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ID0802903200

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    Plenarprotokoll 8/29 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 29. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 Inhalt: Verzicht des Abg. Dr. Glotz und des Abg Sund auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag 2035 A Eintritt des Abg. Lambinus und des Abg Eickmeyer in den Deutschen Bundestag . 2035 A Erweiterung der Tagesordnung . . . . 2035 B Wahl des Abg. Glombig als Stellvertreter im Vermittlungsausschuß . . . . . . . 2035 B Wahl des Abg. Lemp als Vertreter im Europäischen Parlament . . . . . . . . . 2035 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Beschluß und Akt des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 20. September 1976 zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Abgeordneten der Versammlung — Drucksache 8/360 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Wahl der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europawahlgesetz) — Drucksache 8/361 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Abgeordneten des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland (Europaabgeordnetengesetz) — Drucksache 8/362 — Genscher, Bundesminister AA 2035 D Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 2037 B Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 2040 C Dr. Bangemann FDP 2042 C Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 2046 C Seefeld SPD 2048 B Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Deutschlandpolitik — Drucksachen 8/118, 8/255 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Fraktion der CDU/CSU eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes — Drucksache 8/238 — Dr. Abelein CDU/CSU . . . . . . . . 2050 D Dr. Kreutzmann SPD . . . . . . . 2056 A Hoppe FDP 2061 B Franke, Bundesminister BMB . 2067 D, 2116 A II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 Dr. Zimmermann CDU/CSU . . . . 2078 D Dr. Schmude SPD 2083 B, 2121 B Jung FDP . . . . . . . 2087 B, 2131 C Baron von Wrangel CDU/CSU . . . . 2090 D Schulze (Berlin) SPD 2093 A Jäger (Wangen) CDU/CSU 2095 D Büchler (Hof) SPD 2099 C Graf Huyn CDU/CSU 2103 A Friedrich (Würzburg) SPD . . 2106 A, 2124 B Dr. Gradl CDU/CSU . . . . . . . . 2111 A Kunz (Berlin) CDU/CSU 2118 B Dr. Kohl CDU/CSU . 2123 C, 2124 A, 2128 A Wehner SPD 2123 D Straßmeir CDU/CSU . . . . . . . . 2124 C Dr. Ehmke SPD 2126 B Böhm (Melsungen) CDU/CSU 2129 A Schmöle CDU/CSU 2131 D Voigt (Frankfurt) SPD . . . . . . 2133 B Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über steuerliche Vergünstigungen bei der Herstellung oder Anschaffung bestimmter Wohngebäude — Drucksache 8/286 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/471 — Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses --- Drucksachen 8/453, 8/463 — Gobrecht SPD . . . . . . . 2136 A, 2139 A Dr. Voss CDU/CSU . . . . . . . . . 2137 A Frau Matthäus-Maier FDP . . . . . . 2140 C Köster CDU/CSU 2143 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Soldatengesetzes — Drucksache 8/370 — de Terra CDU/CSU . . . . . . . . 2145 D Horn SPD 2146 B Ludewig FDP 2146 D Fragestunde — Drucksache 8/458 vom 20. 05. 1977 — Umsiedlung der weißen Bevölkerung aus Südwestafrika im Falle der Machtübernahme der schwarzen Mehrheit nach Südamerika MdlAnfr A109 20.05.77 Drs 08/458 Niegel CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA 2072 A, B, C ZusFr Niegel CDU/CSU 2072 B Einheitliches Konzept der EG für die am 23. Mai beginnende 6. UN-Seerechtskonferenz sowie Sicherstellung der Fanggründe vor den Küsten Kanadas, Norwegens, der USA und Islands für die deutsche Fischerei nach Errichtung der 200-Seemeilen-Wirtschaftszone MdlAnfr A118 20.05.77 Drs 08/458 Dr. Müller-Hermann CDU/CSU MdlAnfr A119 20.05.e Drs 08/458 Dr. Müller-Hermann CDU/CSU Antw StMin Dr. von Dohnanyi AA . . 2072 C, D, 2073 A, C ZusFr Dr. Müller-Hermann CDU/CSU . . 2072 D, 2073 B Benachteiligung deutscher Futtermittelhersteller beim Einkauf von Magermilchpulver bei EG-Ausschreibungen durch unterschiedliche Währungsberechnungen; Verwendung von Magermilchpulver zur Kälberfütterung über einen Beimischungszwang sowie Verbilligung des Magermilchpulvers für diesen Zweck MdlAnfr A63 20.05.77 Drs 08/458 Peters (Poppenbüll) FDP MdlAnfr A64 20.05.77 Drs 08/458 Peters (Poppenbüll) FDP Antw PStSekr Gallus BML 2073 D, 2074 A, C, D ZusFr Peters (Poppenbüll) FDP . . . 2074 A, B, C ZusFr Kiechle CDU/CSU . . . . . . . 2074 D Staatliche Verbilligung von Trinkmilch für Kindergärten und Schulen MdlAnfr A65 20.05.77 Drs 08/458 Frau Geier CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML . . 2075 A, B, C, D, 2076 A ZusFr Frau Geier CDU/CSU 2075 B ZusFr Kiechle CDU/CSU 2075 B ZusFr Susset CDU/CSU 2075 C ZusFr Würtz SPD 2075 C ZusFr Dr. von Geldern CDU/CSU . . . 2075 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 2075 D Deklarationsform für Gemengeteile bei Mischfuttermitteln MdlAnfr A66 20.05.77 Drs 08/458 Dr. von Geldern CDU/CSU Antw PStSekr Gallus BML 2076 A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 III Ermittlung der genauen Zahl der neugeschaffenen Ausbildungsplätze zur Kontrolle über die Angaben des Kuratoriums der Deutschen Wirtschaft für Berufsausbildung MdlAnfr A43 20.05.77 Drs 08/458 Heyenn SPD MdlAnfr A44 20.05.77 Drs 08/458 Heyenn SPD Antw PStSekr Engholm BMB . . . . . 2076 C, 2077 A, B, C, D, 2078 A ZusFr Heyenn SPD . . . 2076 D, 2077 A, B, C ZusFr Milz CDU/CSU 2077 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 2078 A Ausnutzung der Ausbildungskapazitäten bei Bundesbahn und Bundespost MdlAnfr A102 20.05.77 Drs 08/458 Walther SPD Antw PStSekr Engholm BMB . . . . 2078 B Nächste Sitzung 2147 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 2149* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977 2035 29. Sitzung Bonn, den 26. Mai 1977 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 27. 5. Dr. Ahrens " 27. 5. Alber * 27. 5. Dr. Bangemann 27. 5. Dr. Bayerl * 27. 5. Dr. Becher (Pullach) 27. 5. Blumenfeld* 27. 5. Buchstaller *** 27. 5. Dr. Corterier *** 27. 5. Damm *** 27. 5. Fellermaier * 27. 5. Flämig *** 27. 5. Francke (Hamburg) 26. 5. Dr. Fuchs * 27. 5. Dr. Geßner *** 27. 5. Grüner 26. 5. Haase (Fürth) * 27. 5. von Hassel 27. 5. Dr. Hupka *** 27. 5. Dr. Jaeger *** 27. 5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 27. 5. Katzer 27. 5. Dr. h. c. Kiesinger 26. 5. Dr. Klepsch*** 27. 5. Kunz (Berlin) *** 27. 5. Dr. Graf Lambsdorff 26. 5. Lange *** 27. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Lenzer ** 27. 5. Lücker * 27. 5. Dr. Marx *** 27. 5. Mattick *** 27. 5. Möhring *** 27. 5. Möllemann *** 27. 5. Dr. Müller ** 27. 5. Dr. Narjes 27. 5. Neuhaus 27. 5. Neumann * 27. 5. Ollesch *** 27. 5. Pawelczyk *** 27. 5. Petersen 27. 5. Picard 27. 5. Dr. Reimers 27. 5. Schmidt (München) * 27. 5. Schmidt (Würgendorf) ** 27. 5. Dr. Schöfberger 27. 5. Schreiber * 27. 5. Schwabe * 27. 5. Dr. Schwarz-Schilling 27. 5. Dr. Schwencke (Nienburg)** 27. 5. Dr. Schwörer * 26. 5. Frau Schuchardt 27. 5. Sieglerschmidt * 27. 5. Dr. Starke (Franken) * 26. 5. Dr. Staudt 27. 5. Frau Steinhauer 27. 5. Frau Tübler 27. 5. Voigt (Frankfurt) *** 27. 5. Dr. Waigel 27. 5. Dr. Wallmann 26. 5. Frau Dr. Walz * 27. 5. Dr. Wendig 27. 5. Frau Will-Feld 27. 5. Dr. Wörner 26. 5. Dr. Zeitel 26. 5. Zeyer * 26. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Heinz Kreutzmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Wenn der Kollege Mertes — darauf möchte ich gleichzeitig hinweisen — erklärt hat, man müsse beim Abschluß von Verträgen mehr Sachverstand zu Wort kommen lassen,

    (Dr. Klein [Göttingen] [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    möchte ich dazu sagen, daß diese Verträge — und das wissen wir doch aus den Sitzungen der zuständigen Ausschüsse — von den zuständigen Fachabteilungen des Auswärtigen Amtes, von den besten Völkerrechtlern der Bundesrepublik bis in ihre Einzelheiten abgeklopft worden sind. Da waren auch Sie dabei.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das gilt eben nicht für die Absprachen zwischen Bahr und Gromyko! Da trifft das eben nicht zu!)

    Diese Verträge haben schließlich das an menschlichen Erleichterungen gebracht, was zu erreichen war. Daraus, daß es sich dort drüben um eine andere politische Welt und um ein anderes gesellschaftliches System handelt, das die Verträge aus einem anderen Winkel als westliche Staaten sieht, kann niemand die Feststellung ableiten, es wäre mehr und Besseres zu erreichen gewesen. Acht Millionen Besucher in der DDR in einem einzigen Jahr, die fast alle mit eigenem Fahrzeug kommen, sind eine ständige Belastungsprobe für das Regime. Die Familienzusammenführung von Tausenden und die Freilassung von Tausenden politischer Häftlinge sind eine immerwährende Bewährungsprobe. Das Abkommen von Helsinki — das die Opposition ja abgelehnt hat, während sie heute manchmal so tut, als habe sie es erfunden, und dessen Ratifizierung



    Dr. Kreutzmann
    sie mit allen Mitteln zu verhindern suchte — hat mit seinen Absichtserklärungen Hoffnungen und Selbstbewußtsein der Menschen in der DDR in einem Ausmaß geweckt, das zu einer harten Belastungsprobe für die dortige Regierung geworden ist. Sie versucht daher, einer von ihr als lebensgefährlich empfundenen Entwicklung gegenzusteuern. Das tut sie oft in einer Art, die uns unerträglich erscheint und den Wunsch nach harten Reaktionen heraufbeschwört.
    Aber wer zu wirtschaftlichen Sanktionen rät, weil ihm die DDR gerade auf diesem Gebiet als höchst anfällig erscheint, der sollte immer daran denken, daß man damit nicht nur das Regime, sondern auch die Menschen drüben trifft. Er sollte sich die Außenhandelsstatistik der DDR ansehen: Zwar hat von 1963 bis 1976 der Interzonenhandel um etwa 40 % zugenommen. Aber in der Skala der Wertigkeit der Handelsverbindungen mit dem Westen ist die Bundesrepublik um 2 Prozentpunkte zurückgefallen. Das macht deutlich, daß unsere westlichen Verbündeten zum größten Teil jederzeit bereit sind, einzuspringen, wenn wir mit Handelssperren oder ähnlichen Maßnahmen die DDR unter Druck zu setzen versuchen.
    Wir sollten bei diesem Thema nie vergessen, was uns Versuche, den Interzonenhandel als Waffe einzusetzen, gebracht haben. Wir sollten nicht vergessen, wie sehr die Verhängung von Handelsembargos — wie der Röhrenaffäre — im Endeffekt ein Schuß nach hinten war. Wir sollten vor allem -nicht vergessen, daß Regierungen des östlichen Lagers noch nie einen Augenblick gezögert haben, bei der Androhung wirtschaftlicher Gegenmaßnahmen zu erklären, man werde der politischen Entscheidung vor ökonomischen Gesichtspunkten den Vorrang einräumen. Ich vergesse nie, wie bei einem Besuch deutscher Parlamentarier in Rumänien auf die Berner-kung, die Haltung der rumänischen Regierung in der Frage der Familienzusammenführung könne Auswirkungen auf das Klima der deutsch-rumänischen Wirtschaftsbeziehungen haben, ein Spitzenpolitiker des dortigen Regimes antwortete: Wir haben in unserer Geschichte schon so viele Versuche der Bedrückung und Unterdrückung erlebt; glauben Sie, wir ließen uns irgendwelche Anliegen von außen aufnötigen?
    Hier zählt nicht die Illusion, in dieser Hinsicht habe sich in der Zwischenzeit viel gewandelt, so daß wirtschaftliche Momente heute auch die Regierungen in Osteuropa zu Konzessionen zwingen könnten. Wenn man sieht, wie manche von ihnen die Einfuhr rigoros drosseln, um aus dem Leim gegangene Handelsbilanzen ins Gleichgewicht zu bringen, wird man nüchterner urteilen, als es weithin geschieht. Sicher ist es viel einfacher und vielleicht auch wahlwirksamer, mit schneidigen Parolen und harten Anklagen Deutschlandpolitik zu machen, als sich in Geduld zu üben. Das wirkliche Bewegen der Dinge im positiven Sinn ist wesentlich schwerer und weniger spektakulär — nicht zuletzt deshalb, weil das Regime drüben in jeder weiteren Begegnung und in jeder weiteren Familienzusammenführung einen Ansatz dafür sehen muß, daß es ins Rutschen kommt.
    Wir können also von der Bundesrepublik aus die Machtverhältnisse in der Welt nicht verschieben. Wir können nur das Unsere dazu tun, daß wir nicht zu ihren Opfern zählen. Dazu gehört, daß wir unsere Bündnisverpflichtungen zum Westen hin ausbauen.
    In diesen Tagen und Wochen sind durch die Haltung des amerikanischen Präsidenten neue Hoffnungen geweckt worden, daß man Unrecht als Unrecht anprangern will. Die KSZE hat die Idee der Menschenrechte nicht als bloßen Ersatz für Politik oder als bloße Deklamation interpretiert. Wir Sozialdemokraten haben das Wort „Menschenrecht" nie als eine Leerformel betrachtet. Diese Partei ist einst als ein Instrument im Kampf um fundamentale Menschenrechte ins Leben gerufen worden.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ihr ganzer politischer Weg war von diesem Kampf um die Menschenrechte getragen. Es entspricht auch der Tradition dieser Partei, daß sie das Ringen um die Menschenrechte nicht nur als Aufgabe im nationalen Bereich, sondern stets auch als eine internationale Verpflichtung betrachtet hat. Aber eine Partei, die den Frieden ehrlich will, kann im Ringen um die Menschenrechte immer nur in erster Linie eine moralische Aufgabe sehen. Der Kampf um die Menschenrechte ist ein Instrument der Hilfe für den einzelnen Menschen. Er darf nicht als Instrument von politischen Umstürzen und als Instrument des Unfriedens mißbraucht werden.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Wer will denn das?)

    Man kann sich nicht auf die Schlußakte von Helsinki berufen, die die Einmischung in die inneren Verhältnisse anderer Staaten untersagt, und andererseits die Absichtserklärungen über Menschenrechte dazu benutzen, gewaltsame Änderungen in den Staats-
    und Gesellschaftssystemen anderer erreichen zu wollen.
    Helsinki stellt keinen revolutionären Aufruf dar. Es will die Vermenschlichung in den Staaten schrittweise erreichen. Es will keine Kreuzzüge gegeneinander. Es hat mit seinen Prämissen Hoffnungen erweckt und Menschen innerlich engagiert. Es kommt darauf an, diese Hoffnungen für die Menschheit in die richtigen Bahnen zu lenken. Vergessen wir nicht: keiner der Aufstände in Osteuropa hat zu einem Umsturz der dortigen gesellschaftlichen Ordnung geführt. Nichts wäre darum falscher, als wenn wir, ausgehend von dem, was wir in Helsinki erreicht haben und durchsetzen konnten, die Vorstellung erweckten, als ob diese Deklaration von hohem moralischen Wert der Weg zu einer Wandlung von Verhältnissen und Gesellschaftssystemen sei. Was Helsinki versprochen hat, sind nicht mehr Menschenrechte gegen Staaten, sondern mehr Menschenrechte in den Staaten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich glaube, darin liegt ein Unterschied gegenüber dem, was die Opposition oft aus diesen Deklarationen zu machen versucht hat.
    Die Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage kann daher nicht anders lauten, als sie
    2060 Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 29. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 26. Mai 1977
    Dr. Kreutzmann
    lautet. Sie kann vor allem nicht einen Weg zu einer neuen Ostpolitik und Deutschlandpolitik darstellen, weil es in den eng gezogenen Grenzen der Bundesrepublik Deutschland an der Nahtlinie zweier Weltmachtblöcke keine andere Politik geben kann als das zähe Ringen um die Fortsetzung einer Politik der Entspannung.
    Auch eine Politik der Opposition in der Regierung könnte nicht anders aussehen. Das beweist nicht nur die Politik der CDU/CSU in der Zeit ihrer Regierungsverantwortung, ihre Reaktion nach der Errichtung der Mauer, ihre Politik auf dem Gebiet des Interzonenhandels und manches mehr. Das beweisen auch Aussagen, die der Oppositionsvorsitzende bei Reisen in den osteuropäischen Bereich gemacht hat. Das hat jüngst wieder der Kollege Mertes in seinem Vortrag unterstrichen. Wer wie der Kollege Mertes die Wahrung des Gleichgewichtes der Macht als Grundlage deutscher Außenpolitik fordert, wer einen Ausgleich mit den östlichen Nachbarn auf der Grundlage übereinstimmender Interessen verlangt, wer einen begrenzten Interessenausgleich mit der Sowjetunion für zwingend notwendig hält, der kann das zwar mit einigen Arabesken versehen, mit denen er gleichgewichtigere Leistungen, eindeutigere Vertragsinhalte und ähnliches fordert — wobei er seine Behauptungen jeweils für jeden Vertrag einzeln belegen muß —, im Prinzip aber kann er keine andere Politik machen, als sie von der Bundesregierung gemacht wird. Sie hat es mit ihrer Politik schließlich erreicht, daß der Versuch gescheitert ist, die Deutschen nicht nur staatlich, sondern auch im menschlichen Bereich voneinander zu trennen. Wenn die Opposition auf der einen Seite, wie das auch vorhin geschehen ist, der Regierung unterstellt, sie sei der Meinung, die Bevölkerung in der DDR stehe bedingungslos auf der Seite des Regimes, aber gleichzeitig darauf hinweist, daß die junge Generation in diesem Lande prowestlich eingestellt sei, dann muß sie sich auch einmal Gedanken über die Ursachen für diese Haltung der jungen Generation machen. Ohne die Politik dieser Regierung, ohne die Öffnung der Tore zu der Vielzahl der Besuche in die DDR hinein wäre diese Haltung der jungen Menschen dort drüben kaum verständlich.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Denn sie haben ja aus dieser Begegnung heraus sich ihr Bild neu formen können.

    (Zuruf des Abg. Jäger [Wangen] [CDU/ CSU])

    Im übrigen bin ich der Meinung, daß das ganze Problem wesentlich differenzierter zu sehen ist, als es hier mit Vereinfachungen geschieht.
    Die Kritik an der Bundesregierung ist um so unberechtigter, als sie ja nicht auf den Lorbeeren des Grundvertrages ausgeruht hat. Die vertragliche Basis ist im Gegenteil laufend weiterentwickelt und ausgebaut worden, nicht nur durch eine Kette von Folgevereinbarungen, angefangen vom Gesundheitsabkommen bis hin zur Regelung lokaler Probleme in Berlin und der Vorbereitung weiterer Verkehrsabkommen. Die Ständige Vertretung in Ost-Berlin hat vielen Bundesbürgern Rat und Hilfe gewähren können. Herr Abelein, ich finde es beschämend, wenn Sie dem Leiter dieser Vertretung, der sich weiß Gott um viele Menschen in Not dort drüben verdient gemacht hat, unterstellen, er sei nichts anderes als der Lautsprecher der DDR in der Bundesrepublik. Die Bundesregierung hat in vielen Gesprächen und Verhandlungen immer wieder die Ansichten, Wünsche, Standpunkte und Proteste über die Ständige Vertretung präzisiert und damit einen ständigen direkten Draht zur DDR installiert. Daß es dabei Rückschläge, bittere Enttäuschungen gegeben hat, Probleme der Unmenschlichkeit manche Verbitterung ausgelöst haben, weist die Antwort der Bundesregierung zur Genüge aus. Sie hat sich nicht gescheut, die Dinge beim Namen zu nennen. Niemand leugnet, daß manche Verhandlungen wegen der Unüberwindlichkeit der gegenseitigen Standpunkte nicht vorangekommen sind. Niemand kann aber bestreiten, daß diese Bundesregierung getan hat, was in ihren Kräften steht.
    Vor allem hat sie es verstanden — und das kann nicht hoch genug bewertet werden —, das westliche Engagement im Rahmen von EG und NATO für ihre Ost- und Deutschlandpolitik zum Nutzen unseres Landes lebendig zu halten. Hätten an ihrer Stelle andere gestanden mit mehr Forschheit, mit mehr Neigung, mit der Faust auf den Tisch zu schlagen oder den starken Mann zu spielen, hätten sie sicherlich bald erfahren, was man unseren Verbündeten zumuten kann und was nicht. Wer daran zweifelt, der mag sich einmal die Reden westlicher Staatsmänner auf ihre Substanz hin durchlesen.
    Man kann dabei auch ermessen, was es bedeutet hat, eine derartige Berlin-Erklärung zustande zu bringen, wie sie auf dem Londoner Gipfel erzielt worden ist. Es ist daher alles andere als den deutschen Interessen dienlich, wenn man versucht, die Bedeutung dieser Erklärung herunterzuspielen, die ja jetzt noch einmal durch die Ausführungen des englischen Außenministers zur Berlin-Frage unterstrichen worden ist. Die Berlin-Erklärung von London ist mit das Ergebnis einer Politik, die nie einen Zweifel daran gelassen hat, welchen Stellenwert sie dieser Stadt in der deutschen Politik beimißt. DDR und Sowjetunion sollen und müssen wissen, daß die Berlin-Politik keine Politik gegen sie ist, sondern eine Politik für die Bürger Berlins, die ohne Hilfe der Bundesrepublik nicht leben können. Eine Politik gegen die Sowjetunion und die DDR käme auch bei der Lage Berlins einem Amoklauf gleich.
    Wir haben es daher dankbar begrüßt, daß das Viermächteabkommen der Stadt mehr Lebensfähigkeit garantiert hat und daß dieses Abkommen für Berlin funktioniert. Herr Kollege Abelein, wenn Sie in diesem Zusammenhang sagen, es seien ein paar Reisen mehr nach Berlin möglich geworden, und das vor dem Hintergrund der Tatsache, daß seit Unterzeichnung des Viermächteabkommens 50 Millionen Besucher die Transitwege nach Berlin benutzt haben, dann muß ich sagen, es fehlt bei Ihnen nach meiner Meinung das Gefühl für Proportionen.

    (Zuruf von der SPD)

    Die Rechte der Besatzungsmächte sind dabei von
    der Bundesrepublik immer respektiert worden. Das



    Dr. Kreutzmann
    wird auch in Zukunft nicht anders sein. Wir werden das Berlin-Abkommen von unserer Seite immer respektieren und uns am Buchstaben und Inhalt orientieren. Dies sollte ausreichen, um Konflikte zu vermeiden.

    (Jäger [Wangen] [CDU/CSU] : Dann legen Sie doch die Nationalstiftung nach Berlin, statt starke Sprüche zu klopfen!)

    Wir werden uns auch bemühen, das, was zwischen der DDR und der Bundesrepublik an Fragen offen ist, in zähen Verhandlungen weiter auszuräumen, auch wenn man davon ausgehen sollte, daß in der gegenwärtigen Situation keine spektakulären Erfolge zu erwarten sind. Die DDR wird dabei auch ihre Wünsche und Vorstellungen einbringen. Sie muß sich allerdings auch bewußt sein, daß sich die Bundesregierung nicht über Voten ihrer Verfassungsorgane hinwegsetzen wird und daß auch ihrer finanziellen Macht Grenzen gesetzt sind. Auch die Bundesrepublik kann nur ein begrenztes Maß an Belastungen tragen, ihren Bürgern ein begrenztes Maß zumuten. Sowenig die DDR bereit ist, bis an die Grenze der Selbstaufgabe zu gehen, sowenig kann sie das von der Bundesrepublik verlangen. Aber den Bemühungen, den Frieden zu erhalten und zu sichern, sind Grenzen weder an Phantasie noch an Taten gesetzt. Die Politik zwischen Staaten beruht auf Interessenausgleich. Politik zwischen Staaten beruht auf Kompromissen dort, wo eindeutiger Interessenausgleich nicht möglich ist. Weder der eine deutsche Staat noch der andere kann dem jeweils anderen vorschreiben, was er zu tun und zu lassen hat.
    Darum müssen wir immer wieder geduldig miteinander reden. Das ist die Politik, die schwere Politik in dem Deutschland unserer Tage. Niemand, der ehrlich an ihr mitwirken will, kann sich ihren Gesetzen entziehen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Abgeordnete Hoppe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Günter Hoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere Deutschlandpolitik ist einer harten Bewährungsprobe ausgesetzt. Ungelöste Fragen, zähflüssige Folgeverhandlungen, aufgeflammter Grundsatzstreit und politischer Schlagabtausch auf höchster Ebene werfen lange Schatten. Und doch ist die Gesamtbilanz der letzten Jahre für die Menschen in beiden deutschen Staaten absolut positiv. Sie ist jedenfalls um vieles besser, als daß man es sich leisten könnte — wie dies Herr Kollege Abelein getan hat —, die Verbesserungen mit einem Halbsatz abzutun.

    (Sehr richtig! bei der FDP)

    Dies gilt insbesondere für alle jene Bereiche, in denen die Zusammengehörigkeit eines Volkes trotz staatlicher Teilung nun wieder praktiziert werden kann. Diese gelebte Gemeinsamkeit wird in ihrer Bedeutung auch nicht dadurch gemindert, daß sich die Begegnungen weitgehend in einer West-Ost-
    Strömung vollziehen müssen, weil die Freizügigkeit
    im anderen deutschen Staat doch sehr rationiert ist.
    Es darf nicht vergessen werden, was tatsächlich in mühevoller Vertragspolitik erreicht worden ist. Der Moskauer Vertrag und das Viermächteabkommen über Berlin, der Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR, der UNO-Beitritt und die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Helsinki haben sich mit ihren nationalen und internationalen Aspekten zum Vorteil für die Menschen in unserem geteilten Land ausgewirkt.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Meine Damen und Herren, Politik soll sich am Interesse der Menschen orientieren. Sie hat es hier in besonders eindrucksvoller Weise getan. Es ist deshalb nicht überraschend, daß die sozialliberale Koalition gerade in der Deutschlandpolitik einen Schwerpunkt ihrer Zusammenarbeit gefunden hat.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Das bisherige Ergebnis unserer Anstrengungen hat die von Mauer und Stacheldraht zerrissenen Verbindungen wieder neu geknüpft. Es aktiviert jene Zusammenarbeit, die erforderlich ist, um auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt.
    Schätzen wir das Erreichte deshalb nicht gering, und lassen wir es uns nicht von denen vermiesen, die jede Vertragspolitik mit Kommunisten rigoros verurteilen und von vornherein für verfehlt halten.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Wer tut das denn?)

    Auch die Opposition sollte nicht in den Fehler zurückfallen, Kritik nur um der Kritik willen zu üben.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Wer hat denn die ersten Verträge mit denen geschlossen? Das waren doch wir!)

    — Herr Kollege Mertes, Sie sehen aus dieser differenzierten Betrachtung, daß ich Sie mit dem ersten Teil meiner Aussage nicht, jedenfalls nicht voll identifiziert habe.

    (Beifall bei der FDP — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Dafür gibt es überhaupt keinen bei uns!)

    Meine Damen und Herren, sicher ist es einfach und deshalb oft verlockend, auf menschenverachtende Handlungen und aggressive Äußerungen der Kommunisten mit aller Schärfe zu reagieren. Man darf sich der Zustimmung der Bevölkerung dabei immer gewiß sein. Und doch haben wir uns alle zu fragen, ob ein solches Verhaltensmuster politisch klug ist. Wer sich den Menschen im kommunistischen Machtbereich wirklich verpflichtet fühlt, muß ihre Interessen voll mit in seine Überlegungen einbeziehen. Wir Freien Demokraten werden alles unterlassen, was die Kommunisten in ihrem Machtbereich stärkt oder auch nur stabilisieren hilft.

    (Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)




    Hoppe
    Aber wir werden genauso betont alles vermeiden, was den kommunistischen Regierungen einen billigen Vorwand liefert, der Bevölkerung gewährte Erleichterungen wieder zu entziehen, sie zu gängeln oder einzuschüchtern.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)