Rede von
Dr.
Lutz G.
Stavenhagen
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege, ich komme gleich auf ein schönes Beispiel, auf das mich der Forschungsminister in der vergangenen Woche extra hingewiesen hat, nämlich die Uhrenindustrie. Dort werde ich Ihnen das in einigen Beispielen kurz erläutern dürfen. Ich komme sofort dazu, wenn Sie mir das gestatten.
Meine Damen und Herren, das Ergebnis dieser dargestellten Tatsachen schlägt sich auch in den Zahlen nieder. 80 % der Fördermittel fließen an 15 Firmengruppen, und für kleinere und mittlere Betriebe bleiben ganze 6 % übrig.
Zwar wurde in der Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 16. Dezember 1976 ein Programm angekündigt, gerade die kleinen und mittleren Betriebe in die Technologieförderung einzubeziehen. Geschehen ist aber bisher noch nichts, was hier einen wirklichen Beitrag leisten würde. Im Gegenteil, die Betriebe, mit denen wir uns unterhalten, sagen, daß die Anträge allzulange über den Tisch hin- und hergeschoben werden und daß sie von den Sachverständigen zu oft unter den Tisch gebügelt werden.
— Ich komme gerade dazu, Herr Stahl.
Der Forschungsminister hat in der vergangenen Woche — er meinte wohl, dies sei ein besonders gutes Beispiel — mich aufgefordert, einmal darzustellen, wie das mit der Uhrenindustrie gegangen sei. Die Uhrenindustrie ist in Probleme gekommen, weil die Entwicklung von der Mechanik zur Elektronik in einem derart rasanten Tempo vonstatten ging, daß die kleineren und mittleren Betriebe die Forschungsaufwendungen, die hier notwendig waren, nicht leisten konnten.
— Ich weiß nicht, ob die gepennt haben. Ich weiß nicht, ob das eine fürchterlich passende Bemerkung hierzu ist, wenn man sieht, wie dort gearbeitet wird.
Der Forschungsminister hat dann Fördermaßnahmen ergriffen, hat aber zunächst denen einmal ein sogenanntes Konzept der Kooperation verkündet. Dieses Konzept der Kooperation ist im wesentlichen von der IG Metall ausformuliert worden, geht aber an den besonderen Marktgegebenheiten dieser Branche vollkommen vorbei.
Um diesem Kooperationskonzept Nachdruck zu verleihen, macht der Forschungsminister das auf folgende Weise. Diejenigen, die kooperationswillig sind, werden von einer Rückzahlung im Erfolgsfalle befreit. Diejenigen, die nicht kooperationswillig sind, müssen die Forschungszuwendungen nach einer gewissen Zeit zurückzahlen. Das ist das Winken mit dem goldenen Zügel, das ist Strukturpolitik à la
Matthöfer. Diejenigen, denen das nicht paßt, gehen leer aus und kommen nicht zum Zuge.
Dieses Beispiel Uhrenindustrie zeigt, wie es eben kleine Branchen und mittelständische Betriebe außerordentlich schwer haben, sich in dem Dickicht der Forschungsbürokratie zurechtzufinden. Deswegen ist unsere Forderung: Abbau der bürokratischen Hemmnisse, und nicht nur davon reden, verbesserte Information über Fördermöglichkeiten und eine schnellere Weitergabe von Forschungserkenntnissen.
Die entscheidende Hilfe für den Mittelstand wird man nur dann erreichen, wenn man die indirekte Forschungsförderung wesentlich verstärkt.