Rede von
Hermann
Dürr
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Haushaltsdebatten sind keine gedrängte parlamentarische Jahresübersicht, in der sich Wiederholungen notwendig ergeben. Deshalb möchte ich, weil ich das Wort in einer Zeit erhalte, wo der Etat des Justizministers eigentlich schon seit acht Minuten fertig debattiert sein sollte, mich möglichst kurz fassen und nur auf wenige Punkte eingehen.
Herr Kollege Friedmann
gehört zu jenen jungen Abgeordneten, die, wie es uns allen gegangen ist, am Anfang ihrer parlamentarischen Tätigkeit mehr Erfahrung in Wahlreden als in Parlamentsreden haben. Das hat man noch gemerkt, aber er wird es noch lernen.
Eine Parlamentsrede ist nun einmal keine Fortsetzung einer Wahlrede vor anderem Publikum.
Zur Parlamentsrede gehört, daß man sich möglichst bald — dazu hatte Herr Friedmann, das gebe ich ihm zu, bis jetzt wenig Zeit — in die Materie einarbeitet.
Wenn er das getan hätte, dann hätte er nicht so tun können, als könne man jedes Bundesverfassungsgerichtsurteil ganz wunderbar parteipolitisch ausschlachten, als wäre das Bundesverfassungsgericht so eine Art Strafgericht für Amtsdelikte, wo man dann mit „schuldig gesprochen wird", wie es gestern gesagt wurde, und anderen Vokabeln aus dem Strafrecht argumentieren kann. Wenn man schon Beispiele bringt, so muß man sich darüber im klaren sein, daß man einer Bundesregierung kein Grundvertragsurteil vorwerfen kann, wenn der Grundvertrag mit diesem Urteil eindeutig für verfassungsgemäß erklärt wurde.
Bei dem Urteil etwa über den § 218 sollte man vielleicht einmal mit der Tatsache bekanntmachen, daß dieses Urteil mit 5 :3 Stimmen ergangen ist. Man sollte sich überlegen, ob die drei Richter, die dafür gestimmt haben, das gleiche Unwerturteil verdienen, das Herr Friedmann den Anhängern der Fristenregelung, zu denen ich übrigens gar nicht gehöre, angedeihen ließ. Wenn er pauschal sagt, wir hätten mit der Fristenregelung beinahe den Schutz des werdenden Lebens aufgegeben, dann sage ich zu Herrn Friedmann: Unterhalten Sie sich bitte mit Ihrer verehrten Frau Fraktionskollegin Lieselotte Berger darüber, wie man als Anhänger der Fristenregelung gleichzeitig ein angesehenes Mitglied der CDU/CSU-Fraktion sein kann.