Rede von
Dr.
Alois
Mertes
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Gut!
Wir sehen natürlich auch — deshalb sitzen wir hier im Bundestag —, daß konkrete Politik notwendig ist. Das ist doch nicht die Frage. Es ist auch nicht die Frage, Herr Bundeskanzler, ob irgend jemand in diesem Hause kompromißlos ist. Das wäre doch totalitär. Niemand denkt hier totalitär. Aber es muß doch in diesem Hause noch möglich sein, darüber zu diskutieren, ob Sie einen guten oder einen schlechten Kompromiß in Helsinki geschlossen haben.
Noch einmal: Frankreich, Israel und Polen. Lassen Sie mich in allem Freimut sagen: Ein deutscher Politiker muß der Anwalt der Rechte und Interessen seines Volkes sein.
Sie wollen das auch sein, und wir unterstellen Ihnen das. Aber wir müssen doch hier darüber streiten können, welcher Anwalt besser plädiert, Sie oder wir.
— Das mag Ihre Meinung sein, und ich respektiere diese Meinung; aber ich teile sie natürlich nicht.
Die Verständigung mit Israel und die Verständigung mit Frankreich waren möglich — das hat Adenauer immer wieder betont —, weil es auch eine glückliche Konvergenz der Interessen dieser Staaten mit elementaren deutschen Interessen gegeben hat. Vergessen gerade Sie eines nicht, Herr Kollege Brandt:
Der Staat Israel ist einer der ganz wenigen Staaten, die die DDR nicht anerkannt haben, nicht, weil hier „jüdische Geldgier" am Werke ist und Israel nichts bekommt; das wäre eine Beleidigung Israels. Was die Israelis so beleidigt, ist dies: auf deutschem Boden gibt es eine Regierung und ein System, das sich mit Hilfe eines ideologischen Tricks aus der deutschen Geschichte herausstiehlt.
Das ist der Grund, weshalb Israel die DDR nicht an_ erkennt.
Meine Damen und Herren, Israel und Frankreich haben niemals das Recht des deutschen Volkes auf einen Friedensvertrag aberkannt. Israel und Frankreich haben das Selbstbestimmungsrecht des deutschen Volkes konkret und rechtlich immer respektiert. Wie sähe es aus, wenn das polnische Volk wirklich das Selbstbestimmungsrecht hätte? Ich hoffe, Sie haben alle in den letzten Wochen gesehen, was sich im Sejm zugetragen hat; dort hat es einstimmige Beschlüsse über die verfassungsmäßige Bindung Polens an die Sowjetunion in der Verfassung gegeben. Wer in diesem Hause, wer in Polen glaubt denn, daß diese einstimmigen Beschlüsse dem Willen des polnischen Volkes entsprechen?
— Ja, ich werde weiterreden; ich tue Ihnen gern diesen Gefallen, Herr Kollege Wehner.
— Ich verstehe, Herr Kollege Wehner, daß Sie gewisse Bedürfnisse empfinden.
hundertprozentige Entscheidungen in einem Parlament für richtig zu halten.
— Wissen Sie, auf einen großen Klotz gehört ein grober Keil.
Meine Damen und Herren, ich bin davon überzeugt, daß, wenn das polnische Volk — —