Rede:
ID0801715400

insert_comment

Metadaten
  • insert_drive_fileAus Protokoll: 8017

  • date_rangeDatum: 16. März 1977

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 13:00 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 18:35 Uhr

  • fingerprintRedner ID: Nicht erkannt

  • perm_identityRednertyp: Präsident

  • short_textOriginal String: Präsident Carstens: info_outline

  • record_voice_overUnterbrechungen/Zurufe: 1

  • subjectLänge: 7 Wörter
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Herr: 1
    6. Abgeordnete: 1
    7. Brandt: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/17 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 17. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 16. März 1977 Inhalt: Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 937 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 937 B Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Dr. Dr. h. c. Maihofer, Bundesminister BMI 957 C, 985 D Dr. Wallmann CDU/CSU 961 B Brandt (Grolsheim) SPD 966 B Dr. Wendig FDP 970 B Spranger CDU/CSU 973 B Dr. Wernitz SPD 979 A Wolfgramm (Göttingen) FDP 983 A Dr Schäfer (Tübingen) SPD 985 A Dr. Bangemann FDP 988 D Frau Matthäus-Maier FDP . . . . . . 991 B Vizepräsident Stücklen . . . . . . . 975 C Fragestunde — Drucksache 8/168 vom 11. 03. 1977 — Schutz des Immobilienkäufers nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die, Auflassungsvormerkung im Grundbuch MdlAnfr Al 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Weber (Köln) SPD Antw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 938 C, D, 939 A ZusFr Dr. Weber (Köln) SPD . . . . . 938 D Strafverfolgung der Geheimakten veröffentlichenden Personen MdlAnfr A2 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Becher (Pullach) CDU/CSU Antw PStSekr Dr. de With BMJ . . . 939 B, C ZusFr Dr. Becher (Pullach) CDU/CSU . . 939 B, C II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. März 1977 Meinung des polnischen Justizministers Bafia über die Regelung der Frage der deutschen Staatsangehörigkeit im Interesse der weiteren Entwicklung der Beziehungen zwischen Polen und der Bundesrepublik Deutschland MdlAnfr A174 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Hupka CDU/CSU Antw PStSekr Dr. de With BMJ . . . . 939 D, 940 A, B, C ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU . . 939 D, 940 B ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 940 B ZusFr Dr. Wittmann (München) CDU/CSU 940 C Auffassung des Bundesjustizministers über den Fortbestand des Deutschen Reichs und über die Staatsangehörigkeit der jenseits von Oder und Neiße lebenden Deutschen MdlAnfr A175 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Czaja CDU/CSU Antw PStSekr Dr. de With BMJ . . . . 940 D, 941 B, C, D ZusFr Dr. Czaja CDU/CSU 941 A, B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 941 C ZusFr Dr. Wittmann (München) CDU/CSU 941 C ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 941 D Errichtung weiterer „Kreuzbauten" nach Art der Bundesministerien an der B 9 in Bonn MdlAnfr A3 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Luda CDU/CSU MdlAnfr A4 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Luda CDU/CSU Antw StSekr Dr. Abreß BMBau . . . 942 A, B Auffassung über die gesetzlichen Vorschriften auf dem Gebiet der Kunststoffverpakkung für Molkereiprodukte MdlAnfr A6 11.03.77 Drs 08/168 Dr. von Geldern CDU/CSU Antw StSekr Dr. Wolters BMJFG 942 C, 943 A ZusFr Dr. von Geldern CDU/CSU 942 D, 943 A Festlegung der Höchstwerte für Bleibelastungen in Nahrungsmitteln sowie Förderung der Forschung auf dem Gebiet der Bleigefährdung von Mensch und Tier MdlAnfr A9 11.03.77 Drs 08/168 Immer (Altenkirchen) SPD MdlAnfr A10 11.03.77 Drs 08/168 Immer (Altenkirchen) SPD Antw StSekr Dr. Wolters BMJFG . . . 943 B, D, 944 A, B, D, 945 A ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . . . 943 D, 944 A, D Anstieg der Zahl der Mitarbeiter des neuen Präsidenten des Bundesgesundheitsamtes sowie Nichtbesetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Stelle des Betriebsarztes MdlAnfr A11 11.03.77 Drs 08/168 Kittelmann CDU/CSU MdlAnfr A12 11.03.77 Drs 08/168 Kittelmann CDU/CSU Antw StSekr Dr. Wolters BMJFG . 945 A, C, D, 946 A, B, C, D ZusFr Kittelmann CDU/CSU . . . . . 945 B, D, 946 B, C ZusFr Luster CDU/CSU . . . . . . . 946 A ZusFr Dr. Möller CDU/CSU 946 A Vorlage des zweiten Berichts über Bestrebungen und Leistungen der Jugendhilfe MdlAnfr A15 11.03.77 Drs 08/168 Lintner CDU/CSU Antw StSekr Dr. Wolters BMJFG . . . . 946 D, 947 A, B ZusFr Lintner CDU/CSU . . . . 947 A, B Anteil kleinerer und mittlerer Unternehmen an den für Forschung und Technologie im Bundeshaushalt aufgewandten Mitteln MdlAnfr A16 11.03.77 Drs 08/168 Stockleben SPD Antw PStSekr Dr. Hauff BMFT . . . 947 C, D ZusFr Stockleben SPD 947 D ZusFr Dr. Steger SPD 948 A Förderung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben zur Kohleverflüssigung MdlAnfr A17 11.03.77 Drs 08/168 Stockleben SPD Antw PStSekr Dr. Hauff BMFT . . 948 B, C, D ZusFr Stockleben SPD 948 C ZusFr Stahl (Kempen) SPD 948 D Wirtschaftliche Nutzung der Solarenergie MdlAnfr A18 11.03.77 Drs 08/168 Scheffler SPD MdlAnfr A19 11.03.77 Drs 08/168 Scheffler SPD Antw PStSekr Dr. Hauff BMFT . . . . . 948 D, 949 B, C, D, 950 B, C, D, 951 A ZusFr Scheffler SPD . . 949 A, B, 950 B, C ZusFr Dr. Steger SPD . . . . . . . . 949 C ZusFr Dr. Ahrens SPD . . . . . . . 949 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 950 C ZusFr Lenzer CDU/CSU 950 D Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. März 1977 III Verbesserung der Arbeitsplatzlage in den Küstenländern durch Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich der Meerestechnologie MdlAnfr A20 11.03.77 Drs 08/168 Stahl (Kempen) SPD Antw PStSekr Dr. Hauff BMFT . . . . 951 A, B ZusFr Stahl (Kempen) SPD 951 B Gewinnung von Uran aus dem Meer MdlAnfr A21 11.0337 Drs 08/168 Stahl (Kempen) SPD Antw PStSekr Dr. Hauff BMFT . . 951 C, D ZusFr Stahl (Kempen) SPD . . . . . 951 C, D Forschungsvorhaben hinsichtlich der Rolle von Wasserstoff und Methanol als Energieträger MdlAnfr A22 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Steger SPD MdlAnfr A23 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Steger SPD Antw PStSekr Dr. Hauff BMFT . . . 952 A, D, 953 A, B ZusFr Dr. Steger SPD . . . . 952 D, 953 A ZusFr Dr. Probst CDU/CSU 953 B Beurteilung der Meinung von Bundesforschungsminister Matthöfer über den Ausbau der Kernenergie hinsichtlich der Dekkung des Elektrizitätsbedarfs und der Reaktorsicherheit MdlAnfr A26 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Stavenhagen CDU/CSU MdlAnfr A27 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Stavenhagen CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Hauff BMFT . . . 953 C, D, 954 A, B, C, D ZusFr Dr. Stavenhagen CDU/CSU 953 D, 954 B ZusFr Benz CDU/CSU . . . . . . . . 954 B ZusFr Lenzer CDU/CSU . . . . . . . 954 D Beurteilung der Meinung des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Hauff über die Lagerung von Atommüll im Zusammenhang mit dem Entwurf des Bundesinnenministers „Entsorgungsvorsorge" und den Vorstellungen zur Genehmigung von Kraftwerken; Vereinbarkeit der Feststellung von Bundesforschungsminister Matthöfer über Energiebedarfsprognosen und der Einstellung von Baugenehmigungen für Kohle- und Kernkraftwerke MdlAnfr A28 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Hubrig CDU/CSU MdlAnfr A29 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Hubrig CDU/CSU Antw PStSekr Dr. Hauff BMFT . 955 A, B, C, D, 956 A, B ZusFr Dr. Hubrig CDU/CSU . . . 955 B, C, D, 956 A ZusFr Stahl (Kempen) SPD . . . . . 956 A ZusFr Seiters CDU/CSU 956 B Forschungsarbeiten über die Speicherung elektrischer Energie im Megawatt-Bereich MdlAnfr A32 11.03.77 Drs 08/168 Flämig SPD MdlAnfr A33 11.03.77 Drs 08/168 Flämig SPD Antw PStSekr Dr. Hauff BMFT . 956 C, 957 A ZusFr Flämig SPD . . . . . . . . . 957 A Kernkraftwerksleistung in den Ländern des Comecon und in der Volksrepublik China sowie Berücksichtigung der in diesen Ländern gewonnenen Erkenntnisse über die Wiederaufbereitung und Endlagerung von Kernbrennstoff en MdlAnfr A34 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Ahrens SPD Antw PStSekr Dr. Hauff BMFT 957 B Nächste Sitzung 993 D Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 995* A Anlage 2 Ungleiche. finanzielle Förderung schulischer und nichtstaatlicher Berufsvorbereitungsmaßnahmen; Unterstützung von Jugendlichen während eines Berufsfindungsjahres an einer gewerblichen Schule SchrAnfr B88 25.02.77 Drs 08/129 Dr. Laufs CDU/CSU SchrAntw PStSekr Buschfort BMA . . . . 995* B Anlage 3 Bedeutung der UN-World University als Institut einer länderbezogenen Entwicklungspolitik MdlAnfr A5 11.03.77 Drs 08/168 Frau Simonis SPD SchrAntw PStSekr Brück BMZ . . . . . 99*` A Anlage 4 Zurückbleiben der Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel hinter den im nationalen Recht gestellten Anforderun- IV Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. März 1977 gen; Mißstände beim kombinierten Transport von flüssigen Lebensmitteln und Chemikalien in Straßentankwagen MdlAnfr A7 11.03.77 Drs 08/168 Egert SPD MdlAnfr A8 11.03.77 Drs 08/168 Egert SPD SchrAntw StSekr Dr. Wolters BMJFG . . 996* B Anlage 5 Vorlage des Berichts über die Situation der Frauen in Beruf, Familie und Gesellschaft MdlAnfr A13 11.03.77 Drs 08/168 Frau Schleicher CDU/CSU SchrAntw StSekr Dr. Wolters BMJFG . . 996* D Anlage 6 Ergebnisse von Meinungsumfragen über die Einstellung der Bürger zur Kernenergie MdlAnfr A24 11.03.77 Drs 08/168 Ueberhorst SPD MdlAnfr A25 11.03.77 Drs 08/168 Ueberhorst SPD SchrAntw PStSekr Dr. Hauff BMFT . . . 997* A Anlage 7 Vorlage einer Änderung des Atomgesetzes als Voraussetzung für die Endlagerung radioaktiver Abfälle sowie Umfang der für Forschung und Entwicklung im Bereich der Entsorgung zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel MdlAnfr A30 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU MdlAnfr A31 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Freiherr Spies von Büllesheim CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Hauff BMFT . . . 997 D Anlage 8 Ersetzung der Hochspannungsleitungen durch andere Techniken SchrAnfr B147 11.03.77 Drs 08/168 Lintner CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Hauff BMFT . . . 998* C Anlage 9 Unterrichtung des Bundestages über Energieplanung und Nutzungsprobleme der Kernenergie; gesetzliche Regelung zur Verhinderung von Umweltschäden durch Kraftwerke jeglicher Art SchrAnfr B148 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Hubrig CDU/CSU SchrAnfr B149 11.03.77 Drs 08/168 Dr. Hubrig CDU/CSU SchrAntw PStSekr Dr. Hauff BMFT . . . 999* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. März 1977 937 17. Sitzung Bonn, den 16. März 1977 Beginn: 13.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Berichtigung 15. Sitzung, Seite 774': Die Texte der in den Anlagen 43 und 44 abgedruckten Antworten sind gegeneinander auszutauschen. Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete() entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 18. 3. Dr. Aigner * 16. 3. Alber * 17. 3. Amrehn ** 18. 3. Dr. Biedenkopf 16. 3. Blumenfeld 16. 3. Böhm (Melsungen) 18. 3. Büchner (Speyer) ** 16. 3. Engelsberger 25. 3. Fellermaier * 16. 3. Frau Dr. Focke 18. 3. Dr. Früh * 17. 3. Dr. Fuchs * 16. 3. Dr. Geßner ** 17. 3. Haase (Fürth) * 16. 3. Frau Hoffmann (Hoya) 16. 3. Hoffmann (Saarbrücken) * 16. 3. Dr. Jahn (Braunschweig) ' 18. 3. Katzer 18. 3. Dr. h. c. Kiesinger 18. 3. Klinker * 17. 3. Dr. Köhler 16. 3. Lange * 18. 3. Lücker * 16. 3. Dr. Mende * 17. 3. Dr. Müller ** 16. 3. Müller (Mülheim) * 18. 3. Scheu 25. 3. Schmidt (München) ' 18. 3. Schmidt (Wattenscheid) 18. 3. Schreiber * 17. 3. Schwabe * 18. 3. Dr. Schwencke (Nienburg) '* 16. 3. Dr. Schwörer * 18. 3. Seefeld * 16. 3. Sieglerschmidt * 18. 3. Dr. Frhr. Spies von Büllesheim 25. 3. Spillecke g 17. 3. Dr. Starke (Franken) * 18. 3. Dr. Staudt 25. 3. Sybertz 18. 3. Dr. Waffenschmidt 18. 3. Frau Dr. Walz * 18. 3. Würtz * 18. 3. Zvwietz * 18. 3. für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Buschfort auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Laufs (CDU/CSU) (Drucksache 8/129 Frage B 88) : Anlagen zum Stenographischen Bericht Wie beurteilt die Bundesregierung die ungleiche finanzielle Förderung schulischer und nichtstaatlicher Berufsvorbereitungsmaßnahmen und ist sie bereit, im Interesse der Gleichbehandlung auch die aus Sonderschulen für Lernbehinderte kommenden Jugendlichen nach dem Arbeitsförderungsgesetz zu unterstützen, wenn sie an gewerblichen Schulen während eines Berufsfindungsjahrs schulisch und sozial betreut werden? Ich gehe davon aus, daß mit der gestellten Frage die Förderung des Berufsgrundbildungsjahres oder Berufsgrundschuljahres einerseits sowie die Förderung der berufsvorbereitenden Maßnahmen durch die Bundesanstalt für Arbeit nach § 40 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) andererseits angesprochen sind. Die Förderung des Berufsgrundbildungs- oder Berufsgrundschuljahres richtet sich als schulische Maßnahme nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Die Teilnehmer an dieser Maßnahme sind in der Regel Absolventen der 9jährigen Hauptschule und damit förderungsrechtlich den Schülern der Klasse 10 von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen und Berufsfachschulen gleichzustellen; sie werden daher nach § 68 Absatz 2 Nr. 3 a BAföG nur dann gefördert, wenn sie nicht bei den Eltern wohnen und von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist. Eine generelle Förderung der Schüler der Klasse 10 nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz würde die finanziellen Möglichkeiten des Bundes und der Länder zur Zeit übersteigen. Für die aus Sonderschulen für Lernbehinderte kommenden Jugendlichen, die an gewerblichen Schulen während eines Berufsfindungsjahres schulisch und sozial betreut werden, gelten die Förderungsmöglichkeiten nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz entsprechend. Dagegen werden die Teilnehmer an berufvorbereitenden Maßnahmen im Sinne von § 40 AFG durch die Bundesanstalt für Arbeit gefördert. Aufgrund der zu § 40 AFG ergangenen Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit werden die Teilnehmer nur gefördert, soweit es sich um nicht-schulische Lehrgänge handelt. Diese Abgrenzung ergibt sich daraus, daß der Gesetzgeber die gesamte Förderung der Allgemeinbildung und der schulischen Berufsausbildung dem Bundesausbildungsförderungsgesetz zugeordnet hat. Dies muß auch für neue Formen der schulischen Ausbildung gelten, die im Zuge der Weiterentwicklung des Bildungswesens entstehen. Vorstand und Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit haben darüber hinaus in ihrem Beitrag zu dem Bericht der Bundesregierung nach § 239 AFG zutreffend ausgeführt, daß die individuelle Förderung der Teilnahme an berufsvorbereitenden Maßnahmen, in denen noch nicht berufsreife Jugendliche für eine Ausbildung oder für den Übergang in das Arbeitsleben befähigt werden, „nicht eine originäre Aufgabe der Bundesanstalt für Arbeit" ist. Diese Aufgabe muß an sich im Rahmen des allgemeinbildenden Schulwesens erfüllt werden. Aus diesem Grunde kann das Engagement der Bundesanstalt auf diesem Gebiet nur vorübergehender Art sein, um einen zur Zeit von den Schulen noch 996* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. März 1977 nicht voll gedeckten Bedarf zu decken. So lange die Bundesanstalt diese Aufgabe wahrnimmt, profitieren die von ihr betreuten Jugendlichen von der für die betriebliche Berufsausbildung bestimmten Förderung nach § 40 AFG. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, daß deshalb auch die Teilnehmer eines Berufsgrundbildungs- oder Berufsgrundschuljahres in der gleichen Weise gefördert werden müssen. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Brück auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Simonis (SPD) (Drucksache 8/168 Frage A 5) : Welche Bedeutung mißt die Bundesregierung der UN-World University als Institut einer länderbezogenen Entwicklungspolitik bei, und mit welchen Mitteln wird sie gegebenenfalls dieses Projekt unterstützen? Die Universität der Vereinten Nationen soll nach ihrer Satzung weltweit vielfältige Aufgaben auf dem Gebiet der Forschung und der Wissensverbreitung wahrnehmen. Sie ist nach Auffassung der Bundesregierung nicht als Institut oder Instrument anzusehen, das sich der länderbezogenen Entwicklungspolitik widmet. Die Bundesregierung verfolgt mit Aufmerksamkeit die weitere Universitätsarbeit. Dabei achtet sie u. a. auch darauf, ob sich aus den Aktivitäten zukünftig Ansätze für regionale Planungen zur Lösung konkreter Entwicklungsprobleme ergeben. Sie prüft, ob, wann und in welchem Umfang ein finanzieller Beitrag der Bundesrepublik zum Stiftungsfonds angebracht erscheint. Dabei sind ihre Prioritäten im internationalen Bereich und die Knappheit der Haushaltsmittel zu berücksichtigen. Anlage 4 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Egert (SPD) (Drucksache 8;168 Fragen A 7 und 8) : Teilt die Bundesregierung die in der veröffentlichten Meinung häufiger vertretene Auffassung, daß die in Brüssel verabschiedete Richtlinie zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel hinter den im nationalen Recht (Gesamtreform des Arzneimittelrechts) gesetzten Anforderungen zurückbleibt, und welche Konsequenzen wird sie gegebenenfalls ziehen? Sind der Bundesregierung Mißstände beim kombinierten Transport von flüssigen Lebensmitteln und Chemikalien in Straßentankwagen bekanntgeworden, hält sie diese Praxis unter gesundheitspolitischen Aspekten für bedenklich, und was gedenkt sie gegebenenfalls dagegen zu tun? Zu Frage A 7: Diese in verschiedenen Zeitungsartikeln wiedergegebene Auffassung teilt die Bundesregierung nicht. Alle in der Gesamtreform des Lebensmittelrechts für kosmetische Mittel enthaltenen Verbote zum Schutz der Gesundheit und zum Schutz vor Täuschung sowie das Verwendungsverbot für nicht zugelassene Stoffe, soweit sie nach §§ 48 und 49 des Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts verschreibungspflichtig sind, brauchen aufgrund der Kosmetik-Richtlinie nicht geändert zu werden und bleiben weiterhin gültig. Da jedoch mit Erlaß der EG-Richtlinie eine Reihe von Ermächtigungen des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes ausgeschöpft werden können, stellt diese einen großen Schritt in Richtung auf einen optimalen Verbraucherschutz bei kosmetischen Mitteln dar. Die Richtlinie erfüllt jedoch sicherlich noch nicht sämtliche Verbraucherwünsche. Die Bundesregierung wird daher bei den künftigen Beratungen in Brüssel auf weitere Verbesserungen und Ergänzungen drängen. Zu Frage A 8: Die gesundheitlich-hygienische Problematik des wechselseitigen Transports von flüssigen Lebensmitteln und Chemikalien in Tankfahrzeugen ist der Bundesregierung bekannt. In der Lebensmittelhygiene-Verordnung, die zur Zeit vorbereitet wird, soll diese Art des Transports von flüssigen Lebensmitteln und Chemikalien bundeseinheitlich geregelt werden. Es soll sichergestellt werden, daß Lebensmittel beim Transport nicht ekelerregend oder sonst nachteilig beeinflußt werden können. Aber auch schon zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestehen bereits Möglichkeiten gegen diese bedenklichen Transporte vorzugehen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß der Bundesminister der Finanzen nach vorheriger Absprache mit dem Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit in einer am 26. April 1976 an die Oberfinanzdirektionen gerichteten „Vorläufigen Dienstanweisung für Kontrollen des Treibstoffs zum Betrieb von Dieselmotoren" u. a. eine Vorschrift dahin gehend aufgenommen hat, daß anläßlich der Kontrollen von Tanklastwagen, Tankanhängern und Sattelschleppern mit Tankaufliegern stets zusätzlich anhand des Fahrtenbuches oder sonstiger Fahrtunterlagen zu prüfen ist, ob lebensmittelrechtlich bedenklich erscheinende Wechseltransporte von Lebensmitteln und anderen Stoffen (z. B. Chemikalien) vorliegen. Im Verdachtsfall soll unverzüglich die nächstgelegene örtliche Lebensmittelüberwachungsbehörde unterrichtet werden. Diese Maßnahme eröffnet bereits jetzt die Möglichkeit zu verstärkter Überwachung von Lebensmitteltransporten auf deren hygienische Unbedenklichkeit im Rahmen der landesrechtlichen Hygienevorschriften. Anlage 5 Antwort des Staatssekretärs Dr. Wolters auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Schleicher (CDU/CSU) (Drucksache 8/168 Frage A 13) : Wird die Bundesregierung für den nächsten Bericht über die Situation der Frauen in Beruf, Familie und Gesellschaft gemäß Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 13. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. März 1977 997* Beschluß des Bundestages vom 9. Dezember 1964 ebensoviel Zeit brauchen wie für den ersten Bericht, und welche Vorstellungen hat die Bundesregierung hinsichtlich der weiteren Berichterstattung? Der von Ihnen erwähnte Bericht ist dem Deutschen Bundestag von der Bundesregierung am 14. September 1966 vorgelegt worden. Einen weiteren Bericht über Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Frau hat die Bundesregierung dem Bundestag am 1. August 1972 vorgelegt. Ich darf auf die Drucksache VI/ 3689 hinweisen. Da der 7. Deutsche Bundestag selbst eine Enquete-Kommission „Frau und Gesellschaft" eingesetzt hatte, die am 11. November 1976 einen Zwischenbericht vorgelegt hat, schien es der Bundesregierung nicht sinnvoll, in einem eigenen Bericht die gleiche Problematik zu behandeln. Es wird abzuwarten sein, ob der 8. Deutsche Bundestag der Empfehlung der Enquete-Kommission in ihrem Zwischenbericht folgt und wiederum eine entsprechende Kommission einsetzt. Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Ueberhorst (SPD) (Drucksache 8/168 Fragen A 24 und 25) : Welche Ergebnisse hat bisher der „Bürgerdialog Kernenergie' gebracht? Welche Ergebnisse haben bisher die Meinungsumfragen der Bundesregierung über die Einstellung der Bürger in der Bundesrepublik zur Kernenergie gebracht? Zu Frage A 24: Der „Bürgerdialog Kernenergie" steht im Zusammenhang einer umfassenden öffentlichen Diskussion über Nutzen und Risiken der friedlichen Nutzung der Kernenergie, über Erfordernis und Sicherheit dieser Energiequelle und über Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Energie- und Energieforschungspolitik. Dieser Diskussionsprozeß wird in seinem Verlauf und seinen Ergebnissen von vielfältigen und unterschiedlichen Faktoren beeinflußt. Die vom Bundesminister für Forschung und Technologie im Auftrag der Bundesregierung seit zwei Jahren durchgeführte Informations- und Diskussionsaktion ist einer dieser Faktoren. Ihre Wirkung und ihre Ergebnisse können — methodisch sauber — nur sehr schwer in Abgrenzung zu anderen Einflüssen und Bedingungen, unter denen die öffentliche Kernenergie-Diskussion verläuft, erfaßt und beschrieben werden. Im „Bürgerdialog Kernenergie" spiegeln sich somit die verschiedenen Einflußfaktoren zumindest im gleichhohen Maß wieder, wie diese Aktion selbst Einfluß nehmen konnte auf den bisherigen Verlauf und die Ergebnisse der öffentlichen Kernenergie-Diskussion. Es ist außerdem zu berücksichtigen, daß die Bundesregierung keine unmittelbare Zuständigkeit für Fragen der Standortplanung und -auswahl, der regionalen Industrie- und Strukturplanung und der konkreten Vorbereitung und Durchführung von atomrechtlichen Genehmigungsverfahren hat. Auf konkrete Standorte und Genehmigungsverfahren bezogene Aktivitäten können daher nicht Bestandteil der vom Bundesministerium für Forschung und Technologie durchgeführten Aktion sein. Unter Berücksichtigung dieses Zusammenhangs kann man folgende Ergebnisse festhalten: — ein anhaltendes und steigendes Interesse der Bürger an allen mit der Kernenergie, der Energie- — und Energieforschungspolitik zusammenhängenden Fragen; — eine steigende Bereitschaft bei allen Interessenten, die Diskussion über Nuzen und Risiken der Kernenergie nicht auf die naturwissenschaftlich-technische Seite zu begrenzen, sondern im Zusammenhang wirtschafts- und gesellschaftspolitischer Problemstellungen zu sehen; — eine steigende Bereitschaft der gesellschaftlichen Gruppen, den Prozeß einer fairen Meinungs- und Willensbildung über energiepolitische Fragen in ihren eigenen Reihen und zwischen ihnen und den Bürgern zu verstärken; — eine steigende Bereitschaft der Bürger, Gesichtspunkten der Energieeinsparung und rationellen Energieverwendung Rechnung zu tragen. Insgesamt hat sich der Bürgerdialog Kernenergie als ein wichtiger Beitrag zu einer breiten, öffentlichen Diskussion über Nutzung und Ausbau einer Großtechnologie erwiesen. Zu Frage A 25: Die der Bundesregierung bekannten oder von ihr in Auftrag gegebenen Untersuchungen und Meinungsumfragen über die Einstellung zur Kernenergie haben bislang ein z. T. sehr unterschiedliches Bild erbracht. Als wichtigste Trendaussagen lassen sich festhalten: 1. Die Zahl der Befürworter der Kernenergie überwiegt — bezogen auf die Gesamtbevölkerung — die Zahl derer, die die Nutzung der Kernenergie ablehnen. Dabei gibt es in fast allen Umfragen einen relativ hohen Anteil von Unentschiedenen. 2. In der Umgebung von Kernkraftwerks-Standorten nimmt die Zahl der Gegner stark zu. Hier liegt die Zahl der Gegner nur noch knapp unter der Zahl der Befürworter. 3. Soweit dieses Thema in den Untersuchungen behandelt wird, zeigt sich ein steigendes Bewußtsein im Hinblick auf Energieeinsparung. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Freiherr Spies von Büllesheim (CDU/CSU) (Drucksache 8/168 Fragen A 30 und 31) : 998* Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. März 1977 Hat es der Bundesforschungsminister jahrelang versäumt, und gegebenenfalls warum, die notwendigen Maßnahmen zur Entsorgung der Kernkraftwerke in die Wege zu leiten, und warum hat der Bundesinnenminister erst 1976 eine Änderung des Atomgesetzes als Voraussetzung für die Endlagerung radioaktiver Abfälle vorgelegt? Welche Haushaltsmittel standen für Forschung und Entwidclung im Bereich der Entsorgung seit Anbeginn der Förderung zur Verfügung, und welche Sachgebiete, differenziert nach Auftragssumme, Auftraggeber und Auftragnehmer, wurden im einzelnen bis 1976 gefördert? Zu Frage A 30: Der erste Teil der Frage ist mit einem klaren Nein zu beantworten. Der für Fragen der Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der friedlichen Nutzung der Kernenergie zuständige Bundesminister hat die mit der Entsorgung verbundenen Fragen seit Beginn der Kernenergienutzung zu klären versucht. Als Beispiele hierfür seien genannt — deutscher Beitritt zur Europäischen Gesellschaft für die chemische Wiederaufarbeitung bestrahlter Kernbrennstoffe (EUROCHEMIC) in Mol (Belgien) in 1959, also 2 Jahre vor der Inbetriebnahme des ersten deutschen Versuchskernkraftwerks Kahl; — 1965 Kauf und Herrichtung des früheren Salzbergwerks ASSE II für das Versuchsprogramm zur Endlagerung radioaktiver Abfälle mit Beginn der Einlagerung in 1967; — Durchführung umfangreicher Forschungs- und Entwicklungsarbeiten mit Schwerpunkt bei Konditionierung und Endlagerung der Abfälle, seit 1960 bei der Gesellschaft für Kernforschung, der Kernforschungsanlage Jülich und der Gesellschaft für Strahlen- und Umweltforschung; — Errichtung und Inbetriebnahme 1971 der deutschen Versuchsanlage zur Wiederaufarbeitung von Kernbrennstoffen aus den heutigen Leichtwasserreaktoren (WAK) in Karlsruhe. Schon von Anfang an war auch klar, daß die Wiederaufarbeitung Aufgabe der Industrie sein sollte. Dies drückt sich z. B. auch in der Beteiligung von rund 20 deutschen Firmen (u. a. Chemie und EVU) an der EUROCHEMIC neben dem Bund aus, sowie in der Führung des WAK-Betriebes durch eine industrielle Betreibergesellschaft und nicht durch die Gesellschaft für Kernforschung. Demgegenüber wurde schon frühzeitig die sichere Endlagerung der radioaktiven Abfälle als Bundesaufgabe angesehen. Kauf und Betrieb der ASSE durch den Bund bzw. eine Bundesgesellschaft gaben hierfür ein Beispiel. Da diese Bundeszuständigkeit in der bis dahin gültigen Fassung des Atomgesetzes nicht eindeutig gesetzlich geregelt war, mußte angesichts der Konkretisierung der Entsorgungsmaßnahmen auch die Bundeszuständigkeit eindeutig gesetzlich geregelt werden. Dies erfolgte durch die im September 1976 in Kraft getretene 4. Novelle zum Atomgesetz, in der dem Bund, vertreten durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt/ Braunschweig der Auftrag zur Errichtung und zum Betrieb eines Endlagers für radioaktive Abfälle erteilt wurde. Zu Frage A 31: Insgesamt wurden für Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Entsorgung einschließlich Bau und Betrieb der bisherigen Versuchsanlagen sowie der Ausbau im Rahmen der internationalen Zusammenarbeit auf diesem Gebiet rund 800 Millionen DM bis Ende 1976 ausgegeben. Die geplante Wiederaufarbeitungsanlage selbst wird von der betroffenen Wirtschaft finanziert und betrieben. Die Kosten der Endlagerung werden über Gebühren von Betreibern der Kernkraftanlagen aufgebracht werden. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Lintner (CDU/CSU) (Drucksache 8/168 Frage B 147): Welche Anstrengungen unternimmt bzw. unterstützt die Bundesregierung, um im Zuge der Energieversorgung nach Behauptungen von Energieversorgungsunternehmungen unentbehrlichen riesigen Hochspannungsleitungen durch andere Techniken ersetzbar zu machen, um die gegenwärtig mit solchen Leistungen verbundenen schwerwiegenden Eingriffe in die Landschaft, in die Natur und das Grundeigentum zu vermeiden? Untersuchungen im In- und Ausland ergeben, daß die Verkabelung der elektrischen Energieübertragung über große Strecken keineswegs eine problemfreie Alternative zur Freileitung ist. Kabel in Höchstspannungsnetzen sind nicht nur betrieblich nachteilig, sondern erfordern gegenüber Freileitungen einen vielfachen finanziellen Aufwand, je nach der Spannungshöhe den 6- bis 10fachen Betrag. Die Wahl der Trasse ist durch viele Faktoren topographischer und geologischer Art (Flüsse, Rutschgebiete, Grundwasserregionen, überbaute Gebiete usw.) stark eingeschränkt. Aus technischen und betrieblichen Gründen müßte auch die Überlandkabeltrasse einige Meter Breite beanspruchen mit durchgehendem Bauverbot und eingeschränkter Bepflanzung. Aus diesen Gründen ist die Verkabelung der Hochspannungsübertragung nur über kurze Strekken sinnvoll, z. B. in Gebieten starker Verdichtung. Aus diesem Grund konzentriert sich die Förderung von Forschung und Entwicklungsvorhaben durch die Bundesregierung auf die elektrische Hoch-und Höchstleistungsübertragung in Ballungsgebieten. Zu diesem Zweck werden Untersuchungen von Hochleistungsverteilernetzen und Entwicklungen zuverlässiger Hochleistungskabel durchgeführt. Im Vordergrund steht die Entwicklung eines Kabels mit innerer Zwangskühlung durch Wasser zur Übertragung höchster elektrischer Leistungen. In Berlin ist der Bau und Test einer Versuchsstrecke vorgesehen. Ferner wird die SF-6-Kabeltechnik (Schwefel-Hexafluorid-Füllung) mit entsprechenden Schaltungen zur Hochleistungsübertragung gefördert. Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 17. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 16. März 1977 999* Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Hauff auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/ CSU) (Drucksache 8/168 Fragen B 148 und 149) : Was hat die Bundesregierung unternommen, daß für Forschung und Maßnahmen der Energieeinsparung, der Entwicklung umweltfreundlicher Energiequellen sowie der Verhinderung von Umweltschäden durch Kraftwerke jeglicher Art die erforderlichen Gesetze geschaffen und ausreichende finanzielle Mittel bereitgestellt werden? Was hat die Bundesregierung unternommen, um den Deutschen Bundestag in allen Fragen der Energieplanung und der Probleme der Nutzung der Kernenergie umfassend zu unterrichten? Zu Frage B 148: Im Hinblick auf die international und national begrenzte Verfügbarkeit von Energieträgern und die mit der Umwandlung und Anwendung von Energie verbundenen Umweltbelastungen hat die Bundesregierung seit der Vorlage des Energieprogramms im Jahre 1973 der Energieeinsparung stets besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Folgende Maßnahmen wurden ergriffen: — Einfügung des § 4 a in das Investitionszulagengesetz für eine Zulage von 7,5 °/o für energiesparende Investitionen in der gewerblichen Wirtschaft sowie des § 4 b für Investitionen mit besonderer energiepolitischer Bedeutung — Beschleunigte Abschreibung energiesparender Investitionen für den bis zum Jahre 1956 erstellten Althausbaubestand (§ 82 a Einkommensteuerdurchführungsverordnung) und Ausdehnung des § 82 a auf Maßnahmen zur Wärmedämmung ab 1. Januar 1977 — Zeitlich begrenzte Gewährung von 30%igen Zuschüssen für energiesparende Investitionen bei Altbauten im Konjunkturprogramm 1975 — Verabschiedung des Gesetzes zur Energieeinsparung in Gebäuden, das sich auf den Neubau von Gebäuden sowie auf den Betrieb der Heizanlagen erstreckt — Vorbereitung von drei Rechtsverordnungen zum Gesetz zur Energieeinsparung in Gebäuden (Anlagen-, Betriebs- und Wärmeschutzverordnung). Diese Verordnungen werden noch im März 1977 vom Bundeskabinett beraten — Förderung der Entwicklung und Verbesserung von Technologien zur rationellen Verwendung von Energie insbesondere in den Bereichen Fernwärme, Wärmekraftkoppelung, Wärmedämmung, Wärmerückgewinnung und Wärmepumpen. Hierfür wurden im Haushalt des Bundesministeriums für Forschung und Technologie sowie im Konjunkturprogramm 1975 Mittel in Höhe von 183 Millionen DM bereitgestellt. Auch das mittelfristige Investitionsprogramm sieht für den Bereich rationelle Energieverwendung Mittel in erheblichem Umfang vor. Im Hinblick auf die Bedeutung, die dem Bereich Energieeinsparung auch weiterhin von der Bundesregierung zugemessen wird, sollen auch weitere ordnungspolitische sowie finanz- und steuerpolitische Maßnahmen geprüft werden. Die Vorbereitungen hierzu werden zur Zeit im Rahmen der Fortschreibung des Energieprogramms getroffen. Zu Frage B 149: Die Bundesregierung hat den Bundestag von Anfang an umfassend über ihre Energieplanung unterrichtet. Das erste von einer Bundesregierung überhaupt aufgestellte Energieprogramm wurde dem Bundestag im Oktober 1973 zugeleitet. Ein Jahr darauf folgte die erste Fortschreibung, in diesem Jahr wird die Bundesregierung die zweite Fortschreibung vorlegen. In ihren Antworten auf entsprechende Anfragen des Bundestages hat die Bundesregierung sowohl ihre Energiepolitik als auch die Energieforschungspolitik umfassend dargestellt (s. vor allem BT-Drucksachen 7/2366, 7/3595, 7/5313). Die Nutzung der Kernenergie wurde ebenfalls in vielen Antworten auf Bundestagsanfragen behandelt (s. BT- Drucksachen 7/2061, 7/3871, 7/5682, 7/5763). Darüber hinaus sind die Ausschüsse des Deutschen Bundestages detailliert zu Einzelproblemen unterrichtet worden.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Walter Wallmann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen ! Meine Herren! Ich möchte mit dem letzten beginnen, was Sie, Herr Bundesinnenminister, gesagt haben. Sie haben hier noch einmal erklärt, daß Sie sich ausdrücklich vor die beteiligten Beamten stellen und die Verantwortung übernehmen. Dieses würdigen wir, dieses begrüßen wir. Was Sie im übrigen als Ergebnis des Gesprächs mit Herrn Dr. Traube hier vorgetragen haben, wird mir Anlaß geben, noch einige Fragen an Sie zu richten.
    Bevor ich auf die Sache selbst eingehe, meine Damen und Herren, möchte ich aber anmerken: Über das, was Sie, Herr Maihofer, zum Thema Auseinandersetzung mit dem Terrorismus gesagt haben — daß es fließende Übergänge gibt zwischen Verfassungsfeinden und Terroristen —, ließe sich
    vieles sagen, und es wäre gut gewesen, es wäre von Ihrer Seite früher schon mit dieser Deutlichkeit gesagt worden.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Auch in dem, was Sie, Herr Maihofer, über die Gefährdungen individueller Freiheit gesagt haben, über die Konfliktsituation, über das Spannungsverhältnis, das es geben kann zwischen individuellem Grundrechtsanspruch einerseits und Sicherheitsbedürfnis andererseits, stimmen w ir Ihnen zu. Aber auch da — das muß ich sagen — hätten wir ein solch deutliches Wort von Ihnen gern sehr viel früher schon gehört und nicht erst heute in dieser Lage.
    Meine Damen und Herren, der sogenannte Fall Traube bewegt in diesen Wochen viele unsere Mitbürger. Sie empfinden oft Ratlosigkeit und Unbehagen. Und immer wieder wird die Frage gestellt, wie es zu dieser Abhöraffäre kommen konnte.
    Solche Empfindungen der Ratlosigkeit und der Betroffenheit so vieler unserer Mitbürger sind ja nur zu verständlich. Denn auf der einen Seite empfinden sie sehr wohl die Ungeheuerlichkeit der Tatsache, daß in eine private Wohnung mit Billigung des Innenministers — über den Zeitpunkt werden wir uns noch zu unterhalten haben — eingebrochen und eine Lauschanlage angebracht worden ist. Andererseits hören die Menschen, daß der davon betroffene Staatsbürger, eben jener Dr. Traube, Kontakte zu Angehörigen des Terrorismus gehabt habe. Ganz selbstverständlich werden damit Erinnerungen geweckt, Erinnerungen an Geschehnisse wie den OPEC-Überfall in Wien, an die grauenhaften Terroranschläge in Stockholm oder an die Ermordung des Berliner Kammergerichtspräsidenten von Drenkmann.
    Deswegen muß man es vielleicht begreifen, wenn einige meinen, daß angesichts solch furchtbarer Vorkommnisse in der Vergangenheit nun doch endlich mit aller Entschlossenheit und gegebenenfalls auch unter Hintanstellung von Grundrechten in unserer Verfassung gegen Menschen, die im Verdacht stehen, Kontakt zu Terroristen zu haben oder gar selbst an terroristischen Anschlägen beteiligt zu sein, vorgegangen werden muß. Aber die Bundesrepublik Deutschland, meine Damen und Herren, ist ein Rechtsstaat. Deswegen dürfen wir alle uns die Sache nicht leichtmachen. Wir müssen alle Umstände gründlich erwägen, und dabei dürfen uns selbstverständlich nur rechtsstaatliche Erwägungen leiten.
    Allerdings drängt sich in diesem Zusammenhang auch eine andere Frage auf, die Frage nämlich: Was wäre wohl geschehen, wenn in einer Regierung Kohl ein Innenminister Dregger genauso entschieden und gehandelt hätte wie Herr Maihofer?

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wie hätten Sie, meine Damen und Herren von der SPD und FDP, in einer solchen Lage reagiert, und wie hätte sich dann wohl der Politiker Maihofer, auf den Oppositionsbänken befindlich, verhalten?

    (Lachen bei der CDU/CSU)




    Dr. Wallmann
    Meine Damen und Herren, ich will den sogenannten Fall Traube zunächst rechtlich und danach politisch untersuchen. Dazu ist es nötig, in aller Kürze den Sachverhalt noch einmal darzustellen.
    Mit Billigung des Innenministers, die allerdings, wie wir inzwischen erfahren haben, erst im nachhinein unzweideutig ausgesprochen wurde, ist der Einbruch in eine private Wohnung angeordnet und eine geheime Abhöranlage, eine sogenannte „Wanze", installiert worden. Dies geschah — wie wir in allen Tageszeitungen am 2. März dieses Jahres nachlesen konnten —, obwohl der Bundesinnenminister am Tage vorher, nämlich am 1. März, auf einer Bundespressekonferenz ausdrücklich zugegeben hatte, daß zum Zeitpunkt dieser Anordnung keine gerichtsverwertbaren Beweise gegen Traube vorlagen, daß die legal durchgeführte Telefon- und Postüberwachung keinen konkreten Tatverdacht ergeben hatte und daß die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens nicht zu rechtfertigen gewesen wäre.
    Meine Damen und Herren, das hat der Innenminister nicht vom Standpunkt des „danach" erklärt, sondern als jenen Standpunkt dargelegt, der vor und bei Anordnung dieser Maßnahme maßgeblich gewesen ist. Diese Darstellung, Herr Innenminister, haben Sie bis heute — auch jetzt eben nicht — mit neuen Tatsachenbeweisen nicht etwa korrigiert.
    Es ist auch interessant, in diesem Zusammenhang zur Kenntnis zu nehmen, was Sie zu diesem Thema vor dem Innenausschuß ausgesagt haben. Herr Kollege Schäfer von der SPD-Fraktion hat dort folgende Frage gestellt — eine Frage an den Innenminister —:
    Offensichtlich haben Ihnen diese beiden Maßnahmen keine ausreichenden Erkenntnisse gebracht, und Sie haben nun überlegt, wie Sie zu neuen Erkenntnissen kommen können.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Die nach Art. 10!)

    — Genau, die nach Art. 10, also die Überwachung, von der ich eben gesprochen habe. — Antwort des Innenministers:
    Es ist in der Tat richtig, Herr Schäfer, was Sie sagen, die laufende Post- und Telefonüberwachung hat uns einfach nicht weitergebracht in der zentralen Frage: was für eine Art von Kontakten hat dieser Herr Traube mit diesen Terroristen?
    Einige Absätze weiter können wir dann als Aussage des Innenministers folgendes lesen:
    Dennoch hatten wir nichts Handgreifliches, daß wir hätten sagen können: das gibt uns Anlaß für die Einleitung eines polizeilichen Vorermittlungs- oder staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens.
    Das ist sehr wichtig, Herr Maihofer, was Sie ausgesagt haben. Denn daraus ergibt sich ganz eindeutig, daß jene äußerste Gefährdungslage, von der Sie heute gesprochen haben, nicht auf Grund von bestimmten Erkenntnissen angenommen werden konnte. Zweitens ist diese Aussage wichtig im Hinblick auf das, was Sie zum Art. 13 Abs. 3 des Grundgesetzes gesagt haben — ich werde darauf noch eingehen —, nämlich Sie haben hier, lassen Sie mich das feststellen, mit aller Deutlichkeit gesagt: „Es bestand kein Anlaß — es war rechtlich nicht zulässig —, etwa Mittel polizeilicher, staatsanwaltschaftlicher Art zur Gefahrenabwehr einzuleiten." Es bestand demnach also lediglich ein allgemeiner Verdacht gegen Traube, daß dieser nämlich möglicherweise nicht nur zufällige Kontakte zu Terroristen hatte. Dies wurde allein darauf gestützt, daß er mit dem inzwischen als Terrorist ausgewiesenen Klein bekannt und mit diesem mehrfach zusammengetroffen war.
    Herr Maihofer, ich will — ich sage das ausdrücklich — diese Tatsache und den sich daraus ergebenden Verdacht ganz gewiß ernst nehmen. Ich will hier gar nichts verharmlosen. Die Frage ist aber, ob ein solcher Verdacht, wie ich ihn eben noch einmal beschrieben habe, der nicht ein konkreter schwerwiegender Tatverdacht gewesen ist, sondern ein allgemeiner Verdacht, ausreicht, einen so schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung zu rechtfertigen. Sie, Herr Maihofer, haben gesagt, ja, das sei möglich gewesen, und zwar auf Grund des Art. 13 Abs. 3 des Grundgesetzes. Danach darf in der Tat in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung dann eingegriffen werden, wenn damit eine gemeine Gefahr oder eine Lebensgefahr für einzelne Personen abgewendet werden soll. Aber, Herr Maihofer, nach allem, was wir bisher wissen, ist ja zu diesem Zweck der Gefahrenabwehr gerade nicht in die Wohnung Traubes eingedrungen und eine Abhöranlage angebracht worden. Dieser sogenannte Lauschangriff wurde nicht durchgeführt, um eine Straftat zu verfolgen oder um eine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung abzuwehren. Mit dem Einbruch in die Wohnung sollten vielmehr jene nachrichtendienstlichen Erkenntnisse gewonnen werden, die einen konkreten Tatverdacht überhaupt erst begründen konnten und begründen sollten.
    Es ist ein entscheidender Unterschied, ob in das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung eingegriffen wird, um eine gemeine Gefahr abzuwehren, oder ob damit erst herausgefunden werden soll, ob eine solche gemeine Gefahr überhaupt vorliegt. Die Frage spitzt sich unter juristischen Aspekten also auf einen Punkt zu: Ist der Einbruch in eine Wohnung und das geheime Anbringen eines Abhörgerätes ein verfassungsrechtlich zulässiges nachrichtendienstliches Mittel?
    Nach meinem Verfassungsverständnis kann es, Herr Maihofer, darauf keine zustimmende Antwort geben. Obwohl Sie sich, wie ich zugebe, subjektiv und auch objektiv in einer schwierigen Lage befunden haben, halte ich die getroffene Maßnahme deswegen für nicht begründet. Ich meine auch, Sie können diese Auffassung, die ich hier vortrage, nicht mit leichter Hand beiseite schieben. Immerhin haben sich eine Reihe bedeutender Verfassungsrechtler zu diesem Thema geäußert, darunter Dürig, der von einem „fragwürdigen und bedenklichen" Vorgang spricht.



    Dr. Wallmann
    Selbst diejenigen, meine Damen und Herren, die zu einer anderen Bewertung kommen — wie der Innenminister —, muß doch nachdenklich stimmen, daß für den viel weniger einschneidenden Eingriff der Post- und Telefonüberwachung ein ganz bestimmtes, gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren vorgesehen ist. Der Innenminister muß die Überwachung von dem dafür bestellten Gremium billigen lassen. Im Fall Traube ist eine solche Billigung nicht erfolgt, obwohl doch diese Maßnahme viel stärker in die persönliche Grundrechtssphäre eingreift als jene Überwachung nach G 10, also die Überwachung von Post und Telefon.
    Nun halten Sie dagegen, Herr Maihofer, daß in dieser besonderen Situation, in dieser Ausnahmesituation des Falles Traube, das geheime Eindringen in dessen Wohnung wegen jenes Art. 13 Abs. 3 des Grundgesetzes eben doch zulässig gewesen sei. Meine Damen und Herren, sicher, in diesem Abs. 3 ist eine Einschränkung gegenüber dem ersten Absatz vorgesehen. Art. 13 des Grundgesetzes garantiert ja die Unverletzlichkeit der Wohnung. Eingriffe und Beschränkungen dieses Grundrechts der Unverletzlichkeit der Wohnung sind nach Abs. 3 dann zulässig, wenn sie zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen notwendig sind.
    Hier wird eine Ausnahme von der Ausnahme gemacht. Darf ich daran erinnern, daß die Verfassungsväter nicht nur mit der Verfassung insgesamt, sondern mit den Grundrechten ganz besonders behutsam umgegangen sind und uns alle aufgefordert haben, besonders vorsichtig damit umzugehen. Deswegen ist in dieser Verfassung enthalten, daß der Wesensgehalt eines Grundrechts unter gar keinen Umständen eingeschränkt werden darf. Deswegen stellt das Grundgesetz fest, daß —wenn tatsächlich in einer Ausnahmesituation ein Eingriff erlaubt werden soll — diese Erlaubnis in einem förmlichen Gesetz vorgesehen sein muß.
    Von dieser Ausnahme macht Abs. 3 des Art. 13 des Grundgesetzes noch einmal eine Ausnahme, indem er nämlich sogar auf das Vorhandensein eines förmlichen Gesetzes verzichtet. Dieses allein macht bereits den Ausnahmecharakter von Art. 13 Abs. 3 des Grundgesetzes sichtbar.
    Meine Damen und Herren, deswegen sind ganz besonders strenge Anforderungen daran zu stellen, ob dieser Abs. 3 des Art. 13 des Grundgesetzes für einen konkreten Fall Anwendung finden kann. Ich muß Ihnen sagen, Herr Maihofer: Dazu haben Sie leider kein Wort gesagt. Sie haben lediglich Ihre Rechtsauffassung vorgetragen, aber Sie haben nicht gesagt, warum Sie in dieser konkreten Situation gleichwohl meinten, nach Maßgabe dieses Ausnahmetatbestands von Art. 13 Abs. 3 des Grundgesetzes handeln zu dürfen. Eine solche Verletzung des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung ist nur unter ganz besonderen Umständen möglich, nämlich dann — ich sage es noch einmal —, wenn man eine gemeine Gefahr abwehren oder das Leben eines einzelnen Rechtsgenossen dadurch retten will. Aber zu diesem Zweck — ich wiederhole es — haben Sie ja nicht gehandelt. Sie wollten keine
    gemeine Gefahr abwehren, sondern Sie wollten Erkenntnisse gewinnen. Dafür reicht Art. 13 Abs. 3 des Grundgesetzes nicht aus.
    Ich glaube, Herr Minister Maihofer, daß Sie diese Problematik durchaus sehen und daß Sie deswegen auf einen weiteren Rechtsgrund zurückgreifen, von dem Sie sagen, daß er Ihr Verhalten zu rechtfertigen vermöge. Sie berufen sich auf den rechtfertigenden Notstand, den früheren übergesetzlichen Notstand. Sie sagen, Sie seien befugt gewesen, das geringere Rechtsgut der Unverletzlichkeit der Wohnung zu verletzen, um auf diese Weise das höhere Rechtsgut vieler Menschenleben schützen zu können. Aber auch in dieser Frage bleibt es bei dem, was ich zuvor gesagt habe: Herrn Maihofer ging es ja nicht darum, hier eine Gefahr abzuwehren, sondern er wollte Erkenntnisse gewinnen. Schon deswegen kommt per definitionem ein übergesetzlicher Notstand nicht in Frage.
    Aber selbst wenn man das nicht annehmen wollte, dann ist es doch so, daß Art. 13 Abs. 3 des Grundgesetzes in sich selbst die einzige Rechtsgüterabwägung vornimmt, die eine Einschränkung dieses Grundrechts auch ohne förmliches Gesetz rechtfertigen könnte. Die einzig mögliche Güterabwägung ist also in der Verfassung selbst normiert. Deswegen ist es nicht gestattet, daneben, zusätzlich auf einen anderen, einen allgemeinen Notstand rechtfertigender, übergesetzlicher Art zurückzugreifen.
    Es ist deswegen gewiß kein Zufall, sondern bezeichnend, daß Sie, Herr Minister Maihofer, nicht einmal versucht haben, im nachhinein von den strafrechtlichen Ermittlungsbehörden, von einem Richter oder meinetwegen von einem Gremium des Parlaments die getroffene Maßnahme rechtlich oder wenigstens politisch rechtfertigen zu lassen. Darin, finde ich, kommt mindestens Ihre Ungewißheit hinsichtlich der Rechtsposition ganz deutlich zum Ausdruck.
    Ich darf bei der Gelegenheit noch hinzufügen: Wenn Sie nacher sagen sollten, das alles war für uns ja bereits Gefahrenabwehr, dann allerdings hätten Sie allen Anlaß gehabt, anschließend zum Richter zu gehen, um das rechtfertigen zu lassen, was, wie Sie sagen, mit Ihrem Wissen auf Ihre Anordnung geschehen ist.
    Fragen ergeben sich in vielerlei Hinsicht. Was die rechtliche Seite anlangt, will ich es damit be-wendet sein lassen. Ich will aber in diesem Zusammenhang, Herr Minister, noch einige Fragen an Sie stellen, bevor wir zur politischen Würdigung kommen. Herr Minister, Sie haben nach unseren Informationen mit Dr. Traube und mit seinen Anwälten ein Gespräch gehabt. Sie haben uns dazu eben einiges vorgetragen. Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie drei Punkte genannt. Ich hätte von Ihnen nun gerne gewußt, ob das das einzige gewesen ist, was Sie miteinander besprochen und vereinbart haben. Erstens haben Sie gesagt, Sie hätten Herrn Traube vorgetragen, es habe seinerzeit, als Sie die Maßnahmen einleiteten, begründeten Anlaß zu intensiven Nachforschungen



    Dr. Wallmann
    gegeben. Zweitens haben Sie mitgeteilt, daß nun im nachhinein gesagt werden könne, daß es gegen Dr. Traube keinerlei Verdachtsmomente mehr gebe. Drittens haben Sie der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß das dazu beitrage, die für Herrn Traube eingetretenen nachteiligen Folgen — so haben Sie formuliert — zu beseitigen.
    Ich habe einige Fragen an Sie. Stimmt es, Herr Minister Maihofer, daß Sie Herrn Traube zugesagt haben, ihm in einem Brief noch einmal förmlich zu bestätigen, daß er keinen Zugang zu spaltbarem Material hatte? Stimmt es, daß Sie inzwischen zu der Erkenntnis gekommen sind, daß er auch niemals in der Lage gewesen ist, dieses spaltbare Material etwa zum Bau einer Atombombe zu verwenden? Ist es richtig, daß sie Herrn Traube gegenüber erklärt haben, daß er nur zu einem einzigen Terroristen, nämlich zu Klein, Kontakt gehabt habe? Ist es richtig, daß Herr Traube, als er diesen Kontakt mit Klein hatte, nicht einmal wissen konnte, daß Klein tatsächlich Terrorist war?
    Die Beantwortung dieser Fragen ist aus offenkundigen Gründen für uns wichtig.
    Nun, meine Damen und Herren, Fragen ergeben sich nicht nur in rechtlicher Hinsicht. Vielmehr sind Feststellungen auch darüber zu treffen, ob Herr Maihofer als Dienstherr des Verfassungsschutzes seine Pflichten tatsächlich erfüllt hat. Nach Auffassung des Bundeskanzlers kommt es für die Beurteilung des Verhaltens des Innenministers entscheidend darauf an, ob er während der ganzen Zeit Herr des Verfahrens gegen Traube war. Das setzt voraus, daß Ihnen, Herr Maihofer, bekannt gewesen ist, es solle eine Lauschoperation mittels eines Einbruchs in eine Wohnung durchgeführt werden. Denn nur dann hätten Sie diejenigen Rechtsüberlegungen und Güterabwägungen vornehmen können, die Sie jetzt als den Mann ausweisen würden, der die Entscheidungen auch tatsächlich getroffen hat, der also — ich darf es so formulieren — das Verfahren in seiner Hand hatte.
    Der Einbruch in die Wohnung Traubes war Ihnen zum Zeitpunkt der Tat unbekannt. Das haben Sie soeben noch einmal, wenn auch nicht so deutlich, zum Ausdruck gebracht. Die leitenden Beamten des Bundesamts für Verfassungsschutz haben darüber vor dem Innenausschuß ausgesagt. Sie haben erklärt, daß ein Einbruch als nachrichtendienstliches Mittel mit Ihnen nie erörtert worden sei. Sie können also nicht behaupten, dies sei von Ihrer am 29. Dezember 1975 dem Staatssekretär Fröhlich mündlich übermittelten Weisung, auf die er — Fröhlich — in seiner dienstlichen Äußerung hingewiesen hat, nach dem OPEC-Überfall müsse im Fall Traube das Äußerste unternommen werden, mit umfaßt gewesen. Sie selbst bestreiten ja auch nicht, daß Sie von dem Einbruch in die Wohnung Traubes erst nachträglich, nämlich am 15. Januar 1976 Kenntnis erhalten haben.
    Herr Maihofer, Sie konnten also gar nicht Herr dieses Verfahrens sein. Denn Sie wußten nichts von dem, was sich tatsächlich abspielte. Sie haben daher auch nicht gehandelt und folglich auch nicht
    auf Grund einer zuvor überlegten Rechtsauffassung angeordnet, sondern — ich muß es leider sagen — Sie haben jetzt nachträglich zu rechtfertigen versucht.
    In diese Diskussion gehört noch etwas, wie ich meine. Sie selbst, Herr Maihofer, Ihre Partei und die SPD haben in den letzten Jahren immer wieder den Eindruck zu erwecken versucht, Ihnen gehe es mehr als CDU und CSU um die Sicherung der Grundrechte für den einzelnen Staatsbürger. Und wie oft sind wir, CDU und CSU, auch in diesem Hause verdächtigt worden, wir wollten den Polizeistaat!
    Wir erinnern uns in diesem Zusammenhang auch an jene Zeitungsinserate aus dem letzten Landtagswahlkampf in Hessen. Damals gab es den Guillaume-Untersuchungsausschuß. Wir alle wissen noch, wie die Sozialdemokratische Partei uns, die Union, bezichtigt hat, wir wollten Gesinnungsschnüffelei. Auf der gleichen Linie liegt auch, daß Sie und Ihre Freunde das Thema „Radikale im öffentlichen Dienst" sprachlich umfunktionierten und von sogenannten Berufsverboten sprachen und heute noch sprechen. Und schließlich sind Sie es selbst gewesen, Herr Maihofer, der uns vorwarf, wir handelten nicht nach jenem Motto, das Sie so oft vorgetragen haben: In dubio pro libertate. In einem Gastkommentar, in den „Harburger Anzeigen und Nachrichten" vom 13. Januar 1976 schreiben Sie:
    Im Konflikt zwischen beiden Prinzipien, zwischen Freiheitsverbürgung und Sicherheitsgewährung, muß in unserem Rechtsstaat nach der ihm schon von seinem Vorzeichen „freiheitlich" her eigenen Priorität die Antwort lauten: Im Zweifel für die Freiheit.
    Wenn man Ihrer eigenen Argumentation folgt, dann haben Sie jetzt, Herr Maihofer, die Priorität umgekehrt und nach dem Motto gehandelt: in dubio pro securitate — im Zweifelsfall für die Sicherheit. Wie wollen Sie jetzt, Herr Maihofer, vor Ihren bisherigen so pathetischen Erklärungen bestehen?
    Interessant ist in diesem Zusammenhang auch eine Aussage des gegenwärtigen Parlamentarischen Staatssekretärs im Innenministerium, des Kollegen von Schoeler. Er erklärt laut „Frankfurter Rundschau" vom 3. September 1975:
    Denn sicherlich ist ein Staat, der der Sicherheit die absolute Priorität einräumt, ein Polizeistaat.
    Halten wir noch einmal fest, meine Damen und Herren, daß es nach den Erklärungen von Professor Maihofer vor der Presse, nach dem, was er im Innenausschuß gesagt hat, feststand, daß es keine gerichtsverwertbaren Beweise gegen Dr. Traube gegeben hat, daß kein hinreichender konkreter Tatverdacht vorlag und daß es nach Überzeugung des Innenministers völlig abwegig war, ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einzuleiten. Herr Maihofer, Sie können das drehen und wenden wie Sie



    Dr. Wallmann
    wollen, Ihre großen Worte von früher und Ihre
    jetzige Handlungsweise widersprechen sich eklatant.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Damit wird noch etwas sichtbar, nämlich daß diese Koaliton nicht in der Lage ist, aus einem wirklich liberalen Grundverständnis unseren Staat mit seiner freiheitlichen Ordnung gegen die Feinde der Freiheit wirksam zu verteidigen.

    (Widerspruch bei der SPD)

    Was soll die deutsche Öffentlichkeit, was sollen insbesondere unsere Beamten, die zu loyaler Pflichterfüllung und Beachtung der Gesetze verpflichtet sind, eigentlich denken, wenn einerseits die Regierung behauptet, rechtmäßig gehandelt zu haben, andererseits aber der Kollege Schäfer (Offenburg) von der SPD-Fraktion erklärt, man müsse dem „Spiegel" dankbar sein, daß er die Überwachung von Herrn Traube und die dabei angewandten Praktiken in die Öffentlichkeit gebracht habe?

    (Lachen bei der CDU/CSU) Und was sagen Sie zu folgendem Zitat:

    Der Abhörskandal, den der „Spiegel" enthüllen konnte, müßte eigentlich weitreichende Konsequenzen haben. Der Bundestag wird nicht umhinkönnen, einen Untersuchungsausschuß einzusetzen, um die Hintergründe des Falles Traube aufzuklären. Die Abgeordneten haben nämlich die Pflicht, darauf zu achten, daß die in unserer Verfassung verankerten Grundrechte nicht verletzt werden. Es ist weiter anzunehmen, daß Bundesinnenminister Professor Maihofer und der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Richard Meier, in absehbarer Zeit ihre Posten werden aufgeben müssen, genau wie seinerzeit Franz Josef Strauß im Zusammenhang mit der „Spiegel"Affäre.
    Meine Damen und Herren, das sind keine Aussagen von einem Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion; nein, das sind die ersten beiden Absätze einer Kolumne, die unser Kollege Conrad Ahlers von der SPD-Fraktion in der „Hamburger Morgenpost" am 28. Februar dieses Jahres veröffentlicht hat.

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, Frau Wieczorek-Zeul, die Juso-Vorsitzende, verlangte laut „dpa" vom 2. März den Rücktritt von Innenminister Maihofer. Sie sagte dabei, vordringlich müsse geprüft werden, ob das Vorgehen gegen Traube ein Eingriff sei oder eine neue Form des Berufsverbotes. Im übrigen müsse man erkennen, daß für die Koalitionsparteien SPD und FDP in ihrer Gesamtheit koalitionsinterne Rücksichten und Überlegungen wichtiger erschienen als die öffentliche Verurteilung rechtswidriger Praktiken.
    An dieser Meldung, meine Damen und Herren, ist gewiß nicht nur die Rücktrittsforderung wichtig, sondern gerade das, was als koalitionsinterne Rücksichtnahme erklärt wird. Damit wird nämlich offen zugegeben, daß es der SPD und FDP im Augenblick gar nicht darum geht, in der Sache selbst
    zu dem Verhalten des Innenministers Stellung zu nehmen. Vielmehr wird vor allem in Krisenmanagement gemacht. Es geht darum, koste es, was es wolle, die Koalition zu retten. Das ist der Anlaß für Sie, meine Damen und Herren, für Ihr Verhalten.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Genau in diese Richtung weisen auch die Erklärungen des Kollegen Wehner, die am 1. März von der SPD-Fraktion mitgeteilt wurden. Dabei wird nicht etwa festgestellt, daß sich der Innenminister rechtmäßig verhalten habe. Wehner formuliert vielmehr folgendermaßen:
    Bei der Erörterung im Fraktionsvorstand sind alle in Frage kommenden und zur Klärung zu bringenden Punkte abgewogen worden. Worum es jetzt geht, ist die Frage, ob hier gegen geltendes Recht — und wenn ja, mit welcher Begründung — gehandelt worden ist.
    Das kann nur als Kritik am Innenminister verstanden werden. Wie eine Drohgebärde muß denn auch der folgende Satz verstanden werden:
    Ich persönlich habe den Eindruck, daß der Innenminister und sicher viele mit ihm einen schweren Gang gehen, der sich lange hinziehen wird.
    Aber natürlich überwiegt zum Schluß die Koalitionserwägung, und es folgt die Aussage:
    Ich persönlich zweifle nicht an der Integrität des Kollegen Maihöfer.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Hübsch!)

    Meine Damen und Herren, Georg Schröder hat in der „Welt" zu Recht geschrieben, daß jetzt die Stunde der Wahrheit sei. Dieser Aufforderung, Herr Maihofer, wird man nicht dadurch gerecht, daß man ein bemerkenswert forsches Verhalten an den Tag legt. Ein Mann, der wie Sie, Herr Maihofer, immer wieder selbstquälerische Nachdenklichkeit und ständig zur Schau getragenes Problembewußtsein zur wahren Voraussetzung liberalen Selbstverständnisses und Staatsverständnisses erklärt hat, muß in dieser Situation mehr sagen, muß mehr tun, als sich bloß in Selbstgerechtigkeit zu üben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie, Herr Maihofer, müssen jetzt erklären, ob alles das, was die Opposition zum Thema Verfassungsfeinde und zu ihrer wirksamen Bekämpfung gesagt hat, von Ihnen nach wie vor als Ausdruck nicht ausreichenden Grundgesetzverständnisses abgetan wird, oder ob Sie vielleicht durch die Erfahrungen Ihres Amtes zu neuen Einsichten gekommen sind.
    Wir sehen — ich sage das noch einmal — die schwerwiegende, die ernste Situation, vor die sich alle Beteiligten in dieser Sache gestellt glaubten. Sie erleben jetzt, Herr Maihofer, daß derjenige, der Regierungsverantwortung trägt, in Konfliktsituationen geraten kann. Wir sagen das ohne Schadenfreude, weil Staatsinteresse für uns immer vor Parteiinteresse gegangen ist und gehen wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Oho-Rufe von der SPD)




    Dr. Wallmann
    Aber auch Sie, Herr Maihofer, hätten bereits früher wissen müssen, daß es ein solches Spannungsverhältnis zwischen individuellem Grundrechtsanspruch und dem Sicherheitsinteresse des Staates geben kann und daß der Satz „in dubio pro libertate" einfach nicht ausreicht, Gefährdungen des freiheitlichen Rechtsstaates durch Verfassungsfeinde abzuwehren.
    Ich möchte zum Schluß der Hoffnung Ausdruck geben, daß wenigstens jetzt SPD und FDP das Ausmaß der Herausforderung an den freiheitlichen Rechtsstaat begreifen. Es geht hier nicht darum, politisch Verantwortliche in einen Anklagezustand zu versetzen. Es geht schon gar nicht darum, loyale Beamte ins Abseits zu drängen. Für meine Freunde und für mich geht es allein darum, klarzumachen, daß es zwischen der Freiheit des Bürgers und dem handlungsfähigen Rechtsstaat keinen Widerspruch gibt.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Freiheit ist nur dort gewährleistet, wo die Sicherheit des einzelnen wie die des Staates gleichen Wert haben. Denn es gibt keine Freiheit ohne Sicherheit. Sicherheit des Staates ist kein Wert an sich; sie ist und bleibt für uns Mittel zur Erhaltung der Freiheit unserer Burger.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von: Unbekanntinfo_outline
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Brandt (Grolsheim).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hugo Brandt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eilfertigkeiten gab es sicherlich genug in dem Fall, mit dem wir es hier zu tun haben, sicherlich auch eilfertige Verfassungsschützer mit ebenso eilfertigen Schlußfolgerungen über Personen und deren Umgang; da gab es eilfertigen Journalismus — das gehört zu deren Tagesgeschäft — mit vorschnellen Verurteilungen und Forderungen; und es gab andererseits eilfertige Rechtfertigungen mit manchmal schwierigen Rechtsableitungen, und es gab eilfertige Vorschläge dazu, was man denn nun alles gesetzlich regeln müsse. An Eilfertigkeiten hat es also weiß Gott nicht gefehlt, und es wäre gut, wenn wir diese Debatte nicht auch zu einer eilfertigen Debatte machten.
    Dazu gehört auch, Herr Kollege Wallmann, daß wir nicht eilfertige Schlußfolgerungen ziehen, etwa darüber, wie die Fähigkeit dieser Koalition, für Rechtmäßigkeit und Freiheit einzutreten, aussehe.

    (Beifall bei der SPD und der FDP) Ich glaube, dies steht hier nicht in Zweifel.

    Und es ist sicherlich auch eilfertig, nun zu sagen, die Koalition müsse, koste es, was es wolle, gerettet werden, und es müsse das, was dieser oder jener — etwa der Vorsitzende der Fraktion der Sozialdemokratischen Partei und auch andere — gesagt haben, als Kritik verstanden werden.
    Meine Damen und Herren, wie nehmen uns in der Tat die Freiheit zur Kritik auch an einem Innenminister dieser Koalition; aber ich denke, daß, wenn wir uns diese Freiheit zur Kritik nehmen, niemand
    ebenso eilfertig, wie Sie es hier mit Blick auf den Minister getan haben, sagen darf, daß bei Ihnen Staatsinteresse immer vor Parteiinteresse gegangen sei. Wollen Sie denn diesem Innenminister in diesem Falle unterstellen, er habe im Parteiinteresse gehandelt? Denn dies ist sicherlich nicht der Fall.

    (Beifall bei der SPD und der FPD — Dr. Kohl [CDU/CSU] : Das war nicht die Frage! — Dr. Ritz [CDU/CSU]: Darum ging es überhaupt nicht!)

    — Wenn dies nicht die Frage war, Herr Dr. Kohl, ist es gut. Dann sind wir uns einig, und dies ist klargestellt.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Die Frage müssen S i e beantworten, nicht Herr Maihofer! — Das war eilfertig!)

    Also keine Eilfertigkeiten,

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Ein eilfertiger Kurzschluß war das!)

    denn, meine Damen und Herren, wenngleich die Vorgänge, die wir hier heute miteinander debattieren, an einigen Stellen geradezu auch einige ironische Züge haben, ist der Gegenstand unserer Aussprache so ernst, daß von dieser Debatte mehr ausgehen muß als die parlamentarische Behandlung und Aufarbeitung eines Falles, von dem wir — wir alle — uns noch nicht einmal so ganz sicher sind, wessen Fall dies ist und wie er zu benennen ist. Je nach Blickpunkt ist es ein „Fall Traube", ein „Fall Maihofer", ein „Fall ,Spiegel'" oder ein „Fall Verfassungsschutz in unserer Gesellschaft". Dies aber heißt, es ist in der Tat ein Fall für uns alle, und es ist bis jetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren, nicht sehr viel Rühmliches an diesem Fall, es sei denn die Art und Weise, wie er behandelt und verarbeitet wird, und das wird sich noch erweisen.
    Der Bundesminister des Innern hat für die Handlungsweise des ihm unterstellten Amtes für Verfassungsschutz und seines Hauses die Verantwortung auf sich genommen, und er hat daran nie einen Zweifel gelassen. Sicherlich ist es insoweit ein Fall, der Herrn Maihofer betrifft.
    Wir verstehen die Situation um die Jahreswende 1975/76, wie sie sich dem Innenminister und den Beteiligten darstellt, und wir verstehen sehr gut, unter welchem Entscheidungsdruck die Handelnden standen. Daß da ein bitterer Nachgeschmack bleibt, wird auch der Innenminister verstehen, und es wird auch bei ihm nicht anders sein. Auch dann, wenn man unterstellt, daß Probleme mit der zeitlichen und räumlichen Entfernung immer kleiner werden, bis sie scheinbar gar nicht mehr vorhanden sind, und deshalb beckmesserische Besserwisserei aus der Zeitdistanz verführerisch erscheint, können wir sehr wohl ermessen, in welcher Dimension der Innenminister die mögliche Gefahr sehen konnte oder gar mußte. Wir sind auch sicher, daß der Innenminister die Einmaligkeit der Situation selbst empfunden hat. Wie könnte es anders sein, wenn derselbe, der jetzt der Kritik ausgesetzt ist, schreibt — ich darf zitieren —:



    Brandt (Grolsheim)

    Rechtsstaat heißt weder einfach auf Gesetze (im formellen oder materiellen Sinn) gegründeter Staat: der Gesetzesstaat; noch der einfach auf die Justiz (als sogenannte dritte Gewalt) gegründete Staat: der Justizstaat (oder, wie wir heute polemisch auch sagen: der Rechtswegestaat), sondern der in allen seinen Gewalten materiell wie formell durch das Recht begründete und begrenzte Staat. Nur dieser Staat, dessen sämtliche Gewalten: die Legislative, die Exekutive wie die Justiz dem Recht unterworfen sind, verdient nach unserem heutigen Verständnis den Namen Rechtsstaat.
    Wer das schreibt, muß sich der Problematik des von ihm verantworteten Handelns bewußt sein. Er muß sich auch der Brüchigkeit der Gesetzesdecke, auf der man sich in die Wohnung von Dr. Traube bewegte, bewußt sein. Was aber rechtlich nicht einwandfrei, zumindest nicht zweifelsfrei, abgesichert ist, schon gar nicht über G-10-Gesetz noch durch Verfassungsschutzgesetz noch durch Art. 13 Abs. 3 des Grundgesetzes noch durch die gefährliche Bezugnahme auf einen „übergesetzlichen Notstand" oder jetzt „rechtfertigenden Notstand", fordert eben besondere politische Verantwortung bei der Entscheidung, und daraus gibt es in der Tat keine Entlassung. Hier kann man sich nur stellen, und hier muß man sich stellen.
    Der Minister hat mit der Bezugnahme auf den „übergesetzlichen Notstand", im Hinblick auf die
    Verfassung, einen Spaltbreit die Tür geöffnet in die Hausungen der Staatsräson. Es entbehrt nicht ganz der historischen Ironie, daß der Ordinarius für Rechtsphilosophie als Innenminister sich einen Schritt weit auf die Brücke zwischen Kratos und Ethos vorgewagt hat, als die Friedrich Meinecke die Staatsräson charakterisiert. Es wäre gut, die Bereitschaft zu sehen, diesen Schritt wieder zurückzugehen. Denn ein Verfassungsstaat hat keine andere „Räson" als seine Verfassung.

    (Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der FDP)

    Auf diese knappe Formel brachte es einmal Adolf Arndt,

    (Zuruf von der CDU/CSU)

    der dann fortfährt — ja, sicherlich; zu Recht wird er zitiert, und es ist gut, wenn man nachlesen kann, was einmal gesagt worden ist und was doch wohl immer noch, ich hoffe, unsere gemeinsame Überzeugung ist —:
    Eine freiheitliche rechtsstaatliche Verfassung wie das Bonner Grundgesetz ist nicht als bloßes Netz zu begreifen, das die Allmacht eines Leviathan-Staats in stillen Tagen vorläufig hemmt, aber das er, wenn es — nach wessen Meinung? — darauf ankommt, abwerfen könnte. Eine solche Verfassung versteht sich als schöpferischer Grund der nach dem Maß des Rechts von ihr geschaffenen und verliehenen Befugnisse der Staatsorgane. Aus ihrer Sicht ist ein überverfassungsgesetzlicher Notstand als Rechtsbegründung ausgeschlossen, da sie aufhören müßte, Verfassung zu sein, wenn es ihr an ausnahmsloser Vollständigkeit und Unverbrüchlichkeit mangelte.
    Meine Damen und Herren, das, was geschehen ist, ist nicht revidierbar. Aber wenn wir herausstellen, daß wir das Handeln, das der Bundesminister des Innern verantwortet, unter Berücksichtigung aller Umstände für vertretbar halten, legen wir gleichzeitig Wert auf die Feststellung, daß hier ein Handeln mit absolutem Ausnahmecharakter vorliegt, ein singuläres Ereignis, das auch singulär bleiben muß.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn wir das Handeln unter Berücksichtigung aller damaligen Umstände für verständlich halten, ist damit nicht gesagt, daß nun ein Präzedenzfall geschaffen sei, noch nicht einmal ein Berufungsfall und schon gar nicht eine Blankovollmacht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich will das noch etwas schärfer fassen: Wir können Ihnen, Herr Minister, die Verantwortung nicht abnehmen — das wollen Sie nicht —, aber wir tragen nun auch die Verantwortung mit Ihnen, nicht weil Sie gehandelt haben, wie Sie gehandelt haben, sondern obwohl Sie gehandelt haben, wie Sie gehandelt haben.

    (Oh-Rufe bei der CDU/CSU)

    Was mich, meine Damen und Herren, und andere so betroffen macht, ist, daß ich nicht das Gefühl habe, daß alle an dieser „Aktion Müll" Beteiligten erkannt haben, auf welches Gelände sie sich begeben haben. Wir haben noch kurze Zeit in der Gewißheit gelebt, von dem Herrn Bundesminister vollständig, d. h. lückenlos informiert worden zu sein. Daß wir es nicht waren, war zu einem großen Teil unsere eigene Schuld. Daraus leiteten wir die Gewißheit ab, daß der Bundesminister wegen der Ungewöhnlichkeit und Bedeutung des Eingriffs von vornherein die Anweisungen gegeben hätte. Dann aber erfahren wir, daß dies keineswegs eindeutig ist. Da erfahren wir, daß es einen Übermittlungsfehler gegeben hat zwischen Verfassungsschutzamt und Innenministerium, ob bei dem Lauschangriff -eine Wortkombination, die mich schütteln macht -in die Wohnung Traube eingedrungen werden sollte oder nicht. Aber selbst wenn man es richtig verstanden hätte, hätte das keinen Unterschied gemacht. Der Staatssekretär, dem die so reduzierte Mitteilung auf den Tisch kam, sagt, er hätte sofort die Entscheidung des Ministers herbeigeführt, wenn er es erkannt hätte. Der Minister sagt, zwar habe er erst am 15. Januar entschieden, aber er hätte nicht anders entschieden, wenn er am 30. Dezember mit der Entscheidung befaßt worden wäre. Dies mag so sein, aber er ist nicht befaßt worden. Meine Damen und Herren, der Unterschied zwischen Indikativ und Konjunktiv, zwischen habe und hätte ist eben mehr als ein grammatischer Unterschied. Die gerade in so empfindlichen Bereichen wie Verfassungsschutzangelegenheiten in besonderem Maße geforderte und zu fordernde politische Verantwortung umfaßt auch alle Einzelheiten der Ausführung. Oft genug ist die Bedeutung solcher Einzelheiten erst



    Brandt (Grolsheim)

    nachträglich den Beteiligten wie in diesem Fall bewußt und der Öffentlichkeit bekanntgeworden. Deshalb kann und darf es in Einzelfällen, die der persönlichen Aufmerksamkeit des politisch Verantwortlichen bedürfen, keine Zurückhaltung bei der Befassung auch mit den gravierenden Details der Maßnahmen geben. Nur unter dieser Voraussetzung kann die Bundesregierung die unverzichtbare Gewähr dafür bieten, daß nicht einmal der Anschein entstehen kann, zwischen Bundesamt für Verfassungsschutz und Innenministerium oder innerhalb des Amtes oder innerhalb des Ministeriums gebe es Übermittlungs- und Verständigungsschwierigkeiten mit möglicherweise schwerwiegenden Folgen. Solche Verstopfungen von Informationsadern können zu einer Embolie führen, die auch ein politischen Leben beenden können. Das wäre nicht das allerschlimmste; noch schlimmer wäre für uns alle der Verlust an Vertrauen in die Unverbrüchlichkeit der Verfassung.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Verfassungsschutz hat durch die Erfüllung seiner ihm übertragenen Aufgabe dazu beizutragen, daß die Bürger in Freiheit ohne Furcht leben können. Es wäre tödlich für diese seine wichtige Aufgabe, wenn die Bürger dieses Landes Furcht vor dem Verfassungsschutz haben müßten.
    Insofern ist das auch ein Fall, der den Verfassungschutz betrifft in seiner Stellung und in seinem Ansehen in Staat und Gesellschaft. Wir werden in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit noch mehr mit Problemen der Sicherheit zu tun haben in einer hochtechnisierten Welt mit zunehmendem Gefahrenpotential. Wir haben zu entscheiden, welches Maß an Risiken wir auf uns nehmen wollen, ohne daß wir uns in die ausweglose Alternative Sicherheit oder Freiheit begeben müssen. Nein, wir wollen — unserer Verfassung entsprechend — ein Höchstmaß an Sicherheit mit einem Höchstmaß an Freiheit verbunden wissen. Jeder muß sich aber vergegenwärtigen, daß Freiheit nicht gegen Sicherheit eingehandelt werden kann. Das ist nicht die Tauschware. Wer Sicherheit auf Kosten der Freiheit anstrebt, muß wissen, daß er schließlich auch nicht mehr in Sicherheit leben kann.
    Der Verfassungsschutz hat eine so hochrangige Aufgabe, daß von ihm erwartet werden muß, daß er die Distanz zu seinen Erkenntnissen behält, die ihn befähigt, auch Irrtümer und Holzwege, vor allem aber seine Grenzen zu erkennen. Im vorliegenden Fall kann man nicht darüber hinwegsehen, daß eine Sammlung von unbestrittenen Daten und Fakten, ungeklärten Erscheinungen, Vermutungen und Befürchtungen im Konglomerat zu Schlußfolgerungen geführt hat, die das Schlimmste erwarten ließen. Nur wissen wir heute — nicht damals, obwohl man manches auch damals hätte besser wissen können —, daß da vieles ganz anders war. Es ist ganz gewiß die Aufgabe des Verfassungsschutzes, mißtrauisch zu sein, wenn bestimmte Beobachtungen vorliegen. Aber wir erwarten vom Verfassungsschutz, daß er sein Mißtrauen auch gegen die eigenen Beobachtungen wachhält.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dies jedenfalls ist gemeint, wenn ich von der Distanz zu sich selber sprach. Dies ist schon deshalb notwendig, weil auch danach gefragt werden muß, was mit dem geschieht, was bei Beobachtungen sonst noch so beobachtet wird, was aber mit dem Beobachtungsgrund überhaupt nichts zu tun hat. Es wurde früher schon einmal in einem anderen Zusammenhang von der Gefahr der Herrschaft der Dossiers gesprochen. Es muß niemanden wundern, meine Damen und Herren, daß die Herrschaft des Dossiers schon heute von manchen, gar vielen vermutet oder gar befürchtet wird. Gerade hier muß der Verfassungsschutz seine Grenzen erkennen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der Bundesminister des Innern hat im September 1975 noch auf folgenden Gedankengang hingewiesen — ich darf ihn zitieren —:
    Gegenüber einer solchen, in totalitären Systemen aller politischen Vorzeichen festzustellenden Vermengung von nachrichtendienstlicher Information und sicherheitspolizeilicher Exekution mit ihrer vollständigen Perversion aller rechtsstaatlichen Garantien, der Gewaltenteilung und des Grundrechts besteht ein demokratisches System wie das unsere auf der strengsten Trennung von observierender Tätigkeit des Verfassungsschutzes und exekutiver Tätigkeit der Polizei, wie sie auch in unserem Verfassungsschutzgesetz durchgeführt ist. Nach 25 Jahren Arbeit des Verfassungsschutzes auf dieser Grundlage können wir feststellen,
    — so fährt der Bundesminister des Innern fort —
    daß sich diese gewaltenteilende Trennung der Kompetenzen in informative Funktionen des Verfassungsschutzes hier und exekutive Funktionen der Polizei dort bewährt und eingespielt hat.
    Und dabei, meine Damen und Herren, wollen wir es auch belassen. Es bestand und besteht hier die Grundübereinstimmung darüber, daß wir keine Geheimpolizei wollen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Aber: Es besteht wohl auch Einigkeit darüber, daß wir einen Verfassungsschutz brauchen. Je nach Geschmack kann man da sagen: leider brauchen. Es läge nahe, zu sagen, die Aufgabe des Verfassungsschutzes sei es, die Verfassung zu schützen, gewissermaßen als die ihm übertragene Aufgabe, als Auftragsangelegenheit. Aber das Amt für Verfassungsschutz kann nicht tun, was unser aller Aufgabe ist, nämlich die Verfassung in lebendige Wirklichkeit umzusetzen. Aber ist es eigentlich weltfremd, darauf zu bestehen, daß diejenigen, die ein Gut schützen sollen, mit eben diesem Gut besonders sorgfältig umgehen?!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der Verfassungsschutz hat mitzuhelfen, dafür zu sorgen, daß niemand die Verfassung antastet. Er hat mitzuhelfen, daß das Gefühl von Sicherheit in der Verfassung bleibt und gestärkt wird. Er hat sich davor zu hüten, irgendetwas zu tun, was dieses Gefühl schwächen könnte. Deshalb hängt



    Brandt (Grolsheim)

    auch nicht nur von der unbezweifelten Integrität des Ministers so unendlich viel ab, sondern auch von der aller Mitarbeiter an dieser Aufgabe.
    Aber wenn schon von den Grenzen geredet wird, dann muß auch von den gesetzlichen Regelungen gesprochen werden, von denen in diesen Tagen oft die Rede ist. Wir haben wie andere darauf hingewiesen, daß wir eine wirksame parlamentarische Kontrolle des Verfassungsschutzes wollen. Über das Wie wird noch nachzudenken sein, ehe man mit bestimmten Vorschlägen hervortritt. Aber ganz gewiß wollen wir keine gesetzlichen Regelungen — darauf ist schon hingewiesen worden —, die Eingriffsregelungen sind, etwa nach dem Muster des G 10, denn die gesetzliche Norm begründet den gesetzlichen Normalfall. Wir werden das, was Ausnahmefall ist und bleiben muß, weder sanktionieren noch durch neue Gesetze legalisieren.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es wäre gut, wenn sich die Vorsitzenden der in diesem Haus vertretenen Fraktionen sehr bald zusammensetzen würden, um sich über die Frage der Sicherstellung der parlamentarischen Kontrolle zu verständigen und einen Konsens herbeizuführen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Dies ist gewiß auch ein Fall Traube; aber ich habe schon darauf hingewiesen, daß dies nicht alles ist, wenngleich diese Bezeichnung schon Gewohnheit geworden ist. Er ist in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Die Vorgänge selber sind bekannt. Sie sind noch einmal in der Regierungserklärung dargestellt worden, und es ist auch jedem bekanntgeworden, daß hier ein Bürger in das Netz von Beobachtung und Belauschung geraten ist, weil er Bekannte hatte, die ihrerseits unter Beobachtung standen, und weil zu diesem weiteren Bekanntenkreis auch ein Mann gehörte, der Terrorist wurde und damit handelte, wie der Verfassungsschutz es befürchtet hatte. Man kann deshalb auch nicht sagen, der Verfassungsschutz sei völlig auf dem Holzweg gewesen. Die Beobachtung von Klein hatte, wie sich zeigte, nicht nur gute Gründe, sondern erfuhr auch eine schreckliche Bestätigung.

    (Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

    Hier könnte der Vorwurf erhoben werden, der Verfassungsschutz hätte noch schärfer beobachten müssen, also, vom Erfolg her gesehen, eher der Vorwurf eines Untermaßes von Aufmerksamkeit. Bezogen auf die Person Dr. Traube, hat sich all das, was man von ihm vermutete, ihm zutraute, nicht bestätigt. Vom Erfolg her gesehen handelt es sich um ein Übermaß an Aufmerksamkeit. Dies zeigt nur, daß wir nicht den gängigen Fehler machen dürfen anzunehmen, Recht oder Unrecht messe sich an den Maßstäben von Erfolg oder Mißerfolg, womöglich noch in der Skalenabstufung: je erfolgreicher, um so gerechtfertigter. Der Erfolg ist eben nicht der Maßstab für das Recht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Kette von Indizien, Annahmen und Vermutungen hat an Schlüssigkeit immer mehr verloren, und soweit von einem ungeklärten Rest die Rede war, ist er offensichtlich ausgeräumt worden. Wenn das so ist, muß — auch darauf ist von dem Herrn Bundesminister des Innern hingewiesen worden — dieser Staat die Kraft aufbringen zu sagen, daß ein Irrtum vorliegt. Dann muß dieser Mann rehabilitiert werden, denn unsere Kraft besteht u. a. darin, einen Irrtum einzugestehen und ertragen zu können.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Aber Rehabilitierung ist schnell gesagt und nur schwer zu vollziehen, weil es eben nicht allein genügt zu sagen: Da ist Unrecht geschehen. Hier ist ein Mensch ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gezogen worden, angestrahlt von oft erbarmungslosen Scheinwerfern, und dabei ist eben mehr ins Licht gezerrt worden, als notwendig gewesen wäre und unter dem Gesichtspunkt des Persönlichkeitsschutzes vertretbar ist.

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

    Deshalb muß hier auch darauf hingewiesen werden: Was immer Privatleben, persönlicher Lebensstil eines unserer Mitbürger gewesen sein mag oder ist, dies ist seine Sache. Es ist sein Recht, sein durch die Verfassung garantiertes Recht, zu leben, wie er will, solange er sich innerhalb dieser Verfassung bewegt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Nur, gegen Vorurteile gibt es keine Rehabilitierung. Ich kann nur hoffen, daß diejenigen, die für die Veröffentlichung die Verantwortung zu tragen haben, sich ebenso ernst mit ihrem Teil der Gesamtverantwortung auseinandersetzen, wie wir das tun, wie ich es zumindest für die Sozialdemokraten in Anspruch nehmen darf.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Gelebte Verfassung ist mehr als die Beachtung des geschriebenen Wortes. Der beste Verfassungsschutz ist nicht ein gut funktionierendes Amt, sondern der Wille aller, diese Verfassung unseres Staates zu schützen und zu erfüllen. Die Verfassung ist nicht ein in 146 Artikeln von mehr oder minder großem Gewicht niedergelegtes Dokument, auf das man sich berufen kann, sondern die gemeinsame Überzeugung, nach ihrem Geiste zu handeln. Deshalb verträgt es diese Verfassung nicht, daß auch nur ein einziger unserer Mitbürger achselzuckend geopfert wird oder sich selbst überlassen bleibt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Es gab in früheren Zeiten, in früheren Rechtsordnungen die Rechtsfigur des „bürgerlichen Todes" und in noch anderen die der „Friedlosigkeit". Ich weiß sehr wohl, daß der Rückgriff auf solche alten Rechtsfiguren äußerst problematisch ist, zumal sie andere Voraussetzungen und Folgen hatten. Dies ist mir wohlbekannt. Aber wir müssen uns mit aller Kraft dagegen wehren, daß in unserer offenen, demokratischen Gesellschaft auch nur etwas entfernt Ähnliches in Kraft gesetzt werden könnte, jetzt nicht durch die Macht des Rechts, sondern — was es damals ja noch nicht gab — durch die Macht der vollständigen Sammlung von Daten und deren



    Brandt (Grolsheim)

    vollständigen Veröffentlichung. Dies würde bedeuten: erledigt durch gesellschaftliche Sanktion. Eine neue Art von „bürgerlichem Tod" in unserer Gesellschaft?

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf von der CDU/CSU: Das müssen Sie den „Spiegel" fragen!)

    In letzter Zeit ist wieder sehr viel von Grundwerten die Rede, von Freiheit und Gerechtigkeit und von Solidarität. Wir machen uns keine Illusionen, aber dieser Fall ist nicht nur ein Fall, der zeigt, ob unser Bekenntnis zur Freiheit die Probe aushält, ob dem Betroffenen Gerechtigkeit widerfahren wird, sondern auch ein Fall, der zeigt, wieviel Solidarität wert ist in unserer Gesellschaft.
    Diese Debatte, meine Damen und Herren, ist notwendig geworden, weil man eine Frage von dieser Bedeutung nicht nur im abgeschlossenen Raum eines Ausschusses behandeln und erledigen kann. Die Sache wird auch hier nicht erledigt sein. Hier soll nichts — wie unterstellt worden ist — vertuscht werden; hier darf noch nicht einmal geschminkt werden.
    Aber es ist auch klar: Unbeschädigt ist der Minister aus dieser Debatte — damit meine ich nicht nur diese hier, sondern die gesamte öffentliche Debatte — nicht herausgekommen, unbeschädigt übrigens wir alle nicht.

    (Widerspruch bei der CDU/CSU)

    — Bitte keine Selbstgerechtigkeit! Ich halte das für den falschen Platz.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Wehner [SPD]: Eine Illusion!)

    Wenn auch Personen — manche mögen sich davon ausnehmen — nicht unbeschädigt hier herauskommen können und es sicherlich auch nicht wollen: Wichtig ist, daß die Grundrechte unserer Verfassung unbeschädigt bleiben. Dies ist der Punkt, auf den es mir ankommt. Der Verfassungsschutz hat seine Aufgabe. Hüter der Verfassung ist er nicht. Das ist die Aufgabe aller, die in dieser freiheitlichen, demokratischen Verfassung leben und die ihr Angebot annehmen und verwirklichen wollen.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD — Beifall bei der FDP)