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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 240. Sitzung Bonn, Dienstag, den 11. Mai 1976 Inhalt: Nachruf auf die Abg. Frau Dr. Orth . . 16791 A Gedenkworte für die Erdbebenopfer in Italien 16791 B Abwicklung der Tagesordnung 16791 C Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 16791 C Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1976 (Haushaltsgesetz 1976) — Drucksachen 7/4100, 7/4629 —, Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes — Drucksache 7/5034 —Dr. Schäfer (Tübingen) SPD 16792 A Dr. Carstens (Fehmarn) CDU/CSU . . . 16801 D Hoppe FDP 16812 D Schmidt, Bundeskanzler 16818 D Strauß CDU/CSU 16831 D, 16832 A Dr. Jenninger CDU/CSU (zur GO) . . . . 16831 D Wehner SPD 16843 A Genscher, Bundesminister AA 16847 D Dr. Barzel CDU/CSU 16854 D Mischnick FDP 16865 B Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . . . . 16868 C Esters SPD 16870 B, 16874 B Haase (Kassel) CDU/CSU . . . . . . 16871 C Namentliche Abstimmung 16876 A Einzelplan 05 Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts — Drucksache 7/5035 — in Verbindung mit Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit — Drucksache 7/5048 — in Verbindung mit Einzelplan 27 Geschäftsbereich des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen — Drucksache 7/5050 — Friedrich SPD . . . . . . . . . . 16878A. Dr. Abelein CDU/CSU 16884 B II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 240. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Mai 1976 Franke, Bundesminister BMB . 16888A, 16896 A Frau Pieser CDU/CSU . 16893A, 16896 B Dr. Dübber SPD 16896 C Esters SPD 16897 B Picard CDU/CSU 16899 D Bahr, Bundesminister BMZ . 16902 D, 16911 D Dr. Todenhöfer CDU/CSU . . . . . . . 16905 C Schleifenbaum FDP 16908 D, 16912 B von Hassel, Vizepräsident . . . . . 16913 A Einzelplan 01 Bundespräsident und Bundespräsidialamt Drucksache 7/5031 — . . . . . . . 16913 C Einzelplan 02 Deutscher Bundestag — Drucksache 7/ 5032 —Wohlrabe CDU/CSU . . . . . . . . 16913 D Dr. Bußmann SPD 16917 B Dr. Lenz (Bergstraße) CDU/CSU 16918 C, 16922 B Schulte (Unna) SPD . . . . . . . . . 16920 C Dr. Schäfer (Tübingen) SPD . . . . . . 16921 D Einzelplan 03 Bundesrat -- Drucksache 7/5033 — . . . 16922 C Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 22. Juli 1975 zur Änderung bestimmter Finanzvorschriften der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und des Vertrages zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften — Drucksache 7/4684 —, Bericht und Antrag des Haushaltsausschusses — Drucksache 7/5127 — 16922 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zum Vertrag vom 10. Juli 1975 zur Änderung bestimmter Vorschriften des Protokolls über die Satzung der Europäischen Investitionsbank — Drucksache 7/5061 - - 16923A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 23. Dezember 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tunesischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen — Drucksache 7/5030 — . . . 16923A Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Zusatzabkommen vom 9. September 1975 zum Abkommen vom 25. Februar 1964 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über Soziale Sicherheit — Drucksache 7'5029 — 16923 B Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 74 Nr. 4 a — Sprengstoffrecht) — Drucksache 7/5101 — 16923 B Erste Beratung des vom Bundesrat eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Sprengstoffrechts -Drucksache 7/5102 — . . . . . . . . 16923 B Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 30. Mai 1975 zur Gründung einer Europäischen Weltraumorganisation — Drucksache 7/5103 — 16923 C Beratung des Antrags des Bundesministers der Finanzen betr. Entlastung der Bundesregierung wegen der Haushaltsrechnung und Vermögensrechnung des Bundes für das Haushaltsjahr 1974 (Jahresrechnung 1974) — Drucksache 7/4978 — . . . . . 16923 C Beratung des Antrags des Haushaltsausschusses zu der Unterrichtung durch die Bundesregierung betr. verbilligte Veräußerung von bundeseigenen Grundstücken Drucksachen 7/4704, 7/5126 — . . . . 16923 C Beratung des Berichts des Ausschusses für Wirtschaft zu der von der Bundesregierung erlassenen Verordnung zur Änderung des Deutschen Teil-Zolltarifs (Nr. 13/75 — Besondere Zollsätze gegenüber Marokko) -- Drucksachen 7/4816, 7/5137 — . . . . 16923 D Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über das Sichtfeld der Fahrer von Kraftfahrzeugen — Drucksachen 7/4542, 7/5011 — . . . 16923 D Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates über ein Referenztarifsystem für die Beförderung Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 240. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Mai 1976 III von Gütern in der Binnenschiffahrt zwischen den Mitgliedstaaten -- Drucksachen 7/4541, 7/5017 — 16924 A Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinie des Rates Nr. 35/231 /EWG vom 28. April 1975 betreffend das Gemeinschaftsverzeichnis der benachteiligten landwirtschaftlichen Gebiete im Sinne der Richtlinie Nr. 75 /268 /EWG (Frankreich) — Drucksachen 7/4714, 7/5018 — 16924 A Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2824/72 über die allgemeinen Regeln für die Finanzierung der Interventionen durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie — Drucksachen 7/4627, 7/5019 — . . . . . 16924 B Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Forschung und Technologie zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für einen Beschluß (EWG) des Rates zum Abschluß der Vereinbarung über die Durchführung einer europäischen Aktion auf dem Gebiet des Umweltschutzes zum Thema. Forschungsarbeiten über das physikalisch-chemische Verhalten von Schwefeldioxyd in der Atmosphäre" (Aktion 61 a) Beschluß (EWG) des Rates zum Abschluß der Vereinbarung über die Durchführung einer europäischen Aktion auf dem Gebiet des Umweltschutzes zum Thema „Analyse der organischen Mikroverunreinigungen im Wasser" (Aktion 64 b) — Drucksachen 7/3973, 7/5020 — . . . . . . . . . . 16924 B Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Entscheidung des Rates über ergänzende Maßnahmen in der Landwirtschaft im Anschluß an die Aufwertung der Deutschen Mark — Drucksachen 7/4564, 7/5065 — . . . . . 16924 C Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Einführung einer Beihilferegelung für Bienenzüchter-verbände — Drucksachen 7/4640, 7/5069 — 16924 C Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Verkehr und für das Post-und Fernmeldewesen zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Binnenschiffsgüterverkehr — Drucksachen 7/4116, 7/5076 — 16924 D Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates über eine Aktion zur Umstrukturierung des Sektors der handwerklichen Küstenfischerei — Drucksachen 7/4498, 7/5092 — 16924 D Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Wirtschaft zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates über den Abschluß eines Abkommens betreffend den Artikel 2 des Protokolls Nr. 8 des Abkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Portugiesischen Republik Verordnung (EWG) des Rates zur Erhöhung der Mengen der Gemeinschaftszollkontingente, die durch die Verordnungen (EWG) Nr. 3150/75, 3151/75, 3152/75 und 3153/75 für bestimmte Spinnstoffwaren mit Ursprung in Malta für 1976 eröffnet worden sind Verordnung (EWG) des Rates zur Erhöhung der für 1976 mit der Verordnung (EWG) Nr. 3145/75 eröffneten Gemeinschaftszollkontingente für bestimmte Textilerzeugnisse der Tarifnummern 55.05 und 55.09 und der Tarifstelle ex 58.01 A des Gemeinsamen Zolltarifs mit Herkunft aus der Türkei Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 2051/74 des Rates vom 1. August 1974 über die Zollregelung für bestimmte Erzeugnisse mit Ursprung in und Herkunft aus den Faröer IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 240. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Mai 1976 Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für 30 000 Stück Färsen und Kühe bestimmter Höhenrassen, nicht zum Schlachten, der Tarifstelle ex 01.02 A II b) 2 bb) des Gemeinsamen Zolltarifs Verordnung (EWG) des Rates zur Eröffnung, Aufteilung und Verwaltung des Gemeinschaftszollkontingents für 5 000 Stück Stiere, Kühe und Färsen bestimmter Höhenrassen, nicht zum Schlachten der Tarifstelle ex 01.02 A II b) 2 bb) des Gemeinsamen Zolltarifs — Drucksachen 7/4762, 7/4773, 7/4761, 7/4881, 7/4775, 7/5136 — 16924 D Nächste Sitzung 16925 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 16927*A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 240. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 11. Mai 1976 16791 240. Sitzung Bonn, den 11. Mai 1976 Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Achenbach * 14. 5. Adams * 14. 5. Dr. Aigner * 14. 5. Dr. Artzinger * 14. 5. Dr. Bangemann * 14. 5. Dr. Bayerl * 14. 5. Behrendt * 14. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 14. 5. Blumenfeld * 14. 5. Frau von Bothmer ** 13. 5. Professor Dr. Burgbacher * 14. 5. Dr. Enders ** 13. 5. Entrup 14. 5. Dr. Evers 11. 5. Fellermaier * 14. 5. Flämig * 14. 5. Frehsee * 14. 5. Dr. Früh * 14. 5. Gerlach (Emsland) * 14. 5. Gewandt 14. 5. Härzschel * 14. 5. Hussing 21. 5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 5. Dr. Kempfler 14. 5. Dr. Klepsch * 14. 5. Krall * 14. 5. Dr. Kreile 12. 5. von Kühlmann-Stumm 11. 5. Lange 14. 5. Lautenschlager * 14. 5. Lenzer ** 13. 5. Lücker * 14. 5. Memmel * 14. 5. Dr. Mende ** 11.5. Mick 14. 5. Müller (Bayreuth) 11. 5. Müller (Mülheim) * 14. 5. Müller (München) ** 13. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 5. Dr. Narjes 14. 5. Reuschenbach 11. 5. Seibert 21.5. Schmidt (München) * 14. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 5. Schwabe * 14. 5. Dr. Schwencke ** 11. 5. Dr. Schwörer * 14. 5. Seefeld * 14. 5. Sieglerschmidt ** 11.5. Springorum * 14. 5. Dr. Starke (Franken) * 14. 5. Suck * 14. 5. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 21. 5. Walkhoff * 14. 5. Walther 14. 5. Frau Dr. Walz * 14. 5. Dr. Warnke 14. 5. Wawrzik 11. 5. Wende 21.5. Zeyer 14. 5. *für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Westeuropäischen Union
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    Lassen Sie sich einmal die französischen Zeitungen und lassen Sie sich einmal das Protokoll über die Sitzung der Nationalversammlung vorlegen; dann werden Sie eines Besseren belehrt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    In ihrer schon erwähnten Wahlplattform empfiehlt sich die SPD als Partei der Völkerverständigung. Ich kann nur sagen: Wenn der Bundeskanzler so weitermacht, dann wird er das 20jährige Werk der Völkerverständigung, welches wir in den zurückliegenden Jahrzehnten aufgebaut haben, aufs Spiel setzen.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Ich möchte ein paar Worte zur Wirtschafts- und Finanzpolitik der Regierung sagen. Die ursächliche Bedeutung der Inflationspolitik von 1969 bis 1973 für die sich anschließende Rezession und Arbeitslosigkeit habe ich schon hervorgehoben. Der Staatsapparat wurde in dieser Zeit in einer Weise aufgebläht, wie wir es nie zuvor gekannt hatten. Eine Flut von Gesetzen strömte auf den Bürger zu; fast



    Dr. Carstens (Fehmarn)

    jedes Gesetz erforderte neue Planstellen beim Bund, bei den Ländern und bei den Gemeinden.

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Zählen Sie mal in der Staatskanzlei von Rheinland-Pfalz nach!)

    Es gab niemanden, der darauf achtete, daß auf diese Weise der Staatsanteil am Sozialprodukt rapide anwuchs: von 37 % im Jahre 1969 auf 48% im letzten Jahr.

    (Zuruf von der SPD: Das ist das historische Versagen der Opposition! — Konrad [SPD]: Bei anderer Gelegenheit sagen Sie, Sie hätten alles mitbeschlossen!)

    Planlos wie die Finanzpolitik war auch die Steuerpolitik dieser Regierung. Noch im Jahre 1974 erklärte Herr Apel, der jetzige Finanzminister, niemals werde die SPD einer Mehrwertsteuererhöhung zustimmen, denn die Mehrwertsteuer sei eine sozial ungerechte Steuer, und es wäre ein schlechter Witz, wenn ausgerechnet die Sozialdemokraten diese Steuer erhöhten. Im Jahre 1975 forderte er die Erhöhung dieser Steuer um zwei Punkte, ohne auf seine damaligen Äußerungen überhaupt auch nur mit einem Wort einzugehen.

    (Katzer [CDU/CSU] : Unglaublich! — Zurufe von der SPD — Wohlrabe [CDU/CSU] : Das ist die Kaltschnäuzigkeit!)

    Die steuerliche Belastung der Wirtschaft und der Bezieher kleinerer und mittlerer Einkommen hat unerträgliche Ausmaße angenommen. Die Wirtschaft zahlt die höchsten ertragsunabhängigen Steuern in ganz Westeuropa. Dem deutschen Arbeitnehmer wird der größte Teil jeder Lohnerhöhung sofort wieder durch Steuern und Abgaben weggenommen.

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Das rechnen Sie doch einmal vor! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Im ZDF hat vor einigen Tagen ein Baufacharbeiter, Herr Kollege Ehrenberg, seine Lohntüte vorgelegt und berichtet, daß ihm von 95 DM Lohnerhöhung, die er erhalten hatte, ganze 16 DM verblieben,

    (Stücklen [CDU/CSU] : Hört! Hört! — Dr. Ehrenberg [SPD] : Die Rechnung möchte ich gerne einmal sehen!)

    denn 83 °/o kassierte der Staat in Form von Steuern und Abgaben.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Herr Kollege Schäfer, Sie haben von der Entlastung der Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen berichtet. Im empfehle Ihnen, unterhalten Sie sich darüber einmal mit dem Baufacharbeiter, der seine Sorgen im Zweiten Deutschen Fernsehen dem deutschen Fernsehpublikum dargelegt hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD])

    Meine Damen und Herren, das ist alles typisch für sozialistische Finanzpolitik,

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    die dem Staat bedenkenlos immer mehr Aufgaben überträgt und den Bürger die Zeche dafür bezahlen läßt.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU)

    Nun rühmt sich die Bundesregierung, daß sie das Netz der sozialen Sicherheit geschaffen habe, dessen sich unser Volk erfreut. Der Union wirft der Bundeskanzler vor, sie würde den sozialen Frieden gefährden.

    (Sehr wahr! bei der SPD)

    Eine größere Verdrehung von Tatsachen hat man selten erlebt.

    (Konrad [SPD] : Doch, bei Ihnen laufend!)

    Für die CDU/CSU gibt es — ich sage es mit großem
    Nachdruck — keine Freiheit ohne soziale Sicherheit.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Soziale Sicherheit und Freiheit gehören zusammen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Soziale Sicherheit ist aber etwas vollkommen anderes als eine sozialistische Gesellschaftsordnung, die wir ablehnen und bekämpfen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Unser Leitmotiv heißt soziale Marktwirtschaft, und im Zeichen dieses unseres wirtschafts- und sozialpolitischen Leitmotivs haben wir in 20 Jahren ein Netz von Maßnahmen der sozialen Sicherung und Sicherheit geschaffen, von denen ich einige wenige, nur die wichtigsten, hier nennen möchte: die Versorgung der Kriegsopfer; die dynamische Rente, die im Jahre 1957 eingeführt wurde.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Konrad [SPD] : Mit Sternmarsch nach Bonn!)

    Herr Kollege Schäfer hat eben darauf hingewiesen, daß die Renten in den letzten Jahren um 100 °/o gestiegen seien. Herr Kollege Schäfer, Sie sind deswegen gestiegen, weil die Union 1957 die dynamische Rente eingeführt hat und weil Ihre, die von Ihnen getragene Regierung, eine unverantwortliche Inflationspolitik getrieben hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Das sind die beiden Elemente, auf denen diese Tatsache beruht.
    Wir haben die wirtschaftliche Sicherung der Arbeitnehmer im Krankheitsfall 1957 eingeführt,

    (Zuruf des Abg. Dr. Ehrenberg [SPD]) wir haben 1954 das Kindergeld eingeführt,


    (Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

    wir haben die Arbeitslosenversicherung 1956 ausgebaut; die Mitbestimmung in der Montanindustrie und in den übrigen Betrieben wurde 1951 und 1952 durch CDU/CSU-Regierungen eingeführt; das Bundessozialhilfegesetz,

    (Katzer [CDU/CSU] : Sehr wahr!)




    Dr. Carstens (Fehmarn)

    das wichtige Gesetz, eine Grundlage der sozialen Sicherung, wurde im Jahre 1962 durch eine Unionsregierung beschlossen

    (Konrad [SPD]: Durch den Bundestag!)

    und durch den Bundestag verabschiedet. — Es wurde von der Regierung beschlossen und durch den Bundestag verabschiedet, Herr Kollege Konrad.

    (Konrad [SPD] : Professor, nicht wahr?!)

    Herr Kollege Schäfer, Sie haben eben gesagt: „Wir" — damit meinten Sie offenbar die SPD —„haben das Betriebsverfassungsgesetz geschaffen." Ich weiß nicht, ob Ihnen entgangen ist, daß das Betriebsverfassungsgesetz von 1952 datiert — und da regierte Ihre Partei in diesem Land nicht!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Konrad [SPD] : Ach du lieber Gott! — Zuruf des Abg. Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD])

    Ich bestreite nicht, daß die SPD und die FDP mit Unterstützung durch die CDU und die CSU diesem Netz der sozialen Sicherheit einige Maschen hinzugefügt haben.

    (Wehner [SPD]: Das ist Ihre Masche!)

    Aber wenn man das gesamte Bild betrachtet, muß man einfach nüchtern feststellen, daß mehr als 90 % dessen, was wir soziale Sicherheit in unserem Land nennen, von Unions-Regierungen unter Unions-Arbeitsministern — Anton Storch, Theo Blank und Hans Katzer — geschaffen worden sind.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie hingegen haben allenfalls vielleicht 5 % des Gesamten hinzugefügt.

    (Wehner [SPD] : So viel gestehen Sie uns zu! — Konrad [SPD] : Einen Taschenrechner brauchen Sie!)

    Aber unter dieser Regierung aus SPD und FDP ist eine Entwicklung eingetreten,

    (Konrad [SPD] : Sie können kein Prozentrechnen!)

    die wir noch nie vorher festzustellen hatten, eine Entwicklung, die die finanziellen Grundlagen der Rentenversicherung und überhaupt der Sozialversicherung in Mitleidenschaft zieht.
    Es hat keinen Zweck, wenn der Herr Kollege Schäfer und andere in diesem Zusammenhang davon sprechen, hier werde „Panikmache" — oder was weiß ich — betrieben.

    (Konrad [SPD] : Bei Ihnen nicht!)

    Mit diesen billigen Tricks werden Sie die deutschen Bürger nicht mehr beeindrucken können!

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Sie haben „Panikmache" gerufen, als wir vor den Folgen der Inflation warnten. Sie haben „Panikmache" gerufen, als wir vor der bevorstehenden Arbeitslosigkeit warnten. Sie haben „Panikmache" gerufen, als wir Ihnen sagten, Sie zerrütten die Bundesfinanzen und die öffentlichen Finanzen.
    Damit, daß Sie jetzt wieder „Panikmache" rufen, bringen Sie das Problem nicht aus der Welt.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Nein; wir lösen es!)

    Wir beziehen uns auf jene, die es wissen müssen, unter anderem auf den Verband der Deutschen Rentenversicherungsträger. Er hat davon gesprochen, daß seine finanziellen Reserven, wenn die Entwicklung so weitergeht, in kurzer Zeit aufgebraucht sein werden. Der Vorsitzende dieses Verbands ist Herr Muhr, ein Parteifreund von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPD, und stellvertretender Vorsitzender des DGB.
    Ein Wort zur Bildungspolitik: Vor mir liegt der Bericht der Bundesregierung zur Bildungspolitik aus dem Jahr 1970. Darin entwickelt die Bundesregierung die bekannten Zielvorstellungen, daß bis 1980 50 % aller Jungen und Mädchen das Abitur machen sollten und die Hälfte davon ein Hochschulstudium absolvieren solle. Ungeheure Geldmittel sind in dieses Projekt gesteckt worden.
    Was ist das Ergebnis? Die Hochschulen sind überfüllt. Ein Numerus clausus verhindert den Zugang zu fast allen Fächern.

    (Dr. Schweitzer [SPD] : Das sind alles Ländersachen!)

    — Herr Kollege Schweitzer, ich spreche von dem Bildungsbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 1970, und mit ihm setze ich mich auseinander. — Zu Beginn dieses Jahres konnte nur ein Drittel der Bewerber Studienplätze finden. Dabei gibt es schon jetzt Arbeitslosigkeit unter den jungen Akademikern. Auf die jüngeren Jahrgänge in den Schulen kommt ein Leistungsdruck zu, wie wir ihn noch nie erlebt haben. Väter und Mütter werden zu Hilfslehrern der Nation. Eine Art Verdrängungswettbewerb breitet sich an den Schulen aus.
    Das alles hat eine Partei bewirkt — das muß man sich vorstellen! —, die die humane, von Leistungszwang und Leistungsdruck freie Gesellschaft auf ihre Fahnen geschrieben hat.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Herr Kollege Schäfer, ich habe mit — wenn Sie so wollen — Andacht gehört, wie Sie davon gesprochen haben, es sei das Ziel der Politik der SPD, den Menschen zu befreien und dem Menschen die Möglichkeit zu geben, sich frei zu entfalten. Bloß: Da, wo Sie konkrete politische Probleme anzupacken und zu lösen haben, bewirken Sie leider häufig das genaue Gegenteil von dem, was Sie vorhaben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Stellen Sie doch keine solche Behauptungen in den Raum! Das ist doch dumm!)

    Es war ein Irrweg, zu glauben, daß nur Akademiker dafür vorbestimmt seien, führende Stellungen in Staat und Gesellschaft einzunehmen. Es ist ein, wie ich sagen möchte, tragischer Irrtum, daß ausgerechnet die SPD einer solchen falschen Zielvorstellung verfallen ist. Mit Interessen der Arbeitnehmer hat das alles überhaupt nichts zu tun. Es ist Ausdruck



    Dr. Carstens (Fehmarn)

    ideologischer Zielvorstellungen von Sozialisten, für die ich drei Namen stellvertretend nennen darf: die Herren von Oertzen, von Friedeburg und von Dohnanyi.

    (Lachen und Beifall bei der CDU/CSU)

    Hunderttausende junger Menschen spüren die Folgen dieser verfehlten, von sozialistischen Ideologen eingeleiteten und durchgeführten Bildungspolitik.
    In ihrer schon mehrfach erwähnten Wahlplattform hat die SPD die Abschaffung des Numerus clausus gefordert.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Meine verehrten Damen und Herren, das hat sie schon einmal getan: 1970 hat sie in ihrer damaligen Wahlplattform die Abschaffung des Numerus clausus für das Jahr 1975 gefordert, und im Jahre 1975 war der Numerus clausus schärfer als jemals vorher. Die Westdeutsche Rektorenkonferenz hat denn auch bereits gestern gesagt, daß das, was die SPD jetzt in ihrer Wahlplattform vorschlägt, in ein Chaos bei den Universitäten führte.
    Dabei haben Bundesregierung, SPD und FDP übersehen, daß der entscheidende Teil unseres Bildungssystems, derjenige Teil, durch den immerhin 75 % der jungen Menschen laufen, das große Gebiet der beruflichen Bildung nämlich,

    (Katzer [CDU/CSU]: Sehr wahr!)

    einer Intensivierung, einer Verbesserung, einer Verstärkung bedürfte. Jahrelang hat sich die Regierung mit Gesetzentwürfen intern, unter sich selbst, herumgeschlagen. Das, was sie uns jetzt vorschlägt und vorlegt, wird nicht das Ziel erreichen, auf das es in erster Linie ankommt, nämlich die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß mehr Ausbildungsplätze angeboten werden.

    (Katzer [CDU/CSU] : Leider wahr!)

    Nicht durch eine Verbürokratisierung der beruflichen Bildung schafft man mehr Ausbildungsplätze, sondern dadurch, daß man echte Anreize gibt, allerdings auch dadurch, daß man der Wirtschaft endlich das Vertrauen gibt, welches diese Regierung und vor allem die sie tragende große Partei gerade nicht gegeben haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Dr. Ehrenberg [SPD])

    Herr Kollege Schäfer ist auf die Gesundheitspolitik eingegangen. Gestatten Sie mir, auch dazu ein Wort zu sagen. Das ist auch ein sehr lehrreiches Beispiel zu dem Thema „Sozialismus ist gleich freie Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit".

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD]: So ist es! Jetzt haben Sie es gemerkt!)

    Mit dem Arzneimittelgesetz, das uns die Regierung vor über einem Jahr vorlegte, wurde der Versuch unternommen, die Verwendung von Naturheilmitteln einzuschränken und abzublocken.

    (Stücklen [CDU/CSU] : Das war unerhört!)

    Dieser Versuch ist mißlungen. Die Union hat dafür gesorgt, daß das Gesetz jetzt in einer Fassung verabschiedet worden ist, die diese Gefahr vermeidet.

    (Konrad [SPD] : Nun schlägt es aber dreizehn!)

    Frau Bundesministerin Focke verteilt — wie ich annehme: auf Kosten des Steuerzahlers —

    (Stücklen [CDU/CSU] : Nur!)

    eine Broschüre, mit der die Bürger beruhigt werden sollen und in der gesagt wird: Die Naturheilmittel werden bleiben.
    Meine Damen und Herren, die ursprünglichen Zielsetzungen des Entwurfs waren eindeutig völlig andere.

    (Zuruf des Abg. Konrad [SPD])

    Der Präsident des Bundesgesundheitsamtes, Herr Professor Fülgraff, hat diese Zielvorstellungen ganz klar ausgesprochen. Die Naturheilmittel seien, so sagte er, Ausdruck eines Sektierertums, und davor müsse man die Bürger schützen. Auf den Einwand, daß doch mehr als die Hälfte der Bürger diese Naturheilmittel und ihre Anwendung wünschten, antwortete Herr Professor Fülgraff — ich zitiere aus dem „Deutschen Ärzteblatt" — folgendes.

    (Zuruf von der SPD: Ist der Mitglied dieses Hauses?)

    — Nein, aber er ist der Präsident des Bundesgesundheitsamtes und von der Frau Ministerin Focke in dieses Amt berufen worden. Herr Fülgraff sagte wörtlich:
    Die Tatsache, daß die Hälfte der westdeutschen Bevölkerung die besonderen Heilverfahren wünscht, kann kein Argument sein. Ein weit größerer Prozentsatz wünscht beispielsweise die Wiedereinführung der Todesstrafe.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Das ist für eine sozialistische Einstellung typisch!

    (Beifall bei der CDU/CSU — Widerspruch bei der SPD)

    Dem Sozialisten ist es einerlei, was der Bürger wünscht. Dem Bürger wird von Staats wegen verordnet, was er zu wünschen hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Konrad [SPD] : Mit welchem Naturheilmittel könnte man denn Ihnen helfen?)

    Herr Kollege Fiebig von der sozialdemokratischen Fraktion hat sich zu dem gleichen Sachverhalt geäußert, und ich möchte gern auch von ihm einige Sätze hier zitieren dürfen, die im „Deutschen Ärzteblatt" abgedruckt sind. Herr Kollege Fiebig von der sozialdemokratischen Fraktion sagt:
    In letzter Konsequenz würden Professor Fülgraffs Forderungen eine Änderung der Gesellschaftsordnung in der Richtung einer leninistischen Umprägung zur Folge haben. Der Behandlungsauftrag würde dann vom Staat erteilt, der Arzt wäre Erfüllungsgehilfe des Staates und hätte dessen Richtlinien durchzuführen. Der Bürger wäre nur noch ein Mittel des Staates, die

    Dr. Carstens (Fehmarn)

    ärztliche Fürsorge würde ihm entsprechend der
    ideologischen Zielsetzung zuteil, in bezug auf
    seine Persönlichkeitsrechte wäre er entmündigt.

    (Dr. Ritz [CDU/CSU] : Hört! Hört!) Besser kann ich es auch nicht ausdrücken,


    (Konrad [SPD] : Sehr wahr!)

    als Herr Kollege Fiebig das ausgedrückt hat; aber ich denke, es wird nun deutlich, daß Sozialismus und Unfreiheit wohl etwas miteinander zu tun haben könnten. Ich werde mich diesem Thema nachher noch etwas näher und genauer zuwenden.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Mit absoluter Sicherheit wird nachher jemand von der SPD-Fraktion aufstehen und sagen, das stimme alles nicht, was ich hier gesagt hätte. Das ist leider der Debattenstil,

    (Zuruf von der SPD: Des Herrn Carstens!)

    dessen sich unsere Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion in immer größerem Umfang bedienen. Aber demjenigen, der dann hier sprechen wird, möchte ich in diesem Zusammenhang gern noch ein weiteres Zitat entgegenhalten, mit dem er sich dann freundlicherweise auch auseinandersetzen möchte. Das ist ein Zitat aus einer Rede unseres Kollegen Spitzmüller von der FDP vom 1. April dieses Jahres. Herr Kollege Spitzmüller hat damals gesagt:
    Die vorgebrachten Bedenken gegen den ursprünglichen Entwurf des Arzneimittelgesetzes waren nicht unbegründet. Schon im Herbst 1974 warnten wir öffentlich davor, die Naturheilmittel durch engherzige Zulassungsvorschriften vom Markt zu verdrängen.
    Sie können fragen: Warum rede ich so viel über dieses Thema?

    (Wehner [SPD] : Weil Sie über anderes nichts zu sagen haben!)

    Aber ich denke, es gibt kaum ein Thema, welches den Irrweg sozialistischer Zielvorstellungen deutlicher beleuchtet als dies;

    (Zuruf des Abg. Dr. Ehrenberg [SPD])

    denn es kommt noch hinzu, daß die Naturheilmittel die billigsten aller Medikamente sind, die sich auf dem Markt befinden. Es gehört wirklich die ganze Verbohrtheit eines sozialistischen Fanatikers dazu, um ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem die Krankenversorgung unter einer Kostenexplosion zusammenzubrechen droht, die billigsten Mittel, die es auf dem Markt gibt, vom Markt zu verdrängen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Lassen Sie mich einige wenige Worte zur Außenpolitik sagen. Während der Debatte über die Konferenz in Helsinki zur europäischen Sicherheit und Zusammenarbeit, die vor einem Jahr stattfand, hat die CDU/CSU, mein Kollege Strauß und ich, eindringlich auf die Gefahrensituation hingewiesen, die sich in Afrika, speziell in Angola, abzeichnete. Wir haben davor gewarnt, nach Helsinki zu fahren, die Dokumente zu unterzeichnen und dieses Thema Angola und die damals schon deutlich sichtbare kommunistische und sowjetische Infiltration in Angola einfach zu ignorieren. Der Bundeskanzler hielt uns entgegen: „Wenn wir dem Vorschlag der Union folgten, würde dies unser Land in die Isolierung führen." — Inzwischen hat sich allerdings außerhalb der Bundesregierung in der Welt weitgehend herumgesprochen, wie verhängnisvoll der politische Fehler, den wir damals gekennzeichnet haben, gewesen ist. Präsident Ford sagt, er wolle von Entspannungspolitik nicht mehr sprechen, sondern seine Politik künftig die „Politik des Friedens durch Stärke" nennen. Und sein vermutlicher demokratischer Gegenkandidat, Herr Carter, hat gesagt: Wir — der Westen, die Amerikaner — wurden in Helsinki düpiert.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU)

    So stellt sich das Bild heute, nach knapp einem Jahr, dar. Aber damals hieß es: Ihr von der Union versteht nichts von Außenpolitik, ihr würdet unser Land in die Isolierung führen. — Wir hätten, wenn die Bundesregierung unserem Vorschlag gefolgt wäre, die Entwicklung in Angola vielleicht verhindert, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD — Dr. Ehrenberg [SPD] : Die ganze Verbohrtheit der Christlichen Demokraten!)

    — Dann reden Sie aber von der Verbohrtheit der Herren Ford und Carter; dann schließen Sie sie gleich in den Vorwurf der Verbohrtheit mit ein. Da befinden Sie sich in allerbester Gesellschaft, Herr Ehrenberg.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Die Entspannungspolitik dieser Regierung litt und leidet unter drei fundamentalen Fehlern. Die Bundesregierung hat von Anfang an verkannt, daß der Osten und der Westen mit dieser Politik unterschiedliche Ziele verfolgten, und hat deswegen Vorgänge ignoriert, z. B. die starke Aufrüstung der Sowjetunion während dieser Jahre, die für das Schicksal unseres Kontinents und unseres Landes von größter Bedeutung sein können. Die Bundesregierung hat zweitens den fundamentalen Fehler gemacht, ihre Ost- und Entspannungspolitik immer in Eile, immer unter Zeitdruck durchzuführen. Der Terminkalender, so hieß es, dürfe nicht durcheinandergebracht werden.
    Herr Kollege Schäfer, Sie haben hier von den Polen-Verträgen gesprochen. Die Polen-Verträge sind doch ein typisches Beispiel dafür, daß übereilt abgeschlossen worden ist. Denn warum hat die Union die Polen-Verträge im Bundestag abgelehnt und ihnen im Bundesrat zugestimmt? — Weil zwischen der Abstimmung im Bundestag und der Entscheidung im Bundesrat eine wesentliche Verbesserung dieser Verträge durch einen Briefwechsel zwischen den beiden Außenministern erreicht worden ist.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)

    Und das, nachdem der Bundeskanzler hier und an
    anderer Stelle mehrfach erklärt hatte, an diesen Ver-



    Dr. Carstens (Fehmarn)

    trägen lasse sich überhaupt nichts mehr ändern; er habe selber in jener Nacht in Helsinki verhandelt und habe das Maximum dessen herausgeholt, was man herausholen könne.

    (Konrad [SPD] : Stimmt auch!)

    — Stimmt eben nicht, sondern es stellte sich heraus, daß das Schicksal der Deutschen, die nach vier Jahren noch nicht zurückgekehrt sind, aber in unser Land ausreisen wollen, zunächst ungeklärt war und erst durch diesen Briefwechsel zwischen den beiden Außenministern geklärt worden ist.

    (Zurufe von der SPD)

    Der Leidtragende der übereilten Entspannungspolitik ist kaum jemand mehr als Berlin. Viele meiner Freunde und ich haben die Bundesregierung in den Jahren 1970, 1971 und 1972 beschworen, den deutsch-sowjetischen Vertrag nicht zu ratifizieren bis sichergestellt sei, daß die Interessen Berlins ausreichend gewahrt würden, bis die unklaren und doppeldeutigen Bestimmungen in der Berlin-Regelung so geklärt seien, daß wir, die Bundesrepublik Deutschland, darauf vertrauen könnten, daß diese Regelung funktionieren werde. Aber nein, das ging nicht, der Terminkalender drohte durcheinanderzukommen. Der Moskauer Vertrag mußte ratifiziert werden. Und jetzt erleben wir es, daß der sowjetische Vertreter bei den Vereinten Nationen, Herr Malik, dagegen protestiert, daß der Präsident des Bundeskartellamtes eine Delegation der Bundesrepublik leitet. In seinem Protest erklärt er, die Anwesenheit des Bundeskartellamtes in Berlin sei illegal. Meine Damen und Herren, das ist das Ergebnis einer überstürzten, einer unvorsichtigen Entspannungspolitik, die die Interessen Berlins vernachlässigt hat. Die Berliner Bevölkerung hat ja der SPD und der FDP bei der letzten Wahl die Quittung dafür gegeben.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wohlrabe [CDU/CSU] : Das geht noch weiter!)

    Schließlich der dritte Vorwurf. Es bestand von vornherein ein Mißverhältnis zwischen Leistungen und Gegenleistungen in der Ostpolitik. Nachdem die Bundesregierung alle politischen Konzessionen erfüllt hatte, die der Osten von ihr verlangte, ging sie dann schließlich dazu über, sich das Wohlwollen der östlichen Partner durch Geldzahlungen zu erhalten. Allein an die DDR zahlt die Bundesregierung Milliardenbeträge; 400 Millionen DM im Jahr zahlt sie pauschal, ohne Zweckbestimmung.
    Und dann ereignet sich auf der Leipziger Messe der Fall, daß zwei westdeutsche Journalisten zum Besuch dieser Messe nicht zugelassen werden. Herr Gaus, unser Vertreter in Ost-Berlin, wird beauftragt, dagegen zu protestieren. Meine Damen und Herren, es gelingt ihm nicht, den Protestbrief an den Mann zu bringen. Er versucht es an drei verschiedenen Stellen. Jede dieser Stellen erklärt sich für unzuständig. Könnte man denn nicht wenigstens, so möchte ich fragen, wenn man schon 400 Millionen DM pauschal, ohne Zweckbestimmung an die DDR zahlt, eine Vereinbarung darüber treffen, wo Herr
    Gaus in Zukunft seine Protestbriefe an den Mann bringen kann,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    damit dieses unwürdige Schauspiel ein Ende findet?
    Ich möchte noch einmal ganz klar sagen: Die CDU/CSU ist immer für eine Verbesserung der Beziehungen zu den osteuropäischen Staaten eingetreten.

    (Dr. Schweitzer [SPD] : Sie haben sie bloß nicht erreicht!)

    Die Bundeskanzler Kiesinger und Erhard sowie der damalige Außenminister Schröder haben auf diesem Gebiet bedeutende Fortschritte erreicht. Das haben Sie inzwischen leider aus Ihrem Gedächtnis gelöscht, meine Damen und Herren.
    Konrad Adenauer ist es gewesen, der 1955 die diplomatischen Beziehungen mit der Sowjetunion aufgenommen hat, allerdings unter einer Bedingung, nämlich der, daß die Kriegsgefangenen zurückkehren durften. Als sich die Sowjets weigerten, diese Kriegsgefangenen freizulassen, erhob sich Adenauer und sagte: Wenn Sie diese meine Bedingungen nicht akzeptieren wollen, dann fliege ich morgen nach Bonn zurück. Darauf lenkten die Sowjets ein, die Kriegsgefangenen kamen zurück. Als der letzte Kriegsgefangene gekommen war, nahm Adenauer die diplomatischen Beziehungen zur Sowjetunion auf.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Lesen Sie einmal bei Herrn von Eckardt nach!)

    Und Adenauer gilt auch bei den osteuropäischen Staaten, auch in Moskau und in Warschau, als derjenige deutsche Staatsmann des 20. Jahrhunderts, der turmhoch über allen anderen steht.

    (Dr. Schweitzer [SPD] : Tolle Geschichtsbeschreibung!)

    Meine Damen und Herren, hätten doch die Herren Brandt, Schmidt und Genscher in ihren Verhandlungen mit ihren östlichen Partnern einmal gesagt: Wenn Sie diese unsere Bedingung nicht akzeptieren wollen, dann fliegen wir morgen nach Bonn zurück.

    (Wehner [SPD]: Sie fliegen, ja!)

    Es sähe anders aus um unser Land, es sähe anders aus um die Interessen Deutschlands gegenüber den osteuropäischen Staaten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Lesen Sie das bei Herrn von Eckardt nach! Eine neue Legende! Der reitende Roßtäuscher!)

    Der Bundeskanzler setzt sich in Anzeigen und Reden, die er hält, mit einer These der CDU/CSU auseinander, nämlich der, daß es bei der Wahl im Oktober dieses Jahres um die Alternative Freiheit oder Sozialismus gehe. Er spricht von einer politischen Fälschung, die im Namen Jesu Christi verbreitet werde. Meine Damen und Herren, es ist das erste Mal, daß der Name Jesu Christi in der innenpolitischen Auseinandersetzung der Bundesrepublik



    Dr. Carstens (Fehmarn)

    Deutschland dazu verwendet wird, um den politischen Gegner zu diffamieren. Aber darauf will ich nicht eingehen; das mag der Bundeskanzler mit sich selber abmachen.
    Ich will nur auf die Argumente des Bundeskanzlers eingehen. Er verweist auf das Netz der sozialen Sicherheit, welches in der Bundesrepublik Deutschland geschaffen worden sei, und das sei doch ein Beweis dafür, daß Freiheit und Sozialismus keine Gegensätze, sondern sehr wohl miteinander vereinbar seien,

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    ja, daß das eine die Voraussetzung des anderen sei.

    (Demonstrativer Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, nur unterläuft dem Bundeskanzler hier eine entscheidende Verwechslung. Er verwechselt soziale Sicherheit mit Sozialismus.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Es ist merkwürdig, daß ihm diese Verwechslung unterläuft, denn noch vor drei Jahren, als er in Amerika von einem Journalisten interviewt wurde, wies er die Unterstellung, daß er Sozialist sei, mit Entrüstung zurück.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Er sagte nämlich: Ich bin kein Sozialist, ich bin ein Sozialdemokrat. Damals kannte er den Unterschied noch; inzwischen hat er ihn — wahrscheinlich unter dem Druck der linken Kräfte in seiner Partei — vergessen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Soziale Sicherheit wird von der CDU/CSU bejaht, soziale Gerechtigkeit ist eine der tragenden Leitvorstellungen von uns. Fürsorge für alle Teile der Bevölkerung, Sicherheit im Alter, bei Krankheit, Invalidität und Arbeitslosigkeit, Chancengerechtigkeit für die jungen Menschen, das alles beziehen wir — ich sagte es schon — in unser Leitbild der sozialen Marktwirtschaft ein.
    Wir bekämpfen allerdings die Vorstellungen des ideologischen Sozialismus, wie er uns in großen Teilen der SPD entgegentritt,

    (Beifall bei der CDU/CSU) und wir tun das aus drei Gründen:


    (Zuruf des Abg. Wehner [SPD] und weitere Zurufe)

    erstens weil dieser ideologische Sozialismus in der SPD -- Herr Kollege Wehner, ob Sie sich dazurechnen wollen oder nicht; das zu entscheiden überlasse ich Ihnen —

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    die wirtschaftliche Freiheit in unserem Lande beseitigen will.

    (Lachen bei Abgeordneten der SPD)

    Er will die Banken, die Grundstoffindustrien, ja den Grund und Boden verstaatlichen, meine Damen und Herren!

    (Zurufe von der SPD) — Ja, das wollen Sie nicht gerne hören, weil Ihnen das unangenehm ist. Noch wenige Tage vor der bayerischen Landtagswahl traten prominente Mitglieder der bayerischen, der Münchener SPD für die Verstaatlichung von Grund und Boden ein, und die Verstaatlichung der Banken bleibt auf dem Programm


    (Zuruf von der SPD: Wo?)

    Ihres linken Flügels, obwohl jeder verständige Mensch erkennen muß, daß mit einer der verstaatlichten Banken in der Bundesrepublik Deutschland, der Hessischen Landesbank, wohl das unglückseligste Experiment in der gesamten Bankengeschichte unternommen worden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zuruf von der SPD: Und wie ist es in Frankreich? — Weitere Zurufe)

    Andere von Ihnen wollen die Grenzen der Belastbarkeit der Wirtschaft erproben.

    (Zuruf von der SPD: De Gaulle ist also Linkssozialist?)

    Kollege Wehner sagte 1974, „soziale Marktwirtschaft" und „Rechtsstaat" seien verknorpelte Begriffe, aus denen man herauskommen müsse.

    (Dr. Schäfer [Tübingen] [SPD] : Ist doch gar nicht wahr!)

    Dies allerdings, meine Damen und Herren, ist ein Sozialismus, der nach unserer Vorstellung mit Freiheit in Widerspruch steht, und das werden wir sagen, und daran wird uns niemand hindern, auch der Bundeskanzler nicht.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Konrad [SPD] : Aber glauben wird es Ihnen kaum einer!)

    In letzter Zeit ist man etwas vorsichtiger geworden, aber das hängt damit zusammen, daß sich Wahlen nähern. Vor jeder Wahl werden die sozialistischen Forderungen im Lager der SPD mit gedämpfterem Trommelklang vorgetragen. Und die führenden Vertreter der SPD sagen ja auch ganz offen, daß man gerade jetzt ein bißchen vorsichtig sein muß. Kollege Wehner hat vor kurzem

    (Wehner [SPD] : Ja, natürlich!)

    davon gesprochen, daß die Zeit für strukturelle Änderungen noch nicht reif sei; diese müsse man auf die Zeit nach dem Wahlsieg verschieben,

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU) dann könne man tiefer pflügen.


    (Wehner [SPD] : Sie haben ganz originelle Spickzettel!)

    Ich bin davon überzeugt, daß der deutsche Wähler und der deutsche Bürger Sie an diesem von Ihnen ersehnten Wahlsieg hindern wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Herr Wehner fühlt sich sehr getroffen!)

    Senator Franke, ein Mitglied des bremischen Senats, erklärte vor kurzem auf einer Veranstaltung mit bremischen Studenten, er befinde sich in der



    Dr. Carstens (Fehmarn)

    schwierigen Lage, daß er den Kontakt zu den Wählermassen nicht verlieren dürfe, sonst würde er — so wörtlich — ganz andere Wahrheiten sagen.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Herr Steffen, immer noch Mitglied des Bundesvorstands der SPD, bezeichnete in einem 1974 erschienenen Buch den politischen Führer als schwachsinnig, der seine wahren Absichten enthülle, bevor er eine sichere Mehrheit gefunden habe.

    (Vor sitz : Vizepräsident Dr. Jaeger)

    Wir erinnern uns wohl auch noch alle daran, daß uns Herr Bahr hier sagte, es gebe gewisse Wahrheiten, die man erst nach gewonnener Wahl aussprechen dürfe.
    Meine Damen und Herren, kann es denn jemanden wundern, daß unter diesen Umständen das Vertrauen in die SPD dahinschwindet? Dies ist doch ein deutliches Zeichen für die innere Zerrissenheit, die großen inneren Spannungen dieser Partei.
    Der zweite Grund ist der folgende. Wir stellen fest, daß jener linke sozialistische Flügel in der SPD einen terrorartigen Druck ausübt, um seine Ziele zu erreichen.

    (Wehner [SPD]: Das mußte ja kommen! — Zuruf des Abg. Dr. Ehrenberg [SPD])

    — Seien Sie doch einmal still! Ich werde das gleich belegen, Herr Kollege Ehrenberg.

    (Wehner [SPD]: Sie sind ja belegt! — Weitere Zurufe von der SPD)

    Es wird ein terrorartiger Druck zunächst einmal auf die mehr rechts stehenden Parteifreunde ausgeübt.
    Frau Helge Pross, eine Professorin an der Universität in Gießen, hat diese Universität vor kurzem verlassen und gesagt, eine angstfreie Diskussion sei dort nicht mehr möglich. Sie hat dann hinzugefügt: Es gibt hier in Gießen eine harte Gruppe von Professoren, die eine sehr einseitige politische Linie verfolgen. Das ist keine kommunistische Gruppe. Man müßte sie als ganz linken Flügel der SPD einstufen.
    In dem Protokoll der Gründungsversammlung der Fritz-Erler-Gesellschaft heißt es, es gebe ganze Bereiche der SPD, in denen eine Diskussion nicht mehr möglich sei, z. B. in Frankfurt und weitgehend auch in München und in Lübeck. Wer sich der linksextremen und neomarxistischen Auffassung widersetze, werde niedergeschrien oder — wie beispielsweise in Frankfurt — auch existentiell bedroht. — Meine Damen und Herren, das sind nicht meine Worte, sondern die Worte von SPD-Mitgliedern über die inneren Verhältnisse ihrer Partei.
    Der dritte Grund, weswegen wir diesen Sozialismus bekämpfen, ist, daß er offen das Bündnis mit den Kommunisten ansteuert. Es gibt Beschlüsse der SPD, die die Zusammenarbeit mit den Kommunisten verbieten. Wir alle kennen diese Beschlüsse; wir haben sie alle gelesen. Die Praxis sieht aber anders aus. Im Dachverband der deutschen Studentenschaft, im VDS, arbeiten Kommunisten und Sozialdemokraten zusammen. An zwölf deutschen Universitäten gibt es Aktionsgemeinschaften von Sozialdemokraten und Kommunisten.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    An der Universität Bremen ist eine gemeinsame Liste von Hochschullehrern aufgestellt worden, auf der Sozialdemokraten, Kommunisten und StamokapAnhänger gemeinsam vertreten sind. Im Berliner Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft arbeiten Kommunisten und Sozialdemokraten eng zusammen, und es wird gesagt, daß die Kommunisten dort dominierten. Herr Minister Franke, von dem linken Flügel seiner eigenen Partei in Hannover arg bedrängt, erklärte, es gebe Gruppen in der SPD, die dem sehr nahekämen, was in der DDR sei.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU)

    Auf der internationalen Szene fordern führende Sozialdemokraten die Zusammenarbeit mit kommunistischen Parteien. Frau Wieczorek-Zeul fordert z. B. eine Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei Italiens. Herr Kollege Brandt spricht in diesem Zusammenhang von Informationskontakten. Wer aber die vorsichtigen und immer etwas unpräzisen Aussagen des Kollegen Brandt nun mittlerweile Jahrzehnte hindurch gehört und verfolgt hat, weiß, was sich dahinter verbirgt. Kollege Brandt sagte, es sollte keine Volksfrontbündnisse geben, auch nicht im Europäischen Parlament. Aber ich möchte Herrn Kollegen Brandt fragen, was er von der folgenden Äußerung des italienischen Kommunistenführers Giorgio Amendola hält, die vor kurzem im „stern" in einem Interview vom 4. März 1976 abgedruckt wurde. Damals hat Amendola gesagt:
    Der Kontakt zwischen den Sozialdemokraten und der KPI findet vor allem im Europäischen Parlament in Straßburg statt.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU — Zuruf des Abg. Dr. Marx [CDU/CSU])

    Der vorige Präsident dieses Parlaments, der deutsche Sozialdemokrat Walter Behrendt, konnte ja auch nur mit unseren Stimmen gewählt werden.

    (Hört Hört! bei der CDU/CSU)

    Die hatten wir nicht angeboten, sondern die Sozialdemokraten hatten sich an uns mit der Bitte um Unterstützung gewandt.

    (Lebhafte Rufe: Aha! — Unerhört! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Das ist die Wahrheit!)

    Meine Damen und Herren, da muß man sich doch fragen: Was ist die Gegenleistung gewesen, die damals vereinbart worden ist? Hängt etwa die Erklärung des Bundeskanzlers, es sei keine Katastrophe, wenn die italienischen Kommunisten in die Regierung kämen, mit der damaligen Wahlvereinbarung für Herrn Behrendt zusammen?

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Ganz neue Aspekte!)

    Wir erinnern uns an die Weltjugendtreffen in Ostberlin und die Verbrüderungsszenen des Herrn
    Wolfgang Roth mit osteuropäischen kommunisti-



    Dr. Carstens (Fehmarn)

    schen Parteien und an verschiedene Szenen, die sich bei Besuchen des Kollegen Wehner in Moskau und Warschau abspielten.
    Nach all diesen Zitaten, meine Damen und Herren, wird plötzlich auch klarer, warum sich SDP und auch FDP so stark für die Übernahme von Kommunisten in den Staatsdienst einsetzen. Ein Teil von SPD und leider auch von FDP sehen in den Kommunisten kritische Demokraten und wollen sie lieber im Staatsdienst als außerhalb des Staatsdienstes sehen.
    Meine Damen und Herren, das Verhalten der Bundesregierung in dieser Frage übersteigt doch jedes Fassungsvermögen. Die Deutsche Kommunistische Partei wird von Ostberlin gesteuert. Sie wird von Ostberlin finanziert, übrigens mit dem Geld, welches zuvor aus der Bundesrepublik an die DDR gezahlt worden ist;

    (Zustimmung der CDU/CSU)

    Auch das wollen wir einmal ganz klar aussprechen. Die DKP ist eine Kaderpartei, die, wir ihr Vorsitzender hier vor kurzem noch gesagt hat, fest auf dem Boden des Leninismus steht. Sie will das Modell des Sozialismus, wie es in der DDR verwirklicht worden ist, bei uns einführen.
    Aber nein, — all dies rührt die Bundesregierung nicht. Mitgliedschaft in der DKP soll kein Hinderungsgrund für die Einstellung von Kommunisten in den Staatsdienst sein.
    Auch dazu ein Zitat, meine Damen und Herren, und zwar von einem Sozialdemokraten, Herrn Horchem, dem Vorsitzenden des Verfassungsschutzamts in Hamburg. Er hat gesagt:
    Wenn man die für den Fortbestand unseres demokratischen Staates lebensnotwendigen Bereiche wie auswärtiger Dienst, Verteidigung, Justiz und innere Sicherheit der kommunistischen Infiltration überläßt, macht man sie funktionsunfähig und gefährdet so unsere freiheitliche demokratische Ordnung. Langsamen Selbstmord würde es bedeuten, wenn man den Kommunisten das einflußreiche Gebiet der Erziehung als Glacis für ihre Agitation eröffnen würde.
    Aber die Bundesregierung läßt das alles ungerührt. Da frage ich Sie, meine Damen und Herren: Drängt sich denn nicht die Frage auf, ob es in dieser Auseinandersetzung des Jahre 1976 in Wahrheit und wirklich nicht doch um die Auseinandersetzung zwischen Freiheit auf der einen und Sozialismus auf der anderen Seite geht?

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, im März dieses Jahres hat sich in Hannover die Fritz-Erler-Gesellschaft gebildet, der mehrere tausend Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei angehören. Ich glaube, es ist wichtig, einige Sätze zur Kenntnis des Hohen Hauses zu bringen, die der Vorsitzende dieser Gesellschaft auf der Gründungsversammlung gesprochen hat. Er sagte:
    Mit Entschiedenheit setzen wir uns für die Notwendigkeit einer schöpferischen Demokratie ein,
    wie sie aus den Erfahrungen mit der Weimarer Republik vom Grundgesetz gefordert wird. Wir wenden uns auch gegen alle Versuche kommunistischer Unterwanderung und warnen vor den Folgen von Anbiederungen von und gegenüber Kommunisten. Es gibt kein geschichtliches Beispiel für eine dauerhafte Stärkung der demokratischen Freiheit durch ein Bündnis mit Kommunisten.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Politische Extremisten von links und rechts gehören nicht in den öffentlichen Dienst.
    Und weiter:
    Wer mit Kommunisten politisch zusammenarbeitet, auch an Universitäten und in Bürgerinitiativen, leugnet sozialdemokratische Erfahrung und verrät den historischen Kampf der SPD um politische Freiheit.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU) Und weiter:

    Wir bekennen uns ausdrücklich zur sozialen Marktwirtschaft und ihren Ausbaumöglichkeiten. Keine Wirtschaftsform hat bisher einen solchen Grad an wirtschaftlicher Versorgung und sozialer Sicherheit gebracht für alle Kreise der Bevölkerung wie gerade diese Wirtschaftsform.
    Meine Damen und Herren, das sind nicht meine Worte, sondern das sind die Worte eines Mannes, der für Tausende von Sozialdemokraten spricht. Das sind nicht die Worte von CDU und CSU, sondern das sind Worte, die Sie, Herr Bundeskanzler, nicht mit dem unglücklichen Wort abtun können, hier würden im Namen von Jesus Christus falsche Parolen verbreitet. Herr Bundeskanzler, hier sprechen Bürger, besorgte Bürger unseres Landes, die das höchste Gut, welches wir in Jahrzehnten für uns alle errungen haben, nämlich die Freiheit, nicht durch sozialistische Unterwanderungsversuche aushöhlen und schließlich zerstören lassen wollen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Die FDP sagt zu alledem, sie verhindere das Schlimmste, indem sie mit der SPD zusammengehe.

    (Lachen und Zurufe von der SPD)

    Außerdem sagt sie, sie sei offen nach beiden Seiten. Das Bild sieht in Wirklichkeit ganz anders aus. Die FDP ist nicht offen, sondern die FDP ist im Bund und in den Ländern Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Berlin und anderen Ländern fest an die Seite der SPD gebunden. Dies sehe ich nun allerdings als die historische Schuld der FDP an,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    daß sie es durch ihr Bündnis mit der SPD ermöglicht,

    (Zuruf des Abg. Wehner [SPD] und weitere Zurufe von der SPD)

    daß die linken, freiheitsfeindlichen sozialistischen Kräfte in dieser Partei ihr Terrain behaupten, ja, daß sie es weiter ausdehnen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)




    Dr. Carstens (Fehmarn)

    Herr Genscher sagt: Die FDP ist eine Partei, ist die Partei, sagt er, der Freiheit. Gut, aber wenn das so ist, Herr Minister Genscher,

    (Zuruf des Abg. Dr. Ehrenberg [SPD])

    dann müßte die FDP da zu finden sein, wo die Freiheit bedroht ist. Sie müßte in dem Abwehrkampf gegen die Bedrohung der Freiheit stehen.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU) Statt dessen geht sie


    (Wehner [SPD] : Geht sie fremd!)

    in den Ländern, die ich genannt habe, unentwegt weiter an der Seite der SPD

    (Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

    und ermöglicht freiheitsfeindliche Zustände, von denen ich gesprochen habe.

    (Wehner [SPD] : „Sehr überzeugend" !)

    In Berlin, an der Universität Gießen; ich will nicht alle meine Zitate wiederholen.

    (Zuruf des Abg. Konrad [SPD])

    Die Reden der Herren Genscher und Friderichs, die sie hier halten, sind teilweise gut. Aber Politiker werden nicht nach ihren Reden beurteilt, sondern nach ihren Taten.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lebhafte Zustimmung und demonstrativer Beifall bei der SPD und der FDP — Zuruf des Abg. Wehner [SPD])

    — Ich freue mich, meine Damen und Herren von der SPD, daß Sie dem so lebhaft zustimmen.

    (Wehner [SPD] : Ja, eben! — Zurufe von der SPD)

    Ich möchte Ihnen sagen: wenn Sie auf die Taten der CDU/CSU-Regierungen in den zurückliegenden Jahren im Bund und in den Ländern blicken, dann wird die deutsche Öffentlichkeit zu dem Ergebnis kommen, daß hier von der CDU und der CSU weit mehr geleistet worden ist als von Ihnen im Bund oder in den Ländern.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Ja, an Reden!)

    In dieser gegenwärtigen politischen Landschaft sind CDU und CSU die politische Kraft, die liberale und soziale Ziele in klarer Abgrenzung zu sozialistischer Bevormundung vertreten

    (Wehner [SPD]: Alles auf einmal?!)

    und die zugleich die Interessen unseres Volkes nach Osten und nach Westen wahrnehmen.

    (Wehner [SPD] : Hinten und vorne, oben und unten!)

    Die CDU/CSU hat die Bundesregierung mit Mahnungen und Warnungen, mit grundsätzlicher Kritik und konkreten Alternativen auf ihrem Weg begleitet.

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Wo?)

    Aber die Bundesregierung ist unter Führung des
    Bundeskanzlers unbeirrt von Kritik und Vorschlägen der Opposition ihren, wie wir meinen, falschen Weg in der Finanz-, in der Wirtschafts- und in der Außenpolitik weitergegangen.

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Wo sind Ihre Vorschläge? — Wehner [SPD] : Sie sind heute indisponiert! — Wolfram [Recklinghausen] [SPD]: Schon lange!)

    Die Verantwortung für die Fehlentscheidungen, die ich auf entscheidenden Feldern der Innen- und Außenpolitik dargelegt habe, trägt deshalb der Bundeskanzler.

    (Wehner [SPD] : Dem Mann muß man doch helfen!)

    Er kann sich aber auch nicht der Verantwortung entziehen, die ihm als stellvertretendem SPD-Vorsitzenden an der Zerrissenheit und Handlungsunfähigkeit seiner Partei zukommt.

    (Wehner [SPD] : Dann müssen wir ihm Naturheilmittel geben!)

    Wir wissen, daß sich Bundeskanzler Schmidt immer wieder gern neben seine Partei stellt und manchmal so tut, als habe er mit dieser Partei kaum etwas zu tun.

    (Lachen und Zurufe von der SPD)

    Aber er bleibt voll verantwortlich für die SPD, in der das Vordringen der Sozialisten nicht dadurch rückgängig gemacht werden kann, daß man übereinkommt, darüber bis zum Wahltag zu schweigen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Konrad [SPD] : Ist da eine Unordnung in Ihrem Manuskript?)

    Aus Anlaß dieser breit angelegten Debatte über die Regierungspolitik

    (Wehner [SPD] : Die war allzu breit! — Weitere Zurufe von der SPD)

    haben die Bürger, haben die Wähler einen Anspruch darauf, die Tatsachen ungeschminkt zu erfahren. — Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren, für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Hoppe.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Günter Hoppe


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Etatberatungen sind nun einmal Anlaß, politische Bilanz zu ziehen, nicht zuletzt in einem Wahljahr. Aber dazu gehört doch wohl auch, daß über Soll und Haben sorgfältig gerechnet und gerichtet wird. Ich habe allerdings den Eindruck, daß bei der leicht geschminkten Vortragsart des Kollegen Carstens

    (Zuruf von der SPD: Etwas?) mehr gerichtet als gerechnet wurde.


    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Besondere Objektivität wird man

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Bei Herrn Hoppe finden?!)




    Hoppe
    in einer solchen Auseinandersetzung, bei einer Bestandsaufnahme nach Kassensturz kaum erwarten dürfen.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Von der Regierung nicht!)

    Die einen werden Erfolgsfanfaren blasen, die anderen werden den

    (Wehner [SPD] : Trauermarsch!)

    Untergang des christlichen Abendlandes einläuten, ohne allzu viele Gedanken an Rom zu verschwenden. Nun sollte man eine Opposition in dieser Auseinandersetzung auch gar nicht überfordern. Sie will und sie drängt an die Stelle der Regierenden, und darf sich deshalb opponierend an das Rezept halten: Die ganze Richtung paßt uns nicht.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Wie gütig!)

    Herr Kollege Carstens hat dem noch den alten Wahlspruch angefügt: Aber wenn in der Bundesrepublik Deutschland einmal die Sonne lacht, dann hat das die CDU/CSU gemacht. Mit der Meteorologie wäre ich hier allerdings doch etwas zurückhaltender und vorsichtiger.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Herr Hoppe, das ist unter Ihrem Niveau!)

    Lassen Sie mich, Herr Kollege Carstens, zunächst ein Wort zu dem theoretischen Überbau — ich kann auch sagen: zu dem polemischen Schaumbad — der Opposition sagen. Der Wahltag wird ganz offensichtlich mit der in Baden-Württemberg bereits getesteten Formel angesteuert: Freiheit oder Sozialismus.
    Ich habe den Sozialismus nicht zu verteidigen, denn ich gehöre ganz bestimmt nicht zu seinen Anhängern. Aber was mich an dieser so aufbereiteten Alternative stört, ist Ihre diffamierende Simplifikation.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Sie erinnert fatal an die Gleichung „Sieg oder Bolschewisierung", die Kempowski in seinem bürgerlichen Roman allen noch einmal in Erinnerung gebracht hat. Aber mit dem Schlagwort: „Wir siegen, weil wir siegen müssen", hat es auch schon damals nicht geklappt. Die Sozialdemokraten so schlankweg mit Unfreiheit zu identifizieren oder doch identifizieren zu lassen, ist in meinen Augen ein böser und primitiver politischer Stil.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Nicht nur für die Sozialdemokraten in unserem Lande, sondern auch für die Sozialdemokraten in anderen Ländern, nicht zuletzt in Schweden und Österreich, muß diese Form der Auseinandersetzung beleidigend sein.

    (Erneuter Beifall bei der FDP und der SPD)

    Für die deutsche Innenpolitik können die Sozialdemokraten doch nicht nur immer dann geschätzte Demokraten sein, wenn sie sich in einer Koalition mit der CDU/CSU befinden,

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    ein Umstand, den auch die Freien Demokraten zu beachten haben. Gute Liberale — das haben wir schon einmal von diesem Pult gehört — sind offenbar entweder tote Liberale oder aber solche, die zu Zulieferdiensten für die CDU bereit oder gar zu ihr übergelaufen sind.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Nein, meine Damen und Herren, mit diesem Verhaltensmuster ist uns nicht beizukommen. Ich bekenne mich zum sozialliberalen Bündnis; denn schließlich hat es geholfen, innenpolitisch verkrustete Strukturen aufzubrechen und außenpolitisch die Beziehungen zur Umwelt realitätsbezogen zu gestalten.

    (Erneuter Beifall bei der FDP und der SPD — Zuruf des Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU])

    Im übrigen hat selbst die Opposition von dieser Koalition profitiert. Ohne die von der sozialliberalen Koalition herbeigeführte Entwicklung wäre die Opposition heute noch in den Denkschablonen der Vergangenheit befangen. In einigen Hirnen und auf einigen Gebieten ist dieser Zustand allerdings immer noch Gegenwart. Es bleibt für die Opposition von A bis Z noch ein weites Feld zu reformieren, bis sich die Opposition wirklich als Reformpartei darstellen kann.
    Das, was Kollegen wie die Herren Abelein und Althammer zur Außen- und Deutschlandpolitik hier im Parlament formuliert haben und was die Zoglmänner draußen im Lande reden, ist einer antiquierten Vorstellungswelt entnommen, mit der man heute erfolgreiche Politik nicht mehr treiben kann.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Erst wenn sich die Opposition mit den ewig Gestrigen nicht mehr solidarisiert, sondern sich von ihnen distanziert, wird der Weg für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen allen demokratischen Parteien und Fraktionen in diesem Hause wieder unbefangen und unbelastet sein.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Wollen Sie uns spalten?)

    Bis es dahin kommen kann, muß die Opposition deutlich machen, daß gerade auf dem Gebiet der Außen- und Deutschlandpolitik eine Entwicklung vollzogen ist, mit der die CDU/CSU Anschluß an die außenpolitischen Vorstellungen unserer europäischen und atlantischen Partner gewonnen hat. Dies ist eine Politik, die zwar nicht auf die Durchsetzung nationaler Interessen verzichtet, die aber andererseits auch bereit ist, sich in eine multilaterale Konzeption befreundeter und verbündeter Staaten einzufügen,

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Eine völlig falsche Fragestellung!)

    und die so eine Isolierung vermeidet. Bislang ist die Opposition, wie mir scheint, zu diesem Schritt jedenfalls nicht fähig gewesen.

    (Zuruf des Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU])




    Hoppe
    Meine Damen und Herren, die Abwendung von diesen überholten Vorstellungen und die Hinwendung zu einer Außen- und Deutschlandpolitik mit Wirklichkeitssinn würde den Fraktionen auch wieder jenes Stück Gemeinsamkeit bringen, das auf diesem Felde der Politik eigentlich unverzichtbar ist.

    (Zuruf des Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] )

    Die Entscheidung des Bundesrates zu den Polenvereinbarungen könnte dieses signalisiert haben, und doch sind Zweifel wohl noch erlaubt. Wem die Attacken der Opposition im Bundestag noch gegenwärtig sind, wer die taktischen Empfehlungen noch in Erinnerung hat, darf, ja, muß wohl die Frage wagen, ob es sich bei der Polenentscheidung der Opposition im Bundesrat nicht doch eher um einen politischen Unglücksfall als um eine politische Überzeugungstat gehandelt hat.
    Meine Damen und Herren, noch bin ich jedenfalls nicht frei von der Sorge, daß es der Opposition mehr um die Demonstration der Geschlossenheit als um die Annahme der Verträge ging. Zur Zustimmung im Bundesrat ist es doch wohl nur deshalb gekommen, weil sich einige Regierungschefs nicht dem Diktat der Taktiker unterwerfen wollten, weil sie im Interesse der Sache, im Interesse der Menschen entscheiden wollten. Sie hatten sich von der um Zustimmung ringenden Bundesregierung überzeugen lassen. Eine derartige Überlegung scheint auch durchaus gerechtfertigt; denn schließlich hat die CSU nach der Entscheidung des Bundesrates noch am 18. März neue Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und der polnischen Regierung gefordert. Es wäre zu begrüßen, wenn auch dieser Teil der Opposition heute endlich seinen Frieden mit dieser politischen Entscheidung machen würde.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)