Frau Präsidentin, ich will wenigstens diesen Gedanken zu Ende führen, dann kommt die nächste Zwischenfrage.
Ich bin für diesen Versuch gewesen, und wir alle in meiner Gruppe waren für diesen Versuch, weil er lediglich einige hunderttausend DM kosten sollte. Dann war von 2,5 Millionen DM die Rede, und inzwischen höre ich — mir scheint, verbindlich, wenn auch nicht offiziell --, daß die 2,5 Millionen DM bei weitem nicht ausreichen.
— Ach nein! Das habe ich mir auch gedacht. Da wir den Herrn Minister hier haben und er noch mit sich schwanger geht, ob er reden soll oder nicht
— er redet —, können wir vielleicht hören, wie hoch
inzwischen die Schätzungen für dieses Projekt sind.
Meine Freunde und ich legen jedenfalls Wert darauf, daß wir hier nicht einer Geschichte aufgesessen sind, weil wir nicht mit massivem Widerstand dagegen waren, die vielleicht doch andere Gründe als sachliche Notwendigkeiten gehabt hat, bis sie in den Haushaltsausschuß kam. Ich will das nur als ernst zu nehmende Warnung ausgesprochen haben.
Lassen Sie mich eine Bemerkung zur Deutschen Stiftung für internationale Entwicklung machen, und zwar einmal deshalb, weil ich die Arbeit dieser Stiftung für ausgezeichnet halte — dieser Meinung bin nicht nur ich, sondern ich glaube, da sind wir uns alle einig —, aber auch, weil diese Deutsche Stiftung für internationale Entwicklung in Berlin sitzt und weil wir — so schien es mir, und ich hoffe, daß das noch so ist — uns in diesem Punkt wiederum einig sind, daß man Berlin zu einem Zentrum internationaler Tätigkeit auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe durch die Bundesrepublik werden lassen sollte. Der Beginn ist gemacht. Es gibt Schwierigkeiten. Ich würde die Bundesregierung sehr herzlich und dringend bitten, nicht die gleiche Position zu beziehen wie bei der Nationalstiftung, sondern Berlin als einen integrierten Bestandteil der Bundesrepublik insoweit zu behandeln, daß das internationale Parkett Berlin verstärkt wird. Es darf nicht so getan werden, als wären wir bereit, irgendwelchen Bedenken östlicher Kritiker Rechnung zu tragen.
Wir haben im Haushaltsausschuß eine etwas eigenartige — so könnte man beinahe sagen — Entscheidung getroffen. Wir haben nämlich das Kapital der Deutschen Entwicklungsgesellschaft statt um 30 Millionen DM urn 55 Millionen DM erhöht, ebenso die Verpflichtungsermächtigung. Das ist im Rahmen des Entwicklungshilfe-Etats eigentlich eine Ausnahmeentscheidung gewesen. Wir haben das eifrig diskutiert und sind dann einstimmig zu diesem Entschluß gekommen, weil wir meinen, daß die Deutsche Entwicklungsgesellschaft damit in eine wesentlich bessere Lage versetzt wird, bei der Erschließung von Rohstoffen verstärkt tätig zu werden. Das war wohl der Hintergrund. Diese Gesellschaft arbeitet, soweit ich das zu überblicken vermag, sehr gut.
Es gibt allerdings eine Gefahr: Die Entwicklungsgesellschaft hat die Aufgabe, zur Strukturverbesserung der Entwicklungsländer beizutragen. Das kann und darf aber nicht heißen, daß wir diese Gesellschaft, nun mit einem wesentlich größeren finanziellen Rahmen, auf einem Wege sehen, der nur zu Beteiligungen an Großunternehmen führt. Ich sage das mit Nachdruck. Das würde nicht nur den Absichten bei der Gründung der Entwicklungsgesellschaft entgegenstehen, sondern wäre auch keine gute Leistung für die Entwicklungsländer selber. Ich sage das hier so deutlich, um nicht hinterher vor vollendeten Tatsachen stehen zu müssen.
Lassen Sie mich eine Bemerkung zur GTZ machen. Die Gesellschaft für technische Zusammenarbeit ist, möchte ich sagen, ein gemeinsames Kind des Haushaltsausschusses, sicher beschleunigt auf die Welt gebracht durch die Kritik der Opposition an früheren Verhältnissen. Ich möchte meinen, daß
16902 Deutscher Bundestag --- 7. Wahlperiode 240. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Mai 1976
Picard
sich diese Konstruktion, soweit man das im Augenblick schon sagen kann, bewährt hat. Ich habe allerdings nach der relativ kurzen Lebenszeit der GTZ ein paar kritische Fragen. Ich frage mich, ob sie genügend Bewegungsfreiheit hat oder ob nicht doch die Gefahr vorhanden ist ich meine, sie sei es —, daß die sehr enge, auch personelle Verflechtung zwischen dem Hause und der Gesellschaft zu einer zu großen Einflußnahme und zu einer zu geringen Eigenständigkeit und Bewegungsfreiheit, zu mehr Abhängigkeit, als notwendig ist, geführt hat. Ich wäre deshalb sehr dankbar, wenn nach dem Anlaufen der Gesellschaft darüber einmal offen vielleicht im Aufsichtsrat dieser Gesellschaft — gesprochen werden könnte, ob das so ist und ob nicht etwas anderes notwendig wäre.
Da ich soeben über die Kapitalerhöhung der Deutschen Entwicklungsgesellschaft gesprochen habe, möchte ich die Frage stellen — ich persönlich würde sie bejahen —, ob nicht die Kapitalausstattung der GTZ zu gering ist. Ich glaube, das ist eine Frage, die mit der Bewegungsfreiheit und Eigenständigkeit zusammenhängt.
Abschließend eine Bemerkung, auch aus Haushaltssicht, zur Ausrüstungshilfe im Verhältnis zur Entwicklungshilfe: Wir haben in der Ausrüstungshille das eine oder andere Projekt, das früher in der Entwicklungshilfe war, übernommen. Wir haben damit die Zahl der Ausrüstungshilfeempfänger vermehrt, aber auch aus anderen Gründen. Ich sehe, daß das zu Schwierigkeiten führt, und ich meine, daß wir die Kooperation zwischen Auswärtigem Amt und BMZ auch in diesem Bereich zu verstärken hätten, so daß wir nicht Ressort-Eifersüchteleien zu vermuten haben müssen — sie sind in diesem Falle tatsächlich vorhanden gewesen —, die dann zu Ergebnissen führen, die den eigentlichen Effekt der Ausrüstungshilfe ad absurdum führen, da die Mittel zu gering und die Zahl der Empfängerländer zu groß ist.
Bei beidem, sowohl bei der Ausrüstungs- wie bei der Entwicklungshilfe, sind auch die Interessen des eigenen Landes, der Bundesrepublik Deutschland, zu berücksichtigen. Es gibt sicher kein Patentrezept. Ich meine aber, man müßte auch bei der Entwicklungshilfe zwar nicht Wohlverhalten, aber so etwas wie Anerkennung von seiten des Empfängers erwarten dürfen. Das ist in vielen Fällen so, aber nicht in allen.
Die Entwicklungshilfe der Bundesrepublik Deutschland geschieht immer weniger auf dem bilateralen und immer mehr auf dem multinationalen Wege. Ich persönlich — ich glaube, ich bin hier mindestens mit meiner Fraktion einig — möchte meinen, wir sollten die Entwicklungshilfe von seiten der Europäischen Gemeinschaft verstärken und sie bilateral reduzieren. Wir sollten sie aber nicht auf dem Wege der Multinationalität, auf dem Wege über VN-Einrichtungen verstärken.
- Das ist ja der Punkt, Herr Kollege Marx: Wir zahlen
allein über den Einzelplan 05 an Einrichtungen der
UN 900 Millionen DM. Angesichts dieser Summen
— da könnte die Öffentlichkeitsarbeit der Bundesregierung einsetzen — ist es einem deutschen Bürger verdammt schwer klarzumachen, daß wir denjenigen helfen — ihnen die Chance geben, zu sich selbst zu finden und die von ihnen gewünschten Sozial- und Wirtschaftsstrukturen aufzubauen —, die uns bei jeder, aber auch bei jeder Abstimmung im Stich lassen, wenn es einmal darum geht, eigene Vorstellungen zu einer Mehrheit zu führen.
Auf die Dauer, meine Damen und Herren, ist es für den deutschen Bürger, der Einschränkungen hinnehmen muß und auch vielleicht bereit ist, sie hinzunehmen, kein Vergnügen, zu sehen, daß Bereitschaft zur Hilfe — um nicht zu sagen: gute Taten — mit genau dem quittiert wird, was nicht verdient ist. Ich will das nicht besonders drastisch ausdrükken. Herr Kollege Wehner würde das besser können als ich.
Aber Sie verstehen, was ich meine. Hier, meine Damen und Herren, könnte sachliche Aufklärungsarbeit, Herr Kollege Stahl, durchaus von Nutzen sein, sachliche Aufklärungsarbeit aber weniger im Inland, sondern im Ausland. Ich wäre nach wie vor bereit, den vollen Titel der Öffentlichkeitsarbeit zu tragen, wenn das nicht für Inlandsarbeit, sondern, wie das vorher war, für Auslandsarbeit wäre.
Ich komme zurück auf eine abschließende Bemerkung wiederum des Kollegen Esters. Herr Kollege Esters, Gemeinsamkeiten in bestimmten Bereichen der Politik hängen nicht nur von Appellen, die Koalitionsmitglieder hier an das Parlament richten, ab, sondern sie hängen auch von der Bereitschaft ab, Gemeinsamkeiten zu praktizieren. Gemeinsamkeit muß nicht immer „einstimmig" heißen, sondern Gemeinsamkeit kann z. B. heißen: ein wohlabgesprochenes Spiel mit verteilten Rollen. Wenn die Opposition von dieser Regierung in der Entwicklungspolitik insoweit partizipieren könnte und ernst genommen würde, wären wir vielleicht ein Stückchen weiter.