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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 135. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Kempfler . . . . . . . . . . 9217 A Wahl des Abg. Dr. Hauser (Sasbach) zum Mitglied des Vermittlungsausschusses an Stelle des ausscheidenden Abg. Dr. Lenz (Bergstraße) . . . . . . . . . . . 9217 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 9217 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 9217 B Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung betr. die Gespräche in Washington und New York, die Pariser Konferenz und die Gespräche mit der DDR Schmidt, Bundeskanzler . . . . . 9218 D, 9255 C, 9264 D Dr. Carstens (Fehmarn) (CDU/CSU) 9223 D, 9262 A Wehner (SPD) . . . . . . . . 9230 A Dr. Bangemann (FDP) . . . . . . 9234 D Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . . 9240 A Genscher, Bundesminister (AA) . . 9245 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 9249 A Dr. Jaeger, Vizepräsident 9251 D, 9255 B Entwurf eines Hochschulrahmengesetzes — Drucksache 7/1328 —, Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO — Drucksache 7/2905 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 7/2844, 7/2932 — Zweite und dritte Beratung Dr. von Bülow (SPD) 9285 B Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 9286 C Hoppe (FDP) 9287 D Fragestunde — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — Frage A i — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Lenzer (CDU/CSU) : Bemerkungen des Bundesrechnungshofes zur Bundeshaushaltsrechnung 1972 betreffend unzureichende Überwachung der Zuwendungen des Bundesministers für Forschung und Technologie; Maßnahmen für eine bessere Kontrolle der Forschungsförderungsgelder Dr. Hauff, PStSekr (BMFT) . . 9265 A, C, D Lenzer (CDU/CSU) . . . . . . 9265 C, D II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 Fragen A 2 und 3 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Dr. Gölter (CDU/CSU) : Angaben der Bundesregierung hinsichtlich des Rückgangs des Lehrangebots in den letzten 15 Jahren; Notwendigkeit einer Korrektur der Angaben über die Zahl der zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze Dr. Glotz, PStSekr (BMBW) . . . . 9265 D, 9266 B, D, 9267 A Dr. Gölter (CDU/CSU) 9266 C Rappe (Hildesheim) (SPD) . . . 9266 D von Hassel, Vizepräsident . . . 9267 B Fragen A 6 und 7 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Benz (CDU/ CSU) : Pressemeldungen über Zusagen der Bundesregierung gegenüber der Jewish Claims Conference hinsichtlich einer weiteren Wiedergutmachungsleistung; Absprache dieser Vereinbarung mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland Haehser, PStSekr (BMF) . . . . 9267 C, D, 9268 A, B, C Benz (CDU/CSU) . . 9267 D, 9268 B, C Dr. Jenninger (CDU/CSU) . . . . 9268 A Frage A 9 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Susset (CDU/CSU) : Gewährung der Abschreibungsmöglichkeit nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes an Bauherren, deren Baugenehmigung in der Zeit vom 9. Mai 1973 bis 31. Dezember 1973 erteilt wurde, die jedoch mit dem Bau erst im Frühjahr 1974 begonnen haben Haehser, PStSekr (BMF) 9268 D, 9269 A, B Susset (CDU/CSU) 9269 A, B Fragen A 4 und 5 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Höcherl (CDU/ CSU) : Konkretisierung der von der Bundesregierung gemachten Angaben über die „äußerste Grenze der möglichen Neuverschuldung" der öffentlichen Hände im Jahre 1975; etwaige Bedenken der Deutschen Bundesbank gegen den Umfang der Neuverschuldung Haehser, PStSekr (BMF) . . 9269 C, D, 9270 A, B, C Höcherl (CDU/CSU) . 9269 C, D, 9270 B Maucher (CDU/CSU) 9269 D Lampersbach (CDU/CSU) 9270 C Fragen A 19 und 20 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Dr. Gruhl (CDU/CSU) : Pressemeldungen über Verdachtsmomente gegen Mitarbeiter eines Unternehmens in Norddeutschland betreffend die Umgehung von Vorschriften über die Altölbeseitigung und damit zusammenhängende Betrugshandlungen; eventuelle sonstige Fälle von gewinnsüchtigen Verstößen gegen das Altölbeseitigungsrecht; gesetzgeberische Folgerungen aus diesen Verstößen Grüner, PStSekr (BMWi) . . . 9271 A, C Dr. Gruhl (CDU/CSU) 9271 B, C Frage A 23 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Ey (CDU/CSU) : Bemühungen, die „Grüne Woche" in Berlin wieder zu einem internationalen Treffpunkt der Landwirtschaft aus Ost und West werden zu lassen; Ergebnis dieser Bemühungen Logemann, PStSekr (BML) 9271 D, 9272 A Ey (CDU/CSU) 9272 A Fragen A 24 und 25 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Gallus (FDP) : Abgabepreise bei Dieselkraftstoff für Landwirte; Marge zwischen den höchsten und niedrigsten Preisen Logemann, PStSekr (BML) . 9272 B, C, D, 9273 A Gallus (FDP) 9272 C Susset (CDU/CSU) . . . . 9272 C Eigen (CDU/CSU) 9272 C Ey (CDU/CSU) . . . . . . . 9273 A Frage A 26 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Eigen (CDU/CSU) : Argumentation der Bundesregierung bei den Agrarpreisverhandlungen in Brüssel Logemann, PStSekr (BML). 9273 B, C Eigen (CDU/CSU) . . . . . . 9273 B, C Frage A 27 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Eigen (CDU/CSU) : Bewertung der Agrarstatistik der EG durch die Bundesregierung Logemann, PStSekr (BML) . . . 9273 C, 9274 A, B Eigen (CDU/CSU) 9274 A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 III Frage A 28 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Susset (CDU/CSU) : Erklärung der Bundesregierung nach der Kabinettsitzung am 4. Dezember 1974 zur Ablehnung unterschiedlicher Preisanhebungen für Agrarprodukte; Übernahme dieser Aussage in die Forderungen für die EG-Agrarpreisverhandlungen 1975/76 Logemann, PStSekr (BML) . 9274 B, C, D Susset (CDU/CSU) 9274 C Eigen (CDU/CSU) 9274 D Frage A 29 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Ey (CDU/CSU) : Schutz von Patienten gegen die Behandlung durch nicht den deutschen Ausbildungsanforderungen entsprechende ausländische Ärzte Zander, PStSekr (BMJFG) . . . 9275 A, B Ey (CDU/CSU) 9275 B Fragen A 30 und 31 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — der Abg. Frau Stommel (CDU/CSU) : Abschaffung von Raucherzimmern an den Schulen; Auffassung der Bundesregierung dazu Zander, PStSekr (BMJFG) . . . 9275 C, D, 9276 A, B, D, 9277 A, B, C, D Frau Stommel (CDU/CSU) . . . 9275 C, D, 9276 D, 9277 B Josten (CDU/CSU) 9276 A Dr. Gruhl (CDU/CSU) . 9276 A, 9277 B Dr. Evers (CDU/CSU) 9276 B Dr. Hupka (CDU/CSU) . . . . 9276 D Immer (SPD) 9277 A Maucher (CDU/CSU) 9277 C Ey (CDU/CSU) 9277 C Frage A 32 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Reiser (SPD) : Verbesserung des Transport- und Rettungssystems für Herzinfarkt-Patienten Zander, PStSekr (BMJFG) 9277 D, 9278 B Reiser (SPD) 9278 A Frage A 33 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Rollmann (CDU/ CSU) : Finanzielle Schlechterstellung der geschiedenen und nicht wieder verheirateten Väter durch die Steuerreform Zander, PStSekr (BMJFG) . 9278 B, C, D Rollmann (CDU/CSU) 9278 C, D Dr. Evers (CDU/CSU) 9278 D Fragen A 34 und 35 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Brandt (Grolsheim) (SPD) : Zahl der Indizierungsanträge in den Jahren 1973 und 1974 für den „Krieg verherrlichende Schriften"; Anzahl der Indizierungen im Verhältnis zum Angebot Zander, PStSekr (BMJFG) 9279 A, B, C, D Brandt (Grolsheim) (SPD) . . . 9279 B, C Hansen (SPD) . . . . . . . . . 9279 D Frage A 36 -- Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Walther (SPD) : Fortzahlung des bisherigen Kinderzuschlags nach dem 1. Januar 1975 an Mitarbeiter des Westdeutschen Rundfunks; Gleichstellung der Mitarbeiter der bundeseigenen Sendeanstalten Zander, PStSekr (BMJFG) . . . 9280 A, B Walther (SPD) . . . . . . . . 9280 B Maucher (CDU/CSU) . . . . . . 9280 C Frage A 44 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12, 74 — des Abg. Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) : Volkswirtschaftliche Verluste durch Einschränkungsmaßnahmen der Deutschen Bundesbahn für den SchienenPersonennahverkehr in Verdichtungsräumen Jung, PStSekr (BMV) . . . . . . 9280 D, 9281 A, B, C, D, 9282 A Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) . . 9280 D, 9281 B Dr. Jobst (CDU/CSU) . . . . 9281 C Spranger (CDU/CSU) . . . . . . 9281 D Dr. Evers (CDU/CSU) . . . . . . 9281 D Fragen A 45 und 46 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) : Untersuchungen für das Projekt „Dollarthafen" in Emden; Notwendigkeit von Verhandlungen mit dem Königreich der Niederlande Jung, PStSekr (BMV) . . 9282 A, B, C, D Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) 9282 B, C, D Fragen A 47 und 48 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) : Anlaß für die Reise des Präsidenten der Deutschen Bundesbahn, des Vorsitzenden der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands sowie der Mitglieder des Vorstands der Deutschen IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 Eisenbahnversicherungskasse nach Südafrika; Klarstellung der Finanzierung dieser Reise Jung, PStSekr (BMV) . . . 9283 B, C, D, 9284 A, B Dr. Jobst (CDU/CSU) • 9283 B, C, 9284 A Fragen A 49 und 50 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Immer (SPD) : Beleuchtungsmängel in den Zügen und Schienenbussen der Deutschen Bundesbahn, die insbesondere dem Berufsverkehr und der Schülerbeförderung dienen; Zahl der täglich darin beförderten Personen Jung, PStSekr (BMV). 9284 B, C, D Immer (SPD) . . . . . . . . 9284 C, D Nächste Sitzung 9288 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 9289* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 9217 135. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1974 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 134. Sitzung, Nachtrag zum Stenographischen Bericht, Seite 1, ist in Zeile 4 statt „Freitag, den 6. Dezember 1974" zu lesen: „Donnerstag, den 5. Dezember 1974"; 134. Sitzung, Seite 9088 D, Zeile 7, ist statt „Dr. Meinecke (Hamburg)" zu lesen: „Meinicke (Oberhausen)". Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 14. 12. Dr. Aigner * 14. 12. Dr. Artzinger * 14. 12. Dr. Bangemann * 14. 12. Dr. Bayerl * 14. 12. Dr. Becher (Pullach) 11.12. Behrendt * 13. 12. Frau Berger (Berlin) 13. 12. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 13. 12. Blumenfeld * 12. 12. Dr. Burgbacher * 14. 12. Dr. Corterier * 14. 12. Conradi 20. 12. Frau Däubler-Gmelin 20. 12. Dr. Dregger 20. 12. Fellermaier * 14. 12. Flämig * 14. 12. Frehsee * 14. 12. Dr. Früh * 14. 12. Gerlach (Emsland) * 14. 12. Haase (Kellinghusen) 20. 12. Härzschel * 14. 12. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 12. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Kater * 14. 12. Katzer 20. 12. Dr. Klepsch * 14. 12. Krall * 14. 12. Lange * 14. 12. Lautenschlager * 14. 12. Dr. Lohmar 13. 12. Lücker * 14. 12. Memmel * 14. 12. Müller (Mühlheim) * 14. 12. Dr. Müller (München) ** 11. 12. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 12. Frau Dr. Orth * 14. 12. Pieroth 12.12. Roser 20. 12. Schmidt (München) * 14. 12. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 12. Schwabe * 14. 12. Dr. Schwörer * 14. 12. Seefeld * 14. 12. Springorum * 14. 12. Dr. Starke (Franken) * 14. 12. Graf Stauffenberg 15. 12. Frau Steinhauer 11. 12. Stücklen 11. 12. Vahlberg 13. 12. Walkhoff * 14. 12. Frau Dr. Walz * 13. 12. Wende 20. 12. Frau Dr. Wex 11.12. Wohlrabe 13. 12.
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    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In diesem freundschaftlichen Ton, in dem der Präsident uns eben alle belehrt hat — —

    (Zurufe von der CDU/CSU: Alle? — Lachen bei der CDU/CSU)

    — Sie waren doch ausdrücklich aufgefordert, den Beifall zu unterlassen. Er hat sich doch an Sie gerichtet, meine Damen und Herren, an wen denn sonst?

    (Beifall bei der SPD)

    Aber wenn der Präsident gestattet, dann möchte ich vielleicht sagen, daß ich inzwischen auch in der Geschäftsordnung geblättert habe und nicht habe feststellen können, daß ein Mitglied des Hauses einen Teil seiner Rechte durch eine Änderung des geographischen Ortes seines Sitzplatzes verliert.

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Aber nun möchte ich auf einige wenige Bemerkungen der Herren Carstens und Barzel eingehen. Ich bitte um Nachsicht dafür, daß ich nicht ausführlich sein kann. Wir haben heute nachmittag eine Kabinettsitzung, deren Beginn wir eben schon verschoben haben, um dieser Debatte ausreichend beiwohnen zu können.
    Herr Carstens, um mit einer Kleinigkeit zu beginnen, Sie haben mich gerügt, daß ich an der Kommission in Brüssel Kritik geübt hätte. Ich habe daran in mehrfacher Weise Kritik geübt — übrigens auch an der Arbeit des Ministerrates. Ich habe dabei die deutschen Mitglieder beider Organe nicht ausgenommen. Ich denke auch nicht daran. Ich werde auch in Zukunft gelegentlich Kritik üben, z. B. dann, wenn, wie jetzt, auf Vorschlag der Kommission und durch Beschluß des Rates die Gehälter in Brüssel um 16 % erhöht werden. Ich nehme mir hierzu die Freiheit zur Kritik. Ich glaube, Sie denken auch kritisch darüber.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Barzel wird sich sagen lassen müssen: Nicht alles, was die Kommission vorschlägt, ist deswegen allein schon richtig und anerkennenswert. Im übrigen, Herr Professor Carstens, geht Europa an der Kritik, die man an seinen Organen übt, genau so wenig zugrunde wie die Bundesrepublik Deutschland an der Kritik zugrunde gehen wird, die Sie an uns üben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Herr Carstens hatte gefragt, ob denn nun die Sitzungen des europäischen Rates nur auf einstimmigen Beschluß stattfinden würden. Das ist nicht der
    9256 Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974
    Bundeskanzler Schmidt
    Fall. Die jeweilige Präsidialmacht wird dreimal im Jahr und, wenn nötig — ich will hier auch noch auf Herrn Jäger (Wangen) zurückkommen —, auch häufiger einladen. So ist das gemeint.
    Mehrfach hat in der Debatte die Swing-Geschichte eine Rolle gespielt. Ich habe Herrn Barzel nun allerdings nicht verstanden. Bei Herrn Carstens war klar, daß es bei ihm eine vorläufige Antwort war. Aber Sie hatten doch nun eine gewisse Zeit, sich das noch einmal genau zu überlegen. Sie waren selbst Minister für Gesamtdeutsche Fragen — wie das damals hieß. Ihnen, Herr Kollege Barzel, ist jedenfalls die Sache aus dem Jahre 1960 in Erinnerung, auf die Herr Kollege Wehner vorhin in sehr vornehmer, zurückhaltender Weise anspielte,

    (Dr. Marx [CDU/CSU): Wie es seine Art ist!)

    wo die damalige Bundesregierung den Swing gekündigt und ihn hinterher unter großen Kunststükken wiederhergestellt hat. Auch die Sache aus dem Jahre 1968 ist Ihnen in Erinnerung. Sie können nun allerdings diese beiden Präjudizien — positive-Präjudizien, wie ich meine, weil sie zeigen, wie sich jede Bundesregierung immer im Interesse der Deutschen auf beiden Seiten in dieser Sache bemüht hat, den innerdeutschen Wirtschaftsaustausch am Leben zu halten — nicht damit entwerten, daß sie heute meinen, sie seien vor dem Grundvertrag gewesen, und es gelte heute nicht mehr, was damals zu Ihrer Zeit gegolten habe. Das ist ein verbaler Trick, Herr Barzel, weiter nichts!

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Marx [CDU/CSU]: Nein, das stimmt nicht! — Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Das war ein substanzielles Argument!)

    Herr Carstens, im übrigen ist das Argument, hier werde ein Preis bezahlt, wenn Sie die Geschichte der Bundesregierungen zurückverfolgen, die von Ihrer Partei geführt worden sind, der Partei, der Sie selbst angehören, vollends abwegig. Ich könnte Herrn Professor Erhard als Zeugen aufrufen. Er ist ja in der Lage, sich dazu zu äußern. Das könnten wir vielleicht erbitten. Keine Bundesregierung hat diesen innerdeutschen Handel gefördert, um der DDR-Regierung zum Gefallen zu sein, sondern um den Deutschen in den beiden Teilen zu helfen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

    Wenn Herr Barzel in seinen Ausführungen vollständig wäre und wenn er geneigt wäre, auf einiges, was ich ihm gesagt habe, mit demselben Ernst einzugehen, mit dem ich geneigt bin, am Schluß meiner jetzigen Intervention auf das einzugehen, was er mir ins Stammbuch geschrieben hat — Sie werden das noch sehen —, dann würde er sich nicht nur erinnern, sondern auch sagen, daß keine vorangegangene Bundesregierung die Einrichtung, die Wiederherstellung, die Ausweitung, die Dynamisierung dieses Überziehungskredits als eine westdeutsche Leistung oder Vorleistung an die jeweilige Führung der DDR betrachtet hat.

    (Beifall bei der SPD und FDP)

    Herr Carstens hat sodann bezweifelt, daß es in diesen Dingen in der Bundesregierung eine klare Zuständigkeit gebe, und hat dazu Fragen aufgeworfen. Ich bin eigentlich nicht geneigt, über innere Vorgänge in der Bundesregierung hier zu sprechen, aber ich möchte die Fragen nicht im Raum stehen lassen. Herr Carstens, der Herr Kleindienst, der auf unserer Seite die Formulierungen der erst noch zu treffenden Vereinbarungen mit der anderen Seite besprochen und ausgehandelt hat, war dazu durch den zuständigen Bundesminister für Wirtschaft, angewiesen, und jener hat dies nach Erörterung im Kreise der beteiligten und mitbeteiligten Ressortminister und des Bundeskanzlers getan.

    (Vorsitz: Vizepräsident von Hassel)

    Wenn Ihnen dies als nicht gehörig erscheinen sollte. würde ich mich wundern.
    Sie haben sodann — und das muß ich in gewisser Weise, wenn auch abgeschwächt, auch den anderen Rednern der CDU/CSU vorwerfen — durch die Art Ihrer Einlassung in einem Punkte — ich nehme an, unwillentlich — wirklich der Sache der Deutschen miteinander, untereinander nicht gerade den besten Dienst erwiesen. Ich wiederhole: ich habe Verständnis, daß Sie durch diese kleine Schlauheit, die sich da jemand am Samstag im „Neuen Deutschland" geleistet hat, am Wochenende in Verwirrung geraten konnten. Wenn die Regierung Ihnen gegenüber etwas schneller funktioniert hätte, hätten Sie es vielleicht schneller durchschauen können. So hat es einen Tag länger gedauert. Ich muß allerdings auch sagen, daß wir nicht im Lande waren. Wie dem aber sei, wenn Sie jetzt das Gesamtergebnis dessen, was erreicht ist, und dessen, was eingeleitet ist — Herr Barzel erinnerte eben noch einmal an die Worte von Herrn Wehner, und die stimmen mit meinen überein; Sie können das im Protokoll vergleichen —,

    (Zuruf des Abg. Dr. Barzel [CDU/CSU])

    betrachten, dann, so finde ich, tun Sie uns oder späteren Bundesregierungen, die ja weiterhin das schwierige Geschäft des Verkehrens und Verhandeins mit der Führung der DDR zu betreiben haben werden, keinen Gefallen, wenn Sie den Eindruck erwecken, als ob wir hier etwas aus der Hand gegeben hätten,

    (Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

    was wir nicht hätten geben dürfen, um vielleicht dafür etwas zu bekommen, was wir nach Ihrer Meinung noch gar nicht haben.

    (Beifall bei SPD und FDP — Wehner [SPD] : Das ist das Schlimmste, was man machen kann!)

    Sie machen damit — ich sage noch einmal: ich glaube nicht, daß Sie es wollen —

    (Wehner [SPD] : Selbstverstümmelung! — Lachen bei der CDU/CSU — Wehner [SPD] : Ja, sicher!)

    die Position desjenigen, der für diese Bundesregierung oder ihre Nachfolgerinnen verhandelt, zusätzlich und unnötig schwer, und Sie erleichtern
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 9257
    Bundeskanzler Schmidt
    damit die Darstellungsweise bestimmter Kräfte in
    der DDR. Ich will sie nicht näher definieren, aber
    es gibt dort verschiedene Strömungen des Denkens,

    (Wehner [SPD] : Sehr wahr!)

    und eine der Künste in unserem Umgang mit anderen — das gilt nicht nur für die DDR, sondern auch für den internationalen Verkehr — ist doch, im jeweiligen Lande, im jeweiligen Partnerstaat die dortige Struktur, so wie sie steht, zu erkennen und zu nutzen. Es wäre ein ganz schwerer Fehler, wenn wir dazu beitrügen, diejenigen in der DDR zu stärken, die sowieso keinen innerdeutschen Handel und sowieso keine Entspannung haben wollen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich sage noch einmal: ich werfe Ihnen keine böse Absicht vor; ich meine das auch nicht unterschwellig. Ich bitte Sie aber doch herzlich, ein solches Wort in Ihrem Kreise ernsthaft zu bedenken, ehe hier heute mittag die nächste Polemik vom Stapel gelassen wird.


Rede von Kai-Uwe von Hassel
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
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Herr Bundeskanzler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Jäger (Wangen)?

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    Bitte sehr!