Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für die FDP-Fraktion begrüße ich es, daß uns die Opposition an dieser Stelle, wenn auch zu dieser späten Nachtstunde, Gelegenheit gibt, zu dem in der Öffentlichkeit tatsächlich sehr heiß diskutierten Thema Verwarnungsgeld Stellung zu nehmen. Das gibt uns nämlich die Chance, Herr Dreyer, einiges von dem grundsätzlich richtigzustellen, was in der öffentlichen Betrachtung und was auch von Ihnen heute abend hier ins falsche Licht geraten ist.
Zunächst ist grundsätzlich festzustellen, daß die vorgesehene Neufassung des Verwarnungsgeldkatalogs nicht auf die Initiative des Bundes zurückgeht, sondern in der Tat einer Forderung der Länder entspricht, deren zuständige Referenten auf Grund der polizeilichen Erfahrungen, die sie jahrelang gemacht haben, eine neue Bewertung einiger Verstöße verlangen, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Damit, Herr Dreyer, ist Ihr Zweifel an der Urheberschaftsfrage tatsächlich schon geklärt. Deshalb darf auch die Bundesregierung von Ihnen nicht in die Rolle des Prügelknaben für eine Sache gedrängt werden, für die sie nach der gesetzlichen Zuständigkeit nur verordnend tätig wird, die aber inhaltlich in Wirklichkeit letztlich von den Bundesländern, also im Bundesrat, entschieden wird.
Wir halten es deshalb geradezu für pharisäisch, wenn die Opposition in der Begründung zu ihrem Antrag, mit dem sie eine Überarbeitung des ursprünglichen Entwurfs verlangt, schlichtweg erklärt, allein die Bundesregierung wolle die Verwarnungsgelder, die übrigens pro zugelassenes Auto im Schnitt jährlich 2 bis 3 DM ausmachen — um das auch einmal deutlich zu machen . auf breiter Front drastisch erhöhen. Bei etwas mehr Redlichkeit, meine Damen und Herren von der Opposition, müßte dann auch verdeutlicht werden, daß der Ertrag aus den Verwarnungsgeldern nicht mit einer einzigen Mark in die Taschen des Bundes fließt.
Nun aber zum Antrag im einzelnen. Sie fordern, daß der ursprüngliche, von den Referenten der Länder und des Bundesverkehrsministeriums abgestimmte Verwarnungsgeldkatalog zurückgezogen
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und eine neue Fassung vorgelegt wird. Das, meine Damen und Herren, ist geschehen, nachdem sich, nicht wegen irgendwelcher kosmetischer
Operationen, sondern auf Grund von Anhörungen der Verbände und auch weiterer Bund-Länder-Abstimmungen — die letzten haben ja erst vorgestern stattgefunden —, eine ganze Reihe von Änderungen als zweckdienlich herausgestellt haben. Es sollte deshalb hier auch nicht der falsche Eindruck erweckt werden, als hätte der Entwurf bereits die Billigung des zuständigen Ministers oder die vorlagereife Fassung für den Bundesrat gehabt.
Sie verdrehen schlechterdings die Tatsachen, wenn Sie den von Ihnen mehrheitlich geführten Ländern unterstellen, daß durch die Erhöhung bei 24 der bisher rund 60 Verwaltungsgeldkategorien nur mehr Geld in die Kassen geschaufelt werden soll. Tatsächlich geht es doch darum, diejenigen Verkehrsteilnehmer empfindlicher zu treffen, die trotz umfassendster Erziehungs- und Aufklärungsmaßnahmen zu besseren Verhaltensweisen im Straßenverkehr nicht zu bewegen sind. Vor allem sollen höhere Verwarnungsgelder ausgesprochen werden, wenn ein wirklich gefahrenträchtiges, ein erheblich behinderndes oder umweltbeeinträchtigendes Verhalten vorliegt, das nach den polizeilichen Erfahrungen, ganz besonders im Verhältnis zu anderen Übertretungen, bisher zu gering abgetan wurde. Dort, wo diese Merkmale nicht vorliegen — und das sind insgesamt immerhin 36 Positionen —, behält der neue Entwurf deshalb auch die bisherigen Verwarnungsgelder bei, so z. B. bei verbotenem Parken auf Gehwegen ohne Verkehrsbehinderung, bei Überschreiten der Parkzeiten, bei Nichtmitführen von Ausweispapieren, ja selbst beim Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten im Bereich bis zu 20 km/h oder gar beim Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot, wo nach Ansicht meiner Fraktion sogar eine Veränderung des gleichbleibenden Verwarnungsgeldes in Höhe von 20 DM sicher noch einmal diskussionswürdig wäre. Aber das gilt aus meiner Sicht z. B. auch für das Blockieren einer Straßenbahn durch falsch geparkte Autos, das mit 10 DM nur halb so hoch bewertet wird wie das behindernde Parken auf einem Gehweg.
Mit Recht — und nicht inflationistisch, sondern ganz sachlich begründet — sieht der Entwurf demgegenüber spürbare Erhöhungen des Verwarnungsgeldes von z. B. 10 auf 40 DM vor, wenn ein Lkw verbotswidrig in eine Fußgängerzone einfährt oder wenn das Halteverbot auf Autobahnen mißachtet wird. Ähnliches gilt beispielsweise für das Nichtbeachten des Stopp-Zeichens oder fehlende oder mangelhafte Warneinrichtungen zur Sicherung liegengebliebener Fahrzeuge, was jetzt nach dem Entwurf mit 20 DM statt vorher 10 DM geahndet werden soll. Ebenso muß es als sachlich notwendig
erachtet werden, wenn z. B. künftig bei mutwilligem oder unnötigem Motorenlärm in einem Wohngebiet 20 DM statt bisher 10 DM erhoben werden.
Von einer „inflationären Aufblähung" — wie es in der Begründung heißt — des Verwarnungsgeldkatalogs kann sicher auch dann nicht gesprochen werden, wenn jetzt zehn Verkehrsübertretungen neu in den Katalog aufgenommen worden sind.
Und um allen Mißverständnissen oder unsachlichen wie polemischen Äußerungen hierzu — wie etwa in der Bild-Zeitung vom 5. 12. 1974 — vorzubeugen, muß mit Nachdruck betont werden, daß man künftig nun nicht etwa für etwas bestraft werden soll, was bisher straffrei war. Denn alle diese Verkehrsübertretungen wie z. B. das in der BildZeitung im Foto so hübsch dargestellte Fehlen von Erste-Hilfe-Material waren ja auch bisher nach den einschlägigen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung oder der Straßenverkehrs-Zulassungsordnung als Ordnungswidrigkeiten erfaßt. Durch die Hineinnahme der in Frage stehenden Ordnungswidrigkeiten in den Verwarnungsgeldkatalog soll jetzt lediglich der Zustand geändert werden, daß die Festsetzung der Verwarnungsgeldhöhe in das freie Ermessen z. B. eines Polizisten gestellt ist. Durch die Einfügung dieser zehn Übertretungen in den Katalog wird erreicht, daß für diese Ordnungswidrigkeiten bundeseinheitlich ein im vorhinein genau festgelegtes Verwarnungsgeld erhoben wird.
Es muß auch einmal darauf hingewiesen werden, daß das bisherige Ermessen ja oft ein höheres Verwarnungsgeld nach sich zog, als es jetzt nach Aufnahme in den Katalog einheitlich festgeschrieben werden soll. Dazu zählt, daß z. B. Verkehrsteilnehmer, die Einsatzfahrzeuge im Einsatz behindern, künftig 40 DM bezahlen müssen, ebenso viel wie diejenigen, die auf einer bestimmten Strecke ständig grundlos hin- und herfahren, um gleich die zwei teuersten neu gefaßten Verstöße zu nennen. Dazu zählt auch, daß je 20 DM Verwarnungsgeld erhoben werden, wenn Radfahrer bei Dunkelheit ohne Licht auf der Straße sind, wenn Überholvorgänge grundlos behindert werden, wenn Lkws vor Bahnübergängen nicht unmittelbar nach der einstreifigen Bake halten oder wenn Lkw-Ladungen die Sicht des Fahrers behindern — alles doch Verstöße, meine Damen und Herren von der Opposition, die die Verkehrsicherheit ganz erheblich beeinträchtigen. Es kann tatsächlich nicht als inflationär bezeichnet werden, wenn der bisher geltende Ermessensspielraum durch Gesetz und wohl auch der Schwere angemessene Verwarnungsgelder abgelöst wird.
— Wenn ein schwerer Verkehrsunfall dadurch entsteht, daß abends Radfahrer ohne Licht auf der Straße sind oder daß ein Lkw nicht an der vorgeschriebenen Stelle vor dem Bahnübergang hält,
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und Sie darüber dann lachen, daß dieses
40 DM kosten soll, ist es bedauerlich, daß Sie hier überhaupt den Ausführungen noch weiter folgen.
— Nun gut, man muß hier ja einmal richtigstellen, was falsch dargestellt wird und was lediglich Stimmung machen soll, wie Sie ja aus der „Bild-Zeitung" und anderen ähnlichen Blättern in den letzten Tagen zur Genüge gesehen haben.
— Das überlasse ich Ihrer Beurteilung.
Wer sich also wie die Opposition ständig und ansonsten hier bei Verkehrsdebatten zum Gralshüter von mehr Verkehrssicherheit aufzuspielen versucht, sollte nicht auf der Woge einer mit unvollständigen oder falschen Informationen versorgten öffentlichen Meinung derart vordergründigen Opportunismus betreiben. Sicherlich werden die meisten von uns immer unterschiedlicher Meinung sein, ob bei einer bestimmten Verkehrsübertretung das festgelegte Verwarnungsgeld als angemessen anzusehen ist. So hat ja z. B. auch die FDP, wie ich schon erwähnte, im Einzelfall hier oder dort Bedenken oder Zweifel. Gerade deshalb begrüßen wir es aber, wenn im Ausschuß und eben nicht so ganz am Parlament vorbei noch einmal Gelegenheit gegeben ist, diese Einzelfälle an Hand des insgesamt doch recht ausgewogenen letzten Entwurfs des Verwarnungsgeldkataloges zu diskutieren. Wir werden uns sicher sehr schnell darüber einig sein, inwieweit Sie das eine oder andere zurückzunehmen haben, wozu Sie heute noch erklären, dies seien Erhöhungen, die nicht der Sache gerecht würden, sondern inflationär bedingt seien. Vielleicht werden Sie spätestens dort darüber aufgeklärt, daß die Korrekturen tatsächlich erforderlich und sinnvoll sind.