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    Deutscher Bundestag 45. Sitzung Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1973 (Haushaltsgesetz 1973) (Drucksachen 7/250, 7/599); Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses — Fortsetzung der zweiten Beratung — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksache 7/728) Grobecker (SPD) . . . . . . . . 2561 B Dr. Jenninger (CDU/CSU) . . . . 2562 C Haehser (SPD) . . . . . . • . 2570 A Hoppe (FDP) . . . . . . . . . 2574 D Schmidt, Bundesminister (BMF) . . 2576 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksachen 7/729, 7/760) Röhner (CDU/CSU) 2579 A Kulawig (SPD) 2579 D Dr. Erhard (CDU/CSU) 2581 D Dr. Arndt (Berlin) (SPD) . . . . 2587 B Dr. Graf Lambsdorff (FDP) . . . 2594 B Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache 7/730) Röhner (CDU/CSU) . . . 2607 A, 2620 C Löffler (SPD) . . . . . 2610 A, 2622 A Gallus (FDP) . . . . . . . . . 2612 D Ertl, Bundesminister (BML) . . . . 2616 D Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) 2621 A Ronneburger (FDP) 2622 C Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksache 7/732) Müller (Nordenham) (SPD) 2623 A, 2627 C, 2640 C Schulte (Schwäbisch Gmünd) (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2625 B Ollesch (FDP) . . . . . . . . . 2630 C Dr. Lauritzen, Bundesminister (BMV) 2633 A Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 2637 C Engelhard (FDP) 2639 B Schmitt (Lockweiler) (CDU/CSU) . 2640 A Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit (Drucksache 7/735) Carstens (Emstek) (CDU/CSU) . . . 2641 B Dr. Sperling (SPD) 2642 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksache 7/738) Esters (SPD) 2644 C Picard (CDU/CSU) 2645 D Dr. Holtz (SPD) . . . . . . . 2646 D Zywietz (FDP) 2649 C Dr. Todenhöfer (CDU/CSU) . . . 2651 D Dr. Eppler, Bundesminister (BMZ) . 2655 A II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksache 7/739) Simpfendörfer (SPD) . . 2655 C, 2658 B Niegel (CDU/CSU) . . . . . . . 2657 C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie (Drucksache 7/741) Dr. Ehmke, Bundesminister (BMFT/BMP) . . . . . . . . 2659 B Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . . 2659 B Dr. von Bülow (SPD) . . . . . . 2660 A Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft (Drucksachen 7/742, 7/791) Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 2660 C Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 7/743) Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 2661 A Blank (SPD) 2661 B Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 7/747) Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 2662 B Haehser (SPD) . . . . . . . . 2663 C Haushaltsgesetz 1973 (Drucksachen 7/748, 7/761) Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 2664 D Hoppe (FDP) 2665 D Fragestunde (Drucksache 7/769) Fragen A 55 und 56 des Abg. Gerlach (Obernau) (CDU/CSU) : Qualifikation und Funktion des Staatssekretärs Gaus Ravens, Parl. Staatssekretär (BK) . 2599 C, D, 2600 A, B, C Gerlach (Obernau) (CDU/CSU) . . 2599 C, D, 2600 B, C Wischnewski (SPD) 2600 A Frage A 12 des Abg. Dr. Hupka (CDU/CSU) : Einführung deutscher Sprachkurse für Aussiedler durch die ARD Baum, Parl. Staatssekretär (BMI) . . 2600 D, 2601 A, B Dr. Hupka (CDU/CSU) 2601 A Frage A 43 der Abg. Frau Dr. Riedel-Martiny (SPD) : Frühstück der Schulkinder und Subventionierung der Schulmilch Westphal, Parl. Staatssekretär (BMJFG) . . . . 2601 B, C, D, 2602 A Frau Dr. Riedel-Martiny (SPD) . . 2601 B, C, 2602 A Frage A 42 des Abg. Freiherr von Fircks (CDU/CSU) : Übernahme der Kosten für den Förderschulbesuch jugendlicher Spätaussiedler Westphal, Parl. Staatssekretär (BMJFG) . . . . . 2602 A, C, 2603 A Freiherr von Fircks (CDU/CSU) . 2602 C, D, 2603 A Dr. Hupka (CDU/CSU) 2603 A Frage A 5 des Abg. Scheu (SPD) : Meldungen über ein Schulungszentrum der Aktion Neue Rechte Baum, Parl. Staatssekretär (BMI) . 2603 B, C Fragen A 8 und 9 des Abg. Egert (SPD) : Anteil der Umweltforschung am Forschungsprogramm der Bundesregierung, spezielle Gebiete der Forschungsvorhaben und Abstimmung mit den Forschungsvorhaben der Universitäten Baum, Parl. Staatssekretär (BMI) . . 2603 D, 2604 B Egert (SPD) . . . . 2604 A Frage A 44 des Abg. Lambinus (SPD) : Sicherheitsgurte in Mietfahrzeugen für Selbstfahrer Haar, Parl. Staatssekretär (BMV) . . 2604 C Fragen A 47 und 48 des Abg. Vahlberg (SPD) : Förderung der marktnahen Entwicklung auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung Dr. Hauff, Parl. Staatssekretär (BMFT/BMP) . . . . 2604 D, 2605 A Frage A 52 des Abg. Engholm (SPD) : Vergabe öffentlicher Mittel für die berufliche Bildung Zander, Parl. Staatssekretär (BMBW) 2605 B, C, D Engholm (SPD) . . . . . . . . 2605 C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 III Frage A 51 der Abg. Frau Meermann (SPD) : Französischunterricht Zander, Parl. Staatssekretär (BMBW) 2605 D, 2606 A Frau Meermann (SPD) . . . . . . 2606 A Frage A 54 des Abg. Ziegler (CDU/CSU) : Kriterien für die Gewährung bezahlten Bildungsurlaubs Zander, Parl. Staatssekretär (BMBW) 2606 B, C Ziegler (CDU/CSU) . . . . . . 2606 B, C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 2666 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 2667* A Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Fragen A 1 und 2 — Drucksache 7/769 — des Abg. Wohlrabe (CDU/ CSU) betr. Meldungen über die Eingliederung des RIAS in den Sender Freies Berlin — Unterstützung des RIAS durch die Bundesregierung 2667* C Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum (BMI) auf die Fragen A 3 und 4 — Drucksache 7/769 — des Abg. Walther (SPD) betr. Unterbringung des Bundesgrenzschutzes auf dem Flughafen Frankfurt und Dauer des Einsatzes . . . . . . . 2667* D Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum (BMI) auf die Frage A 6 — Drucksache 7/769 — des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. Folgerungen der Bundesregierung aus dem Gutachten der Sachverständigenkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts . . . 2668* B Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum (BMI) auf die Frage A 7 — Drucksache 7/769 — des Abg. Freiherr von Fircks (CDU/CSU) betr. Meldungen über den in der Grenzkommission zu vereinbarenden Austausch von Grundbüchern und Grundakten, aus denen sich die Besitzverhältnisse von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland an Grundstücken und Vermögenswerten in der „DDR" ergeben 2668* C Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum (BMI) auf die Fragen A 10 und 11 —Drucksache 7/769 — des Abg. Büchner (Speyer) (SPD) betr. Bundeszuschüsse aus Sportförderungsmitteln für die Errichtung von Verwaltungsbauten . . . . . . 2668* D Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan) (BMVg) auf die Frage A 33 — Drucksache 7/769 — des Abg. Dr. Klepsch (CDU/ CSU) betr. Pflichtlektüre für Angehörige der NVA 2669* B Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Frage A 39 — Drucksache 7/769 — des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. Bekanntmachung der Mutationen bewirkenden Substanzen 2669* C Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Fragen A 40 und 41 — Drucksache 7/769 — des Abg. Dr. Nölling (SPD) betr. Gründung eines schifffahrtsmedizinischen Instituts 2670* A Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage A 45 — Drucksache 7/769 — des Abg. Milz (CDU/CSU) betr Auswirkungen der Kanalisierung der Saar auf die Saarwirtschaft 2670* C Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage A 46 — Drucksache 7/769 — des Abg. Evers (CDU/CSU) betr. Neuorganisation der Wasserstraßenverwaltung in Baden-Württemberg . . . . 2670* D Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander (BMBW) auf die Frage A 53 — Drucksache 7/769 — des Abg. Dr. Evers (CDU/ CSU) betr. Anerkennung im Ausland abgelegter Reifeprüfungen 2671* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 2561 45. Sitzung Bonn, den 19. Juni 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Dr. Ahrens *** 23. 6. Dr. Aigner * 19. 6. Alber *** 23. 6. Dr. Artzinger* 20. 6. Amrehn *** 23. 6. Dr. Bangemann * 20. 6. Dr. Barzel 22. 6. Behrendt * 20. 6. Blumenfeld 19. 6. Frau von Bothmer *** 23. 6. Büchner (Speyer) *** 23. 6. Coppik 20. 6. Dr. Corterier * 20. 6. Dr. Dregger *** 23. 6. Dr. Enders *** 23. 6. Fellermaier * 21. 6. Flämig * 21. 6. Gerlach (Emsland) * 20. 6. Dr. Geßner *** 23. 6. Gewandt 20. 6. Dr. Gölter *** 23. 6. Dr. Holtz *** 23. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 20. 6. Kahn-Ackermann *** 23. 6. Dr. Kempfler *** 23. 6. Dr. Klepsch *** 23. 6. Dr. Kliesing *** 23. 6. Koblitz 20. 6. Lautenschlager * 20. 6. Leicht 20. 6. Lemmrich *** 23. 6. Lenzer *** 23. 6. Liedtke 20. 6. Marquardt *** 23. 6. Dr. Martin 20. 6. Memmel * 22. 6. Dr. Mende*** 23. 6. Dr. Müller (München) *** 23. 6. Opitz 20. 6. Frau Dr. Orth 20. 6. Pawelczyk *** 23. 6. Richter *** 23. 6. Dr. Schöfberger 20. 6. Dr. Schwencke *** 23. 6. Dr. Schwörer * 20. 6. Sieglerschmidt *** 23. 6. Dr. Frh. v. Spies 20. 6. Dr. Stark (Nürtingen) 20. 6. Dr. Starke (Franken) * 20. 6. Strauß 20. 6. Dr. Vohrer *** 23. 6. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments *** Für die Teilnahme an Sitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Walkhoff * 20. 6. Frau Dr. Walz * 19. 6. Wende 20. 6. Wiefel 20. 6. Frau Dr. Wolf *** 23. 6. Würtz 20. 6. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 18. Juni 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Wohlrabe (CDU/CSU) (Drucksache 7/769 Fragen A 1 und 2) : Treffen Meldungen zu, daß der RIAS in spätestens zwei Jahren dem Sender Freies Berlin eingegliedert werden soll? Ist die Bundesregierung bereit, dem RIAS Berlin auch in Zukunft jegliche Unterstützung zukommen zu lassen, damit der RIAS seine vielfältigen Informationsaufgaben insbesondere für die Bevölkerung Berlins und die der DDR wahrnehmen kann? Zu Frage A 1: Auf die Frage des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Cantzler habe ich bereits am 31. 7. 1972 mitgeteilt, daß die Überführung des Senders RIAS in den Sender Freies Berlin durch die Bundesregierung weder erörtert noch geplant ist. An dieser Aussage hat sich nichts geändert. Zu Frage A 2: Die Bundesregierung ist dazu im Rahmen des Erforderlichen bereit. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum vom 19. Juni 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Walther (SPD) (Drucksache 7/769 Fragen A 3 und 4) : Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um die auf dem Flughafen Frankfurt am Main eingesetzten Angehörigen des Bundesgrenzschutzes ordnungsgemäß unterzubringen, um sie vor allem gegen den Dauerlärm des Flughafens abzuschirmen? Für wie lange schätzt die Bundesregierung noch die Dauer des Einsatzes von Angehörigen des Bundesgrenzschutzes auf dem Flughafen Frankfurt am Main? Zu Frage A 3: Auf dem Flughafen Frankfurt/Main sind z. Z. ständig 88 BGS-Beamte im Sicherheitsdienst eingesetzt, die im wöchentlichen Turnus aus ihren Standorten abgestellt werden. Nachdem sie zunächst mangels anderer Unterbringungsmöglichkeiten nur in behelfsmäßig hergerichteten Räumen untergebracht waren, konnten seit Februar d. J. zwei ehemalige Bürogebäude auf dem Flugplatz zur Verfügung gestellt werden. Diese wurden vorher als Unterkunfts- 2668* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 gebäude mit einem Kostenaufwand von ca. 400 000 DM entsprechend hergerichtet. Wenn sie auch den allgemeinen Anforderungen entsprechen, so sind die darin untergebrachten Beamten wegen der Leichtbauweise dieser Gebäude den Lärmeinwirkungen des Flugplatzes, die vor allem von vor dem Gebäude liegenden Stand- und Ladepositionen der Nachtfrachtmaschinen herrühren, besonders ausgesetzt. Aufgrund von Bemühungen der zuständigen BGS-Verwaltung werden jedoch durch die Frankfurter Flughafen-AG z. Z. Baumaßnahmen durchgeführt, um diese Standpositionen an eine andere Stelle des Flugplatzes zu verlegen. In Kürze ist daher eine wesentliche Verringerung der Lärmeinwirkungen, die sich auf Start- und Landegeräusche reduzieren werden, zu erwarten. Im Benehmen mit der Flughafen-AG wird weiterhin geprüft, ob der Einbau zusätzlicher Lärmschutzeinrichtungen in die Unterkunftsgebäude Erfolg verspricht. Die daneben laufenden weiteren Bemühungen, geeignetere Unterkunftsmöglichkeiten an anderer Stelle zu schaffen, sind bisher im Ballungsraum Frankfurt erfolglos gewesen; sie werden aber fortgesetzt. Zu Frage A 4: Die weitere Dauer und der Umfang des Einsatzes des BGS auf dem Flughafen Frankfurt/Main läßt sich z. Z. nicht absehen. Sie hängt von der Entwicklung der allgemeinen Luftsicherheitslage ab. Es muß aber damit gerechnet werden, daß die Sicherheitslage im Luftverkehr voraussichtlich über Jahre hinweg angespannt bleiben wird. Die Erfahrung zeigt, daß bei gewaltsamen innerstaatlichen oder internationalen Auseinandersetzungen auch der Luftverkehr selbst unbeteiligter Staaten durch terroristische Anschläge bedroht ist. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum vom 19. Juni 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Gfinzburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7.769 Frage A 6): wie und zu welchen Zeitpunkten wird die Bundesregierung gesetzliche Folgerungen aus dem Gutachten der Sachverständigenkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts ziehen? Wie ich bereits am 14. Februar 1973 in meinem Bericht vor dem Innenausschuß dieses Hauses u. a. erklärt habe, betrachte ich das Gutachten der Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts zusammen mit anderen Beiträgen zur Reformdiskussion als eine wesentliche Grundlage für die weiteren Überlegungen. Vordringliche Aufgabe wird es zunächst sein, in enger Zusammenarbeit mit den Bundesressorts und den Bundesländern sowie unter Beteiligung der Organisationen der Angehörigen des öffentlichen Dienstes den Rahmen des Gesamtkonzepts der Reform abzustecken. Inhalt des zu erarbeitenden Gesamtkonzepts werden die notwendigen gesetzlichen und sonstigen Schritte für eine Reform des öffentlichen Dienstrechts sein. Hierzu gehören auch konkrete Vorstellungen über die zeitliche und kostenmäßige Realisierung der einzelnen Reformvorschläge. Bei allen Überlegungen wird zu beachten sein, daß zwischen der Dienstrechtsreform und der funktionalen Verwaltungsreform ein enger Sachzusammenhang besteht. Ich gehe von der Erwartung aus, daß es gelingt, das Gesamtkonzept bis zum Jahresende zu entwikkeln und einen Teil der Reformvorschläge bereits bei der laufenden Gesetzgebungsarbeit zu berücksichtigen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum vom 19. Juni 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Freiherr von Fircks (CDU/CSU) (Drucksache 7/769 Frage A 7) : Treuen Meldungen zu, daß im Rahmen künftiger Verhandlungen der nach dem Zusatzprotokoll zu dem Grundvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der „DDR" zu bildenden Grenzkommission unter anderem auch der Austausch von Grundbüchern und Grundakten, aus denen sich die Besitzverhältnisse von Bürgern der Bundesrepublik an Grundstücken und Vermogenswerten in der „DDR" ergeben, vereinbart werden soll? Ihre Frage beantworte ich mit „Nein". Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum vom 19. Juni 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Büchner (Speyer) (SPD) (Drucksache 7/769 Fragen A 10 und 11) : Kann die Bundesregierung bestätigen, daß der Deutsche Sportbund und der Deutsche Leichtathletikverband aus Sportförderungsmitteln des Bundes Zuschüsse für die Errichtung von Verwaltungsbauten (z. B. Nachfinanzierung „Haus des Sports", Errichtung eines „Hauses der Verbände", Errichtung von drei „Führungs- und Verwaltungsschulen" und Errichtung einer Verbandstrainerschule in Darmstadt) von fast 20 Millionen DM eingeplant oder beantragt haben? Trifft es zu, daß eine derarlig massive Verwendung von Sportförderungsmitteln für verbandspolitische Investitionen 70 Lasten sportbezogener Maßnahmen nicht zu vertreten ist? Zu Frage A 10: Der Deutsche Sportbund und der Deutsche Leichtathletikverband haben eine Beteiligung des Bundes an folgenden Vorhaben beantragt: a) Restfinanzierung des Hauses des Sports in Frankfurt/M. mit einer Belastung des Bundes in Höhe von 611 000,- DM b) Finanzierung des Hauses der Verbände, dessen Gesamtkosten nach den bisher vorliegenden Schätzungen zwischen 8,2 und 9,4 Millionen DM betragen sollen c) Beteiligung an der Finanzierung einer Führungs- d) und Verwaltungsschule des Sports in Berlin mit einem Betrag in Höhe von 1,9 Millionen DM e) Beteiligung an der Finanzierung der Verbandstrainerschule des DLV in Darmstadt mit einem Betrag von 1,5 Millionen DM f) Es ist weiter vorgesehen, im Zusammenhang mit dem Bundesleistungszentrum für Judo, Hockey und Schwimmen in Köln eine Trainerakademie zu errichten, wobei Räumlichkeiten in dem. geplanten Unterkunftsgebäude des Bundesleistungszentrums als Trainerakademie mitgenutzt werden sollen. Die Kosten des Unterkunftsgebäudes belaufen sich insgesamt auf ca. 6,8 Millionen DM. Das Vorhaben soll vom Land Nordrhein-Westfalen und vom Bund gemeinsam finanziert werden. Weitere Anträge zur Finanzierung von Vorhaben der genannten Art liegen mir nicht vor. Zu Frage A 11: Die Bundesregierung steht der Errichtung einer Trainerakademie und einer Führungs- und Verwaltungsschule positiv gegenüber, das um so mehr, als die letztere in Berlin liegt. Im Hinblick auf die dringende Notwendigkeit, verbesserte Ausbildungsmöglichkeiten für unsere Trainer zu schaffen, hat sich auch die Deutsche Sportkonferenz für den Bau einer Trainerakademie ausgesprochen. Die Errichtung einer Führungs- und Verwaltungsschule bietet dem Sport eine hervorragende Chance, seine Förderungsstruktur bis hinein in die Vereine modernen Erfordernissen anzupassen und damit die Vielfalt der Aufgaben besser zu meistern. Zur Frage des „Hauses der Verbände" des DSB und der Verbandstrainerschule des DLV in Darmstadt habe ich bereits in meinem Bericht vor dem Sportausschuß des Deutschen Bundestages am 14. März 1973 Stellung genommen. Eine endgültige Entscheidung über die Beteiligung des Bundes an den Vorhaben ist hier aber erst nach Vorlage weiterer Unterlagen und deren abschließender Prüfung möglich. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß es offenkundig ist, daß die Mittel, die für die Trainerakademie, das Haus des Sports und die Verbandstrainerschule des DLV zur Verwendung kommen, der Verbesserung der Struktur des deutschen Sports dienen. Auch bei der noch ausstehenden Entscheidung für das Haus der Verwaltungsschule wird dieser Gesichtspunkt zu berücksichtigen sein. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 19. Juni 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Klepsch (CDU/CSU) (Drucksache 7/769 Frage A 33) : Welche Pflichtlektüre ist den Soldaten, welche den Oftizieren der NVA arterlegt, um diese zum Haß gellen den westdeutschen Klassenfeind und seine Streilkräfte zu erziehen! Im „Leitfaden für das Studium in der gesellschaftswissenschaftlichen Weiterbildung der Offiziere und Berufsoffiziere im Ausbildungsjahr 1972/73" in der NVA werden rund 75 Titel als Pflichtlektüre genannt. Diese Pflichtlektüre greift unmittelbar auf Marx/Engels und Lenin zurück. Ein geringer Anteil stammt von Bresnew, Suslow, Honecker, Hager, anderen Verfassern und Autorenkollektivs. Neue Erscheinungen versuchen vor allem, die Koexistenz mit nicht-sozialistischen Staaten als die zur Zeit notwendige Form des Klassenkampfes zu erklären. Dabei bleibt Haß auf den Feind ein Teil des Klassenkampfes. Offenbar ist der Kommunismus, urn seine ideologische Wirkung im Innern zu bewahren, auf ein ideologisches Angriffsobjekt draußen, auf einen Feind angewiesen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 18. Juni 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/769 Frage A 39) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, tun sicherzustellen, daß die künstlichen wie auch die natürlich vorkommenden Substanzen, die Veränderungen der Erbanlagen (Mutationen) in den Keimzellen und auch in den Körperzellen hervorrufen können, in einem Katalog der Öffentlichkeit bekanntgemacht werden? Die Bundesregierung möchte davon absehen, einen Katalog von mutagenen Stoffen zu veröffentlichen. Es sind etwa 400 Stoffe synthetischer und natürlicher Herkunft bekannt, die sich im Experiment als mutalten erwiesen haben. Diese Untersuchungsergebnisse lassen sich indessen nicht einfach auf den Säugetierorganismus und auf den Menschen übertragen. Bei einem Teil dieser Stoffe wirkt sich die mutagene Eigenschaft beim Menschen nicht aus, bleibt unauffällig oder der Mensch wird nur mit einer solchen Dosis kontaminiert, die unwirksam ist. Ein anderer Teil wird trotz der bekannten mutagenen Eigenschaft unter ärztlicher Aufsicht und Verantwortung zur Bekämpfung schwerer Infektionskrankheiten eingesetzt. Diese kurze Darstellung zeigt, daß sowohl die Extrapolation von gewiß korrekten Untersuchungsergebnissen auf den Menschen als auch die SchadenNutzen-Abwägung zur Zeit noch sehr schwierig ist. Die Bekanntgabe einer Aufstellung von mutagenen Stoffen würde sich bei dieser Sachlage in der Öffentlichkeit so auswirken, daß Fehleinschätzungen zu erwarten sind und damit der so nicht zutreffende Eindruck hervorgerufen wird, man sei von einer Vielzahl derartiger Stoffe direkt bedroht. 2670* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 Die Bundesregierung befaßt sich ständig mit der Problematik dieser Stoffgruppe und prüft zur Zeit, ob und welche Regelung des Verkehrs mit diesen Stoffen, vor allem im Rahmen des in Vorbereitung befindlichen Giftgesetzes, getroffen werden kann. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 18. Juni 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Nölling (SPD) (Drucksache 7/769 Fragen A 40 und 41): Warum gehen die Vorbereitungen zur Gründung eines schifffahrtsmedizinischen Instituts nur so schleppend voran? Ist die Bundesregierung bereit, die Initiative zur baldigen Gründung eines solchen Instituts zu ergreifen? Zu Frage A 40: Die Vorbereitungen einer Umwandlung der beim Bernhard-Nocht-Institut für Tropenkrankheiten in Hamburg bestehenden Abteilung für Schiffahrtsmedizin in ein eigenes Institut stößt hinsichtlich der laufenden Förderung auf eine Reihe von Schwierigkeiten. So konnte bisher noch keine verbind- liche Absprache mit den in Frage kommenden Bundesländern über die Finanzierung, insbesondere der Folgekosten erzielt werden. Erschwerend wirkt sich auch die Stellungnahme des Wissenschaftsrates aus, daß es sich bei einem solchen Institut nicht um eine reine Forschungseinrichtung handele, so daß eine Anwendung des Königssteiner Abkommens oder seiner Folgeabkommen zu einer gemeinsamen Bund-Länder-Finanzierung in diesem Rahmen nicht möglich erscheint. Es ist daher leider auch heute noch nicht abzusehen, ob lediglich eine Verstärkung der jetzigen Abteilung für Schiffahrtsmedizin in Frage kommen wird oder ob und wann ein eigenes Institut für diese Aufgaben gegründet werden kann. Zu Frage A 41: Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß eine Verstärkung der schiffahrtsmedizinischen Forschung, Beratung und Praxis erforderlich ist. Sie ist daher bemüht, durch Forschungsaufträge aus dem Bereich der Seeschiffahrt wie der Binnenschiffahrt eine solche Entwicklung zu fördern. Sie wird auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten weitere Initiativen zur Gründung eines Instituts für Schiffahrtsmedizin ergreifen. Es muß aber darauf hingewiesen werden, daß wesentliche Beiträge hierzu von den an der Schiffahrt interessierten Ländern kommen müssen, ohne die jede Initiative der Bundesregierung schließlich ohne durchgreifende Wirkung bleiben muß. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 19. Juni 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/769 Frage A 45) : Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Kanalisierung der Saar nicht zur dringend erforderlichen Strukturverbesserung der Saarwirtschaft beiträgt, sondern genau umgekehrt die bestehende Monostruktur noch weiter verfestigt, und daß darüber hinaus angesichts der über kurz oder lang zu erwartenden Harmonisierung der Wegekosten zwischen Schiene und Wasserstraße schließlich überhaupt noch ein Frachtvorteil auf der Kanalstrecke gegenüber der Schiene übrigbleibt? Die Regierungen vom Saarland und von Rheinland-Pfalz haben am 30. Januar 1973 gemeinsam erklärt, daß sie zwar mehr für das Projekt eines Saar-Pfalz-Rhein-Kanals plädieren, ein Ausbau der Saar bis zur Mosel aber auch zur Stabilisierung des montan-industriellen Kerns der Saarwirtschaft beitragen würde. Auch die Industrie- und Handelskammer des Saarlandes sieht in einem Ausbau der Saar in Verbindung mit zusätzlichen Infrastrukturmaßnahmen ein „geeignetes Instrument zur Realisierung der strukturpolitischen Ziele des Saarlandes". Die Bundesregierung ist mit den Ländern der Auffassung, daß der Saarausbau verbunden mit einer Fortführung des „Regionalen Aktionsprogramms Saarland/Westpfalz" wesentlich zur Verbesserung der bestehenden Struktur in beiden Randgebieten beiträgt. Bei einem Ausbau der Saar werden der Wirtschaft Frachtvorteile von insgesamt 263 Millionen DM (Gegenwartswert auf den 1. Januar 1972 diskontiert) zuwachsen. Ob und in welcher Weise eine Harmonisierung der Wegekosten diese Aussage verändert, wird von den Zurechnungsmodalitäten der Kosten abhängen. Diese Frage kann aber nur im europäischen Rahmen gelöst werden. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 19. Juni 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/769 Frage A 46) : Trifft es zu, daß im Zuge der Neuorganisation der Wasserstraßenverwaltung in Baden-Württemberg in Zukunft nur noch eine Wasser- und Schiffahrtsdirektion erhalten bleibt, und daß dabei daran gedacht ist, die Wasser- und Schiffahrtsdirektion Stuttgart am Sitz der Landesregierung bestehen zu lassen und das Personal und die Aufgaben der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Freiburg auf die Stuttgarter Direktion zu übertragen? Nach einem Gutachten des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung sollen die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen im gesamten Bundesgebiet neu geordnet und ihre Zahl auf etwa die Hälfte verringert werden. Im Zuge der Auswertung dieses Gutachtens ist für eine Erörterung mit der Personalvertretung meines Hauses u. a. auch eine Zusammenlegung der Wasser- und Schiffahrtsdirektionen Freiburg und Stuttgart in Stuttgart zur Diskussion gestellt. Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen worden. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 2671* Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander vom 19. Juni 1973 auf .die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/769 Frage A 53) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Anerkennung im Ausland abgelegter Reifeprüfungen durch die Kultusministerkonferenz nur in einem sehr zeitraubenden Verfahren möglich ist und daß bei einem oft monatelangen Warten auf eine Entscheidung der Kultusministerkonferenz Abiturienten aus Entwicklungsländern in unzumutbarer Weise an der Aufnahme des Studiums gehindert werden, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung im Rahmen der verfassungsmäßigen Zuständigkeiten, auf eine Beschleunigung dieses Verfahrens hinzuwirken? Das Anerkennungsverfahren für im Ausland abgelegte Reifeprüfungen ist Angelegenheit der Länder, die hierfür bei dem Sekretariat der Konferenz der Kultusminister eine Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen eingerichtet haben. Die Bundesregierung kann auf das dort geübte Verfahren im einzelnen keinen Einfluß nehmen. Weil zum Teil bei der Bearbeitung umständliche Nachforschungen erforderlich sind, können von Fall zu Fall unterschiedlich lange Wartezeiten entstehen. Ich bin jedoch gerne bereit, die Konferenz der Kultusminister auf das in Ihrer Frage beschriebene Problem aufmerksam zu machen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Uwe Holtz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Um es deutlich zu sagen: Ich möchte das sozial-marktwirtschaftliche Modell nicht abschaffen, sondern ich habe nur deutlich gemacht, daß wir dieses Modell nicht weiterhin als Export-
    artikel in die Entwicklungsländer exportieren wollen,

    (Abg. Dr. Mikat: Wir auch nicht!)

    sondern wir vollen ihnen die Gelegenheit geben, ein System sowohl gesellschaftlich-wirtschaftlich als auch staatlich so aufzubauen, wie sie es wünschen.

    (Beifall bei der SPD.)

    Sicherlich hat Ivan Illich zu stark und einseitig pointiert, wenn er beklagt: Der Weg zur Armut in den Entwicklungsländern ist mit technischer Hilfe gepflastert. Aber dennoch ist die technische Hilfe als Mittel unserer Politik — immerhin beansprucht sie ein Viertel des Entwicklungsetats — revisions- bzw. erneuerungsbedürftig.
    Trotzdem sollten wir die Vorzüge der deutschen Entwicklungspolitik auch klar unterstreichen. Ich meine, die Qualität unserer Hilfe ist gut. Sie wird international gewürdigt. Wir vergaben 1972 26% unserer öffentlichen Hilfe multilateral und haben damit das international gesetzte Ziel hinter uns gelassen. Wir gewähren unsere Kapitalhilfe zu günstigen Kreditkonditionen. Das durchschnittliche Zuschußelement bei der Kapitalhilfe belief sich auf 60 % und das rechnerische Zuschußelement aller Zusagen der öffentlichen Hilfe sogar auf 85 "'o. Die Verwaltungskosten sind niedrig. Der Abbau der gebundenen Hilfe, d. h. der Hilfe, bei der vertragliche Bindungen Lieferungen aus der Bundesrepublik vorschreiben, hat weiterhin zur Image-Aufbesserung der deutschen Hilfe beigetragen. Die Bundesrepublik hat sich damit im internationalen Vergleich an die Spitze gesetzt.
    Was bleibt zu tun? Wir erwarten analog zur vollzogenen Steigerung der Qualität der deutschen Entwicklungshilfe die Steigerung der Quantität. Dabei denken wir mehr an das 0,7-%-Ziel als an das 1-%-Ziel, welches besagt, daß 1 % des Bruttosozialprodukts — öffentliche wie private Hilfe zusammengenommen — für die Entwicklungsländer bereitgestellt wird. Denn es fällt schwer, einzusehen, warum private Investitionen, die ja nicht aus altruistischen Motiven getätigt werden, in jedem Fall als Hilfe anzusehen sind.
    Bei der Kapitalhilfe sollte der Anteil der Soforthilfe, z. B. Warenhilfe zur Ausnutzung der Produktionskapazitäten, erhöht werden. Auch für die Warenhife sollte die Lieferbindung fallen. Langfristig ist haushaltstechnisch auch die Unterscheidung zwischen technischer und Kapitalhilfe zu überwinden.
    Die Anstrengungen für die am wenigsten entwickelten Länder, die durch eine extrem niedrige Rate der Industrialisierung und des Pro-Kopf-Einkommens sowie durch eine hohe Analphabetenrate charakterisiert sind, müssen verstärkt werden.
    Vielleicht ist es im Zuge einer sich verstärkenden Kooperation auch mit den Ländern Osteuropas, etwa Polen, möglich, auf dem Gebiet der Entwicklungspolitik zu gemeinsamen Anstrengungen zu kommen. Der Eintritt der Bundesrepublik in die UN bedeutet zugleich die Aufforderung, sich in Stellungnahmen zu weltpolitisch kontroversen Fragen durch die Teilnahme an Abstimmungen zu exponieren. So könnte man z. B. erwarten, daß die Bundesregierung die am 14. November 1972 von der Vollversammlung verabschiedete Resolution mittragen wird, in der alle Regierungen aufgefordert werden, der Bevölkerung in befreiten Gebieten jede moralische und materielle Unterstützung zu gewähren.
    Zum Schluß noch einige überfällige Bemerkungen zu den äußeren, den externen Ursachen für die Unterentwicklung der Dritten Welt, die ich in dem die Entwicklungsländer stark benachteiligenden Welt-wirtschafts- und -handelssystem lokalisiere. Hier bedarf die entwicklungspolitische Konzeption auch verschiedener Korrekturen bzw. Ergänzungen.
    1. Wir haben grundsätzliche Bedenken gegen Rohstoffabkommen als Mittel der Entwicklungspolitik, weil diese die Monokulturen in Entwicklungsländern eher festigen als abbauen und daher kaum geeignet sind, die Strukturprobleme zu lösen. Außerdem tragen Preisgarantien vermutlich wenig zum Ausgleich der sozialen Unterschiede in den betreffenden Entwicklungsländern bei, weil häufig eine kleine Schicht von Eigentümern der Rohstoffquellen davon profitieren wird.
    2. Das Problem der progressiven Verschuldung der unterentwickelten Länder muß gelöst werden.
    3. Die Bundesregierung sollte sich weiterhin be- mühen, Schritt für Schritt zu einer europäischen Entwicklungspolitik zu gelangen, und dabei Möglichkeiten für eine Koordinierung und Harmonisierung der bilateralen Entwicklungspolitik der Mitgliedstaaten zu nutzen. Jedoch darf sich eine gemeinschaftliche Entwicklungspolitik nicht als Kar-



    Dr. Holtz
    tell zur Stabilisierung postkolonialer Verhältnisse verstehen. Gerade das Verhältnis der Europäischen Gemeinschaft zu den assoziierten afrikanischen Staaten ist noch allzusehr durch vertikale Arbeitsteilung, Spaltung der afrikanischen Staaten untereinander und wirtschaftliche und kulturelle Durchdringung gekennzeichnet, als daß wir den Vorwurf eines kollektiven Kolonialismus der Gemeinschaft gegenüber den assoziierten Drittländern überhören könnten. Deshalb wäre die Bundesregierung gut beraten, wenn sie sich innerhalb der Gemeinschaft für eine weltweite, nicht kontinentbegrenzte, die Interessen der Entwicklungsländer beachtende Politik einsetzen würde. Ein Auslaufen des Jaunde-Abkommens wäre eine mögliche Konsequenz.
    4. Die Bundesregierung sollte die Bestrebungen der Entwicklungsländer, am Welthandel gleichberechtigt teilzunehmen, in dem Wissen aktiv unterstützen, daß weltweiter offener Handel oft bessere Hilfe bedeuten kann als die sogenannte Entwicklungshilfe.
    5. Die Reform des Weltwährungssystems darf nicht auf dem Rücken der Entwicklungsländer ausgetragen werden. Die Bundesregierung sollte sich für eine Erhöhung des Anteils der Entwicklungsländer an den zusätzlich geschaffenen Währungsreserven und für eine Verbindung von Sonderziehungsrechten und Entwicklungshilfe einsetzen.
    6. Wir — hier hoffen wir auch auf die verständnisvolle Unterstützung aus der Arbeitnehmerschaft — haben der Öffentlichkeit deutlich zu machen, daß internationale Arbeitsteilung und „Zusammenarbeit" — so der sich im Titel des Ministeriums ausdrückende Anspruch — für uns bedeuten müssen, daß sich die Bundesrepublik bald von verschiedenen Produktionszweigen zu trennen und sie den Entwicklungsländern zu überlassen hat.
    Gerade die von mir genannte Forderung nach Gleichberechtigung auf währungs- und handelspolitischem Gebiet zeigt, daß Entwicklungshilfe nicht nur Sache des Staates und der Parlamentarier, sondern auch Aufgabe der gesamten Gesellschaft ist. Die Kirchen in der Bundesrepublik — sicher eine der wichtigen Lobbys der Entwicklungsländer —, die vielfältigen Stiftungen, die Gruppen und Vereine, die Wirtschaft, die Schulen und Universitäten, die Medien beschäftigen sich unter unterschiedlicher Motivation mit der dritten Welt. Wir möchten den unterentwickelten Ländern noch mehr Publizität — und zwar nicht nur Sensationspublizität —, Unterstützung und partnerschaftliche Sympathie von seiten unserer Bevölkerung wünschen. Die meisten Entwicklungsländer waren oder sind wirtschaftspolitisch, oft auch innen- und außenpolitisch immer noch fremdbestimmt.
    Wir müssen bereit sein, die ökonomische und soziale Unterentwicklung zu überwinden und die vormundschaftliche Abhängigkeit der dritten Welt zu beseitigen. Dies ist nicht nur ein außenpolitisches Ziel, sondern auch innenpolitisch bedeutend. Denn wer Normen wie Menschenrechte, Chancengleichheit, soziale Gerechtigkeit nicht für alle Menschen,
    I sondern nur für unsere Gesellschaft durchsetzen will, verliert an Glaubwürdigkeit

    (Beifall bei der SPD.)



Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Das Wort hat der Abgeordnete Zywietz.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Werner Zywietz


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr ver- ehrten Damen und Herren! Entwicklungshilfe ist unseres Erachtens eine politisch langfristige Aufgabe, zu der es keine echte Alternative gibt. Der Einzelplan 23 verdeutlicht in Umfang und Struktur die Mitwirkung der Bundesregierung im Jahre 1973 an der Lösung dieses weltweiten und, wie ich meine, auch epochalen Problems. Es handelt sich in der Tat um ein weltweites Problem, das in seiner Bedeutung für alle Menschen kaum zu überschätzen ist. Vielleicht mag es hilfreich sein, sich vor Augen zu führen, daß von zirka 3,5 Milliarden Menschen auf unserem Globus etwa zwei Drittel in Ländern leben, die man üblicherweise als Entwicklungsländer zu bezeichnen pflegt, deren ökonomisches Merkmal ein außerordentlich geringes Bruttosozialprodukt ist.
    Damit ist, wie ich meine, das Ausmaß eines Problems angedeutet, das von Sachkennern als d a s soziale Problem des 20. Jahrhunderts bezeichnet wird. Wird diese Situation nicht gemeistert, sind auch unübersehbare negative Folgen für alle Industrieländer nicht auszuschließen. Etwas fassungslos, so meine ich, muß man darum die Kluft zwischen dem, was Menschen können, und dem, was Menschen tun, sehen. Das globale Problem ist im Kern ein Verteilungsproblem. Ich meine, es sind genügend Rohstoffe, genügend Menschen und auch genügend technisches Wissen vorhanden, wie nicht nur die Erfolge der Raumfahrt und anderer großer organisatorischer und technischer Leistungen beweisen, um allen Menschen wenigstens das Lebensnotwendigste zu sichern. Dennoch geschieht es nicht, trotz aller politischer Gefahren, die damit verbunden sind.
    Die Ursachen der unzureichenden Entwicklung sind zahlreich und in wenigen Sätzen kaum zu umreißen. Mir scheint aber sicher zu sein, daß diese Aufgabe nicht ohne Hilfe zur Selbsthilfe der unterentwickelten Staaten zu lösen ist. Das ist eine Herausforderung an alle Industriestaaten, an Industriestaaten in Ost und in West, und auch eine Herausforderung an die Bundesrepublik als den Industriestaat mit dem viertgrößten Bruttosozialprodukt in der Welt.
    Diese Aufgabe wird im Grundsatz auch gesehen, bejaht und wahrgenommen. Nur müssen wir auch eingestehen, daß das Volumen des Einzelplans 23 im Jahre 1973 nach internationalen Maßstäben nicht voll befriedigend ist. Internationale Zielgröße ist, etwa ein Prozent des Bruttosozialprodukts für die Entwicklungshilfe zu verwenden, verteilt auf 0,7 % öffentliche und 0,3 % private Hilfe.
    Mit einem Betrag von rund 2,8 Milliarden DM wird die öffentliche deutsche Entwicklungshilfe wie im Vorjahr den Satz von 0,35 % des Sozialprodukts



    Zywietz
    allerdings kaum überschreiten. Die Bundesrepublik nimmt damit unter den europäischen Geberländern den vorletzten Platz ein. Mag auch ein wenig statistische Definitionskunst mit dabeisein, ist auch das noch kein ausreichender Trost für uns. Wenn auch insbesondere die Konjunkturlage noch stabilitätsfördernde Spielräume für einen weiteren Kapitalexport gibt, die unseres Erachtens nutzbar zu machen wären, darf andererseits im Kernbereich Entwicklungshilfe nicht zur ersten konjunkturpolitischen Streichgröße bei einer wirtschaftlichen Abflachung degradiert werden. Denn konjunkturpolitische „Brosamen", konjunkturpolitische „Reste" werden in der dritten Welt kaum als überzeugende Hilfe angesehen werden.
    So zahlreich die Motive der Entwicklungshilfe sind - etwa politische, wirtschaftliche, humanitäre, soziale und auch kulturelle Motive —, so zahlreich sind auch die Formen, die Träger und auch die Methoden der Entwicklungshilfe, wie das auch in diesem Haushalt wieder sehr deutlich wird. Es werden öffentliche Finanzhilfen, technische Hilfen, Handelshilfen, privatwirtschaftliche Leistungen gewährt, die sowohl auf bilateralem als auch auf multilateralem Wege geleistet werden können. Ich möchte vorweg sagen, daß diese Wege und Träger alle ihre Berechtigung haben. Für eine gute Praxis kommt es nur darauf an, eine optimale Mischung dieser Möglichkeiten durchzusetzen.
    Die internationale Komponente der Entwicklungshilfe ist in diesem Haushalt bereits betont, und wir sind sicher, daß der internationale Aspekt für die Entwicklungshilfe in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen wird und dann auch haushaltsmäßig seinen Niederschlag finden muß. Der Beitritt zu den Vereinten Nationen eröffnet hier zweifelsohne ein weites Betätigungsfeld. Wir empfinden das nicht als eine Belastung, sondern vielmehr als eine Möglichkeit, die wir nachdrücklich begrüßen.
    Unter dem Stichwort „international abgestimmte Entwicklungshilfe" wage ich auch, mit gedämpftem Optimismus und auf weitere Sicht an eine Zusammenarbeit bei dieser Aufgabe zwischen östlichen und westlichen Industrieländern zu hoffen. Mir scheint eine Vorbereitung darauf ratsam zu sein.
    Näher liegt allerdings die Aufgabe, innerhalb der Europäischen Gemeinschaft zu einer koordinierten Entwicklungspolitik zu gelangen. Die FDP würde das sehr begrüßen. Diese Aufgabe würde eine grundsätzliche Übereinstimmung in der Konzeption wie auch in der Ausgestaltung der Instrumente und der Organisation voraussetzen. Leider haben die bisherigen Verhandlungen ergeben, daß die Europäische Gemeinschaft von einer gemeinschaftlichen Entwicklungspolitik bedauerlicherweise noch ein gutes Stück entfernt ist.
    Für die deutsche Seite geht es hierbei um einen beachtlichen Einsatz. Sie sollte ihre entwicklungspolitische Konzeption, die auf der Grundlage des Strategiedokuments der Vereinten Nationen für die zweite Entwicklungsdekade verabschiedet wurde, nicht aufgeben. Auch die Europäische Gemeinschaft muß sich weltweit an den Bedürfnissen der Entwicklungsländer ausrichten und sollte nicht zugunsten bestimmter Präferenzregionen einzelner Mitglieder übermäßig verzerrt werden.
    Die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft muß eine weltoffene Position anstreben. Auch in diesem Bereich wird die Europäische Gemeinschaft sich noch mehr als bisher beweisen müssen. In diesem Zusammenhang wird die Zollsenkungsrunde, das GATT, für die Entwicklungsländer von erheblicher Bedeutung sein in dem Sinne, inwieweit ihnen „aid by trade" ermöglicht werden kann. Die Strukturen weltweiter Arbeitsteilung werden dadurch zwangsläufig beeinflußt. Wir halten das für richtig.
    Für nicht nur vorteilhaft würden wir allerdings für alle Beteiligten den Wert von Rohstoffabkommen bezeichnen, da durch Absatzgarantien Preise und vor allem Wirtschaftsstrukturen festgeschrieben werden. Die Ausschaltung des Wettbewerbs müswir als bedenklich bezeichnen.
    Ich will auch nicht verhehlen, daß es bedenklich erscheint, die anstehende Reform des Weltwährungssystems dadurch zu belasten, daß auf Grund der Vorstellungen einer Vielzahl von Entwicklungsländern zu großzügige Möglichkeiten zur Überwindung von Liquiditätsengpässen eröffnet werden. Ein solcher Weg der indirekten, der verschleierten Subventionen — so könnte man es bezeichnen — hätte für das gesamte Weltwährungs- und damit Weltwirtschaftssystem von einem neuen Start weg erhebliche Fußangeln.

    (Sehr wahr! bei der FDP.)

    In diesem Punkte muß ich den Ausführungen des Herrn Kollegen Holtz widersprechen.

    (Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Vielmehr sollten wir den Mut zur offenen und begründeten Unterstützung der Entwicklungsländer in Zukunft stärker als bisher haben und dies auch den Bürgern dieses Landes nicht so sehr entschuldigend, sondern vielmehr als notwendige Aufgabe begründet darstellen. Darin liegt eine politische Führungsaufgabe im guten Sinne, die noch von sehr viel mehr Politikern wahrgenommen werden könnte.
    Außerdem sollte der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit durch entsprechende Haushaltsdotierung selbstverständlich die Möglichkeit erhalten, für eine breite und positive Öffentlichkeitsarbeit zu sorgen, damit in der Öffentlichkeit nicht diejenigen ihrer Entwicklungshilfe das größte Ausmaß beimessen können, die es von der Sache her nicht geleistet haben.
    Aber wirksame Entwicklungshilfe wird nicht nur nach ihrem Umfang, sondern auch wesentlich nach ihrer Qualität und ihrer ökonomischen Effizienz zu beurteilen sein. Wir müssen peinlich genau daran mitwirken, daß alle Mittel sowohl volkswirtschaftlich als auch betriebswirtschaftlich so überlegt und auch so rationell wie nur möglich eingestzt werden. Dazu bedarf es einer guten Abstimmung zwischen Geber- und Nehmerland.
    Was die Bundesrepublik dabei anbelangt, scheint mir eine Überprüfung erforderlich zu sein, ob nicht



    Zywietz
    in geeigneten Fällen statt Projekthilfe häufiger Programmhilfe geleistet werden sollte, wie es auch von den Vorrednern angedeutet wurde.
    Wir fragen uns auch, ob künftig die bisher so exakt aufrechterhaltene Abgrenzung zwischen Kapitalhilfe und technischer Hilfe beibehalten werden sollte oder ob es nicht realistischer und zweckmäßiger wäre, beide Hilfsformen durchlässiger und flexibler zu gestalten oder nur noch generell zwischen Zuschüssen und Darlehen zu unterscheiden. In diese Richtung, so meinen wir, sollte eine allgemeine Überprüfung des Gesamtinstrumentariums der Entwicklungshilfe gehen.
    Erst wenn durch öffentliche Entwicklungshilfe eine hinreichend attraktive infrastrukturelle Basis geschaffen worden ist, kann man davon ausgehen, daß sich auch privatwirtschaftliche Initiative entfalten wird. Privatwirtschaftliches Engagement, das selbstverständlich mit der Zielsetzung der Gewinnerzielung eingegangen wird, hat, wie ich meine, zumeist einen förderlichen Einfluß auf die volkswirtschaftliche Gesamtentwicklung. Was dem einen guttut, muß dem anderen nicht unbedingt schaden; das ist ein Charakteristikum guter Geschäfte, und die sollte es auch im Rahmen der Entwicklungspolitik geben.
    Jede Investition bedeutet auf der einen Seite Schaffung von Arbeitsplätzen und damit von Einkommen und auf der anderen Seite ein Mehr an Leistungs- und Güterangebot. Unter dem Entwicklungsaspekt halten wir bei Privatinvestitionen insbesondere die Gründung von Partnerschaftsunternehmen mit teils in-, teils ausländischem Kapital für sehr wirksam, wie sie von der Deutschen Entwicklungsgesellschaft unterstützt werden. In Gemeinschaftsunternehmen werden mit der Zurverfügungstellung von Kapital auch Kooperation und die Vermittlung von technischem Wissen sehr unmittelbar und darum besonders überzeugend praktiziert.
    Der Förderung von Privatinvestitionen in Entwicklungsländer stehen wir positiv gegenüber, wenn wir auch selbstkritisch einsehen müssen, daß die Erwartungen, die in das Entwicklungshilfe-Steuergesetz gelegt worden sind, sich nicht allgemein erfüllt haben. Die Ergebnisse dieses Gesetzes haben gezeigt, daß eine breite Förderung von Investitionen in Entwicklungsländern leider nicht erzielt worden ist. Der Investitionsstrom hat sich vielmehr in die Entwicklungsländer gewandt, in denen auch ohne besondere steuerliche Anreize vermutlich investiert worden wäre. In die ärmsten der armen Länder sind dabei nur sehr geringe, unbedeutende Investitionsmittel geflossen. Diese Entwicklung kann ganz gewiß nicht als entwicklungspolitisch positiv bezeichnet werden und bedarf in Zukunft der Änderung. Es bleibt dahingestellt, ob die bisherige Form des Entwicklungshilfe-Steuergesetzes geeignet ist oder aber andere gesetzliche Regelungen gefunden werden müssen. Uns kommt es dabei mehr auf den Inhalt als auf die Etikettierung an.
    Was den Inhalt angeht, müßte es sich um eine Investitionsförderung handeln, die nach dem Entwicklungsstand des Empfängerlandes differenziert und die auch die bestehende Benachteiligung der
    arbeitsintensiven Investitionen abbaut. Arbeitskraft ist zumeist der einzige Reichtum der Entwicklungsländer, Ein Förderinstrumentarium sollte darum zum Ziel haben, diesen Reichtum besser wirksam werden zu lassen.
    Dies gilt ebenfalls für südeuropäische Länder; auch hier bedarf es der Schaffung weiterer Arbeitsplätze durch Aufbau zusätzlicher Produktionen, um die Arbeitsuchenden möglichst erst gar nicht zu Gastarbeitern werden zu lassen — mit all den damit verbundenen uns bekannten Problemen.
    Entwicklungshilfe ist wohl keine Garantie dafür, daß wir einer konfliktfreien Zukunft entgegensehen können. Wir meinen, daß Entwicklungshilfe die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß es in unterentwickelten Ländern mit meist auch sehr starren Gesellschaftsformen zu einer evolutionären Entwicklung und nicht zu Revolutionen oder gar noch zu Schlimmerem kommt. Es gibt mehrere Beispiele dafür -- und ich scheue mich nicht, hier zu erwähnen, daß Indochina eines ist —, daß an die Möglichkeiten der Entwicklungshilfe häufig zu spät und, wie ich meine, auch zu halbherzig gedacht wird.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn auch der diesjährige Einzelplan 23 nicht allen unseren Vorstellungen entspricht, wollen wir ihm zustimmen, weil er der Ausdruck des guten Willens ist, an einer wesentlichen Aufgabe nach Kräften teilzunehmen, einer Aufgabe, die wir sehr offensiv, sehr bewußt angehen sollten und die wir trotz aller möglichen Unzulänglichkeiten nicht als eine lästige Abgabe von unserem Sozialprodukt betrachten dürfen. Einen solchen Kardinalfehler können wir uns nicht leisten!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)