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ID0724300200

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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 243. Sitzung Bonn, Freitag, den 14. Mai 1976 Inhalt: Regelung für die Fragestunde der nächsten Woche 17185 A Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 17185 B Fortsetzung der zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1976 (Haushaltsgesetz 1976) — Drucksachen 7/4100, 7/4629 — Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses in Verbindung mit Einzelplan 11 Geschäftsbereich des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 7/5041 — Grobecker SPD 17185 D Katzer CDU/CSU 17187 C Arendt, Bundesminister BMA 17194 B Franke (Osnabrück) CDU/CSU 17202 B Schmidt (Kempten) FDP . . . . . . 17204 A Krampe CDU/CSU 17209 A Glombig SPD 17211 C Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit — Drucksache 7/5045 - Carstens (Emstek) CDU/CSU 17215 C Dr. Sperling SPD 17217 B, 17242 A Frau Lüdemann FDP . . . . . . . . 17223 D Frau Dr. Focke, Bundesminister BMJFG . . 17226 C Frau Dr. Wex CDU/CSU 17233 A Frau Eilers (Bielefeld) SPD 17236 D Frau Stommel CDU/CSU 17239 D Schröder (Lüneburg) CDU/CSU 17241 D Haushaltsgesetz 1976 — Drucksachen 7/5058, 7/5104 —Leicht CDU/CSU 17243 A Namentliche Abstimmung 17244 A Behrendt SPD (Erklärung nach § 36 GO) . 17243 B Nächste Sitzung 17245 D Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 17247* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 243. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1976 17185 243. Sitzung Bonn, den 14. Mai 1976 Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 241. Sitzung, Seite 16969 C, Zeile 6, ist statt „Freizeit" zu lesen: „Freiheit". Deutscher Bundestag - 7. Wahlperiode 243. Sitzung. Bonn, Freitag, den 14. Mai 1976 17247* Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Prof. Dr. Abelein 14. 5. Dr. Achenbach * 14. 5. Adams * 14. 5. Dr. Aigner * 14. 5. Dr. Artzinger * 14. 5. Dr. Bangemann * 14. 5. Dr. Bayerl * 14. 5. Behrendt * 14. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld * 14. 5. Prof. Dr. Burgbacher * 14. 5. Dr. Corterier * 14. 5. Entrup 14. 5. Fellermaier * 14. 5. Flämig * 14. 5. Frehsee * 14. 5. Dr. Früh * 14.5. Gerlach (Emsland) * 14. 5. Gewandt 14. 5. Dr. Gradl 14. 5. Dr. Hauser (Sasbach) 14. 5. Härzschel * 14. 5. Hussing 21.5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 5. Dr. Kempfler 14. 5. Dr. Klepsch * 14. 5. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Krall * 14. 5. von Kühlmann-Stumm 14. 5. Lampersbach 14.5. Lange * 14. 5. Lautenschlager * 14. 5. Dr. Lenz (Bergstraße) 14. 5. Lücker * 14. 5. Memmel * 14. 5. Mick 14. 5. Milz 14. 5. Müller (Mülheim) * 14. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 5. Dr. Narjes 14. 5. Niegel 14. 5. Rosenthal 14. 5. Roser 21.5. Sauter (Epfendorf) 14. 5. Seibert 21.5. Schmidt (München) * 14. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 5. Schwabe * 14. 5. Dr. Schwörer * 14.5. Seefeld * 14. 5. Springorum * 14. 5. Dr. Starke (Franken) * 14. 5. Strauß 14. 5. Suck * 14. 5. de Terra 14. 5. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 5. Walkhoff * 14. 5. Walther 14. 5. Frau Dr. Walz * 14. 5. Dr. Warnke 14. 5. Dr. von Weizsäcker 14. 5. Wende 21. 5. Zeyer 14. 5.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Claus Grobecker


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Etat des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung ist der Haushalt, in dem vor allen anderen die Mittel für Maßnahmen und Gesetze enthalten sind, die Herr Strauß als „Gratifikation" bezeichnet. Der ganze Zynismus, zu dem nur ein Konservativer fähig ist, drückt sich in dieser Bezeichnung aus. Kriegsopferversorgung, Arbeitslosengeld, Rentenversicherung, Wiedereingliederung der Behinderten: alles Gratifikationen, Geschenke, Almosen. Flexible Altersgrenze: ein Geschenk, das man geben oder auch nehmen kann. Die Sicherung der betrieblichen Renten kann man je nach Wellenschlag beschließen oder auch nicht. Betriebsverfassungsgesetz: nur ein Zugeständnis an Arbeiter, Gratifikation, Geschenke, Almosen nach Herrn Strauß.
    Nirgends sonst, meine Damen und Herren, unterscheiden wir uns so deutlich voneinander wie an dieser Stelle. Sozialpolitik ist für Sie nur Ersatz für schiefgegangene Wirtschafts- oder Konjunkturpolitik.

    (Burger [CDU/CSU]: Völlig falsch!)

    Die soziale Sicherung, die wir geschaffen haben, ist kein Ersatz für irgend etwas, sondern Mittelpunkt unserer Politik.

    (Beifall bei der SPD)




    Grobecker
    Sie ist Baustein zur Erfüllung des Verfassungsauftrages, den sozialen Rechtsstaat zu schaffen.

    (Erneuter Beifall bei der SPD)

    Die CDU/CSU steht in diesem Punkt voll in der Kontinuität ihrer Geschichte. Die gleichen Fehler, die zu Beginn der dreißiger Jahre von Ihren Vorgängern gemacht worden sind, waren Sie 1966 im Begriff zu wiederholen. Das Ergebnis: In allen deutschen Landtagen saßen wieder die Nazis. Das ist der Ausdruck der Angst und den Instabilität; das ist das Ergebnis, wenn man Sozialpolitik als „Gratifikation" betreibt. Für uns ist der Haushalt kein Instrument zur Befriedigung der Bedürfnisse des Staates, sondern ein Instrument zur Befriedigung der Bedürfnisse der Bürger und der Gesellschaft.
    Der diesjährige Haushalt ist erneuter Beweis dafür, welches Gewicht die sozialliberale Koalition der sozialen Sicherheit in unserem Lande beimißt. Wie wichtig dies ist, sollte auch denjenigen klargeworden sein, die noch vor einem Jahr die Arbeitslosen und heute die Rentner verunsichern wollen.
    Die in diesem Haushalt verankerten Leistungen kommen vor allen Dingen den alten Menschen, den Kriegsopfern und den von der Arbeitsmarktentwicklung Betroffenen zugute. Ich finde, Herr Strauß sollte endlich einmal klar sagen, welche dieser Leistungen gemeint sind, wenn er von den Grenzen des Sozialstaates spricht, die überschritten worden seien, und an welcher Stelle präzis der Staat von ihm „in Ordnung" gebracht werden müsse. Ich habe eine leise Ahnung, wie das aussehen könnte, und mir graust vor der Vorstellung, daß Herr Strauß den Staat „in Ordnung bringt".

    (Beifall bei der SPD)

    Rund 22 Milliarden DM werden in diesem Jahr im Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit für die Sozialversicherung bereitstehen. Die Renten werden mit Wirkung vom 1. Juli 1976 um 11% erhöht. Im Haushalt des Arbeitsministeriums findet dies seinen Niederschlag in den Zahlen über die Zuschüsse an die Rentenversicherung.
    Das gleiche gilt für die Kriegsopferversorgung. 11 Milliarden DM sind für die Leistungen an die Kriegsopfer vorgesehen. Das Achte Anpassungsgesetz wird hier eine Erhöhung der Versorgungsleistungen um ebenfalls 11 % bringen.
    Von besonderer Bedeutung sind in diesem Jahr auch die Ausgabenansätze im Bundeshaushalt für Arbeit und Sozialordnung, mit denen sichergestellt wird, daß jeder Arbeitslose und jeder, der in Kurzarbeit steht, selbstverständlich die ihm zustehenden finanziellen Leistungen erhält. Trotz Panikmache der Opposition hat bis heute jeder Arbeitslose auf Heller und Pfennig das ihm zustehende Geld bekommen. Zur Absicherung dieser Leistungen wird der Bund der Arbeitslosenversicherung in diesem Jahr eine Liquiditätshilfe in Höhe von 4,5 Milliarden DM gewähren. Die Bundesregierung hat im übrigen durch ihre konjunktur- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen das Mögliche getan und eine spürbare Belebung der Wirtschaft erreicht. Insbesondere der rapide Rückgang der Zahl der Kurzarbeiter beweist, daß die Politik dieser Regierung in einer weltweiten Bewährungsphase erfolgreich gewesen ist. Wir jedenfalls haben das Problem der Arbeitslosigkeit sehr ernst genommen in einer Situation, in der der Opposition nichts anderes einfiel als das Gerede von der Pleite der Bundesanstalt für Arbeit.
    Die sozialliberale Koalition hat in ihren Reformen das Netz der sozialen Sicherheit dicht geknüpft. Es sind weitere Personenkreise in den sozialen Sicherungsschutz einbezogen worden, die früher weitgehend abseits stehen mußten. Hausfrauen, Selbständige, Studenten, Kinder in Kindergärten, Schüler und unsere behinderten Mitbürger erhielten mehr oder sogar erstmals den sozialen Schutz. Die Qualität der sozialen Sicherung wurde verbessert. Die Inanspruchnahme der flexiblen Altersgrenze und die deutliche Anhebung von 1,4 Millionen Kleinrenten nach Mindesteinkommen sprechen für sich und für den Leistungsstandard unserer sozialen Sicherung. Die materielle Lebenslage unserer Rentner hat sich eindrucksvoll verbessert.
    Ich verstehe sehr gut, daß dies nicht ins Konzept der Opposition paßt. Nur, zerreden läßt sich dieses Ergebnis nicht. Das sind Verbesserungen, die die Bürger im Land unmittelbar in ihrem Geldbeutel spüren. Deshalb wird versucht, die Rentner zu verunsichern und ihnen Angst vor der Zukunft zu machen, wenn man schon die bisherigen Verbesserungen im Lebensstandard nicht wegdiskutieren kann. Das ist nicht seriös, meine Damen und Herren von der Opposition, und das ist nicht fair gegenüber den Rentnern. Wir erwarten von Ihnen keine Fairneß gegenüber der Bundesregierung, aber wir erwarten zumindest, daß Sie gegenüber den Rentnern fair sind.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Diese unsere soziale Sicherung ist beispielhaft geworden. Daran ändert auch Ihre „Neue Soziale Frage" — besser: soziale Phrase — nichts, meine Damen und Herren von der Opposition. Diese sogenannte Neue Soziale Frage ist bestenfalls für den Fragesteller neu. Denn die sozialliberale Koalition hat durch ihre Gesetzgebungsarbeit in wenigen Jahren bereits mehr Antworten darauf gegeben als die CDU/CSU während zweier Jahrzehnte.
    Gerade die soziale Lage früher benachteiligter Bevölkerungsgruppen wurde in den letzten Jahren ganz wesentlich verbessert. Da sind erstens die Behinderten. In den letzten Jahren ist ein fortschrittliches Behinderungsrecht und Leistungssystem für Behinderte geschaffen worden. Zweitens. Die sozialen Leistungen für Familien, insbesondere für Familien mit niedrigem Einkommen, wurden wesentlich verbessert und erweitert. Drittens. Arbeitnehmerähnliche Personen wie freie Journalisten, freie Mitarbeiter beim Funk und Fernsehen, Künstler und die Personengruppe der Heimarbeiter erhielten mehr Rechte, die ihre soziale Situation verbessern helfen. Viertens darf ich hier nochmals auf die Leistungsverbesserungen für Rentner, Kriegsopfer und Arbeitslose hinweisen.
    Für Sozialdemokraten ist die Neue Soziale Frage eine alte Frage. An der sozialpolitischen Leistungsbilanz seit 1969 können Sie ablesen, wie wir diese



    Grobecker
    Frage angepackt haben und daß wir sie mit großem Erfolg angepackt haben. Wir müssen hierfür — das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen — dem Herrn Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Walter Arendt, besonders danken.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Das dichte Netz der sozialen Sicherung in unserem Land garantiert auch den sozialen Frieden. Sie trägt damit ganz entscheidend zum allgemeinen inneren Frieden in der Bundesrepublik Deutschland bei. Wer den sozialen Fortschritt kritisiert und beklagt, wie das Teile der CDU/CSU seit Jahrzehnten tun, schätzt den Wert des sozialen Friedens sehr gering ein und verzichtet auf die tragende Rolle, die der soziale Frieden für den allgemeinen inneren Frieden spielt.
    Sie, Herr Strauß — das haben Sie in dieser Woche zweimal gesagt —, wollen das deutsche Volk von dieser Regierung und den sie tragenden Kräften befreien oder erlösen. Haben Sie dabei auch das gemeint, was von dieser Regierung und den sie tragenden Kräften an sozialem und innerem Frieden geleistet worden ist?
    Auf der Grundlage des inneren Friedens ist auch der äußere Frieden sicherer geworden. Ein Staat, der keine sozialen Spannungen kennt, ist gefestigt genug, um in den auswärtigen Beziehungen den Weg der Entspannung zu gehen. Die Verträge mit den Staaten Osteuropas sind ein Beweis dafür. Für unsere Freunde in der Europäischen Gemeinschaft und im Atlantischen Bündnis sind wir gerade wegen unseres inneren Friedens und unserer inneren Stabilität ein zuverlässiger und mitentscheidender Partner. Wer in die soziale Sicherung und damit in den sozialen Frieden hineinschneiden will, gefährdet daher auch die gewonnene Stellung der Bundesrepublik Deutschland in der Welt.
    In den letzten Tagen ist hier auch sehr viel von Freiheit gesprochen worden. Lassen Sie mich dazu ein paar Worte sagen; denn Freiheit hat eine nicht unerhebliche soziale Komponente. Wer Freiheit sagt und nicht auch soziale Sicherung des einzelnen Bürgers meint, vertritt nur die Freiheit der Starken und der Reichen.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Wer tut denn das?)

    Für die große Mehrheit der Bürger, die nicht auf Vermögen zurückgreifen können, garantiert die soziale Sicherheit die persönliche Freiheit, weil sie vor Not im Alter, bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und Invalidität bewahrt. Nur wer frei von materiellen Risiken und Not ist, ist wirklich frei; denn Freiheit bedeutet auch frei sein entwürdigenden Abhängigkeiten und Angst. Insofern ist Ihre Scheinalternative von Freiheit und Sozialismus Makulatur.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Voraussetzung der sozialen Sicherung ist die Solidarität der Bürger in unserem Lande; denn Sozialleistungen sind Umverteilungsleistungen. Die Erwerbstätigen müssen über Beiträge und Steuern solidarisch für diejenigen mit einstehen, die nicht mehr oder vorübergehend nicht erwerbstätig sein können oder die aus anderen Gründen in besonderer Weise auf die Verantwortung der Gesellschaft angewiesen sind. Als Korrektiv gilt selbstverständlich auch die Solidarität der Leistungsempfänger mit denjenigen, die diese Leistungen mit Steuern und Sozialbeiträgen ermöglichen. Diese wechselseitige Solidarität ist in unserem Lande gesund.
    Der Einzelplan 11 hat vor allen anderen Plänen des Bundeshaushaltes die Funktion der solidarischen Einkommensumverteilung. Damit leistet dieser Einzelplan einen erheblichen Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit und zur Stabilität in unserer Gesellschaft. Aus diesem Grunde werden wir dem Einzelplan zustimmen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Katzer.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans Katzer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Bundesregierung ist 1969 mit dem Anspruch angetreten: Wir schaffen das moderne Deutschland.

    (Geiger [SPD]: Den hat sie auch erfüllt!)

    Dem Bürger versprach diese Bundesregierung eine höhere Lebensqualität,

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Das hat sie ebenfalls erfüllt!)

    und in ihrem Wahlprogramm für 1976 behaupten die Sozialdemokraten jetzt: Aus Überzeugung hat das soziale Element bei uns ein größeres Gewicht als in jeder anderen Partei.

    (Zuruf von der SPD: So ist es! — Dr. Blüm [CDU/CSU] : Das habt ihr behauptet!)

    Wie auf diese Anmaßung Ihr Koalitionspartner, die FDP, reagiert, überlassen wir der FDP sehr gern selbst.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Aber was die CDU/CSU-Fraktion angeht, halte ich diese Überheblichkeit für unerträglich.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Wer hat denn in den 20 Jahren von 1949 bis 1969 das Netz der sozialen Sicherheit in Deutschland aufgebaut?

    (Zuruf von der SPD: Die Opposition!)

    Wer hat denn die Montan-Mitbestimmung durchgesetzt, die den Arbeitnehmern sehr viel mehr gebracht hat, als Sie 25 Jahre später mit Ihren Gesetzen bewirkt haben?

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD)

    Wer hat denn Betriebsverfassungsgesetz, Familienlastenausgleich, dynamische Rente 1957, Vermögensbildungsgesetz und Arbeitsförderungsgesetz,

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Wir! — Dr. Marx [CDU/CSU] : Der Schäfer hat „Wir" gesagt! Ein Witzbold!)




    Katzer
    um nur einige Schwerpunkte zu nennen, zur Verabschiedung gebracht? Es geht mir hier nicht um kleinliche Rechthaberei, sondern es geht mir darum, daß hier nicht die Tatsachen verfälscht werden können.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Bundeskanzler hat an die Verpflichtung des „C" in unserem Namen erinnert.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Zu Recht!)

    Ich nehme dies sehr ernst. Aber ich glaube, das „S" in Ihrem Namen gibt Ihnen kein Recht, die Wahrheit zu verdrehen. Das möchte ich deutlich hinzugefügt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Unser früherer Kollege, der Herausgeber der „Zeit", Gerd Bucerius, hat — ich glaube, für jedermann einprägsam und sehr überzeugend — gesagt:
    Die Verfemung der CDU/Wähler ist vorbei. Sie war immer unsinnig: Die Partei Adenauers hat mehr Reformen geschaffen ..., als die Linke je zustande bringen wird.
    Ich glaube, dem ist überhaupt nichts hinzuzufügen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die Sozialdemokraten wollen den Anschein erwecken, als ob sozialer Friede und politische Stabilität unseres Landes ihre ureigenste Neuentdeckung seien, seitdem sie die Regierung stellen. Jedermann weiß, daß das nicht so ist. Der Punkt Null unseres Staates liegt nicht im Jahre 1969 in der Regierungsübernahme durch die SPD/FDP-Koalition, der Punkt Null war der Zusammenbruch des nationalsozialistischen Terrorsystems, als Deutschland in Trümmern lag, als Arbeitslosigkeit, Hunger und Elend die bedrückendsten Probleme der deutschen Politik waren. Das war der Punkt Null, und da haben wir angefangen, das aufzubauen, was Sie jetzt ihr soziales Netz genannt haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wolfram [Recklinghausen] [SPD] : Ein sehr absoluter Anspruch! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Wir haben damals mit Ludwig Erhard die Soziale Marktwirtschaft gegen den erbitterten Widerstand der Sozialdemokraten durchgesetzt.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Wer die Diskussionen zwischen Erhard und Nölting
    noch in Erinnerung hat, kann das gar nicht leugnen.

    (Geiger [SPD] : Wir wollten Ihnen helfen, das Ahlener Programm zu verwirklichen!)

    Wir haben das Fundament einer Politik der wirtschaftlichen und sozialen Sicherung gelegt. Soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit sind die Grundlagen der freiheitlichen Gesellschaft, wie wir sie verstehen. Sie bietet die Garantie für den sozialen Frieden und die politische Stabilität unseres Landes. Dies war, ist und bleibt die Politik der Union Christlicher Demokraten.
    Schauen wir uns die sozialpolitische Bilanz dieser Bundesregierung an, vergleichen wir den Anspruch dieser Regierung mit der politischen Wirklichkeit,
    dann läßt sich die soziale Entwicklung unseres Landes in der Tat sehr genau am Sozialhaushalt ablesen, für den der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung verantwortlich zeichnet. Der Sozialhaushalt hat 1975 und im vorliegenden Entwurf für 1976 eine beachtliche Höhe erreicht. Der Sozialhaushalt hat im Vergleich zu den anderen Aufgabenbereichen den größten Umfang angenommen. Der Bundesarbeitsminister zieht daraus den Schluß, daß seine sozialpolitische Bilanz ein Erfolg sei.

    (Zuruf von der SPD: So ist es!)

    — Sie sagen „So ist es!". Der Bürger sieht dies offenbar etwas anders.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU] : S o ist es!)

    Für den Bürger bemißt sich die soziale Leistung nicht an der Höhe des finanziellen Aufwands des Bundeshaushalts, sondern an den Realitäten seiner eigenen Haushaltskasse. Und da sieht die Sache ganz anders aus!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Wolfram [Recklinghausen] [SPD])

    „Seit Herbst 1974 dient die Finanzpolitik der Sicherung von Arbeitsplätzen", heißt es in Ihrer Wahlplattform.

    (Zuruf von der SPD: So ist es auch!)

    — Das erinnert mich etwas fatal an den Jungen, der erst einen Fußball in die Schaufensterscheibe hineinschießt und sich anschließend rühmt, wieviel sein Vater dafür bezahlen mußte, daß er dies getrieben hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Steigende Steuerbelastung, höhere Beiträge in der Arbeitslosenversicherung und in der Kranken-und Rentenversicherung können nicht ohne Auswirkung auf das Verhalten von Arbeitnehmern und Unternehmern bleiben.

    (Zuruf von der SPD: Höhere Arbeitslosenunterstützung!)

    Was ist denn den Arbeitnehmern von den Lohnerhöhungen geblieben?

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Nach Berechnungen des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung bleiben von je 100 DM, die in diesem Jahr zusätzlich verdient werden, im Durchschnitt gerade noch 41 DM netto übrig.

    (Geiger [SPD] : Na also!)

    — Das finden Sie einen großartigen Erfolg? Auch darüber denkt der Bürger ganz anders.
    Von der Steuerentlastung durch die Steuerreform im letzten Jahr ist nichts mehr zu spüren. Berücksichtigt man die Preissteigerungsrate, dann haben die Arbeitnehmer sogar einen realen Kaufkraftverlust von 2 bis 3 °/o.

    (Dr. Barzel [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Der Rückgang des Realeinkommens ist in der Nachkriegsgeschichte Deutschlands einmalig.

    (Zuruf des Abg. Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] )




    Katzer
    Was meinen Sie denn eigentlich, warum in der
    Druckindustrie bis zum gestrigen Tag Streiks stattgefunden haben? Das hat doch seinen Sinn; die Leute wollen wenigstens das halten, was sie realiter bis jetzt gehabt haben.

    (Dr. Marx [CDU/CSU]: So ist es!)

    Das war doch der Sinn. Darüber können Sie am allerwenigsten hinweggehen.

    (Erneuter Zuruf des Abg. Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD])

    Das ist nicht zuletzt ein verschärfter Verteilungskampf mit dem Ziel, den erreichten Lebensstandard wenigstens zu halten.

    (Geiger [SPD] : Immerhin!)

    Hohe Lohnkosten und hohe Preise bedeuten aber eine geringere Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Vor allem müssen diejenigen Unternehmen, die ihre ständigen Kosten nicht auf die Preise abwälzen können — das sind in erster Linie kleine und mittlere Betriebe —, ihre Investitionen einschränken oder in Konkurs gehen. Der Herr Bundeskanzler meinte, als die ersten Konkurse kamen, das müsse man mal so hinnehmen, das sei ja wohl in der Marktwirtschaft normal und üblich, das sei ein Gesundschrumpfungsprozeß.
    Ich nehme an, er hat dabei übersehen, daß dadurch Hunderttausende von Arbeitsplätzen mit betroffen sind, wodurch die jetzige Arbeitslosigkeit bewirkt wurde.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir haben seit 16 Monaten eine Arbeitslosigkeit in Höhe von über 1 Million Mitbürgern. Es ist doch bezeichnend und muß für Sie einfach beschämend sein, daß die Maikundgebungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes seit 20 Jahren erstmals wieder unter das Motto „Vollbeschäftigung — soziale Sicherheit" gestellt wurden. Das ist doch ein Thema, das wir 20 Jahre lang gar nicht mehr zu kennen glaubten.

    (Zurufe von der SPD)

    — Es ehrt Sie ja, daß Ihnen das wenigstens weh tut. Ich stelle nur rein sachlich fest, wofür die Gewerkschaften am 1. Mai dieses Jahres haben demonstrieren müssen.
    Ich glaube, dies beweist mehr als die hochstilisierten Leistungsbilanzen des Bundeskanzlers, wie schlecht Arbeitnehmerinteressen unter dieser Regierung gewahrt worden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Angesichts dieser Situation muß es wie Hohn klingen, der den betroffenen Arbeitnehmern ins Gesicht schlägt, wenn es im Wahlprogramm der SPD heißt — ich zitiere mit Erlaubnis der Frau Präsidentin —: „Das Ziel der Vollbeschäftigung wird von der Opposition nur widerwillig akzeptiert."

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Die Dreistigkeit dieser Aussage ist kaum zu überbieten.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU) Die SPD erklärt die Vollbeschäftigung zur wichtigsten Aufgabe, nachdem sie in Deutschland die höchste Arbeitslosigkeit nach Wiederaufbau zu verantworten und zu vertreten hat.


    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die SPD unterstellt der Opposition, daß sie das Ziel der Vollbeschäftigung nur widerwillig akzeptiere, obwohl es in Deutschland noch nie eine so lange Phase der Vollbeschäftigung gegeben hat wie unter den Regierungen, die von CDU/CSU geführt worden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Diese Regierung rechnet nach ihren eigenen Zielvorstellungen sogar bis 1979 noch mit einem Sockel — hören Sie gut zu; 1965 gab es 450 000 Arbeitslose — von rund 750 000 Arbeitslosen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Heinz Oskar Vetter, hat dies, wie ich meine, zu Recht als unerträglich zurückgewiesen. Nein, diese Bundesregierung hat die hohe Arbeitslosigkeit, den Rückgang der Investitionen und die Preissteigerungen zu verantworten. Von Alleinschuld der Weltwirtschaftskrise etc. kann weiß Gott keine Rede sein.
    Wer den Zusammenhang von Wirtschafts-, Finanz-und Sozialpolitik außer acht läßt, degradiert den Sozialhaushalt zur Reparaturwerkstatt der wirtschaftspolitischen Folgeschäden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Eine Aufstellung der Reparaturkosten ergibt folgendes Ergebnis.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : So deutlich hätten wir das von Ihnen gar nicht erwartet!)

    Für über eine Million Arbeitslose mußte die Bundesanstalt für Arbeit 1975 an Arbeitlosengeld und Arbeitslosenhilfe mehr als 8 Milliarden DM leisten. Dazu kamen fast 2 Milliarden DM Beiträge an die Krankenkassen, eine halbe Milliarde DM betrugen allein die Beitragsausfälle der Bundesanstalt. Für die Rentenversicherungen errechnet sich für das vergangene Jahr ein Einnahmeausfall von mehr als 3 Milliarden DM. Der Staat hat einen Steuerausfall in gleicher Höhe zu verzeichnen.