Rede:
ID0800708300

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
    3. hat: 1
    4. der: 1
    5. Abgeordnete: 1
    6. Pawelczyk.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Plenarprotokoll 8/7 Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 7. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 Inhalt: Begrüßung von Mitgliedern der türkischen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates . . . . . . 152 D Nachricht vom Tode des früheren Abg. Freiherr von Kühlmann-Stumm 201 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen im Ältestenrat — Drucksache 8/32 — . . . . . . . . 127 A Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. von Weizsäcker CDU/CSU 127 B Dr. Ehmke SPD 133 B Dr. Bangemann FDP 140 C Genscher, Bundesminister AA 145 A Dr. Marx CDU/CSU 149 B Friedrich (Würzburg) SPD . . . . . . 159 D Hoppe FDP 167 D Graf Stauffenberg CDU/CSU 171 C Schmidt, Bundeskanzler . . . . . . 176 A Dr. Kohl CDU/CSU 186 C Leber, Bundesminister BMVg 191 B Dr. Wörner CDU/CSU . . . . 195 D, 197 A Spitzmüller FDP 196 D Möllemann FDP 197 B Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 201 D Pawelczyk SPD 206 D Jung FDP 212 B Lorenz CDU/CSU 214 D Mattick SPD 218 C Dr. Czaja CDU/CSU 221 B Dr. Kreutzmann SPD . . . . . . . 225 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen — Drucksache 8/35 — . . . . . . . . 166 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Einsetzung von Ausschüssen — Drucksache 8/36 — 166 C Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland im Europäischen Parlament — Drucksache 8/47 — 166 D II Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Wahl der Vertreter der Bundesrepublik Deutschland in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats — Drucksache 8/48 — 167 A Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/CSU, SPD, FDP Mitglieder des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses — Drucksache 8/49 — 167 A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 141 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 23. Juni 1975 über die Verbände ländlicher Arbeitskräfte und ihre Rolle in der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung — Drucksache 8/10 — 167 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 9. Mai 1974 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Zypern zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen — Drucksache 8/11 — 167 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. August 1961 zur Verminderung der Staatenlosigkeit und zu dem Übereinkommen vom 13. September 1973 zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit — Drucksache 8/12 — 167 C Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Ausführungsgesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. August 1961 zur Verminderung der Staatenlosigkeit und zu dem Übereinkommen vom 13. September 1973 zur Verringerung der Fälle von Staatenlosigkeit (Gesetz zur Verminderung der Staatenlosigkeit) — Drucksache 8/13 — 167 C Nächste Sitzung 227 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 229* A Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 127 7. Sitzung Bonn, den 19. Januar 1977 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Deutscher Bundestag — 8. Wahlperiode — 7. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 19. Januar 1977 229* Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Adams * 20.1. Dr. Aigner * 21. 1. Arendt 21. 1. von Hassel* 19. 1. Dr. Jahn (Braunschweig) 21. 1. Lücker * 21. 1. Lange * 19. 1. Müller (Mülheim) * 21. t. Richter *** 21. 1. Schulte (Unna) 19. 1. Dr. Schwencke ** 21. 1. Dr. Schwörer * 21. 1. Dr. Staudt 21. 1. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments * für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    es darf keine Sonderabsprachen über europäische Waffen und Geräte geben. Wir müssen nämlich, so sagte der Bundesminister des Auswärtigen zu Recht, den Weg auch für eine Annäherung unserer Verteidigungspolitik unter den europäischen Partnern innerhalb der NATO freihalten.
    Lassen Sie mich hier eine Sache ansprechen, auf die der Bundeskanzler nur in Anspielungen eingeht. Es ist die Position Frankreichs. Frankreich — dessen ablehnende Haltung zu diesen Verhandlungen wir nicht teilen — hat eine berechtigte Sorge: daß über MBFR, über künftige Truppenreduzierungsvereinbarungen ein Mitspracherecht der Sowjetunion in verteidigungspolitischen Fragen des Bündnisses und Europas eingeführt werden könnte. Es ist gerade auch den Beiträgen deutscher Vertreter innerhalb der Bündnisgremien zu verdanken, daß mittels gemeinschaftlicher Höchststärken gerade dieser Gefahr entgegengewirkt wird.
    Die „Prawda" spricht am 15. Oktober 1976 von Äußerungen des SPD-Fraktionsvorsitzenden Wehner, die Bundesrepublik Deutschland müsse selbst eine Initiative in der Rüstungsbegrenzung zeigen und dürfe nicht nur auf die Entscheidungen der Großmächte warten.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Wie kommt das Organ der KPdSU eigentlich zu dieser — früher nicht dementierten — Meldung? Auch hier kann ich nur sagen: Wie erfreulich ist es für die Opposition, daß die Regierung mit ihr eindeutig sagt: keine nationalen Alleingänge; Anregungen in diesem Bereich müssen mit der gebotenen Diskretion immer zunächst einmal innerhalb unseres Bündnisses vertreten und diskutiert werden.
    Wenn hier so wichtige sozialdemokratische Persönlichkeiten des Deutschen Bundestages, die ja schon früher auf dem Umweg über Vorsignale Prozesse großen Entgegenkommens eingeleitet haben, dies nun wieder tun, so würden wir als Opposition unsere Pflicht nicht erfüllen, wenn wir nicht mit der nötigen Deutlichkeit und auch mit der nötigen Schrillheit auf die Gefahren hinwiesen, die aus dieser sogenannten militärischen Entspannung kommen.
    Übrigens, die These, militärische Entspannung müsse der politischen folgen, wird vom Westen nicht vertreten. Leider hat auch hier der Kollege Wehner, als er im vergangenen Jahr in Warschau war, die Diktion der anderen Seite übernommen. Wir haben dies bedauert, wir haben dies kritisiert. Ich kann nur warnen vor jenem Aberglauben Willy Brandts, daß man, wenn man auf das Vokabular der anderen Seite eingeht, sich damit nicht auch den inhaltlichen Positionen der anderen Seite nähere.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    Wir müssen ein berechenbarer Staat sein, und ich kann an die Adresse des Kollegen Brandt nur sagen,



    Dr. Mertes (Gerolstein)

    Zweideutigkeit weckt Zweifel, Zweideutigkeit schafft Zwist.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lassen Sie doch bitte diese schwammige, diese ververschieden interpretierbare Sprache, und sprechen Sie das, was uns in den Jahren der Außenpolitik unter Adenauer und seinen Nachfolgern großgemacht hat, nämlich eine berechenbare und klare Sprache bei allen Aussagen

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Sehr gut!)

    zu den großen Sicherheits- und außenpolitischen Fragen.

    (Beifall bei der CDU/CSU) Auch die Sowjetunion hat ein Recht darauf, einen

    klar sprechenden Partner in Bonn zu haben, nicht einen Partner, der mit ihr Vereinbarungen schließt und hinterher sagt: Das habe ich aber nicht so gemeint. Eindeutige Vertragstreue auch gegenüber östlichen Staaten, aber auch eindeutige Vertragsinhalte!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich zum Schluß noch auf etwas hinweisen, was meines Erachtens immer wieder zu einem großen Mißverständnis führt. In der sowjetischen Politik gibt es auch ein starkes russisches Element. Der Bundeskanzler hat sich neulich auf die Rußlandpolitik Bismarcks bezogen. Ich darf Sie daran erinnern: In einer Sitzung des Deutsches Reichstages vom 6. Februar 1888 kam die Frage auf, warum wohl das russische Imperium weit über die Verteidigungsnotwendigkeiten hinaus so stark aufrüste, und zwar vor allen Dingen in seinen westlichen Machtbereichen. Bismarck antwortete auf diese besorgte Frage folgendes. Er sagte:
    Ich kann über die Motive dieser russischen Aufstellungen keine authentische Erklärung geben. Aber ich kann mir doch als jemand, der mit der auswärtigen und auch mit der russischen Politik seit einem Menschenalter vertraut ist, meine eigenen Gedanken darüber machen. Die führen mich dahin, daß ich annehme, daß das russische Kabinett
    — heute würde man sagen: das Politbüro —
    die Überzeugung hat, daß in der nächsten europäischen Krisis, die eintreten könnte, das Gewicht der russischen Stimme in dem diplomatischen Areopag von Europa um so schwerer wiegen wird, je stärker Rußland an der europäischen Grenze ist, je weiter westlich die russischen Armeen stehen. Rußland ist als Verbündeter und als Gegner um so schneller bei der Hand, je näher es seinen westlichen Grenzen steht mit seinen Haupttruppen oder doch wenigstens mit einer starken Armee.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Aha!)

    Meine Damen und Herren, welche Kontinuität in der Militärgeschichte einer großen Macht!

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Ja, bei Gott!)

    Für dieses Reich war, für dieses Imperium ist militärische Macht nicht nur Verteidigungsmacht, sie ist
    auch Disziplinierungsmacht gegenüber den Regionen ihrer Herrschaft, in denen die Völker sie innerlich nicht akzeptieren. Insbesondere ist sie diplomatische Pressionsmacht. Druck, Drohung und Erpressung — auch das ist eine Funktion der östlichen Streitkräfte, wahrscheinlich sogar die wesentliche.
    Wir sagen mit Ihnen allen: Wir rechnen nicht damit, daß die Sowjetunion einen Angriff auf uns führen wird, aber wir rechnen damit, daß sie durch die Entfaltung, durch die Demonstration ihrer Macht und demnächst, so befürchten es einige, durch die Demonstration ihrer Fähigkeit zum ersten nuklearen Schlag mittelbare und unmittelbare Pression ausüben will. Sie will uns einen Frieden erhalten, der allzu sehr nur ein Nichtkrieg wäre. Aber sie will doch im Sinne ihrer eigenen Zielvorstellungen mittels militärischer Macht den Gegner, das Gegenüber, zermürben, wenn dessen Interessen den eigenen zuwiderlaufen. Infolgedessen hat die sowjetische Seite auch niemals, Herr Bundeskanzler, Ihr Prinzip des Gleichgewichts der Kräfte akzeptiert. Der Begriff des Gleichgewichts der Kräfte wird von der sowjetischen Militärphilosophie entschieden zurückgewiesen,

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: Immer! Schon von Sokolowski!)

    weil es nämlich dem tieferen historischen Prinzip widerspricht, das das Gesetz der sowjetischen Politik ist: dem des historischen Endsiegers.
    Sowjetische Politik ist auch russische Politik in dem Sinne, wie Bismarck es beschrieben hat. Aber dieser Politik steht jetzt auch ein ideologisches Instrument zur Verfügung, das der gesamten Außenpolitik der Sowjetunion die Perspektive historischer Siegeszuversicht gibt, ja auferlegt. In diesem Sinne genügt es nicht, daß der Westen als Gemeinschaft gegenüber dem sowjetisch geführten Bündnis verteidigungsfähig ist. Zum Gleichgewicht der Kräfte muß es auch ein Gleichgewicht der politischen Überzeugung, der historischen Überzeugung geben, daß in dem Raum, in dem wir leben, in diesem deutschen Raum und in Europa, auf die Dauer Menschenrecht und Freiheit als das große Gesetz europäischer Geschichte wiederum den Sieg davonträgt — einen unblutigen Sieg selbstverständlich, einen geistigen Sieg, wie es ihn in der Geschichte Europas immer gegeben hat.
    Weil die Sowjetunion des Wiedervereinigungswillens des deutschen Volkes letzten Endes doch gewiß ist, weil Russen sich über die Empfindungen der Polen zu ihrem östlichen Nachbarn keine Illusionen machen, weil die Sowjetunion auch weiß, wie problematisch ihre Präsenz in der Tschechoslowakei ist, vor allem aber, weil sie Zweifel an der inneren Stabilität der DDR hat, ist sie aus ihrer Interessenlage heraus bestrebt, in wachsendem Maße Elemente der Kontrolle über die Bundesrepublik Deutschland zu gewinnen, d. h. über einen Teil Deutschlands, der durch seine schiere Existenz nach sowjetischer Auffassung gefährlich ist, weil er nämlich durch den Wiedervereinigungs- und Freiheitswillen des deutschen Volkes in den sowjetischen Machtbereich hineinstrahlt.
    Ich kann diese Gedanken in diesem Augenblick nicht weiterführen, möchte aber nur sagen, wie



    Dr. Mertes (Gerolstein)

    aktuell sie sind, indem ich einen Aufsatz zitiere, von dem der Kollege Mattick meinte, es sei eine häßliche Stimme der DDR, die gar nicht zur Entspannung passe, von der einem sowjetische Gesprächspartner aber durchaus sagen, daß sie die Auffassung auch der Sowjetunion wiedergibt. Lassen Sie mich dies zum Abschluß sagen. Der Armeegeneral Heinz Hof f mann, Verteidigungsminister der DDR, hat in der Grundsatzzeitschrift der SED „Einheit" im Jahre 1976 folgendes ausgeführt:
    Wir teilen die Auffassung nicht, die selbst fortschrittliche Menschen in der Friedensbewegung vertreten, im Atomzeitalter sei ein gerechter Krieg nicht mehr möglich, der Raketen-Kernwaffen-Krieg sei keine Fortsetzung der Politik der kämpfenden Klasse mehr, sondern nur noch atomares Inferno, Weltuntergang.
    Etwas weiter sagt General Hoffmann — ich bitte Sie hier um besondere Aufmerksamkeit, weil dies die historisch-politische Lesart des Ostens über das ist, was sich mit Entspannungspolitik vollzogen hat — das folgende:
    Nicht ein gewisses „Minimum an militärischem Defensivpotential" unserer Koalition, auch kein sogenanntes „Gleichgewicht des Schreckens" haben einen Zustand in den internationalen Beziehungen herbeigeführt, den die Menschheit erleichtert als Wende vom kalten Krieg zur Entspannung empfindet. Die im zähen Kräfteringen der Nachkriegsjahre hart erkämpfte militärische Überlegenheit der Sowjetunion und ihrer Verbündeten über die imperialistischen Hauptmächte war es, die den Frieden sicherer, die die antiimperialistischen Kräfte
    — ich nehme an, er denkt an Angola und ähnliche Regionen —
    selbstbewußter gemacht und den weltrevolutionären Prozeß vorangebracht hat.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, in bezug auf die Truppenverhandlungen in Wien steht die CDU/CSU auf dem Standpunkt, daß keine Mühe gescheut werden darf, in geduldigen Verhandlungen auch auf dem empfindlichen Gebiet der Rüstungskontrolle unter Umständen gemeinsame Interessen zu finden und entsprechende Vereinbarungen mit der anderen Seite zu erreichen. Während der Zeit der Großen Koalition ist das Signal von Reykjavik gegeben worden. Wir haben unsere Sorgen nie verhehlt, aber unseren Sorgen ist bisher Rechnung getragen worden. Die CDU/CSU-Fraktion bejaht den Gedanken von arms control, d. h. von Rüstungskontrolle, von Rüstungssteuerung, wobei wir der Auffassung sind, daß in dieser Frage die Interessen aller sehr rational geprüft werden müssen.
    Vor allem aber dürfen wir auf diesem Gebiet nun nicht wiederum in die Zweideutigkeit verfallen, in die uns Willy Brandt hineingeführt hat — zum Schaden unserer Interessen. Wir müssen in den militärischen Fragen von höchster Klarheit, Disziplin und Rationalität sein. Und ich möchte hier nur noch einmal unterstreichen, was die Bundesminister des Auswärtigen und der Verteidigung gesagt haben: Keine Alleingänge. Wir haben hier sehr viel Zeit. Geduld ist immer noch die beste Tugend guter Diplomatie.
    Wir wünschen und hoffen, daß die Bundesregierung und das Bündnis die jetzigen Positionen in der Erkenntnis der politischen Philosophie der sowjetischen Militärpolitik weiter vertreten. Wir glauben, daß dann der Konsens in dieser Frage wiederhergestellt werden kann. Aber dieses Konsens muß eindeutig sein. Deshalb muß von autoritativer Stelle der sozialdemokratischen Fraktion in einer absolut eindeutigen Form gesagt werden, daß auch die SPD-Fraktion, was das Tempo angeht, was die Taktik angeht, was die Sachfragen angeht, die Auffassungen des westlichen Bündnisses inhaltlich teilt und öffentlich unterstützt.
    Weil hier so sehr viel auf dem Spiele steht, müssen wir auch der Bevölkerung gegenüber noch viel stärker klarmachen, daß hier der Friedenswille mit äußerster gedanklicher und auch, Herr Kollege Brandt, verbaler Disziplin gepaart sein muß.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Überlegung ;,Wir engagieren uns, und dann werden wir einen weiteren Entspannungsprozeß einleiten" ist, wenn irgendwo, dann hier falsch.
    Bei dieser Gelegenheit sollte all denjenigen in der Bundesregierung und auch im Bündnis sowie unserer Verhandlungsdelegation in Wien und den dortigen verbündeten Delegationen, die wir ja mit unserem Unterausschuß für Abrüstung und Rüstungskontrolle im März 1976 besucht haben, Dank gesagt werden für die Klarheit und Beharrlichkeit ihres Dienstes. Die westliche Haltung in Wien ist keine Expertenposition, sondern eine politische Position, Herr Bundeskanzler, die Sie und die Regierung unseren Experten, unseren Beamten und Offizieren doch kraft Ihrer politischen Weisung aufgetragen haben. Die Frage, ob Parität oder Superiorität, ist keine Expertenfrage, sondern eine grundlegende politische Frage. In Zukunft dürfen nicht wieder jene Zweifel entstehen, die durch die Erklärungen einiger sozialdemokratischer Politiker in den letzten Monaten leider hervorgerufen wurden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Pawelczyk.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Alfons Pawelczyk


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Mertes, ich denke, wir werden Ihren Wein trinken; ob nun gerade in Ihrem Wahlkreis, das werden wir sehen. Weil der Schuldige Ihr Kollege Wörner ist — er ist noch hier —, sollte er, wie ich meine, ihn aus seinem Rudel-Fonds bezahlen. Wir trinken ihn aber gern mit Ihnen zusammen. Ich werde an einer anderen Stelle den Beweis liefern.



    Pawelczyk
    ) Zunächst möchte ich eine Bemerkung zur KSZE machen, weil Sie selber mit diesem Thema begonnen haben.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Aber bitte konstruktiv!)

    Ich persönlich finde es nicht in Ordnung, daß es sich einige in der nationalen und internationalen Diskussion angewöhnt haben, die KSZE zum Prügelknaben für alle außenpolitischen Schwierigkeiten zu machen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Richtig, es fing schon 1969 an!)

    Wenn auch Sie sich auf diesen Weg begeben, haben Sie die Funktion von KSZE nicht verstanden.

    (Weiterer Zuruf des Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU])

    — Nun lassen Sie mich dies doch vortragen. Ich habe Ihnen auch zugehört.
    Bei der KSZE wurde der Versuch unternommen, zwischen allen 33 europäischen Staaten — Albanien war nicht beteiligt — unter Einbeziehung der Vereinigten Staaten und Kanadas einen Grundkonsens über alle politischen Perspektiven zu finden, einen Grundkonsens zwischen so verschiedenen Staaten wie den Warschauer-Pakt-Staaten, den NATO-Staaten, den neutralen und unabhängigen Staaten.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das ist bekannt!)

    — Dann hätten Sie aber nicht so reden dürfen. Jedem Staat würde ein Vetorecht zugebilligt. Sie wissen genausogut wie ich, daß es viele politische Dissense — selbst im eigenen Bündnis — gibt.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Da sind sie auch nicht so gefährlich!)

    Wenn ,man gleichwohl eine Vereinbarung aller 35 Staaten zustande bringt, so kann diese nur eine sehr allgemeine Grundlage sein, die der atmosphärischen Verbesserung des europäischen Umfeldes dienen soll. Die KSZE hat damit eine ganz bestimmte Funktion, nämlich die der atmosphärischen Aufbesserung zu dem Zwecke, konkrete Abkommen — z. B. MBFR — zu erleichtern. Sie wissen genausogut wie ich, daß nur ein Teil der europäischen Staaten MBFR-Staaten sind und daß sich die Ergebnisse von MBFR, die wir alle erhoffen, gleichwohl auf alle europäischen Staaten auswirken werden. Deswegen bedarf es eines Grundkonsenses auch mit diesen. Wir sind auf deren Mitarbeit auch in diesen Fragen angewiesen. Dies ist eine entscheidende Funktion von KSZE.
    Die Zeit, die mir heute zur Verfügung steht, erlaubt es nicht, jetzt noch einmal die positiven Ergebnisse der KSZE darzustellen. Im übrigen ist es auch gar nicht nötig, das zu tun. Herr Kollege Hoppe und ich haben im Frühjahr des vorigen Jahres eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gerichtet. In der Antwort können Sie seitenweise nachlesen, welch günstige Entwicklung sich in vieler Hinsicht vollzogen hat, auch im Bereich der vertrauensbildenden Maßnahmen und im Bereich des Korbs III, also im Bereich der humanitären Maßnahmen. Da die Opposition heute — wie immer — den ganzen Tag damit verbracht hat, ausschließlich die Probleme darzustellen, bei denen es noch Schwierigkeiten gibt, werde ich heute die Gelegenheit nehmen, vor allem die Dinge aufzuzeigen, die sich günstig entwickelt haben.
    Eine letzte Bemerkung zu KSZE. Ich möchte Ihnen folgende Überlegung mit auf den Weg geben. In welcher außenpolitischen Lage wäre die Bundesrepublik wohl, wenn sie, Ihrem Rate folgend, als einziger Staat Europas die Schlußakte nicht unterzeichnet hätte?

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das ist keine Antwort auf meine Frage!)

    Die schlechteste aller Positionen für die Bundesrepublik in ihrer schwierigen Mittellage und bei ungelösten politischen Problemen ist die der Isolierung. Die Deutschen haben mit außenpolitischer Isolierung weiß Gott mehr als einmal ihre Erfahrungen gemacht. Deswegen kann man sich vieles vorstellen, nur nicht diesen Zustand der Isolierung. Wir können uns diesen Zustand angesichts der Politik, die wir betreiben, jedenfalls nicht vorstellen.

    (Beifall bei der SPD)

    Wir werden alle Kraft einsetzen, damit eine derartige Entwicklung nicht eintreten kann.
    Ich möchte jetzt zum Thema MBFR überleiten und mich auch auf Ausführungen zu diesem Thema beschränken, weil ich Wert darauf lege, daß die Position meiner Fraktion hier zur Darstellung kommt. Nur eines möchte ich Ihnen von vornherein sagen — das gilt für heute und für alle anderen Auseinandersetzungen —: Niemand in der SPD-Fraktion wird jemals daran denken, immer dann, wenn die Opposition es wünscht, über jeden Stock, den Sie uns hinhalten, zu springen. Wir beweisen durch unsere konkrete Politik unsere Bündnissolidarität. Wir stellten den Außenminister seit 1966; wir stellen den Bundeskanzler seit 1969. Unsere Bündnissolidarität wird seit zehn Jahren täglich bewiesen.
    Herr Kollege Mertes, ich muß Sie jetzt doch in einer sehr ernsten Frage ansprechen. Ich hatte mir eigentlich gedacht, daß Sie während Ihres Beitrags die Gelegenheit nehmen, sich zu entschuldigen, ja, sich zu entschuldigen! Da gucken Sie mich ganz erstaunt an. Ich werde Ihnen sagen, warum.

    (Zuruf des Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] )

    Sie haben mit unlauteren Mitteln — den Beweis liefere ich Ihnen gleich —, gegen Willy Brandt sowie gegen mich und andere Behauptungen in die Diskussion gebracht, die jeder Grundlage entbehren. Ich hoffe, das ist nicht wider besseres Wissen geschehen. Aber ich habe so ein bißchen meine Zweifel. Denn der Stil der außenpolitischen Auseinandersetzung seit 1969 sieht doch bei der Opposition so aus: Es wird ein Buhmann aufgebaut, ein Zitat verfälscht und darauf die politische Argumentation aufgebaut.
    So auch hier. Ich bringe jetzt ein Beispiel. Kollege B r an d t hat am 9. Dezember in dem Interview mit

    Pawelczyk
    dem „General-Anzeiger" unter anderem gesagt — ich zitiere ein paar Worte daraus —: „mit einer ersten, wenn auch nur symbolischen Verringerung". Und was macht der Herr Kollege Mertes daraus? Er fügt ein Wort hinzu und spricht von „paritätischen symbolischen Schritten". Dieses Wort „paritätisch" ist bei Herrn Brandt nicht zu finden.

    (Zuruf von der SPD: Das ist unerhört!)

    Die Hinzufügung dieses einen Wortes „paritätisch" erlaubt es Ihnen, alle Positionen der Übereinstimmung, die in der NATO auch mit uns bestehen, in Zweifel zu ziehen. Ich halte das nicht für in Ordnung. Wenn man sich diese Freiheit nimmt, kann man natürlich von Alleingängen bei MBFR sprechen, von der Aufgabe des Ziels der ungefähren Parität, von der Aufgabe des Ziels der kollektiven Höchststärken usw. Dann haben Sie sich den Reißverschluß eingenäht, mit dem Sie beliebig spielen können. Herr Kollege Mertes, ich finde das nicht in Ordnung. Sie haben dieses Wort „paritätisch" in der Bundestagsdebatte vom 16. Dezember hinzugefügt. Vielleicht können Sie das aufklären und in Ordnung bringen.
    Sie wissen doch, daß der Warschauer Pakt am 15. Oktober 1974 symbolische Reduzierungen um 20 000 Mann — paritätisch — vorgeschlagen hat und daß wir das abgelehnt haben. Das wissen Sie doch. Wir arbeiten intensiv in ständigen vertraulichen Sitzungen im Unterausschuß „Abrüstung" zusammen, dessen Vorsitzender ich bin. Sie wissen wohl auch genauso gut wie ich, daß es innerhalb des Bündnisses Diskussionen darüber gibt, ob man sich mit der Frage der symbolischen — nicht: der paritätischen symbolischen — Reduzierung beschäftigen soll, wenn ein erster größerer Schritt nicht möglich ist. Wir führen also eine Diskussion auf der Basis des Grundkonsenses in der NATO.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das ist keine erlaubte Frage!)

    Soviel zu diesem einen Punkt. Ich finde, Sie sollten diese wirklich gefährliche und schlimme Verfälschung des Brandt-Zitats zurücknehmen.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Besser wäre es, Herr Brandt würde seine wolkigen Reden ein bißchen präziser fassen!)

    — Ach wissen Sie, wir haben heute eine Vorstellung Ihres Fraktionsvorsitzenden Kohl erlebt — und da sprechen Sie in Richtung auf Willy Brandt von wolkigen Reden. Das kann ich nach der Rede von Herrn Kohl überhaupt nicht verstehen; wirklich nicht!

    (Dr. Czaja [CDU/CSU]: Das mag an Ihnen liegen!)

    Sie haben Schiffbruch erlitten mit der Polemik gegen die Ostpolitik, gegen den Vertrag zum Beitritt der Bundesrepublik zu den Vereinten Nationen, gegen den Nichtverbreitungsvertrag und auch gegen die KSZE. Unterlassen Sie dieses Spiel bei MBFR! Bei MBFR steht viel auf dem Spiel.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Bei den anderen wohl nicht? Lesen Sie doch die Texte!)

    — Da steht wirklich etwas auf dem Spiel. Ich habe Ihnen schon vorhin gesagt, daß Sie das besser unterlassen sollten.
    Meine Damen und Herren, ich habe natürlich auch mit Befriedigung gehört, daß Sie die NATO-Solidarität sehr hoch einschätzen. Ich wäre froh, wenn es nun auch geschieht — —

    (Zuruf des Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU])

    — Nein, nein, jetzt hören Sie genau zu. Jetzt müssen Sie Ihre Runde bezahlen, Ihren Hektoliter Wein, den Sie vorhin angekündigt haben.

    (Zuruf von der SPD: Das reicht doch gar nicht!)

    Der verteidigungspolitische Sprecher Ihrer Fraktion, der Kollege Wörner, hat am 14. Dezember 1975 die Option 3 — ich brauche sie hier unter uns nicht zu erläutern — als einen „Ausverkauf in Schwäche" bezeichnet. Ist das ein Beharren auf der NATO-Position oder ein Verlassen?

    (Hört! Hört! bei der SPD)

    „Ausverkauf in Schwäche" sei die Position der NATO. Nun würde ich mit Ihnen übereinstimmen, wenn Sie sagten: Der Kollege Wörner hat davon nicht soviel Ahnung. Er hat nämlich in demselben Zitat auch gesagt, über nichts hätten sich die Minister so schnell geeinigt wie über dieses wesentliche Zugeständnis. Er wußte offenbar nicht, daß in der NATO jahrelang über diese Option 3 debattiert wurde, bevor sie in völliger Übereinstimmung aller in Wien auf den Verhandlungstisch kam.

    (Zuruf von der SPD: Der kann nicht denken!)