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ID0722417700

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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 224. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1976 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 15531 A Begrüßung des Präsidenten und einer Delegation der Verfassunggebenden Versammlung der Republik Portugal 15531 A Begrüßung des Premierministers der Islamischen Republik Pakistan mit seiner Begleitung 15550 D Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung nebst der Vereinbarung hierzu vom 9. Oktober 1975 — Drucksache 7/4310 —, Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung — Drucksache 7/4733 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 7/4731 — Schmidt (Kempten) FDP . . . 15531 C, 15576 B Franke (Osnabrück) CDU/CSU (zur GO) . . 15535 C Sund SPD (zur GO) . . . . . . . . 15536 B Genscher, Bundesminister AA 15536 C Dr. Wallmann CDU/CSU . . . . . . . 15540 C Metzger SPD . . . . . . . . . . 15544 C Hoppe FDP 15548 B Dr. Mertes (Gerolstein) CDU/CSU . . . 15551 D Brandt SPD . . . . . . . . 15559 D, 15622 B Dr. Jaeger CDU/CSU . . . . . . . 15564 C Sund SPD 15570 C Franke (Osnabrück) CDU/CSU . . . . 15574 C Koschnick, Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen 15577 B, 15623 C Dr. Carstens (Fehmarn) CDU/CSU . . . . 15583 D Schmidt, Bundeskanzler . . . 15588 C, 15619 A Dr. Kohl, Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz . . . 15599 C, 15620 D, 15622 D Mischnick FDP 15606 B Wehner SPD 15609 D Dr. Freiherr von Weizsäcker CDU/CSU . 15612 D Dr. Arndt (Hamburg) SPD . . . . . . 15616 C Dr. Hupka CDU/CSU 15624 A Dr. Czaja CDU/CSU . . . . . . . . 15626 C Schlaga SPD 15629 A Dr. Schweitzer SPD (Erklärung nach § 59 GO) 15631 D II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 224. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1976 Reddemann CDU/CSU (Bemerkung nach § 35 GO) 15633 D Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident 15612 C, 15634 B Namentliche Abstimmung 15631 D Zweite und dritte Beratung des von den Fraktionen der SPD, FDP eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes — Drucksache 7/4577 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksachen 7/4740, 7/4744 — in Verbindung mit Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Zollkontingent für feste Brennstoffe 1971, 1972, 1973, 1974, 1975 und 1976 — Drucksache 7/4687 —Schmidhuber CDU/CSU . . . . . . . 15634 C Dr. Waigel CDU/CSU . . . . . . . . 15636 A Wolfram (Recklinghausen) SPD . . . . . 15637 A Zywietz FDP .. . . . . . . . . . 15638 A Zweite und dritte Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes — Drucksache 7/4323 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Wirtschaft — Drucksache 7/4728 — 15641 A Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 139 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1974 über die Verhütung und Bekämpfung der durch krebserzeugende Stoffe und Einwirkungen verursachten Berufsgefahren — Drucksache 7/4178 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung — Drucksache 7/4718 — 15641 B Zweite Beratung und Schlußabstimmung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 23. Mai 1975 zur Änderung des Artikels 12 Absatz 1 des am 30. Mai 1958 in Den Haag zustande gekommenen Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich der Niederlande über die Zusammenlegung der Grenzabfertigung und über die Einrichtung von Gemeinschafts- oder Betriebswechselbahnhöfen an der deutsch-niederländischen Grenze - Drucksache 7/4174 —, Bericht und Antrag des Finanzausschusses — Drucksache 7/4737 — . . . . . . . . 15641 C Erste Bratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 22. Juli 1975 zur Änderung bestimmter Finanzvorschriften der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften und des Vertrages zur Einsetzung eines gemeinsamen Rates und einer gemeinsamen Kommission der Europäischen Gemeinschaften — Drucksache 7/4684 — 15641 D Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 8. Oktober 1974 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Jamaika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen — Drucksache 7/4686 — . . . . . . . . 15641 D Beratung des Antrags des Bundesrechnungshofes betr. Entlastung der Bundesregierung wegen der Bundeshaushaltsrechnung und der Bundesvermögensrechnung für das Haushaltsjahr 1973 — Drucksache 7/4306 — Frau Pieser CDU/CSU 15642 A Haehser, Parl. Staatssekretär BMF . . 15644 D Dr. Sperling SPD 15646 A Hoppe FDP 15646 C Beratung des Wohngeld- und Mietenberichts 1975 der Bundesregierung — Drucksache 7/4460 - . . . . . . . . 15647 B Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem Antrag der Abgeordneten Rollmann, Kroll-Schlüter und Genossen und der Fraktion der CDU/CSU betr. Schaffung eines einheitlichen und umfassenden Jugendgesetzbuchs — Drucksachen 7/1019, 7/4697 — 15647 B Beratung der Sammelübersicht 53 des Petitionsausschusses über Anträge zu Petitionen — Drucksache 7/4708 — . . . . . 15647 C Beratung der zustimmungsbedürftigen Verordnung zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs (Nr. 4/76 — Besondere Zollsätze gegenüber Israel — EGKS) — Drucksache 7/ 4674 — 15647 C Beratung der zustimmungsbedürftigen Verordnung zur Änderung des Deutschen TeilZolltarifs (Nr. 12/75 — Erhöhung des Zollkontingents 1975 für Elektrobleche) — Drucksache 7/4685 — 15647 D Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung zu dem von der Bundesregierung zur Un- Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 224. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1976 III terrichtung vorgelegten Bericht über die Art, den Umfang und den Erfolg der von ihr oder den Länderregierungen vorgenommenen Beanstandungen betreffend die Anwendung des Artikels 119 EWG-Vertrag — Drucksache 7/3267, 7/4720 — . . . . .15647 D Beratung des Berichts und des Antrags des Finanzauschusses zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates über Steuerbefreiungen innerhalb der Gemeinschaft bei vorübergehender Einfuhr von bestimmten Verkehrsmitteln — Drucksachen 7/4316, 7/4679 — 15647 D Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1955/75 über die Erstattungen bei der Erzeugung für Getreide und Reis — Drucksachen 7/4342, 7/4688 — 15648 A Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1955/75 über die Erstattung bei der Erzeugung für Getreide und Reis — Drucksachen 7/4300,7/4689 — 15648 A Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Änderung der Richtlinien (66/403/EWG) und (70/458/EWG) über den Verkehr mit Pflanzkartoffeln und mit Gemüsesaatgut — Drucksachen 7/4277, 7/4690 — 15648 B Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates betreffend die Anwendung von Artikel 40 Absatz 4 EWG auf die französischen überseeischen Departements — Drucksachen 7/4341, 7/4691 —15648 B Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission für eine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 121/67/EWG hinsichtlich der Berechnung der Abschöpfung und des Einschleusungspreises für geschlachtete Schweine Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 122/67/EWG hinsichtlich der Berechnung der Abschöpfung und des Einschleusungspreises für Eier Verordnung (EWG) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 123/67/EWG hinsichtlich der Berechnung der Abschöpfung und des Einschleusungspreises für Geflügelfleisch — Drucksachen 7/4351, 7/ 4692 — . 15648 B Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu den von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlägen der EG-Kommission zur Kodifizierung im Reissektor — Drucksachen 7/4353, 7/4693 — 15648 C Beratung des Berichts und des Antrags des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zu dem von der Bundesregierung zur Unterrichtung vorgelegten Vorschlag der EG-Kommission für eine Richtlinie des Rates über die schulische Betreuung der Kinder von Wanderarbeitnehmern — Drucksachen 7/4052, 7/4724 — 15648 C Beratung des Antrags der Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP betr. Wahl der vom Bundestag zu entsendenden Mitglieder für den Verwaltungsrat der Filmförderungsanstalt — Drucksache 7/4753 — . . . . . 15648 D Nächste Sitzung 15648 D Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . .15649* A Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Dr. Schweitzer SPD nach § 59 GO . . . . . . . . . 15649* B Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 224. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1976 15531 224. Sitzung Bonn, den 19. Februar 1976 Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete() entschuldigt bis einschließlich Prof. Dr. Abelein 20. 2. Dr. Aigner * 20. 2. Dr. Artzinger * 20. 2. Behrendt * 20. 2. Biermann 20. 2. Dr. Dregger 20. 2. Entrup 20. 2. Dr. Eppler 20. 2. Prof. Dr. Erhard 20. 2. Flämig * 20. 2. Frehsee * 20. 2. Gerlach (Emsland) * 20. 2. Hussing 20. 2. Dr. Jahn (Braunschweig) * 20. 2. Dr. Kreile 19. 2. Dr. Klepsch * 20. 2. Lange * 20. 2. Dr. Lauritzen 20. 2. Lautenschlager * 20. 2. Lücker * 20. 2. Dr. Marx 20. 2. Mattick *** 20. 2. Memmel * 20. 2. Müller (Mülheim) * 20. 2. Frau Dr. Orth 20. 2. Schmidt (München) * 20. 2. Schonhofen 20. 2. Dr. Schröder (Düsseldorf) 20. 2. Dr. Schwörer * 20. 2. Seibert 20. 2. Spilker 19. 2. Springorum * 20. 2. Strauß 20. 2. Suck * 20. 2. Tönjes 20. 2. Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 20. 2. Dr. Wagner (Trier) 20. 2. Walkhoff * 20. 2. Frau Dr. Walz * 20. 2. Frau Dr. Wolf 20. 2. * für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** für die Teilnahme an Sitzungen der Nordatlantischen Versammlung Anlage 2 Erklärung des Abgeordneten Dr. Schweitzer (SPD) nach § 59 GO zur Abstimmung über den Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und UnfallAnlagen zum Stenographischen Bericht versicherung nebst der Vereinbarung hierzu vom 9. Oktober 1975 (Drucksache 7/4310) Mit meiner Zustimmung zu dem gesamten deutschpolnischen Verhandlungspaket möchte ich nicht zuletzt meiner Überzeugung Ausdruck verleihen, daß wir endlich aus dem Teufelskreis alter Verwicklungen, Irrungen und Belastungen im deutschpolnischen Verhältnis herauskommen und künftig noch mehr Beiträge zur Verdeutlichung gerade auch des vielen Gemeinsamen zwischen Polen und Deutschen leisten müssen. Es ist für mich erstaunlich festzustellen, daß zumindest ein Teil der CDU/CSU gerade im Zusammenhang mit dem heutigen Thema oft eine Einsicht in große historische Zusammenhänge vermissen läßt. Nur so ist es zu erklären, daß das intern völlig verfehlte Argument ständig in die öffentliche Debatte geworfen wird, wir Deutschen würden jetzt nach dem Warschauer Vertrag zum zweitenmal gegenüber der Volksrepublik Polen „zur Kasse gebeten". Muß es denn stets aufs neue eingehämmert werden, daß wir mit den ehemaligen deutschen Ostgebieten 1970 gar keinen Preis für Hitlers begonnenen und verlorenen Krieg zahlen konnten, weil der Sieger sich diese Gebiete als Beute längst genommen hatte und keine Macht der Welt sie uns hätte zurückholen können? In der in diesem Hause in den letzten Jahren monoton wiederholten Argumentation eines kleinen Teiles der Opposition klingt doch immer wieder die Linie durch, daß „nicht sein kann, was nicht sein darf", daß mit anderen Worten die alten Gebiete im Osten für uns Deutsche mit allen Konsequenzen nicht endgültig verloren seien, weil wir vor der Geschichte auf sie ein ewig verbrieftes Anrecht hätten. Tatsächlich ist aber doch die Geschichte bis zum Atomzeitalter angefüllt gewesen mit gewonnenen und verlorenen Kriegen, mit der Wegnahme von Gebieten und Bevölkerungsteilen. Diesen Teufelskreis wollen wir durchbrechen. Ein Otto von Bismarck war in dieser Beziehung sehr viel nüchterner. So rechnete er in einer heute geradezu prophetisch anmutenden Rede im Deutschen Reichstag 1885 durchaus mit der Möglichkeit, daß eines Tages, „... wenn das Deutsche Reich zertrümmert, wenn Preußen zerschlagen und niedergeworfen ist" ..., Deutschlands Grenze nach einem verlorenen Kriege „bis an die Oder heran" zurückgedrängt werden könnte. Heute sollten wir allen denjenigen, die der Aussöhnung mit unseren polnischen Nachbarn nicht nur verbal, sondern tatsächlich denselben historischen Rang beimessen wie der Aussöhnung mit Frankreich nach 1945, sagen, daß Aussöhnung und Normalisierung angesichts der teilweise so schrecklich belasteten Beziehungen zwischen Deutschen und Polen letztlich Leerformeln bleiben und neuen gefährlichen Entwicklungen Platz machen könnten, wenn es nicht gelingt, im deutschen Volk ein besseres Verständnis für Einstellungen und Geschichtsbilder des polnischen Volkes und umgekehrt zu wecken und Geschichtsbilder in beiden Ländern im Interesse der Friedenssicherung in Europa auf einen zumindest niedrigsten gemeinsamen Nenner zu bringen. Zu Recht hat schon vor Jahren die UNESCO in einem 15650* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 224. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 19. Februar 1976 berühmten Bericht festgestellt, daß „Kriege in den Köpfen der Menschen beginnen". Das wollen wir nicht mehr. Dem Ziel eines besseren gegenseitigen Geschichtsbildes dient eine Reihe wichtiger wissenschaftlicher Gemeinschaftsvorhaben von Deutschen und Polen. An dieser Stelle will ich nur eines erwähnen, weil es von der Opposition in diesem Hause wiederholt in sträflicher Weise falsch dargestellt worden ist. Ich meine hier die jüngsten Empfehlungen der sogenannten deutsch-polnischen Schulbuchkonferenz, die einer besseren Darstellung der deutschpolnischen Beziehungen nach 1945 in den Schulbüchern dienen sollen. Der Kollege Carstens hat hier am 26. November 1975 so getan, als ob diese Empfehlungen im Zusammenhang mit der Nachkriegsentwicklung in den ehemaligen deutschen Ostgebieten ausschließlich von „Bevölkerungsverschiebungen" sprechen. Damit sollten offensichtlich die Emotionen von Millionen von Landsleuten geweckt werden, die einmal in diesen Gebieten wohnten. Tatsächlich handelte es sich hier nur um eine Überschrift über einem Abschnitt, in dem völlig korrekt nacheinander von Evakuierung, Flucht — hier ausdrücklich „unter großen Verlusten" — Ausweisung und Zwangsumsiedlung gesprochen wird. Wer hier wider besseres Wissens falsch bzw. unvollständig zitiert, der muß sich den Vorwurf gefallen lassen, daß er in Wirklichkeit die Normalisierung der deutsch-polnischen Beziehungen torpedieren will. Auch Vertriebenenpolitiker sollten sich klarmachen, wie schwer es den polnischen Wissenschaftlern gefallen sein muß, in Polen deutsch-polnische Hinweise z. B. darauf veröffentlichen zu lassen, daß die Bundesregierung bei Abschluß des Warschauer Vertrages „nur im Namen der Bundesrepublik Deutschland handelte", daß „man in der Bundesrepublik beim staatlichen Neuaufbau an alte deutsche demokratische Traditionen anknüpfen konnte" oder daß die „Westmächte gemeinsam mit der Bundesrepublik Deutschland in den fünfziger Jahren wiederholt Vorschläge vorlegten, die Sicherheit in Europa mit friedlichen Mitteln zu fördern und so die Konfrontation zu reduzieren". Wir können nur hoffen, daß die deutsche Seite nun doch schneller mit der polnischen gleichzieht, was die Umsetzung der gesamten Empfehlungen in die Praxis betrifft. In Polen ist in dieser Hinsicht schon viel geschehen. Der Bundesrat täte gut daran, statt sich mit seiner derzeitigen Mehrheit auf ein staatsrechtlich mehr als zweifelhaftes Experiment der Einmischung in die Außenpolitik des Bundes einzulassen, die Länderkultusminister aufzufordern, endlich neue Handreichungen zu liefern, mit denen der überholte sogenannte Ostkundeerlaß aus dem Jahre 1956 abgelöst werden könnte. Wer will es verantworten, daß nun auch noch die bisherigen Erfolge in der wissenschaftlich-kulturellen Zusammenarbeit zwischen Polen und der Bundesrepublik aufs Spiel gesetzt, ja vielleicht verspielt werden, und dies gerade 1976, wo wir endlich auch ein Kulturabkommen unter Dach und Fach bringen wollen, nachdem das Jahr 1975 einen großen Aufschwung in den wissenschaftlichen und kulturellen Beziehungen jeder Art erlebt hat? Was die heute so heftig diskutierten Probleme der Aussiedlerzahlen betrifft, so sollten wir daran objektiv und nüchtern herangehen. Niemand in Deutschland oder in Polen kann sie ganz genau kennen. Jeder, der sich mit dieser Frage an Hand von Unterlagen hier in Deutschland oder in Polen beschäftigt hat, wie ich das für mich in Anspruch nehmen darf, weiß um die statistischen, aber auch staatsrechtlichen, völkerrechtlichen und ethnologischen Schwierigkeiten. Auch das mit so viel Fleiß seit Jahren arbeitende Deutsche Rote Kreuz kann Anträge nicht alle fünf Jahre wieder auf den neuesten Stand bringen, sie im übrigen nur entgegennehmen und schon gar nicht auf ihre Stichhaltigkeit hin überprüfen. Wer oder wessen Nachkommen sind schließlich abgesehen von unserem Staatsangehörigkeitsrecht in diesem Teil des europäischen Ostens heute noch als Deutsche zu bezeichnen? Welche Kriterien sind überhaupt für die Beantwortung der generellen Frage anzuwenden, wer mit welchem Anspruch heute zu welcher Nation und zu welchem Volk gehört? Sicher ist für mich auf Grund vieler Gespräche mit polnischen Regierungsstellen, mit polnischen Kollegen aus Wissenschaft und Politik, daß alle polnischen Stellen jetzt enorme organisatorische Anstrengungen unternehmen, um die ganze Frage in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen endgültig lösen zu helfen. Die Polen wollen ja selber auf die Dauer keine volksdeutschen Minderheiten — was nach den Erfahrungen vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges nicht unverständlich sein mag. Sicherlich treffen daher auch Ergebnisse jüngster Umfragen in Polen zu, wonach weit über 80 % der Bevölkerung die schließliche Ausreise aller in Frage kommenden Personen nach Deutschland wünschten. Wir Deutschen haben keinerlei Veranlassung, den ehrlichen Willen der polnischen Seite zur Vertragserfüllung gerade in diesem Punkte anzuzweifeln. Wer dies dennoch tut, der untergräbt die internationale Vertragsmoral schlechthin. Davor sollten gerade wir uns hüten.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Erich Wolfram


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit Rücksicht auf die späte Stunde möchte ich nur wenige Bemerkungen zu den Anträgen machen und diese gleich mit einigen Bemerkungen zur dritten Lesung der Novelle zum Verstromungsgesetz und zum Kohlezollkontingentgesetz verbinden dürfen.
    Meine Damen und Herren, namens der Koalitionsfraktionen bitte ich Sie, die von der CDU/CSU gestellten Anträge abzulehnen. Wir haben im Wirtschaftsausschuß eingehend die Gründe beraten.
    Der Antrag der CDU/CSU-Fraktion, § 2 zu streichen, hätte zur Folge, daß das Sondervermögen beim BAW aufgelöst werden müßte. Die Frage ist bereits bei der Verabschiedung des Dritten Verstromungsgesetzes ausführlich erörtert und entschieden worden. Der Vorschlag in dieser Form ist auch nicht praktikabel. Es wäre eine grundlegende Umgestaltung auch anderer Gesetzesvorschriften notwendig, was kurzfristig gar nicht möglich ist. Die parlamentarische Kontrolle ist gesichert. Das Bundeswirtschaftsministerium legt dem Bundesrat jährlich gesondert Rechnung. Im übrigen gibt es nur einen geringen Spielraum des BAW, da ganz überwiegend Rechtsansprüche auf Grund gesetzlicher Tatbestände vorliegen.
    Wir bitten, den Hilfsantrag ebenfalls abzulehnen. Auch diese Frage ist bei der Verabschiedung des Dritten Verstromungsgesetzes entschieden worden.
    Der Antrag, die Festsetzung des Prozentsatzes der Ausgleichsabgabe durch Rechtsverordnung der Zustimmung des Bundestages zu unterwerfen, ist auch abzulehnen, weil wegen der Unsicherheit der Marktentwicklung ein Spielraum für eine flexible Anpassung des Prozentsatzes notwendig ist. Der Bundestag wäre gar nicht in der Lage, immer kurzfristig zu entscheiden. Sollte z. B. im zweiten Halbjahr 1976 eine geringfügige Anhebung des Prozentsatzes erforderlich werden, wäre eine rechtzeitige Beschlußfassung des Bundestages äußert zweifelhaft. Auch der Hilfsantrag ist abzulehnen; darum bitten wir.
    Lassen Sie mich auch noch zu dem Entschließungsantrag der CDU/CSU-Fraktion ein Wort sagen. Hier geht es ja um Wünsche bezüglich einer zukünftigen Regelung, wobei die Aufbringung der Mittel künftig nach Stromintensität und regionalem Strompreisniveau differenziert werden soll. Wir wissen, weitere Maßnahmen stehen zur Zeit nicht zur Beratung an.
    Wir wissen auch, daß die Preisdifferenzen andere Gründe haben und nicht ausschließlich und primär durch die Ausgleichsabgabe begründet sind. Deshalb bitten wir, diesen Antrag ebenfalls abzulehnen.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein Wort zu der Novelle selbst sagen. Wir haben in der ersten Lesung am 22. Januar 1976 eingehend diese Novelle begründet. Ich verweise auf die Ausführungen meines Kollegen Adolf Schmidt und der anderen Sprecher der SPD-Fraktion sowie auf die Beratungen im Wirtschaftsausschuß. Wir sind dankbar, daß die Novelle so schnell in den zuständigen Ausschüssen beraten wurde. Wir sind Ihnen, Herr Wirtschaftsminister, sehr dankbar für das Ergebnis Ihrer Verhandlungen mit der Elektrizitätswirtschaft. Wir können nur hoffen, daß die Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Ihnen gegebenen Zusagen auch einhalten. Wir werden auf Grund unseres Antrages, der eine vierteljährliche Berichterstattung über den Kohleeinsatz in den Kraftwerken vorsieht, zu verfolgen und darauf zu achten haben, daß sich die Ereignisse des Jahres 1975 nicht wiederholen. Wir haben im einzelnen dargelegt, weshalb wir diese Novelle für dringend erforderlich halten. Ich möchte nur noch zwei Bemerkungen dazu machen dürfen.
    Zunächst einmal haben wir die Härteklausel verbessert. Es wird jetzt sicherlich möglich sein, daß Unternehmen, die in eine schwierige Situation geraten, Antrag auf Entlastung stellen und Aussicht auf Berücksichtigung ihres Antrages haben.
    Wir haben außerdem dafür gesorgt, daß soweit wie möglich den denkbaren Einsprüchen des Bundesrates Rechnung getragen wurde. Eine zeitliche Verzögerung des Inkrafttretens der Novelle wäre sicherlich nicht wünschenswert. Wir können nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß z. B. die Zusagen, die der Ministerpräsident des Landes Rheinland-Pfalz bei einer Grubenfahrt gegeben hat, eingehalten werden.
    An die Elektrizitätswirtschaft appellieren wir, ihre Zusagen einzuhalten, die entsprechenden Kohlenmengen in den Kraftwerken einzusetzen und vor allem das 6 000-MW-Programm zügig zu realisieren.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein Wort zu der ersten Lesung des Kohlezollkontingentgesetzes sagen. Für die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist Importkohle notwendiger Bestandteil der Energiepolitik. Sie trägt zur Diversifizierung bei; sie ist für die Küstenländer von Bedeutung; sie ist eine relativ sichere Energie; sie ist auch ein Gegenstück zu unseren deutschen Kohleexporten. Abnehmer und Verbraucher von Importkohle, Importeure, aber auch ausländische Produzenten von Kohle haben Anspruch darauf, zu wissen, welche Versorgungsfunktion die Importkohle zu erfüllen hat.
    Die vorliegende Gesetzesnovelle führt im wesentlichen die bisherige bewährte Regelung fort. Das bedeutet, daß das Einfuhrkontingent wie bisher nach geltendem Gesetz 5 1/2 Millionen t pro Jahr betragen wird.
    In der Fortschreibung des Energieprogramms hat die Bundesregierung neben der Verlängerung



    Wolfram (Recklinghausen)

    des Kohlezollkontingentgesetzes bis 1981 eine Eröffnung eines Zollkontingents für Verbraucher von Hüttenkoks vorgesehen. Diese Eröffnung sollte dann erfolgen, wenn zwischen Kohle und Stahl eine einvernehmliche Regelung bezüglich des Ruhrhüttenvertrags kommt. Da Kohle und Stahl zur Zeit noch verhandeln, bestand keine Notwendigkeit, eine Bestimmung über ein Kokskohlekontingent in den Entwurf zur Änderung des Kohlezollkontingentgesetzes aufzunehmen. Wir werden diesem Gesetz in den weiteren Beratungen zustimmen.
    Abschließend bitte ich Sie noch einmal, die CDU/ CSU-Anträge, die zur Novelle zum Dritten Verstromungsgesetz gestellt worden sind, abzulehnen und der Novelle zum Dritten Verstromungsgesetz zuzustimmen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Zywietz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Werner Zywietz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Ausführungen des Kollegen Wolfram zu den vorliegenden CDU/CSU-Anträgen möchte ich mich inhaltlich anschließen und meine Anmerkung auf die vorliegenden Gesetzesvorlagen konzentrieren.
    Das Thema Verstromungsgesetz ist offensichtlich ein Beratungspunkt mit vielen Fortsetzungsfolgen. Drei Verstromungsgesetzes, d. h. drei Gesetze, deren Zielsetzung es war, den Einsatz deutscher Kohle für die Stromerzeugung zu fördern, hat es schon gegeben, und heute haben wir abschließend über eine Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes zu beraten.
    Die Verabschiedung des Dritten Verstromungsgesetzes wurde von diesem Hohen Hause erst im Jahre 1974 vollzogen, eines Verstromungsgesetzes, dessen Absicht es war, den Einsatz von 30 bis 33 Millionen t deutscher Steinkohle für die Elektrizitätserzeugung in Kraftwerken durch ein finanzielles Anreizsystem sicherzustellen. Dieses finanzielle Anreizsystem besteht darin, daß den Elektrizitätsversorgungsunternehmen die Mehrkosten beim Bau von Kohlekraftwerken gegenüber Heizölkraftwerken von der Hand gehalten werden sollen, genauso wie die betrieblichen Mehrkosten beim Kohleeinsatz gegenüber dem Einsatz von schwerem Heizöl. Ich möchte darum hier mit aller Deutlichkeit anmerken, daß die FDP-Bundestagsfraktion die Absicht, den einzigen und wesentlichen deutschen Energieträger, nämlich die Kohle, zu fördern, insbesondere ihre bevorzugte Verwendung für die Elektrizitätserzeugung, für richtig erachtet. Der eingeschlagene Weg der Verstromungsgesetze hat sich im Grundsatz bewährt. Ich möchte dies noch einmal hervorheben, weil ja gerade die Ölkrise vor zwei Jahren durch einen besonderen Nachhilfeunterricht die Bedeutung der Energiesicherung als eine zentrale wirtschaftliche und politische Aufgabe ins Rampenlicht gerückt hat. Die Sicherheit der Energieversorgung hat spätestens seit dieser Zeit einen höheren Stellenwert erhalten. Es ist aber auch deutlich geworden, daß insbesondere die heimische
    Energie Kohle in Schwierigkeiten besonderer Art gelangt, nicht zuletzt dadurch, daß durch den Ölschock 1973 weltwirtschaftlich Rezessionstendenzen nachhaltig verstärkt worden sind mit der Folgewirkung, daß mit abflauendem Wirtschaftswachstum auch die noch vor zwei Jahren prognostizierten Absatzzahlen für die deutsche Kohle längst nicht erreicht werden konnten, was zusehends zur schnellen Haldenbildung — bis hin zu 17 Millionen t im Jahre 1975 — führte.
    In Abwägung der beiden denkbaren, nach meinem Dafürhalten zentralen Lösungsansätze in einer solchen Situation, entweder die Produktion und damit die Zahl der Arbeitsplätze im Ruhrgebiet drastisch zurückzunehmen oder aber, wie es diese Vorlage vorsieht, in dem wichtigen Absatzbereich der Kohleverwendung für die Elektrizitätserzeugung den Kohle-Einsatz zu stimulieren, entscheidet sich die FDP-Bundestagsfraktion zunächst für diesen zweiten Lösungsweg. Wenn etwa ein Drittel der deutschen Ruhrkohle für die Stromerzeugung eingesetzt wird — etwa 25 °/o, ein Viertel der deutschen Elektrizität werden aus heimischer Kohle produziert —, wird bei Überlegungen zur Stärkung des Absatzes wohl mit Recht zunächst einmal konzentriert auf diesen Verwendungsbereich geachtet. Wir begrüßen darum sowohl den Weg als auch die zeitliche Begrenzung der Fördermaßnahmen auf zwei Jahre, weil zur Zeit weder die nationale noch die internationale Wirtschaftslage so erscheint, daß seriöse Schätzungen längerfristiger Art möglich sind. Erst der Verlauf der weiteren wirtschaftlichen Belebung wird erweisen, ob die avisierten Kohleproduktionsmengen auch sinnvoll verwendet werden können oder ob eine Überprüfung erfolgen muß.
    Wie immer sich aber mittelfristig die Entwicklung vollziehen mag: Wir gehen davon aus, daß die Kohleproduktion nicht wie durch ein Auf- und Zudrehen eines Wasserhahns zu regulieren ist, sondern es sich dabei um kaum oder, wenn überhaupt, dann nur sehr langfristig korrigierbare Strukturentscheidungen handelt. Nach unserer Auffassung kann die deutsche Kohle als ein wesentlicher Energieträger niemals nach dem Motto „Der Kohlemohr hat seine Schuldigkeit getan, der Kohlemohr kann gehen" behandelt werden.
    Wir akzeptieren andererseits auch sehr bewußt und sehenden Auges — und ich möchte das auch in aller Deutlichkeit hier sagen —, daß eine sichere Energieversorgung insbesondere in der transformierten Form der elektrischen Energie ihren Preis hat, der letztlich vom Verbraucher — und das sind alle Bürger — zu zahlen ist. Es muß aber auch darauf verwiesen werden, daß für alle wesentlichen Lebensnotwendigkeiten in einem Staat auch eine breite solidarische Verantwortung in der Lastenteilung nötig ist. Energiepolitik in der Ausprägung der Kohlepolitik kann darum nicht zur Sache der Bergbauländer in unserem Staat und auch nicht zur Sache der Industrie einerseits oder der Kleinverbraucher andererseits gemacht werden, sondern muß im weitesten Sinne des Wortes auch in der Lastentragung eine Angelegenheit aller Energieverbraucher sein.



    Zywietz
    Wir begrüßen, daß in dieser Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes für alle diejenigen, die durch die Erhöhung der Abgabe möglicherweise eine Existenzgefährdung erfahren könnten, durch Anwendung einer Härteklausel die Möglichkeit für Ausnahmen gegeben ist. Dabei möchten wir mit Nachdruck betonen, daß diese Härteklausel flexibler als in der Vergangenheit ausgestaltet worden ist.
    Auch heute sind im Verlaufe der Aussprache — wie schon bereits in der ersten Lesung — wieder unterschiedliche Auffassungen in der Frage deutlich geworden, ob die generelle Anhebung der Kohleabgabe in einem einheitlichen Prozentsatz der richtige Ansatz ist oder ob vielleicht regional oder nach Verbrauchsmengen vorgegangen werden sollte. Die schon erwähnte energiepolitische Solidarität spricht nach meinem Dafürhalten für einen gleichen Prozentsatz. Ich möchte allerdings nicht verhehlen, daß dieses prozentuale Zuschlagsverfahren tendenziell um so bedenklicher werden muß, je höher der Abgabesatz wird, weil dann die Preisunterschiede pro Kilowattstunde in den verschiedenen Ländern des Bundesgebietes noch verstärkt werden. Die Folge könnten regionale Wettbewerbs-und Standortverzerrungen sein, was auch, wie ich es sehe, nicht dem Auftrag des Grundgesetzes, für etwa gleichwertige Lebensverhältnisse der Bundesbevölkerung Sorge zu tragen, entsprechen kann. Gemachte Vorschläge lesen sich vielleicht etwas differenzierter und damit auch gerechter, aber es hilft nichts, wenn sie nicht auch relativ einfach praktizierbar sind.
    Wir meinen darum, daß bei der vorgesehenen Abgabe die vorgebrachten Bedenken noch nicht voll durchschlagen, insbesondere wenn man die Maßnahmen für den norddeutschen Raum, der durch die zweite Gesetzesvorlage, die hier in erster Lesung zur Beratung ansteht, betroffen ist, mit in die Betrachtung einbezieht. Es handelt sich um einen Gesetzentwurf, der auch über das Jahr 1976 hinaus für weitere fünf Jahre die Einfuhr von Kohle in der Größenordnung von 5,5 Millionen Tonnen pro Jahr erlaubt. Wir glauben, daß diese Menge ausreichend ist, weil sie sich an den tatsächlich in den letzten Jahren realisierten Importmengen orientiert. Diese Importkohlekontingente bedeuten insbesondere für den strukturschwächeren norddeutschen Raum eine Unterstützung, da Importkohle für norddeutsche Kraftwerke, die aus Übersee, aus England, aber insbesondere auch aus Polen eingeführt werden kann, billiger als Ruhrkohle zu beziehen ist.
    Es mag darum — wenn Sie so wollen — gut passen, daß gerade heute nach einer langen Debatte über Vereinbarungen mit dem Nachbarland Polen auch auf diesen Tatbestand im Zusammenhang mit der Energiepolitik hingewiesen werden kann. Ich möchte hinzufügen, daß gerade der Einsatz von Importkohle in norddeutschen Kraftwerken sehr dazu beiträgt, auf der einen Seite eine halbwegs preiswerte Stromerzeugung in dieser Region durchzuführen, auf der anderen Seite aber einen wesentlichen Lieferanten, nämlich den Staat Polen, in seiner Devisenausstattung in den Stand zu versetzen, so manche Aufträge — vielleicht noch mehr als in der Vergangenheit - beispielsweise an Werften in Schleswig-Holstein zu vergeben.
    Wir sehen, daß die Kohleabgabe zwar die Verbraucherbelastung erhöht, daß aber insbesondere aus norddeutscher Sicht ein gewisser Vorteil gegengerechnet werden muß, der gerade in der Verwendung der billigeren Importkohle liegt. Unabhängig davon leistet — wie ich meine — die Importkohle auch einen Beitrag zur unbedingt erforderlichen Diversifikation im Energiebereich mit dem Ziel, Energie sowohl sicher als auch preiswert im Rahmen der Möglichkeiten bereitzustellen.
    Die energiepolitische Situation, die zu dieser Änderung des Dritten Verstromungsgesetzes führt, scheint mir allerdings auch die Notwendigkeit erkennen zu lassen, in Zukunft mehr Gedankenarbeit darauf zu verwenden, wie die Handlungsalternativen der Regierung in der Energiepolitik erweitert und vertieft werden können. Ich glaube, man kann feststellen, daß es eine Tendenz zur Versteinerung der energiepolitischen Handlungsmöglichkeiten gibt. Das muß um so bedenklicher erscheinen, als bei einem geschärften Bewußtsein der Öffentlichkeit für die essentielle Bedeutung der Energieversorgung für jeden einzelnen Bürger und das Funktionieren der Volkswirtschaft die volle politische Verantwortung aus der Sicht des Staatsbürgers bei der Regierung liegt. Das kann nicht zufriedenstellend sein. Es bedarf besonderer Anstrengungen in der Zukunft, damit sich die Handlungsmöglichkeiten der Regierung im energiepolitischen Bereich zumindest nicht weiter verengen. Ich möchte das in ganz wenigen Sätzen andeuten.

    (Wehner [SPD] : Ja, sehr wenige wäre besser!)

    — Herr Kollege Wehner, in diesem Hause wird Zeit für manches gebraucht und auch vertan. Ich erachte es als richtig, auch zu dieser Stunde noch einige Bemerkungen zu dieser Frage vorzutragen.
    Rasche Veränderungen in der Kohleförderung sind sowohl aus regionalpolitischen als auch zum Teil aus technischen Gegebenheiten heraus kaum möglich. Mit zunehmendem Anteil der Elektrizität aus Kernenergie erhöht sich ebenfalls diese Versteinerungstendenz, weil Kernkraftwerke nur in der Grundlast — und das heißt: rund um die Uhr und unter voller Kapazitätsausnutzung — sinnvoll betrieben werden können. Wenn darüber hinaus eine ständige und sehr langfristige Verpflichtung zur Abnahme und damit auch zur Bezahlung weit im voraus vertraglich vereinbarter Gasmengen besteht und zum anderen die Verarbeitungsmöglichkeiten des Rohöls beispielsweise durch den technischen Stand vieler Raffinerien begrenzt sind, muß man, wie ich meine, zu dem Schluß kommen, daß diesen Tendenzen energisch entgegengewirkt werden muß, wenn der Staat seinen energiepolitischen Aufgaben in Zukunft noch gerecht werden will. Verschafft er sich diese Handlungsflexibilität nicht, kann er in ernsthafte energiepolitische Schwierigkeiten kommen, wenn sich langfristig prognostizierte Energieverbrauchszahlen, aus



    Zywietz
    welchen Gründen auch immer, nicht mit dem realen Wirtschaftsablauf decken.
    Meine Damen und Herren, wir begrüßen die vorgesehene Hilfestellung für die Kohle im Verstromungsbereich, die — neben einer Haldenbevorratung — bei einem normalen Produktionsrhythmus richtige Maßnahmen sind, die Arbeitsplätze im Bergbau zu sichern und ebenfalls sicheren Strom zu garantieren. Wir begrüßen ausdrücklich auch die Bereitschaft der Elektrizitätswirtschaft zur Zusammenarbeit, die letztlich die vorgeschlagenen Lösungen ermöglicht hat, auch wenn ich den Eindruck hatte, daß es nicht während der ganzen Zeit der Verhandlungen so positiv ausgesehen hat, wie es vielleicht das Endergebnis erscheinen läßt. Ich kann nur hoffen und wünschen, daß die weitere Zusammenarbeit durch das Motto geprägt sein mag: Gesagt, aber auch getan.
    Ich möchte darum hervorheben, daß insbesondere die Liebhaber unseres Wirtschaftssystems, die zugleich Vorständen großer Unternehmen, vor allem großer öffentlicher Unternehmen angehören, sich nicht immer und ausschließlich nur auf betriebswirtschaftliche Überlegungen und Entscheidungen zurückziehen. Die unternehmerische Verantwortung in einem so wichtigen und sensiblen Bereich wie der Energiepolitik muß nach meinem Dafürhalten zumindest etwas weiter reichen. Es erscheint mir notwendig, dies noch abschließend an die Adresse einiger am Dritten Verstromungsgesetz Beteiligter anzumerken, einem Gesetz, dem wir im übrigen als FDP zustimmen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)