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ID0717529200

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    Deutscher Bundestag Stenographischer Bericht 175. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 4. Juni 1975 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung . . . . . 12207 A Wahl des Herrn Walter Haack und des Abg. Dr. Czaja zu Mitgliedern des Verwaltungsrates der Lastenausgleichsbank . . . 12207 B Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 12207 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 12207 C Erklärung der Bundesregierung betr. Sitzung des Verwaltungsrats der IEA am 27. Mai 1975 in Paris, Sitzung des Ministerrats der OECD am 28. Mai 1975 in Paris und Sitzung des Ministerrats der NATO am 29./30. Mai 1975 in Brüssel Schmidt, Bundeskanzler 12229 B Dr. Carstens (Fehmarn) (CDU/CSU) . . 12231 C Mattick (SPD) 12234 C Hoppe (FDP) 12238 D Röhner (CDU/CSU) (Bemerkung gem. § 35 GO) 12241 B Fragestunde — Drucksache 7/3706 vom 30. 5. 75 — Förderung privater Tagesreisen in die DDR durdi touristische Informationsschriften MdlAnfr A1 30.05.75 Drs 07/3706 Böhm (Melsungen) CDU/CSU Antw PStSekr Herold BMB 12208 C, 12209 A, B, C ZusFr Böhm (Melsungen) CDU/CSU . . . 12208 A ZusFr Hösl CDU/CSU . . . . . . . . 12208 B ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 12208 C Vermeidung von Flugzeugentführungen durdi eine Verpflichtung aller UN-Mitgliedstaaten zur Auslieferung der Entführer MdlAnfr A6 30.05.75 Drs 07/3706 von Bockelberg CDU/CSU MdlAnfr A7 30.05.75 Drs 07/3706 von Bockelberg CDU/CSU Antw PStSekr Baum BMI . . 12208 D, 12209 A, B ZusFr von Bockelberg CDU/CSU . . . . 12209 B II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 175. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Juni 1975 Verhinderung von Verkehrsstaus im Transitverkehr von und nach Berlin durch zügige Durchführung der notwendigen Kontrollen in Zeiten erhöhten Verkehrsaufkommens MdlAnfr A9 30.05.75 Drs 07/3706 Löffler SPD Antw PStSekr Baum BMI 12210 C, D ZusFr Löffler SPD 12210 D Erklärung von Bundesminister Bahr über die Regierungsbindung der Deutschen Welle MdlAnfr A11 30.05.75 Drs 07/3706 Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU MdlAnfr Al2 30.05.75 Drs 07/3706 Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU Antw PStSekr Baum BMI 12211 A, C, D ZusFr Dr. Klein (Göttingen) CDU/CSU . . 12211 C ZusFr Reddemann CDU/CSU 12211 D Veröffentlichung der Dokumentation über die Kriegsgefangenen des 2. Weltkrieges MdlAnfr A13 30.05.75 Drs 07/3706 Dr. Hupka CDU/CSU Antw PStSekr Baum BMI . . . 12212 A, B, C, D, 12213 A, B ZusFr Dr. Hupka CDU/CSU 12212 B, C ZusFr Windelen CDU/CSU . . . . . 12212 D ZusFr Sauer (Salzgitter) CDU/CSU . . . 12212 D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 12212 D ZusFr Burger CDU/CSU . . . . . . 12213 A ZusFr Nordlohne CDU/CSU 12213 B ZusFr Ey CDU/CSU . . . . . . . . 12213 B Verplanung der Haushaltsmittel des Bundesministeriums für innerdeutsche Beziehungen für den Sportstättenbau im Zonenrandgebiet MdlAnfr A18 30.05.75 Drs 07/3706 Niegel CDU/CSU Antw PStSekr Baum BMI . 12213 C, 12214 A, B, C ZusFr Niegel CDU/CSU 12214 A, B ZusFr Hösl CDU/CSU . . . . . . . 12214 B ZusFr Burger CDU/CSU . . . . . . 12214 C Regelung der landwirtschaftlichen Düngung mit Gülle, Jauche und Stallmist nach § 15 Abs. 2 des Abfallbeseitigungsgesetzes oder durch Verordnung der zuständigen Landesbehörden MdlAnfr A20 30.05.75 Drs 07/3706 Ey CDU/CSU Antw PStSekr Baum BMI . . 12214 D, 12215 A, B ZusFr Ey CDU/CSU 12214D, 12215 A ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . 12215 B Zeugnisverweigerungsrecht der freien Journalisten, die ihre Arbeiten Presseorganen, Rundfunk und Fernsehen anbieten MdlAnfr A21 30.05.75 Drs 07/3706 Reiser SPD Antw PStSekr Dr. de With BMJ . . . . 12215 C, D ZusFr Reiser SPD . . . . . . . . . 12215 C, D Ausstattung der Pressemitteilungen des Bundesjustizministeriums mit einem Portraitfoto des Ministers MdlAnfr A22 30.05.75 Drs 07/3706 Reddemann CDU/CSU Antw PStSekr Dr. de With BMJ . . . . . 12215 D, 12216 A, B, C, D ZusFr Reddemann CDU/CSU . . . . . 12216 A, B ZusFr Höcherl CDU/CSU . . . . . . 12216 B, C ZusFr Grobecker SPD . . . . . . . . 12216 C ZusFr Wehner SPD . . . . . . . . . 12216 D Notwendigkeit und Zulässigkeit einer besonderen öffentlichen Aufsicht nach dem geltenden Vereinsrecht über Vereinigungen mit Monopolstellung MdlAnfr A23 30.05.75 Drs 07/3706 Dr. Arndt (Hamburg) SPD MdlAnfr A24 30.05.75 Drs 07/3706 Dr. Arndt (Hamburg) SPD Antw PStSekr Dr. de With BMJ . . . . 12216 D, 12217 B, C, D, 12218 A, B ZusFr Dr. Arndt (Hamburg) SPD . . .12217 B, C, 12218 A, B Einbringung eines Gesetzentwurfs zur Änderung des § 218 StGB durch die Bundesregierung MdlAnfr A25 30.05.75 Drs 07/3706 Spranger CDU/CSU Antw PStSekr Dr. de With BMJ . . 12218 B, C, D ZusFr Spranger CDU/CSU . . . . . . 12218 C, D Kenntnisse des Bundesministers Dr. Apel über führende Wirtschaftspolitiker seines Gastlandes bei seinem Besuch in Japan; Gesamtkosten der Fernostreise des Bundesfinanzministers und seiner Begleitpersonen MdlAnfr A29 30.05.75 Drs 07/3706 Möller (Lübeck) CDU/CSU MdlAnfr A30 30.05.75 Drs 07/3706 Möller (Lübeck) CDU/CSU Antw PStSekr .Haehser BMF . . .12219 A, B, C, D, 12220 A, B, D, 12221 A, B ZusFr Möller (Lübeck) CDU/CSU 12219 A, B, C, D ZusFr Jäger (Wangen) CDU/CSU . . . . 12220 A ZusFr Sauer (Salzgitter) CDU/CSU . . . . 12220 A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 175. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Juni 1975 III ZusFr Seiters CDU/CSU . . . . . . 12220 B ZusFr Wehner SPD 12220 C ZusFr Stahl (Kempen) SPD . . . . . 12220 D ZusFr Nordlohne CDU/CSU 12221 A ZusFr von Bockelberg CDU/CSU . . . 12221 B Gründe für die Verschiebung der Sitzung des „Arbeitskreises Steuerschätzungen"; Auswirkungen der Aufschiebung auf die Vorlage des Bundeshaushaltsplans 1976; Vorlage eines Nachtragshaushalts für den Etat 1975 MdlAnfr A31 30.05.75 'Drs 07/3706 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU MdlAnfr A32 30.05.75 Drs 07/3706 Schröder (Lüneburg) CDU/CSU Antw PStSekr Haehser BMF 12221 B, C, D, 12222 B ZusFr Schröder (Lüneburg) CDU/CSU . .12221 C, D, 12222 A ZusFr Dr. Althammer CDU/CSU . . . . . 12222 A Pressemeldungen über Steuermindereinnahmen bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer auf Grund des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung MdlAnfr A34 30.05.75 Drs 07/3706 Dr. Häfele CDU/CSU MdlAnfr A35 30.05.75 Drs 07/3706 Dr. Häfele CDU/CSU Antw PStSekr Haehser BMF . 12222 B, D, 12223 A ZusFr Dr. Häfele CDU/CSU . . 12222 D, 12223 A Erlaß der Richtlinien nach § 54 des Schwerbeschädigtengesetzes; Vergabe öffentlicher Aufträge an Schwerbeschädigtenwerkstätten MdlAnfr A37 30.05.75 Drs 07/3706 Braun CDU/CSU MdlAnfr A38 30.05.75 Drs 07/3706 Braun CDU/CSU Antw PStSekr Grüner BMWi . . 12223 B, C, D, 12224 A ZusFr Braun CDU/CSU . . . . . . . . 12223 C ZusFr Burger CDU/CSU . . . 12223 D, 12224 A Aufklärung der Öffentlichkeit über eine wirksame Einsparung beim Verbrauch von Benzin und sonstigen Kraftstoffen zwecks Ausübung eines Drucks auf die Preisgestaltung der Mineralölkonzerne nach den neuerlichen Benzinpreiserhöhungen MdlAnfr A42 30.05.75 Drs 07/3706 Dr. Jens SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . . 12224 B, C, D ZusFr Dr. Jens SPD 12224 C, D Nichtaufnahme eines Hinweises des Wirtschaftsausschusses im Vierten Rahmenplan zur Abstimmung der Strukturmaßnahmen mit dem Bundesraumordnungsprogramm; Koordinierung der Maßnahmen zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur mit den übrigen Fachplanungen MdlAnfr A43 30.05.75 Drs 07/3706 Dr. Ahrens SPD MdlAnfr A44 30.05.75 Drs 07/3706 Dr. Ahrens SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . 12225 A, B, C, D, 12226 A ZusFr Dr. Ahrens SPD . . . . . 12225 A, B, D ZusFr Immer (Altenkirchen) SPD . . . . 12225 C ZusFr Hösl CDU/CSU . . . . . . . . 12225 C Schließung einer Raffinerie und zunehmende Arbeitslosigkeit im Raum Ingolstadt infolge Wettbewerbsschwierigkeiten des aus der Fusion von VEBA und Gelsenberg hervorgegangenen nationalen Mineralölkonzerns MdlAnfr A45 30.05.75 Drs 07/3706 Schmidt (München) SPD MdlAnfr A46 30.05.75 Drs 07/3706 Schmidt (München) SPD Antw PStSekr Grüner BMWi . 12226 A, B, C, D, 12227 A, B ZusFr Schmidt (München) SPD . . . . 12226 B, C, 12227 A, B Bereitstellung beantragter Mittel zur Durchführung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bei noch nicht begonnenen Projekten MdlAnfr A54 30.05.75 Drs 07/3706 Spranger CDU/CSU Antw PStSekr Buschfort BMA . 12227 D, 12228 A ZusFr Spranger CDU/CSU . . . 12227 D, 12228 A Hilfe für Gemeinden mit finanziellen Verpflichtungen aus Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nach dem am 4. Mai 1975 verfügten Stopp der ABM-Mittel MdlAnfr A55 30.05.75 Drs 07/3706 Niegel CDU/CSU Antw PStSekr Buschfort BMA . . 12228 B, C, D, 12229 A ZusFr Niegel CDU/CSU 12228 B, C ZusFr Hösl CDU/CSU . . . . . . . 12228 D ZusFr Spranger CDU/CSU 12228 D ZusFr Stahl (Kempen) SPD 12229 A Nächste Sitzung 12241 D IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 175. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Juni 1975 Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . . 12243* A Anlage 2 Beschluß des Bundesrates zur Änderung des Bundeswahlgesetzes . . . . . . . . . 12243* C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 175. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 4. Juni 1975 12207 175. Sitzung Bonn, den 4. Juni 1975 Beginn: 13.01 Uhr
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    Berichtigung 39. Sitzung, Seite 2176 B, Zeile 16, ist statt „Scheinhaltung" zu lesen: „Geheimhaltung". Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 6. 6. Dr. Bangemann 4. 6. Behrendt * 6. 6. Büchner (Speyer) ** 4. 6. Dr. Dregger 6. 6. Flämig * 6. 6. Frehsee * 4. 6. Geldner 5. 6. Dr. Gölter *** 6. 6. Härzschel * 4. 6. Hauser (Krefeld) 4. 6. Heyen 6. 6. Dr. Hirsch 4. 6. Dr. Holtz ** 6. 6. Dr. Jaeger 6. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 6. 6. Kater 20. 6. Dr.-Ing. Laermann 4. 6. Dr. Graf Lambsdorff 6. 6. Lautenschlager * 6. 6. Lenzer *** 5. 6. Maucher 11. 6. Frau Meermann 6. 6. Memmel * 6. 6. Dr. Mende ** 5. 6. Müller (Mülheim.) * 6. 6. Dr. Müller (München) ** 4. 6. Mursch (Soltau-Harburg) * 7. 6. Frau Dr. Orth* 4. 6. Picard 20. 6. Frau Pieser 6. 6. Richter *** 6. 6. Dr. Ritgen 21. 6. Ronneburger 6. 6. Scheffler 5. 6. Dr. Schellenberg 20. 6. Schmidt (München) * 6. 6. Schmidt (Wuppertal) 4. 6. von Schoeler 6. 6. Frau Schroeder (Detmold) 6. 6. Dr. Schulz (Berlin) 6. 6. Dr. Schwencke (Nienburg) *** 5. 6. Dr. Schwörer * 6. 6. Dr. Freiherr Spies von Büllesheim 6. 6. Springorum * 6. 6. Strauß 4. 6. Dr. Vohrer ** 6. 6. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates *** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) entschuldigt bis einschließlich Dr. h. c. Wagner (Günzburg) 20. 6. Walkhoff * 5. 6. Dr. Wallmann 6. 6. Dr. von Weizsäcker 4. 6. Zywietz 7. 6. Anlage 2 Beschluß des Bundesrates zum Gesetz zur Änderung des Bundeswahlgesetzes Der Bundesrat ist der Ansicht, daß das Gesetz seiner Zustimmung bedarf. Der Bundesrat hat in seiner 420. Sitzung am 30. Mai 1975 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 10. April 1975 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 84 Abs. 1 des Grundgesetzes zuzustimmen. Ferner hat der Bundesrat die folgende Entschließung gefaßt: Der Bundesrat ist der Auffassung, daß die Frage des aktiven Wahlrechts für Deutsche im Ausland mit dem Ziel der Erweiterung des wahlberechtigten Personenkreises unter dem Gesichtspunkt der Wahlgleichheit dringend einer Neuregelung bedarf. Er fordert die Bundesregierung auf, den gesetzgebenden Körperschaften die hierzu erforderlichen Regelungen alsbald vorzuschlagen. Begründung: Deutsche, die ihren Wohnsitz im Ausland haben, sind nur unter den engen Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 des Bundeswahlgesetzes zum Deutschen Bundestag wahlberechtigt. Zum wahlberechtigten Personenkreis gehören hiernach lediglich Beamte, Soldaten, Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Dienst, die auf Anordnung ihres Dienstherrn ihren Wohnsitz oder dauernden Aufenthalt im Ausland genommen haben, sowie die Angehörigen ihres Hausstandes. Diese enge Begrenzung des Wahlrechts für Deutsche im Ausland kann - auch unter dem Gesichtspunkt der Wahlgleichheit - nicht auf Dauer aufrechterhalten werden. Der Deutsche Bundestag hat daher bereits am 9. Juni 1972 (BT-Drucksache VI/3482) die Bundesregierung ersucht, den gesetzgebenden Körperschaften eine befriedigende Lösung für die Erweiterung des Wahlrechts zu unterbreiten. Wie das Schreiben des Bundesministers des Innern vom 1. März 1974 (VI 5-121 111-4/5) an den Vorsitzenden des Innenausschusses des Deutschen Bundestages ausweist, sind derartige Lösungsmöglichkeiten gegeben, wobei auch eine praktikable wahltechnische Gestaltung des Verfahrens sichergestellt werden kann.
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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


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    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In der letzten Woche haben in Paris und Brüssel drei wichtige internationale Konferenzen und vielerlei bilaterale Begegnungen stattgefunden, bei denen unser Staat durch die Herren Genscher und Friderichs und durch mich selbst vertreten war, nämlich Konferenzen des Verwaltungsrats der Internationalen Energie-Agentur, des OECD-Ministerrats und des Rats der Atlantischen Allianz, letzterer unter Teilnahme der Regierungs-
    und Staatschefs.

    (Vorsitz: Präsident Frau Renger)

    Der Kürze wegen fasse ich die Berichterstattung zusammen, zumal zwischen den Gegenständen, die auf diesen Konferenzen behandelt wurden, für die Bundesregierung auch ein starker innerer Zusammenhang besteht. Denn die Bewahrung der politischen Stabilität in den Mitgliedsländern des Bündnisses und darüber hinaus — dies füge ich hinzu — der westlichen Welt wird nur dann gelingen, wenn sie die wirtschaftliche Stabilität wiedergewinnen. Ich habe Wert darauf gelegt, die Staats- und Regierungschefs der Allianz auch auf diesen Zusammenhang nochmals aufmerksam zu machen.
    Ich bin dabei von der Feststellung ausgegangen, daß die Weltwirtschaft die in besonders schwerer Form eingetretene Weltrezession bisher noch nicht überwunden hat und daß manche Länder sich sogar am Rande der Depression befinden. Ich halte es für unerläßlich, daß die Regierungen ihre Wirtschaftspolitik laufend unter dem Gesichtspunkt überprüfen, welche konjunkturpolitischen Impulse notwendig sind, um unsere Volkswirtschaften wieder auf den Pfad eines gesunden Wachstums zurückzuführen und die Arbeitslosigkeit wirksam zu verringern.
    Zur Erreichung dieses Zieles habe ich vier Vorschläge gemacht:
    Erstens. Wir müssen unsere Bemühungen durch abgestimmtes Handeln wechselseitig unterstützen; „wir" heißt: die Staaten, die miteinander verbunden sind. Hierzu eignet sich gegenwärtig vor allem eine Kreditpolitik mit dem Ziel eines kooperativen weiteren Abbaus vornehmlich auch der langfristigen Zinssätze, die für die Investitionen entscheidend sind. Das kreditpolitische Vorgehen etwa Frankreichs, der Vereinigten Staaten von Amerika, der Schweiz und der Bundesrepublik in den letzten Wochen ist ein Ausdruck dessen, was ich meine. Die Geld- und Zinspolitik muß so koordiniert sein, daß es nicht zu weiteren, den Welthandel störenden Wechselkursverzerrungen kommt. Ohne abgestimmtes Vorgehen liefen wir Gefahr, daß ein Schrumpfen der internationalen Nachfrage die von uns erstrebte Expansion der Inlandsnachfrage kompensiert, d. h. unwirksam macht.
    Zweitens. Nationale Restriktionen des Welthandels oder ein Wiederaufleben des nationalen Protektionismus müssen auch weiterhin vermieden werden. Keiner darf bestrebt sein, seine eigene Notlage auf Kosten seiner Wirtschaftspartner, auf Kosten Dritter zu erleichtern.
    Drittens. Gegenüber der Inflation darf man trotz der Erfolge wichtiger Länder bei der Dämpfung des Preisauftriebs nicht sorglos werden. In manchen Ländern müssen die Kostenerhöhungen und die Lohnerhöhungen begrenzt und ausreichende Erträge für die Finanzierung realer Investitionen ermöglicht werden.
    Viertens. Die im April dieses Jahres von Präsident Giscard d'Estaing einberufene Vorkonferenz zur Vorbereitung des Dialogs zwischen den Erdöl- und Entwicklungsländern und den Industrieländern muß so bald wie möglich wieder aufgenommen werden. Der Gestaltung unseres Verhältnisses zu diesen Ländern kommt in einer Zeit hoher und noch wachsender ökonomischer Interdependenz besondere Bedeutung zu.
    Dies alles sind Gesichtspunkte, die wir bei allen diesen Gelegenheiten vertreten haben. Wir haben weiter gesagt: die Industriestaaten müssen hierbei ein erhebliches Mindestmaß an politischer Flexibilität entwickeln, gepaart mit dem festen Willen, an den Elementen der ökonomischen Stabilität der Weltwirtschaft festzuhalten. Aber dieselbe Flexibilität, dieselbe Kompromißbereitschaft müssen wir allerdings auch von unseren Verhandlungspartnern auf Seiten der Öl- und Entwicklungsländer erwarten.



    Bundeskanzler Schmidt
    Wir haben den Eindruck, daß diese deutschen Vorschläge nicht ohne Wirkung geblieben sind, wie sie ja auch international ein positives öffentliches Echo gefunden haben.
    Die Mitgliedstaaten haben sich bereit erklärt, den damals im April auf der Pariser Vorkonferenz eingeleiteten Meinungsaustausch mit den Erdöl- und Entwicklungsländern wieder aufzunehmen. Wichtig ist dabei, daß nunmehr alle Mitgliedstaaten der Internationalen Energieagentur bereit sind, eine Methode für die Behandlung aller auf der Vorkonferenz aufgeworfenen Fragen zu entwickeln. Oder, im Klartext gesprochen: man darf davon ausgehen, daß sie nicht erneut an Tagesordnungsfragen scheitern.
    Auf diese Weise sind jetzt die Weichen dafür gestellt, daß es zu einer konstruktiven Prüfung sowohl der Energiefragen als auch der von den Erdöl- und Entwicklungsländern vorgetragenen Wünsche auf den Sektoren Rohstoffe, Nahrungsmittel, Entwicklungshilfe kommen kann.
    Darüber hinaus hat die Tagung der Energieagentur die Solidarität der erdölverbrauchenden westlichen Industrieländer und damit unsere Ausgangsbasis für den zuvor genannten Dialog verstärkt. Wir werden gemeinsam unsere Energieeinsparungsziele, über den bisher erfaßten Zeitraum hinausgehend, bis 1985 festlegen. Demnächst werden weitere Entscheidungen über die Entwicklung alternativer Energieträger sowie konkrete Programme und Projekte auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung zustande gebracht werden.
    Ich hoffe sehr, daß die Erdöl- und die Entwicklungsländer diese Signale positiv aufnehmen. Wenn wir sie von unserer Bereitschaft zur Kooperation überzeugen, werden, so hoffe ich, diese Adressaten dann um so eher erkennen, daß ein Umsturz der bestehenden Weltwirtschaftsordnung auch ihnen nur verderbliche Nachteile bringen würde und daß die Verwirklichung gerechter Forderungen nur durch eine vernünftige kooperative Fortentwicklung des Bestehenden erreichbar gemacht werden kann.
    In der Diskussion über die weltweite Wirtschaftslage äußerten die Vertreter der meisten großen Industriestaaten, unter ihnen auch die USA, die Hoffnung, daß die rezessiven Tendenzen in ihren Staaten schon bald einem neuen Aufschwung Platz machen könnten. Daß sich in der Bewertung der für einen Aufschwung erforderlichen Maßnahmen Auffassungsunterschiede zeigten, sollte nicht überraschen. Die Schwierigkeiten in den einzelnen Staaten sind von unterschiedlicher Art, und sie sind, wie wir alle wissen, auch von unterschiedlichem Umfang.
    Der deutsche Appell, die Politik der Konjunkturbelebung auf eine Weise zu verfolgen, die keinen neuen Preisauftrieb auslöst, hat vor allem bei unseren großen Partnerländern auch im Rahmen der OECD Widerhall gefunden. Und ich vermerke mit Genugtuung, daß das Versprechen erneuert wurde, von restriktiven Handelspraktiken keinen Gebrauch zu machen. Dem Appell an die Parlamente unserer Staaten, den finanziellen Beistandsfonds, der in besondere Not geratenen OECD-Partnern Zahlungsbilanzhilfe leisten soll, bald zu ratifizieren, darf ich mich hier heute ausdrücklich anschließen.
    Im übrigen — und dies ist in seiner Bedeutung weiß Gott kein gegenüber dem eben vorgetragenen minderer Punkt — hat das Treffen der Regierungschefs der Allianz Gelegenheit gegeben, die Geschlossenheit des Bündnisses nach außen zu manifestieren. Die deutsche Delegation hat ihren Beitrag dazu geleistet. Präsident Giscard d'Estaing, der sich im Rat durch den Außenminister Frankreichs vertreten ließ, war immerhin zum gemeinsamen Abendessen und zu den sich bei dieser Gelegenheit ergebenden bilateralen Unterhaltungen insbesondere auch mit Präsident Ford anwesend. Die Beratungen dieser Staats- und Regierungschefs waren charakterisiert durch Freimut, aber auch durch Verständnis für die Schwierigkeiten einzelner Verbündeter. Natürlich konnten bei einer solchen Gelegenheit nicht alle Meinungsverschiedenheiten ausgeräumt werden. Aber das Brüsseler Treffen — und zwar sowohl die multilaterale Beratung im Rat als auch die bilateralen Gespräche am Rande der Konferenz — hat hinsichtlich einer Anzahl von Fragen, die beantwortet werden müssen, günstige Auswirkungen erzielt.
    Herr Kollege Genscher und ich selbst hatten Gelegenheit zu eingehendem Meinungsaustausch mit Präsident Ford, mit den Ministerpräsidenten Demirel und Gonçalves, mit Premierminister Wilson, und außerdem kam es zum bilateralen Meinungsaustausch mit Premierminister Trudeau sowie mit den Ministerpräsidenten Moro, Hallgrimsson, Jörgensen und Bratteli. Und in Klammern füge ich hinzu, daß wir mit dem Ministerpräsidenten Griechenlands, mit Herrn Karamanlis, ja unmittelbar vor dieser Konferenz hier in Bonn einen sehr ausführlichen und übrigens fruchtbaren Meinungsaustausch gehabt haben.
    Lassen Sie mich eine knappe Bilanz dieser multilateralen und vielerlei bilateralen Gespräche ziehen. Präsident Ford hat das amerikanische Engagement in Europa ohne Einschränkung bekräftigt. Er hat erklärt, die Verpflichtungen aus dem atlantischen Bündnis, insbesondere die des gegenseitigen Beistands nach Art. 5, sind nach amerikanischem Verfassungsrecht höchstes Gesetz der Verenigten Staaten von Amerika.
    Ich habe in meiner nachfolgenden Erklärung, die im übrigen im Bulletin abgedruckt wurde, besonderes Gewicht darauf gelegt, daß wir — und dies gerade in Zeiten, in denen Amerika an der Bürde weltweiter Verantwortung besonders zu tragen hat — an der Seite der Vereinigten Staaten von Amerika stehen, daß sich also die USA auch umgekehrt auf uns verlassen können. Ich habe hinzugefügt — und das war sicherlich die Meinung, wie sie in verschiedener Form dann durch die Sprecher der übrigen Regierungen zum Ausdruck gebracht wurde —, der Kern unseres Bündnisses, nämlich die amerikanischeuropäische Solidarität, ist intakt.
    Der belgische Ministerpräsident, der französische Außenminister und ich haben bei der Gelegenheit betont, daß nach unserem Urteil der europäische Einigungsprozeß ein wichtiger Beitrag zur



    Bundeskanzler Schmidt
    Stärkung der Allianz ist. Der Zusammenschluß von neun europäischen Staaten mit der Perspektive einer Europäischen Union wird uns die Chance geben, in Zukunft für Nordamerika ein noch stärkerer Partner zu werden.
    Meine Damen und Herren, wenn im Schlußkommuniqué von der Entschlossenheit der Bündnispartner gesprochen wird, „ihre Solidarität ... dort, wo sie beeinträchtigt ist, wiederherzustellen", so sind damit die Zerwürfnisse zwischen zwei Bündnispartnern in einer Region im Südosten gemeint, die für die Sicherheit der Allianz allerdings von lebenswichtiger Bedeutung ist.
    Die Brüsseler Konferenz und die zum Teil vorangegangenen, zum Teil gleichzeitig geführten bilateralen Gespräche haben dazu geführt, daß der griechische und der türkische Ministerpräsident Gelegenheit genommen haben, persönlich miteinander in Verbindung zu treten. Sie haben nach einem sehr langen Gespräch miteinander gemeinsam erklärt, daß sie die griechisch-türkischen Streitigkeiten beenden wollen. Ihr Gespräch ist für die Allianz ermutigend. Es gibt uns auch bescheidene Hoffnungen, daß das Los der Flüchtlinge auf Zypern erleichtert werden kann.
    Was den Allianzpartner Portugal angeht, so möchte ich vor diesem Haus den Passus aus meiner Erklärung vor dem Rat wiederholen. Ich darf zitieren:
    Ich begrüße das wiederholte Bekenntnis der portugiesischen Regierung zum Atlantischen Bündnis. Wir verfolgen mit großem Interesse die portugiesischen Bemühungen zur Schaffung einer demokratischen Gesellschaft. Wir haben Verständnis dafür, daß die Entwicklung demokratischer Strukturen nicht von heute auf morgen möglich ist. Andererseits liegt es auf der Hand, daß eine nichtdemokratische Entwicklung Probleme in unserer Gemeinschaft aufwerfen und letztlich zu einer Lage führen könnte, die mit der Mitgliedschaft in unserem Bündnis nicht vereinbar wäre.
    Das Schlußkommuniqué wertet die vom Bündnis auf der Grundlage einer glaubwürdigen Fähigkeit zur Abschreckung und zur Verteidigung gewährleistete kollektive Sicherheit als einen stabilisierenden Faktor. Dies wirkt positiv auf die internationalen Beziehungen als Ganzes und ist eine wesentliche Voraussetzung für den Frieden.
    Wir waren uns bei der Behandlung der laufenden Ost-West-Verhandlungen einig in der Notwendigkeit, die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa mit befriedigenden Regelungen abzuschließen. Übrigens haben sich die Aussichten dafür in allerletzter Zeit durchaus verbessert. Die Einsicht aller Verbündeten in den Zusammenhang zwischen der Entspannung in Europa und der Lage Berlins hat ihren Niederschlag gefunden, wie Sie gelesen haben werden.
    Die Außenminister der drei westlichen Mächte und der Bundesrepublik Deutschland haben übrigens am Vorabend des Gipfeltreffens, wie es ja seit vielen Jahren vor der Ministerratssitzung der
    Allianz regelmäßig geschieht, untereinander berlin- und deutschlandpolitische Fragen erörtert. Sie haben dabei ihren Willen unterstrichen, die Entspannungspolitik fortzusetzen, auch wenn es mal Schwierigkeiten gibt.
    Im übrigen geht aber die ganze Allianz davon aus, daß die gemeinsame Fähigkeit zur Verteidigung auch in Zukunft die Grundlage der Entspannungspolitik sein muß. Dazu gab es keinerlei Nuancen des Urteils, wie überhaupt und wie insgesamt Ziel und Zweck der Allianz keineswegs zur Debatte gestanden haben, sondern vielmehr in gelassener Selbstverständlichkeit unseren Beratungen unterstellt waren.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Carstens.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl Carstens


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf das eingehen, was der Herr Bundeskanzler am Schluß seiner Ausführungen behandelt hat, nämlich auf die NATO-Konferenz und die damit zusammenhängenden Fragen.
    Ich beginne mit einigen positiven Bemerkungen dazu. Wir in der CDU/CSU begrüßen es, daß die Solidarität der Bündnispartner auf dieser NATO-Konferenz erneut bekräftigt worden ist. Wir begrüßen es auch, daß die Allianz insgesamt ihr Eintreten für Berlin erneut bekräftigt und daß sie insbesondere erklärt hat, daß zwischen der Lage in Berlin und der Entspannung ein unlösbarer Zusammenhang besteht.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich möchte in diesem Zusammenhang besonders hervorheben, daß auch das Kommuniqué über die Beratungen der vier Außenminister am Vortage der NATO-Konferenz unsere volle Zustimmung findet. Der Bundesaußenminister hat auf dieser Konferenz die Interessen der Bundesrepublik und Berlins richtig und wirksam vertreten, und wir nehmen ihn gegen alle Angriffe, die dieserhalb von sowjetischen Zeitungen und Zeitungen Ostberlins gegen ihn gerichtet werden, ausdrücklich in Schutz und weisen diese Angriffe zurück.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Zu begrüßen ist die nüchterne Einschätzung der Entwicklung der Streitkräfte des Warschauer Paktes durch die NATO-Staaten. Die Streitkräfte des Warschauer Paktes nehmen — so heißt es in dem Kommuniqué — auch weiterhin an Stärke über jede ersichtliche Verteidigungsnotwendigkeit hinaus zu. Das ist ein deutliches und unüberhörbares Wort, welches wir uns alle, glaube ich, zu eigen machen sollten.
    Wir begrüßen ebenso selbstverständlich, wie der Bundeskanzler es getan hat, die Erneuerung und Bekräftigung der amerikanischen Bündniszusage an die europäischen Partner durch Präsident Ford.



    Dr. Carstens (Fehmarn)

    Auch schließe ich mich dem an und unterstütze das, was der Bundeskanzler gesagt hat: daß innerhalb des Bündnisses als ein wichtiger Beitrag zur Stärkung des Bündnisses der europäische Einigungsprozeß vorangehen muß. Dies sind Thesen und Forderungen, über die wir uns seit langer Zeit, glaube ich, einig gewesen sind.
    Aber nach diesen positiven Bemerkungen muß ich auch einige kritische Fragen anschließen und insbesondere auf das hinweisen, was wir sowohl in dem NATO-Kommuniqué als auch in den Erklärungen des Bundeskanzlers heute vermissen. Wir vermissen eine nüchterne und schonungslose Darstellung der Ausdehnung des Einflusses der kommunistischen Mächte, vor allen Dingen der Sowjetunion selbst, in der Welt — in Vietnam, in Portugal. Meine Damen und Herren, es kann doch wohl kein Zweifel daran bestehen, daß hinter der kommunistischen Partei in Portugal die Sowjetunion steht. Wir dürfen davor unsere Augen nicht verschließen. Nach Nachrichten, die uns in jüngster Zeit zugegangen sind, stellen wir mit großer Sorge fest, daß nunmehr in den ehemaligen portugiesischen Kolonien, in Angola, ein massiver Versuch der Infiltration mit Hilfe von Waffenlieferungen und auf andere Weise, insbesondere seitens der Sowjetunion und anderer osteuropäischer Staaten, gemacht wird.
    Wir vermissen eine nüchterne Darstellung des Gegenstücks zu dieser Entwicklung, nämlich eine nüchterne Darstellung der mangelnden westlichen Verteidigungsanstrengungen. Die Abschaffung des Prüfungsverfahrens für Wehrdienstverweigerer ist bestimmt kein Beitrag zur Stärkung der Verteidigungskraft;

    (Beifall bei der CDU)

    ebensowenig ist es die Verringerung der Wehrdienstzeit in Italien; ebensowenig ist es der ungenügende Umfang der Verteidigungshaushalte in zahlreichen westeuropäischen Ländern. Es ist gesagt worden — ich möchte das unterstreichen —, wenn hier soviel von der Glaubwürdigkeit der amerikanischen Bündnisgarantie die Rede ist, dann sollte man daran erinnern, daß viele westeuropäische Partner im Bündnis es an Glaubwürdigkeit, was ihre Bereitschaft und Entschlossenheit zur Verteidigung anlangt, fehlen lassen.
    Wir vermissen auch eine klare Aussage über Entspannung, Herr Bundeskanzler. Ost und West — das wird ja nun wirklich von Woche zu Woche deutlicher — verstehen unter Entspannung etwas Verschiedenes, ja, ich würde sagen, etwas Entgegengesetztes. Der Osten versteht unter Entspannung die Fortsetzung seiner Bemühungen um Ausdehnung seines Einflußbereichs, und für den Westen bedeutet Entspannung Sicherung des Friedens, Aussöhnung, Verständigung. Das sind auf der Seite des Westens edle Motive; das will ja niemand bestreiten.
    Aber sie stehen eben nicht im Einklang mit den Zielen und Motiven auf der anderen Seite. Ich erwähne als Beispiel nur den zunehmenden Druck auf Berlin, für .den ja hier viele Beispiele anzuführen wären. Ich möchte nur daran erinnern, daß im „Neuen Deutschland" von wenigen Tagen zum ersten Mal auch wieder drohende Töne hörbar waren. Dort heißt es — ich zitiere das Neue Deutschland sinngemäß —: Die DDR besitzt bekanntlich alle Möglichkeiten, der Bonner Regierung ihren Standpunkt noch deutlicher zu machen. Meine Damen und Herren, das sind Töne, die uns an den kalten Krieg erinnern. Wie Sie, Herr Bundeskanzler, unter diesen Umständen zu der Feststellung kommen können, daß sich gerade in der allerletzten Zeit die Voraussetzungen für einen positiven Abschluß der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit verbessert hätten, das ist eine Frage, die Sie uns beantworten müssen.

    (Beifall bei der CDU)

    Welches sind nun die Konsequenzen, die wir daraus ziehen müssen? Meine Damen und Herren, es wird wohl allmählich auch dem letzten Bürger in unserem Lande deutlich werden, was wir seit Jahren hier von dieser Stelle und von anderen Stellen aus vertreten haben, daß es nämlich in den entscheidenden Jahren 1970, 1971, 1972 seitens der Regierung der SPD und FDP unterlassen worden ist, das damals Mögliche zur Sicherung der Position Berlins zu tun.

    (Zuruf des Abg. Mattick)

    — Ja, natürlich war das damals möglich.

    (Beifall bei der CDU)

    Herr Kollege Mattick, das war damals möglich, weil Sie im damaligen Zeitpunkt die Forderungen der östlichen Seite, sowohl der Sowjetunion wie der DDR, in vollem Umfange erfüllt haben. Jetzt sind diese Forderungen erfüllt, und jetzt ist natürlich die Verhandlungsposition der Bundesrepublik Deutschland gegenüber ihren östlichen Partnern in dieser Frage einfach schwächer; das ist nicht zu leugnen.
    Aber ich denke, wir müssen Konsequenzen auch für die Zukunft ziehen. Wir müssen insbesondere ernst machen mit dem von mir soeben zitierten Satz, daß eine unauflösliche Verbindung zwischen der Lage mit Bezug auf Berlin und der Entspannung besteht. Und ich meine, wir müssen diesen Satz auch auf die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit anwenden.

    (Beifall bei der CDU)

    Wir müssen unsere eigenen Rechte in Berlin wahrnehmen. Meine Damen und Herren, es ist von ganz großer Bedeutung, daß wir in der Auseinandersetzung, die sich jetzt wieder abzuzeichnen beginnt, nicht von vornherein auf Positionen verzichten, die eindeutig unsere rechtlich gesicherten Positionen auch nach dem Viermächteabkommen von 1971 sind. Dazu gehören, was den Bundestag selbst anlangt, Sitzungen seiner Ausschüsse, Sitzungen seiner Fraktionen in Berlin. Dazu gehören, was die Bundesregierung anlangt, regelmäßige Besuche von Mitgliedern der Bundesregierung in Berlin. Dies ist ein wichtiger Ausdruck der Klammer, die zwischen Berlin und der Bundesrepublik besteht, und der Klammer, die für die Existenz Berlins von lebenswichtiger Bedeutung ist.

    (Beifall bei der CDU)

    Und, meine Damen und Herren, ich glaube, wir müssen drittens die Folgerung ziehen, daß die Auf-



    Dr. Carstens (Fehmarn)

    rechterhaltung der militärischen Präsenz der Westmächte in Berlin und in der Bundesrepublik Deutschland unverzichtbar ist. Unter diesen Umständen kann man nur mit großer Beunruhigung feststellen, daß die Jungsozialisten in einem Papier,

    (Zurufe von der SPD)

    welches vor wenigen Tagen bekannt wurde, den Abzug aller fremden Truppen aus einer Zone, die hier Entspannungszone genannt wird, gefordert haben, einer Zone, zu der die Bundesrepublik Deutschland, die DDR, die Tschechoslowakei, Polen und die Benelux-Staaten gehören sollen. Meine Damen und Herren, es handelt sich hier um eine Neuauflage der alten Bahrschen Sicherheitszone. Ich kann nur sagen: Hier handelt es sich um lebensgefährliche Experimente

    (Stücklen [CDU/CSU] : Sehr richtig!)

    mit der Sicherheit unseres Landes und der Sicherheit Berlins.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Wir vermissen in den Ausführungen des Bundeskanzlers und in dem NATO-Kommuniqué eine Aussage zu Spanien.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU)

    Es ist doch ein höchst merkwürdiger Zustand, daß die europäischen NATO-Partner es dem amerikanischen Präsidenten überlassen, die wichtigen militärischen Fragen mit der spanischen Regierung zu erörtern, während sie sich selbst außenvor halten und es offenbar für besser halten, in diese Gespräche nicht einzutreten. Ich möchte ganz klar sagen: es handelt sich nicht darum, vorzuschlagen, daß Spanien volles Mitglied der NATO wird, aber es ist doch ernsthaft zu prüfen, ob nicht die NATO engere Verbindungen zu Spanien herstellen sollte — aus militärischen Gründen, aus Gründen der Verteidigung und der Sicherheitspolitik, aber vielleicht auch mit dem Ziel, den Weg Spaniens zu einem freiheitlich-demokratischen Staat zu erleichtern.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Durch die Reaktion — die ich nur als hysterisch bezeichnen kann —

    (Vogel [Ennepetal] [CDU/CSU]: So ist es!)

    mancher westeuropäischer Sozialisten auf den Komplex Spanien wird nichts gewonnen.

    (Damm [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Man bekommt den Eindruck, als ob etwa Spanien die größte Gefahr für die Freiheit in Westeuropa darstellen würde.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, ich identifiziere mich nicht -- niemand von uns tut das — mit dem Regierungssystem in Spanien,

    (Zurufe von der SPD)

    aber wer identifiziert sich denn, möchte ich Sie, meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion, fragen, mit dem Regierungssystem in Portugal? Identifizieren Sie sich etwa mit einem Regierungssystem, in dem eine militärische Gruppe
    ein Land kontrolliert? — Das werden Sie doch wohl nicht ernsthaft behaupten wollen.

    (Zurufe von der SPD)

    Also handelt es sich nicht darum, irgendwelche idealtypischen Vorstellungen, die wir haben mögen, in praktische Politik umzusetzen, sondern es handelt sich darum, das Mögliche zu tun, um die Sicherheit unseres Landes zu erhöhen und den Ländern, von denen ich hier spreche, dabei zu helfen, den Weg zu einem freiheitlich-demokratischen Staat zu gehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Ich muß in diesem Zusammenhang ein Wort über die bedauerliche Behandlung verlieren, die dem Inspekteur des Heeres, General Hildebrandt, durch den Verteidigungsminister, Herrn Leber, zuteil wurde.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Verteidigungsminister hat es für richtig oder nötig gehalten, dem General öffentlich sein Mißfallen auszusprechen —

    (Vereinzelter Beifall bei der SPD)

    eine sehr ungewöhnliche und, wie ich meine, weit überzogene Verhaltensweise.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Aber als besonders peinlich mußte es empfunden werden, daß die deutsche Öffentlichkeit von diesem Tadel des Verteidigungsministers zum ersten Mal aus dem Munde des Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes,

    (Seiters [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

    Herrn Vetter, erfuhr, der ja nun mit dieser ganzen Sache offenbar gar nichts zu tun hatte. Der eine oder andere erinnert sich vielleicht noch daran, wie derselbe Herr Vetter kurz zuvor den damaligen, inzwischen allerdings abgesetzten Chef der sowjetischen Gewerkschaften, Herrn Scheljepin, freundschaftlich

    (Zurufe von der CDU/CSU und von der SPD)

    begrüßt hatte. Meine Herren, die Unterschiedlichkeit der Maßstäbe, die Sie an der Politik anlegen,

    (Erneute Zurufe von der SPD)

    kennen wir alle. Sie bestätigt immer wieder, daß Sie nicht in der Lage sind, Fragen dieser Art mit einiger Objektivität und kritisch zu behandeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Lachen bei der SPD)

    Jedenfalls muß ich sagen, daß der Verteidigungsminister hier ein Beispiel für schlechten Führungsstil gegeben hat.

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    Der Bundeskanzler hat dann außer über die NATO-Sitzung auch noch über die Beratungen der Internationalen Energieagentur und des Ministerrats der OECD berichtet. Auch hier weisen die geäußerten Absichtserklärungen in die richtige Richtung, wenn auch eine substantielle Aussage zu den drängenden Problemen weitgehend zu vermissen



    Dr. Carstens (Fehmarn)

    ist. Eineinhalb Jahre nach der Ölkrise stehen immer noch wesentliche Entscheidungen aus, ist die energiepolitische Stimme der Europäischen Gemeinschaft unverändert schwach und erweist sich die Solidarität der Verbraucherstaaten als ungenügend.
    in der Bundesrepublik Deutschland fehlt es an einem überzeugenden Programm für die Einsparung von Energie. Es ist deshalb kein Wunder, daß wir heute statt von einer Senkung oder wenigstens einer langfristigen Konsolidierung der Preise wieder von der Absicht bevorstehender Preiserhöhungen auf diesem Gebiet hören.
    Wir begrüßen es, daß die Bundesregierung in den internationalen Verhandlungen Vorschläge gemacht hat, unsere Volkswirtschaften wieder zu einem gesunden Wachstum zurückzuführen, die Inflation zu bekämpfen und die Arbeitslosigkeit zu verringern.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Wie denn?)

    Wir verkennen nicht, daß eine internationale Zusammenarbeit und ein abgestimmtes Verhalten für die binnenwirtschaftliche Entwicklung in jedem der beteiligten Länder von großer Bedeutung ist. Das gilt insbesondere auch für unser Land im Hinblick darauf, daß der Rückgang unserer Exporte und des Auftragseingangs aus dem Ausland unsere binnenwirtschaftlichen Möglichkeiten immer deutlicher negativ beeinflußt.
    Wenn wir also auch die Bemühungen der Bundesregierung in dieser Richtung im Prinzip unterstützen, so kann uns das nicht daran hindern, das Verhalten der Bundesregierung im Hinblick auf die wirtschaftliche Lage in unserem Lande deutlich und klar zu kritisieren. Darüber wird noch bei anderer Gelegenheit im einzelnen zu sprechen sein. Nur auf eines möchte ich schon hier und abschließend hinweisen, nämlich auf das unglaubliche Verhalten der Bundesregierung und der Regierungskoalition anläßlich der Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und im Saarland.

    (Damm [CDU/CSU] : Das kann man wohl sagen!)

    Nachdem die Bundesregierung bis zum Tage der Wahl mit falschen Zahlen und falschen Behauptungen über einen angeblich bevorstehenden wirtschaftlichen Aufschwung operiert hatte, schaltete sie unmittelbar nach den Wahlen um, um die Bürger unseres Landes auf eine weiterhin anhaltende Rezession vorzubereiten.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Ein Wahlbetrug ist das!)

    So sind wir alle Zeugen eines Wahlbetrugs geworden,

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU — Lachen und Zurufe von der SPD)

    wie er in der jüngeren Geschichte unseres Landes ohne Beispiel ist. Darauf werden wir von dieser Stelle aus noch im einzelnen zurückkommen.

    (Beifall bei der CDU/CSU — Zurufe von der SPD)