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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 135. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 Inhalt: Glückwünsche zum Geburtstag des Abg. Dr. Kempfler . . . . . . . . . . 9217 A Wahl des Abg. Dr. Hauser (Sasbach) zum Mitglied des Vermittlungsausschusses an Stelle des ausscheidenden Abg. Dr. Lenz (Bergstraße) . . . . . . . . . . . 9217 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 9217 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . . 9217 B Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung betr. die Gespräche in Washington und New York, die Pariser Konferenz und die Gespräche mit der DDR Schmidt, Bundeskanzler . . . . . 9218 D, 9255 C, 9264 D Dr. Carstens (Fehmarn) (CDU/CSU) 9223 D, 9262 A Wehner (SPD) . . . . . . . . 9230 A Dr. Bangemann (FDP) . . . . . . 9234 D Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . . 9240 A Genscher, Bundesminister (AA) . . 9245 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 9249 A Dr. Jaeger, Vizepräsident 9251 D, 9255 B Entwurf eines Hochschulrahmengesetzes — Drucksache 7/1328 —, Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO — Drucksache 7/2905 —, Bericht und Antrag des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft — Drucksachen 7/2844, 7/2932 — Zweite und dritte Beratung Dr. von Bülow (SPD) 9285 B Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 9286 C Hoppe (FDP) 9287 D Fragestunde — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — Frage A i — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Lenzer (CDU/CSU) : Bemerkungen des Bundesrechnungshofes zur Bundeshaushaltsrechnung 1972 betreffend unzureichende Überwachung der Zuwendungen des Bundesministers für Forschung und Technologie; Maßnahmen für eine bessere Kontrolle der Forschungsförderungsgelder Dr. Hauff, PStSekr (BMFT) . . 9265 A, C, D Lenzer (CDU/CSU) . . . . . . 9265 C, D II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 Fragen A 2 und 3 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Dr. Gölter (CDU/CSU) : Angaben der Bundesregierung hinsichtlich des Rückgangs des Lehrangebots in den letzten 15 Jahren; Notwendigkeit einer Korrektur der Angaben über die Zahl der zur Verfügung stehenden Ausbildungsplätze Dr. Glotz, PStSekr (BMBW) . . . . 9265 D, 9266 B, D, 9267 A Dr. Gölter (CDU/CSU) 9266 C Rappe (Hildesheim) (SPD) . . . 9266 D von Hassel, Vizepräsident . . . 9267 B Fragen A 6 und 7 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Benz (CDU/ CSU) : Pressemeldungen über Zusagen der Bundesregierung gegenüber der Jewish Claims Conference hinsichtlich einer weiteren Wiedergutmachungsleistung; Absprache dieser Vereinbarung mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland Haehser, PStSekr (BMF) . . . . 9267 C, D, 9268 A, B, C Benz (CDU/CSU) . . 9267 D, 9268 B, C Dr. Jenninger (CDU/CSU) . . . . 9268 A Frage A 9 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Susset (CDU/CSU) : Gewährung der Abschreibungsmöglichkeit nach § 7 b des Einkommensteuergesetzes an Bauherren, deren Baugenehmigung in der Zeit vom 9. Mai 1973 bis 31. Dezember 1973 erteilt wurde, die jedoch mit dem Bau erst im Frühjahr 1974 begonnen haben Haehser, PStSekr (BMF) 9268 D, 9269 A, B Susset (CDU/CSU) 9269 A, B Fragen A 4 und 5 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Höcherl (CDU/ CSU) : Konkretisierung der von der Bundesregierung gemachten Angaben über die „äußerste Grenze der möglichen Neuverschuldung" der öffentlichen Hände im Jahre 1975; etwaige Bedenken der Deutschen Bundesbank gegen den Umfang der Neuverschuldung Haehser, PStSekr (BMF) . . 9269 C, D, 9270 A, B, C Höcherl (CDU/CSU) . 9269 C, D, 9270 B Maucher (CDU/CSU) 9269 D Lampersbach (CDU/CSU) 9270 C Fragen A 19 und 20 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Dr. Gruhl (CDU/CSU) : Pressemeldungen über Verdachtsmomente gegen Mitarbeiter eines Unternehmens in Norddeutschland betreffend die Umgehung von Vorschriften über die Altölbeseitigung und damit zusammenhängende Betrugshandlungen; eventuelle sonstige Fälle von gewinnsüchtigen Verstößen gegen das Altölbeseitigungsrecht; gesetzgeberische Folgerungen aus diesen Verstößen Grüner, PStSekr (BMWi) . . . 9271 A, C Dr. Gruhl (CDU/CSU) 9271 B, C Frage A 23 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Ey (CDU/CSU) : Bemühungen, die „Grüne Woche" in Berlin wieder zu einem internationalen Treffpunkt der Landwirtschaft aus Ost und West werden zu lassen; Ergebnis dieser Bemühungen Logemann, PStSekr (BML) 9271 D, 9272 A Ey (CDU/CSU) 9272 A Fragen A 24 und 25 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Gallus (FDP) : Abgabepreise bei Dieselkraftstoff für Landwirte; Marge zwischen den höchsten und niedrigsten Preisen Logemann, PStSekr (BML) . 9272 B, C, D, 9273 A Gallus (FDP) 9272 C Susset (CDU/CSU) . . . . 9272 C Eigen (CDU/CSU) 9272 C Ey (CDU/CSU) . . . . . . . 9273 A Frage A 26 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Eigen (CDU/CSU) : Argumentation der Bundesregierung bei den Agrarpreisverhandlungen in Brüssel Logemann, PStSekr (BML). 9273 B, C Eigen (CDU/CSU) . . . . . . 9273 B, C Frage A 27 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Eigen (CDU/CSU) : Bewertung der Agrarstatistik der EG durch die Bundesregierung Logemann, PStSekr (BML) . . . 9273 C, 9274 A, B Eigen (CDU/CSU) 9274 A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 III Frage A 28 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Susset (CDU/CSU) : Erklärung der Bundesregierung nach der Kabinettsitzung am 4. Dezember 1974 zur Ablehnung unterschiedlicher Preisanhebungen für Agrarprodukte; Übernahme dieser Aussage in die Forderungen für die EG-Agrarpreisverhandlungen 1975/76 Logemann, PStSekr (BML) . 9274 B, C, D Susset (CDU/CSU) 9274 C Eigen (CDU/CSU) 9274 D Frage A 29 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Ey (CDU/CSU) : Schutz von Patienten gegen die Behandlung durch nicht den deutschen Ausbildungsanforderungen entsprechende ausländische Ärzte Zander, PStSekr (BMJFG) . . . 9275 A, B Ey (CDU/CSU) 9275 B Fragen A 30 und 31 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — der Abg. Frau Stommel (CDU/CSU) : Abschaffung von Raucherzimmern an den Schulen; Auffassung der Bundesregierung dazu Zander, PStSekr (BMJFG) . . . 9275 C, D, 9276 A, B, D, 9277 A, B, C, D Frau Stommel (CDU/CSU) . . . 9275 C, D, 9276 D, 9277 B Josten (CDU/CSU) 9276 A Dr. Gruhl (CDU/CSU) . 9276 A, 9277 B Dr. Evers (CDU/CSU) 9276 B Dr. Hupka (CDU/CSU) . . . . 9276 D Immer (SPD) 9277 A Maucher (CDU/CSU) 9277 C Ey (CDU/CSU) 9277 C Frage A 32 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Reiser (SPD) : Verbesserung des Transport- und Rettungssystems für Herzinfarkt-Patienten Zander, PStSekr (BMJFG) 9277 D, 9278 B Reiser (SPD) 9278 A Frage A 33 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Rollmann (CDU/ CSU) : Finanzielle Schlechterstellung der geschiedenen und nicht wieder verheirateten Väter durch die Steuerreform Zander, PStSekr (BMJFG) . 9278 B, C, D Rollmann (CDU/CSU) 9278 C, D Dr. Evers (CDU/CSU) 9278 D Fragen A 34 und 35 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Brandt (Grolsheim) (SPD) : Zahl der Indizierungsanträge in den Jahren 1973 und 1974 für den „Krieg verherrlichende Schriften"; Anzahl der Indizierungen im Verhältnis zum Angebot Zander, PStSekr (BMJFG) 9279 A, B, C, D Brandt (Grolsheim) (SPD) . . . 9279 B, C Hansen (SPD) . . . . . . . . . 9279 D Frage A 36 -- Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Walther (SPD) : Fortzahlung des bisherigen Kinderzuschlags nach dem 1. Januar 1975 an Mitarbeiter des Westdeutschen Rundfunks; Gleichstellung der Mitarbeiter der bundeseigenen Sendeanstalten Zander, PStSekr (BMJFG) . . . 9280 A, B Walther (SPD) . . . . . . . . 9280 B Maucher (CDU/CSU) . . . . . . 9280 C Frage A 44 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12, 74 — des Abg. Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) : Volkswirtschaftliche Verluste durch Einschränkungsmaßnahmen der Deutschen Bundesbahn für den SchienenPersonennahverkehr in Verdichtungsräumen Jung, PStSekr (BMV) . . . . . . 9280 D, 9281 A, B, C, D, 9282 A Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) . . 9280 D, 9281 B Dr. Jobst (CDU/CSU) . . . . 9281 C Spranger (CDU/CSU) . . . . . . 9281 D Dr. Evers (CDU/CSU) . . . . . . 9281 D Fragen A 45 und 46 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) : Untersuchungen für das Projekt „Dollarthafen" in Emden; Notwendigkeit von Verhandlungen mit dem Königreich der Niederlande Jung, PStSekr (BMV) . . 9282 A, B, C, D Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) 9282 B, C, D Fragen A 47 und 48 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Dr. Jobst (CDU/CSU) : Anlaß für die Reise des Präsidenten der Deutschen Bundesbahn, des Vorsitzenden der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands sowie der Mitglieder des Vorstands der Deutschen IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 Eisenbahnversicherungskasse nach Südafrika; Klarstellung der Finanzierung dieser Reise Jung, PStSekr (BMV) . . . 9283 B, C, D, 9284 A, B Dr. Jobst (CDU/CSU) • 9283 B, C, 9284 A Fragen A 49 und 50 — Drucksache 7/2927 vom 6. 12. 74 — des Abg. Immer (SPD) : Beleuchtungsmängel in den Zügen und Schienenbussen der Deutschen Bundesbahn, die insbesondere dem Berufsverkehr und der Schülerbeförderung dienen; Zahl der täglich darin beförderten Personen Jung, PStSekr (BMV). 9284 B, C, D Immer (SPD) . . . . . . . . 9284 C, D Nächste Sitzung 9288 C Anlage Liste der entschuldigten Abgeordneten . 9289* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 9217 135. Sitzung Bonn, den 11. Dezember 1974 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 134. Sitzung, Nachtrag zum Stenographischen Bericht, Seite 1, ist in Zeile 4 statt „Freitag, den 6. Dezember 1974" zu lesen: „Donnerstag, den 5. Dezember 1974"; 134. Sitzung, Seite 9088 D, Zeile 7, ist statt „Dr. Meinecke (Hamburg)" zu lesen: „Meinicke (Oberhausen)". Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) entschuldigt bis einschließlich Adams * 14. 12. Dr. Aigner * 14. 12. Dr. Artzinger * 14. 12. Dr. Bangemann * 14. 12. Dr. Bayerl * 14. 12. Dr. Becher (Pullach) 11.12. Behrendt * 13. 12. Frau Berger (Berlin) 13. 12. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 13. 12. Blumenfeld * 12. 12. Dr. Burgbacher * 14. 12. Dr. Corterier * 14. 12. Conradi 20. 12. Frau Däubler-Gmelin 20. 12. Dr. Dregger 20. 12. Fellermaier * 14. 12. Flämig * 14. 12. Frehsee * 14. 12. Dr. Früh * 14. 12. Gerlach (Emsland) * 14. 12. Haase (Kellinghusen) 20. 12. Härzschel * 14. 12. Dr. Jahn (Braunschweig) * 14. 12. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Kater * 14. 12. Katzer 20. 12. Dr. Klepsch * 14. 12. Krall * 14. 12. Lange * 14. 12. Lautenschlager * 14. 12. Dr. Lohmar 13. 12. Lücker * 14. 12. Memmel * 14. 12. Müller (Mühlheim) * 14. 12. Dr. Müller (München) ** 11. 12. Mursch (Soltau-Harburg) * 14. 12. Frau Dr. Orth * 14. 12. Pieroth 12.12. Roser 20. 12. Schmidt (München) * 14. 12. Dr. Schulz (Berlin) * 14. 12. Schwabe * 14. 12. Dr. Schwörer * 14. 12. Seefeld * 14. 12. Springorum * 14. 12. Dr. Starke (Franken) * 14. 12. Graf Stauffenberg 15. 12. Frau Steinhauer 11. 12. Stücklen 11. 12. Vahlberg 13. 12. Walkhoff * 14. 12. Frau Dr. Walz * 13. 12. Wende 20. 12. Frau Dr. Wex 11.12. Wohlrabe 13. 12.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat die Schwierigkeiten erwähnt, die sich in dieser Debatte ergeben, weil ja abschließende Texte, wie er sagte, z. B. ihm erst seit einer halben Stunde vorliegen. Dieses Schicksal teilen wir miteinander, Herr Carstens, und müssen dennoch — Sie haben das ja auch gesagt —hier gerechterweise über das sprechen, was die Regierung zu den schwierigen Verhandlungen erklärt hat, die ja stellenweise — ich will das nicht in einem herabsetzenden Bilde gemeint haben — einem gefährlichen Slalomlauf gleichen mußten, so wie die weltpolitischen und auch die europapolitischen Akzente gesetzt sind.
    Sie haben dann gesagt, daß Sie in dieser Debatte manches sagen würden, das vorläufigen Charakter habe. Ich muß Ihnen zugestehen, daß Sie damit recht hatten.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Ich muß allerdings sagen: Manches, was sehr vorläufig ist, war dennoch vorformuliert. Insofern ist es dennoch auch vorläufig, wie alle Manuskripte vorläufig sind, auch wenn Sie noch einmal und noch einmal aufgekocht werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Jedenfalls haben Sie das im Zusammenhang mit Hinweisen auf den Bundesminister der Finanzen, Hans Apel, als auch mit Hinweisen auf den Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Willy Brandt, unter Beweis gestellt. Es bleibt bei Ihnen vorläufig bei Abstempelungen, und Sie meinen, damit kämen Sie eine ganze Weile — wenn auch. nur vorläufig — durch, vielleicht bis zu einer nächsten Wahl zu irgendeinem Landtag oder in irgendeiner Kommune.

    (Damm [CDU/CSU] : In Frankfurt? Oder in München?)

    Sie hängen also am Vorläufigen.
    Gerechterweise haben Sie aber erklärt, Sie seien froh darüber, daß in bezug auf die Pariser Konferenz ein Fehlschlag vermieden worden sei. Das ist eine sachliche Feststellung. Sie teilen diese Auffassung — warum auch nicht? — sicherlich mit manchen anderen, die keineswegs Ihre sonstigen vorläufigen Beurteilungen teilen wollen. Es ist unerhört schwierig gewesen, dieses Pariser Treffen zu Ergebnissen zu führen, im Hinblick auf die auch Sie sagen müssen, Sie seien froh darüber, daß ein Fehlschlag vermieden worden sei. Ich denke dabei an ein Wort, das mir unlängst bei seinem letzten Besuch in Bonn mein alter verehrter Freund, der Präsident des Aktionskommitees für die Vereinigten Staaten von Europa, Jean Monnet, gesagt hat, als ich ihn fragte, ob das Komitee als solches nicht etwas Besonderes tun müsse. Er sagte: Dies ist die Stunde der Regierungen. Dies habe wohl nicht nur ich eingesehen, sondern ich nehme an, auch Sie sehen das ein: Dies ist die Stunde der Regierungen, auch wenn Regierungen gerechterweise der Kritik ihrer Parlamente unterstellt sind.
    Deswegen wende ich mich zunächst dem zu, was der Herr Bundeskanzler nach einer sicherlich nicht ruhigen Nacht hier heute dankenswerterweise dem Bundestag in gestraffter Form vorgetragen und zur Debatte vorgelegt hat. Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion unterstützt vollinhaltlich die Darlegung, die der Herr Bundeskanzler über die Entwicklungen im Verhältnis unseres Staates zur DDR gemacht hat. Wir danken ihm und der Bundesregierung für die Beharrlichkeit,

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    mit der daran gearbeitet worden ist, auch mit einem so schwierigen Partner, wie es die Regierung der DDR ist, zu konstruktiven Ergebnissen zu gelangen, die nicht zuletzt der Berliner wegen für uns so bedeutsam sind.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sie haben alle gehört, was der Bundeskanzler hier schmucklos über das dargelegt hat, was mit diesen Erörterungen und Gesprächen in den letzten Monaten erzielt worden ist. Meine Damen und Herren, es ist jedenfalls — wie auch immer Sie das Urteil vorwegnehmen wollen — der Ausblick auf eine Reihe wesentlicher Verhandlungen, in denen es um wesentliche Fragen für das Verhältnis zwischen den beiden Staaten im getrennten Deutschland und um Regelungen immer und in erster Linie zugunsten Berlins geht.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Was der Bundeskanzler hier in seiner Regierungserklärung über die Gespräche - sei es in Washington, sei es in New York — mit unserem wichtigsten Partner, den Vereinigten Staaten von Amerika, gesagt hat. ist zweifellos von großer Bedeutung, auch wenn sich manche Ergebnisse nicht schon in allernächster Zeit zeigen werden, sondern erst auf dem Wege der Annäherung ,der Standpunkte — hier ist ja auf das Zusammentreffen des amerikanischen Präsidenten mit dem französischen Präsidenten hingewiesen worden —, über schwierige Differenzen und mitunter sogar über Klüfte hinweg, die in den letzten Jahren bestanden haben.
    Das Ergebnis der Tagung in Paris ist richtig charakterisiert worden, wenn darauf hingewiesen worden ist, daß sich die Regierungschefs dort weder in bürokratischer Kleinarbeit erschöpft noch in hohlen Deklamationen ergangen hätten. Bei dem Kommuniqué — wenn wir alle es sorgfältig studiert haben werden, wenn die Ausführungen des Herrn Bundesministers des Auswärtigen dazu vorliegen und zur Kritik stehen werden — werden wir sehen, daß es sich hier um Gesprächsergebnisse von nicht alltäglichem Wert handelt.

    (Zustimmung des Abg. Dr. Bangemann [FDP])

    Der Bundesminister der Finanzen hat übrigens hier im Bundestag in einer Rede, die er am 5. Dezember 1974 gehalten hat, folgendes gesagt — er hat dabei den Jahresbericht 1974 des Weltwährungsfonds zitiert —, was ich wörtlich wiedergebe:
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 9231
    Wehner
    Um die Mitte des Jahres 1974 lag die Weltwirtschaft in den Wehen einer starken und weitverbreiteten Inflation, einer Verlangsamung des wirtschaftlichen Wachstums, und war konfrontiert mit einem massiven Ungleichgewicht im internationalen Zahlungsverkehr.
    Und er hat ergänzend dazu ausgeführt, daß in diesem Jahresbericht des Weltwährungsfonds weitergesagt wird,
    daß diese Situation die nationalen Regierungen wie die internationale Gemeinschaft vor die umfassendsten und schwierigsten Probleme seit dem Ende des zweiten Weltkrieges stellt. Wir kommen zu dem Ergebnis,
    — so schloß der Bundesminister der Finanzen —
    daß dieser Analyse nichts hinzuzufügen ist. Wir befinden uns in der Tat in der schwierigsten Situation nach 1945.
    Wenn ich noch einmal auf den Begriff meines sehr verehrten Vorredners zurückkommen darf: Dabei halten Anmerkungen vorläufigen Charakters den Wetterverhältnissen kaum stand, Herr Carstens!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der Bundeskanzler hat mit Recht gesagt, daß wir eine Durststrecke durchmessen. Es ist dieser Charakterisierung nicht angemessen, wenn man meint, da könne man sich ausschließlich am Körper der Regierung des eigenen Landes sozusagen festbeißen. Hier in dem Kommuniqué sind — wir alle werden es noch sehen — wesentliche Orientierungspunkte für die nächsten Monate zusammengefaßt, und zwar — hier greife ich wieder das auf, was der Bundeskanzler gesagt hat gekennzeichnet nicht nur durch gute Kooperation, sondern auch dadurch, daß das, was in Paris — zugegeben mühselig und geduldig genug — hat herausgearbeitet werden müssen und können, zu gemeinsamen Schritten — oder Schritten aufeinander zu — mit den Vereinigten Staaten von Amerika führt. Sie wissen doch ganz genau, meine Damen und Herren von der Opposition, wie das ist mit dem besonderen Verhältnis z. B. der französischen Regierung — nicht nur der jetzigen, sondern auch ihrer Vorgängerinnen — zu einer Partnerschaft mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Hier ist nicht der Platz, sich über die französische Politik auseinanderzusetzen, aber hier ist doch, wenn Dinge verniedlicht oder verschoben werden, der Platz, darauf hinzuweisen, daß wir es in vielen Jahren auch mit solchen uns berührenden, aber von uns nicht zu verantwortenden Entwicklungen zu tun haben.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Hier komme ich noch einmal auf das zurück, was Sie wiederholt angreifen zu müssen glaubten. Wenn der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands in einer Rede, die er in Paris auf Einladung gehalten hat, genau auf die Dinge zu sprechen gekommen ist, in denen uns jetzt Probleme auf den Nägeln brennen, und wenn er Wege und Vorschläge zur Krisenmeisterung um der Gemeinschaft willen — damit sie nicht zerspringe oder zerfalle — dargelegt hat, so lohnt es nicht, sich an dem einen oder dem anderen Wort festklammern zu wollen und daran herumzudeuteln.

    (Beifall bei der SPD)

    Dann nehmen wir das, was Willy Brandt in dieser Frage gesagt und gewollt hat, wie es ist und wie es auch von Leuten nicht vorläufigen Charakters — hier zitiere ich z. B. noch einmal meinen Freund Jean Monnet — positiv gewürdigt worden ist.

    (Beifall bei der SPD)

    Da erlaube ich mir, einiges zu dem zu sagen, meine Damen und Herren, was wir bei allem, was vorläufigen Charakters sein mag, festhalten müssen. Wir haben es, was die heute hier in der Regierungserklärung berührten und aktualisierten Beziehungen vielfältiger Art betrifft, in denen wir stehen und auf deren Gedeihen wir alle angewiesen sind — unser Staat, unser Volk, sogar in dem Sinne gesprochen: unser Volk im getrennten Deutschland —, bezüglich deren wir zu leisten haben, was wir mit den uns aufgegebenen Beziehungen zu tun imstande sind, mit den Römischen Verträgen zu tun. Wir haben es zu tun mit dem Nordatlantikpakt. Wir haben es zu tun mit dem Generalvertrag, den wir mit den drei Westmächten geschlossen haben, und wir haben es zu tun mit dem Vertrag über die Grundlagen der Beziehungen zwischen uns und der DDR. Eine Klammer dessen und aus diesen Verträgen herausgewachsen ist das, was wir das Viermächte-BerlinAbkommen nennen mögen. Das ist alles sehr gebrechlich, das alles ist keinewegs Absolutheitsvorstellungen gemäß, aber es ist alles sorgsam zu hüten, sorgsam davor zu behüten, daß es nicht über I das Maß hinaus, das sowieso die Wetterverhältnisse ihm zumessen, strapaziert wird.

    (Zustimmung bei der SPD)

    Die vertraglich geregelten Beziehungen mit den Staaten in West und Ost bedürfen — das will ich damit sagen — jeweils ebenso sorgfältigster Aufmerksamkeit und Handhabung, wie wir der Fähigkeit bedürfen, es in unserem eigenen Interesse zu keinem Entweder-Oder kommen zu lassen: entweder mit Westverträgen oder mit Ostverträgen, entweder das eine oder das andere. Das ist doch wohl ein gemeinsames Interesse. Ich bin überzeugt, daß das, auch wenn des „vorläufigen Charakters" wegen heftig dagegen polemisiert wird, im Grunde nicht geleugnet werden kann.

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn ich sage, daß es in unserem eigenen Interesse liege, es zu keinem Entweder-Oder in diesem Geflecht von vertraglichen Beziehungen kommen zu lassen — das ist mit unser eigenes Interesse —, heißt das, daß da nicht Schaukelpolitik hilft, sondern Balance. Balance ist nicht immer so, daß man während der schwierigen Akte und Handlungen schon sieht, was für ein gewaltiger Künstler der ist, dem aufgegeben ist, diese Balance zu halten. Aber er verdient unsere Unterstützung, und so verdient sie der Bundeskanzler bei diesen schwierigen Akten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Wenn nicht Schaukelpolitik betrieben, sondern Balance gehalten werden soll, bedingt dieses, nichts
    9232 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974
    Wehner
    blockieren zu lassen, weder in der einen noch in der anderen Richtung.
    Die Behandlung unserer vertraglichen Verpflichtungen und Möglichkeiten muß beim Austragen unserer innenpolitischen Kämpfe, die um die Führung und die Schwergewichte der Politik hier ausgetragen werden — was legitim ist —, insoweit sorgsam geschehen, als wir unsere eigenen Interessen — sagen wir: unsere nationalen Interessen — nicht so in das Spiel anderer Interessen hineinziehen lassen dürfen, daß wir unsere eigenen Interessen nicht wirklich voll wahrnehmen könnten. Das ist eine Regel, von der niemand herunterkommt, gleichgültig, welche Regierung er lieber am Ruder sähe.
    Wir brauchen die Abstimmung mit den Interessen von Partnern, aber wir müssen viel dazu tun, uns nicht, auch wenn es ungewollt geschieht, als Werkzeuge der Interessen anderer verbrauchen zu lassen. Ich unterstelle keiner der Seiten, mit denen wir Verträge haben, daß sie uns für ihre eigenen Interessen sozusagen mißbrauchen möchte. Nur: Wir müssen aufpassen, daß wir unsere Interessen selbst sorgsam wahren und sie auch nicht den innerpolitischen Kämpfen um Führung und Schwergewichte hier zum Opfer bringen lassen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie selbst müssen sich gelegentlich daran erinnern, wie schwierig es war, z. B. Abkommen mit der DDR, mit dem anderen Teil im getrennten Deutschland, die von unserer Seite aus bestimmten Gründen aufgesagt worden waren, dann doch wieder zu flicken, weil es keine andere Möglichkeit gab. Ich denke dabei — um nur zwei Punkte herauszugreifen — an jene zeitweilige Kündigung des Abkommens über den innerdeutschen Handel durch eine Regierung hier und daran, wie wir uns dann bemühen mußten, dies wieder in das Gleis zu bringen, ohne daß wir ein völlig neues legen konnten.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU] : Damals gab es noch keinen Grundvertrag!)

    — Damals waren Sie noch nicht hier, Herr. Lassen Sie das ruhig sein, dazu Ihre klugschnackerischen Bemerkungen zu machen!

    (Heiterkeit bei der SPD und der FDP — Lachen bei der CDU/CSU)

    Dazu rechne ich auch das Umgehen mit dem Passierscheinabkommen in jenem Jahr, in dem es auf unserer Seite etwas dazu bedurft hätte, es weiterführen und erneuern zu können. Daß die damalige Regierung sich gegen den Rat anderer — z. B. auch gegen meinen Rat — dem damals versagt hat, sind heute keine aktuellen Dinge mehr. Wenn man so will — in der Sprachphilosophie des Herrn Kollegen Carstens —, waren es also Dinge vorläufiger Art.
    Nur, wenn Sie sich heute — und das ist Ihr gutes Recht —, an der Frage festhaken, ob denn die Regierung das Äußerste aus den vertraglichen Möglichkeiten herausgeholt hat, dann müssen Sie auch bedenken, daß die vertraglichen Möglichkeiten zugleich auch vertragliche Notwendigkeiten sind. Und dann brauchen wir ein Stück, wo wir bei allen
    inneren Auseinandersetzungen hier, die nicht aufhören werden — dafür sorgen, daß wir Möglichkeiten und Notwendigkeiten in das richtige Verhältnis bringen. Und hier danke ich der Regierung wiederum für ihre Beharrlichkeit bei dem Aushandeln dieser Möglichkeiten, nun in sachgerechte Sachverhandlungen eintreten zu können.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren, Sie dürfen doch — um jetzt einmal ebenso kurz die westliche Seite anzuleuchten — nicht vergessen, wie viele Jahre die französische Auslegung und Praxis im Umgang mit den Römischen Verträgen die westeuropäische Entwicklung zur Einheit hin gekostet haben. Das wissen Sie doch noch ganz genau, und ich nehme nicht an, daß Sie darüber einfach hinwegwischen wollen. Ich denke an die Jahre der „Politik des leeren Stuhls", lange Jahre, die heute noch nicht völlig überwunden sind. Sie wissen, mit welchem Luxemburger Kompromiß man damals abschließen mußte. Schließlich sagten die damalige Regierungskoalition und die damalige Opposition in dem einen Punkt doch: besser dies als gar nichts! Das war die Lage, die wir damals mit der Politik des leeren Stuhls vorgesetzt bekommen haben. Da ging es doch nicht nur um das Verhältnis der Partner in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft zueinander, es ging dabei immer auch, wenn nicht in einem sehr starken Maße, um das Verhältnis der Partnerschaft zwischen den zur Einigung Europas fähigen Staaten, also Westeuropas, zu den Vereinigten Staaten von Amerika. Das ist doch — zusätzlich zu allem — etwas. Ich täte das, meine Damen und Herren, nicht so mit einer Handbewegung in bezug auf das bevorstehende Zusammentreffen zwischen den Präsidenten der Vereinigten Staaten und Frankreichs ab. Dies ist der Vorgeschichte und auch der innenpolitischen Verhältnisse Frankreichs wegen — schwierig genug. Das wissen Sie auch. Wir können diese Verhältnisse von hier aus nicht ändern, falls wir überhaupt ein Rezept hätten, wie man sie eigentlich ändern müßte.
    Und da komme ich doch noch einmal zurück zu Herrn Carstens' vorläufigen Wertungen. Er hat intensiv gefragt nach Vorschlägen konkreter Art zur Wahl des Europäischen Parlaments. Herr Carstens, Sie haben gesagt: seit den sechziger Jahren liegen sie auf dem Tisch. Aber Sie wissen doch — ich nehme an, Sie wissen das —, wie die Stellung des französischen Partners, die amtliche, die Regierungsstellung, zu der Direktwahl des Europäischen Parlaments war und noch ist. Daß es jetzt endlich möglich ist, — —

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Das ist jetzt positiv! Das ist die große Wandlung! Das haben Sie nur noch nicht mitgekriegt, Herr Wehner!)

    — Entschuldigen Sie, Sie werden mich doch hier nicht belehren, daß Frankreich nicht gesagt hat: nein; höchstens eine Jahreszahl, die noch sehr weit in der Ferne lag, genannt hat auf die Frage, wann man dazu übergehen könnte. Das können Sie doch
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 9233
    Wehner
    innenpolitischer Opportunität wegen nicht einfach aus der Welt schaffen.
    Nun, einige Bemerkungen — auch wieder vorläufigen Charakters — haben Sie jetzt schon zur bevorstehenden konjunkturpolitischen Debatte gemacht, die am Freitag hier geführt werden wird. Meine Damen und Herren von der Opposition, wenn das Fehlen einer Einigung im energiepolitischen Bereich — Herr Carstens hat es hier bemängelt — bedauert wird, so kann man doch nicht daran vorbei — ich muß noch einmal auf dieses spezielle Verhältnis zwischen Frankreich und den USA zu sprechen kommen —, daß beide in dieser Frage eine besondere Verantwortung haben.
    Sie haben, Herr Kollege Carstens, einige Bemerkungen zum Nahen Osten gemacht. Ich erkläre, daß ich einverstanden bin mit dem, was Sie darüber gesagt haben, daß ein neuer Krieg nicht ein einziges der dortigen Probleme lösen könnte. Hier sind wir völlig übereinstimmender Meinung. Ich erlaube mir, ohne damit diese Übereinstimmung einschränken zu wollen, hinzuzufügen: Ein neuer Krieg dort könnte, würde wahrscheinlich tödlich sein für mehr als nur für die Länder und Völker dieses Gebietes.

    (Dr. Marx [CDU/CSU] : Sehr wahr!)

    Sie bemängeln hier, daß die Vertreter der Bundesrepublik Deutschland nicht immer gleichartig und gleichlautend zu den Rechten Israels und der Palästinenser gesprochen hätten, und Sie sagen, das sollten sie tun. Ich bin auch der Meinung: das müssen sie. Meine Einstellung ist die des Bedauerns darüber, daß die Vollversammlung der Vereinten Nationen den Eindruck gemacht hat, als ob den Palästinensern ein Recht gegeben werden könne, während vom Rechte Israels nicht mehr die Rede zu sein brauche.

    (Allgemeiner Beifall)

    Dies war das, was schauerlich war an jener Demonstration. Es war eine Demonstration, angesichts derer sicher nicht nur ich, sondern viele andere — gleichgültig, zu welchem Lager sie gehören — sehr bedrückt waren, weil manches an jener Schaustellung des Mannes mit dem Pistolenhalfter an etwas völlig anderes erinnerte, nämlich an das Bild, das uns hinsichtlich eines Diplomaten mit dem Regenschirm von 1938 noch gewärtig ist.

    (Dr. Jenninger [CDU/CSU] : Der Schuh!)

    — Der Schuh war noch ein anderes Bild, verehrter Herr. Sie müssen nicht immer nur nach einer Seite gucken. Ich hoffe sehr — und hoffentlich mit Ihnen gemeinsam; denn in diesem Punkte werden wir doch wohl übereinstimmen —, daß es nicht so kommt wie 1938 hinsichtlich jenes anderen Landes, das damals von einigen Gentlemen und Monsieurs dazu verurteilt worden ist, geteilt zu werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Nun, sehr verehrter Herr Kollege Carstens, Sie meinen, den Bundeskanzler in dieser Stunde ermahnen zu müssen, daß eine Veranstaltung, die die CDU in Duisburg — so habe ich gehört — durchführen wird, nicht gestört werden dürfe. Herr Carstens, das entspricht weder der Bedeutung der Regierungserklärung des Bundeskanzlers noch können Sie der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands den Stempel aufdrücken, den Sie ihr gern aufbrennen möchten.

    (Beifall bei der SPD — Damm [CDU/CSU] : Das macht sie doch selber!)

    Ich sage Ihnen hier ganz deutlich: Die SPD hält es weder mit Chaoten noch mit Terroristen, noch mit andersartigen Gewalttätern. Mit keinem von denen ist sie im Bunde!

    (Beifall bei der SPD)

    Wenn man fragt, wem diese nützen, sage ich Ihnen mit Bitterkeit: Sie nützen Ihnen, meine Damen und Herren, ob bewußt oder unbewußt. Sie wissen auch, daß sie Ihnen nützen.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie nützen nämlich Ihren Absichten, als Hort der
    Sicherheit zu erscheinen, wenn auch nur vorläufig.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

    Die Sozialdemokratische Partei hat in ihrer Geschichte harte Proben bestehen müssen. Sie hat sie nicht immer alle bestanden, gerade auch hinsichtlich der Auseinandersetzung mit Terroristen und Provokateuren.
    Was den Vorgang betrifft, Herr Kollege Carstens, um den es sich hier handelt und von dem Sie meinen, daß er bei der Gelegenheit zur Sprache gebracht werden mußte, so bin ich davon unterrichtet worden, daß die Unterzeichner jenes Aufrufes, die zur Sozialdemokratischen Partei zu rechnen sind, bis heute mittag ihre Unterschriften zurückzuziehen haben. Anderenfalls ist ihnen ein Parteiausschlußverfahren mit dem Ziel der Löschung ihrer Mitgliedschaft sicher.

    (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

    Das tun wir doch nicht Ihnen zuliebe, oder weil Sie es hier gesagt haben — da brauchen Sie nicht süffisant zu lächeln —, sondern weil wir Demokraten sind und weil wir die Auseinandersetzung mit den Demokraten unter Demokraten geführt sehen wollen.

    (Beifall bei der SPD und bei der FDP — Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Heute erst! Wahltaktik!)

    — Ach, reden Sie doch keinen Nonsens, Herr! Ich habe z. B. erlebt, daß ich in einem — kommt jetzt selten vor — 25-Minuten-Sonntagsinterview des Deutschlandfunks auch zu Fragen hätte etwas sagen müssen, was Möglichkeiten einer Allparteienregierung oder einer anderen Koalition unter ganz bestimmten dringenden anderen Verhältnissen betrifft. Ich habe gesagt: Das, was heute über Koalition geredet wird, ist alles vordergründig, zweckbedingt, jeweils zum Reiz eines eigenen Partners oder anderer gemeint.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Den Partner, den Sie reizen könnten, haben nur Sie, Herr Wehner!)

    — Sie haben sich vorläufig erregt, Herr Carstens.
    Sie werden nachher, wenn Sie dann 60 gewesen
    9234 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974
    Wehner
    sind — wozu ich Ihnen jetzt schon gratuliere —, noch merken: vorläufige Erregungen sind nicht wirkliche.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD — Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Das war ein Blindgänger!)

    Lediglich die, die die Bandaufnahme haben lesen können, wissen, wie ich mich dort gegen die Dämonisierung von persönlichen und von innenpolitischen Gegnern gewendet habe.

    (Kroll-Schlüter [CDU/CSU] : Sie haben doch dämonisiert!)

    — Quatschen Sie nicht Unfug! Ich rede hier ehrlich zu Ihnen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Ich wende mich z. B. gegen die Dämonisierung des Vorsitzenden der CSU, weil ich meine, sie dient ihm am meisten, um populär zu werden.

    (Beifall bei der SPD — Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Altruistische Motive!)

    Wenn es einen Orden höchster Klasse gäbe für die Popularisierung Ihres Mannes, der kommt, „wenn er gerufen wird", in das Amt, das er Ihnen vorläufig gern zugestehen will, Herr Carstens, falls inzwischen die Regierung es notwendig machen sollte, dann erhielten ihn jene, die ihn in einer Weise dämonisieren, daß sie ihn hochspielen. Die einen kriegen Angst, und die anderen sagen: Das ist wohl der Mann, der geholt werden muß, wenn er gerufen wird.

    (Dr. Stark [Nürtingen] [CDU/CSU] : Sie meinen Herrn Kühn, Herr Wehner? — Weitere Zurufe)

    — Wenn ich das Wort gesagt hätte, wäre ich zur Ordnung gerufen worden. Aber ich bin hier nicht dazu da.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Nun zu dem Versuch bei den vorläufigen Bernerkungen des Herrn Kollegen Carstens, den Regierenden Bürgermeister Berlins auszuspielen. Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands hat am Montag während seiner Sitzung Kenntnis vom Wortlaut der Erklärung bekommen, die der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Schütz
    — der auch Mitglied des Vorstandes der SPD ist, aber bei dieser Gelegenheit nicht anwesend sein konnte —, in Berlin abgegeben hat. Wir haben dazu erklärt und öffentlich gemacht, daß der Parteivorstand den Regierenden Bürgermeister und die Berliner zu diesem Ausblick auf konstruktive Verhandlungen beglückwünscht, die im Ergebnis wesentliche Fortschritte für die Mitbürger der geteilten Stadt zeitigen werden. Dem Bundeskanzler und der Bundesregierung dankt der Parteivorstand für die Beharrlichkeit im Bemühen, die mit der DDR auf dem Boden des Vertrages über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR zum Besten der Menschen im getrennten Deutschland geführten Verhandlungen zu positiven Ergebnissen zu bringen.
    Übrigens: Darüber wird man noch in zehn und in 15 und vielleicht in 20 Jahren reden, wie weit man jeweils gekommen, wie weit man zeitweilig wieder zurückgedrängt und wie weit man dann wieder weitergekommen sein wird. Da haben also die Jüngeren noch große Chancen.
    Ich bin der Meinung, daß es ungerechtfertigt ist, wenn aus dem Munde von Herrn Carstens die Frage gestellt wird, was denn geschehe mit diesen nun in den Verhandlungsgang kommenden Projekten — und wenn sie zu wirklichen Objekten geworden sein mögen —, wenn die DDR erneut Störungsaktionen führen wird. Wollen wir nicht endlich aufhören mit jener Mär, als hätten die Bundesregierung und der Bundeskanzler nicht angemessen reagiert auf Störungen, die in den letzten Monaten vorgekommen sind? Das haben sie. Allerdings, wir waren dabei auch darauf bedacht, daß es nicht zu solchen Clinchs käme, wie sie unter anderen Umständen — und von der Gegenseite mehr gewollt, als von unserer Seite zu verhindern gewesen war — wiederholt ausgelöst worden sind. In der Pressemitteilung des Bundespresse- und Informationsamtes Nr. 1468/ 74 vorn 9. 12. — und das haben Sie auch so gelesen, wie ich das gelesen habe, Herr Carstens und die anderen Damen und Herren — finden Sie genau, was in bezug auf diese in Gang kommenden Projekte zu sagen ist, zu sagen notwendig ist. So könnten Sie es sich, wenn Sie vorläufig wollen, ersparen, die vorläufigen Bemerkungen über noch nicht in Gang gekommene, über noch nicht den Ergebnissen nach zu bewertende Verhandlungen über Projekte und Objekte auszusprechen.
    Ich sage am Schluß noch einmal Dank dem Bundeskanzler, der Bundesregierung für diese Beharrlichkeit und Dank dafür, daß sie, ohne daß es ihnen darauf ankam, bloß eine gute Figur zu machen, unter schwierigen und in mancher Hinsicht schwierigsten Verhältnissen Balance gehalten haben, die uns in unserer Lage besonders gut ansteht.
    Ich danke.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Dr. Bangemann.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Martin Bangemann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir sprechen heute morgen über einen nicht unbeträchtlichen Erfolg der Bundesregierung, insbesondere im Bereich der Europapolitik. Das haben die Ausführungen des Kollegen Carstens ganz deutlich gemacht; denn im wesentlichen hat er über andere Dinge gesprochen, weil er diesen Erfolg nicht bestreiten kann.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich halte es aber doch für richtig, wenn man von diesen Sachen spricht; denn die Einschätzung der Bundesrepublik, ihrer Situation und der Politik der Bundesregierung im Ausland und bei der Opposition ist in einem Maße unterschiedlich, das man nur noch damit erklären kann, daß hier nicht bloß die Per-
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 9235
    Dr. Bangemann
    spektiven anders sind, sondern daß die Opposition beginnt, an Realitätsferne geradezu zu leiden, an einer gewissen Blickverengung zu leiden, die im Bereich der Außenpolitik eben auch nicht der Bundesrepublik insgesamt nützen kann.
    Der Besuch in Washington hat doch eines ganz deutlich gemacht, meine Damen und Herren: daß vor der allgemein schwierigen weltwirtschaftlichen Situation, auch vor der allgemein schwierigen allgemeinpolitischen Situation in der Welt die Bundesrepublik in einer außergewöhnlich guten Ausnahmesituation verhandeln und handeln kann und daß die Bundesregierung diese Situation genützt hat.
    Auch die NATO-Tagung in Brüssel, die im Augenblick noch abläuft, zeigt diese Realitätsferne vieler der Positionen, die die Opposition eingenommen hat. Meine Damen und Herren, auf dieser NATO- Tagung ist der Bundesrepublik bestätigt worden, daß die Einsatzbereitschaft, die militärische Schlagkraft der Bundeswehr in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat, daß insbesondere auch die beabsichtigte Veränderung der Wehrstruktur in diesem Sinne von unseren Bündnispartnern eingeschätzt wird, ganz im Gegensatz zu dem verhängnisvollen Wort von den Operettenarmeen, das Herr Strauß geprägt hat und das noch einmal in diesem Bereich zeigt, wie sehr die Opposition ihren Blick trüben läßt durch den Versuch, ihre eigene Position zu verbessern, wie sehr sie sich weigert, daran teilzuhaben, daß die Position der Bundesregierung in manchen Bereichen zugleich auch Position der Bundesrepublik ist, so daß es eine Verpflichtung wäre für die Opposition, diese Positionen in gleicher Weise zu verteidigen und zu vertreten, wie die Bundesregierung das tut.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Meine Damen und Herren von der Opposition, man kann nicht ohne Schaden für die Position der Bundesrepublik von „Operettenarmeen" sprechen. Das werden Sie selbst feststellen, wenn Sie ins Ausland gehen. Solche Verpflichtungen bestehen auch für die Opposition.
    Ich kann noch nicht ganz begreifen, in welchen Punkten wir bei der Beurteilung der Situation im Nahen Osten unterschiedliche Positionen vertreten. Man muß sich an die einhellige Ablehnung der Erklärung der Neun, die insbesondere aus den Reihen der Opposition kam, erinnern. Herr Professor Carstens, damals, in dieser Erklärung der Neun, ist ganz ausdrücklich davon die Rede gewesen, daß die Positionen aller im Nahen Osten miteinander im Streit liegenden Völker in gleicher Weise gesichert werden müßten, damit diese Völker die Chance erhielten, in gesicherten Grenzen in Frieden zu leben. Sie haben das damals kritisiert. Heute scheinen offenbar auch Sie diese Position der Bundesregierung für richtig zu halten.
    Auch die Aufhebung des Zwangsumtauschs für Rentner mein Kollege Hoppe wird darauf noch im einzelnen eingehen — ist nun doch ein Faktum, das auf dem Tisch liegt und an dem man nicht vorbeikommen kann. Sie überspielen nun diese Erfolge, die ganz offenbar vorhanden sind, immer damit, daß
    Sie erneut Forderungen stellen, die eben noch nicht realisiert sind. Sie versuchen damit, die greifbaren Erfolge der Bundesregierung herunterzuspielen. Das scheint Ihnen nach meinem Dafürhalten immer weniger zu gelingen, um so heftiger stellen Sie nun diese Versuche an.
    Lassen Sie mich zu der europapolitischen Situation und zu dem Ergebnis des Gipfels kommen, der — ich habe es schon am Anfang gesagt — in überaus großem Maße für unsere Position sichtbare Erfolge mit sich gebracht hat.
    Wenn man sich einmal in Erinnerung ruft, wie die allgemeine Auffassung in der Kommentierung der Presse vor dem Gipfel war, welche Tendenz in diesen Pressekommentaren sichtbar war, dann darf ich für viele dieser Kommentare stellvertretend die „Neue Zürcher Zeitung" zitieren, die geschrieben hat:
    Es ist eine alte Geschichte und immer wieder neu. Neu ist zur Zeit, daß sich die europäische Problematik auf das Jahresende wieder einmal kritisch zuspitzt, nachdem schon der Jahresbeginn im Zeichen voller Krise, eines atlantischen Zerwürfnisses und einer innereuropäischen Zerreißprobe zugleich, gestanden hatte.
    Meine Damen und Herren, diese Beschreibung der Möglichkeiten, der Hoffnungen, die mit dem Gipfel verbunden waren, ging durch die gesamte Presse hindurch. Niemand hat sich vom Gipfel etwas versprochen. Jedermann war skeptisch und voller Pessimismus.
    Es ist sicher richtig, daß die Probleme größer geworden waren. Es ist sicher richtig, daß die Probleme auch dadurch größer geworden waren, daß sich die Differenzen innerhalb der Europäischen Gemeinschaft vertieft hatten. Es gab nicht so sehr Meinungsverschiedenheiten, sondern die Ausgangspositionen, von denen die einzelnen Mitgliedsländer auszugehen gezwungen waren, hatten sich verändert.
    Zugleich wurde aber auch deutlich, daß eine größere Sensibilität für diese Probleme entstanden war, daß insbesondere bei der französischen Position zu verzeichnen ist, daß unter Aufgabe alter Vorbehalte eine Hinwendung zu einem Europa vollzogen wurde, wie wir es uns vorgestellt und gewünscht hatten.
    Auch die Schwierigkeiten in Großbritannien haben nicht dazu geführt, daß sich die Politik Englands so von Europa abgewandt hätte, daß nicht ein Funken Hoffnung übriggeblieben wäre. Bei allen äußeren Vorbehalten, insbesondere zur Frage der Bedingungen des Verbleibens in der Gemeinschaft, war doch spürbar geworden, daß in Großbritannien, gerade auch in der Labour Party, die Erkenntnis, das Bewußtsein gewachsen waren, daß ein Verbleiben in der Gemeinschaft auch im eigenen Interesse liegen würde.
    Das gleiche gilt für Italien. Hier haben wir, deutlich sichtbar, eine größere Nüchternheit bei der Einschätzung des wirtschaftlich Notwendigen zu verzeichnen gehabt. Wenn ich Dänemark, Irland und die Benelux-Länder in dieser Aufzählung nur
    9236 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974
    Dr. Bangemann
    so erwähne, dann geschieht das nicht, um deren Probleme zu verkleinern. Ich darf aber im Hinblick auf die Benelux-Länder sagen: Wir haben in der Vergangenheit immer wieder mit großer Befriedigung verzeichnen können, daß gerade bei den kleineren Partnern der Gemeinschaft ein großes Maß an Verständnis für die zunehmende Souveränität der Gemeinschaft vorhanden war.
    Meine Damen und Herren, bei dieser Ausgangslage in der allgemeinen öffentlichen Einschätzung der Chancen eines Gipfels gibt es an einem gar nichts zu zweifeln und gibt es auch nichts herumzudeuteln: Das Ergebnis dieses Gipfels, wie es uns jetzt in Form des Kommuniqués vorliegt, ist ein großer europapolitischer Erfolg dieser Bundesregierung.

    (Beifall bei der FDP)

    Wer das verkleinern will, tut etwas, was im Gegensatz zu seinen Lippenbekenntnissen steht; er verläßt nämlich die europapolitische Linie, die wir gemeinsam vertreten haben. Es geht eben nicht, daß man einen solchen Erfolg um seines eigenen Nutzens willen verkleinert, auch nicht, wenn man in der Opposition ist, sondern einen solchen Erfolg muß man gemeinsam mit den Fraktionen anerkennen, die die Regierung tragen, wenn man auf dem Gebiet der Europapolitik weitere Fortschritte will.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Das aber hat Herr Carstens nach meiner Meinung nicht getan.
    Ich will das an einigen Punkten aus dem Kommuniqué, das Ihnen allen jetzt vorliegt, deutlich machen. Ich möchte dabei von meiner Fraktion aus insbesondere dem Bundeskanzler und dem Bundesaußenminister dafür danken, daß sie in diesen schwierigen Verhandlungen einen großen Fehler vermieden haben, der angesichts unserer relativen Stärke sehr nahe lag, nämlich in dem Bewußtsein aufzutreten, es besser zu wissen, und dadurch den Erfolg unmöglich zu machen. Dies ist nicht der Fall gewesen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Was, Herr Kollege Carstens, bedeutet nun das Ergebnis, das Sie hier herunterzuspielen versucht haben und zu dem der Außenminister auch noch deutlich Stellung nehmen wird?
    Die Bundesregierung hat sich nicht in die unheilvolle Alternative hineinpressen lassen, daß nur eine Wahl zwischen den wirtschaftlichen Notwendigkeiten einerseits und den institutionellen Verbesserungen andererseits möglich sei. Das war ja sehr oft gerade auch aus den Reihen der Opposition vor dem Gipfel zu hören, daß man fragte: Was bedeuten institutionelle Verbesserungen angesichts der wirtschaftlichen Situation, angesichts der Zwangslage, in der sich viele Mitgliedsländer befinden?

    (V o r sitz: Vizepräsident Dr. Jaeger)

    Wir müssen erst einmal diese wirtschaftliche Situation bereinigen, dann kann an einen weiteren Fortschritt bei den Institutionen gedacht werden. — Meine Damen und Herren, dies ist eine der Alternativen, die die Bundesregierung nicht akzeptiert,
    mit Recht nicht akzeptiert, die wir nicht akzeptiert e haben, in die sich die Opposition aber immer wieder verrennt, weil sie glaubt, Politik aus der einseitigen Wahl einer dieser Alternativen heraus machen zu können. Die Ziffer 2 des Abschlußkommuniqués spricht hier eine deutliche Sprache, wenn von der Anerkennung der Notwendigkeit die Rede ist, die interne Probleme, die der Aufbau Europas mit sich bringt, und die Probleme, die sich Europa von außen stellen, als Ganzes zu sehen. Das ist eine realistische Einschätzung dieser Problematik, weil sie vermeidet, sich in der Hoffnung, daß Lösungen für die Probleme insgesamt erreicht werden können, auf ein vordergründiges Gebiet zu stürzen.
    Es ist auch nicht richtig, Herr Professor Carstens, daß sich die institutionellen Verbesserungen aus dem Text des Kommuniqués nicht ergeben und daß hier irgendwelche bewußten oder unbeabsichtigten Unklarheiten übriggeblieben sind. Ich darf Sie daran erinnern, daß Sie selber den Zweifel zu erwecken versuchten, als sei nicht festgelegt, in welchem Ausmaß, nach welchem Turnus, in welchem zeitlichen Rhythmus sich die Regierungschefs in Zukunft treffen werden. In der Ziffer 3 des Kommuniqués steht ausdrücklich und ohne jeden Zweifel:
    Die Regierungschefs haben daher beschlossen, dreimal jährlich und jedesmal, wenn dies notwendig erscheint, zusammen mit den Außenministern als Rat der Gemeinschaft und im Rahmen der Politischen Zusammenarbeit zusammenzutreten.
    Hier ist kein Zweifel zurückgeblieben, Herr Professor Carstens. Dies ist eine klare Terminierung, eine klare Festschreibung, und zwar sowohl was die Häufigkeit dieses Zusammentreffens angeht wie auch vor allen Dingen — und das scheint mir besonders wichtig zu sein — die Art und Weise des Zusammentretens. Denn Sie wissen, die große Problematik, die sich hier auftat, war die, daß wir wieder einmal vor einem solchen Scheideweg standen, das Europa der gemeinsamen Institutionen zu verlassen und uns auf einen Weg bilateraler Zusammenarbeit zu begeben, den meine Fraktion unter gar keinen Umständen akzeptiert hätte. Ich habe das schon an anderer Stelle deutlich gesagt: Die Freien Demokraten unterstützen nur eine Europapolitik, die zu einem demokratischen, gemeinschaftlich verfaßten Europa führt. Sie unterstützen keine Europapolitik, die nur auf das überholte Mittel bipolarer Zusammenarbeit alter Nationalstaaten zurückgreift.

    (Beifall bei der FDP — Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Da stimmen wir überein, Herr Kollege Bangemann!)

    — Wenn wir in diesem Punkt übereinstimmen, dann müssen Sie wohl das eine oder andere in Ihrem Redemanuskript, ich will nicht sagen: korrigieren, aber in der Tendenz verändern; denn Sie meinten, diesem Kommuniqué seien nicht genügend Unterlagen für diesen Weg zu entnehmen. Ich möchte noch einmal ausdrücklich betonen: Die Formulierung des Kommuniqués, daß sich die Regierungschefs mit den Außenministern als Rat der Gemeinschaft und im Rahmen der Politischen Zusammenarbeit treffen
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 9237
    Dr. Bangemann
    werden, schließt es aus, daß ein solches Zusammentreffen ein Zusammentreffen der Regierungschefs von souveränen Nationalstaaten, von nationalstaatlichen Einheiten, sein kann.
    Ich begrüße im Namen meiner Fraktion insbesondere auch die Regelung des Kommuniqués, daß die Außenminister als Rat der Gemeinschaft ein stärkeres politisches Gewicht entfalten sollen, um der Gemeinschaft neue Impulse und eine Koordination zu geben, die bisher beim Ministerrat, beim Zusammentreffen der Fachminister, vielleicht ein wenig gefehlt hat. Ich darf auch darauf aufmerksam machen, daß die diskutierte politische Union Europas im Kommuniqué zum erstenmal greifbare, institutionalisierte Formen annimmt, indem davon die Rede ist, daß der Sprecher der Neun, der Vorsitzende des Rates, jeweils auf diplomatischer Ebene für die Neun auftritt, eine institutionelle Verbesserung, die gar nicht hoch genug eingeschätzt werden kann; denn hier haben wir den ersten Schritt zu einer wahrhaften und auch im politischen Tagesgeschehen tätig werdenden Gemeinschaft der Neun erreicht.
    Die Verbesserung der Gemeinschaftsverfahren und die Zuweisung der erforderlichen Handlungsbefugnisse an die Organe der Gemeinschaft sind ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Ich erwähne dies so ausführlich, weil Herr Professor Carstens darüber ein wenig hinweggegangen ist. Ich habe ein gewisses Verständnis für ihn insoweit, als er hier natürlich in einem Dilemma war. Sicherlich waren da zwei Seelen in seiner Brust, die eine des Oppositionsführers, der vor der Schwierigkeit steht, ein wirklich überraschend konkretes, überraschend erfolgreiches Kommuniqué zu kommentieren und dabei zu vermeiden, der Regierung ausdrücklich Lob zu spenden. Deswegen hat er sich wohl auch auf diese Duisburger Pfade begeben und hier erneut das Gespenst einer SPD beschworen, die nach seiner Meinung möglicherweise bei der einen oder anderen Gelegenheit den Pfad der demokratischen Tugend zu verlassen in der Lage und auch bereit sei. Der Kollege Wehner hat ihm die erforderliche und gebührende Antwort darauf bereits erteilt.
    Ich darf an dieser Stelle aber vor dem Hintergrund dessen, was Sie, Herr Professor Carstens, dazu ausgeführt haben, noch einmal ausdrücklich sagen: Gerade in einer außen- und in einer europapolitischen Debatte ist es wirklich nicht dem Stil des Hauses und auch nicht dem Rang dessen, was wir heute hier zu diskutieren haben, angemessen, wenn man dauernd seine eigenen innenpolitischen Gespenster aus der Schublade holt

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    und eine Partei diffamiert, die in der Gestalt des Bundeskanzlers wesentlich zu dem Ergebnis dieses Gipfels beigetragen hat. Das muß man doch einmal sagen.

    (Erneuter Beifall bei der FDP und der SPD)

    Der Versuch, auf diese Weise die Regierungskoalition auseinanderzubringen, indem man sagt: die Freien Demokraten sind die demokratisch Zuverlässigen in diesem Hause, während bei der SPD
    immer die unheilvolle Nachbarschaft zum Kommunismus aufscheint, wird unter gar keinen Umständen gelingen. Das kann ich Ihnen, meine Damen und Herren, schon jetzt hier sagen.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)

    Lassen Sie uns zu den europapolitischen Problemen zurückkommen, die zu wichtig sind, als daß sie von der Versammlung oder Verhandlung in Duisburg, so wichtig sie auch sein mag, überschattet werden dürften.
    Wir haben, meine Damen und Herren insbesondere auch bei der Direktwahl einen Zugang zum demokratischen Europa gefunden, der nach unserer Meinung besser und direkter gar nicht sein kann; im übrigen entspricht das auch Ihrer eigenen Auffassung. Denn wenn ich mich richtig erinnere, liegt dem Hause immer noch eine Resolution vor, in der Sie zur Einführung der Direktwahl unserer europäischen Parlamentarier auffordern. In dem Kommuniqué ist nun eine zeitliche Abfolge vereinbart worden, die diese Wahlen nicht hinausgeschoben hat. Bis 1976 soll der Rat entscheiden, bis 1978 können diese Wahlen eingeführt werden außer in Dänemark und Großbritannien. Wir wissen alle, daß sich die Haltung Großbritanniens vielleicht in einiger Zeit, wenn ein politisches Ereignis vorbei sein wird, noch ändern kann. Die dänische Situation ist ganz sicher nicht dadurch erklärbar, daß man etwa sagt: Das sind die Leute, die weniger von der Gemeinschaft halten, sondern es ist wohl mehr auch Reflex ihrer innenpolitischen Situation.
    Wir können also davon sprechen, daß die Gemeinschaft auf dem Gebiet gemeinsamer und allgemeiner, direkter Wahlen zum Europäischen Parlament zu einem Durchbruch gefunden hat, wobei ich hinzufügen will, daß die Verbindung dieser Wahlen mit einer Erweiterung der Kompetenzen der Institutionen exakt das ist, was die beiden Regierungsfraktionen in diesem Bereich auch an Ergänzungen vorgeschlagen haben — auch in Abänderung dessen, was Sie selbst vorgeschlagen haben —, weil wir nun in der Tat der Meinung sind, daß eine allgemeine Wahl zum Europäischen Parlament dann Sinn gibt und auch für die Öffentlichkeit eine tiefere Bedeutung, eine größere Einschätzung der europäischen Einigung gewinnt, wenn der Öffentlichkeit klar ist, daß mit einer solchen Wahl Parlamentarier gewählt werden, die mehr tun, als nur den Gang der europäischen Dinge kommentierend zu begleiten. Die Kompetenzen eines Parlaments, meine Damen und Herren, müssen der Art und Weise, in der dieses Parlament zustande kommt, entsprechen. Ein bloßes beratendes Organ, wie es das Europäische Parlament in der Vergangenheit leider nur war, muß nicht direkt und allgemein gewählt werden, ganz im Gegenteil; eine solche direkte und allgemeine Wahl würde in der Öffentlichkeit dann vielleicht wieder einmal als eine bloße europäische Veranstaltung empfunden werden, die verdecken soll, daß nichts dahintersteht. Deswegen haben wir großen Wert darauf gelegt, daß das zusammengeht, und jetzt geht es zusammen. Wir haben in diesem Kommuniqué erstmalig eine ausdrückliche Entscheidung der Regierungschefs dahin, daß diese Entwicklung
    9238 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974
    Dr. Bangemann
    des Europäischen Parlaments nicht nur begrüßt wird, sondern auch durchgeführt werden soll. Ich meine deswegen, daß die Erweiterung der Kompetenzen des Europäischen Parlaments zusammen mit der Forderung nach der Direktwahl einen erheblichen Schritt in die richtige Richtung zum demokratischen Europa darstellt.
    Sie haben auch schon erwähnt — in diesem Punkte lobend, wahrscheinlich deshalb, weil es sich um den Regierungschef eines Nachbarlandes handelt —, daß Sie Herrn Tindemans bei der Abfassung des Berichts, mit dem er beauftragt worden ist, großes Vertrauen entgegenbringen. Wir teilen dieses Vertrauen, und wir hoffen, daß dieser Bericht die Richtung zu einem demokratischen Europa noch stärker einschlagen wird.
    Lassen Sie mich ferner noch einiges zu den Fragen der Wirtschafts- und Währungsunion sagen.
    Es ist angesichts der unterschiedlichen Positionen, die die Mitgliedsländer hier in der Vergangenheit eingenommen haben, keine Kleinigkeit, daß wir in dem Kommuniqué Übereinkunft darüber erzielt haben, daß die Stabilitätspolitik einerseits und die Wachstumspolitik andererseits in ein Gleichgewicht zu bringen sind. Sie wissen, daß unsere Vorbehalte, insbesondere gegenüber der Position einiger unmittelbarer Nachbarn — Frankreich und Italien , auf diesem Gebiet in der Vergangenheit immer darin bestanden haben, daß wir zwar bis zu einem gewissen Grade die Notwendigkeit eingesehen haben, daß diese Nachbarn stärker auf Wirtschaftswachstum setzen, daß wir aber unseren Nachbarn die Gefahren, die damit aufgetaucht sind, immer wieder mit großer Nachdrücklichkeit vor Augen geführt haben. Das Ergebnis dieser Bemühungen ist: Es steht eindeutig im Kommuniqué, daß wirtschaftliche Stabilität und Wirtschaftswachstum zwei gleichrangige Ziele sind und als solche von den Gemeinschaftsländern zu behandeln sind.
    Meine Damen und Herren, ich darf den ganz ausdrücklichen Dank meiner Fraktion an die Bundesregierung, insbesondere an den Bundeskanzler, aber auch vor allen Dingen an den Bundesaußenminister, richten, daß sie mit den eigenen Überlegungen zur Konjunktur-, Währungs-, Stabilitätspolitik und den Beschlüssen, die dazu gefaßt werden sollen, gewartet hat, bis sie nicht nur die Meinung der Vereinigten Staaten, sondern vor allen Dingen auch die der Mitgliedsländer der Europäischen Gemeinschaft in diese Überlegungen mit einbeziehen kann. Das ist eine Haltung der Regierung, die aktive Solidarität mit unseren europäischen Nachbarn bekundet. Dafür wollen wir ganz ausdrücklich danken.

    (Beifall bei der FDP und der SPD)


    ( wird eben dann um so mehr Erfolg und Wirkung erzielen, wenn sie in einem Prozeß der Willensbildung gefaßt wird, der es zuläßt, hier von einer europäischen Stimme zu sprechen. In diesem Zusammenhang ist die Entscheidung zur Einführung und zum Wirksamwerdenlassen des Regionalfonds von großer Bedeutung. Ich glaube, daß die Bundesregierung hier richtig gehandelt hat: daß sie in dieser Frage zwar Bedingungen für die Ausstattung dieses Regionalfonds mit entsprechenden Mitteln gesetzt hat die Bedingung nämlich, daß dieser Fonds seine eigentliche Wirkung nicht durch das Gießkannenprinzip verliert —, daß sie sich aber, nachdem diese Bedingungen erfüllt worden sind, bereit gefunden hat, zur Finanzierung dieses Fonds — auch angesichts der augenblicklichen Haushaltslage — beizutragen. Lassen Sie mich noch einige Worte zu der Situation Großbritanniens sagen, weil auf dem Gipfel doch ganz offenbar eine gewisse Unterschiedlichkeit in den Positionen deutlich geworden ist, wenngleich manches in der Presse wohl etwas dramatisiert worden ist. Ich bin der Meinung, daß wir bei den Verhandlungen mit Großbritannien, soweit das irgend mit der Solidarität der Gemeinschaft vereinbar ist, auf die besonderen Schwierigkeiten Großbritanniens eingehen sollten. Ich bin nicht der Meinung, daß wir die Europäische Gemeinschaft als eine Gemeinschaft konstruieren sollten, deren Gefüge so starr ist, daß es nicht zuließe, einem Mitgliedsland, das sich in besonderen wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet, eine Erleichterung zu gewähren, die einfach notwendig ist. Der Bundesaußenminister hat hierauf sehr nachdrücklich hingewiesen. Man wird eine Gemeinschaft nicht aufrechterhalten können, die darin besteht, daß die starken Länder mit großer Starrheit die Strukturen der Gemeinschaft gerade dann verteidigen, wenn es einmal darauf ankommt, einem — relativ und vielleicht nur zeitlich gesehen — schwächeren Partner zu helfen. Die Europäische Gemeinschaft wird um so stärker sein, je flexibler sie auf solche Zwangsund Notsituationen eines Partners eingeht. Ich möchte das auch als Appell an unsere französischen Freunde verstanden wissen. Wir sollten auf die englische Situation, soweit es irgend geht, eingehen und den Engländern das weitere Verbleiben in der Gemeinschaft möglich machen. Europas Stimme — und das verdanken wir diesem Gipfel, das verdanken wir den Bemühungen der Bundesregierung und vor allen Dingen auch des Bundesaußenministers — ist deutlicher geworden. Europas Stimme artikuliert sich. Ich glaube, daß die Presse und die Kommentatoren, die diesen Gipfel in der Vorausschau skeptisch und pessimistisch beurteilt haben, nicht recht behalten haben. Ich sage das nicht im Sinne der Rechthaberei, sondern der wirklichen Freude über diesen Fortschritt auf Europa hin. Die „Neue Zürcher Zeitung" hatte eben Gott sei Dank nicht recht, als sie prophezeite: Die gemeinsame Stimmenthaltung mangels gemeinsamer Stimme scheint vorläufig überhaupt der Beitrag EuDeutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 135. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 11. Dezember 1974 9239 Dr. Bangemann ropas zum globalpolitischen Konzert der Mächte zu bleiben. In dieser Beurteilung der europapolitischen Szenerie wird sich und muß sich nach dem Gipfel einiges ändern. Die Bemühungen der Bundesregierung, die Bemühungen des Bundeskanzlers und des Bundesaußenministers haben zu einem sichtbaren Erfolg auf der europäischen Szenerie beigetragen. Der Beitrag der Bundesregierung zu diesem Erfolg des Gipfels ist beträchtlich. Meine Damen und Herren von der Opposition, auch Sie sollten sich überwinden. Ich sehe, daß der Kollege Barzel in der Rednerliste eingetragen ist; vielleicht kann man ihm diese Überwindung zutrauen. Ich hoffe, daß er in dieser Hinsicht etwas realistischer urteilt. (Dr. Barzel [CDU/CSU]: Hören Sie gut zu, Herr Bangemann!)

    — Ich werde nachher sehr gut zuhören. Ich hoffe, daß Sie mich in dieser Hinsicht nicht enttäuschen werden, Herr Barzel.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Dr. Marx [CDU/CSU] : Aber die Sache mit dem Eisenbahnzug wiederholt er nicht!)

    — Nein, Herr Kollege Marx, ich sage dies jetzt einmal in allem Ernst nur zu Ihnen von der Opposition gewandt: Wir wissen uns ja darin einig, daß wir in der Tat nur durch Beharrlichkeit, eine gewisse Stetigkeit und Zähigkeit die Schwierigkeiten überwinden können, die auf dem Weg hin zu Europa nun einmal vorhanden sind. Wenn das aber so ist und diese Schwierigkeiten vorhanden sind, sollten wir uns nicht gegenseitig zusätzliche Schwierigkeiten machen, sondern diese Opposition sollte sich aufraffen nicht im Interesse der Bundesregierung, auch nicht im Hinblick auf irgendeine Wahl, die jetzt vor uns liegt, sondern im Interesse Europas —, einmal zu sagen: Donnerwetter, das Ergebnis des Gipfels ist beträchtlich! Das hätten wir nicht geglaubt!

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    Um es Ihnen ein bißchen zu erleichtern, schlage ich Ihnen eine Formulierung vor. Sagen Sie wenigstens: Dieser Regierung hätten wir das nicht zugetraut. — Dann würden Sie wenigstens den Erfolg entsprechend würdigen und trotzdem Ihre oppositionelle Haltung beibehalten.