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ID0803509200

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Metadaten
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    Vokabeln: 6
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    2. Wort: 1
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    6. Schuchardt.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/35 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 35. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1977 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 2629 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 2629 B Abwicklung der Tagesordnung . . . . . 2629 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1977 (Haushaltsgesetz 1977) — Drucksachen 8/100, 8/324, 8/270, 8/474 — Beschlußempfehlungen und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie — Drucksache 8/511 — Dr. Stavenhagen CDU/CSU 2629 D Dr. Dübber SPD 2633 C Dr. Haussmann FDP 2635 A Dr. Hubrig CDU/CSU 2636 C Dr. Steger SPD 2640 C Dr.-Ing. Laermann FDP 2644 A Matthöfer, Bundesminister BMFT . . . 2646 A Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 8/508 — Esters SPD 2649 B Picard CDU/CSU 2651 A Gärtner FDP 2653 B Frau Schlei, Bundesminister BMZ . . 2654 B Dr. Todenhöfer CDU/CSU . . . . . . 2658 B Dr. Holtz SPD 2661 C Dr. Vohrer FDP 2663 D Dr. Köhler (Wolfsburg) CDU/CSU . 2665 B Frau Schuchardt FDP . . . . . . . 2667 D Einzelplan 06 Geschäftsbereich des Bundesministers des Innern — Drucksache 8/496 — in Verbindung mit Einzelplan 36 Zivile Verteidigung — Drucksache 8/516 — Dr. Riedl (München) CDU/CSU . . . . 2671 A Walther SPD 2675 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1977 Dr. Wendig FDP 2678 D Dr. Dregger CDU/CSU 2682 A Liedtke SPD 2688 A Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 2691 C Einzelplan 07 Geschäftsbereich des Bundesministers der Justiz — Drucksache 8/497 —Dr. Friedmann CDU/CSU . . . . . . 2698 B Dürr SPD 2700 A Dr. Eyrich CDU/CSU . . . . . . . 2702 B Vizepräsident Stücklen . . . . . . 2706 B Kleinert FDP 2706 C Dr. Vogel, Bundesminister BMJ . . . 2709 C Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/501 — Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein CDU/CSU 2713A, 2729 C Grobecker SPD . . . . . . 2717 A, 2729 C Cronenberg FDP . . . . . . . . . 2719 A Müller (Remscheid) CDU/CSU . . . . 2722 A Lutz SPD 2723 C Hölscher FDP 2725 A Höpfinger CDU/CSU 2725 B Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . 2727 B Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 8/505 — Glos CDU/CSU 2730 A Frau Simonis SPD 2733 B Burger CDU/CSU 2735 A Hauck SPD 2737 C Eimer (Fürth) FDP 2739 B Kroll-Schlüter CDU/CSU 2740 C Frau Huber, Bundesminister BMJFG . . 2741 C Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — Drucksache 8/512 — Frau Dr. Wilms CDU/CSU 2745 B Westphal SPD 2747 B Frau Schuchardt FDP . . . . . . . 2748 C Rohde, Bundesminister BMBW 2749 B Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — Drucksache 8/500 — Schmitz (Baesweiler) CDU/CSU 2751 B Simpfendörfer SPD 2754 A Peters (Poppenbüll) FDP 2756 A Ertl, Bundesminister BML 2757 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes über die Durchführung von Statistiken der Bautätigkeit und die Fortschreibung des Gebäudebestandes — Drucksache 8/598 — 2669 D Beratung der Sammelübersicht 7 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 8/599 — . . . . . . . . 2669 D Beratung der Beschlußempfehlung des Innenausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Vorschlag einer Verordnung (EWG, EGKS, Euratom) des Rates zur Einführung der Europäischen Rechnungseinheit in das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften sowie in sonstige Verordnungen des Rates für die Beamten, ehemaligen Beamten und die sonstigen Bediensteten der Gemeinschaften Vorschlag einer Verordnung (EWG, EGKS, Euratom) des Rates zur Einführung der Europäischen Rechnungseinheit in die Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) Nr. 260/68 zur Festlegung der Bestimmungen und des Verfahrens für die Erhebung der Steuer zugunsten der Europäischen Gemeinschaften Vorschlag einer Verordnung (EWG, EGKS, Euratom) des Rates zur entsprechenden Anpassung der Berichtigungskoeffizienten, die auf die Dienst- und Versorgungsbezüge der Beamten und sonstigen Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften angewandt werden, im Anschluß an die Einführung der Europäischen Rechnungseinheit in das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften — Drucksachen 8/316, 8/613 — in Verbindung mit Beratung der Beschlußempfehlung und des Berichts des Finanzausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1977 III Vorschlag einer Verordnung (EWG, Euratom, EGKS) des Rates über die Anwendung des Beschlusses vom 21. April 1970 über die Ersetzung der Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten durch eigene Mittel der Gemeinschaften auf die Mehrwertsteuer-Eigenmittel — Drucksachen 8/428, 8/614 — 2670 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD Wahl der Mitglieder des Rundfunkrates der Anstalt des öffentlichen Rechts „Deutsche Welle" — Drucksache 8/645 — 2670 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Wahl der Mitglieder des Rundfunkrates der Anstalt des öffentlichen Rechts „Deutschlandfunk" — Drucksache 8/646 — 2670 C Nächste Sitzung 2760 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2761* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 35. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 22. Juni 1977 2629 35. Sitzung Bonn, den 22. Juni 1977 Beginn: 9.01 Uhr
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    Berichtigung 34. Sitzung, Seite 2612 D; in der Zeile 6 von unten ist das erste Wort „nicht" zu streichen. Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 24. 6. Dr. Ahrens ** 24. 6. Dr. Aigner * 24. 6. Amrehn ** 24. 6. Angermeyer 24. 6. Frau von Bothmer ** 24. 6. Büchner (Speyer) ** 24. 6. Dr. Enders ** 24. 6. Dr. Evers ** 24. 6. Dr. Fuchs * 23. 6. Dr. Geßner ** 24. 6. Handlos ** 24. 6. von Hassel ** 24. 6. Hoppe 24. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 23. 6. Katzer 24. 6. Dr. Klepsch * 22. 6. Klinker 24. 6. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Lange * 23. 6. Lemp ** 24. 6. Lenzer ** 24. 6. Lücker * 24. 6. Marquardt ** 24. 6. Dr. Marx 24. 6. Dr. Mende ** 24. 6. Milz ** 24. 6. Dr. Müller ** 24. 6. Müller (Mülheim) 24. 6. Dr. Müller-Hermann * 23. 6. Pawelczyk ** 24. 6. Reddemann ** 24. 6. Frau Dr. Riede (Oeffingen) 24. 6. Dr. Schäuble ** 24. 6. Schmidhuber ** 24. 6. Schmidt (München) * 24. 6. Schreiber * 23. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) ** 24. 6. Seefeld 24.6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim ** 24. 6. Dr. Starke (Franken) * 24. 6. Dr. Staudt 24. 6. Frau Steinhauer 24. 6. Ueberhorst 24. 6. Dr. Vohrer ** 24. 6. Wawrzik * 24. 6. Würtz * 23. 6.
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    Rede von Dr. Volkmar Köhler


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich eingangs ein Wort zum Verlauf der heutigen Debatte sagen, weil ich glaube, daß sie der nachdrücklichste Beweis dafür ist, wieviel wir miteinander aufzuarbeiten haben. Ich bin froh, daß uns die Große Anfrage meiner Fraktion sehr bald dazu Gelegenheit geben wird, das zu tun.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es kann eben einfach nicht genügen, daß hier, nachdem es in diesem Lande seit Konrad Adenauers und Ludwig Erhards Zeiten 15 Jahre Entwicklungspolitik gibt, noch einmal die hehren Zielsetzungen jeder denkbaren Entwicklungspolitik in großer Breite dargelegt werden, wo wir doch alle wissen, daß das eigentliche Problem in dem Widerstreit zwischen diesen Zielsetzungen und der unerhört schwierigen Realität liegt, auf dem Feld, auf dem sich Entwicklungspolitik täglich zu entscheiden hat. Ich hätte dazu sehr gerne von der Regierung etwas gehört.

    (Zuruf des Abg. Dr. Holtz [SPD])

    Ich habe von der Regierung nur das gehört — Herr Holtz, auf Sie komme ich gleich noch zu sprechen —, was wir alle schon lange wissen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich bedaure sehr, verehrter Kollege Holtz, daß Sie es heute offenbar als Ihr Ziel angesehen haben — wie auch schon ein anderes Mal —, uns das, was Sie im Ausschuß als dessen Vorsitzender an polemischer Kraft nicht entfalten können, im Plenum zu servieren.

    (Zurufe von der SPD: Das ist doch unerhört! — Das beruht auf Gegenseitigkeit!)

    Ich glaube, das kann ich dem Kollegen Holtz in aller Gemütsruhe sagen. Er hat damit nämlich sehr geschickt das überspielt, was er hier ruhig klar hätte sagen dürfen, wenn wir tatsächlich gemeinsam um diese Sache ringen wollen: daß ihm wie mir der gegenwärtige Zustand der Entwicklungspolitik nicht ausreichend erscheint, daß wir voran wollen, daß es Probleme gibt. Sie haben das übertüncht, indem Sie, ohne sich zu Zeit- und Finanzfragen zu äußern, ein Programm der Zukunft entwickelt haben, von dem Sie seit geraumer Zeit träumen.

    (Zuruf von der SPD)

    — Herr Kollege, beruhigen Sie sich; es kommt noch mehr.
    Wir haben noch manches Erstaunliche mehr gehört; damit möchte ich dem Kollegen Vohrer ein Wort sagen. Herr Vohrer, ich finde es bemerkenswert, wenn Sie uns sagen, daß Programme, Konzeptionen auf Parteiebene, auf nationaler Ebene eigentlich nicht mehr zur Sprache ständen, daß das auf europäischer Ebene geschehen müsse. Ich hoffe, daß die SPD daraufhin ihren geplanten entwicklungspolitischen Kongreß absagt. Wir haben das ja noch rechtzeitig gemacht, wenn ich dem folgen darf: zu dem Zeitpunkt, als Ihre Partei durch den Mund Ihres Sprechers Schleifenbaum hier erklärte, daß Sie sich um dasselbe bemühten, übrigens ohne damit fertig zu werden.

    (Zurufe von der SPD)

    Aber wenn dem so ist, wie Sie sagen, Herr Vohrer,
    wäre es doch eine ganze Menge wert gewesen, wenn
    Sie uns hier auch erzählt hätten, wie es denn wohl



    Dr. Köhler (Wolfsburg)

    kommt, daß die Freske der Europäischen Gemeinschaft zum Thema der weltweiten Öffnung der europäischen Entwicklungspolitik zwar in großem Einvernehmen akzeptiert worden ist, daß aber, wie wir im Ausschuß zehn- und zwanzigmal besprochen haben, diese Regierung dafür die nötigen Geldmittel nicht bereitgestellt hat, weil sie Bedenken hat, weitere Fonds zu schaffen. Damit aber ist das Ganze im Ansatz stecken geblieben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Herr Vohrer, über dieses Schlachtfeld sind wir manches Mal gegangen, und ich habe dort nie Ihre blaugelbe Fahne wehen sehen.
    Meine Damen und Herren, ich halte es für sehr wichtig, trotz der Kürze der Zeit noch ein Wort darüber zu sagen, daß bei aller Bedeutung des Themas Afrikapolitik, bei aller Bedeutung des Themas Weltwirtschaftsordnung, bei aller Bedeutung des Themas Rohstoffpolitik damit automatisch — und das müssen wir bei diesem Haushaltsplan einfach ansprechen — das Thema Entwicklung noch nicht erschöpft ist. Alle diese Dinge heißen nicht automatisch Entwicklung. Deswegen ist es nicht so gut, wenn wir hier die Außenwirtschaft zu sehr 'in den Vordergrund rücken.
    Ich bin übrigens erstaunt über einige Wendungen — das darf ich Ihnen, lieber Herr Holtz, in aller Freundschaft auch einmal sagen —: Ihr Bekenntnis zur Rohstoffpolitik hier hätte, als wir es vor zwei, zweieinhalb Jahren ansprachen, im Kreise Ihrer Freunde noch helles Entsetzen hervorgerufen. Und es ist ein Minister Ihrer Fraktion gewesen, der den Dialog über die weltwirtschaftlichen Probleme, die auf uns zukamen, bis zu seinem Rücktritt im Sommer 1974 strikt verweigert hat.
    Aber lassen Sie uns über Entwicklung sprechen! Denn in dem Maße, wie die Rohstoffmärkte politisiert worden sind, wie Konfrontation und Härte ins Gespräch gekommen sind, ist es meine — und nicht nur meine — Furcht, daß die 'Diskussion über das, was Entwicklung bedeutet und was Kern der Entwicklungspolitik ist, zurückgetreten, ins Abseits geraten ist. Zusammenarbeit zum Zwecke der Entwicklung kann da, wo Entwicklung nicht — wie im Falle China — eine rein innere Angelegenheit sein soll, doch nur bedeuten, daß man den Zustand gegenseitiger Abhängigkeit anerkennt, daß man bereit ist, diese Abhängigkeit miteinander zu gestalten und zu optimieren, aufeinander zuzuarbeiten und miteinander in ehrlicher Weise und in Partnerschaft die Probleme auszutragen. Dieses Gespräch der Entwicklungspolitik scheint mir weltweit darunter zu leiden, daß es immer mehr zu Fraktionierungen kommt, immer mehr zu Machtblockbildungen, immer mehr zu dem Versuch, nur Umverteilung durchzusetzen, nicht aber Entwicklung zu betreiben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In diesem Prozeß ist der entwicklungspolitische Spielraum in Wahrheit eingeengt worden. Deswegen müssen wir über seine Definition hier und heute von neuem reden. Der entwicklungspolitische Spielraum wurde kleiner, die Möglichkeit vieler
    Entwicklungsländer, in den weltpolitischen Spannungsfeldern zu ihrem vermeintlichen Nutzen zu manövrieren — mit der großen Gefahr, dabei von den großen Wölfen gefressen zu werden —, freilich ist größer geworden. Auf diese Weise hat — mein Kollege Todenhöfer hat darauf hingewiesen — das Ost-West-Spannungsfeld das Nord-Süd-Thema in weiten Bereichen in einer beklagenswerten Art überlagert. Die Definition dieses Nord-Süd-Spannungsfeldes ist letzten Endes nicht sauber. Wäre sie sauber, dann wäre auch der Ostblock in diesem Spannungsfeld eindeutig untergebracht. Aber er verweigert diese eindeutige Position. Er ist nur damit beschäftigt, zu schüren und die Situation für sich auszunutzen, wo immer er kann, eine Situation, die gerade entwicklungspolitischer Zielsetzung im höchsten Maße entgegenwirkt, die nachteilig ist.

    (Dr. Holtz [SPD] : Der Ostblock wird aber von den Entwicklungsländern in verstärktem Maße mit hineingezogen!)

    — Ich habe das soeben durchaus gesagt; hier besteht kein Gegensatz.
    Vor diesem Hintergrund muß die Frage lauten: Wie ist die deutsche Antwort hier und heute konzeptionell im Sinne von Entwicklungspolitik beschaffen? Meine Damen und Herren, hier genügt uns nicht der Hinweis auf die in vieler Hinsicht gemeinplatzartigen und nicht operationalisierten Gymnicher Thesen, die uns hier nicht weitergebracht haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Egon Bahr hat das wahrscheinlich gespürt, als er in das Gespräch den Gedanken der Koexistenz hineinbrachte, den ich hier an dieser Stelle immer wieder als artfremd abgelehnt habe. Meine Auffassung hat sich in dieser Hinsicht nur noch gefestigt. Denn Koexistenz zwischen unseren Ländern und den Entwicklungsländern schafft eben nicht gemeinsame Grundlagen, schafft eben nicht gemeinsame Werte, sondern schafft ein Feld der Indifferenz, nicht der Partnerschaft, in der man zusammenarbeiten kann.

    (Dr. Holtz [SPD] : Das ist einseitig ausgelegt!)

    — Mag sein; dieses Vorrecht teile ich mit Ihnen, lieber Herr Holtz.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Die Zusammenarbeit zum Zwecke der Entwicklung setzt gewisse Minimalkonsense voraus. Ein solcher Minimalkonsens hätte vielleicht die UNO-Charta sein können, aber, meine Damen und Herren, wir wissen doch nur zu gut, daß sich unter ihr inzwischen fast alles und jedes verbirgt. Es sind verbale Zugeständnisse nicht tauglich, diesen Konsens zu schaffen. Die Vermeidung der Konfrontation, die seit der 6. Sondergeneralversammlung der UNO die deutsche Entwicklungspolitik und darüber hinaus auch die Außenpolitik immer wieder prägt, allein ist ebenfalls nicht konstruktiv-positiv in diesem Sinne, wie ich es hier fordere. Wenn ich die Eckdaten, über die wir hier reden müssen, nenne, ist nach den Beiträgen der Koalitionsredner heute morgen für mich freilich ein sehr banger Zweifel daran entstanden, ob wir mit „Friedenssicherung",

    Dr. Köhler (Wolfsburg)

    „Menschenwürde", „Menschenrecht" „sozialem
    Fortschritt", „sozialer Gerechtigkeit" und „freiheitlicher Weltordnung" eigentlich noch dasselbe meinen. Ich habe mit Bestürzung gehört, daß wir hier in unserem Denken offenbar einigermaßen weit voneinander entfernt sind.

    (Josten [CDU/CSU] : Im Ausschuß ist es besser, Herr Dr. Köhler!)

    — Im Ausschuß ist es besser; aber wo auch immer, wir müssen dies miteinander austragen.
    Meine Damen und Herren, ich darf gerade im Hinblick auf die Freiheitbewegungen eines sagen: Als Bürger eines Landes, das in einer grauenvollen Weise gelernt hat, daß Krieg und kriegerische Auseinandersetzung zur Lösung von Problemen völlig untauglich sind, daß damit nur neue Probleme geschaffen werden, kann ich in keiner Weise — sei es direkt, sei es indirekt — denjenigen Vorschub leisten, die Waffengewalt zum Aufbau künftiger Weltordnungen für denkbar halten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Holtz [SPD] : Siehe Algerien! Was sagen Sie denn dazu?)

    Herr Präsident, ich glaube, ich bin genötigt, allmählich zum Schluß zu kommen. — Ich bin überzeugt, daß wir auf diesem Feld von der Regierung eben nicht die klare konzeptionelle Antwort bekommen haben. Auch ihr Handeln — sei es die Anbiederung in Afrika, seien es völlig ungeschützte außenpolitische Äußerungen im entwicklungspolitischen Raum an anderer Stelle, wie es dem Bundesaußenminister in Liberia gelungen ist, sei es das verbale Bekenntnis zur Marktwirtschaft oder anderes — ist in vieler Hinsicht widersprüchlich und hilft uns hier nicht weiter. Wir müssen darüber reden, ob die Duldung einer europäischen Handels- und Handelsförderungspolitik, die mit immer mehr nichttarifären Hemmnissen die Entwicklungsländer allmählich zur Erregung treibt, mit unserer entwicklungspolitischen Grundlinie vereinbar ist. Darüber wird also zu reden sein.
    Ich habe schon auf die weltweite Öffnung der europäischen Entwicklungspolitik hingewiesen. Wir sehen immer wieder mit Sorge, daß diese Politik im Deklaratorischen steckengeblieben ist und daß sie die wahre Verantwortung der zweitgrößten Welthandelsnation für diese Welt nicht in der nötigen offensiven Weise geistiger Auseinandersetzung aufgenommen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Dies hat in Wahrheit der Glaubwürdigkeit deutscher Entwicklungspolitik geschadet, eine Empfindung, die doch in der entwicklungspolitischen Fachwelt inzwischen allgemein verbreitet ist. Ob das daran liegt, daß es der gegenwärtigen Entwicklungspolitik in ihrer inneren Konsistenz an Überzeugungskraft mangelt, oder daran, daß der Kanzler in seiner Richtlinienkompetenz ihr nicht den nötigen Stellenwert zugewiesen hat, darüber kann man lange streiten; wahrscheinlich ist beides richtig.
    So verbleibt — leider Gottes muß ich es sagen — eine Politik des Weitermachens, eine Politik, die in sich in vieler Hinsicht verkrustet ist. Und das tut mir leid, weil ich weiß, wie viele Helfer, Experten, Institutionen und auch Beamte vesuchen, hier ihr Bestes zu tun. Diese Politik, die uns hier noch einmal kritisch beschäftigen müßte, ist leider Gottes in mancher Hinsicht auch beim Status der immerwährenden Friktionen des Ministeriums mit den Durchführungsorganisationen wie GTZ und DEG, über die hier heute gesprochen wurde, stehengeblieben.
    Mir fehlt — und meine Freunde denken genauso — in dieser Politik die Innovationskraft sowohl an Haupt wie auch an Gliedern.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das gilt für die ganze Regierung!)

    Je weniger dieses Grundübel behoben wird, je weniger Prioritäten geklärt und die entscheidenden Fragen beantwortet werden, mit wem wir schwerpunktmäßig auf der Grundlage unserer Überzeugungen wie zusammenarbeiten wollen und mit wem nicht, um so mehr greifen in der Entwicklungspolitik außenpolitische, wirtschaftliche und andere Opportunitäten um sich. Da ist manches nebeneinander, was auch Sie, Kollege Holtz, wie ich weiß, schwer ertragen. Da werden ideologische Ansätze in Peru gefördert, da gibt es witzige Experimente, die über Ghana herumfliegen, da werden Freiheitssender unterstützt. Aber da wird auch eine Ihnen so verdrießliche kapitalistische Ordnung wie in Liberia unterstützt. Als Entwicklungspolitiker müssen Sie inzwischen sogar Waffenlieferungen an Länder wie z. B. Indonesien ertragen; dieses Land wollte Egon Bahr vor zwei Jahren übrigens noch von der deutschen Entwicklungshilfe abkoppeln.
    Ich gebe zu: In vielen Einzelfragen sind wir einig, und wir waren auch in der Verstärkung einzelner Ansätze einig; aber wir wollen nicht vergessen, daß diese Verstärkung leider nur an der zweiten Stelle hinter dem Komma etwas bewegt. Gemessen werden wir aber international an der ersten Stelle hinter dem Komma.
    Entscheidend ist für uns aber bei unserer Haltung zu diesem Haushaltsplan, daß das Gesamtbild deutscher Entwicklungspolitik nicht mehr stimmt und — ich bitte um Verzeihung — daß uns als CDU/CSU-Fraktion inzwischen auch das Vertrauen fehlt, daß die amtsinhabende Ministerin die Statur hat, um die Ressourcen des gesamten Landes für dieses große Ziel zu aktivieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das muß gesagt werden!)

    Unter diesen Umständen lehnt meine Fraktion den Einzelplan 23 ab.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Frau Abgeordnete Schuchardt.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Helga Schuchardt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte ganz zu Anfang sicherlich in weiblicher Solidarität einige Worte zu



    Frau Schuchardt
    den Angriffen auf Frau Minister Schlei sagen. Es ist, glaube ich, bisher kein Vergleich zu ziehen; es gibt keine anderen Mitglieder der Bundesregierung, denen von Anfang an, noch bevor sie ein Amt angetreten hatten, keine Chance gegeben wurde. Wenn man sich darauf bezieht, was im „Spiegel" stand und sich daran erinnert, was sich dessen Herausgeber mit dem Absprechen jeglicher Chance von Anfang an geleistet hat, so braucht man sich wohl nicht zu wundern, wenn die Redakteure seines Blattes der Stimme des Herrn folgen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wenn hier vorgeworfen wird, daß eine Frau es wagt, ein Ministeramt abzulehnen, dem gerade Kompetenzen weggenommen sind, weil diese in ein Ministerium übergingen, dem ein Mann vorsteht, dann mag dieses Selbstbewußtsein so manchen Mann irritieren.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Insofern hoffe ich, daß das, was Uwe Holtz das Immer-wieder-Aufbereiten eigentlich längst abgehakter Berichterstattung genannt hat, endlich einmal ein Ende hat.
    Lassen Sie mich nur einige wenige Worte zur Weltwirtschaftsordnung und zur Marktwirtschaft sagen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das wird interessant!)

    Herr Todenhöfer und ich hatten schon häufiger die Gelegenheit, gemeinsam darüber zu diskutieren. Wir waren uns darüber einig, daß auch wir als marktwirtschaftliches Land so manchen Sündenfall begehen. Wir sind uns darüber einig, daß die Märkte geöffnet werden sollten. Aber dann, wenn die Entwicklungsländer unseren eigenen Markt und unsere eigene Produktion empfindlich stören, sprechen wir sofort von Abkommen, um die Auswirkungen der Öffnung dieses Marktes nicht allzu deutlich zutage treten zu lassen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Man muß es wohl anerkennen, daß man die Entwicklungsländer mit solchem Verhalten sehr stark irritieren kann. Vieles muß so weit wie möglich marktwirtschaftlich beantwortet werden, aber dort, wo Härten entstehen, kann es auch einmal eine Ausnahme von der Regel geben. Wir haben in Europa mit dem EG-Agrarmarkt den größten Sündenfall aller Zeiten begangen. Dies erleichtert die Diskussion mit den Entwicklungsländern nicht. Ich finde, wir sollten hier nicht empfindlich reagieren, wenn die Entwicklungsländer unsere Argumente mit unserem eigenen Verhalten kritisch abwägen.

    (Josten [CDU/CSU] : Sagen Sie das Ihrem Landwirtschaftsminister! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Nun, Herr Ertl wird ja aus den Reihen der Opposition intensiv darin unterstützt, daß sich dieser Agrarmarkt bewährt habe. Auch hier ist die Opposition sehr starkt geneigt, sich von der Marktwirtschaft zu trennen. Ich möchte einmal wissen, was ein CDU-
    Agrarminister getan hätte. Mit Sicherheit hätte er in diesen Bereich nicht Markt hergestellt.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich fürchte, daß es eher möglich ist, daß die Bauern zu Beamten werden, als daß wir den Markt wieder zurückgewinnen; ich bedaure dies sehr.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Frau Minister, Ihnen ist während dieser Debatte vielleicht aufgefallen, daß der Haushaltsausschuß zu erkennen gegeben hat, daß auch er das, was im Haushaltsplanentwurf der Bundesregierung vorgesehen war, eigentlich nicht als ganz ausreichend empfindet. Dies sollte Sie moralisch doch sehr aufrüsten, für den Haushalt 1978 dem Finanzminister gegenüber stärker aufzutreten, zumal Sie wissen können, daß Sie in dieser Frage das ganze Haus hinter sich haben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Die Bundesregierung hat sich international verpflichtet, 0,7 % des Bruttosozialproduktes zu erreichen. Im Augenblick haben wir alle nicht den Eindruck, daß das noch in dieser Dekade passieren wird. Wir würden es aber alle Isehr wünschen, und der Entwicklungshilfeausschuß möchte hier dem guten Beispiel des Haushaltsausschusses folgen und die Bundesregierung ermutigen, hier bereits in den nächsten Jahren mehr zu tun.
    Zur Afrika-Politik ein Wort. Mein Kollege Vohrer hat bereits angekündigt, daß ich dazu einiges sagen möchte. Ich glaube, daß heute bei dem, was Herr Todenhöfer gesagt hat, deutlich geworden ist, wie sehr die Opposition auch bei der Beurteilung Afrikas — wie in der Innenpolitik — nur in der Lage ist, in Schubladen zu denken: Hier kommunistisch und da nicht, und was da nicht hineinpaßt, fällt eben zwischendurch.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Dieses Schubladendenken, Herr Todenhöfer, wie Sie es hier deutlich gemacht haben, wird bestimmt nicht nützen, den vielen afrikanischen Ländern auf ihrem Weg zur Demokratie weiterzuhelfen. Über eines sollten Sie sich klar sein. Die Bundesregierung befindet sich — und nur so kann sie wirkungsvoll sein — in Einklang mit ihren Verbündeten. Dies ist eine notwendige Voraussetzung, um überhaupt eine vernünftige Afrika-Politik zu machen. Sie haben bei der Weltwirtschaftsordnung im Nord-Süd-Dialog bereits wiederholt die Aufforderung an die Bundesregierung gerichtet, sich international zu isolieren.

    (Zuruf des Abg. Dr. Todenhöfer [CDU/CSU])

    Sie machen nun auch in der Afrika-Politik den Vorschlag, daß sich die Bundesregierung international isoliert.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Wenn Sie meinen, daß das unserem Einfluß förderlich sei, sind unsere Auffassungen einander diametral entgegengesetzt.
    Sie haben vor der Reise von Frau Schlei, der Formulierung der Afrika-Politik und der besonderen Betonung ,der Frontstaaten es bereits außerordent-



    Frau Schuchardt
    lieh bedauert, daß die Bundesregierung in die Frontstaaten einen Minister zur gleichen Zeit schickt, wo dies auch die Russen und die Kubaner taten. Sie meinten, dies sei geradezu unmöglich, denn diese hätten ja vor, in den Frontstaaten den kommunistischen Einfluß stärker werden zu lassen. Ihr wirklich abenteuerlicher Vorschlag dazu ist, wir sollten uns dort zurückziehen. Das wäre ja geradezu die Grundvoraussetzung dafür, daß das Ziel des kommunistischen Einflusses in den Frontstaaten besonders wirkungsvoll durchgesetzt wird.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir wollen das nicht. Wir werden unseren politischen Gegnern nicht durch Nichtstun Schützenhilfe geben. Man kann auch durch Nichtstun die falsche Seite unterstützen, Herr Todenhöfer, wie Sie es vorgeschlagen haben.

    (Zuruf des Abg. Dr. Todenhöfer [CDU/CSU] und weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    Sie sind für die gleichberechtigte Behandlung der weißen und der schwarzen Bevölkerung. Für die FDP und, ich glaube, auch für die Sozialdemokraten und die Bundesregierung gelten die Anforderungen, die wir in bezug auf Chancengleichheit und Gleichberechtigung von Rasse, Religion und Geschlecht stellen, nicht nur für die Anwendung hier im Innern, sondern wir legen diese Kriterien auch für die Länder Afrikas an. Das ist der Grund, weshalb die Bundesregierung Partei für die Schwächeren dort ergreift. Ich meine: Wir sollten sie dabei unterstützen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Holtz [SPD]: Das ist sogar christlich!)

    Sie schlagen weiter eine Politik vor, die in ausreichendem Maße die lebenswichtigen sicherheits- und rohstoffpolitischen Interessen des Westens berücksichtige. In der Tat ist das die Aufgabe, von der wir erwarten können, daß sie von der Bundesregierung angemessen erfüllt wird. Dies geht aber nur in der Kooperation und nicht, indem man sich aus diesen Bereichen zurückzieht.
    Sie sagen schließlich, die Gegenstrategie gegen die sowjetisch-kommunistische Expansionspolitik in Afrika sollte entwickelt werden. Nun kann ich nur sagen: Die ist entwickelt worden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Von wem denn? Von euch?)

    Das stört Sie. Sie sagen, diese Strategie müßte in einem Rückzug unseres politischen, diplomatischen und finanziellen Engagements aus diesen Gebieten bestehen.
    Meine Damen und Herren, die FDP-Fraktion ermutigt die Bundesregierung zu ihrer Afrikapolitik.

    (Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf von der CDU/CSU: Welcher Teil der FDP?)