . . . . 2671 A Walther SPD 2675 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1977 Dr. Wendig FDP 2678 D Dr. Dregger CDU/CSU 2682 A Liedtke SPD 2688 A Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 2691 C Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksache 8/497 —Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . . . 2698 B Dürr SPD 2700 A Dr. Eyrich CDU/CSU . . . . . . . 2702 B Vizepräsident Stücklen . . . . . . 2706 B Kleinert FDP 2706 C Dr. Vogel, Bundesminister BMJ . . . 2709 C Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/501 — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein CDU/CSU 2713A, 2729 C Grobecker SPD . . . . . . 2717 A, 2729 C Cronenberg FDP . . . . . . . . . 2719 A Müller (Remscheid) CDU/CSU . . . . 2722 A Lutz SPD 2723 C Hölscher FDP 2725 A Höpfinger CDU/CSU 2725 B Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 2727 B Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 8/505 — Glos CDU/CSU 2730 A Frau Simonis SPD 2733 B Burger CDU/CSU 2735 A Hauck SPD 2737 C Eimer (Fürth) FDP 2739 B Kroll-Schlüter CDU/CSU 2740 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 2741 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 8/512 — Frau Dr. Wilms CDU/CSU 2745 B Westphal SPD 2747 B Frau Schuchardt FDP . . . . . . . 2748 C Rohde, Bundesminister BMBW 2749 B Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 8/500 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2751 B Simpfendörfer SPD 2754 A Peters (Poppenbüll) FDP 2756 A Ertl, Bundesminister BML 2757 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Durchführung von Statistiken der Bautätigkeit und die Fortschreibung des Gebäudebestandes — Drucksache 8/598 — 2669 D Beratung der Sammelübersicht 7 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/599 — . . . . . . . . 2669 D Beratung der Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG, EGKS, Euratom) des Rates zur Einführung der Europäischen Rechnungseinheit in das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften sowie in sonstige Verordnungen des Rates für die Beamten, ehemaligen Beamten und die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften Vorschlag einer Verordnung (EWG, EGKS, Euratom) des Rates zur Einführung der Europäischen Rechnungseinheit in die Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 260/68 zur Festlegung der Bestimmungen und des Verfahrens für die Erhebung der Steuer zugunsten der Europäischen Gemeinschaften Vorschlag einer Verordnung (EWG, EGKS, Euratom) des Rates zur entsprechenden Anpassung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften angewandt werden, im Anschluß an die Einführung der Europäischen Rechnungseinheit in das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften — Drucksachen 8/316, 8/613 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1977 III Vorschlag einer Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) des Rates über die Anwendung des Beschlusses vom 21. April 1970 über die Ersetzung der Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten durch eigene Mittel der Gemeinschaften auf die Mehrwertsteuer-Eigenmittel — Drucksachen 8/428, 8/614 — 2670 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD Wahl der Mitglieder des Rundfunkrates der Anstalt des öffentlichen Rechts „Deutsche Welle" — Drucksache 8/645 — 2670 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Wahl der Mitglieder des Rundfunkrates der Anstalt des öffentlichen Rechts „Deutschlandfunk" — Drucksache 8/646 — 2670 C Nächste Sitzung 2760 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2761* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1977 2629 35. Sitzung Bonn, den 22. Juni 1977 Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung 34. Sitzung, Seite 2612 D; in der Zeile 6 von unten ist das erste Wort „nicht" zu streichen. Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 24. 6. Dr. Ahrens ** 24. 6. Dr. Aigner * 24. 6. Amrehn ** 24. 6. Angermeyer 24. 6. Frau von Bothmer ** 24. 6. Büchner (Speyer) ** 24. 6. Dr. Enders ** 24. 6. Dr. Evers ** 24. 6. Dr. Fuchs * 23. 6. Dr. Geßner ** 24. 6. Handlos ** 24. 6. von Hassel ** 24. 6. Hoppe 24. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 23. 6. Katzer 24. 6. Dr. Klepsch * 22. 6. Klinker 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Lange * 23. 6. Lemp ** 24. 6. Lenzer ** 24. 6. Lücker * 24. 6. Marquardt ** 24. 6. Dr. Marx 24. 6. Dr. Mende ** 24. 6. Milz ** 24. 6. Dr. Müller ** 24. 6. Müller (Mülheim) 24. 6. Dr. Müller-Hermann * 23. 6. Pawelczyk ** 24. 6. Reddemann ** 24. 6. Frau Dr. Riede (Oeffingen) 24. 6. Dr. Schäuble ** 24. 6. Schmidhuber ** 24. 6. Schmidt (München) * 24. 6. Schreiber * 23. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 6. Seefeld 24.6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 24. 6. Dr. Starke (Franken) * 24. 6. Dr. Staudt 24. 6. Frau Steinhauer 24. 6. Ueberhorst 24. 6. Dr. Vohrer ** 24. 6. Wawrzik * 24. 6. Würtz * 23. 6.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Gern.


Rede von Dr. Carl Otto Lenz
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Bundesminister der Justiz, würden Sie mir zustimmen, daß einige Formulierungen in dem Urteil zum Haushaltsstreit, über das wir gestern gesprochen haben, gerade diesen besonderen Fall im Hinblick auf offensichtlich nicht vorliegende Voraussetzungen etwas anders erscheinen lassen als das, was Sie hier mit Großzügigkeit und Selbstverständlichkeit und auch mit einem gewissen Teil von Berechtigung vortragen?

(Zuruf von der SPD: Herr Lenz, Sie sind doch Jurist!)


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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Lieber Herr Kollege Lenz, ich bestreite heute so wenig wie gestern, daß es Auseinandersetzungen über die Frage gab, was unvorhersehbar und was unabweisbar sei. Die Auffassung, die den Entscheidungen zugrunde lag, ist nicht die Auffassung, zu der sich das Bundesverfassungsgericht bekannt hat. Das akzeptiere ich. Ich gehe sogar so weit, zu sagen, daß die Argumente des Bundesverfassungsgerichts eine ganze Menge für sich haben, daß ich es also nicht nur respektiere, sondern auch unter dem Gesichtspunkt der Richtigkeit für durchaus erwägenswert halte.
    Zweite Bemerkung: Terror! Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Dregger hat vorhin gesagt, es sei die Schwäche der Demokraten, daß sie das Recht nicht entschiedener als Waffe im Kampf gegen den Terrorismus einsetzten. Der Streit unter Demokraten geht doch nicht um die Frage, ob die Terroristen Sympathie, Zustimmung oder Unterstützung verdienen oder ob man sie bekämpfen muß. Der Streit geht über die Rangstelle, die die politische Auseinandersetzung, die moralische Isolierung, die moralische Solidarisierung mit Gerichten und Polizei, der Vollzug der Gesetze und die Änderung der Gesetze haben. Darum geht doch der eigentliche Streit. Ich meine, meine Damen und Herren von der Opposition, dieser Staat wäre dann wirklich schwach, wenn er solche Auseinandersetzungen nicht mehr führen könnte. Die wirkliche Schwäche des Staates würde offenbar, wenn wir diese Auseinandersetzung wie Feinde führten, die im jeweils anderen politischen Lager den gefährlicheren Gegner als den Terrorismus sehen. Das



    Bundesminister Dr. Vogel
    glaube ich, will niemand. Das sage ich „to whom it
    may concern". Das ist mein Recht als Justizminister.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wer spricht denn von „Klassenfeinden"?)

    Meine Damen und Herren, darf ich einmal fragen, was eigentlich bei einer solch ernsten Debatte eine derartige sich selbst bestätigende Rechthaberei soll? Sind wir denn in diesem Parlament nicht mehr in der Lage, ohne einen Schuß Häme ernsthaft über unsere gemeinsamen Sorgen zu reden?

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich bekenne mich gern zur Minderheit, wenn es wirklich eine Minderheit sein sollte, die auch dem politischen Gegner hier zuhört, ob nicht Argumente in seinen Ausführungen enthalten sind, mit denen man arbeiten kann. Wenn etwas die Arbeit im Rechtsausschuß kennzeichnet, dann ist es die Bereitschaft, einander noch gegenseitig zuzuhören und einander im Zweifel auch etwas Positives zu unterstellen und nicht nur das Negative. Das ist meine Überzeugung.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Einverstanden! Es wird aber nicht immer diskutiert!)

    Lassen Sie mich noch eine persönliche Bemerkung machen. Diese Art, die ich gerade kritisiert habe, trifft eigentlich noch härter, wenn es sich um Menschen handelt, die der gleichen Kriegs- und Aufbaugeneration angehören, die wissen, was hier gemeinsam geschaffen, erbaut und errichtet worden ist, wenn hier diese Zeichen der Polarisierung festzustellen sind. Im übrigen: Sie wissen doch, daß wir gemeinsam auch vernünftig die Waffe des Strafrechts eingesetzt haben, wo es notwendig war. Es ist doch nicht wahr, Herr Kollege Eyrich — das ist eigentlich gerade bei ihnen ein bißchen enttäuschend —, daß nichts geändert worden ist. Sie wissen doch, was alles geändert worden ist: § 129 a; Zuständigkeit des Generalbundesanwalts. Jetzt streiten wir — wie das im Parlament sein soll — über zwei konkrete Dinge. Das heißt: Über die eine Sache — die Novelle der Strafprozeßordnung zur Straffung der Großverfahren — streiten wir gar nicht. Sie wissen doch, daß auf unsere gemeinsame Anregung von Bund und Ländern eine Arbeitsgruppe tätig ist. Sie wissen, daß wir jetzt einen Entwurf eingebracht haben, der wortgleich ist mit dem, was einige Länder sehr zum Ärger der anderen, als die Arbeit halbfertig war, dort abgezapft haben. Herr Kollege Lenz hat meine Zusage, daß wir nach der Sommerpause im Kabinett die Regierungsvorlage dazu verabschieden. Dann kann selbstverständlich beraten werden. Warum wird hier so getan, als wenn wir nicht wollten oder dies nicht täten?
    Jetzt das Lieblingsthema: Verteidigerüberwachung! Ich bekenne mich dazu, meine Damen und Herren, daß ich hier nicht mit dem Kopf durch die Wand marschiert bin. Was die „Schlangenförmigkeit der Bewegungen" angeht, so darf ich doch etwas polemisch anmerken: ich bin noch immer eine klare Linie gefahren im Vergleich zum Verhalten der Opposition in der Frage der Vermögensteuer. Das darf ich einmal ganz ehrlich sagen.

    (Beifall bei der SPD — Zuruf des Abg. Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU])

    Aber in der Sache: Ich will, daß wir mit einer möglichst breiten Mehrheit zu einer Lösung kommen, die den Mißbrauch, den es auf diesem Gebiet gibt, abstellt. Das ist mein Ziel, aber nicht, etwas auf Hauen und Stechen durchzusetzen mit vier oder fünf Stimmen Mehrheit in der einen oder anderen Richtung, mit der Folge, daß die Schäden, die aus einer solchen Kraftprobe entstehen, viel schwerwiegender sind als die Erfolge, die wir mit der Maßnahme erzielen. Ich gebe Ihnen recht: Man kann nicht immer auf die Verbände hören. Aber mir jedenfalls — ich will es ja nicht Ihnen aufoktroyieren — gibt zu denken, wenn nicht nur die Anwaltschaft — übrigens ziemlich geschlossen —, sondern jetzt auch der Deutsche Richterbund, also die, die das dann durchführen sollen, auf ihrem Richtertag sagen: Nach erneuter Prüfung geben wir die frühere Meinung, es sei gut, auf und sprechen uns dagegen aus. Ich suche nach einer Lösung und appelliere an alle Seiten des Hauses um Unterstützung, daß wir auf dem Wege über eine Ausschußlösung — ich habe Ihnen das ja auch schon vorgetragen — mit Zustimmung der Richterschaft Und Anwaltschaft dieses Loch verstopfen; denn das ist das Ziel.

    (Beifall bei der SPD)

    Letzter Punkt: Allgemeine Rechtspolitik! Herr Kollege Eyrich, da gibt es zwischen uns keinen Streit. Das Recht hat eine friedenssichernde Funktion. Dazu gehört vor allen Dingen die Frage der Rechtssicherheit. Es hat aber auch die Aufgabe, die materielle Gerechtigkeit zu mehren, und zwar auch die soziale Gerechtigkeit.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Nie absolut! Wer hundertprozentige Gerechtigkeit
    will, wird die Menschen ins tiefste Unglück stürzen.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Dafür gibt es Beispiele genug. Aber man darf diesen Satz auch nicht als Entschuldigung dafür nehmen, daß man untätig bleibt. Immer ein neuer Anlauf, und auch der Herausforderung angepaßt!
    Nun frage ich Sie, meine Damen und Herren: Warum wird eigentlich unser gemeinsames Werk hier heute mit solchen Noten bedacht? Es ist ja gar nicht mein Verdienst. Die Diskussion hat schon in den sechziger Jahren begonnen. Die Vorgänger haben es eingeleitet; wir konnten die Ernte in die Scheune bringen. Können wir uns denn nicht sehen lassen damit, daß wir nach 100 Jahren endlich ein Strafvollzugsgesetz zusammengebracht haben, das 'das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil übrigens mit sehr lobenden Wendungen bedenkt. Adoptionsrecht, Revisionsrecht, Wirtschaftskriminalität, Allgemeine Geschäftsbedingungen, ZPO — die tiefstgreifende Reform seit 100 Jahren — und auch das Eherecht! Wo sind denn die großen Kontrover-



    Bundesminister Dr. Vogel
    sen, die jetzt hier vorgeführt werden? Es gibt eine, das ist der § 218. Da steckt die Kontroverse auch nicht im materiellen Recht, sondern im Verfahren, wie es zu der Zustimmung oder Einwilligung kommt. Im materiellen Recht ist die Kritik der Kirche an Ihren Vorstellungen genauso scharf und genauso ätzend wie die Kritik an den Vorstellungen, die Gesetz geworden sind!

    (Beifall bei der SPD — Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Stimmt doch gar nicht!)

    — Aber, Herr Kollege Jäger, jetzt begeben Sie sich auf fremdes Gebiet! Ich schicke Ihnen einmal ein paar Bistumsblätter neueren Datums. Da kriegen Sie genauso einen übergebraten!

    (Beifall bei der SPD)

    Da kann nur noch die CSU bestehen — in Teilen, die Alt-CSU; die wacklige auch nicht.
    Ich komme zum Eherecht. Das ist ein Kompromiß, zu dem wir uns gefunden haben. Ich verteile keine Noten, ob hierzu der eine oder andere mehr beigetragen hat. Das gehört für mich in das Kapitel Rechthaberei. Aber, was ich nicht verstehe: Wir machen miteinander Gesetze, Sie stimmen zu 90 % zu, und dann wird hier ausgeführt, dies alles sei eine Gefährdung der Rechtsgüter, angefangen beim Leben bis hin zur Freiheit.

    (Wehner [SPD]: Des ganzen Abendlandes!)

    Wenn das Eherecht — das sage ich auch hier vor dem Plenum des Bundestages — am 1. Juli in Kraft tritt, wird es ein, zwei Jahre lang Schwierigkeiten geben. Wir werden den Stau der Ehen haben, die nach § 48 des Ehegesetzes nicht geschieden werden konnten und jetzt zur Scheidung kommen. Wir haben diejenigen, die sich jetzt nicht scheiden lassen, weil die Frauen auf die bessere Regelung warten; ich verstehe das. Es gibt Zweifels- und Streitfragen. Keiner soll sagen, dies sei nicht deutlich erkannt worden.
    Aber so schlecht, meine Damen und Herren, kann das doch nicht sein. Ich möchte Ihnen eine Bewertung der „Badischen Neueste Nachrichten" vorlesen:
    Das neue Scheidungsrecht wertete der Justizminister überwiegend positiv. Er meinte, das frühere Verschuldensprinzip habe die Richter bei streitigen Scheidungen häufig überfordert. Unbefriedigend sei auch die soziale Sicherung der nicht berufstätigen Frau gewesen. Ihre Stellung sei durch den Versorgungsausgleich erheblich verbessert worden.
    Das ist nicht der böse Vogel, das ist Herr Bender, mein Kollege aus Baden-Württemberg. Gut, ein bißchen muß er auch davon verstehen; sonst wäre er dort nicht Justizminister.
    Was haben wir in dieser Legislaturperiode an Gesetzesvorhaben miteinander vor: Staatshaftungsrecht, elterliche Sorge. Was soll daher diese Polemik? Sie wissen genausogut wie ich, daß die Caritas, die Innere Mission und die Freien Wohlfahrtsverbände eine gesetzliche Neuregelung fordern. Sie wissen, daß sich der Bundesrat — von drei Ausnahmen abgesehen — positiv geäußert hat. Es handelt sich hier noch um den alten Bundesrat, in dem ganz eindeutige Mehrheitsverhältnisse herrschten.

    (Zuruf des Abg. Erhard [Bad Schwalbach] [CDU/CSU])

    — Ja, „eindeutig" im Sinne von „einer".
    Wir wollen miteinander die GmbH-Novelle erarbeiten, wir wollen das Richteramtsrecht anpassen, wir wollen die Bestimmungen gegen unlauteren Wettbewerb im Sinne des Verbraucherschutzes voranbringen. Zwei positive Vorhaben haben wir sogar in dieser Periode schon erledigt. Einmal die Löschungsbewilligung. Das ist nicht nur technisch, sondern es macht den Leuten das Bauen leichter. Sie bedeutet sogar eine kleine Investitionsermunterung. Außerdem haben wir Schadensersatzhöchstbeträge bei Gefährdungshaftung erarbeitet. Hier haben wir als gute Demokraten sogar einen Abstimmungserfolg der Opposition im Rechtsausschuß hingenommen, und wir haben es nicht in der zweiten oder dritten Lesung kleinlich korrigiert. Die landwirtschaftlichen Fahrzeuge mit weniger als 20 Stundenkilometern bleiben dank dieser Entscheidung auch künftig außerhalb der Gefährdungshaftung.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Zeit ist weit fortgeschritten. Es ist angekündigt worden, daß Sie gegen meinen Haushalt stimmen, weil ich ein miserabler Justitiar sei — der ich gar nicht bin; die Kollegen meutern hier schon —, weil ich Terroristen nicht bekämpfe und weil ich überhaupt eine miserable Rechtspolitik mache, der Sie immer nur zustimmen. Das ist nicht mein Prüfstein, wenn Sie dagegen stimmen. Es ist eigentlich Ihr Prüfstein, ob Sie die Chance wahrnehmen, das, was gemeinsam geleistet worden ist, durch eine Abstimmung als solches deutlich zu machen, oder ob sie wenigstens an einer Stelle die Chance nutzen — dazu gehört das Recht —, das beiderseitige Bestreben nach einem Mindestmaß an Konsens durch den Akt der Abstimmung in der zweiten Lesung zu bekunden. Aus diesem Grunde ist es Ihr Prüfstein, nicht mein Prüfstein.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)