Rede von
Horst
Haase
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(SPD)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die heutige Verabschiedung dieses Gesetzes ist natürlich Anlaß, zu sehen, daß wir ein Wirtschaftsförderungsgesetz machen, das deshalb notwendig wurde, weil die Länder — jedenfalls bis jetzt — ihrer kulturpolitischen Aufgabe, eine kulturpolitische Förderung des Filmes zu betreiben, noch nicht voll nachgekommen sind. Das muß man hier deshalb einmal klarstellen, weil das natürlich auch ein Kriterium für die Beurteilung ist, die der Bundesrat dann diesem Vorschlag, den wir ihm jetzt zuleiten müssen, wird zuteil werden lassen. Man kann also schlecht, Herr Waigel, damit drohen, daß der Bundesrat nun auch noch dieses Gesetz zu Fall bringen werde; denn dann muß man natürlich fragen: Ist der Bundesrat überhaupt für Filmförderung? Ich meine, daß das eine sehr schlechte Optik wäre. Wir sehen der Entscheidung des Bundesrates sehr gelassen entgegen.
Wir hoffen allerdings, daß dieses Gesetz, das ja einen Übergang von nur fünf Jahren hat, Gelegenheit gibt, in diesem Zeitraum dafür Sorge zu tragen, daß sich Bund und Länder zu einer einvernehmlichen Förderung durchringen können, die dann auch neben- der sehr massiven Förderung, die in anderen EG-Ländern vorhanden ist, Bestand haben kann.
Die von Ihnen hier vorgetragenen Änderungsanträge sind unserer Meinung nach nicht förderlich, und sie sind auch nicht in sich schlüssig. Die Erweiterung des Verwaltungsrates durch gesellschaftlich
relevante Gruppen erscheint uns dringend geboten. Es wurde hier schon durch Zwischenrufe angedeutet, daß man gerade aus diesem Bereich eine Fülle von neuen Anregungen erwartet. Wir werden sehen, wie der neue Verwaltungsrat arbeitet. Aber die Begrenzung des Verwaltungsrates auf 29 Mitglieder — wie bisher — ist natürlich kein ehernes Gesetz. Ob 29 oder 33, das ist nicht die entscheidende Frage, sondern es scheint uns viel wesentlicher zu sein, ob die vier Mitglieder mehr für eine Belebung im Bereich der Ideen und der Wirksamkeit dieses Verwaltungsrats sehr entscheidend sein werden. Wir nehmen an, daß das so sein wird.
Herr Waigel, ich verstehe Ihre Befürchtungen, die darauf beruhen, daß die Formulierung, die bisher gegolten hat und nach der fünf Abgeordnete des Deutschen Bundestages im Verwaltungsrat Sitz und Stimme haben sollen, nun dahin gehend geändert wurde, daß diese Mitglieder vom Deutschen Bundestag gewählt werden können, also nicht Abgeordnete sein müsse n. Ich verstehe Ihre Befürchtungen, die vielleicht persönlicher Art sind — ich weiß nicht, ob Ihre Fraktion dann noch bereit sein wird, Abgeordnete aus Ihrem Bereich zu entsenden —, aber das liegt im freien Ermessen Ihrer Fraktion. Sie kann ja wie bisher zwei tüchtige Vertreter in den Verwaltungsrat schicken. Ob das jede Fraktion machen wird, soll man denen überlassen, die darüber zu entscheiden haben. Wir wollten hiermit nur die Möglichkeit schaffen, daß auch andere vom Deutschen Bundestag in diesen Verwaltungsrat geschickt werden können.
Zur Fernsehabgabe zwei Aspekte! Es gab bisher ein scharfes Konkurrenzverhalten zwischen Fernsehen und Filmwirtschaft, und zwar ein bißchen zu Lasten der Filmwirtschaft, wie wir alle aus den rückgängigen Besucherziffern gemerkt haben, die die Kinos aufzuweisen haben. Wir meinen, daß es wünschenswert ist, zu einer Koordinierung und zu einem kooperativen Verhalten dieser beiden Medien zu kommen. Das kann man sicher nicht dadurch erreichen, daß man neue Rechtsstreitigkeiten provoziert und damit eine Verhärtung des Klimas eintreten läßt. Das ist ein sehr wesentlicher Grund dafür, daß wir einem Abkommen, das außerhalb dieses Gesetzes beschlossen werden soll, den Vorzug geben. Das Fernsehen sollte sich in der Tat an der Finanzierung, an der Aufbringung der Mittel, die für die Filmförderung notwendig sind, beteiligen. Daß das zu geschehen hat, wissen Sie genauso gut wie wir .
Im Verlauf der nächsten fünf Jahre werden wir sehen können, wie sich die Zusammenarbeit einspielen wird, ob sie sinnvoll und förderlich sein wird oder ob man andere Wege gehen muß. Aber die Möglichkeit dazu sollten wir nicht von vornherein dadurch verbauen, daß wir jetzt eine gesetzliche Regelung schaffen. Sie meinen, daß man sie dann in dritter Lesung für verzichtbar erklären kann. So etwas sollte dieses Haus nicht machen.
Sie haben gesagt, daß bei diesem Filmförderungsgesetz eine linke Tendenz deutlich sei. Dazu muß ich folgendes sagen. Ich habe — wenn Sie das mit links und rechts bezeichnen wollen — gerade aus
4386 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 71. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 13. Dezember 1973
Haase
dieser Ecke auch eine Anzahl von kritischen Stimmen gehört, die mit diesem Gesetz gar nicht einverstanden waren. Das spricht eigentlich nur dafür, daß wir, Herr Waigel, kein politisches Gesetz gemacht haben. Das muß man festhalten. Wir bemühen uns, mit diesem Gesetz ein Gesetz für die Filmwirtschaft, für die Filmförderung zu machen, nicht ein Gesetz mit Tendenzen. Und das wollen Sie hier bitte auch nicht so darstellen; denn das wäre, glaube ich, eine schlechte Sache und eine schlechte Optik.
Wir wissen aber auch — lassen Sie mich das sagen —, daß es vom „Großen Fressen" über den „Schulmädchen-Report" und andere Reporte, die etwa noch kommen, bis zum Schlüsselloch und ähnliche Dinge eine breite Skala von Filmthemen und -inhalten gibt. Alle diese Filme haben eines gemeinsam: sie sind Produkte der Filmwirtschaft, sie sind Filmstreifen mit Tonbandbegleitung. Auch im Rahmen eines solchen Wirtschaftsgesetzes sollten wir nicht die Herstellung jeder Produktion fördern, sondern sollten ein Mindestmaß an Qualität voraussetzen. Deshalb meine wir, daß vor allen Dingen die Bewertungskriterien — sowohl im organisatorischen wie im formellen Bereich wichtig sind. Auch von der organisatorischen Form der Projektförderung versprechen wir uns eine Qualitätsverbesserung des Films. Ebenso kann die Kooperation zwischen Fernsehen und Film zu einer Verbesserung der Filmqualität führen. Ein Anreiz für junge Regisseure und Drehbuchautoren liegt auch darin, nicht immer nur auf das Einspielergebnis achten zu müssen. Deshalb in § 8 der Abs. 2 a mit den 12,5 %, dem ja auch Sie zugestimmt haben. Schließlich drückt sich das auch in unserer Diktion aus, daß in Zukunft der gute Film ein Bewertungsmaßstab sein soll. Wir meinen, daß das auch im Rahmen eines Wirtschaftsförderungsgesetzes durchaus möglich ist.
Zur Zensur sage ich ganz klar nein; keine „Aktion saubere Leinwand" über diese Hintertür — darüber sind wir uns klar , doch auch keine Förderung von Porno und Gewaltkriminalität so nach dem Motto, wie man es übrigens jetzt auch schon im Fernsehen zu sehen bekommt, daß man etwa Krokodile dadurch angelt, daß man kleine Kinder in die Flüsse wirft. Das gibt es also nicht nur beim Film. Ich wollte nur sagen, daß so etwas sicher nicht darunter zu verstehen ist. Die FFA hat bisher eine gute Spruchpraxis gehabt. Wir meinen, daß sie sie auch in Zukunft an den neuen Kriterien entwickeln wird. Wir trauen ihr das durchaus zu und haben Grund zu der Annahme, daß dieses Vertrauen berechtigt ist.
Lassen Sie mich abschließend sagen, daß die von Ihnen gestellten Anträge uns nicht weiterführen können. Was den Antrag zu § 15 Abs. 2 — Abgabe des Fernsehens an die FFA — angeht, so ist er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt: falls darauf nicht verzichtet werden kann. Das ist keine konsequente Haltung. Insoweit können wir auch nicht sagen, Herr Kollege Waigel, daß das, was Sie hier vorgetragen haben, ernsthaft zu prüfen ist. Es ist eigentlich nur ein Verfahrensvorschlag, der über die dritte Lesung nicht hinausgehen wird und wohl auch nur so zu verstehen war. Zu den anderen Anträgen habe ich bereits gesagt, was wir davon halten.
Unser eigener Ergänzungsantrag, der Ihnen auch vorliegt, beinhaltet eine statistische Erhebung im Bereich der Filmwirtschaft. Wir meinen, daß das für neue Förderungsgesetze hilfreich sein kann, die nach dem Zeitpunkt des Auslaufens dieses Gesetzes zur Diskussion stehen. Wir meinen auch, daß das für die Filmwirtschaft selbst hilfreich sein kann, und wir meinen schließlich, daß die Öffentlichkeit einen Anspruch darauf hat, zu erfahren, was sich in dieser Branche tut und wie sie sich entwickelt.
Meine Damen und Herren, wir schaffen mit diesem Gesetz sicher kein Jahrhundertgesetz. Das ergibt sich schon aus der zeitlichen Begrenzung, das ergibt sich sicher auch aus dem Inhalt. Wir meinen aber, daß es immerhin eine Verbesserung gegenüber dem ist, was wir bisher hatten. In Anbetracht der schwierigen Situation des Bundes, der nur ein Wirtschaftsförderungsgesetz macht, handelt es sich hier um eine klare und deutliche Sache. Wir von den Koalitionsfraktionen meinen, man kann diese Gesetzesnovelle zusammen mit den Änderungsanträgen, die wir dazu gestellt haben, und unter Ablehnung der Anträge der CDU/CSU-Fraktion beschließen.