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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 115. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 18. September 1974 Inhalt: Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Geisenhofer, Dr. Burgbacher und Behrendt 7663 A Verzicht des Abg. Dr. Wichert auf die Mitgliedschaft im Deutschen Bundestag und Eintritt des Abg. Tietjen als Nachfolger 7663 B Wahl des Abg. Schulte (Unna) zum Mitglied des Vermittlungsausschusses an Stelle des ausscheidenden Abg. Wienand 7663 B Wahl des Abg. Dr. Bayerl zum Mitglied des Europäischen Parlaments an Stelle des ausscheidenden Abg. Dr. Schachtschabel 7663 B Nachträgliche Überweisung von Vorlagen an den Haushaltsausschuß 7663 B Amtliche Mitteilungen ohne Verlesung . 7663 C Begrüßung Seiner Exzellenz des Präsidenten des Nationalrates der Republik Österreich, Herrn Benya, des Zweiten Präsidenten, Herrn Dr. Maleta, des Dritten Präsidenten, Herrn Probst, sowie der Fraktionsvorsitzenden der SPÖ, der ÖVP und der FPÖ 7686 B Ansprache aus Anlaß der Konstituierung des Ersten Deutschen Bundestages vor 25 Jahren Präsident Frau Renger 7686 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1975 (Haushaltsgesetz 1975) Drucksachen 7/2440, 7/2525 — Erste Beratung in Verbindung mit Beratung des Finanzplans und des Investitionsprogramms des Bundes 1974 bis 1978 - Drucksache 7/2503 — Dr. Apel, Bundesminister (BMF) . . 7687 C Entwurf eines Gesetzes über die Volksentscheide auf Grund der nach Artikel 29 Abs. 2 GG in den Ländern Rheinland-Pfalz und Niedersachsen zustande gekommenen Volksbegehren — Drucksachen 7/2355, 7/2439 - Erste Beratung 7697 B Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Genscher, Bundesminister (AA) . . 7697 B, 7707 D Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. Marx (CDU/CSU) 7702 B Mattick (SPD) . . . . . . . . . 7708 A Ronneburger (FDP) . . . . . . . 7711 D II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. September 1974 Fragestunde - Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 — Fragen A 56 und 57 — Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 - des Abg. Milz (CDU/CSU) : Situation des Baugewerbes in Ballungsräumen im Vergleich zu der in strukturschwachen Gebieten Grüner, PStSekr (BMWi) . 7671 A, B, C, D, 7672 A, B, C Milz (CDU/CSU) 7671 C,D Dr. Fuchs (CDU/CSU) 7672 A Seiters (CDU/CSU) 7672 B Ey (CDU/CSU) 7672 B Frage A 58 — Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 — des Abg. Dr. Fuchs (CDU/ CSU) : Maßnahmen der Bundesregierung zur Überwindung der Existenzgefährdung von Textil- und Bekleidungsbetrieben in strukturschwachen Gebieten Grüner, PStSekr (BMWi) 7672 C, 7673 A, B, C, D Dr. Fuchs (CDU/CSU) 7673 A, B Dr. Sperling (SPD) 7673 C Dr. Wörner (CDU/CSU) . . . . 7673 D Fragen A 59 und 60 — Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 des Abg. Simpfendörfer (SPD): Förderung von Zweigbetrieben und Produktionseinschränkung bzw. -stilllegung seit 1969 in den heutigen Fördergebieten der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur Grüner, PStSekr (BMWi) . . , 7674 B, C, D Simpfendörfer (SPD) 7674 C Frage A 61 — Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 — des Abg. Höcherl (CDU/CSU): Beteiligung des Bundesministers für Wirtschaft vor und an den wirtschaftlichen Spitzengesprächen des Bundeskanzlers mit Italien und Frankreich Grüner, PStSekr (BMWi) . . 7675 A, B, C Höcherl (CDU/CSU) 7675 A, B Dr. Sperling (SPD) 7675 B Fragen A 63 und 64 Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 — des Abg. Immer (SPD) : Neuabgrenzung der Fördergebiete Grüner, PStSekr (BMWi) . . . . 7675 C, D, 7676 B, C, D Immer (SPD) . . . . 7675 D, 7676 B, C Milz (CDU/CSU) . . . . . . . 7676 A, D Frage A 66 — Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Auflage des zweiten Konjunktursonderprogramms zur Berücksichtigung von Baufirmen und Arbeitnehmern aus den betroffenen Gebieten Grüner, PStSekr (BMWi) . . . 7677 A, B, C Niegel (CDU/CSU) 7677 B, C Frage A 69 — Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 -- des Abg. Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) : Verstöße gegen das Tierschutzgesetz durch die Haltung von Nutztieren in „Tierfabriken" Logemann, PStSekr (BML) 7677 D, 7678 D Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) . . 7678 C Frage A 70 — Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 — des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Einkommenssituation der deutschen Landwirte Logemann, PStSekr (BML) 7679 A, B, C, D Niegel (CDU/CSU) 7679 B, C Eigen (CDU/CSU) 7679 C Frage A 71 — Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 — des Abg. Dr. Fuchs (CDU/ CSU) : Schritte der Bundesregierung zur Verhinderung des Fangens und Tötens von Singvögeln Logemann, PStSekr (BML) . . . . 7679 D, 7680 B, C Dr. Fuchs (CDU/CSU) 7680 B, C Fragen A 72 und 73 — Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 — des Abg. Dr. Früh (CDU/ CSU) : Stellungnahme der Bundesregierung zu der Auffassung der niederländischen Regierung bezüglich der Erhöhung der Vorsteuerpauschale und der Einstellung von 400 Millionen DM in den Bundeshaushalt (Aufwertungsausgleich) Logemann, PStSekr (BML) . . . . 7680 C, 7681 A, B, C Dr. Früh (CDU/CSU) 7681 A, B Jäger (Wangen) (CDU/CSU) . . 7681 C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. September 1974 III Fragen A 74 und 75 — Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 — des Abg. Eigen (CDU/ CSU) : Kauf von Qualitätsweizen durch die Mühlenkonzerne zum Interventionspreis für Füllweizen; Anhebung der Vorsteuerpauschale für Agrarprodukte Logemann, PStSekr (BML) . . . . 7681 D, 7682 A, B, D, 7683 A Eigen (CDU/CSU) . 7682 A, B, D, 7683 A Frage A 77 — Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 des Abg. Coppik (SPD) : Maßnahmen der Bundesregierung gegen den Aufruf von kassenärztlichen Vereinigungen zum Boykott der Ambulanzeinrichtungen kommunaler Krankenhäuser Buschfort, PStSekr (BMA) . . . 7683 B Frage A 78 Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 — der Abg. Frau Schleicher (CDU/CSU) : Pressemeldung über Auflagen der Bundesanstalt für Arbeit im Zusammenhang mit Zuschüssen für den ersten Modellkurs für Ärztinnen und Ärzte zur Wiedereingliederung in den ärztlichen Beruf zum Zwecke einer zweijährigen Berufstätigkeit in abhängiger Stellung Buschfort, PStSekr (BMA) . . . 7683 C, D, 7684 A Frau Schleicher (CDU/CSU) 7683 D, 7684 A Frage A 79 Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 — der Abg. Frau Schleicher (CDU/CSU) : Erstattung der Kosten der Unterbringung eines versicherten Rentners in einem Alten- oder Pflegeheim mit ärztlicher Betreuung durch die Krankenkassen Buschfort, PStSekr (BMA) . . . 7684 B, C Frau Schleicher (CDU/CSU) . . . . 7684 C Fragen A 83 und 84 — Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 — der Abg. Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) : Notwendigkeit, den sozialversicherungsrechtlichen Begriff der Arbeitsunfähigkeit aus medizinisch-therapeutischen Gründen neu zu überdenken; sozialversicherungsrechtliche Ermöglichung einer medizinisch-therapeutisch angezeigten Teilzeitbeschäftigung un- ter Fortzahlung eines anteiligen Krankengeldes Buschfort, PStSekr (BMA) . . . . 7684 D, 7685 A, B, C Frau Dr. Neumeister (CDU/CSU) . . 7685 A, B, C Frage A 87 — Drucksache 7/2531 vom 13. 9. 74 des Abg. Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) : Auftreten von Zecken mit Meningitis- (Gehirnhautentzündungs-) Erregern; Vorbeugungs- oder Heilwirkung der in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Österreich entwickelten Meningitisseren Dr. Wolters, StSekr (BMJFG) . . . 7685 D, 7686 A, B Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) . . . 7686 A Nächste Sitzung 7713 D Anlagen Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten . 7715* A Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige (Heimgesetz) 7715* C Anlage 3 Antwort des StSekr. Dr. Hartkopf (BMI) auf die Zusatzfrage des Abg. Biechele (CDU/CSU) zu seiner Frage A 41 -- Drucksache 7/1555 vom 18. 1. 74 (vgl. 75. Sitzung) : Genehmigungsverfahren für das Projekt des Kernkraftwerkes Rüthi; Gefahrenrisiko im Hinblick auf die Reinhaltung des Bodensees . 7715* D Anlage 4 Ergänzende Antwort des PStSekr Haehser (BMF) auf die Fragen B 16 und 17 — Drucksache 7/2173 vom 30. 5. 74 — des Abg. Dr. Gölter (CDU/CSU) (vgl. 106. Sitzung, Anlage 23) : Herausnahme von Institutionen, Forschungseinrichtungen, Stiftungen, Arbeitskreisen, Arbeitsgemeinschaften und Vereinigungen zu wissenschaftlichen, technologischen und kulturellen Zwecken aus der finanziellen Förderung des Bundes 7716* B Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. September 1974 7663 115. Sitzung Bonn, den 18. September 1974 Stenographischer Bericht Beginn: 9.30 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage 1 Liste der entschuldigten Abgeordneten Abgeordnete (r) entschuldigt bis einschließlich Dr. Ahrens ** 20. 9. Behrendt * 20. 9. Dr. Burgbacher * 20. 9. Conradi 15. 11. Dr. Corterier * 19. 9. Dr. Dollinger 18. 9. Dr. Dregger 18. 9. Dr. Erhard 20. 9. Fellermaier * 20. 9. Freiherr von Fircks 20. 9. Dr. Fischer 27. 9. Flämig * 18. 9. Dr. Freiwald 20. 9. Graaff 23. 9. Haase (Kassel) 20. 9. von Hassel 27. 9. Herold 20. 9. Dr. Kempfler 23. 9. Dr. h. c. Kiesinger 18. 9. Dr. Klepsch 20. 9. Dr. Köhler (Duisburg) 18. 9. Krampe 20. 9. Frh. von Kühlmann-Stumm 18. 9. Lagershausen ** 19. 9. Lange * 19. 9. Lautenschlager * 20. 9. Leicht 18. 9. Lemmrich ** 21. 9. Lücker * 19. 9. Dr. Luda 18. 9. Mertes (Stuttgart) 20. 9. Müller (Berlin) 20. 9. Dr. Müller (München) ** 21. 9. Müller (Remscheid) 30. 9. Mursch (Soltau-Harburg) 18. 9. Pieroth 18. 9. Richter ** 19. 9. Schmitt (Lockweiler) 18. 9. Schreiber 21. 9. Dr. Schulz (Berlin) 18. 9. Seefeld * 18. 9. Dr. Stark (Nürtingen) 19. 9. Tillmann 21. 9. Dr. Todenhöfer 22. 9. Frau Verhülsdonk 29. 9. Vogelsang 21. 9. Wienand 19. 10. Zander 18. 9. Dr. Zimmermann 20. 9. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 2 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz über Altenheime, Altenwohnheime und Pflegeheime für Volljährige (Heimgesetz - HeimG) Die nach § 3 Nr. 1 des Heimgesetzes in einer Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Jugend, Familie und Gesundheit vorgesehenen Mindestanforderungen an die räumliche Ausstattung der Heime wirken sich nicht nur auf die Kosten der Neubauten aus, sondern werden auch Aufwendungen für die Modernisierung bestehender Heime verursachen. Da der Neubau insbesondere von Einrichtungen der Altenhilfe wegen der zunehmenden Zahl alter Menschen verstärkt werden muß, wozu die Länder bereits seit Jahren erhebliche Zuwendungen leisten, ist es für die Länder finanziell nicht möglich, gleichzeitig in erheblichem Urn fang Modernisierungsmaßnahmen bei den bestehenden Heimen zu fördern. Es erscheint daher notwendig, daß sich der Bund künftig an den Kosten des Heimbaues stärker als bisher beteiligt. Der Bundesrat bittet außerdem die Bundesregierung, in der Rechtsverordnung zu § 3 Nr. 1 des Heimgesetzes vorzusehen, daß 1. die Mindestanforderungen für den Bau neuer Heime nicht noch über die bewährten und fortschrittlichen Anforderungen der entsprechenden Neubaurichtlinien der Mehrzahl der Länder hinausgehen, 2. für bestehende Heime, die die Mindestanforderungen des Bundes nicht erfüllen, aber eine gute Versorgung und Betreuung der Heimbewohner gewährleisten, Ausnahmeregelungen auf Dauer vorgesehen werden, 3. für die bestehenden Heime, für die eine Anpassung an die Mindestanforderungen des Bundes unerläßlich ist, ein angemessener Übergangszeitraum vorgesehen wird. Anlage 3 Antwort des Staatssekretärs Dr. Hartkopf auf die Zusatzfrage des Abgeordneten Biechele (CDU/CSU) (Drucksache 7/1555 Frage A 41, 75. Sitzung, Seite 4745 B) . In der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 23. Januar 1974 hat Herr Bundesminister Genscher zu Ihrer Zusatzfrage, ob sich die Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee schon mit diesem Projekt beschäftigt hat, und wenn ja, mit welchem Ergebnis, schriftliche Beantwortung zugesagt. Die Internationale Gewässerschutzkommission für den Bodensee tauscht bei wasserwirtschaftlich be- 7716* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. September 1974 deutsamen Projekten im Einzugsgebiet des Sees Erfahrungen aus. Sie hat sich auch mit dem Projekt des Kernkraftwerkes Rüthi befaßt. Die Kommission hat für das Einleiten von Abwasser in den See strenge Vorschriften aufgestellt. Diese finden auch Anwendung auf Abwassereinleitungen in den Alpenrhein und andere Zuflüsse des Sees, sofern mit Auswirkungen auf den See gerechnet werden muß. Die Vorschriften beziehen sich auch auf die Einleitung des Abwassers eines Kernkraftwerkes. Es besteht kein Anlaß, daran zu zweifeln, daß die zuständigen schweizerischen Behörden bei der Projektierung die notwendigen Auflagen erteilen und einen Betrieb des geplanten Kernkraftwerkes im Hinblick auf die zum Schutz des Bodensees erlassenen Vorschriften sorgfältig überwachen werden. Sowohl hinsichtlich der Einleitung von Abwärme als auch der radioaktiven Belastung der Abwässer stellen die schweizerischen Behörden vergleichbar strenge Anforderungen wie die zuständigen Genehmigungsbehörden in der Bundesrepublik Deutschland. Anläßlich der letzten Sitzung der Internationalen Gewässerschutzkommission im Mai 1974 hat die schweizerische Delegation mitgeteilt, daß für das Kernkraftwerk Rüthi bisher noch keine Genehmigungen erteilt wurden. Ein Bericht über die Auswirkungen des geplanten Kühlverfahrens (Kühlturm) ist noch nicht fertiggestellt; der Kanton St. Gallen wird diesen Bericht den Delegationen zur Verfügung stellen. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haehser vom 28. August 1974 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Gölter (CDU/CSU) (Drucksache 7/2173 Fragen B 16 und 17, 106. Sitzung, Anlage 23) : Welche Institutionen, Forschungseinrichtungen, Stiftungen, Arbeitskreise, Arbeitsgemeinschaften und Vereinigungen zu wissenschaftlichen, technologischen und kulturellen Zwecken sind im einzelnen im Laufe der letzten zwei Jahre aus der finanziellen Förderung des Bundes ausgenommen worden, und mit welcher Begründung hat die Bundesregierung die Förderung dieser Einrichtungen beendet? Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, diese Einrichtungen auf andere Weise zu fördern, beispielsweise über die Schaffung einer vom Bund getragenen Förderungsinstitution? Nach entsprechenden Feststellungen bei den obersten Bundesbehörden beantworte ich Ihre Fragen wie folgt: Zu Frage B 16: In den letzten 2 Jahren sind zehn Einrichtungen aus der Förderung des Bundes herausgenommen worden. Einzelheiten ergeben sich aus der Anlage. Zu Frage B 17: Eine Möglichkeit, diese Einrichtungen auf andere Weise zu fördern, ist nicht gegeben. Auch ist nicht beabsichtigt, über die bereits bestehenden Förderungseinrichtungen hinaus (z. B. Deutsche Forschungsgemeinschaft, Max-Planck-Gesellschaft) eine neue Förderungsinstitution zu schaffen. Ich darf in diesem Zusammenhang auf die wiederholten Forderungen des Hauhaltsausschusses des Deutschen Bundestages und des Bundesrechnungshofs nach Abbau der Kleinförderung hinweisen. Auch der Ausschuß für Forschung und Technologie hat sich mit der Förderung kleinerer Forschungseinrichtungen befaßt und das Bundesministerium für Forschung und Technologie aufgefordert, seine Bemühungen um Entlastung von nichtministeriellen Förderungsaufgaben fortzusetzen. Eine Wiederaufnahme der Förderung der genannten Einrichtungen kann nicht in Betracht gezogen werden, soweit keine Zuständigkeit des Bundes gegeben ist. Übersicht über die Forschungseinrichtungen, Institutionen usw., die im Laufe der letzten zwei Jahre aus der Förderung des Bundes ausgenommen worden sind Lfd. Bezeichnung der Einrichtung Höhe der Förderung Grund für die Beendigung Nr. Zuwendung beendet der Förderung in Tausend DM 1972 1973 1 2 3 4 5 6 1 Konferenz der Landesfilmdienste, Bonn-Bad Godesberg, und der ihr angeschlossenen 9 Landesfilmdienste 605 327 31. 12. 1973 Keine eigentliche Beendigung _ der Förderung, sondern Umstellung auf Leistungsvergütungen für den Einsatz von Filmen des 2 Deutsches Filmzentrum e. V., Bonn 275,9 185,3 31. 12. 1973 BPA ab 1. 1. 1974. 3 Informationsdienst Zonengrenze e. V., Bad Godesberg 40 28,7 30. 6. 1973 Der Verein hat sich aufgelöst. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 115. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. September 1974 7717* Lfd. Bezeichnung der Einrichtung Höhe der Förderung Grund für die Beendigung Nr. Zuwendung beendet der Förderung in Tausend DM 1972 1973 1 2 3 4 5 6 4 Evangelische Konferenz für Kommunikation, 3,5 — 31. 12. 1972 Erheblicher Rückgang des Einsatzes von BPA-Filmen. Frankfurt/Main 5 Katholisches Filmwerk e. V., Rottenburg 15 — 31. 12. 1972 Die Filmarbeit der katholischen Kirche wurde 1973 organisatorisch umstrukturiert. 6 Deutsche Stiftung für Europäische Friedensfragen e. V. 53 Bonn 1 000 514 1974 Beschlüsse des Haushaltsausschusses vom 24. 6. 1971 und 3. 2. 1972. In 1974 noch 61 210,--DM für Abwicklung. 7 Arbeitskreis für christl.-soziale 300 250 1974 Nach den Feststellungen des Bildung e. V. BPA, die durch eine Umfrage 8 München 40 bei allen betroffenen deutschen Bonner Platz I III Auslandsvertretungen erhärtet wurde, waren in den letzten Jahren Resonanz und Wirkung im Sinne der politischen Öffentlichkeitsarbeit Ausland un- 8 Vereinigung für christl. Publizistik 300 250 1974 befriedigend und rechtfertigten nicht den finanziellen Aufwand. In 1974 noch ca. 25 000,— DM an Abwicklungskosten. 8 München 19 Lachnerstr. 20 9 Societas Uralo-Altaica e. V. in Hamburg 31 29,4 31. 12. 1973 Die Förderung von Einrichtungen diesen Zuschnitts ist, soweit nicht besondere Bund- Länder-Vereinbarungen nach Art. 91 b GG vorgehen, primär eine Aufgabe des Bundeslan- 10 Gesellschaft für Erdkunde zu Berlin in Berlin 43 49,5 31. 12. 1974 des, in dem die Einrichtung ihren Sitz hat.
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    Rede von Dr. Hans Apel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Entwurf des Bundeshaushalts 1975 wird dem Deutschen Bundestag heute am 18. September 1974 so rechtzeitig vorgelegt, daß es den gesetzgebenden Körperschaften möglich ist, ohne Zeitdruck und mit aller Gründlichkeit ihre Arbeit zu leisten und zu den notwendigen Beschlüssen zu kommen.
    Hierzu zunächst eine Vorbemerkung: Jeder Bundeshaushalt spiegelt den in Zahlen gegossenen politischen Willen der Verantwortlichen wider. Daß dabei der Spielraum für neue Aufgaben eng begrenzt ist, wissen wir. Insofern wirken die finanzwirtschaftlichen Daten vergangener Jahre lange nach. Die finanziellen Folgen einmal gefaßter Beschlüsse mit haushaltswirksamen Folgen können kumulieren und belasten die Haushalte kommender Jahre fühlbar. Ich verweise hier vor diesem Deutschen Bundestag nur auf drei Beispiele:
    a) 1971 betrug unser Nettobeitrag für die Brüsseler Agrarmarktpolitik 387 Millionen DM. 1974 sind es bereits 1,28 Milliarden DM. Für 1975 fordert die EG-Kommission 1,32 Milliarden DM. Eine Kostenlawine, meine Damen und Herren, ohne zufriedenstellendes Ergebnis.
    b) Das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BaföG genannt, wurde 1971 beschlossen und zu diesem Zeitpunkt in den Bundeshaushalt mit 600 Millionen DM eingestellt. Im Bundeshaushalt 1975 finden wir diesen Titel in der Größenordnung von 2,1 Milliarden DM wieder. Dieser Beitrag hat sich also innerhalb weniger Jahre verdreifacht. Es liegt mir fern, gerade mit diesem Beispiel sozialpolitische und gesellschaftspolitische Maßnahmen diskreditieren zu wollen. Ihre Notwendigkeit ist mir sehr wohl bewußt. Nur, meine Damen und Herren, ebensosehr



    Bundesminister Dr. Apel
    bewußt sein müssen wir uns der finanziellen Grenzen, die uns vorgegeben sind.
    c) Der Tarifabschluß im öffentlichen Dienst hat uns allein im Bundesbereich 1974 rund 2,5 Milliarden DM gekostet. Er und andere kostenwirksame Beschlüsse zur Besoldung treffen die Bundeshaushalte 1975 und der folgenden Jahre schwer und verschärfen die Finanzprobleme bei Bund, Ländern und Gemeinden.
    Die öffentlichen Hände haben sich in den letzten Jahren viel zugemutet. Die finanziellen Folgen werden jetzt sichtbar. Die Warnungen der Finanzminister von Bund und Ländern werden jetzt durch Zahlen belegt. Die Zahlen setzen uns unübersehbare Grenzen. Zur Beurteilung des Haushalts 1975 ist diese Einsicht ebenso wie der gesamtwirtschaftliche Hintergrund von Bedeutung.
    Was die Gesamtwirtschaft anbelangt, so war das zentrale Ereignis der letzten 12 Monate, das wir alle zusammen — ich beziehe mich hier ausdrücklich mit ein — bisher in seiner Tragweite, weder intellektuell noch ökonomisch, bewältigt haben, die Explosion der Rohstoffpreise, insbesondere aber die Verdreifachung der Mineralölpreise.
    Konkret bewirkt diese Ölpreisexplosion, daß sich die Industrienationen, die in großem Maße abhängig sind von Mineralöleinfuhren, mit einem Wohlstandstransfer konfrontiert sehen, der zu ihren Lasten geht und sich zugunsten derer auswirkt, die diese Ölmilliarden vereinnahmen. Die Schätzungen über die jährlichen Nettoeinnahmen aller ölproduzierenden Länder schwanken. Keine von ihnen liegt jedoch unter 60 Milliarden Dollar jährlich — eine unvorstellbare Summe. Obwohl wir es dank der Hilfe der Notenbankgouverneure und des engen Kontaktes der Finanzminister der Europäischen Gemeinschaft zusammen mit den USA und Japan, dank auch eines sehr flexiblen und anpassungsfähigen Bankenapparats bisher geschafft haben, über die akuten Schwierigkeiten der Zurückführung und Wiedereinbeziehung der Ölmilliarden in den Wirtschaftskreislauf hinwegzukommen, dürfen wir uns bitte nicht täuschen, meine Damen und Herren: Die Hauptprobleme liegen noch vor uns. Um so wichtiger ist es, daß wir die sehr enge Zusammenarbeit zwischen den Finanzministern der wichtigsten Industrienationen der westlichen Welt intensivieren und fortsetzen und daß wir in einem dauernden Kontakt und Meinungsaustausch bleiben.
    Wir selber können davon ausgehen, daß es bei Vernunft auf allen Seiten für unseren Export keine einschneidenden Schwierigkeiten geben wird. Dieses ist nicht zuletzt das Ergebnis unserer nationalen wie unserer internationalen Politik. In diesem Zusammenhang muß auch der Notenbankkredit gesehen werden, den wir gegen Verpfändung italienischen Zentralbankgoldes gegeben haben, denn das wissen wir alle: Unsere nationale Konjunkturlage wird ganz entscheidend von internationalen Faktoren mitbestimmt.
    Die Bundesrepublik verfügte Ende Juni dieses Jahres über mehr als 25 % der Währungsreserven aller OECD-Länder. Ihr Anteil an den Währungsreserven der Europäischen Gemeinschaft liegt sogar bei 60 N. Damit besitzt die Bundesrepublik mehr Währungsreserven als alle übrigen EG-Partner zusammen. Während unsere Partner vor allem als Folge der steigenden Ölpreise gegen Defizite in ihrer Zahlungsbilanz kämpfen müssen, erzielten wir im ersten Halbjahr 1974 mit rund 25 Milliarden DM einen Rekordüberschuß in der Handelsbilanz, und in der Leistungsbilanz verbuchten wir ein Plus von 13,5 Milliarden DM. Hier zeigt sich die Leistungsfähigkeit unserer deutschen Wirtschaft, die Zuverlässigkeit unserer deutschen Arbeitnehmer; aber dieses Ergebnis ist natürlich auch und nicht zuletzt Ausdruck unserer erfolgreichen Stabilitätspolitik.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Diese Stabilitätspolitik hat uns mit einer Steigerungsrate der Verbraucherpreise von zuletzt 6,9 % den Spitzenplatz in der internationalen Stabilitätsrangliste eingetragen. Aber natürlich bewirken die genannten Überschüsse, daß wir für manchen unserer europäischen Partner zu Unrecht als „die reichen Vettern am Rhein" gelten. Daß dieser Ruf sehr leicht auch Begehrlichkeiten wecken kann, brauche ich Ihnen nicht besonders zu sagen.
    Dabei muß ich unseren Partnern immer sagen, daß natürlich das Problem der Defizitländer nicht auf die europäische Dimension zu beschränken ist und die Finanzierung der Defizite auch nicht durch einen Austausch von Devisenreserven innerhalb der europäischen Zentralbanken zu lösen ist. Zahlungsbilanzdefizite unserer Partner sind teils Folge der Ölpreisexplosion, teils aber auch — das müssen wir sehr nüchtern sagen - Folge der jeweiligen nationalen Wirtschaftspolitik. Deshalb kommt es darauf an und wir gehen von diesem Standpunkt auch nicht ab —, daß überall die Inflation bekämpft werden muß.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Manche unserer Partner fordern uns auf, unserer Konjunktur mehr nachzuhelfen, etwas mehr Inflation zu machen. Wir müssen dazu sagen, daß unsere Partner nicht wegen unserer Stabilitätspolitik, sondern vor allem wegen ihrer heimischen Inflation Auslandsmärkte verlieren. Niemandem bleibt der schwierige Weg der Anpassung der nationalen Ansprüche an die Leistungsfähigkeit der eigenen Volkswirtschaft erspart.

    (Dr. Möller [SPD] : Sehr richtig! — Beifall bei der SPD)

    Allerdings — und das ist die Kehrseite der Medaille, meine Damen und Herren — kommt es auch hier entscheidend auf die internationale Zusammenarbeit unter den westlichen Industrienationen an. Wenn man nämlich versuchen sollte, die nationalen Probleme zu Lasten der Nachbarn zu lösen - und dafür gibt es ja bereits unübersehbare Zeichen, insbesondere im Bereich des europäischen Agrarmarktes —, dann mag man zwar an der Heimatfront vielleicht kurzfristig Entlastungserfolge erzielen, von den einheimischen Agrarproduzenten weniger kritisiert werden, seine Zahlungsbilanzprobleme kurzfristig reduzieren können. Aber gerade dann, meine Damen und Herren, droht die Gefahr, daß wir uns



    Bundesminister Dr. Apel
    aus Dummheit und Kurzsichtigkeit in eine weltweite Rezession hineinmanövrieren, deren Strudel sich dann allerdings keiner mehr entziehen kann.
    Das ist ein wichtiger Grund, warum die Zusammenarbeit mit den Industrienationen der westlichen Welt für uns unverzichtbar ist. Wir werden deshalb alle entsprechenden Kontakte fortsetzen. Vorrangig geht es in den nächsten Wochen darum, die Institutionen — wie z. B. die Europäischen Gemeinschaften, wie den Internationalen Währungsfonds — in die Lage zu versetzen, ihren Beitrag zur längerfristigen Anlage der Ölmilliarden zu leisten. Dabei kommt es darauf an, daß eine vernünftige Risikoverteilung erreicht wird, und es kommt darauf an, daß wir in Brüssel das Instrument europäischer Anleihen benutzen, um auch auf dem Weg zur Wirtschaftsintegration Fortschritte zu erzielen. Eine Poolung der Währungsreserven ohne eine Koordinierung der Wirtschaftspolitik kann keinen Erfolg haben.
    Wir werden unsere internationale Arbeit so organisieren, daß Konjunkturpolitik, Währungspolitik, Finanzpolitik — und das alles ist ja ein Ganzes — wirksam aus dem Bereich des Nationalen heraustreten können, daß wir quasi ein Netz unter die Gefährdungen und Risiken des Welthandels spannen.
    Zu diesem Netz, meine Damen und Herren, zur Risikoabsicherung, gehört auch eine internationale Konzertierung im Bankenapparat; denn der Bankenapparat arbeitet teilweise außerhalb der Zuständigkeit der nationalen Regierungen und der nationalen Notenbanken. Wir müssen verhindern, daß Schwierigkeiten in die Wirtschafts- und Währungspolitik der Nationalstaaten zum Beispiel vom Euromarkt hineingetragen werden. Nur hat es keinen Sinn, den Euromarkt zu kritisieren, ihn beseitigen zu wollen und ihn nur als Verursacher von Problemen hinstellen zu wollen. Dieser Euromarkt spielt in diesen Monaten — und wahrscheinlich noch für viele Jahre — eine zentrale Rolle bei der Finanzierung der Öldefizite. Das wird allein daran deutlich, daß sich in der ersten Hälfte dieses Jahres das Volumen der neu gewährten Euro-Kredite gegenüber dem gleichen Zeitraum 1973 nahezu verdoppelt hat.
    Wir sind entschlossen, meine Damen und Herren, auf größere Transparenz am Euromarkt hinzuwirken und das Vertrauen in die internationalen Devisenmärkte zu stärken. Wir bewerten die Absichtserklärung der Zentralbankgouverneure vom 10. September als einen ersten richtigen Schritt. Danach soll der Informationsaustausch über die Operationen privater Banken im Devisentermingeschäft verstärkt werden, und die Bestimmungen für den Devisenterminhandel sollen verschärft werden. Wir haben in unserem Lande auf Grund einschlägiger Erfahrungen bereits vorher gehandelt. Ab 1. Oktober werden verschärfte Bestimmungen über die Begrenzung des Devisenterminhandels in unserem Lande in Kraft sein.
    Ich habe mir daneben, meine Damen und Herren — Sie haben das während der parlamentarischen Sommerpause gesehen —, in weitgehender Übereinstimmung mit dem Kreditwesen vorgenommen,
    Ihnen eine Verbesserung des Kreditwesengesetzes für den nationalen Bereich vorzuschlagen. Ich möchte dem Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen in Berlin größere Erkenntnismöglichkeiten und stärkere Eingriffsmöglichkeiten geben, damit es krisenhafte Zuspitzungen bei einzelnen Banken früher bemerken und stärker darauf reagieren kann.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Daneben möchte ich die Einlagen der Sparer im Falle eines Bankenzusammenbruchs absichern.

    (Erneuter Beifall bei der SPD und der FDP)

    Der Feuerwehrfonds der Banken ist eine gute Einrichtung; aber er reicht bei weitem nicht in der Höhenbegrenzung von 20 000 DM aus. Auch hier gibt es zwischen dem Finanzministerium und dem Kreditgewerbe grundsätzlich keine Meinungsverschiedenheiten. Unser Vorschlag hat eine lebhafte Diskussion ausgelöst. Wir begrüßen diese Diskussion. Sicherzustellen habe ich, daß diese Diskussion nicht über Gebühr in die Länge gezogen wird; denn sie muß bald wirksame Ergebnisse bringen.

    (Beifall bei der SPD)

    Für mich stehen diese eben von mir gemachten Bemerkungen in einem ebenso unübersehbaren wie direkten Zusammenhang zum Haushalt 1975; denn wenn wir das Vertrauen der Sparer in unser Kreditwesen erschüttern lassen, wenn wir den freien Welthandel nicht erhalten können, dann allerdings ist Haushaltspolitik für sich gesehen eine kümmerliche Angelegenheit und nicht in der Lage, auf solide Weise die Fortentwicklung unseres Landes auf dem Wege zur sozialen Demokratie mitzuvollziehen. Eine solide Finanzwirtschaft und eine funktionierende Wirtschaft bedingen einander.
    Die Haushaltspolitik hat ihren Teil zum Erhalt einer hohen Beschäftigung in unserem Lande, aber auch zur Preisstabilität zu leisten. Deshalb werden wir auch aus der Sicht unseres Bundeshaushaltes 1975 die wirtschaftliche Stabilität in unserem Lande weiterhin nachhaltig absichern.
    Die weltwirtschaftliche Entwicklung im Gefolge des Ölschocks, die ruhig verlaufende Binnenkonjunktur stellen uns vor neue Aufgaben; die nun knapper fließenden Steuereinnahmen zwingen zur unbedingten Konzentration auf das Wesentliche.
    In der Debatte über den Haushaltsplan 1975 werden wir darüber zu reden haben, daß die Nettokreditaufnahme des Bundes wie der Länder und der Gemeinden 1975 Größenordnungen erreichen wird, wie es das bisher in der Geschichte der Bundesrepublik noch nicht gegeben hat. Neben den bereits von mir vermerkten Fakten ist dafür auch die Tatsache von Interesse, daß wir die Steuervorausschätzungen 1974, aber auch für 1975 möglicherweise leicht zurücknehmen müssen. Die zentrale Ursache für die Höhe der vorgesehenen Nettokreditaufnahme liegt aber darin, daß wir ab 1. Januar nächsten Jahres mit den Konsequenzen der Steuerreform konfrontiert sind.
    Als Haushaltsminister — der ich ja auch bin — verschweige ich Ihnen nicht, daß mir die finanziel-



    Bundesminister Dr. Apel
    len Konsequenzen der Steuerreform natürlich Kopfschmerzen bereiten. Dennoch — und idas sage ich mit allem Nachdruck — bin ich stolz darauf, daß dieses Reformwerk der sozialliberalen Koalition trotz massiver Widerstände der Opposition durchgesetzt werden konnte.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Lachen bei der CDU/CSU)

    Wenn es nach Ihnen gegangen wäre,

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    dann hätten wir doch wieder den Weg der steuerpolitischen Gießkanne beschritten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Wehner [SPD] : Sehr wahr! — Zurufe von der CDU/CSU)

    Und dieser Weg, den wir ja von Ihnen kennen, führt natürlich zwangsläufig dazu, daß den Großverdienern große Vorteile und den Kleinverdienern kleine Steuervorteile eingeräumt werden.

    (Beifall bei der SPD — Ah-Rufe und Widerspruch bei der CDU/CSU)

    — Seien Sie doch nicht so nervös, wenn man Ihnen einmal die Wahrheit sagt. Bleiben Sie doch ruhig!

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Ein Glück, daß Sie selber lachen! — Stücklen [CDU/ CSU] : Darüber müssen Sie selber lachen!)

    Diese Steuerreform, meine Damen und Herren, ist ein wesentlicher Schritt zu mehr Einkommensgerechtigkeit.

    (Stücklen [CDU/CSU] : Darüber müssen Sie selber lachen!)

    — Nein, ich lache über Sie; Sie sind ja ein lieber Mensch. — Die Opposition hat sich am Ende, meine Damen und Herren, unseren besseren Argumenten beugen müssen.

    (Lachen bei der CDU/CSU — Beifall bei der SPD und FDP)

    — Ja, so war das. Jetzt will ich hier doch mal sehr kühl fragen.

    (Anhaltendes Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    — Meine Damen und Herren, Sie können doch überhaupt nicht bestreiten — damit bin ich bei dem wesentlichen Punkt —, daß Sie noch wenige Wochen vorher die jetzige Kindergeldregelung, die Sie am Ende mitgetragen haben, in die Nähe der Verfassungswidrigkeit gerückt haben. Wollen wir uns hier denn darüber streiten?

    (Beifall bei der SPD und FDP)

    Und auch das müssen wir in unsere Betrachtungen mit einbeziehen. Nach den uns bekanntgewordenen, wenn auch sich immer widersprechenden Vorstellungen der Opposition zur Steuerreform wären die Ausfälle auf Grund der Steuersenkungspläne der Opposition noch höher gewesen, als es jetzt der
    Fall ist. Auch hier haben Sie, wie so oft, innere Geschlossenheit wie Maß und Ziel verloren gehabt.

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    Als Finanzminister bin ich froh darüber, daß wir dieses Ergebnis erreichen konnten. Ich bekenne mich zu unserer Steuerreform und bin entschlossen, die zwangsläufigen Konsequenzen für den Bundeshaushalt zu akzeptieren.

    (Reddemann [CDU/CSU] : Was wollen Sie auch sonst machen?)

    Ich habe in den letzten Wochen mit Erstaunen eine sich in der Opposition anbahnende Debatte verfolgt, in der versucht wird, die Ausfälle der Steuerreform allein der Bundesregierung vorzuhalten und ihr für das Haushaltsjahr 1975 eine unsolide Finanzpolitik vorzuwerfen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Stimmt doch!)

    Ich möchte an dieser Stelle mit allem Nachdruck darauf aufmerksam machen, daß die finanziellen Auswirkungen der Steuerreform — sie sind ja durch Ihre Insistenz noch einmal um 2 Milliarden DM höher geworden — ein Kompromiß aller politisch relevanten Kräfte in unserem Lande sind.

    (Lachen bei der CDU/CSU)

    — Ja, finanziell tragen Sie die Verantwortung mit; politisch haben Sie sich uns weitgehend anschließen müssen. So ist es.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Niemand kann und darf sich, falls er sich selbst politisch ernst nehmen will, aus den Konsequenzen der Steuerreform herausmogeln wollen. Dies gilt sowohl für die faire Verteilung der Steuerlast zwischen Bund, Ländern und Gemeinden als auch für die Beurteilung der Nettokreditaufnahme beim Bund auf Grund der Steuerreform. Insofern werde ich mich direkt, ohne Umschweife mit jedem von Ihnen auseinandersetzen, der versucht, aus eigenem Tun anschließend einen Vorwurf gegen die Bundesregierung oder ihren Finanzminister zu konstruieren.
    Wenn Sie sich andererseits die Nettokreditaufnahme des Bundes für den Haushalt 1975 ansehen, werden Sie mit mir zu dem Ergebnis kommen, daß wir damit für das Haushaltsjahr 1975 keine stillen Reserven für weitere Ausgaben in Milliardenhöhe mehr haben. Jeder weitere Versuch von Interessengruppen und sozialen Gruppen in unserem Lande, so subjektiv berechtigt er auch immer sein mag, über den Bundeshaushalt 1975 hinaus zusätzliche Ansprüche für die jeweils vertretene Gruppe anzumelden und durchzusetzen, wird deswegen auf meinen entschiedenen Widerstand stoßen. Wer solche Versuche unternimmt, meine Damen und Herren, muß wissen, daß er mit der finanziellen Stabilität und Solidität dieses Landes spielt.
    Ich sage das ganz ohne Pathos, um so mehr, als ich davon ausgehe, daß viele dieser Forderungen halbherzig verfolgt und eigentlich für unangemessen gehalten werden. Doch ich warne vor diesem Stil und diesem Spiel. Es geht überhaupt nicht dar-



    Bundesminister Dr. Apel
    um, den Finanzminister zu stützen oder zu übertölpeln; meine Person ist in diesem Zusammenhang ohne Belang.

    (Vogel [Ennepetal, CDU/CSU] : Das sowieso!)

    Der Finanzminister zahlt doch nicht die Zeche, sondern, meine Damen und Herren, unser Land und unser Volk.
    Die Steuereform hat ein finanzpolitisches Datum gesetzt, an dem niemand, der für dieses Land politisch Verantwortung trägt, mag er der parlamentarischen Opposition oder einer der Koalitionsfraktionen angehören, ungestraft vorbeikommt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Insofern entsetzt es mich, meine Damen und Herren, daß die Kollegen Strauß und Höcherl von der Opposition allein in den letzten acht Wochen sechs verschiedene Arten von zusätzlichen Steuererleichterungen vorgeschlagen haben. Rechnet man die schon seit längerer Zeit auf dem Tische liegenden Pläne dazu, so kommt man zu zehn verschiedenen Steuersenkungsmaßnahmen. Und diese Initiativen kommen von Politikern, die sich zur Zeit im Landtagswahlkampf als die Hüter der finanziellen und wirtschaftlichen Stabilität anpreisen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Zurufe von der CDU/CSU)

    Sie wollen für eine Reihe von Gebrauchsgütern wie Automobilen und Kühlschränken die Mehrwertsteuer, sie wollen die Mineralölsteuer senken. Milliarden sollen verschenkt werden, ohne daß das die Beschäftigungslage in diesen Branchen ernsthaft verbessern würde.
    Ich bin gerne bereit, Ihnen im Laufe der Debatte die Kosten solcher Forderungen im einzelnen vorzurechnen. Doch ich gehe davon aus, daß Sie mit dieser Doppelstrategie des draußen Versprechens und des Anklagens im Deutschen Bundestag nur auf Stimmenfang aus sind. Sie können doch an einer soliden finanzpolitischen Debatte mit solchen Forderungen nicht ernsthaft teilnehmen wollen.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Denn schon das, was für die Automobilindustrie allein gefordert wurde, würde mindestens drei Milliarden DM an Steuerausfällen bringen, ohne daß damit der notleidenden Automobilindustrie bei ihren Strukturschwierigkeiten nachhaltig geholfen werden könnte. Derartige Propaganda-Anträge gehören nicht in eine seriöse Haushaltsdebatte, ja nicht einmal — das füge ich hinzu — in einen seriösen Wahlkampf.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ernster zu nehmen sind die Vorschläge von Herrn Leicht nach Auflösung der Rücklagen von Bund und Ländern bei der Deutschen Bundesbank. Wenn ich ihnen dennoch nicht folgen kann, dann deshalb, weil wir diese Reserven von nun etwas mehr als 9 Milliarden DM als konjunkturelle Eingreifreserve behalten wollen und, wie ich meine, behalten müssen.
    Außerdem ist mir dieser Weg auch etwas zu „leicht".

    (Heiterkeit bei der SPD)

    Man muß sich überdies überlegen, ob wir in der gegenwärtigen Phase der konjunkturellen Situation Liquiditätsschöpfung — und das geschieht, wenn wir unsere Reserven frei machen — in diesen Größenordnungen durchführen und ökonomisch akzeptieren können. Ich halte das bei der heute erkennbaren Konjunkturentwicklung nicht für angemessen. Es führt kein Weg daran vorbei, meine Damen und Herren: Ziel aller unserer Bemühungen muß das Sparen sein. Daran kommen wir nicht vorbei.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Ich bin in den letzten Wochen und Monaten immer wieder mit dem Etikett des Sparkommissars versehen worden.

    (Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)

    Nun hat die Bundesregierung überhaupt nichts dagegen einzuwenden, wenn ihr die Öffentlichkeit äußerste Sparsamkeit mit den öffentlichen Finanzen bescheinigt. Und die Haushaltsberatungen im Kabinett und ihr Ergebnis haben ja auch eindrucksvoll die Entschlossenheit der Bundesregierung zur Beschränkung der Ausgaben dokumentiert. Doch falsch wäre der Eindruck — und den möchte ich hier richtigstellen —, daß uns blinde und bornierte Sparsamkeit leitet. Sparsamkeit ist kein Ziel an sich. Wir haben uns dazu entschlossen, die finanzielle Durststrecke durchzustehen, um in Zukunft zu einer größeren realen Steigerung der öffentlichen Leistungsdarbietung bei stabileren Preisen kommen zu können. Und dabei steht es dem Bund natürlich gut an, mit gutem Beispiel voranzugehen. Denn nur wenn die öffentlichen Hände zu äußerster Sparsamkeit entschlossen sind, können sie auch von den gesellschaftlich relevanten Gruppen stabilitätsgerechtes Verhalten erwarten.

    (Beifall bei der SPD und der FDP — Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Späte Einsicht!)

    Allerdings — und das ist wichtig in diesem Zusammenhang — muß die öffentliche Selbstbeschränkung eine kritische Grenze beachten. Es muß sichergestellt sein, daß der Bürger auf ausreichende Erfüllung der öffentlichen Aufgaben auch in Zukunft Anspruch hat. Unter diesem Aspekt markiert die Sparsamkeit, wie sie im Haushaltsentwurf 1975 zum Ausdruck kommt, die Grenze des Vertretbaren. Mehr geht nach meiner Überzeugung nicht. Es ist gewährleistet, daß wir keinerlei Eingriffe in Leistungsgesetze vornehmen. Alle Leistungen, die den Bürgern gesetzlich zugesichert sind, werden in vollem Umfang erfüllt.
    Deshalb bin ich auch der Zustimmung der Mehrheit unserer Bürger für unsere Haushaltspolitik sicher; denn sie gibt ihnen die Gewißheit, daß die gesetzlich zugesicherten Leistungen bezahlt werden, daß wir aber gleichzeitig mit ihren Steuern sparsam und sorgfältig umgehen.
    Mit der Steigerungsrate von 8,7 v. H. für 1975

    (Stücklen [CDU/CSU] : Gemogelt!)




    Bundesminister Dr. Apel
    — ich komme gleich darauf zurück — liegt der Zuwachs der Ausgaben eindeutig unter der zur Zeit für 1975 erwarteten Zunahme des Bruttosozialprodukts. Außerdem liegt diese Zuwachsrate des Bundeshaushalts deutlich unter der Empfehlung des Finanzplanungsrats von Bund, Ländern und Gemeinden, nach der im Jahre 1975 alle Haushalte nicht mehr als um 10 % steigen sollten.
    Wie der Bund, so werden auch Länder und Gemeinden alle Aufgabenbereiche zu überprüfen haben, um diesem gemeinsam gesetzten Ziel von nicht mehr als 10 % Haushaltssteigerung gerecht werden zu können. Ich unterstreiche: Diese Begrenzung ist weniger aus aktuellen und vorhersehbaren konjunkturellen Entwicklungen geboten; sie ist — bitte, vergessen Sie das nicht — die Konsequenz der finanziellen Enge der öffentlichen Hände.
    Zugleich aber gibt uns diese Beschränkung im Bundeshaushalt auch die Möglichkeit, notfalls über die Mobilisierung der uns verbleibenden 9 Milliarden DM Reserven bei der Deutschen Bundesbank die hohe Beschäftigung in unserem Lande durch etwa notwendig werdende neue Programme zu sichern.
    Für uns als Gesetzgeber — hier appelliere ich auch an Sie — folgt daraus, daß wir für Länder und Gemeinden zumindest für den Rest der Legislaturperiode keine Gesetze beschließen dürfen, die nennenswerte zusätzliche finanzielle Belastungen für Länder und Gemeinden mit sich bringen. Wenn ich dieses sage, heißt das natürlich nicht, daß ich damit bereit bin, auf die Forderungen der Länder bei den Revisionsverhandlungen über den Ausgleich der Konsequenzen der Steuerreform einzuschwenken.

    (Stücklen [CDU/CSU] : Sehr bedauerlich!)

    Im Gegenteil: Ich halte die von uns im Finanzministerium angestellten Berechnungen und die daraus abgeleiteten Forderungen an die Bundesländer zum Ausgleich der Lasten aus der Steuerreform für begründet und für berechtigt. Ich bedaure, daß wir in den Verhandlungen über die faire Verteilung des Steueraufkommens zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgrund der Ergebnisse der Steuerreform noch nicht weitergekommen sind.
    Meine Damen und Herren, an dieser Stelle muß man vielleicht auch einmal einen Blick auf die Entwicklung der Länder- und der Bundesfinanzen in den ersten sieben Monaten dieses Jahres werfen. Die Gesamteinnahmen der Länder sind gegenüber dem gleichen Zeitraum des Vorjahres in den ersten sieben Monaten um 9,3 % gestiegen. Im selben Zeitraum stiegen die Steuereinnahmen des Bundes nur um 2,5 %. Dieses ist die Konsequenz einer sehr großzügigen Regelung bei der Umsatzsteuerneuverteilung, die ab 1. Januar dieses Jahres gilt und eine Anhebung des Länderanteils bei der Umsatzsteuer von 35 auf 37 %/ beinhaltet. Hinzu kommen Finanzkraftverstärkungen für die finanzschwachen Länder in Höhe von 1,5 % des Umsatzsteueraufkommens. Alles dieses führt dazu, daß die Länder in diesem Jahr 1,9 Milliarden DM mehr an Steuereinnahmen zu erwarten haben als ursprünglich veranschlagt.
    Es hat um die Steigerungsrate des vorliegenden Haushaltsentwurfs in Höhe von 8,7 % — Sie haben ja eben schon einen Zwischenruf dazu gemacht —

    (Stücklen [CDU/CSU] : Gemogelt!)

    einige unterschiedliche Berechnungen — ich sage das ein bißchen höflicher — und spekulative Interpretationen gegeben. Insbesondere nach Ihrem Zwischenruf schließe ich nicht aus, daß die Opposition in ihren Interventionen auf dieses Thema zurückkommen wird.
    Für mich ist diese Einbringungsrede nicht die Gelegenheit, auf die einzelnen Kalkulationen einzugehen. Ich will aber doch eine Bemerkung zu diesen Berechnungen der Opposition machen. Mindestens müssen sie, liebe Kollegen von der CDU/CSU, in sich schlüssig sein. Natürlich steht es Ihnen frei, beliebige Positionen aus dem Haushalt 1974 herauszunehmen, um auf diese Art und Weise das Volumen des Haushaltes 1974 abzusenken und zu einer höheren Steigerungsrate für den Haushalt 1975 zu kommen. Die Frage ist nur — die werden wir dann debattieren —, ob dies logisch ist, ob dies der Sachlogik oder einer besonderen Zahlenakrobatik der Opposition entspricht.
    Ich kann nur feststellen, daß wir bei der Berechnung der Steigerungsrate uns strikt an das gehalten haben, was der damalige Finanzminister Strauß ebenfalls gemacht hat; denn er hat natürlich das 1,45-Milliarden-DM-Programm zur Stützung der Konjunktur 1967/68 im Basishaushalt belassen, um dann zu der niedrigen Steigerungsrate des Haushaltes 1969 von 5,4 % zu kommen.

    (Dr. Ehrenberg [SPD] : Der darf das auch!)

    Sie müssen sich jetzt also entscheiden, was Sie wollen. Man muß, wenn man einen Weg gewählt hat, diesen Weg konsequent zu Ende gehen. Ansonsten betreiben Sie Bodenakrobatik ohne Matte, und dies kann weh tun.

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    Lassen Sie mich ein weiteres Stichwort aufgreifen, das sicherlich in dieser Haushaltsdebatte — es ist regelmäßig eingeführt worden — eine Rolle spielen wird, nämlich das Wort vom Staat als Inflationsgewinnler. Es wäre gut, wenn wir bei Preissteigerungen nur auf der Einnahmenseite gewinnen würden. Dann hätten Bund, Länder und Gemeinden nicht die Sorgen, die sie heute haben. Tatsächlich ist es aber doch so, daß die öffentlichen Haushalte bei Preissteigerungen auf der Ausgabenseite klar die Verlierer sind. Zahlreiche Gesetze sind entsprechend der Einkommensentwicklung dynamisiert, andere Ausgaben hängen von der Einkommens- und Preisentwicklung ab, ohne daß der Staat darauf wesentlich Einfluß nehmen kann. Die Personalkosten steigen wie in der Wirtschaft so auch im öfffentlichen Dienst, von seltenen Ausnahmen abgesehen, stärker als andere Kostenarten.
    Allein diese Zwangsläufigkeiten bewirken, daß es bereits eine Mindestzuwachsrate bei den Haushaltsausgaben 1975 gibt, so durch die Anhebung der Leistungen bei der Kriegsopferversorgung, die Alters-



    Bundesminister Dr. Apel
    hilfe für Landwirte, die neugeregelte Ausbildungsförderung, die Spar- und Wohnungsbauprämien, die Berlinhilfe, die Vorsorge für die Tarif- und Besoldungsrunden. Dieses macht bereits viele Milliarden aus, über die Sie und über die ich selbst überhaupt nicht mehr disponieren können.
    Dieses alles vorausgeschickt, kann es Sie nicht verwundern, daß im Etat 1975 der Spielraum für neue oder die Weiterführung laufender nicht gesetzlich fixierter Programme so klein ist, wie das seit Jahren nicht der Fall war.
    Ich möchte Ihnen darstellen, wie sich der Zwang zur Sparsamkeit in einigen wichtigen Bereichen unserer Politik auswirkt. Generell ist festzustellen, daß die Ausgaben für die überwiegende Mehrzahl der Bundesressorts gegenüber 1974 nur wenig erhöht werden konnten. Einzelne Ressorts — das müssen wir sehr offen sehen — geraten deshalb im kommenden Jahr vor schwierige Probleme. Dies betrifft z. B. beim Verkehrsminister den Fernstraßenbau. Nachdem wir aber in den vergangenen fünf Jahren fast 1 700 km neuer Autobahnen dem Verkehr übergeben konnten, scheint es vertretbar zu sein, vorübergehend um 20 bis 30 km Jahresleistung kürzerzutreten. Die Maßnahmen im Straßenbau des Jahres 1975 werden vor allem auf Fertigstellung bereits begonnener Streckenabschnitte, auf die Verringerung der Unfallschwerpunkte, der Umweltbeeinträchtigung gerichtet sein, die Substanzerhaltung des vorhandenen Netzes einbeziehen und — das scheint mir in der konjunkturellen Landschaft wichtig zu sein — auf die strukturschwachen Gebiete konzentriert werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Ich will im übrigen nicht verschweigen, daß wir im Verkehrshaushalt mit der Bundesbahn ein besonderes Risiko haben. Auch Sie, Herr Kollege Leicht, haben sich dazu in diesen Tagen fundiert geäußert. Tatsächlich könnte sich der Verlust der Bundesbahn 1975 erhöhen, wenn etwa die im Wirtschaftsplan zugrunde gelegten Beförderungsleistungen im Güter- und Personenverkehr nicht erreicht werden oder aber die Erwartungen zur Verbesserung der Unternehmensstruktur nicht so schnell erfüllt werden, wie ich das politisch für notwendig halte.
    Ein weiterer Einzelplan, der im Brennpunkt des öffentlichen Interesses steht, ist der trotz seiner immer noch hohen Steigerungsrate von Sparmaßnahmen betroffene Haushalt des Bundeswissenschaftsministers. Hier wurde der Ansatz für den Hochschulbau gegenüber dem Rahmenplan, der gemeinsam mit den Ländern entwickelt wurde, von 2,1 Milliarden DM auf 1,4 Milliarden DM herabgesetzt. Dieser Betrag entspricht dem tatsächlich zu erwartenden Mittelabfluß. Zugleich kommt diese neue Zahl auch den Notwendigkeiten der Länder entgegen, die mit ihrer Mitleistungspflicht seit Jahren zunehmend in Rückstand geraten.
    Sparpolitik kann allerdings nicht so weit gehen — das ist ein wesentlicher Aspekt unseres Haushaltes —, daß wir am falschen Platz sparen. Wie sich dieser Grundsatz konkret auswirkt, zeigt sich etwa im Einzelplan des Wirtschaftsministers. Um eine möglichst preisgünstige und umweltfreundliche Energieversorgung der Bürger wie der Wirtschaft sicherzustellen, waren bei den entsprechenden Ansätzen im Einzelplan des Wirtschaftsministers erhebliche Mittelverstärkungen erforderlich. Sie drücken sich nur deswegen in der Steigerungsrate dieses Einzelplanes nicht aus, weil 300 Millionen DM aus dem einmaligen Sonderprogramm des Frühjahres 1974 für strukturschwache Gebiete weggefallen sind und weil die festen Kosten der Kohleverstromung über den sogenannten Kohlepfennig der Elektrizitätswirtschaft aufgebracht werden. Dies ist aber eine Zahl, die von Bedeutung ist: Jene Bundesmittel, die der sicheren Versorgung mit Mineralöl dienen, werden von 50 Millionen DM auf 400 Millionen DM erhöht. Damit werden wir Bohrvorhaben mitfinanzieren; wir werden die Zusammenarbeit mit den erdölfördernden Ländern voranbringen; wir werden damit Erdgastransitleitungen und unterirdische Gasspeicher in unserem Lande finanzieren. Zu diesem Sektor Energiesicherung kommt das Sonderprogramm für Energieforschung hinzu, das im Einzelplan für Forschung und Technologie angesiedelt ist und für das bis 1977 zusätzlich 600 Millionen DM vorgesehen worden sind.
    Die einheimische Energie wird zunehmend wichtiger werden. Auch hier werden wir große Mittel bereitstellen. Im übrigen werden wir Ihnen demnächst in der Gestalt unseres weiterentwickelten Energieprogramms zusammengefaßt alle Maßnahmen der Bundesregierung zur Verbesserung unserer Sicherheit auf dem Energiesektor vorstellen.
    In der Agrarpolitik sind die Ziele der Bundesregierung darauf gerichtet, eine leistungsfähige Landwirtschaft zu erhalten, die als lebensnotwendiger Bestandteil einer modernen Volkswirtschaft auch an der allgemeinen Wohlstandsentwicklung teilnehmen kann. Im Agrarhaushalt werden weitere Fortschritte im landwirtschaftlichen Sozialbereich finanziell abgesichert. So ist mit dem 1. Januar 1975 die Einführung des Waisengeldes in der Altershilfe vorgesehen, und auf Beitragserhöhungen in der Unfallversicherung wird im Jahre 1975 verzichtet. Außerdem werden die Mittel für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes" verstärkt; im gesamten Planungszeitraum bis 1978 werden nunmehr jährlich 1,35 Milliarden DM vom Bund zur Verfügung gestellt.
    Meine Damen und Herren, mir scheint im übrigen an dieser Stelle ein Hinweis auf die Kindergeldregelung und ihre Auswirkungen auf die Einkommen der bäuerlichen Betriebe angebracht zu sein. Zahlreichen Landwirten wird die Neuregelung des Kindergeldes — des Familienlastenausgleichs — erhebliche Verbesserungen bringen. Diese Verbesserungen werden je nach Kinderzahl zwischen 600 und weit über 1 000 DM jährlich liegen.
    Es ist sicherlich nicht unangemessen, an dieser Stelle die Erörterung des Bundeshaushalts kurz zu unterbrechen und auf die Haushaltspolitik der Europäischen Gemeinschaft einzugehen. Denn der Haushalt der Europäischen Gemeinschaften ist immer



    Bundesminister Dr. Apel
    noch dadurch gekennzeichnet, daß zwei Drittel der Ausgaben Konsequenzen der gemeinsamen Agrarpolitik sind. Ich habe ja eingangs bereits über die enormen Steigerungsraten, die wir zu tragen haben, gesprochen. Allerdings sollten wir uns, wenn wir uns mit der Kommission auseinandersetzen, davor hüten, Zustand und Kosten der gemeinsamen Agrarpolitik allein der Kommission anzulasten. Die Kommission macht zwar mit Akribie und Fleiß dem Ministerrat immer neue kostenwirksame Vorschläge für die gemeinsame Agrarpolitik. Insofern ist sie nach dem Verursacherprinzip ein wesentlicher Verursacher der lawinenartig anschwellenden Kosten der gemeinsamen Agrarpolitik. In Brüssel einigt man sich schließlich aber im Ministerrat. Hier fallen die immer unübersehbarer werdenden und immer weniger finanzierbaren Entscheidungen für eine gemeinsame Agrarpolitik, die nur noch bedingt diesen Namen verdient. Ich möchte im übrigen an dieser Stelle mit allem Nachdruck meinem Kollegen Josef Ertl unsere Anerkennung dafür aussprechen, daß er in Brüssel unermüdlich mit Geschick und Sachverstand für eine vertretbare und den Interessen der Landwirtschaft gemäße Agrarpolitik kämpft.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Die Verantwortung der EG-Kommission - hier
    werden wir bei den Haushaltsberatungen auf Solidität zu achten haben — liegt auf zwei anderen Feldern: der Ausweitung der Personalkosten und der Forcierung von neuen gemeinsamen Projekten. Von allen neuen gemeinsamen Projekten müssen wir fast ein Drittel finanzieren. Deswegen geht es auch nicht an, daß die Kommission versucht, jetzt bei den Haushaltsberatungen 1975, obwohl es im Ministerrat keine Einigung über die gemeinsame Regionalpolitik und den gemeinsamen Regionalfonds gibt, 3 Milliarden DM einzustellen, von denen wir wiederum rund 1 Milliarde DM zu zahlen hätten. Wir können nicht zulassen, daß Brüssel auf dem Wege der Haushaltsberatungen die fehlende politische Übereinstimmung unterläuft. Deswegen werden wir alle Projekte aus dem EG-Haushalt streichen müssen, über die es zwischen den Mitgliedsländern politische Einigkeit zur Zeit nicht gibt.

    (Beifall bei der SPD)

    Auch der Haushaltsplan der EG, der von 1974 auf 1975 um 37 % steigen soll, muß sich den Notwendigkeiten von Sparsamkeit und finanzieller Solidität anpassen.
    Lassen Sie mich nun aber auf unseren nationalen Haushalt zurückkommen. Ich sagte: wir sparen nicht am falschen Platze. Dieser Grundsatz kommt auch Berlin zugute. Die Hilfen für das Land Berlin werden im Haushaltsentwurf 1975 um 560 Millionen DM auf nunmehr fast 6 Milliarden DM erhöht. Wir dokumentieren damit die Bindung Berlins an den Bund.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Mit fast 30 Milliarden DM für den Verteidigungshaushalt unterstreicht die Bundesregierung, daß sie der Sicherstellung unserer Verteidigungsbereitschaft eine hohe Bedeutung beimißt. Der im Rahmen des
    Atlantischen Bündnisses eingeleiteten Entspannungspolitik wird damit der erforderliche Rückhalt gegeben.
    Einige Worte zum Einzelplan 23 des Entwicklungshilfeministers. Die Bundesregierung ist bestrebt, den wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt der Entwicklungsländer im System weltweiter Partnerschaft zu fördern, damit die Lebensbedingungen der Menschen in diesen Ländern verbessert werden können. Finanziell bedeutet das, daß wir trotz der Finanzenge die deutsche Entwicklungshilfe von 1973 bis 1978 verdoppeln werden. In jedem Jahr, also auch 1975, liegt die Steigerungsrate des Entwicklungshilfehaushaltes über der Steigerungsrate der Gesamtausgaben des Bundes. Ab 1976 liegt sie mit Zuwachsraten zwischen 15,5 und 18,7 v. H. sogar doppelt so hoch wie die vorgesehenen Zuwachsraten der jeweiligen Bundeshaushalte. Natürlich, meine Damen und Herren, werden auch im Entwicklungshilfehaushalt Sparmaßnahmen unumgänglich werden. Ich sage Ihnen aber: mit den vorgesehenen Mitteln können die Schwerpunkte der Entwicklungshilfe voll durchgeführt, d. h. alle bestehenden internationalen Verpflichtungen erfüllt und entwicklungspolitisch sinnvolle Vorhaben neu begonnen werden.

    (Beifall bei der SPD)

    Lassen Sie mich abschließend zur Einzelbetrachtung einzelner Haushalte — nicht aller Haushalte noch einige Bemerkungen zum Sozialbereich machen.
    Was diesen Bereich anlangt, so findet die seit 1969 verstärkte Politik des sozialen Fortschritts auch im Haushalt 1975 und im Finanzplan bis 1978 ihren Niederschlag. Diese Politik basiert auf der Erkenntnis, daß Ausbau der sozialen Sicherheit und dynamische Anpassung der Sozialleistungen zentrale Voraussetzungen für die wirtschaftliche Stabilität in unserem Lande sind. Es muß doch wohl einen Grund dafür geben, daß wir das Land mit den niedrigsten Preissteigerungsraten sind, mit den wenigsten Streiktagen, mit den 'höchsten Devisenreserven, mit einem der besten Systeme sozialer Sicherheit in der Welt, mit einem der höchsten Lohnniveaus in der westlichen Welt und immer noch mit einem hohen Beschäftigungsstand.

    (Dr. Althammer [CDU/CSU] : 20 Jahre CDUPolitik!)

    — Na, da kann ich nur kichern, wenn Sie das sagen.

    (Beifall bei der SPD und FDP.)

    Meine Damen und Herren, ich glaube nicht, daß dieses erstaunliche Ergebnis, das einmalig in der Welt ist, allein damit zusammenhängt, daß wir alle zusammen soviel tüchtiger sind als unsere westeuropäischen Nachbarn. Sicherlich nicht!

    (Zuruf von der CDU/CSU: Tüchtige Finanzminister!)

    — Daran kann es mit liegen, sehr wohl. — Unsere Erfolgsbilanz basiert nicht zuletzt darauf, daß wir in unserem Lande bewußt die soziale Sicherheit ausgebaut haben und dem Ziel der Gerechtigkeit nähergekommen sind. Wer heute, was insbesondere bei



    Bundesminister Dr. Apel
    Ihnen immer wieder der Fall ist, Reformpolitik diffamiert oder uns gar ihre Beendigung nahelegt,

    (Katzer [CDU/CSU] : Das machen Sie doch selbst!)

    hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Reformpolitik erfüllt nicht nur den Auftrag des Grundgesetzes nach der Verwirklichung der sozialen Demokratie, sie sichert und das müssen wir alle wissen — auch den gemeinsamen Wohlstand. Es kommt allerdings darauf an, die Marschgeschwindigkeit bei allen Reformen so zu bemessen, daß sie verkraftet werden können, und zwar sowohl vom Bewußtsein unserer Bürger als auch von der Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft.

    (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Aha, Sie lernen noch etwas dazu!)

    Wir kommen nicht umhin — und vor dieser Einsicht stehen wir doch in diesen Monaten, meine Damen und Herren —, unserer Wirtschaft Strukturwandlungen zuzumuten. Wir stecken mitten in einem Strukturwandlungsprozeß, insbesondere in einigen Branchen. Unsere die Konjunktur stützenden Maßnahmen dürfen diesen Strukturwandlungsprozeß nicht verhindern; denn sonst gefährden wir die Leistungskraft und das Wachstum unserer Wirtschaft. Nur, meine Damen und Herren — und das ist die Kehrseite der Medaille, bitte begreifen Sie das doch! —, die Anpassungsprozesse können nicht auf dem Rücken der Arbeitnehmer stattfinden.

    (Beifall bei der SPD)

    Sie sind in unserem Lande nur durchzusetzen, weil wir verantwortungsbewußte Gewerkschaften haben, um die uns alle unsere westlichen Nachbarn ebenso beneiden wie um ein System sozialer Sicherheit, das eben die Schwierigkeiten für die Arbeitnehmer abfedert. Hier zeigt sich für mich erneut die enge Verbindung zwischen Reformpolitik und einer leistungsfähigen Wirtschaft.

    (Lemmrich [CDU/CSU] : Da hat's doch schon vor Ihnen das meiste gegeben! — Dr. Ehrenberg [SPD] : Denkste!)

    — Lieber Herr Lemmrich, dies war kümmerlich genug. Denken Sie doch nur an Ihre zehnjährigen Versprechungen zur Steuerreform! Dies war kümmerlich genug!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Und da will ich Ihnen ein zweites sagen. Für mich war es deprimierend, als junger Abgeordneter feststellen zu müssen, wie wir Ihnen in der Großen Koalition die Lohnfortzahlung für die Arbeiter mühsam haben abringen müssen.

    (Zuruf des Abg. Lemmrich [CDU/CSU]) Dies war Ihre Sozialpolitik!


    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Im übrigen hat die Opposition zur Debatte um Reformpolitik nichts beigetragen; dies müssen wir nüchtern erkennen.

    (Beifall bei der SPD — Zurufe von der CDU/CSU)

    Meine Damen und Herren, man kann über die Ausgabenseite des Bundeshaushalts nicht reden, ohne ein Thema aufzugreifen, das in der öffentlichen Debatte eine immer größere Rolle spielt. Ich meine den erheblichen Anstieg der Personalausgaben.

    (Katzer [CDU/CSU] : So was Überhebliches!)

    Alle Gebietskörperschaften müssen gemeinsam verhindern, daß der Eindruck entstehen kann, der Anstieg der öffentlichen Ausgaben werde allein durch den Zuwachs der Personalaufwendungen aufgezehrt. Zwar kommen auf den Staat immer neue Aufgaben zu, und das erfordert natürlich auch zusätzliches Personal. Aber niemand kann daran vorbeisehen, daß in der öffentlichen Verwaltung noch Rationalisierungsreserven vorhanden sind. Werden diese künftig nicht stärker ausgeschöpft, dann geht das nicht nur zu Lasten des Umfangs staatlicher Leistungsdarbietung, sondern es schadet auch dem Ansehen der öffentlich Bediensteten ganz allgemein. Begriffe wie „Leistung" und „Sparsamkeit" müssen auch für unsere öffentlich Bediensteten weiterhin Gültigkeit behalten.

    (Beifall bei der SPD)

    Bund, Ländern und Gemeinden muß gemeinsam daran gelegen sein, daß die Expansion der Personalausgaben gebremst wird. In den letzten Jahren stieg die Zahl der Beschäftigten bei den Ländern durchschnittlich um über 4 0/o pro Jahr, bei den Gemeinden um über 3 0/o und beim Bund nur um gut 1 0/0. Nun will ich darauf gar nicht besonders stolz sein; denn ich weiß natürlich, daß es eine unterschiedliche Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden gibt. Dennoch wollen wir gerne unseren Kollegen bei den Ländern und den Gemeinden unser Signal der Sparsamkeit weitergeben. Wie in den beiden vorangegangenen Jahren, werden wir den Personalbestand beim Bund 1975 nicht erhöhen.

    (Zuruf von der SPD: Ein schönes Beispiel für Rheinland-Pfalz!)

    Lassen Sie mich kurz noch auf die Einnahmeseite des Bundeshaushalts 1975 eingehen. Die erwarteten Steuereinnahmen belaufen sich für den Bund im Haushaltsentwurf 1975 auf rund 134 Milliarden DM. Dabei ist der Steuerreformkompromiß berücksichtigt. Außerdem ist dabei die volle Anwendung der Revisionsklausel zugunsten des Bundes mit rund 5,5 Milliarden DM eingerechnet. Gegenüber den vergleichbar gestellten Steuereinnahmen im Jahre 1974 von 130 Milliarden DM — hier mußten komplizierte Umrechnungen vorgenommen werden — bedeutet das für den Bund im Haushaltsjahr 1975 einen Steuerzuwachs von nur 3,2 %. Natürlich ist diese geringe Zuwachsrate Ausdruck unserer Wirtschaftslage. Die verhaltene Entwicklung der Wirtschafts tätigkeit auf dem Binnenmarkt und die Belebung der Exporte, die an der Grenze von der Umsatzsteuer entlastet werden müssen, lassen die Steuerquellen zur Zeit schwächer sprudeln. Nach der bisherigen Entwicklung des Steueraufkommens im laufenden Haushaltsjahr 1974 kann — ich sage das



    Bundesminister Dr. Apel
    ganz offen — heute niemand mit Gewißheit voraussagen, ob die geschätzten Steuereinnahmen für 1974 erreicht werden. Wir werden noch in diesem Jahre eine neue Steuerschätzung erhalten, sobald wir die Aufkommenszahlen für September und Oktober überblicken können. Ob sich dann daraus für die Einnahmeseite des Haushalts 1975 Folgerungen ergeben werden, sollten wir allerdings nicht in Form von Hypothesen debattieren, sondern während der Beratungen und nach Vorliegen der definitiven Zahlen sachlich hier und im Haushaltsausschuß prüfen.
    Das verminderte Wachstum der laufenden Einnahmen des Bundes hat zur Folge, daß die Nettoneuverschuldung erheblich ansteigt. Sie wird aus heutiger Sicht beim Bund 15,6 Milliarden DM betragen. Ich bin der Meinung, meine Damen und Herren, daß wir dieses Problem weder verniedlichen noch dramatisieren dürfen. Es ist überhaupt nicht einzusehen, warum wir einen Teil der Investitionen, die wir ja auch für unsere Kinder vornehmen, ihnen nicht auch zur Mitfinanzierung über eine Verschuldung der öffentlichen Hände überlassen.
    Allerdings wird diese Nettokreditaufnahme den Kapitalmarkt vor Probleme stellen, Probleme der Aufbringung dieser Gelder, keine Probleme der Verschuldung des Bundes; denn die Verschuldungsrate des Bundes ist so gering, daß wir hier keine Probleme haben.
    Die Bundesregierung geht indessen davon aus, daß sich die derzeitige Kapitalmarktlage schon in Kürze wesentlich verbessern wird. Allein die Steuerreform und eine Reihe dynamisierter Sozialleistungen werden die verfügbaren Einkommen erheblich steigern. Das muß sich auf die Konjunktur und die Ersparnisbildung im privaten Bereich nachhaltig auswirken. Parallel dazu ist davon auszugehen, daß die Tendenz zur Preisberuhigung und auch zu einem sich stabilisierenden Zinsniveau dazu führen könnte, daß das Vertrauen der Anleger in den Kapitalmarkt verstärkt wird. Die von uns erwartete Belebung der Nachfrage auf dem Binnenmarkt wird ein übriges tun, um die Steuereinnahmen der öffentlichen Hände zu stabilisieren.
    Meine Damen und Herren, der Bundeshaushalt 1975 ist für uns Chance und Herausforderung gleichermaßen. Chance insofern, als die uns vorgegebenen Daten der weltwirtschaftlichen Entwicklung, der konjunkturellen Beruhigung in unserem Lande und der Knappheit an Einnahmen auf Grund der Steuerreform Anlaß zur Besinnung sein sollten.
    In der Finanzpolitik ist die Phase des Immer-Mehr, des Immer-Besser und des Immer-Größer für absehbare Zeit vorbei. Wir werden mit knappen Mitteln unsere staatlichen Aufgaben bewältigen müssen. Das heißt allerdings nicht, daß wir zurückfallen in eine konservative Betrachtung unserer Gesellschaft.

    (Katzer [CDU/CSU] : Zurückfallen? Da waren Sie mal?)

    — Zurückfallen in die Zeit vor 1966, als Sie dieses Land regiert haben.

    (Beifall bei der SPD Dr. Wulff [CDU/ CSU] : Beifall bei der FDP!)

    Reformunwilligkeit wäre die falsche Reaktion.
    Für mich heißt die Chance, die wir haben, den uns allen innewohnenden Hang zur Repräsentation, zum unkritischen Geldausgeben und zur finanzpolitischen Gießkanne zu den Akten zu legen. Es wird eben in Zukunft Bereiche unserer staatlichen Aktivität geben, denen angesichts der veränderten ökonomischen und sozialen Daten für die Sicherung unserer Zukunft besondere Bedeutung zukommt.

    (Dr. Müller-Hermann [CDU/CSU] : Die Rede hätte mal vor drei Jahren der Finanzminister halten sollen!)

    Es wird Bereiche geben, die nicht in gleichem Maße mit Finanzmitteln bedacht werden können. Die unbedingte Konzentration auf das politisch, d. h. auch auf das finanzpolitisch Notwendige muß in der Finanzpolitik des Bundes oberste Priorität erhalten. Kostenlawinen müssen gebremst werden. Das allgemeine Verlangen der Interessengruppen nach mehr Mitteln muß mit Mut und mit Standfestigkeit zurückgewiesen werden. Das ist die Chance des Bundeshaushalts 1975: loszukommen von liebgewonnenen Gewohnheiten und dadurch dem Steuerzahler und seiner Leistungsfähigkeit stärker Rechnung zu tragen.
    Die Herausforderungen des Bundeshaushalts 1975 sind bereits ebenfalls in Umrissen sichtbar. Die Risiken, die in diesem Bundeshaushalt stecken, habe ich angesprochen. Neue Ausgaben und neue Aufgaben können national wie international auf uns zukommen. Sie können dann, wenn sie wirklich unabweisbar werden, nicht mit Finanzargumenten allein zurückgewiesen werden.
    Die Herausforderung des Bundeshaushaltes 1975 besteht darin, mit den vorhandenen Finanzmitteln zu Rande zu kommen und gleichzeitig eine Politik zu realisieren, die das wirtschaftliche und gesellschaftliche Gleichgewicht in unserem Lande abstützt. Es wird in den vor uns liegenden Jahren mit Sicherheit kein Vergnügen sein, Finanzminister zu sein, wobei ich mich frage, ob es jemals ein Vergnügen gewesen ist. Es wird desgleichen kein Vergnügen sein, sich im Deutschen Bundestag, insbesondere im Haushaltsausschuß, für die Bundesfinanzen besonders verantwortlich zu fühlen. Das, was ich hier für den Bund sage, gilt natürlich für unsere Länderregierungen und für die Kollegen in den Länderparlamenten gleichermaßen. Wir Finanzpolitiker werden in Zukunft sehr viel weniger ja, dafür aber um so häufiger und standhafter nein sagen müssen.
    Wenn wir diesen Herausforderungen nicht gewachsen sind, laufen wir Gefahr, die wirtschaftliche Stabilität, die uns — im Vergleich zu allen westlichen Nachbarn — in eine so hervorragende Lage gebracht hat, zu verlieren. Um was geht es? Es geht darum, weder Panik zu erzeugen noch sich in Panik versetzen zu lassen. Es geht darum, Gelassenheit zu bewahren und mit den Problemen des Bundeshaus-



    Bundesminister Dr. Apel
    haltes 1975 fertig zu werden. Das ist unsere Aufgabe! Ich wenigstens werde mich als Finanzminister zu keinem Zeitpunkt opportunistisch Interessentengruppen und unberechtigten Forderungen beugen. Die Verantwortung für unser Land ist im Jahre 1975 auch eine Verantwortung, das Budget so zu beschließen und so zu fahren, wie es den sozialen, den ökonomischen, aber nicht zuletzt auch den finanzwirtschaftlichen Bedingungen des Jahres 1975 in der Bundesrepublik entspricht.

    (Beifall bei der SPD)

    Der Ihnen vorliegende Entwurf des Bundeshaushaltes 1975 folgt der von uns eingeschlagenen Linie der Fortsetzung unserer Stabilitätspolitik. Er ist zusammen mit den Reserven, den 9 Milliarden DM der öffentlichen Hände bei der Bundesbank, flexibel genug angelegt, um den möglichen sozialen und wirtschaftlichen Herausforderungen des Jahres 1975 gerecht zu werden.

    (Anhaltender Beifall bei der SPD und der FDP)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Ich danke dem Herrn Finanzminister.
Ich möchte noch darauf aufmerksam machen, daß die Debatte morgen ab 11 Uhr geführt wird und vorher ab 9.30 Uhr eine Fragestunde stattfindet.
Ich rufe Punkt 2 unserer Tagesordnung auf:
Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Volksentscheide aufgrund der nach Artikel 29 Abs. 2 GG in den Ländern Rheinland-Pfalz und Niedersachsen zustande gekommenen Volksbegehren
— Drucksachen 7/2355, 7/2439 —Überweisungsvorschlag des Ältestenrates: Innenausschuß
Haushaltsausschuß gemäß § 96 GO
Wird das Wort dazu gewünscht? — Das ist nicht der Fall.
Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Gesetzentwurf dem Innenausschuß und gemäß § 96 der Geschäftsordnung dem Haushaltsausschuß zu überweisen. — Ich höre keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Meine Damen und Herren, ich rufe Punkt 4 der Tagesordnung auf:
Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung
Das Wort hat der Herr Bundesminister des Auswärtigen.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Hans-Dietrich Genscher


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Regierungserklärung des Bundeskanzlers vom 17. Mai 1974 nannte Kontinuität und Konzentration als die Leitworte der Bundesregierung. Sie bestimmen auch die Außenpolitik der Regierung, und die Wiederaufnahme der Parlamentsarbeit gibt Anlaß zu einem Bericht über die hinter uns liegenden
    Monate. Gerade in einer Zeit, in der sich die Situationen und die Problemstellungen — es seien hier nur Nahost, Zypern, Energiekrise genannt — schnell ändern, muß sich die Kontinuität der Grundprinzipien bewähren. Die Probleme, vor denen wir heute stehen, machen mehr denn je deutlich, wie stark Innen- und Außenpolitik, wie stark Wirtschaft und Sicherheit eines Landes zusammenhängen. Deutschland ist ein gebranntes Kind. Unser Volk hat nicht vergessen, wohin Inflation und Arbeitslosigkeit einst führten. Wir wissen, es geht heute nicht mehr nur um die Frage, welchem Land es wirtschaftlich besser geht; es steht mehr auf dem Spiel.
    In der Europäischen Gemeinschaft ringen wir um die Wiedergewinnung wirtschaftlicher Stabilität. Andere europäische Länder bemühen sich um den Wiederaufbau einer freiheitlich-demokratischen Ordnung. Bei beiden Bemühungen, die in die gleiche Richtung zielen, geht es letztlich darum, daß sich unser demokratisches System mit all seinen Freiheiten bewährt. Wir sorgen für Ordnung in unserem eigenen Haus. Zugleich aber müssen alle Partner durch gemeinsame Anstrengungen und Mäßigung zur Stabilisierung der Situation beitragen. Westliche Solidarität ist in den vergangenen Jahren oft ein Schlagwort gewesen. Jetzt ist sie das Gebot der Stunde. Der Bundesminister der Finanzen hat hier dazu das Erforderliche gesagt.
    Die Einigung Europas bleibt das zentrale Thema unserer Außenpolitik. Zu diesem Ziel wollen wir sowohl über eine fortschreitende wirtschaftliche Integration als auch über eine immer dichter werdende außenpolitische Zusammenarbeit der neun Staaten gelangen. Wir haben in der Europäischen Gemeinschaft ein Maß an Integration erreicht, das noch vor zehn Jahren unvorstellbar war. Das darf uns aber nicht die Augen verschließen vor den Problemen, die noch zu lösen sind. Wir wissen, daß Stillstand in der europäischen Entwicklung Rückschritt und damit Gefahr des Zerfalls bedeuten würde.
    Die Erkenntnis setzt sich durch, daß die Wiedergewinnung der Stabilität Priorität hat. In den Partnerstaaten sind ernsthafte Bemühungen um Stabilität erkennbar. Zwischen Bonn und Paris besteht Einvernehmen über die Ziele der Konjunkturpolitik. Beide Staaten fühlen sich der Stabilität verpflichtet. Paris und Bonn sind zwar nicht die Europäische Gemeinschaft. Aber die Gemeinschaft wird davon profitieren, daß beide Länder gemeinsam an einem Strang ziehen.
    Italien unternimmt unter schwierigsten innenpolitischen Bedingungen Anstrengungen, um zur Stabilität zurückzufinden. Wir sind froh darüber, daß die Regierung in Rom die Lösung dieser Probleme bewußt innerhalb der Gemeinschaft sucht. Wir sind bereit, Italien zu unterstützen, und haben das bewiesen. Der Beistand, den wir Rom leisten, ist mehr als eine bloße Notenbankoperation. Er ist ein Akt europäischer Solidarität mit einem Partnerland, das um seine wirtschaftliche Sanierung ringt.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)




    Bundesminister Genscher
    Mit solchen Anstrengungen für andere helfen wir Europa, und damit helfen wir auch uns, meine Damen und Herren!

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Vieles bleibt noch zu tun. Das gilt in besonderer Weise für den europäischen Agrarmarkt, der, als erster Bereich der Integration gedacht, in eine krisenhafte Situation geraten ist. Ich sage in allem Freimut: Bestandsaufnahme und Neugestaltung sind aus der Sicht der Bundesregierung geboten. Die Beantwortung der Großen Anfrage der Opposition wird der Bundesregierung Gelegenheit zu ausführlicher Stellungnahme geben.
    Zu den Fortschritten gehört es, daß der Ministerrat gestern die längst fällige Entschließung für ein energiepolitisches Konzept für die nächsten Jahre verabschieden konnte.
    Ebenso wichtig ist die Bekräftigung der gemeinsamen Handelspolitik auch gegenüber den Staatshandelsländern. Diese Entscheidung wird die Gemeinschaft weiter festigen; sie ist zugleich Ausdruck der großen Bedeutung, die sie den wirtschaftlichen Beziehungen zu den Staatshandelsländern beimißt.
    Die Staats- und Regierungschefs und der Präsident der Kommission der Europäischen Gemeinschaft haben bei ihrem informellen Treffen in Paris freimütig und realistisch die drängenden aktuellen Fragen der europäischen Politik erörtert. Formlose Zusammenkünfte dieser Art, an denen in Zukunft auch die Außenminister teilnehmen, werden mehr und mehr zu einem normalen Arbeitsinstrument. Sie dienen einerseits dazu, die Politik der neun Regierungen besser aufeinander abzustimmen und die politische Zusammenarbeit zu intensivieren, andererseits aber auch der Vorklärung der Möglichkeiten gemeinschaftlicher Initiativen.
    Es ist nicht der Sinn solcher Zusammenkünfte, schon Entscheidungen zu treffen. Was in Paris besprochen worden ist, wird jetzt von den Regierungen geprüft und, wo es um konkrete Vorschläge geht, von den Außenministern und der Kommission der Europäischen Gemeinschaft weiter behandelt werden. Unabhängig davon wird es auch in Zukunft offizielle Treffen der Regierungschefs geben, möglicherweise das nächste noch in diesem Jahr.
    Die Bundesregierung tritt dafür ein, die Einigung auf allen Wegen voranzutreiben. Wir wollen die Gemeinschaft und ihre Organe fördern und ihre Funktionsfähigkeit verbessern. Dabei müssen wir auch dafür sorgen, daß endlich dem Europäischen Parlament die Stellung eingeräumt wird, die ihm zukommt.

    (Beifall)

    Wir wollen die Zusammenarbeit der unabhängig von ihrer Größe gleichberechtigten Mitgliedstaaten vertiefen.
    Die neun EG-Staaten haben in der Europäischen Politischen Zusammenarbeit ein Instrument entwickelt, um ihre außenpolitische Haltung laufend abzustimmen und dort, wo es möglich ist, außenpolitisch gemeinsam zu handeln. Das Zusammenwirken der Europäischen Politischen Zusammenarbeit mit den Organen der Europäischen Gemeinschaft, das zu Beginn mit gewissen Problemen belastet war, ist heute reibungslos und selbstverständlich.
    Das zeigt sich besonders deutlich beim europäisch-arabischen Dialog, der am 31. Juli dieses Jahres durch das Treffen der französischen Präsidentschaft und der EG-Kommission mit Staaten der Arabischen Liga in Paris eingeleitet wurde.
    Das erste und seit etwa drei Jahren erfolgreiche Beispiel der außenpolitischen Gemeinsamkeit der Neun ist die KSZE-Politik. Eine gemeinsame Politik hat es den Neun möglich gemacht, die westliche KSZE-Abstimmung in der NATO und mit den Neutralen maßgeblich zu beeinflussen und die Geschlossenheit der westlichen Haltung sicherzustellen.
    Auch bei der Klärung des Verhältnisses Europa-USA hat die Europäische Politische Zusammenarbeit eine entscheidende Rolle gespielt. Beim 16. EPZ-Ministertreffen am letzten Montag in Paris wurden die nächsten Schritte im europäisch-arabischen Dialog besprochen. Eine Koordinierungsgruppe, deren Aufgabe es ist, die verschiedenen Beiträge der neun Staaten der EPZ und der Organe der Gemeinschaft zu einer gemeinsamen europäischen Außenpolitik in diesem Bereich zu bündeln, wurde eingesetzt.
    Hier ist daran zu erinnern, daß auch im bilateralen Bereich die Wiederanknüpfung unserer Beziehungen zu den arabischen Ländern gerade in den letzten Monaten durch persönliche Begegnungen mit arabischen Politikern sichtbar geworden ist. Das gilt vor allem für die Sitzung der deutsch-ägyptischen Kommission im Juli dieses Jahres und für den Besuch des Generalsekretärs der Arabischen Liga in Bonn. Ich unterstreiche an dieser Stelle den Grundsatz der Ausgewogenheit der deutschen Nahost-Politik im Verhältnis zu Israel und den arabischen Staaten. Diese Politik ist zugleich ein Beitrag zur Stabilisierung im Nahen Osten.
    Zurück zu den Ministerratsberatungen in Paris: Hier war natürlich auch die Lage im östlichen Mittelmeer Gegenstand der Erörterungen. In der Zypern-Krise haben die Neun von Anfang an eine gemeinsame Politik verfolgt und sie in bisher sieben gemeinsamen diplomatischen Schritten oder Erklärungen zum Ausdruck gebracht. Auch am Montag in Paris wurde die gemeinsame Zypern-Politik bestätigt, eine Politik, die auf eine Verhandlungslösung und die Wiederherstellung der Unabhängigkeit und der territorialen Integrität Zyperns gerichtet ist.
    Noch Anfang dieses Jahres, meine Damen und Herren, meinte mancher, der europäische Einigungsprozeß bringe uns in einen Gegensatz zu den Vereinigten Staaten und belaste damit den Zusammenhalt des atlantischen Bündnisses. Auch hier hat sich vieles geändert. Unser deutsches Konzept einer weltoffenen Europäischen Gemeinschaft gewinnt an Boden und damit auch die transatlantische Perspektive. Wer denkt heute noch daran, daß zu Beginn dieses Jahres die Frage etwa der transatlantischen Konsultationen als ein ernsthaftes Problem erschien?
    Deutscher Bundestag —7. Wahlperiode —115. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 18. September 1974 7699
    Bundesminister Genscher
    Es kann nicht genug betont werden - ich wiederhole es deshalb auch hier —, daß das atlantische Bündnis und die amerikanische Präsenz in Europa unerläßliche Voraussetzungen für die Erhaltung unserer und der Sicherheit unserer Verbündeten bleiben.
    Zu diesem Grundsatz haben sich die Mitglieder des Bündnisses in der Deklaration von Ottawa über die atlantischen Beziehungen erneut bekannt. Deutlicher Ausdruck dieses Bekenntnisses ist die gemeinsame Verpflichtung der USA und ihrer Bündnispartner, die Streitkräfte in Europa auf dem erforderlichen Stand zu halten.
    Die Funktionsfähigkeit des Bündnisses beruht ganz wesentlich auf dem guten Einvernehmen zwischen den USA und ihren europäischen Verbündeten. Der wiederholte und gründliche Meinungsaustausch mit dem amerikanischen Außenminister in den letzten Monaten bot Gelegenheit, alle Aspekte unserer Außenpolitik mit der amerikanischen Regierung zu erörtern. Er ist zugleich Ausdruck der besonderen Aufmerksamkeit, die die Bundesregierung den deutsch-amerikanischen Beziehungen widmet. Dei Brief des amerikanischen Präsidenten Ford an den Bundeskanzler, in dem er seinen Wunsch nach Fortsetzung des engen Zusammenwirkens mit der Bundesregierung ausdrückt, bestärkt die Bundesregierung in ihrer Auffassung, daß auch unter der Amtsführung des neuen amerikanischen Präsidenten das vertrauensvolle deutsch-amerikanische Verhältnis in offener und konstruktiver Weise weiterentwickelt wird.
    Es besteht, meine Damen und Herren, kein Zweifel: Der Präsidentenwechsel in Washington hat die Kontinuität der amerikanischen Außenpolitik im atlantischen Bereich und in den bilateralen Beziehungen zu uns in keiner Weise beeinträchtigt.
    Der Bundeskanzler und ich haben die Anregung von Präsident Ford, zu einem Meinungsaustausch nach Washington zu kommen, gern aufgegriffen. Wir werden diesen Plan in naher Zukunft verwirklichen.
    Ich verhehle nicht, daß es innerhalb der Allianz auch Probleme gibt. Das akuteste Problem ist der griechisch-türkische Konflikt. Dennoch kann man feststellen: Ungeachtet der unglücklichen Ereignisse in und um Zypern bleibt das Bündnis in der Lage, seine Aufgabe zu erfüllen. Seine Verteidigungsfähigkeit und seine Verteidigungsbereitschaft bleiben erhalten. Ein Fortschwelen des Konflikts und eine längere Entfremdung dieser beiden gleichermaßen unersetzbaren Bündnispartner würden allerdings eine schwere Belastung für das Bündnis bedeuten und die Gefahr der Verschiebung der Gewichte an der Südostflanke und im östlichen Mittelmeer zuungunsten der NATO in sich bergen. Auch wenn sich die griechische Regierung für ein Verbleiben in der Allianz entschlossen hat, bedauern wir das Ausscheiden Griechenlands aus der militärischen Integration der NATO.
    Die Vorgänge auf Zypern hat die Bundesregierung von Anfang mit großer Aufmerksamkeit und Sorge verfolgt. Sie hat sich immer wieder mit Nachdruck für die Unabhängigkeit, die Souveränität und die territoriale Integrität Zyperns ausgesprochen. Der Bundeskanzler hat das im 20. Juli 1974 in persönlichen Botschaften an die Ministerpräsidenten Griechenlands und der Türkei zum Ausdruck gebracht. Er hat damals eindringlich vor einer weiteren Eskalierung militärischer Maßnahmen gewarnt.
    Die Bundesregierung nutzte und nutzt alle Möglichkeiten des Kontakts zu den Regierungen der uns traditionell verbundenen Länder Griechenland und Türkei, um ihren Einfluß im Sinne der Entspannung der Lage und einer Verhandlungslösung zur Geltung zu bringen. Dazu bot neben den diplomatischen Kontakten der persönliche Meinungsaustausch mit dem griechischen Außenminister und mit dem Vorsitzenden des Außenpolitischen Ausschusses des türkischen Parlaments Gelegenheit.
    Zur Linderung der akuten Flüchtlingsnot auf der Insel hat die Bundesrepublik Deutschland einen Betrag von 3 Millionen DM zur Verfügung gestellt und größere Mengen Lebensmittel und Medikamente nach Zypern gesandt.
    Die unverantwortliche Zypern-Politik des Militärregimes in Athen hat schließlich zu dessen Sturz und zum demokratischen Neubeginn in Griechenland geführt. Die Bundesregierung ist gewillt, diesen Neubeginn nach Kräften zu fördern.

    (Beifall bei allen Fraktionen)

    Der Erfolg der neuen griechischen Regierung bei der Wiederherstellung demokratischer Verhältnisse in Griechenland ist ein Erfolg für die Demokratie in Europa. Auch in diesem Licht ist der Besuch des griechischen Außenministers am 9. und 10. September in Bonn zu sehen.
    Wir haben dabei Schritte vorgeschlagen, die die Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Griechenland und das Verhältnis Griechenlands zu Europa auf eine neue Basis stellen. Wir haben unsere Bereitschaft erklärt, Griechenland noch in diesem Jahr eine Kapitalhilfe von 60 Millionen DM in Form von Warenhilfe aus dem Haushalt des BMZ zuzusagen. Wir haben die griechische Regierung gleichzeitig darüber informiert, daß sich die Bundesregierung in den kommenden beiden Jahren, 1975 und 1976, bemühen werde, bei Vorliegen der haushaltsmäßigen Voraussetzungen und dazu gehört auch die Zustimmung der zuständigen Gremien des Deutschen Bundestages — jeweils 60 Millionen DM als Projekthilfe zur Verfügung zu stellen.
    Wir haben ins 'darüber hinaus bereit erklärt, uns im Kreise der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft und der OECD um eine internationale Aktion zur Stützung der griechischen Zahlungsbilanz zu bemühen und uns daran selbst zu beteiligen. Und wir haben uns schließlich mit Erfolg dafür eingesetzt, daß das Assoziierungsabkommen EG—Griechenland aus dem Jahre 1962 wieder in vollem Umfang 'angewandt und u. a. auch die institutionelle Zusammenarbeit wieder aufgenommen wird.
    Wir haben aber ebenso deutlich zum Ausdruck gebracht, daß die von uns gewünschte und gewollte



    Bundesminister Genscher
    Mitwirkung Griechenlands in Europa seine Mitwirkung in der NATO nicht ersetzen kann.
    Alle Hilfe für Griechenland ist nicht gegen die Türkei gerichtet, einen Bündnispartner, zu dem wir seit langen Jahren ohne Unterbrechung freundschaftliche und enge Beziehungen unterhalten. An diesen bewährten Beziehungen halten wir weiterhin fest. Wir sehen in der Ausgewogenheit der Beziehungen zu beiden Partnern einen Beitrag zur Stabilisierung der Lage in dieser unruhigen Region.
    Auch in Portugal haben sich in den letzten Monaten politische Veränderungen von großer Tragweite ergeben. Wir wollen nach Kräften die von der neuen Regierung dieses Landes eingeleitete Entwicklung zur Demokratie und gleichzeitig in Richtung auf Europa unterstützen. Wir würdigen die Entschlossenheit und den Mut, mit dem die portugiesische Regierung den gewiß nicht schmerzlosen Prozeß der Trennung von Überseegebieten in Angriff nimmt, die jahrhundertelang mit Portugal verbunden waren. Wir sind gewillt, Portugal auf seinem Weg zu unterstützen, sowohl bilateral als auch im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft und des westlichen Bündnisses. Die Bundesregierung hat die neue Republik Guinea-Bissau am gleichen Tag wie die anderen EG-Staaten anerkannt. Wir treten dafür ein, daß für die anderen betroffenen portugiesischen Territorien Wege gefunden werden, die einen reibungslosen und einvernehmlichen Übergang der Regierungsgewalt auf afrikanische Regierungen ermöglichen, ohne wirtschaftliches und soziales Potential zu zerstören.

    (Beifall bei der SPD und FDP)

    Meine Damen und Herren, auch für ,die Politik gegenüber Osteuropa gilt für die Bundesregierung der Grundsatz der Kontinuität. Die Bundesregierung setzt daher die Politik des Ausgleichs mit den Ländern Osteuropas zielstrebig fort. Mit dem Inkrafttreten des Vertrages mit der CSSR ist die tragende Konstruktion unserer Beziehungen zu den sozialistischen Staaten vollendet worden. Die Bundesregierung betrachtet es als eine bedeutende, den Interessen der Bundesrepublik Deutschland gemäße Aufgabe, auf dieser Grundlage das Verhältnis zu den Staaten Osteuropas zum Nutzen der Beteiligten und im Interesse der Friedenssicherung weiterzuentwickeln und dabei die noch offenen Probleme einer Regelung zuzuführen. Das gilt auch für das Gespräch mit der Volksrepublik Polen, bei dem bekanntlich humanitäre Fragen eine besondere Rolle spielen.
    Die Bundesregierung ist sich durchaus der Unterschiede der politischen Systeme und der sich daraus ergebenden Unterschiede der Auffassungen zu wesentlichen Fragen bewußt. Sie ist aber auch überzeugt, daß das Feld, wo unsere Interessen mit denjenigen der Staaten des Ostens in Ausgleich und auch in Übereinstimmung gebracht werden können, noch nicht in allen Teilen mit der notwendigen Gründlichkeit geprüft und definiert worden ist. Hier bestehen noch große Möglichkeiten. Sie zu realisieren, erfordert guten Willen und Anstrengungen bei allen Beteiligten.
    Wir sind für unseren Teil bereit, uns diesen Anstrengungen zu unterziehen. In diesem Sinne hat die Bundesregierung von Anfang an dem Meinungsaustausch mit den Ländern Osteuropas und dem politischen Dialog mit den führenden Persönlichkeiten dieser Länder außerordentliche Bedeutung beigemessen. Die Gespräche, die bei dem Besuch des jugoslawischen Staatspräsidenten Tito und bei dem Besuch des tschechoslowakischen Außenministers geführt wurden, haben erneut die Nützlichkeit solcher Begegnungen bestätigt.
    In besonderem Maße gilt das für das Gespräch, das ,der Bundeskanzler in diesen Tagen mit dem sowjetischen Außenminister führte, und für die Konsultationen, die ich mit Herrn Gromyko hatte. Die Erörterungen mit dem sowjetischen Außenminister haben durch den Freimut, mit dem auch schwierige Probleme in erfreulich guter Atmosphäre behandelt wurden, die Fortschritte in den Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion erwiesen.
    Diese Gespräche befaßten sich mit Fragen der KSZE, der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, internationalen Fragen gemeinsamen Interesses sowie mit den Auswirkungen des Viermächteabkommens über Berlin auf die bilateralen Beziehungen und mit humanitären Fragen. Ich habe dabei die seit dem Besuch von Generalsekretär Breschnew gleichbleibend gestiegene Zahl von Ausreisen Deutschstämmiger aus der Sowjetunion besonders begrüßt.
    Besonders intensiv erörterten wir die Teilnahme Berlins und der Berliner an Austauschvorhaben mit der Sowjetunion auf den verschiedensten Gebieten. Das hat für beide Seite klärend gewirkt und zu dem Einvernehmen geführt, darüber in erneute Expertengespräche einzutreten.
    Die für Oktober vorgesehene Sitzung der deutschsowjetischen Wirtschaftskommission in Moskau wird die Gelegenheit bieten, insbesondere im Bereich der wirtschaftlichen Kooperation die günstige Entwicklung fortzuführen und zu vertiefen, die wir in den wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion mit Genugtuung feststellen können. Unser Handel mit der Sowjetunion ist im ersten Halbjahr 1974 gegenüber dem gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres um fast zwei Drittel gewachsen.
    Eine besondere Bedeutung in der Gestaltung der Beziehungen zur Sowjetunion wird die Reise des Bundeskanzlers nach Moskau haben, die für die Zeit vom 28. Oktober bis 31. Oktober vorgesehen ist.
    Insgesamt sieht sich die Bundesregierung in der Lage, eine weitere positive Tendenz in den Beziehungen zu Osteuropa festzustellen. Dabei kann jedoch nicht übersehen werden, daß die Teilnahme Berlins am Austausch mit der Sowjetunion und den anderen Ländern Osteuropas, wie ich schon erwähnt habe, noch immer Probleme aufwirft.

    (Dr. Carstens [Fehmarn] [CDU/CSU] : Sehr richtig!)




    Bundesminister Genscher
    In diesem Zusammenhang machen wir erneut deutlich, daß die Entwicklung der Bindungen zwischen Berlin und der Bundesrepublik Deutschland eine unabdingbare Voraussetzungen der Lebensfähigkeit der Stadt und ihrer positiven Zukunftsperspektiven ist.

    (Beifall)

    Für uns ist das eine Frage von vitalem deutschen Interesse.

    (Dr. Mertes [Gerolstein] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

    Die Bundesregierung ist der Überzeugung, daß das Viermächteabkommen über Berlin ausreichende Möglichkeiten bietet, den Interessen der Stadt und ihrer Bewohner Rechnung zu tragen. Es erlaubt, die Bindungen zwischen Berlin (West) und der Bundesrepublik Deutschland zu entwickeln.
    Die Bundesregierung hält es für selbstverständlich, daß die volle Anwendung des Abkommens von der strikten Einhaltung seiner Bestimmungen nicht zu trennen ist. Wir übersehen dabei auch nicht die Aussage des Abkommens, daß Berlin (West) kein konstitutiver Teil der Bundesrepublik Deutschland ist.
    Gleichermaßen selbstverständlich ist für uns die engste Abstimmung mit den drei Mächten, die in Berlin (West) die oberste Gewalt ausüben und entsprechende Verantwortung tragen. Ich möchte unterstreichen, daß diese vertrauensvolle Abstimmung sich gerade in den letzten Wochen und Monaten bewährt hat.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)

    Sie hat sich in dieser Zeit ebenso bewährt wie das Viermächteabkommen.
    Die Bundesregierung sieht in der Art und Weise, wie die im Viermächteabkommen angelegten Möglichkeiten zur Wirkung gebracht werden, einen Gradmesser dafür, was die Entspannung im Zentrum Europas zu leisten vermag. Ich wiederhole, was Bundeskanzler Brandt seinerzeit dazu gesagt hat:
    Die bilateralen Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sowjetunion
    können nicht besser sein als die Lage in Berlin.
    Mit Befriedigung stellen wir fest, daß auch unsere Verbündeten im Kommuniqué des Außenministertreffens der NATO von Ottawa im Juni dieses Jahres die Bedeutung des vollen Funktionierens des Viermächteabkommens für den Entspannungsprozeß allgemein hervorgehoben haben. In diesem Kommuniqué heißt es:
    In bezug auf Berlin erörterten die Minister die weiteren bei der Anwendung des Viermächteabkommens vom 3. September 1971 gewonnenen Erfahrungen. Dabei heben sie die wesentliche Bedeutung der Bestimmungen dieses Abkommens hervor, nach denen der Verkehr zwischen den Westsektoren Berlins und der Bundesrepublik Deutschland unbehindert sein wird. Die Minister bekräftigen ihre Überzeugung, daß Fortschritte auf dem Weg zur Entspannung in Europa untrennbar mit der strikten Einhaltung
    und vollen Anwendung des Berlinabkommens verbunden ist.
    Auch multilateral werden die Bemühungen um eine Verbesserung der West-Ost-Beziehungen fortgesetzt. Die Bundesregierung erkennt die hervorgehobene Rolle an, die die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in diesem Zusammenhang spielt. Die Konferenz hat einige bemerkenswerte Fortschritte erzielen können, bevor sie Ende Juli eine Sommerpause einlegte. Die Verhandlungen sind zu Beginn dieses Monats wiederaufgenommen worden. Die Bundesregierung wird dort wie bisher das Ihre tun, um zu einem zügigen Fortschreiten beizutragen. Sie hofft, daß bei gutem Willen aller Beteiligten in nicht ferner Zeit das ausgewogene, für alle akzeptable Ergebnis erreicht werden kann, das sie anstrebt. Die Bundesregierung sieht aber auch, daß sich bei einigen wichtigen Problemen befriedigende Lösungen noch nicht mit der Deutlichkeit abzeichnen, die eine wirklich verläßliche Voraussage über den Abschluß der Konferenz erlauben würde. Hier wird es noch gründlicher, energischer und erforderlichenfalls auch geduldiger Arbeit bedürfen.
    Die Bundesregierung wird bei ihrer Antwort auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU Gelegenheit haben, auf die Konferenz, auf ihre Aufgaben, Methoden und Probleme wie auch auf den erreichten Stand ausführlich einzugehen. Sie wird diese Antwort in Kürze vorlegen.
    Die Bundesregierung hofft, daß es bei den ebenso wichtigen wie schwierigen MBFR-Verhandlungen in Wien gelingt, ein stabileres militärisches Kräfteverhältnis in Mitteleuropa zu schaffen und damit einen Beitrag zum Spannungsabbau und zur Sicherung des Friedens insgesamt zu leisten. Für die Bundesregierung ist die Solidarität des nordatlantischen Bündnisses Grundlage dieser Verhandlungen. Wir legen größten Wert darauf, daß in diesen Verhandlungen nichts geschieht, was sich negativ auf den Bündniszusammenhalt oder auf den europäischen Einigungsprozeß auswirken könnte. Aus dieser Verantwortung heraus hat die Bundesregierung frühzeitig klargemacht, daß für sie keine MBFR-Vereinbarungen in Frage kommen, die auf eine Sonderbehandlung der Bundesrepublik Deutschland oder auf die Schaffung unerwünschter sicherheitspolitischer Einflußmöglichkeiten in Westeuropa hinauslaufen würden.
    Die Bundesrepublik Deutschland wird im kommenden Jahr im Genfer Abrüstungsausschuß mitwirken. Sie wird alles in ihren Kräften Stehende tun, um den Bemühungen um Rüstungskontrolle und Abrüstung neue Impulse zu geben. Über die Langwierigkeit des Prozesses geben wir uns keinen Illusionen hin.
    Die Bundesrepublik Deutschland hält an der Politik der Nichtverbreitung von Kernwaffen fest, um die Gefahr eines Nuklearkonflikts einzugrenzen. Jüngste Ereignisse auf diesem Gebiet gefährden das Ziel der Nichtverbreitung nuklearer Waffen. Die Bundesregierung hat die Absicht, an der Konferenz zur Überprüfung des Nichtverbreitungsvertrages



    Bundesminister Genscher
    teilzunehmen. Sie wird sich weiterhin für die Universalität der Nichtverbreitungspolitik einsetzen.
    Die Entwicklung der Energie- und Rohstoffpreise in den vergangenen zwölf Monaten hat zu einer Verschiebung der wirtschaftlichen Gewichte in der Welt geführt, denen die Bundesregierung Rechnung tragen muß. Wir übersehen dabei nicht, wie hart von der jüngsten weltwirtschaftlichen Entwicklung gerade die Entwicklungsländer betroffen sind, die nicht über Rohstoffe und Energiequellen verfügen. Die Gespräche mit dem Premierminister von Sri Lanka, Frau Bandaranaike und mit den Außenministern von Ruanda und Bangladesch haben das noch einmal deutlich gemacht. Die Bundesregierung stellt sich ihrer Verantwortung auch durch die Bereitschaft der Europäischen Gemeinschaft, an dem Sonderprogramm der Vereinten Nationen mitzuwirken.
    Meine Damen und Herren, der Beitritt unseres Landes zu den Vereinten Nationen vor genau einem Jahr, am 18. September 1973, hat die Möglichkeiten unseres außenpolitischen Handelns erweitert. Wir haben davon Gebrauch gemacht. Auf den großen Konferenzen dieses Jahres, die durch die Vereinten Nationen organisiert worden sind, nämlich auf der Rohstoffsondergeneralversammlung, der Seerechtskonferenz und der Weltbevölkerungskonferenz, haben wir uns konsequent dafür eingesetzt, die immer deutlicher werdenden Gegensätze zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländer abzubauen und statt dessen zu einem Interessenausgleich zu gelangen. Unter diesem Zeichen wird auch meine Erklärung stehen, die ich Anfang nächster Woche vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York abgeben werde.
    Meine Damen und Herren, Bericht und Stellungnahme der Bundesregierung zu den außenpolitischen Ereignissen der letzten Monate unterstreichen, was das Bekenntnis der Bundesregierung zur Kontinuität der deutschen Außenpolitik bedeutet. Es bedeutet erstens: wir wollen den europäischen Einigungsprozeß vorantreiben, zweitens: wir wollen das Bündnis, das unsere Sicherheit garantiert, festigen, drittens: wir wollen die Politik der Entspannung mit unseren östlichen Nachbarn zielbewußt fortsetzen. Wir wissen dabei, daß keines dieser drei Ziele unsere Aufmerksamkeit von den Problemen der Dritten Welt, die auch unsere Probleme sind, ablenken darf.
    Für diese Außenpolitik erbitten wir die Unterstützung des Hohen Hauses.

    (Beifall bei der SPD und der FDP)