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ID0802601700

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    Plenarprotokoll 8/26 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 26. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 12. Mai 1977 Inhalt: Eintritt der Abg. Frau Dr. Riede (Oeffingen) und des Abg. Thüsing in den Deutschen Bundestag 1817 A Abwicklung der Tagesordnung . . . . 1817 B Absetzung der Punkte 6, 7 und 8 von der Tagesordnung 1817 B Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 1817 C Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 1817 D Begrüßung des Präsidenten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften . . . . 1819 A Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung zu den Londoner Gipfeltreffen Schmidt, Bundeskanzler . . . . . . . 1819 A Strauß CDU/CSU . . . . . . . . . 1825 A Wehner SPD 1832 C Dr. Graf Lambsdorff FDP . . . . . . 1838 C Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz) — Drucksache 8/165 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/351 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/337 — in Verbindung mit Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz) — Drucksachen 8/166, 8/173 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/352 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/338 — in Verbindung mit Zweite und Dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Neuntes Anpassungsgesetz KOV) — Drucksache 8/167 — Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 8/353 — Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 8/339 — Franke CDU/CSU 1842 C, 1864 D Egert SPD 1853 C Dr. Ehrenberg, Bundesminister BMA . . . 1862 A Schmidt (Kempten) FDP . . . . . . . 1865 B, 1912C, 1919 D Dr. Blüm CDU/CSU 1873 A Glombig SPD 1876 A Cronenberg FDP 1880 C, 1905 A Schedl CDU/CSU 1884 D Urbaniak SPD 1887 D Hölscher FDP 1890 A, 1896 C Frau Dr. Neumeister CDU/CSU 1891 D Kratz SPD - 1894 C Dr. Becker (Frankfurt) CDU/CSU . . . 1899 B Kuhlwein SPD 1902 B Höpfinger CDU/CSU 1907 B Jaunich SPD 1909 D Burger CDU/CSU 1914 D Gansel SPD 1917 C Nächste Sitzung 1920 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 1921* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 26. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 12. Mai 1977 1817 26. Sitzung Bonn, den 12. Mai 1977 Beginn: 9.01 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 13. 5. Dr. van Aerssen * 13. 5. Dr. Aigner * 13. 5. Alber * 13. 5. Bahr 12. 5. Dr. Bangemann * 13. 5. Dr. Bayerl * 13. 5. Frau Benedix 12. 5. Blumenfeld * 13. 5. Dr. Dregger 13. 5. Fellermaier * 13. 5. Flämig * 13. 5. Dr. Früh* 13. 5. Dr. Fuchs * 13. 5. Haase (Fürth) * 13. 5. Haberl 13. 5. Hoffmann (Saarbrücken) * 13. 5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 13. 5. Katzer 13. 5. Dr. Klepsch * 13. 5. Dr. h. c. Kiesinger 13. 5. Klinker ' 13. 5. Kunz (Berlin) * 13. 5. *) für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Prof. Dr. Laermann 12. 5. Dr. Graf Lambsdorff 13.5. Lange * 13.5. Dr. Lenz (Bergstraße) 13.5. Lücker * 13. 5. Müller (Mülheim) * 13.5. Müller (Wadern) * 13. 5. Dr. Müller-Hermann * 13. 5. Pieroth 13. 5. Prof. Dr. Pinger 13. 5. Schmidt (München) * 13. 5. Schreiber * 13. 5. Schwabe * 13. 5. Dr. Schwörer * 13.5. Seefeld * 13. 5. Sieglerschmidt a 13. 5. Spitzmüller 12. 5. Dr. Starke (Franken) * 13. 5. Dr. Staudt 27. 5. Frau Steinhauer 27. 5. Frau Tübler 27. 5. Dr. Wallmann 12.5. Frau Dr. Walz * 13.5. Wawrzik * 13. 5. Frau Will-Feld 27. 5. Dr. Wörner 12. 5. von .Wrangel 13. 5. Würtz * 13. 5. Zeyer * 13. 5. Zywietz * 13. 5.
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    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Für die Fraktion der Freien Demokraten begrüße ich das Ergebnis der Londoner Konferenzen, und zwar sowohl unter außen- wie unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten. Wir beglückwünschen die Bundesregierung zu diesem politischen Erfolg und beglückwünschen den Bundeskanzler zu diesem persönlichen politischen Erfolg.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Meine Damen und Herren, wir behaupten nicht etwa großspurig, London sei ein Erfolg der deutschen Außenpolitik; aber es ist ein Erfolg für die deutsche Außenpolitik, die unter ihrer maßgeblichen Mitwirkung zustande gekommen ist. Die Londoner Erklärungen — insbesondere zur NATO — klingen anders als früher. Sie klingen entschlossener, weniger halbherzig, und sie sind vor allem in der Sache sehr konkret. Wir wollen dies nicht mit dem Hinweis darauf abtun, daß Papier geduldig sei, weil dies nach unserer Überzeugung weder der Entschlossenheit des amerikanischen Präsidenten noch dem guten Willen unserer Partner im Bündnis gerecht werden könnte und würde.
    Es ist auch, wie wir alle wissen, keinesfalls bei Deklamationen geblieben. Ich sage nur einige Stichworte: Absprachen über Standardisierung der Waffen und über Rüstungskäufe; Zusage des amerikanischen Präsidenten, nicht nur die Zusammenarbeit zwischen den Vereinigten Staaten und der NATO, sondern auch mit der Europäischen Gemeinschaft zu pflegen; Zusage, eine gemeinsame Position für Belgrad zu erarbeiten; ein Hinweis auf die 80er Jahre und veränderte Verteidigungsbedürfnisse; schließlich weiteres gemeinsames Bemühen um Rüstungsabbau, wobei uns insbesondere im Schlußkommuniqué der Hinweis befriedigt, daß die Partner erneut ihr zentrales Ziel bekräftigen, nämlich die Herstellung eines ungefähren Gleichstandes der Landstreitkräfte in der Form einer übereinstimmenden kollektiven Gesamthöchststärke für den Personalbestand der Landstreitkräfte.
    Dies insgesamt scheint uns eine Stärkung der Position der NATO zu sein, wobei wir selbstverständlich wissen, daß viele ihrer Mitglieder Probleme haben, nicht zuletzt auch wirtschaftliche Probleme, die sich auf ihre Verteidigungsanstrengungen auswirken, und daß wir diese Probleme nicht alleine mit Resolutionen beseitigen können. Aber für die Freien Demokraten wiederhole und bekräftige ich hier, daß es nach unserer Überzeugung erfolgreiche Entspannungspolitik auch für die Bundesrepublik nur im Rahmen der Verankerung in Europa und in der Sicherheit des Atlantischen Bündnisses geben kann. Deshalb sind wir befriedigt darüber, daß unsere Bündnispartner unverändert zur Entspannungspolitik stehen.
    Vor allem sind wir aber darüber in hohem Maße befriedigt, daß alle NATO-Partner die Berlin-Resolution der drei Mächte und der Bundesrepublik so



    Dr. Graf Lambsdorff
    vollständig angenommen haben. Diese Berlin-Resolution — die Kollegen Kohl und Marx von der Opposition haben nach unserer Überzeugung recht — ist deutlicher als zu früheren Zeiten ausgefallen, und wir begrüßen das. Mein Fraktionskollege Hoppe hat gestern für die Freien Demokraten festgestellt: Die Konferenz von London führt mit wünschenswerter Klarheit auf das Viermächteabkommen über Berlin zurück. Dem ist nichts hinzuzufügen außer der Feststellung, daß die Bundesregierung auf der Basis dieser Erklärung ihre konsequente Politik zur Sicherung der Freiheit Berlins fortsetzen kann und fortsetzen wird.
    Wir sind in der. Beurteilung der Londoner Konferenz mit der deutschen Öffentlichkeit einig. Selbstverständlich ist kritische Würdigung das Recht der Opposition, Herr Kollege Strauß, und in einem Punkte sind wir eher sogar noch etwas kritischer als Sie. Zwar begrüßen wir, daß in der Art und Weise, wie die Europäische Gemeinschaft an solchen europäischen Konferenzen beteiligt wird, nun langsam Fortschritte erzielt worden sind. Dennoch würde es uns, Herr Bundeskanzler, noch mehr zufriedenstellen, wenn der Präsident der Kommission in die Aktivitäten solcher Gipfeltreffen noch voller einbezogen würde. Wir wissen uns mit diesem Wunsche mit Ihnen völlig einig. Herr Kollege Strauß, hier besteht für Sie eine Chance, aktiv an einem Ziel mitzuarbeiten, das auch Sie — so sagen Sie jedenfalls — verfolgen, indem Sie Ihren neuen Freund oder Bruder im Geiste, den Bürgermeister von Paris, einmal auffordern, seinen Widerstand gegen eine solche Politik und die Einbeziehung der EG-Kommission in solche Arbeiten aufzugeben.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich will mich hier nicht über den anlaufenden französischen Wahlkampf äußern; aber es gibt einige Äußerungen Ihres Freundes, Herr Kollege Strauß, die schon Erstaunen bei uns ausgelöst haben. Ich meine inbesondere Äußerungen über ein künftiges direkt gewähltes Europäisches Parlament.
    Die Fraktion der FDP hat rechtzeitig, wie ich meine, vor übertriebenen Hoffnungen im Hinblick auf Ergebnisse der Londoner Konferenz gewarnt. Wir wollten solche Hoffnungen nicht züchten, um nicht die Gefahr von Enttäuschungen zu erleben. Wer sich noch einmal die Probleme ins Gedächtnis zurückruft, der weiß, daß dieser Perlenkranz von Problemen die Aussicht auf einen Erfolg von vornherein sehr minderte: die Energie- und besonders die Nuklearfrage, die Behandlung der Menschenrechte, die Ankurbelung der Weltwirtschaft, Nord-SüdProbleme in Hülle und Fülle und sozusagen überwölbende weltweite Beschäftigungsprobleme, Inflation in vielen Ländern und weitverbreitete Neigung zu handelspolitischem Protektionismus. Unter solchen Bedingungen können zwei Tage Konferenz nur erfolgreich verlaufen, wenn sie wirklich exzellent vorbereitet sind. Dies war der Fall, und die Bundesregierung hat einen guten Anteil an dieser erfolgreichen Vorbereitung.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich möchte in diesem Zusammenhang — erlauben Sie mir das bitte — zwei Namen nennen. In der Vorbereitung des wirtschafts- und finanzpolitischen Teils hat der Staatssekretär im Finanzministerium, Herr P o h 1, eine sehr erfreuliche und sehr wirksame Rolle gespielt. Der Besuch des Bundesaußenministers — um den zweiten Namen zu nennen — Hans-Dietrich Genscher schon vor einigen Wochen in Washington, die Art und Weise, wie er dort aufgetreten ist, nämlich Festigkeit gepaart mit Verbindlichkeit, hat bei unserem Partner auf der anderen Seite des Atlantiks einen hervorragenden Eindruck hinterlassen und ebenfalls dazu beigetragen, daß wir den Weg zur Londoner Konferenz reibungsloser zurücklegen konnten.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich finde gelegentlich in der deutschen Offentlichkeit und in der deutschen Presse Hinweise, man könne wohl das Amt eines Parteivorsitzenden und das Amt eines Bundesaußenministers nicht miteinander verbinden. Mir ist es allerdings schon recht, wenn beide Ämter so vorzüglich ausgefüllt werden, wie das hier der Fall ist. Dann soll es ruhig so bleiben.

    (Beifall bei der FDP)

    Die London-Vorbereitung wurde natürlich auch noch dadurch erschwert, daß sie in die deutschamerikanischen bilateralen Beziehungen verwoben war und ist. Beidem, der weltweiten Zusammenarbeit und der Kooperation zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik, hat der neue amerikanische Präsident dankenswerterweise Auftrieb gegeben. Er hat die Führungsrolle der stärksten Macht des Westens deutlich gemacht. Seine Partner, einschließlich übrigens — dies sollte nicht unerwähnt bleiben — des französischen Staatspräsidenten Giscard, haben den Auftrieb voll aufgenommen, haben diese Impulse beantwortet und darauf reagiert.
    Dies heißt nicht, daß es etwa keine Meinungsverschiedenheiten und gerade keine bilateralen Meinungsverschiedenheiten mehr gäbe, mehr geben könnte, z. B. auf dem Gebiet der Energiepolitik. Die Vereinigten Staaten sind ein energiereiches Land, Europa ist im wesentlichen energiearm. Aber es ist völlig klargeworden und im Schlußdokument zum Ausdruck gebracht worden: Wir alle stehen zusammen für die Verwirklichung unserer Absichten, die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu verhindern. Deswegen, meine Damen und Herren, halte ich dies für wichtig, weil es gefährlich gewesen wäre, wenn wir der Versuchung erlegen wären, uns gegenseitig falsche Motive für Beweggründe und für politische Aktionen zu unterstellen. Dies ist — auch mit Hilfe der Bundesregierung, auch mit Hilfe einer sehr klaren Aussprache zwischen den Partnern — vermieden worden.
    Das gilt auch für das Thema Menschen- oder Bürgerrechte. Es gibt doch keinen Unterschied in der qualitativen Bewertung von Menschenrechten zwischen den Vereinigten Staaten und der Bundesrepublik Deutschland! Wer wollte dies ernsthaft behaupten! Ich halte es für schlichtweg unsinnig, wenn der



    Dr. Graf Lambsdorff
    Kollege Graf Huyn behauptet, und zwar nicht erst in „La Stampa", sondern unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Treffen von London, der Herr Bundeskanzler habe den amerikanischen Präsidenten in dieser Frage belehren wollen. Meine Frage an den Kollegen: War er denn überhaupt dabei? Allerdings eine kritische Bemerkung, Herr Bundeskanzler, an Sie: Sie schätzen das westliche Bündnis zu schwach ein, wenn Sie glauben, daß solche Bemerkungen des Abgeordneten Graf Huyn es spalten könnten, wie Sie vorhin mitgeteilt haben. Das kann er nicht. Aber es gibt selbstverständlich eine legitime Diskussion über die Frage: Wie und mit welchen Mitteln erreiche ich ein von allen bejahtes Ziel am besten? Oder anders: Wie praktiziere ich Menschenrechte so wirksam, daß nicht Deklamationen herauskommen, sondern daß menschliche Schicksale erleichtert werden? Diese Diskussion ist erlaubt und muß erlaubt sein.
    Vor einigen Tagen sagte mir ein amerikanischer Politiker: Wir wollen in erster Linie Betätigungsfreiheit für Dissidenten, ihr wollt in erster Linie Ausreisegenehmigungen. Solche simplifizierenden Feststellungen, meine Damen und Herren, verschieben natürlich immer etwas das Gesamtergebnis. Denn auch z. B. das Jackson-Amendment zum Trade Bill — wir wissen das — zielte auf Ausreisegenehmigungen. Leider, wie ich meine, mit einem Mißerfolg. Aber es gilt vor allen Dingen: Die gegenseitigen Positionen werden verstanden, und sie lassen sich auch in Übereinstimmung bringen. Ich bin davon überzeugt: spätestens in Belgrad werden wir dies erleben.
    Vordringlich war in London — deswegen ja auch die Bezeichnung Weltwirtschaftsgipfel — die Wirtschaftspolitik. Hier an dieser Stelle habe ich für die Fraktion der FDP — ich glaube, es ist schon im März gewesen — ausführen dürfen: Wir glaubten schon damals nicht mehr daran, daß die Aufforderung zur Ankurbelung der Weltwirtschaft mit Hilfe zusätzlicher Programme in London noch eine Rolle spielen würde. Nach der Korrektur, die Präsident Carter in den Vereinigten Staaten in seiner Konjunkturpolitik vor wenigen Wochen vorgenommen hatte, war anzunehmen, daß dieses Thema erledigt war. Richtig ist, daß wir das von uns selber angestrebte und für möglich gehaltene Ziel, Herr Kollege Strauß, von 5 % realem Zuwachs des Bruttosozialprodukts schaffen sollen. Wir werden uns bemühen. Ich bin der Überzeugung, wir werden das schaffen, wobei selbstverständlich jedermann wissen muß, daß eine Feinsteuerung einer Volkswirtschaft auf die Stellen hinter dem Komma absolute Illusion wäre. Dies ist nicht erreichbar. Aber ich denke, die weltwirtschaftliche Entwicklung trägt dazu bei — im übrigen auch die Entwicklung in den Vereinigten Staaten selbst; ich kann nur sagen: erfreulicherweise, amüsanterweise —, unser Ziel zu erreichen.
    Einige wichtige Voraussetzungen für unsere Entwicklung hier: Wir müssen unserer Wirtschaft die langfristigen Rahmenbedingungen schnell geben. Das heißt, wir müssen unsere steuerpolitischen, unsere energiepolitischen Entscheidungen treffen, und wir müssen das 16-Milliarden-DM-Infrastrukturprogramm — Herr Bundeskanzler, ich stimme Ihnen voll zu — schnell in Bewegung setzen.
    Dabei bleibt für uns wesentlich, daß das Ganze inflationsfrei betrieben wird. Meine Damen und Herren, in dem Kommuniqué von London findet sich der Satz — der Bundeskanzler hat ihn zitiert —; Inflation ist kein Heilmittel gegen Arbeitslosigkeit, sondern eine ihrer Hauptursachen. — Das steht erstmalig in einem internationalen Dokument dieser Güte, und dies ist ein Erfolg deutscher Politik, der Politik der Bundesregierung.
    Herr Kollege Strauß, es war schon eindrucksvoll — ich darf Ihnen das berichten —, daß gestern abend zu einem Essen zur Verabschiedung des deutschen Notenbankpräsidenten zwölf Zentralbankpräsidenten aus mit uns befreundeten Ländern kamen und das der Präsident des Federal Reserve Board der Vereinigten Staaten uns eine Stabilitätspolitik bescheinigte, die ein Vorbild und ein Maßstab für viele andere sei. Da hilft Ihre dauernde Entlastungsoffensive mit dem berechtigten Vorwurf, daß durch die Verhinderung der Aufwertung im Jahre 1972/73 struktureller Schaden entstanden ist, überhaupt nicht von den Tatsachen herunter.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Es gibt eine ganze Reihe weiterer höchst erfreulicher Ergebnisse: Handelsprotektionismus ist abgelehnt worden. Auch hier müssen wir unseren Respekt vor den nationalen Entscheidungen des Präsidenten Carter bekunden, der es abgelehnt hat, Importquoten für Farbfernseher und Schuhe einzuführen, und der damit das erste sichtbare Zeichen auch in seinem Lande gegeben hat, daß solche Maßnahmen nicht durchgeführt werden. — Die Gefahren, Herr Strauß — darin bin ich mit Ihnen völlig einig —, sind deswegen in diesem Bereich nicht vom Tisch. Es wird immer wieder Partner geben, die aus Schächeanfällen heraus den Versuch unternehmen, zu solchen Mitteln zu greifen. Aber wir haben erneut eine Bekundung der Entschlossenheit aller miteinander, uns solchen Anfängen entgegenzustellen.
    Ein weiteres erfreuliches Ergebnis bezüglich des Nord-Süd-Dialogs: Übereinstimmung, die deutlich die Handschrift der Europäischen Gemeinschaft —der Kommission — trägt. Jeder hier im Hause weiß, daß dies nicht zuletzt auf den Einfluß und auf die Mitwirkung der Bundesregierung zurückzuführen ist. Und auch dies muß unterstrichen werden: Erstmals hat ein solches Dokument das Comecon aufgefordert, sich dem realen Ressourcentransfer an die Entwicklungsländer endlich einmal mit mehr Wirkung ananzuschließen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Ich begrüße es, daß der Bundesgeschäftsführer der SPD gestern oder vorgestern dasselbe in einem Vortrag in Moskau — d. h. an Ort und Stelle, dort, wo die Adresse für solche Bitten ist — noch einmal vorgebracht hat.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Und erstmals ist in einem solchen Dokument die Initiative des Bundesaußenministers, die er in der 7. Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen im Jahre 1975 entwickelt hatte, aufgegriffen worden. Die Länder des Comecon sind aufgefordert



    Dr. Graf Lambsdorff
    worden, auch ihre Märkte für die Produkte aus den Entwicklungsländern zu öffnen

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    und nicht uns allein die Last dieser Politik tragen zu lassen.
    Mit Recht, so meine ich, hat die deutsche Presse London als Erfolg der Bundesregierung und des Bundeskanzlers gewertet; mit Recht begrüßt die deutsche Industrie in einer Stellungnahme einhellig die Ergebnisse von London. Aber ebenso richtig, Herr Bundeskanzler, ist Ihre Bemerkung, daß eine Rezession nicht mit Papier überwunden wird. Zwei Dinge scheinen mir im Verfolg von. London besonders wichtig zu sein.
    Erstens. Im Rahmen der in London getroffenen Entscheidungen sollten wir und sollte die Bundesregierung Wert darauf legen, daß auch die so lange vernachlässigten — weniger politisch als wirtschaftlich und monetär vernachlässigten — Beziehungen zu Japan genauer in Augenschein genommen und genauer bearbeitet werden. Dies gilt auch — ich möchte das von dieser Stelle aus sagen — als Appell an die deutsche Wirtschaft, den japanischen Markt nicht mehr so sträflich zu vernachlässigen, wie das viele Jahre geschehen ist. — Ich freue mich übrigens darüber, daß die Haushaltsberatungen die Möglichkeit ergeben haben, der deutsch-japanischen Handelskammer in Tokio etwas mehr unter die Arme zu greifen, damit sie ihrerseits dieser Politik Hilfestellung geben kann.
    Die zweite Aufforderung ist für mich und meine Freunde: die deutschamerikanischen Beziehungen weiter ausbauen. Meine Damen und Herren, es hat sich hier sicherlich einiges geändert, und wir sollten darüber ruhig offen sprechen. Diese Beziehungen sind in den vergangenen Jahren sachlich und persönlich besonders eng gewesen — einschließlich einer zwar risikoreichen, aber für uns immer positiven emotionalen Komponente. Wir konnten nicht erwarten, daß dies immer und ewig so bleiben wird. Wir sind jetzt wieder, so scheint mir, ein geschätzter Partner der Vereinigten Staaten, aber einer unter anderen. Die Vereinigten Staaten von Amerika wissen, so glaube ich, daß die Zusammenarbeit mit der Bundesrepublik für ihre politischen Ziele und deren Erreichung unentbehrlich ist. Wir, so meine ich, wissen, daß die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten das Element unserer Existenz in Freiheit ist. Aus diesen Formulierungen ergibt sich auch die unterschiedliche Gewichtung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten. Die Rolle eines wichtigen Partners neben anderen zeigt, daß die Bundesregierung in den vergangenen Jahren gut daran getan hat, dem jahrelangen Drängen seitens der Vereinigten Staaten, seitens unserer Freunde in den Vereinigten Staaten, doch eine Führungsposition in Europa einzunehmen, nicht zu folgen. Wir wollen und wir können keine Prädominanz für uns in Europa beanspruchen. Andererseits wissen wir aber auch, daß die Zeiten, in denen die Bundesrepublik einen wirtschaftlichen Riesen und gleichzeitig einen politischen Zwerg darstellte, vorbei sind. Dies ist die Konsequenz einer jahrelangen Entwicklung in der Verbindung von Wirtschafts- und Außenpolitik. Der
    Herr Bundeskanzler hat dies gestern an dieser Stelle im Staatsakt für unseren verstorbenen Kollegen Professor Dr. Ludwig Erhard dem Sinne nach so formuliert, daß der bedeutendste außenpolitische Erfolg Ludwig Erhards seine erfolgreiche Wirtschaftspolitik gewesen ist. Wir haben es heute mit den Konsequenzen dieser Verbindung und dieser Erfolge, die parallel wie in kommunizierenden Röhren verlaufen, zu tun.
    Die Wahrnehmung dieser unserer gewachsenen politischen Verantwortung erfordert auch gegenüber den USA enge und bessere persönliche Beziehungen. Meine Damen und Herren, ich möchte hier an uns im Parlament appellieren: Wir brauchen bessere persönliche Beziehungen zum Kongreß der Vereinigten Staaten.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Wir wissen sehr genau, daß in dem dortigen System der Präsidialdemokratie der Kongreß über vieles entscheidet; man könnte auch sagen: Ohne ihn läuft nichts.

    (Wehner [SPD] : Sehr richtig!)

    Es ist nicht damit getan — um es hier ganz deutlich zu sagen —, daß wir Delegationen austauschen. Es ist vielmehr erforderlich, daß wir intensiv, hartnäckig und systematisch Einzelkontakte erarbeiten. Ich glaube, daß dies eine Aufgabe ist, die den Bundestag — und zwar einschließlich der Oppositionsfraktion; dies ist nicht etwa allein eine Aufgabe der Koalitionsfraktionen — in der nächsten Zeit beschäftigen sollte. Wir müssen diesbezüglich zu Beschlüssen kommen.
    Ich fasse zusammen. Wir können das Ergebnis dieser drei Konferenzen nicht besser ausdrücken, als es im Schlußsatz des Kommuniqués über den Londoner Wirtschaftsgipfel formuliert wurde — ich bitte um die Erlaubnis des Herrn Präsidenten, dies zitieren zu dürfen —:
    Die Botschaft der Gipfelkonferenz in Downing
    Street ist somit eine Botschaft des Vertrauens
    — in die unverminderte Kraft unserer Gesellschaften und in die bewährten demokratischen Grundsätze, die sie mit Leben erfüllen,
    — daß wir die Maßnahmen ergreifen, die zur Lösung der Probleme und zur Sicherung einer gedeihlicheren Zukunft erforderlich sind.
    Meine Damen und Herren, die Bundesrepublik Deutschland — dessen ist die Fraktion der FDP gewiß — wird ihren Teil dazu beitragen, diese Botschaft des Vertrauens Realität werden zu lassen. Die Bundesregierung kann sich dabei der Unterstützung durch die FDP-Fraktion dieses Hauses sicher sein.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine
Damen und Herren, wir stehen damit am Ende der Aussprache.
Ich rufe nunmehr die folgenden Tagesordnungspunkte auf:
3. Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs



Vizepräsident Dr. Schmitt-Vockenhausen
eines Gesetzes zur Zwanzigsten Rentenanpassung und zur Verbesserung der Finanzgrundlagen der gesetzlichen Rentenversicherung (Zwanzigstes Rentenanpassungsgesetz — 20. RAG)

— Drucksache 8/165 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 8/351 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß)

— Drucksache 8/337 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Franke
Abgeordneter Glombig
Abgeordneter Schmidt (Kempten)


(Erste Beratung 18. Sitzung)

4. Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Dämpfung der Ausgabenentwicklung und zur Strukturverbesserung in der .gesetzlichen Krankenversicherung (Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetz — KVKG)

— Drucksachen 8/166, 8/173 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 8/352 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Prinz zu Sayn-WittgensteinHohenstein
b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß)

— Drucksache 8/338 —Berichterstatter:
Abgeordneter Franke
Abgeordneter Glombig
Abgeordneter Schmidt (Kempten)


(Erste Beratung 18. Sitzung)

5. Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Neunten Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Neuntes Anpassungsgesetz — KOV —9. AnpG-KOV)

— Drucksache 8/167 —
a) Bericht des Haushaltsausschusses (8. Ausschuß) gemäß § 96 der Geschäftsordnung
— Drucksache 8/353 —
Berichterstatter:
Abgeordneter Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
b) Beschlußempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung (11. Ausschuß)

— Drucksache 8/339 —
Berichterstatter:.
Abgeordneter Franke
Abgeordneter Glombig
Abgeordneter Schmidt (Kempten)


(Erste Beratung 18. Sitzung)

Der Ältestenrat schlägt vor, die Aussprache über diese Gesetzentwürfe zu verbinden. Wegen der Beisetzung von Herrn Alterspräsidenten Professor Dr. Ludwig Erhard wird weiter vorgeschlagen, heute in zweiter Beratung nur die allgemeine Aussprache sowie die Einzelberatungen einschließlich der Begründung der Änderungsanträge und am Freitag die Abstimmungen sowie die dritten Beratungen vorzunehmen. — Ich sehe und höre keinen Widerspruch.
Ich frage zunächst, ob einer der Herren Berichterstatter noch das Wort wünscht? — Das ist nicht der Fall. Ich danke den Herren Berichterstattern für die umfangreiche Arbeit und eröffne die allgemeine Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Franke.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns eben darüber verständigt, daß wegen der vorgerückten Zeit zum Bericht keine Ergänzung gegeben werden soll. Ich habe die Kollegen davon verständigt, daß ich die Bemerkungen, die ich zum Bericht machen wollte, an den Anfang meiner Ausführungen setze. Ich erlaube mir daher mit Ihrer Genehmigung ein paar kurze Bemerkungen hierzu.
    In der Drucksache 8/338 — Entwurf eines Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes — heißt es auf dem Vorblatt unter Punkt D: Kosten: keine. Meine Damen und Herren, ich halte das für eine Irreführung der Öffentlichkeit. Als Mitberichterstatter habe ich das den Kollegen, die seinerzeit bei der Beratung dabei waren, auch gesagt. Hier wird ein falscher Eindruck erweckt. Sicherlich, dem Bund entstehen hier direkt keine Kosten. Bei einer so gigantischen Kostenverlagerung auf die Beitragszahler, die Länder und die Gemeinden kann man doch wohl aber Wert auf die Feststellung legen, daß zwar dem Bund keine Kosten entstehen, aber durch eben diese gigantische Verlagerung auf die Versicherungs- und sonstigen Kostenträger enorme Milliardensummen beigebracht werden müssen. Ich wollte das an den Anfang meiner Ausführungen stellen, um damit auch zu dokumentieren, daß es im Bericht nicht so ganz gelungen ist, die reine Wahrheit darzustellen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Eine zweite Vorbemerkung. Die Beratungen standen unter einem unerträglichen Zeitdruck, und das ist ausschließlich Schuld der Koalition. Ich muß es noch einmal wiederholen: Bis zum 3. Oktober gab es für die Koalition und für den Bundeskanzler dieses Problem überhaupt nicht. Die Finanzierung der Rentenversicherung war für den Bundeskanzler nur ein Problemchen. Nach der Wahl war dann dieses



    Franke
    Problem das dickste Problem. Es i s t das dickste Problem, meine Damen und Herren!
    Nur: Die CDU/CSU wußte das schon seit langem. Sie hat seit dem Januar 1975 auf die sich abzeichnende Finanzmisere und das große Defizit in der Rentenversicherung hingewiesen. SPD und FDP haben den Bürger bis zum 3. Oktober an der Nase herumgeführt. Dann kam nach dem 3. Oktober das Hin und Her in der Koalition. Es ist ganz natürlich, daß es bei Sachfragen unterschiedliche Auffassungen gibt, die sowohl in einer Fraktion als auch in einer Koalition auf einen Nenner gebracht werden müssen. Aber da sich die Koalition vom 13. Dezember des letzten Jahres bis zum 17. März des laufenden Jahres nicht ganz einigen konnte und sich immer weitere Schwierigkeiten auftürmten, die aus dem Weg geräumt werden mußten, sind wir im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung unter einen unerträglichen Zeitdruck gekommen. Es hätte auch nichts geholfen, wenn man eine Stunde länger angesetzt hätte; es gab im Grunde genommen nur drei Beratungstage für die Einzelberatung des hier vorgelegten Komplexes. Es ist Schuld der Bundesregierung und Schuld von SPD und FDP, daß hier nicht sorgfältig beraten werden konnte.
    Die Bundesregierung geht bei ihren Annahmen über die Finanzierung dieses — wie sie es nennt — Rentensanierungspakets davon aus, daß sich z. B. in bezug auf das Entgelt und die Beschäftigtenzahlen ganz bestimmten Zahlengrößen einstellen. So ist es jedenfalls im Zwanzigsten Rentenanpassungsgesetz und im Zwanzigsten Rentenanpassungsbericht zu lesen. Die Bundesregierung geht z. B. davon aus, daß die Löhne und Gehälter 1977 um 7,5 % steigen, daß die Zahl der Arbeitslosen im Jahre 1977 auf 850 000 zurückgeht. Heute steht fest: Die Arbeitslosenzahl wird jahresdurchschnittlich etwa 950 000 betragen. Leider ist das der Fall.
    Das bedeutet einerseits Mehrausgaben in der Arbeitslosenversicherung, andererseits Minderausgaben in der Rentenversicherung gegenüber den Regierungsvorstellungen von rund 1 Milliarde DM, wenn sich die Zahl der Arbeitslosen jahresdurchschnittlich um 100 000 gegenüber den Regierungsvorstellungen vergrößert.

    (Zuruf des Abg. Müller [Remscheid] [CDU/ CSU])

    Steigt die Arbeitslosenzahl über 950 000 hinaus, wie viele Sachverständige befürchten, auf durchschnittlich 1 Million im Jahre 1977, dann „wächst" die jährliche Mindereinnahme bei den Rentenversicherungsträgern schnell auf 2 Milliarden DM. Diese Zahl von 2 Milliarden DM habe ich mir vor einigen Tagen notiert, bevor Herr Hoffmann, der Präsident der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte in Berlin, laut „Handelsblatt" vom 4. Mai — ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren — hier in Bonn eine Pressekonferenz gab. Herr Hoffmann sagte folgendes. Wollte man die Renteneinnahmen bei den Rentenversicherungsträgern jahresdurchschnittlich um 6,5 % erhöhen, müßte für den Rest des Jahres unter Berücksichtigung der Tatsache, daß in den ersten drei Monaten eine Steigerung von lediglich 0,8 % zu verzeichnen
    gewesen sei, eine Steigerung der Renteneinnahmen um 8,4 % herbeigeführt werden, um die tatsächlichen Verhältnisse in Einnahmen und Ausgaben mit den Annahmen der Bundesregierung in Übereinstimmung zu bringen.
    Die Zeit geht schnell weiter. Ich glaube, die Aussagen von Herrn Hoffmann sind auch schon wieder überholt. Ich habe hier mit dem Datum vom 11. Mai eine dpa-Meldung über die Kundgebung und Tagung des Verbandes der Deutschen Rentenversicherungsträger in Hamburg. Danach schreibt Gerd Muhr, der Verbandsvorsitzende, der — nebenbei gesagt, um die Autorität der Aussage hier noch besonders zu unterstreichen — im Hauptberuf stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes ist, die Zahlen, die Herr Hoffmann auf den Tisch gelegt hat, weiter fort. Herr Muhr sagte — er hatte inzwischen die vom 4. auf den 11. Mai fortgeschriebenen Zahlen der Einnahmen bei den Rentenversicherungsträgern —: Wir müssen in den folgenden Monaten dieses Jahres sogar eine Steigerung von 8,9 % erreichen, um die Annahmen der Bundesregierung Wirklichkeit werden zu lassen.
    Das heißt, die Annahmen der Bundesregierung sind in der Tat auf Sand gebaut. Sie sind zu den Zeitpunkten, da wir sie in zweiter und dritter Lesung verabschieden — heute und morgen —, längst überholt. Sie treffen überhaupt nicht mehr zu.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Nordlohne [CDU/CSU]: Eine „solide" Politik ist das!)

    Ich habe die Gegenäußerung des Bundesarbeitsministers oder des Ministeriums — ich will mich da nicht festlegen. Ich glaube, er hat in Hamburg auf diese Zahlen Bezug genommen. Ich nehme Sie jetzt nicht unmittelbar beim Wort, Herr Ehrenberg, aber Sie könnten es gesagt haben, und so unterstellen wir einmal, daß Sie es auch gesagt haben.

    (Heiterkeit)

    Zumindest das Bundesarbeitsministerium sagt: Die ersten drei Monate eines Jahres sind nicht repräsentativ für die Einnahmen des ganzen Jahres. Ich will Ihnen da nicht widersprechen. Nur, für Sie ist das doch nur ein Strohhälmchen, um im Bild zu bleiben.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU] : Eine Seifenblase!)

    Sie wissen ganz genau, daß diese gewaltigen Steigerungen im Verlaufe des Jahres, die mit einem verstärkten Rückgang der Arbeitslosenzahlen verbunden Wären, auf gar keinen Fall eintreffen. Sie können dies nicht wieder zum Problemchen herunterspielen, Herr Ehrenberg, sondern das ist in der Tat ein riesengroßes Problem. Auch wenn die ersten drei Monate nicht repräsentativ sind, die Gesamttendenz ist so, daß die Fachleute, leider die Fachleute, und nicht Sie recht behalten werden, daß die Einnahmen in diesem Jahre auf gar keinen Fall mit dem übereinstimmen, was Sie in diesem Gesetzentwurf angenommen haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Blüm [CDU/CSU] : Der Arbeitslosenberg ist größer als der Ehrenberg! — Müller [Remscheid] [CDU/CSU] : Ehrenberg, der Wundermann, schafft das!)




    Franke
    Herr Ehrenberg, Sie haben an der Sachverständigenanhörung, die wir an drei Tagen Mitte April abgehalten haben, nicht teilgenommen. Ich unterstelle, daß Sie alles das, was die Sachverständigen dort gesagt haben, nachgelesen haben. Da wird Ihnen zu- mindest die Passage über viele Seiten hinweg nicht unbekannt geblieben sein, wo alle Sachverständigen, die dort waren, Ihre wirtschaftlichen Grundannahmen als im Grunde genommen überhaupt nicht seriös bzw. als nicht gegeben ansehen. Schon am 20., 21. und 22. April war klar, daß das, worüber wir dort beraten haben, für die Sachverständigen überhaupt keine seriöse und solide Grundlage für die wirtschaftliche Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland ist. Damit werden die Einnahmen der Rentenversicherungsträger ein riesengroßes Loch aufweisen. Es wird sich Ende dieses Jahres bei den Rentenversicherungsträgern ein riesengroßes Loch auftun.
    Meine Damen und Herren, was heißt das? Für den, der sich mit der Frage beschäftigt, heißt das, daß das, was wir hier unter dem großen Namen Sanierung der Rentenversicherung betreiben, auf Sand gebaut ist, daß wir uns in diesem und im nächsten Jahre schon wieder mit weiteren Sanierungsmaßnahmen — und was heißt hier „Sanierung" ? —, mit Rentenkürzungen und ähnlichen Dingen beschäftigen müssen, denn es ist leider anzunehmen — ich wiederhole es, Herr Ehrenberg —, daß die Sachverständigen recht behalten und nicht Sie.
    Wenn man untermauern will, warum man glauben muß, daß die Sachverständigen leider recht behalten und nicht Sie, dann darf ich nur einmal an eine Propagandaübersicht, diese berühmte Kiste, erinnern.

    (Zuruf von der CDU/CSU) — Ja, da ist noch ein anderes Foto drauf.


    (Reddemann [CDU/CSU] : Der ging so schnell, wie der Ehrenberg bald gehen muß!)

    Da schreibt der inzwischen wegen dieser Schwierigkeiten zurückgetretene oder zurückgetreten wordene Bundesarbeitsminister Walter Arendt:
    Die Politik der sozialliberalen Koalition ist darauf ausgerichtet, mehr soziale Sicherheit und Gerechtigkeit zu schaffen.
    Und dann heißt es im letzten Satz:
    Diese Bilanz macht es deutlich: Unsere Politik kennt keinen Stillstand.
    Völlig richtig, nur geht es bei Ihnen nach unten,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    bei Ihnen geht es abwärts. Die Politik, die Sie im Sozialbereich, im Wirtschaftsbereich betreiben, kennt keinen Stillstand. Das ist völlig richtig, es geht abwärts. Insoweit hat Walter Arendt recht behalten: kein Stillstand, es geht abwärts.
    Herr Ehrenberg, ich habe mir von einigen Kollegen auch wieder etwas geben lassen, was Sie im Laufe der Zeit, auch in jüngster Zeit gesagt haben. Das liegt im Grunde genommen auf der gleichen Ebene wie das, was hier geschrieben steht. Das war kurz vor der Wahl als Propagandaschrift herausgegeben worden. Was Sie in den vergangenen Wodien und Monaten gesagt haben, entspricht dieser Tendenz, entspricht dieser leider immer von Fehlprognosen strotzenden Annahme der Sozialdemokraten.
    Die Risiken sind groß, natürlich, das weiß jeder, der sich mit der Materie beschäftigt und haargenau voraussagen soll, wie die wirtschaftliche Entwicklung sein wird. Niemand kann genau sagen, .wie sich in den nächsten Jahren die Konjunktur entwickeln wird. Die fünf wirtschaftswissenschaftlichen Institute, die am 25. April ein Gutachten abgegeben haben, rechnen für das Jahr 1977 eher mit einer Abflachung des Anstiegs des Bruttosozialprodukts: statt 6,1 v. H. im letzten Jahr 5 v. H. für dieses Jahr. Dieser mangelnde Anstieg schlägt dann auf den Arbeitsmarkt durch und bewirkt höhere Arbeitslosigkeit. Das ist die Ursache für jene Zahlen, die ich gerade genannt habe.
    Um Ihnen zu zeigen, daß erhebliche Zweifel daran bestehen, daß Ihre Annahmen richtig sind, besteht außerdem noch die Möglichkeit, das Gutachten des Sozialbeirates zu erwähnen. Der Sozialbeirat kommt in seiner Stellungnahme, die er im Februar abgegeben hat, im Grunde genommen zu dem gleichen Ergebnis. Ich darf mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitieren:
    Besondere Aufmerksamkeit verdient in diesem Zusammenhang auch die Frage der inneren Konsistenz der Annahmen. Mehrere Beiratsmitglieder bezweifeln, ob die Entgeltsteigerungsannahme von 7,5 v. H. jährlich mit der Annahme über die Beschäftigungsentwicklung in der gleichen Rechnung, d. h. mit dem wirtschaftspolitischen Ziel vereinbar ist,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    durch eine Belebung der Investitionen die Beschäftigungslage zu verbessern und zugleich die Preissteigerungen weiter zu reduzieren; angesichts der Erfahrungen der letzten Jahre spricht nach ihrer Meinung
    — der Meinung der Sachverständigen im Sozialbeirat —
    manches dafür, daß höhere Entgeltsteigerungen sowohl kürzer- wie längerfristig mit ungünstigerer Beschäftigungsentwicklung verbunden sein werden. Dies gilt insbesondere für den über 1980 hinausgehenden Zeitraum, in dem die Fortsetzung des wirtschaftlichen Wachstums im bisherigen Umfang unsicherer ist.
    Das heißt also, die kurzfristige Prognose Ist unsicher, die mittelfristige Prognose ist unsicher, und die langfristige Perspektive ist düster, weil — dies füge ich hinzu; das können die Sachverständigen im Sozialbeirat nicht in ihr Gutachten schreiben — Sozialdemokraten mit Hilfe der Freien Demokraten am Ruder sind. Deshalb ist die Zukunft düster, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Weitere Unsicherheiten ergeben sich auch nach Auffassung des Sozialbeirates über — ich zitiere — „die Entwicklung der Rentenzugangshäufigkeit und der sich daraus ergebenden Beitragsnachentrichtungen"



    Franke
    sowie der sich daraus wiederum ergebenden zusätzlichen Rentenausgaben. Das bedeutet für die Rentenversicherung, um die Zahlen noch einmal zu nennen: 200 000 Arbeitslose zahlen 1 Milliarde DM weniger in die Kasse der Rentenversicherung.
    Zur Bewältigung dieses Problems ist es auch keine große Hilfe, daß die Bundesanstalt für Arbeit Beiträge an die Rentenversicherung für Ausfallzeiten von Arbeitslosen zahlt. Wird die Bundesanstalt infolge höherer Arbeitslosigkeit finanziell mehr belastet, müssen eben dort die Beiträge erhöht werden. Hier kann man also nicht eine ohnehin leere Tasche noch mit zusätzlicher Geldentnahme belasten.
    Der Beweis für diese skeptischen Annahmen ist — Gott sei es geklagt — schon angetreten. Arbeitslosigkeit und niedrige Lohnentwicklung schlagen auf die Beitragsentwicklung in der Rentenversicherung durch. Ich habe soeben schon gesagt, .daß die BfA in den ersten Monaten für die Rentenversicherungsträger insgesamt festgestellt hat, daß die Zahlen, die die Bundesregierung aufstellt, nicht stimmten. Gerd Muhr — ich wiederhole noch einmal — kommt zu noch düstereren Zahlen, als sie uns der Präsident der Bundesversicherungsanstalt in Berlin in den letzten Tagen in Bonn auf den Tisch gelegt hat.

    (Müller [Remscheid] [CDU/CSU] : Das ist kein CDU-Mann!)

    — Was die Parteizugehörigkeit dieses sachverständigen Mannes, des stellvertretenden Bundesvorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes und im Augenblick des Vorsitzenden des Verbandes der Rentenversicherungsträger betrifft, ist er, wenn ich midi richtig erinnere — ich will ihm nicht zu nahe treten; vielleicht tue ich das bei der Stimmungslage, in der sich die Sozialdemokraten gegenwärtig befinden — Mitglied der sozialdemokratischen Partei.

    (Egert [SPD] : Reden Sie mal zur Sache! Sie reden hier immer nur über Parteizugehörigkeit!)

    Nach dem 20. Rentenanpassungsgesetz und dem 9. Gesetz über die Erhöhung der Kriegsopferrenten

    (Zuruf von der SPD)

    — das stand nicht hier auf meinem Notizzettel; das habe ich auf eine Zwischenfrage geantwortet — werden die Renten aus der Rentenversicherung und in der Kriegsopferversorgung ab 1. Juli 1977 um 9,9 % erhöht.

    (Lutz [SPD] : Bravo! — Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Wir stimmen zu!)

    Die CDU/CSU ist froh, daß es ihr, zusammen mit
    den Bürgern unseres Landes, gelungen ist, den An-
    schlag, den die Regierung vorhatte, zu verhindern,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    nämlich die versprochene Rentenanpassung zum 1. Juli 1977 nicht vorzunehmen. Das hat zu einer tiefen Vertrauenskrise zwischen den Bürgern unseres Landes und der Bundesregierung geführt. Ich glaube sogar, das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Aussagen der politischen Parteien ist durch
    Ihre Schuld in ganz erheblichem Maße erschüttert worden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich glaube, meine Damen und Herren, wir alle können über dieses Echo, das uns von draußen entgegenschlug, nicht verwundert sein, da Diätenerhöhung und Rentenkürzung - die Termine haben Sie gewählt — zur gleichen Zeit zur Debatte standen. Das ist ein Spiel, das man so nicht spielen kann, wie Sie in der SPD und der FDP es gespielt haben

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Hammans [CDU/CSU] : Insbesondere der Bundeskanzler war es!)

    Ich darf hier mit Genehmigung des Präsidenten ein Wort von Ludwig Erhard — und wir diskutieren an dem Tage, an dem er beigesetzt wird — aus der Rede zitieren, die er am 14. Dezember vergangenen Jahres als Alterspräsident dieses Hauses hier gehalten hat. Es geht um das, was ich vorhin gesagt habe, daß die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die Regierenden durch Ihre Handlungsweise erheblich erschüttert worden ist:
    Wir rangen in diesem Hause um eine reifere politische und freiheitliche Wirtschafts- und Sozialordnung, und unsere Arbeit daran wird gewiß nicht aufhören. Aber wir wissen zugleich, daß die Ordnung, die wir uns, auf dem Grundgesetz aufbauend, gegeben haben, ein festgefegtes Fundament unseres Staatswesens ist.
    Alle,
    — so sagt Ludwig Erhard —
    die Verantwortung tragen, sollten sich allerdings immer bewußt sein, daß nicht so sehr fragwürdige Prognosen, sondern vielmehr die Wahrheit und Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen die Gemütslage und das Tun eines Volkes beeinflussen.
    Wie recht hat Ludwig Erhard gehabt, insbesondere vor dem Hintergrund dieses makaberen Vorgangs, über den ich gerade gesprochen habe.
    Zuviel Staat, zuviel Skepsis kann zur Sepsis werden und lähmt uns, auch wenn sie in der Kutte eines grauen Realismus oder eines überzeugungsängstlichen Pragmatismus auftritt.

    (Zuruf des Abg. Lutz [SPD] — Gegenruf von der CDU/CSU)

    Daß wir jetzt über Beitragsbelastungen reden müssen, ist ausschließlich Schuld von SPD und FDP.

    (Lutz [SPD]: Er soll ja auch glaubwürdig werden!)

    Sie, SPD und FDP, haben jahrelang geleugnet, daß es im Bereich der Rentenversicherung und Krankenversicherung finanzielle Schwierigkeiten gibt. Sie haben alle Angebote der CDU/CSU-Fraktion, schon frühzeitig Überlegungen anzustellen, als Schwarzmalerei abgetan. Hätten Sie, SPD und FDP, auf uns gehört, wären die Belastungen für unsere Bürger nicht so hoch ausgefallen, wie sie jetzt ausfallen müssen. Der Sanierungszeitraum für die Sanierung



    Franke
    der Renten- und Krankenversicherung hätte um zwei Jahre länger sein können, und die Einzelbelastung wäre wesentlich geringer gewesen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Sehr wahr!)

    Ich wiederhole noch einmal: Bis zum 3. Oktober haben Sie die Existenz dieser Probleme geleugnet. Wir haben vielfach darauf hingewiesen und angeboten, an der Lösung dieser Fragen mitzuarbeiten. Sie haben sie geleugnet. Wenn jetzt diese Belastungen auf unsere Bürger zukommen, dann ist das ausschließlich Ihre Schuld, weil Sie den Mut vor dem 3. Oktober nicht gehabt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Wir wollten auch unpopuläre Maßnahmen mittragen, und wir tragen sie auch mit, obwohl die Regierung allein die Verantwortung für die Rentenmisere trägt. Wir werden für das Mittragen oder für das Vorschlagen von Maßnahmen hin und wieder gescholten, auch in unseren eigenen Reihen. Wir bitten die Bürger, die das tun, um Verständnis. Mit den Vorschlägen, die wir auf den Tisch gelegt haben, nachdem die Regierung jahrelang die Existenz dieser Probleme geleugnet hat, wollen wir verhindern, daß SPD und FDP ordnungspolitisch unsaubere und die bruttolohnbezogene dynamische Rente ändernde Vorstellungen verwirklichen. Das erfordert sozial ausgewogene Entwürfe. Wir haben sie im März 1977 diesem Haus auf den Tisch gelegt.
    Die Bundesregierung geht bei ihren Berechnungen des Defizits bis 1980 von einer Summe von ca. 83 Milliarden DM aus. Das heißt, nach einer Unterstellung der Bundesregierung fehlen von heute bis 1980 in der Renten- und Krankenversicherung fast 83 Milliarden DM.

    (Zuruf von der SPD: Nach einer Prognose!)

    In der finanziellen Ubersicht belegt sie diese Summe. Bei den gesetzlichen Maßnahmen verweist sie auf eventuell notwendige Initiativen im 21. Rentenanpassungsgesetz.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Auch hier findet wieder eine Täuschung der Bürger statt. Auf der einen Seite sagt die Bundesregierung und weist in ihrem Zahlenspiel aus, daß 83 Milliarden DM fehlen; auf der anderen Seite sagt sie, da werde sie später die gesetzlichen Maßnahmen durchführen. Sogar — das erwähne ich nicht gern; aber es muß einmal gesagt werden — der leitende Beamte des Sozialministeriums, Ministerialdirektor Schewe, leugnet, daß das überhaupt im Entwurf der Regierung steht. Ich halte es für ungeheuerlich, daß der leitende Beamte dieses Ministeriums das entweder nicht weiß oder im Ausschuß nicht ganz die Wahrheit über das sagt, was in dem Entwurf steht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Nehmen Sie das zurück!)

    Das ist nicht ganz aufrichtig. Aber das sind wir bei dieser Regierung gewohnt.
    Abgesehen davon, daß die Regierung hier Zahlen entweder falsch oder nicht ganz deutlich angibt oder daß sie zwar Zahlen nennt, aber keine Maßnahmen andeutet, geht die Regierung in ihren Maßnahmen einen falschen Weg. Sie finanziert das riesengroße Loch in der Rentenversicherung unter anderem durch eine gigantische Finanzverschiebung. Sie reduziert den Krankenversicherungskostenanteil der Rentenversicherung von 17 auf 11 % der Rentenausgaben.
    Die bloßen Zahlen sprechen für den Uninformierten vielleicht eine nicht ganz so deutliche Sprache. Diese Absicht der Bundesregierung bedeutet, daß die Träger der Krankenversicherung die Summe, die hier verlagert wird, letztlich durch eine Erhöhung ihrer Beiträge werden beitreiben müssen.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Warum nimmt die Bundesregierung diese Verlagerung vor? Dazu bedarf es keiner gesetzlichen Initiative. Denn die Selbstverwaltungsorgane sind gezwungen, Einnahmen und Ausgaben in Übereinstimmung zu bringen. Das bedeutet: Diese Bundesregierung hat nicht einmal den Mut, einzugestehen, daß die Mittel zur Füllung dieses Lochs beigetrieben werden müssen, sondern sie verlagert das auf die Selbstverwaltungsorgane der Krankenkassen. Das ist unaufrichtig.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der CDU/CSU: Das versteht die Bundesregierung unter Stärkung der Selbstverwaltung! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Ehrenbergs Verschiebebahnhof! — Zuruf des Abg. Cronenberg [FDP])

    — Ich habe Ihren Zwischenruf, verehrter neuer Kollege, nicht verstanden. Ich glaube, zu Ihren Gunsten ist es gut, daß ich ihn nicht verstanden habe.

    (Zurufe von der FDP)

    Die Sachverständigen schätzen die Erhöhung, die durch die Verlagerung auf die Krankenversicherung entsteht, auf 1,2 bis 1,6 Beitragsprozentpunkte. Das bedeutet eine Erhöhung des jetzigen Krankenversicherungsbeitrags um etwa 12 bis 13 °/o, die je zur Hälfte von den Arbeitgebern und von den Arbeitnehmern zu bezahlen ist.
    Weiter schlägt die Regierung vor, falls notwendig — wie sie sagt — in den Jahren 1979 und 1980 und künftig die Renten an die Nettogehälter oder Ähnliches anzupassen. Dabei geht sie, ohne Unterschiede zu machen, an hohe wie auch kleine Renten ran. Auch die kleinen Renten der Witwen werden hiervon betroffen.
    Wir von der CDU/CSU gehen einen ganz anderen Weg. Wir schlagen eine ganz andere Lösung vor. Für uns sind die Renteneinkommen nicht gleich Renteneinkommen.

    (Dr. Blüm [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Ein großer Teil unserer Mitbürger hat geringe Alterseinkommen. Andere — nicht wenige — Mitbürger haben höhere Alterseinkommen. Diese unterschiedlichen Auswirkungen sind in der Gesetzgebung zum Rentenrecht gewollt. Ich verweise auf das, was ich zu diesem Punkt in der ersten Lesung gesagt habe. Aber bei der finanziellen Belastung unserer ältereren Bürger muß ich doch Unterschiede machen.



    Franke
    Ich kann kleine Renteneinkommen doch nicht genauso belasten wie ein hohes Renteneinkommen. Die Bundesregierung schert alle über einen Kamm, die Witwe, die noch ergänzend Sozialhilfe erhält, wie die Rentenbezieher mit hohem Renteneinkommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)