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ID0803511100

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/35 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 35. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1977 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 2629 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 2629 B Abwicklung der Tagesordnung . . . . . 2629 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1977 (Haushaltsgesetz 1977) — Drucksachen 8/100, 8/324, 8/270, 8/474 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 8/511 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 2629 D Dr. Dübber SPD 2633 C Dr. Haussmann FDP 2635 A Dr. Hubrig CDU/CSU 2636 C Dr. Steger SPD 2640 C Dr.-Ing. Laermann FDP 2644 A Matthöfer, Bundesminister BMFT . . . 2646 A Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 8/508 — Esters SPD 2649 B Picard CDU/CSU 2651 A Gärtner FDP 2653 B Frau Schlei, Bundesminister BMZ . . 2654 B Dr. Todenhöfer CDU/CSU . . . . . . 2658 B Dr. Holtz SPD 2661 C Dr. Vohrer FDP 2663 D Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . 2665 B Frau Schuchardt FDP . . . . . . . 2667 D Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksache 8/496 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksache 8/516 — Dr. Riedl (München) CDU/CSU . . . . 2671 A Walther SPD 2675 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1977 Dr. Wendig FDP 2678 D Dr. Dregger CDU/CSU 2682 A Liedtke SPD 2688 A Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 2691 C Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksache 8/497 —Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . . . 2698 B Dürr SPD 2700 A Dr. Eyrich CDU/CSU . . . . . . . 2702 B Vizepräsident Stücklen . . . . . . 2706 B Kleinert FDP 2706 C Dr. Vogel, Bundesminister BMJ . . . 2709 C Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/501 — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein CDU/CSU 2713A, 2729 C Grobecker SPD . . . . . . 2717 A, 2729 C Cronenberg FDP . . . . . . . . . 2719 A Müller (Remscheid) CDU/CSU . . . . 2722 A Lutz SPD 2723 C Hölscher FDP 2725 A Höpfinger CDU/CSU 2725 B Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 2727 B Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 8/505 — Glos CDU/CSU 2730 A Frau Simonis SPD 2733 B Burger CDU/CSU 2735 A Hauck SPD 2737 C Eimer (Fürth) FDP 2739 B Kroll-Schlüter CDU/CSU 2740 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 2741 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 8/512 — Frau Dr. Wilms CDU/CSU 2745 B Westphal SPD 2747 B Frau Schuchardt FDP . . . . . . . 2748 C Rohde, Bundesminister BMBW 2749 B Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 8/500 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2751 B Simpfendörfer SPD 2754 A Peters (Poppenbüll) FDP 2756 A Ertl, Bundesminister BML 2757 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Durchführung von Statistiken der Bautätigkeit und die Fortschreibung des Gebäudebestandes — Drucksache 8/598 — 2669 D Beratung der Sammelübersicht 7 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/599 — . . . . . . . . 2669 D Beratung der Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG, EGKS, Euratom) des Rates zur Einführung der Europäischen Rechnungseinheit in das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften sowie in sonstige Verordnungen des Rates für die Beamten, ehemaligen Beamten und die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften Vorschlag einer Verordnung (EWG, EGKS, Euratom) des Rates zur Einführung der Europäischen Rechnungseinheit in die Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 260/68 zur Festlegung der Bestimmungen und des Verfahrens für die Erhebung der Steuer zugunsten der Europäischen Gemeinschaften Vorschlag einer Verordnung (EWG, EGKS, Euratom) des Rates zur entsprechenden Anpassung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften angewandt werden, im Anschluß an die Einführung der Europäischen Rechnungseinheit in das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften — Drucksachen 8/316, 8/613 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1977 III Vorschlag einer Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) des Rates über die Anwendung des Beschlusses vom 21. April 1970 über die Ersetzung der Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten durch eigene Mittel der Gemeinschaften auf die Mehrwertsteuer-Eigenmittel — Drucksachen 8/428, 8/614 — 2670 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD Wahl der Mitglieder des Rundfunkrates der Anstalt des öffentlichen Rechts „Deutsche Welle" — Drucksache 8/645 — 2670 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Wahl der Mitglieder des Rundfunkrates der Anstalt des öffentlichen Rechts „Deutschlandfunk" — Drucksache 8/646 — 2670 C Nächste Sitzung 2760 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2761* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1977 2629 35. Sitzung Bonn, den 22. Juni 1977 Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung 34. Sitzung, Seite 2612 D; in der Zeile 6 von unten ist das erste Wort „nicht" zu streichen. Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 24. 6. Dr. Ahrens ** 24. 6. Dr. Aigner * 24. 6. Amrehn ** 24. 6. Angermeyer 24. 6. Frau von Bothmer ** 24. 6. Büchner (Speyer) ** 24. 6. Dr. Enders ** 24. 6. Dr. Evers ** 24. 6. Dr. Fuchs * 23. 6. Dr. Geßner ** 24. 6. Handlos ** 24. 6. von Hassel ** 24. 6. Hoppe 24. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 23. 6. Katzer 24. 6. Dr. Klepsch * 22. 6. Klinker 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Lange * 23. 6. Lemp ** 24. 6. Lenzer ** 24. 6. Lücker * 24. 6. Marquardt ** 24. 6. Dr. Marx 24. 6. Dr. Mende ** 24. 6. Milz ** 24. 6. Dr. Müller ** 24. 6. Müller (Mülheim) 24. 6. Dr. Müller-Hermann * 23. 6. Pawelczyk ** 24. 6. Reddemann ** 24. 6. Frau Dr. Riede (Oeffingen) 24. 6. Dr. Schäuble ** 24. 6. Schmidhuber ** 24. 6. Schmidt (München) * 24. 6. Schreiber * 23. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 6. Seefeld 24.6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 24. 6. Dr. Starke (Franken) * 24. 6. Dr. Staudt 24. 6. Frau Steinhauer 24. 6. Ueberhorst 24. 6. Dr. Vohrer ** 24. 6. Wawrzik * 24. 6. Würtz * 23. 6.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Wendig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Ich habe auch nicht von der Frage der Nivellierung gesprochen,

    (Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Aber das war das Problem!)

    sondern von der Frage, daß hier die Eingangsstufen niedriger gesetzt werden sollen, etwas, was im letzten Besoldungsänderungsgesetz — ich sage es noch einmal — nur für die Anwärterbezüge gedacht war. Wir haben ausdrücklich gesagt: das hat noch keine Konsequenzen für die endgültige Besoldung. Das meine ich dabei.
    Wir erwarten, daß der Bundesinnenminister die Reform des öffentlichen Dienstrechts nach den Ausführungen, die er im Innenausschuß hierzu gemacht hat, zügig fortentwickelt. Und, Herr Kollege Riedl, es ist schlicht nicht richtig, wenn Sie sagen, hier sei nichts geschehen. Ich denke an das BSVNG, ich denke an das Personalvertretungsgesetz, ich denke an die Neuregelung des Versorgungsrechts allein in der letzten Legislaturperiode. Wir Freien Demokraten verstehen unter Dienstrechtsreform ein Dienstrecht, das u. a. die Laufbahnen offener macht, die Besoldung stärker an ausgewiesene Funktionen bindet und die Fragen der Zugänge zu den einzelnen Laufbahnen nach neuen Kriterien regelt.
    Wir alle — ein weiterer Punkt — werden dafür zu sorgen haben, daß die Gesetzgebung nicht unnötigen Verwaltungsaufwand mit personellen Konsequenzen notwendig macht. Soweit dieser Haushalt Personalvermehrungen enthält, beschränken sie sich auf sachlich zwingende Maßnahmen, vor allem im Bereich der inneren Sicherheit. Es ist schlicht falsch,



    Dr. Wendig
    von einer Aufblähung der Personalhaushalte zu sprechen. Dies gilt nicht nur für den Einzelplan 06. Was die Opposition für die politische Leitung in den Ressorts und für Öffentlichkeitsaufgaben an Kürzungen vorgeschlagen hat, ist in der Tendenz nicht neu. Aber auch diese Aufgaben sind notwendig und für die Wahrnehmung staatlicher Aufgaben unerläßlich. Lassen Sie also solche Tendenzanträge, weil darin erkennbar wird, daß es Ihnen um eine Realisierung ernstlich gar nicht geht.
    Ein Wort zu Herren Kollegen Riedl, der in diesem Zusammenhang die Bewertung des Bundesinnenministers angehängt hat. Ich finde es ein wenig unter dem Niveau, wenn man hier unbedingt Klassifizierungen verwendet, die der „Stern" über Politiker in diesem Lande vorgenommen hat, abgesehen davon, daß sich die Frage aufdrängt, was er wohl dazu sagen würde, wenn ich jetzt Qualifizierungen von CDU-Politikern nachprüfen würde. Ich tue es bewußt nicht, ich halte dies für falsch.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So schlecht sprechen Sie über Ihre offiziellen Berichterstatter! — Zuruf von der SPD: Fragen Sie mal, wie Herr Kohl bewertet wird!)

    — Ich wollte keine Namen nennen, Herr Kollege.
    Ich möchte an dieser Stelle einige Bemerkungen zum Einzelplan 36 — Zivile Verteidigung — einfügen. Ich bekenne hier offen — bisher wurde darüber nicht gesprochen; ich bin der erste, der heute dazu Stellung nimmt —, daß die Entwicklung dieses Einzelplans uns ganz und gar nicht behagt. Der Schutzraumbau ist zuletzt durch das Haushaltsstrukturgesetz so weit reduziert worden, daß er praktisch zum Erliegen kommen wird. Bei allem Verständnis für die haushalts- und finanzpolitischen Schwierigkeiten darf es nach unseren Auffassungen hiermit auf die Dauer nicht sein Bewenden haben. Dabei wird man allerdings nicht in solchen Dimensionen denken können, wie der Herr Kollege Dregger es getan hat, als er bei der Debatte zur Regierungserklärung am 21. Januar dieses Jahres von den riesigen Tunnelsystemen unter den Städten Chinas gesprochen hat. Man muß bei der Planung realistisch sein und auch dem Bürger sagen: eine unbegrenzte Belastung der öffentlichen Haushalte, der privaten Haushalte und damit auch der Wirtschaft ist nicht möglich. Ich darf hier etwas einfügen: es gab einmal die Zeit, in der die Opposition, damals noch Regierung, solchen Erkenntnissen gegenüber durchaus offen war. Das Schutzraumgesetz von 1965, das eine weitgehende Baupflicht vorsah, wurde nämlich im Zuge der Rezession 1966/67 durch das Finanzänderungsgesetz, nebenbei gegen die Stimmen der FDP, zum großen Teil revidiert, d. h. rückgängig gemacht. Es wäre also zu begrüßen, wenn wir uns in dieser Frage gegenseitige Vorwürfe ersparen würden. Um so mehr begrüßen wir es, daß der Bundesinnenminister, wie wir gehört haben, eine Konzeption für den Bereich der zivilen Verteidigung angekündigt hat. Dem Vernehmen nach wird es sich unter anderem um notwendige organisatorische Maßnahmen handeln, die unter Einbeziehung des Katastrophenschutzes durch Straffung und Rationalisierung im personellen und sachlichen Bereich zu einer gesteigerten Effizienz führen sollen.
    Haushaltsmittel, die hier eingespart werden, sollten dann vor allem im Wege einer Umschichtung im Einzelplan 36 für andere notwendige Maßnahmen, so im Schutzraumbau, verwendet werden. Die Freien Demokraten werden ein solches Konzept, das nach den Erfordernissen der allgemeinen Sicherheitspolitik der Bundesrepublik ausgerichtet wird, nachdrücklich zustimmen. Wir erwarten deshalb Konsequenzen für den Haushalt Zivile Verteidigung bereits im kommenden Jahr.
    Ein letzter Sprung zurück zum Einzelplan 06. Hier sind im Kapitel 06 07 erstmalig Mittel für den Datenschutzbeauftragen des Bundes aufgeworfen worden. Wir begrüßen dies als einen ersten notwendigen Schritt, das außerordentlich wichtige Datenschutzgesetz nunmehr in den gesetzlich vorgesehenen Fristen in die Praxis umzusetzen. Wir hoffen und erwarten, daß der Herr Bundesinnenminister für die personelle Besetzung eine gute Wahl treffen wird. Das Datenschutzgesetz ist eines der wesentlichsten Gesetze der letzten Jahre im innenpolitischen Bereich. Ich darf hierzu ein paar Sätze sagen. Wir haben noch im Dezember vergangenen Jahres sehr leidenschaftlich darüber gestritten. Wir hoffen, daß sehr bald Erfahrungen vorliegen, die dem Parlament die Einsicht gestatten, ob das Gesetz alle Fragen schon in allen Punkten richtig beantwortet. Ich erinnere an die Überlegungen, die wir im 7. Deutschen Bundestag bei der Verabschiedung dieses Gesetzes alle angestellt haben, Überlegungen, die auch heute noch fortwirken. Der Bericht des Datenschutzbeauftragten an das Parlament wird uns zur gegebenen Zeit in den Stand versetzen, diese Überlegungen zu konkretisieren. Schon jetzt möchte ich aber die Aufmerksamkeit des Hauses und des Bundesministeriums des Innern auf eine Frage richten, die bei Verabschiedung des Gesetzes noch keine große Rolle gespielt hat. Es geht um die Überlegung, ob der zentrale Datenschutz in der jetzigen Fassung oder durch eine mögliche Novellierung bestimmte Spezialbereiche und deren Gegebenheiten genügend berücksichtigen kann. Ich denke dabei z. B. in der öffentlichen Verwaltung an den Verfassungsschutz, an das Bundeskriminalamt und an die Geheimdienste. Ähnliche Probleme werden sich im Bereich der Sozialversicherung und der Sozialverwaltung ergeben. Man sollte im Bundesministerium des Innern schon heute überlegen, ob nicht neben diesem zentralen Datenschutzgesetz bereichsspezifische Sonderregelungen vorgesehen werden sollten.
    Der Datenschutz greift im übrigen noch in eine andere Dimension ein. Hier wird nämlich ein wichtiger Beitrag zur Lösung des Problems geleistet, bedrohliche Entwicklungen, die sich auf sehr vielen Gebieten aus modernen Technologien ergeben, in unser rechtsstaatliches System einzubinden. Wenn vor wenigen Wochen in anderen Zusammenhängen von dem Gegensatz von Rechtsstaat und Atomstaat die Rede war, so ist damit genau dieses Problem angesprochen. Ich erblicke in der rechtsstaatlichen Aufarbeitung technologischer Entwicklungen in vielen Bereichen eine der wesentlichsten Aufgaben der Rechts- und Innenpolitik, die wir in den nächsten Jahren zu bewältigen haben werden.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)




    Dr. Wendig
    Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Der Haushalt des Bundesministers des Innern ist sachlich ausgewogen, er stellt eine verläßliche Grundlage dar, die innenpolitischen Probleme des Jahres 1977 zu lösen. Wir werden diesem Haushalt wie auch dem Einzelplan 36 mit ,den von mir angedeuteten Bedenken zustimmen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dregger.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Alfred Dregger


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Ergänzung der Ausführungen meines Kollegen Riedl möchte ich mich in dieser Debatte zu drei Themen äußern: zur Zivilverteidigung, zur Terrorismusbekämpfung und zur Bekämpfung von Bürgerkriegsgruppen, wie sie kürzlich in Grohnde aufgetreten sind. Politiker beschäftigen sich im allgemeinen nicht gern mit solchen Themen, weil sich mit ihnen nicht angenehme Gefühle und sympathische Zukunftserwartungen verbinden lassen. Wenn ich sie trotzdem aufgreife, dann geschieht das, weil es sich um wichtige, zum Teil nachlässig behandelte und auf jeden Fall unerledigte Aufgaben aus dem Bereich des Bundesministers des Innern handelt, zu dessen Aufgabenbereich zu sprechen meine Fraktion mich beauftragt hat.
    Erstes Thema also: Zivilverteidigung. Am 21. Januar 1977, in der Debatte zur Regierungserklärung der zweiten Regierung Schmidt/ Genscher, die dieses Thema verschwiegen hatte, habe ich die Regierung aufgefordert, Zielvorstellungen zu entwickeln und sie im Rahmen des Möglichen zu verwirklichen, wobei ich darauf hingewiesen habe, es sei notwendig, die Zivilverteidigung eng mit der militärischen Verteidigung zu verzahnen. Auf diesen Vorstoß habe ich, wenn ich von den Ausführungen des Kollegen Wendig soeben absehe, bis heute keine öffentliche Antwort erhalten. Der Bundesinnenminister hat allerdings nach dieser Debatte in der folgenden Sitzung des Innenausschusses die Vorlage eines neuen Zivilschutzkonzepts für Anfang April angekündigt. Aber inzwischen haben wir Ende Juni, und dieses Konzept liegt nicht vor.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wie immer bei Maihofer!)

    Das ist um so kritikwürdiger, als die Auswertung von Wintex 77 im Verteidigungsausschuß das ganze Dilemma des Zivilschutzes in unserem Lande deutlich gemacht hat.
    Warum kommt die Regierung in dieser Frage nicht voran? Die Zivilverteidigung gehört offenbar zu den Themen, bei denen in Regierung und Koalition Sacherwägungen auf ideologische Barrieren stoßen.

    (Haase [Kassel] [CDU/CSU] : So ist es!)

    Dies wird offenkundig in den Meinungsverschiedenheiten zwischen SPD und FDP und auch innerhalb der FDP. Streiten sich bei der FDP noch der zuständige Fraktionssprecher und der zuständige Parlamentarische Staatssekretär über Ziele und Schwer-
    punkte des Zivilschutzes, so bestimmen in der SPD diejenigen das Meinungsbild, die die Bemühungen um die zivile Verteidigung überhaupt ablehnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich denke hier vor allem an die Äußerungen unseres Kollegen Pawelczyk, die deshalb Beachtung verdienen, weil er auf diesem Felde nicht selten die Auffassungen seines Parteivorsitzenden und seines Fraktionsvorsitzenden wiedergibt, die sich zwar untereinander zerstritten haben und gegenseitig anschweigen, wenn sie nebeneinander sitzen, die aber im Negativen offenbar einige Gemeinsamkeiten bewahrt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: So ist es! — Löffler [SPD]: Keine Ahnung haben Sie!)

    Inhaltlich kann ich die Äußerungen des Kollegen Pawelczyk nur als abenteuerlich bezeichnen. Die „Süddeutsche Zeitung" vom 5. Mai 1977 berichtet darüber wie folgt — mit Genehmigung der Frau Präsidentin darf ich zitieren —:
    Der SPD-Abgeordnete Pawelczyk warnte davor, den Zivilschutz auf die gleiche Stufe mit der militärischen Verteidigung zu stellen. Angesichts der geographischen Lage bleibe der Bundesrepublik nichts anderes übrig, als eine Politik der Kriegsverhinderung zu betreiben. Dieser Politik entspreche die Strategie der flexiblen Verteidigung, auf die die Bundeswehr ausgerichtet sei und bleiben müsse. Alle anderen Bemühungen wären — nach Ansicht von Pawelczyk — eher ein Schritt auf dem Wege zu einer Kriegsführungsstrategie.
    Die Richtigkeit dieses Zitats aus der „Süddeutschen Zeitung" gibt ein Interview des SPD-Organs „Vorwärts" vom 9. Juni 1977 mit Herrn Pawelczyk wieder, wo er sich noch einmal ausdrücklich zu dieser Auffassung bekennt.
    Meine Damen und Herren, hier wird eine Parallele sichtbar. Dieselbe Fraktion, die dabei ist, die Wehrpflicht auszuhöhlen, lehnt auch die zivile Verteidigung ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Beide sind unentbehrliche Elemente der Gesamtverteidigung unseres Landes, und wenn auch nur eines dieser Elemente fehlt, sind wirksame Abschreckung und wirksame Verteidigung nicht möglich.
    Ich möchte zu den Aussagen des Herrn Pawelczyk im einzelnen folgendes bemerken.
    Erstens. Unsere Politik der Kriegsverhinderung ist nicht nur eine Folge unserer geographischen Lage, auf die Pawelczyk abhebt. Sie ist vor allem — und ich glaube, das für alle Kollegen in diesem Hause sagen zu können -- eine Folge unseres unbedingten Friedenswillens.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Abschreckung eines Angriffs und Verteidigung gegen einen Angriff, wenn Abschreckung versagt, sind die einzigen Ziele unserer Verteidigungsanstrengungen.



    Dr. Dregger
    Zweitens. Herrn Pawelczyk ist zuzustimmen, wenn er sagt, die Strategie der flexiblen Abschreckung entspreche der Politik der Kriegsverhinderung. Das gilt aber auch für die zuvor maßgebende Strategie der massiven Abschreckung und muß für jede andere Strategie gelten, da Strategie sich zwar auf wechselnde Lagen einzustellen hat, an dem politisch gesetzten Ziel der Kriegsverhinderung aber nichts ändern kann und nichts ändern darf.
    Drittens. Die Meinungsverschiedenheit mit Herrn Pawelczyk beginnt, wenn er davor warnt, den Zivilschutz auf die gleiche Stufe wie die militärischen Verteidigungsanstrengungen zu stellen. Eine solche Auffassung kann vielleicht ein Amerikaner oder ein Franzose vertreten.

    (Zuruf von der CDU/CSU: In Alaska!)

    Für uns Deutsche ist bei der geographischen Lage unseres Landes, beim Rüstungsstand eines möglichen Angreifers und bei der Verteidigungskonzeption der NATO eine solche Auffassung schlechthin unzumutbar.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Absurd und diskriminierend ist die Behauptung des Herrn Pawelczyk vor allem dann, wenn er den Ausbau der Zivilverteidigung als einen Übergang von der Kriegsverhinderungsstrategie zur Kriegführungsstrategie bezeichnet.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Grober Unfug!)

    Das ist nicht nur falsch, sondern eine schlimme Diskriminierung aller, die sich um den Schutz des Lebens der Zivilbevölkerung bemühen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Warum ist die Ansicht des Herrn Pawelczyk falsch, die zivile Komponente der Gesamtverteidigung könne vernachlässigt werden? Nicht nur nach der Stoßrichtung eines möglichen Angreifers, sondern auch nach der Verteidigungskonzeption der NATO wäre unser Land, wenn die Abschreckung versagte, Hauptkriegsschauplatz. Anders als die Strategie der massiven Abschreckung sieht die Strategie der flexiblen Abschreckung, auf die sich Pawelczyk beruft, nicht in jedem Fall und nicht von vornherein den Einsatz von Nuklearwaffen vor. Das zwingt die NATO mehr als bisher, Gewicht auf den Ausbau der konventionellen Streitkräfte zu legen, um auch ihnen eine von Nuklearwaffen unabhängige Abschreckungswirkung zu geben. Die Abschreckungswirkung, die von konventionellen Divisionen ausgeht, hängt aber nicht nur von ihrer Führung, Ausrüstung und Ausbildung, sondern auch von ihrer Kampfmoral ab.

    (Zuruf des Abg. Pensky [SPD])

    — Hören Sie mal zu! Es ist sehr wichtig, daß Sie darüber nachdenken.
    Wie kann man glauben, daß die Bundeswehr — eine Wehrpflichtarmee — bereit wäre, im eigenen Land energisch zu kämpfen, wenn die Angehörigen der kämpfenden Soldaten schutzlos der Vernichtung preisgegeben sind?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das müßte eigentlich auch der Herr Pensky begreifen!)

    Wie kann man glauben, die Zivilbevölkerung werde sich in einem Ernstfall diszipliniert verhalten und den fast ausnahmslos falsch dislozierten NATO-Verbänden den Verkehrsraum freimachen, damit sie ihre Bereitstellungsräume erreichen, wenn die Zivilbevölkerung auf eine solche Situation in gar keiner Weise vorbereitet ist? Was soll eigentlich das Warnsystem des Zivilschutzes, wenn Warnung nur Hilflosigkeit und Verzweiflung zur Folge haben könnte?

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Das Problem ist auf eine einfache Formel zu bringen: Wenn es keinerlei Schutz für die Zivilbevölkerung gibt, dann kann die Bundeswehr nicht wirksam kämpfen, und wenn die Bundeswehr nicht wirksam kämpfen kann, dann kann sie auch nicht wirksam abschrecken.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ausbau des Zivilschutzes ist also nicht, wie Herr Pawelczyk in absurder und diskriminierender Weise behauptet, der Weg von der Kriegsverhinderungs- zur Kriegsführungsstrategie, sondern ganz im Gegenteil unentbehrlicher Bestandteil einer Kriegsverhinderungsstrategie, weil ohne Zivilschutz militärischer Abschreckung durch deutsche Truppen in Deutschland nicht glaubhaft zu machen ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Unbeschadet dessen ist Zivilschutz allerdings auch ein Stück Substanzschutz für unser Volk für den Fall, daß die Abschreckung versagt und unser Land — was mit Gottes Hilfe durch eine wirksame Abschreckung und durch eine kluge Politik verhindert werden möge — Kriegsschauplatz werden sollte. Natürlich wäre dieser Zivilschutz kein Vollschutz, den es im Kriege nie gegeben hat und den es in Zukunft erst recht nicht geben wird. Auch der Stahlhelm des Soldaten und die Panzerung eines Kettenfahrzeuges bedeuten keinen Vollschutz. Aber das ist für keine Armee in der Welt Veranlassung, auf Stahlhelm und Panzerung zu verzichten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Warum für den Schutz der Zivilbevölkerung etwas anders gelten soll, ist das Geheimnis des Herrn Pawelczyk.
    Nun gibt es allerdings in der amerikanischen Diskussion eine Theorie, die der Zivilbevölkerung durch Verzicht auf Zivilschutz eine Geiselrolle zuweisen will, die zur gegenseitigen Abschreckung beitragen soll. Das kann aber nur funktionieren, wenn beide Seiten sich daran halten, was, soweit es die Sowjetunion angeht, nicht zutrifft. Es kann auch nur für die beiden Großmächte in ihrem Verhältnis zueinander gelten, da deren Land von einem konventionellen Angriff nicht unmittelbar bedroht ist und da sie sich durch ihre strategischen Nuklearwaffen gegenseitig in Schach halten. Die Lage unseres Landes an der Grenze und ohne eigene Nuklearwaffen ist völlig anders als die Lage der USA und der Sowjetunion. Gerade die Strategie der flexiblen Vergeltung schließt es nicht aus, daß unser Land Opfer eines begrenzten Krieges wird. Also muß es darauf vorbereitet sein, um dadurch dazu



    Dr. Dregger
    beizutragen, daß die Wahrscheinlichkeit einer solchen Katastrophe vermindert wird.
    Meine Damen und Herren, ich bedaure, daß der Herr Bundeskanzler nicht anwesend ist, daß er den Fragen der inneren Sicherheit offenbar keine besondere Bedeutung beimißt.

    (Zuruf von der SPD: Was soll denn das?)

    Ich wollte ihn fragen, wie denn eigentlich er zu dieser wichtigen Frage steht. Ist auch der Herr Bundeskanzler der Auffassung, daß Zivilschutz den Übergang von einer Kriegsverhinderungs- zu einer Kriegführungsstrategie bedeutet? Oder ist er noch der Meinung, die er am 11. Juli 1962, damals als Innensenator der Stadt Hamburg, geäußert hat? Ich möchte einmal den Innensenator Helmut Schmidt zitieren — mit Genehmigung der Frau Präsidentin —, er sagte damals:
    Ich will aber ... nicht den Hinweis unterdrükken, daß natürlich die enormen Verteidigungsvorbereitungen des Westens auch in ihrer rein defensiven Zwecksetzung letzten Endes ihren Eindruck beim möglichen Gegner verfehlen können, wenn sie als halbe, nicht ernstlich gewollte Verteidigung erscheinen müssen, weil man ja zum Schutz der eigenen Bevölkerung nichts tut. Jemand, der sich nur mit der militärischen Seite auf den Verteidigungsfall vorbereitet, nämlich mit den 500 000 Soldaten, die er hat, aber für die übrigen 50 Millionen Deutschen in der Bundesrepublik keine Vorsorge trifft, wird nicht annehmen können, daß die Gesamtheit seiner Verteidigungsvorbereitungen auf die Dauer vom Gegner ernst genommen wird.
    Wenn das damals richtig war — im Jahr 1962 —, ist es dann nicht heute noch viel richtiger im Hinblick darauf, daß sich das Rüstungsgleichgewicht inzwischen zum Nachteil des Westens grundlegend verändert hat und der Westen von der Strategie der massiven Abschreckung zur Strategie der flexiblen Abschreckung übergegangen ist? Ich meine, der Bundeskanzler sollte endlich die Konsequenzen aus seiner alten Einsicht ziehen, die er damals wie folgt formuliert hat. Ich zitiere wörtlich — mit Genehmigung der Frau Präsidentin —:
    Ich meine, man sollte ... sich mit großem sittlichem Ernst statt dessen zur Maxime machen, daß wir die Verpflichtung haben, jede Chance, die es geben sollte, zum Schutz menschlichen Lebens zu nutzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Haase [Kassel] [CDU/CSU] : Wo ist Herr Pawelczyk?)

    Anders als Herr Schmidt damals und anders als ich heute kann Herr Schmidt heute in der Autorität seines Amtes nicht nur eine solche Auffassung äußern, er kann ihr als Bundeskanzler auch Geltung verschaffen, vorausgesetzt, daß er handlungsfähig ist, was ich beim Zustand seiner Partei allerdings bezweifle. Es ist doch offenbar das Dilemma des Kollegen Helmut Schmidt, daß er seine Partei nicht führen kann, weil er nicht ihr Vorsitzender ist, und daß er nicht kraftvoll regieren kann, weil er sich nicht auf eine Partei stützen kann, die er führt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Folge davon ist, daß Helmut Schmidt immer mehr in die Rolle eines Staatsschauspielers gerät, der mit blendender Rhetorik — ich habe ihn gestern in dieser Hinsicht bewundert — seine Rolle spielen, aber sie eben nur noch spielen und nicht mehr wirklich wahrnehmen kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich als Abschluß zum Thema Zivilverteidigung folgendes sagen. Ich habe der Regierung in der Debatte vom Januar, wie ich glaube, die richtigen Fragen gestellt, in der Hoffnung, das werde es ihr erleichtern, die richtigen Antworten zu geben. Nachdem Sie wegen allgemeiner Handlungsunfähigkeit nicht zu diesen Antworten gefunden hat, möchte ich heute darüber hinaus die Schwerpunkte nennen, die meines Erachtens Gegenstand eines Konzepts für die Gesamtverteidigung sein müssen. Es sind folgende:
    1. institutionalisierte Zusammenarbeit von ziviler und militärischer Verteidigung,
    2. Straffung der Organisation und Verbesserung der Ausrüstung und Ausbildung der Zivilschutzorganisationen,
    3. Bau von Schutzräumen nach dem Beispiel so friedliebender Nachbarländer wie die Schweiz und Schweden,
    4. Sicherung der Versorgung der Bevölkerung auch für den Krisen- und Spannungsfall.
    Meine Damen und Herren der Koalition, bitte beachten Sie: Eine Politik, die die Realitäten verdrängt, weil sie unangenehm sind, und die auf den möglichen, wenn auch noch so begrenzten Schutz der Zivilbevölkerung verzichtet, ist, wie es Innensenator Schmidt 1962 mit Recht feststellte, „mit sittlichem Ernst" nicht zu vereinbaren. Ich möchte weitergehen: bei der heutigen Lage der Verteidigung in Europa ist sie schlechthin unverantwortlich.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zweites Thema: Terrorismusbekämpfung. Der Mord an Generalbundesanwalt Buback hat eine neue Phase des verbrecherischen Kampfes gegen unsere Republik eingeleitet. Ging es zuvor um sogenannte Geiselnahmen, um den Staat zu erpressen, so ist jetzt nackter Mord an ihre Stelle getreten. Das Leben staatlicher Repräsentanten soll vernichtet werden, um auf diese Weise den Staat in seiner Abwehrbereitschaft zu lähmen. Eine weitere Steigerung des Angriffs auf den demokratischen Staat liegt in der Tatsache, daß es heute — 30 Jahre nach Hitler — wieder deutsche Studenten gibt, die bereit sind, den politischen Mord als Mittel des politischen Kampfes zu verherrlichen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Leider! — PfuiRufe von der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, daß das noch in Presseorganen geschieht, die mit Steuergeldern und den
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Mittwoch den 22. Juni 1977 2685
    Dr. Dregger
    Zwangsbeiträgen aller Studierenden finanziert und von Organen der sogenannten „Studentenschaften", Körperschaften des öffentlichen Rechts also, herausgegeben werden, gibt diesem Skandal seine über den Einzelfall weit hinausreichende Bedeutung.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wie konnte es dazu kommen? Als Generalantwort kann gesagt werden: Der eigentliche Grund dieser schrecklichen Entwicklung ist die innere Schwäche vieler, die an hervorgehobener Stelle in unserem Staat Verantwortung tragen. Das ist der tiefere Grund.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Lassen Sie mich dafür einige Beispiele nennen.

    Die Antwort der Bundesregierung auf die ungeheuerliche Herausforderung unseres Staates durch die Ermordung des Generalbundesanwalts war — ich muß es leider sagen — nicht frei von peinlichem Opportunismus. Zunächst erklärte Herr Maihofer — so in seinem dpa-Interview vom 8. April 1977 —, zusätzliche Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus seien schlechthin überflüssig. Dann reagierte das Kabinett unter dem Druck der öffentlichen Meinung, die für solch achselzuckende Untätigkeit kein Verständnis hat, mit der Bereitstellung einiger Millionen Mark im Rahmen eines sogenannten Sofortprogramms. Die Koalitionsfraktionen verharrten gleichzeitig in eigensinnigem Trotz auf der pauschalen Ablehnung aller konkreten Vorschläge der Union zur Terrorismusbekämpfung, obwohl diese Vorschläge von nahezu allen Fachleuten — auch soweit sie heute in hohen Regierungsämtern sitzen — als notwendig bezeichnet werden.

    (Zurufe von der SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

    Ein zweites Beispiel innerer Schwäche: Besonders mißlich sind die Mängel im strafprozessualen Bereich. In etlichen Großverfahren sind prozessuale Rechte so gründlich zur Verschleppung des Verfahrens und zur Verhöhnung der Gerichte mißbraucht worden, daß die Autorität der Rechtsprechung darunter leiden mußte und, wie wir alle in unseren Wahlkreisen erfahren können, tatsächlich auch gelitten hat. Wie kann man von einem kleinen Ganoven erwarten, daß er seine Verurteilung respektiert, wenn wir es hinnehmen, daß kriminelle Gewalttäter unter Berufung auf angeblich politische Motive ihren Prozeß beinahe nach Belieben hinziehen, ihn zum Tribunal gegen diesen Staat umfunktionieren oder ihn zur Farce werden lassen?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Emmerlich [SPD] : Kurzen Prozeß machen?!)

    — Nein. Sie kennen nur die Alternative, nichts zu tun oder kurzen Prozeß zu machen. Das ist das Unglück: daß Sie in Deutschland nicht eine maßvolle und zugleich energische Politik machen können.

    (Bravo-Rufe und lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Und was ist maßvoll?)

    Maßvoll und schlapp sind allerdings nicht dasselbe; das wird von Ihnen häufig verwechselt.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Bundesrat und meine Fraktion haben Gesetzesvorschläge gemacht, um solchem Autoritätsverfall entgegenzuwirken. Ich hoffe sehr, daß alle Fraktionen dieses Hauses, vor allem auch die Bundesregierung bereit sind, an der Verabschiedung dieser Gesetze mitzuwirken, und sich nicht auch hier wieder in kindlichem Trotz zur Immobilität verpflichtet fühlen, meine lieben Freunde von der SPD und der FDP.

    (Löffler [SPD] : Haben Sie mit dieser Anrede uns gemeint?)

    Der entscheidende Grund für den zunehmenden Verfall der Autorität des Rechtsstaats liegt aber auf einem dritten Feld. Ich greife das Beispiel Hamburg heraus. Der dortige Hochschulpräsident, ein zur Treue zum Staat verpflichteter und zur sorgfältigen Beachtung seiner Gesetze verpflichteter Beamter also, tritt unbekümmert um das geltende Hochschulrecht sogenannten streikenden Studenten mit der Erklärung zur Seite — ich zitiere: „Das Ordnungsrecht wird abgelehnt. Das politische Mandat wird befürwortet."

    (Zurufe von der CDU/CSU: Ungeheuerlich!)