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    Deutscher Bundestag 45. Sitzung Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 Inhalt: Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1973 (Haushaltsgesetz 1973) (Drucksachen 7/250, 7/599); Anträge und Berichte des Haushaltsausschusses — Fortsetzung der zweiten Beratung — Einzelplan 08 Geschäftsbereich des Bundesministers der Finanzen (Drucksache 7/728) Grobecker (SPD) . . . . . . . . 2561 B Dr. Jenninger (CDU/CSU) . . . . 2562 C Haehser (SPD) . . . . . . • . 2570 A Hoppe (FDP) . . . . . . . . . 2574 D Schmidt, Bundesminister (BMF) . . 2576 C Einzelplan 09 Geschäftsbereich des Bundesministers für Wirtschaft (Drucksachen 7/729, 7/760) Röhner (CDU/CSU) 2579 A Kulawig (SPD) 2579 D Dr. Erhard (CDU/CSU) 2581 D Dr. Arndt (Berlin) (SPD) . . . . 2587 B Dr. Graf Lambsdorff (FDP) . . . 2594 B Einzelplan 10 Geschäftsbereich des Bundesministers für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Drucksache 7/730) Röhner (CDU/CSU) . . . 2607 A, 2620 C Löffler (SPD) . . . . . 2610 A, 2622 A Gallus (FDP) . . . . . . . . . 2612 D Ertl, Bundesminister (BML) . . . . 2616 D Schröder (Wilhelminenhof) (CDU/CSU) 2621 A Ronneburger (FDP) 2622 C Einzelplan 12 Geschäftsbereich des Bundesministers für Verkehr (Drucksache 7/732) Müller (Nordenham) (SPD) 2623 A, 2627 C, 2640 C Schulte (Schwäbisch Gmünd) (CDU/CSU) . . . . . . . . . 2625 B Ollesch (FDP) . . . . . . . . . 2630 C Dr. Lauritzen, Bundesminister (BMV) 2633 A Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 2637 C Engelhard (FDP) 2639 B Schmitt (Lockweiler) (CDU/CSU) . 2640 A Einzelplan 15 Geschäftsbereich des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit (Drucksache 7/735) Carstens (Emstek) (CDU/CSU) . . . 2641 B Dr. Sperling (SPD) 2642 C Einzelplan 23 Geschäftsbereich des Bundesministers für wirtschaftliche Zusammenarbeit (Drucksache 7/738) Esters (SPD) 2644 C Picard (CDU/CSU) 2645 D Dr. Holtz (SPD) . . . . . . . 2646 D Zywietz (FDP) 2649 C Dr. Todenhöfer (CDU/CSU) . . . 2651 D Dr. Eppler, Bundesminister (BMZ) . 2655 A II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 Einzelplan 25 Geschäftsbereich des Bundesministers für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Drucksache 7/739) Simpfendörfer (SPD) . . 2655 C, 2658 B Niegel (CDU/CSU) . . . . . . . 2657 C Einzelplan 30 Geschäftsbereich des Bundesministers für Forschung und Technologie (Drucksache 7/741) Dr. Ehmke, Bundesminister (BMFT/BMP) . . . . . . . . 2659 B Schröder (Lüneburg) (CDU/CSU) . . 2659 B Dr. von Bülow (SPD) . . . . . . 2660 A Einzelplan 31 Geschäftsbereich des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft (Drucksachen 7/742, 7/791) Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 2660 C Einzelplan 32 Bundesschuld (Drucksache 7/743) Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 2661 A Blank (SPD) 2661 B Einzelplan 60 Allgemeine Finanzverwaltung (Drucksache 7/747) Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 2662 B Haehser (SPD) . . . . . . . . 2663 C Haushaltsgesetz 1973 (Drucksachen 7/748, 7/761) Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 2664 D Hoppe (FDP) 2665 D Fragestunde (Drucksache 7/769) Fragen A 55 und 56 des Abg. Gerlach (Obernau) (CDU/CSU) : Qualifikation und Funktion des Staatssekretärs Gaus Ravens, Parl. Staatssekretär (BK) . 2599 C, D, 2600 A, B, C Gerlach (Obernau) (CDU/CSU) . . 2599 C, D, 2600 B, C Wischnewski (SPD) 2600 A Frage A 12 des Abg. Dr. Hupka (CDU/CSU) : Einführung deutscher Sprachkurse für Aussiedler durch die ARD Baum, Parl. Staatssekretär (BMI) . . 2600 D, 2601 A, B Dr. Hupka (CDU/CSU) 2601 A Frage A 43 der Abg. Frau Dr. Riedel-Martiny (SPD) : Frühstück der Schulkinder und Subventionierung der Schulmilch Westphal, Parl. Staatssekretär (BMJFG) . . . . 2601 B, C, D, 2602 A Frau Dr. Riedel-Martiny (SPD) . . 2601 B, C, 2602 A Frage A 42 des Abg. Freiherr von Fircks (CDU/CSU) : Übernahme der Kosten für den Förderschulbesuch jugendlicher Spätaussiedler Westphal, Parl. Staatssekretär (BMJFG) . . . . . 2602 A, C, 2603 A Freiherr von Fircks (CDU/CSU) . 2602 C, D, 2603 A Dr. Hupka (CDU/CSU) 2603 A Frage A 5 des Abg. Scheu (SPD) : Meldungen über ein Schulungszentrum der Aktion Neue Rechte Baum, Parl. Staatssekretär (BMI) . 2603 B, C Fragen A 8 und 9 des Abg. Egert (SPD) : Anteil der Umweltforschung am Forschungsprogramm der Bundesregierung, spezielle Gebiete der Forschungsvorhaben und Abstimmung mit den Forschungsvorhaben der Universitäten Baum, Parl. Staatssekretär (BMI) . . 2603 D, 2604 B Egert (SPD) . . . . 2604 A Frage A 44 des Abg. Lambinus (SPD) : Sicherheitsgurte in Mietfahrzeugen für Selbstfahrer Haar, Parl. Staatssekretär (BMV) . . 2604 C Fragen A 47 und 48 des Abg. Vahlberg (SPD) : Förderung der marktnahen Entwicklung auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung Dr. Hauff, Parl. Staatssekretär (BMFT/BMP) . . . . 2604 D, 2605 A Frage A 52 des Abg. Engholm (SPD) : Vergabe öffentlicher Mittel für die berufliche Bildung Zander, Parl. Staatssekretär (BMBW) 2605 B, C, D Engholm (SPD) . . . . . . . . 2605 C Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 III Frage A 51 der Abg. Frau Meermann (SPD) : Französischunterricht Zander, Parl. Staatssekretär (BMBW) 2605 D, 2606 A Frau Meermann (SPD) . . . . . . 2606 A Frage A 54 des Abg. Ziegler (CDU/CSU) : Kriterien für die Gewährung bezahlten Bildungsurlaubs Zander, Parl. Staatssekretär (BMBW) 2606 B, C Ziegler (CDU/CSU) . . . . . . 2606 B, C Nächste Sitzung . . . . . . . . . . 2666 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 2667* A Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Fragen A 1 und 2 — Drucksache 7/769 — des Abg. Wohlrabe (CDU/ CSU) betr. Meldungen über die Eingliederung des RIAS in den Sender Freies Berlin — Unterstützung des RIAS durch die Bundesregierung 2667* C Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum (BMI) auf die Fragen A 3 und 4 — Drucksache 7/769 — des Abg. Walther (SPD) betr. Unterbringung des Bundesgrenzschutzes auf dem Flughafen Frankfurt und Dauer des Einsatzes . . . . . . . 2667* D Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum (BMI) auf die Frage A 6 — Drucksache 7/769 — des Abg. Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) betr. Folgerungen der Bundesregierung aus dem Gutachten der Sachverständigenkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts . . . 2668* B Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum (BMI) auf die Frage A 7 — Drucksache 7/769 — des Abg. Freiherr von Fircks (CDU/CSU) betr. Meldungen über den in der Grenzkommission zu vereinbarenden Austausch von Grundbüchern und Grundakten, aus denen sich die Besitzverhältnisse von Bürgern der Bundesrepublik Deutschland an Grundstücken und Vermögenswerten in der „DDR" ergeben 2668* C Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum (BMI) auf die Fragen A 10 und 11 —Drucksache 7/769 — des Abg. Büchner (Speyer) (SPD) betr. Bundeszuschüsse aus Sportförderungsmitteln für die Errichtung von Verwaltungsbauten . . . . . . 2668* D Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan) (BMVg) auf die Frage A 33 — Drucksache 7/769 — des Abg. Dr. Klepsch (CDU/ CSU) betr. Pflichtlektüre für Angehörige der NVA 2669* B Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Frage A 39 — Drucksache 7/769 — des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. Bekanntmachung der Mutationen bewirkenden Substanzen 2669* C Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal (BMJFG) auf die Fragen A 40 und 41 — Drucksache 7/769 — des Abg. Dr. Nölling (SPD) betr. Gründung eines schifffahrtsmedizinischen Instituts 2670* A Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage A 45 — Drucksache 7/769 — des Abg. Milz (CDU/CSU) betr Auswirkungen der Kanalisierung der Saar auf die Saarwirtschaft 2670* C Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar (BMV) auf die Frage A 46 — Drucksache 7/769 — des Abg. Evers (CDU/CSU) betr. Neuorganisation der Wasserstraßenverwaltung in Baden-Württemberg . . . . 2670* D Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander (BMBW) auf die Frage A 53 — Drucksache 7/769 — des Abg. Dr. Evers (CDU/ CSU) betr. Anerkennung im Ausland abgelegter Reifeprüfungen 2671* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 2561 45. Sitzung Bonn, den 19. Juni 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Dr. Ahrens *** 23. 6. Dr. Aigner * 19. 6. Alber *** 23. 6. Dr. Artzinger* 20. 6. Amrehn *** 23. 6. Dr. Bangemann * 20. 6. Dr. Barzel 22. 6. Behrendt * 20. 6. Blumenfeld 19. 6. Frau von Bothmer *** 23. 6. Büchner (Speyer) *** 23. 6. Coppik 20. 6. Dr. Corterier * 20. 6. Dr. Dregger *** 23. 6. Dr. Enders *** 23. 6. Fellermaier * 21. 6. Flämig * 21. 6. Gerlach (Emsland) * 20. 6. Dr. Geßner *** 23. 6. Gewandt 20. 6. Dr. Gölter *** 23. 6. Dr. Holtz *** 23. 6. Dr. Jahn (Braunschweig) * 20. 6. Kahn-Ackermann *** 23. 6. Dr. Kempfler *** 23. 6. Dr. Klepsch *** 23. 6. Dr. Kliesing *** 23. 6. Koblitz 20. 6. Lautenschlager * 20. 6. Leicht 20. 6. Lemmrich *** 23. 6. Lenzer *** 23. 6. Liedtke 20. 6. Marquardt *** 23. 6. Dr. Martin 20. 6. Memmel * 22. 6. Dr. Mende*** 23. 6. Dr. Müller (München) *** 23. 6. Opitz 20. 6. Frau Dr. Orth 20. 6. Pawelczyk *** 23. 6. Richter *** 23. 6. Dr. Schöfberger 20. 6. Dr. Schwencke *** 23. 6. Dr. Schwörer * 20. 6. Sieglerschmidt *** 23. 6. Dr. Frh. v. Spies 20. 6. Dr. Stark (Nürtingen) 20. 6. Dr. Starke (Franken) * 20. 6. Strauß 20. 6. Dr. Vohrer *** 23. 6. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments *** Für die Teilnahme an Sitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlagen zum Stenographischen Bericht Abgeordnete() beurlaubt bis einschließlich Walkhoff * 20. 6. Frau Dr. Walz * 19. 6. Wende 20. 6. Wiefel 20. 6. Frau Dr. Wolf *** 23. 6. Würtz 20. 6. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 18. Juni 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Wohlrabe (CDU/CSU) (Drucksache 7/769 Fragen A 1 und 2) : Treffen Meldungen zu, daß der RIAS in spätestens zwei Jahren dem Sender Freies Berlin eingegliedert werden soll? Ist die Bundesregierung bereit, dem RIAS Berlin auch in Zukunft jegliche Unterstützung zukommen zu lassen, damit der RIAS seine vielfältigen Informationsaufgaben insbesondere für die Bevölkerung Berlins und die der DDR wahrnehmen kann? Zu Frage A 1: Auf die Frage des ehemaligen Bundestagsabgeordneten Cantzler habe ich bereits am 31. 7. 1972 mitgeteilt, daß die Überführung des Senders RIAS in den Sender Freies Berlin durch die Bundesregierung weder erörtert noch geplant ist. An dieser Aussage hat sich nichts geändert. Zu Frage A 2: Die Bundesregierung ist dazu im Rahmen des Erforderlichen bereit. Anlage 3 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum vom 19. Juni 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Walther (SPD) (Drucksache 7/769 Fragen A 3 und 4) : Welche Schritte hat die Bundesregierung unternommen, um die auf dem Flughafen Frankfurt am Main eingesetzten Angehörigen des Bundesgrenzschutzes ordnungsgemäß unterzubringen, um sie vor allem gegen den Dauerlärm des Flughafens abzuschirmen? Für wie lange schätzt die Bundesregierung noch die Dauer des Einsatzes von Angehörigen des Bundesgrenzschutzes auf dem Flughafen Frankfurt am Main? Zu Frage A 3: Auf dem Flughafen Frankfurt/Main sind z. Z. ständig 88 BGS-Beamte im Sicherheitsdienst eingesetzt, die im wöchentlichen Turnus aus ihren Standorten abgestellt werden. Nachdem sie zunächst mangels anderer Unterbringungsmöglichkeiten nur in behelfsmäßig hergerichteten Räumen untergebracht waren, konnten seit Februar d. J. zwei ehemalige Bürogebäude auf dem Flugplatz zur Verfügung gestellt werden. Diese wurden vorher als Unterkunfts- 2668* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 gebäude mit einem Kostenaufwand von ca. 400 000 DM entsprechend hergerichtet. Wenn sie auch den allgemeinen Anforderungen entsprechen, so sind die darin untergebrachten Beamten wegen der Leichtbauweise dieser Gebäude den Lärmeinwirkungen des Flugplatzes, die vor allem von vor dem Gebäude liegenden Stand- und Ladepositionen der Nachtfrachtmaschinen herrühren, besonders ausgesetzt. Aufgrund von Bemühungen der zuständigen BGS-Verwaltung werden jedoch durch die Frankfurter Flughafen-AG z. Z. Baumaßnahmen durchgeführt, um diese Standpositionen an eine andere Stelle des Flugplatzes zu verlegen. In Kürze ist daher eine wesentliche Verringerung der Lärmeinwirkungen, die sich auf Start- und Landegeräusche reduzieren werden, zu erwarten. Im Benehmen mit der Flughafen-AG wird weiterhin geprüft, ob der Einbau zusätzlicher Lärmschutzeinrichtungen in die Unterkunftsgebäude Erfolg verspricht. Die daneben laufenden weiteren Bemühungen, geeignetere Unterkunftsmöglichkeiten an anderer Stelle zu schaffen, sind bisher im Ballungsraum Frankfurt erfolglos gewesen; sie werden aber fortgesetzt. Zu Frage A 4: Die weitere Dauer und der Umfang des Einsatzes des BGS auf dem Flughafen Frankfurt/Main läßt sich z. Z. nicht absehen. Sie hängt von der Entwicklung der allgemeinen Luftsicherheitslage ab. Es muß aber damit gerechnet werden, daß die Sicherheitslage im Luftverkehr voraussichtlich über Jahre hinweg angespannt bleiben wird. Die Erfahrung zeigt, daß bei gewaltsamen innerstaatlichen oder internationalen Auseinandersetzungen auch der Luftverkehr selbst unbeteiligter Staaten durch terroristische Anschläge bedroht ist. Anlage 4 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum vom 19. Juni 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Wagner (Gfinzburg) (CDU/CSU) (Drucksache 7.769 Frage A 6): wie und zu welchen Zeitpunkten wird die Bundesregierung gesetzliche Folgerungen aus dem Gutachten der Sachverständigenkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts ziehen? Wie ich bereits am 14. Februar 1973 in meinem Bericht vor dem Innenausschuß dieses Hauses u. a. erklärt habe, betrachte ich das Gutachten der Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts zusammen mit anderen Beiträgen zur Reformdiskussion als eine wesentliche Grundlage für die weiteren Überlegungen. Vordringliche Aufgabe wird es zunächst sein, in enger Zusammenarbeit mit den Bundesressorts und den Bundesländern sowie unter Beteiligung der Organisationen der Angehörigen des öffentlichen Dienstes den Rahmen des Gesamtkonzepts der Reform abzustecken. Inhalt des zu erarbeitenden Gesamtkonzepts werden die notwendigen gesetzlichen und sonstigen Schritte für eine Reform des öffentlichen Dienstrechts sein. Hierzu gehören auch konkrete Vorstellungen über die zeitliche und kostenmäßige Realisierung der einzelnen Reformvorschläge. Bei allen Überlegungen wird zu beachten sein, daß zwischen der Dienstrechtsreform und der funktionalen Verwaltungsreform ein enger Sachzusammenhang besteht. Ich gehe von der Erwartung aus, daß es gelingt, das Gesamtkonzept bis zum Jahresende zu entwikkeln und einen Teil der Reformvorschläge bereits bei der laufenden Gesetzgebungsarbeit zu berücksichtigen. Anlage 5 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum vom 19. Juni 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Freiherr von Fircks (CDU/CSU) (Drucksache 7/769 Frage A 7) : Treuen Meldungen zu, daß im Rahmen künftiger Verhandlungen der nach dem Zusatzprotokoll zu dem Grundvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der „DDR" zu bildenden Grenzkommission unter anderem auch der Austausch von Grundbüchern und Grundakten, aus denen sich die Besitzverhältnisse von Bürgern der Bundesrepublik an Grundstücken und Vermogenswerten in der „DDR" ergeben, vereinbart werden soll? Ihre Frage beantworte ich mit „Nein". Anlage 6 Antwort des Parl. Staatssekretärs Baum vom 19. Juni 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Büchner (Speyer) (SPD) (Drucksache 7/769 Fragen A 10 und 11) : Kann die Bundesregierung bestätigen, daß der Deutsche Sportbund und der Deutsche Leichtathletikverband aus Sportförderungsmitteln des Bundes Zuschüsse für die Errichtung von Verwaltungsbauten (z. B. Nachfinanzierung „Haus des Sports", Errichtung eines „Hauses der Verbände", Errichtung von drei „Führungs- und Verwaltungsschulen" und Errichtung einer Verbandstrainerschule in Darmstadt) von fast 20 Millionen DM eingeplant oder beantragt haben? Trifft es zu, daß eine derarlig massive Verwendung von Sportförderungsmitteln für verbandspolitische Investitionen 70 Lasten sportbezogener Maßnahmen nicht zu vertreten ist? Zu Frage A 10: Der Deutsche Sportbund und der Deutsche Leichtathletikverband haben eine Beteiligung des Bundes an folgenden Vorhaben beantragt: a) Restfinanzierung des Hauses des Sports in Frankfurt/M. mit einer Belastung des Bundes in Höhe von 611 000,- DM b) Finanzierung des Hauses der Verbände, dessen Gesamtkosten nach den bisher vorliegenden Schätzungen zwischen 8,2 und 9,4 Millionen DM betragen sollen c) Beteiligung an der Finanzierung einer Führungs- d) und Verwaltungsschule des Sports in Berlin mit einem Betrag in Höhe von 1,9 Millionen DM e) Beteiligung an der Finanzierung der Verbandstrainerschule des DLV in Darmstadt mit einem Betrag von 1,5 Millionen DM f) Es ist weiter vorgesehen, im Zusammenhang mit dem Bundesleistungszentrum für Judo, Hockey und Schwimmen in Köln eine Trainerakademie zu errichten, wobei Räumlichkeiten in dem. geplanten Unterkunftsgebäude des Bundesleistungszentrums als Trainerakademie mitgenutzt werden sollen. Die Kosten des Unterkunftsgebäudes belaufen sich insgesamt auf ca. 6,8 Millionen DM. Das Vorhaben soll vom Land Nordrhein-Westfalen und vom Bund gemeinsam finanziert werden. Weitere Anträge zur Finanzierung von Vorhaben der genannten Art liegen mir nicht vor. Zu Frage A 11: Die Bundesregierung steht der Errichtung einer Trainerakademie und einer Führungs- und Verwaltungsschule positiv gegenüber, das um so mehr, als die letztere in Berlin liegt. Im Hinblick auf die dringende Notwendigkeit, verbesserte Ausbildungsmöglichkeiten für unsere Trainer zu schaffen, hat sich auch die Deutsche Sportkonferenz für den Bau einer Trainerakademie ausgesprochen. Die Errichtung einer Führungs- und Verwaltungsschule bietet dem Sport eine hervorragende Chance, seine Förderungsstruktur bis hinein in die Vereine modernen Erfordernissen anzupassen und damit die Vielfalt der Aufgaben besser zu meistern. Zur Frage des „Hauses der Verbände" des DSB und der Verbandstrainerschule des DLV in Darmstadt habe ich bereits in meinem Bericht vor dem Sportausschuß des Deutschen Bundestages am 14. März 1973 Stellung genommen. Eine endgültige Entscheidung über die Beteiligung des Bundes an den Vorhaben ist hier aber erst nach Vorlage weiterer Unterlagen und deren abschließender Prüfung möglich. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß es offenkundig ist, daß die Mittel, die für die Trainerakademie, das Haus des Sports und die Verbandstrainerschule des DLV zur Verwendung kommen, der Verbesserung der Struktur des deutschen Sports dienen. Auch bei der noch ausstehenden Entscheidung für das Haus der Verwaltungsschule wird dieser Gesichtspunkt zu berücksichtigen sein. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Berkhan vom 19. Juni 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Klepsch (CDU/CSU) (Drucksache 7/769 Frage A 33) : Welche Pflichtlektüre ist den Soldaten, welche den Oftizieren der NVA arterlegt, um diese zum Haß gellen den westdeutschen Klassenfeind und seine Streilkräfte zu erziehen! Im „Leitfaden für das Studium in der gesellschaftswissenschaftlichen Weiterbildung der Offiziere und Berufsoffiziere im Ausbildungsjahr 1972/73" in der NVA werden rund 75 Titel als Pflichtlektüre genannt. Diese Pflichtlektüre greift unmittelbar auf Marx/Engels und Lenin zurück. Ein geringer Anteil stammt von Bresnew, Suslow, Honecker, Hager, anderen Verfassern und Autorenkollektivs. Neue Erscheinungen versuchen vor allem, die Koexistenz mit nicht-sozialistischen Staaten als die zur Zeit notwendige Form des Klassenkampfes zu erklären. Dabei bleibt Haß auf den Feind ein Teil des Klassenkampfes. Offenbar ist der Kommunismus, urn seine ideologische Wirkung im Innern zu bewahren, auf ein ideologisches Angriffsobjekt draußen, auf einen Feind angewiesen. Anlage 8 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 18. Juni 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache 7/769 Frage A 39) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, tun sicherzustellen, daß die künstlichen wie auch die natürlich vorkommenden Substanzen, die Veränderungen der Erbanlagen (Mutationen) in den Keimzellen und auch in den Körperzellen hervorrufen können, in einem Katalog der Öffentlichkeit bekanntgemacht werden? Die Bundesregierung möchte davon absehen, einen Katalog von mutagenen Stoffen zu veröffentlichen. Es sind etwa 400 Stoffe synthetischer und natürlicher Herkunft bekannt, die sich im Experiment als mutalten erwiesen haben. Diese Untersuchungsergebnisse lassen sich indessen nicht einfach auf den Säugetierorganismus und auf den Menschen übertragen. Bei einem Teil dieser Stoffe wirkt sich die mutagene Eigenschaft beim Menschen nicht aus, bleibt unauffällig oder der Mensch wird nur mit einer solchen Dosis kontaminiert, die unwirksam ist. Ein anderer Teil wird trotz der bekannten mutagenen Eigenschaft unter ärztlicher Aufsicht und Verantwortung zur Bekämpfung schwerer Infektionskrankheiten eingesetzt. Diese kurze Darstellung zeigt, daß sowohl die Extrapolation von gewiß korrekten Untersuchungsergebnissen auf den Menschen als auch die SchadenNutzen-Abwägung zur Zeit noch sehr schwierig ist. Die Bekanntgabe einer Aufstellung von mutagenen Stoffen würde sich bei dieser Sachlage in der Öffentlichkeit so auswirken, daß Fehleinschätzungen zu erwarten sind und damit der so nicht zutreffende Eindruck hervorgerufen wird, man sei von einer Vielzahl derartiger Stoffe direkt bedroht. 2670* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 Die Bundesregierung befaßt sich ständig mit der Problematik dieser Stoffgruppe und prüft zur Zeit, ob und welche Regelung des Verkehrs mit diesen Stoffen, vor allem im Rahmen des in Vorbereitung befindlichen Giftgesetzes, getroffen werden kann. Anlage 9 Antwort des Parl. Staatssekretärs Westphal vom 18. Juni 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Nölling (SPD) (Drucksache 7/769 Fragen A 40 und 41): Warum gehen die Vorbereitungen zur Gründung eines schifffahrtsmedizinischen Instituts nur so schleppend voran? Ist die Bundesregierung bereit, die Initiative zur baldigen Gründung eines solchen Instituts zu ergreifen? Zu Frage A 40: Die Vorbereitungen einer Umwandlung der beim Bernhard-Nocht-Institut für Tropenkrankheiten in Hamburg bestehenden Abteilung für Schiffahrtsmedizin in ein eigenes Institut stößt hinsichtlich der laufenden Förderung auf eine Reihe von Schwierigkeiten. So konnte bisher noch keine verbind- liche Absprache mit den in Frage kommenden Bundesländern über die Finanzierung, insbesondere der Folgekosten erzielt werden. Erschwerend wirkt sich auch die Stellungnahme des Wissenschaftsrates aus, daß es sich bei einem solchen Institut nicht um eine reine Forschungseinrichtung handele, so daß eine Anwendung des Königssteiner Abkommens oder seiner Folgeabkommen zu einer gemeinsamen Bund-Länder-Finanzierung in diesem Rahmen nicht möglich erscheint. Es ist daher leider auch heute noch nicht abzusehen, ob lediglich eine Verstärkung der jetzigen Abteilung für Schiffahrtsmedizin in Frage kommen wird oder ob und wann ein eigenes Institut für diese Aufgaben gegründet werden kann. Zu Frage A 41: Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß eine Verstärkung der schiffahrtsmedizinischen Forschung, Beratung und Praxis erforderlich ist. Sie ist daher bemüht, durch Forschungsaufträge aus dem Bereich der Seeschiffahrt wie der Binnenschiffahrt eine solche Entwicklung zu fördern. Sie wird auch im Rahmen ihrer Möglichkeiten weitere Initiativen zur Gründung eines Instituts für Schiffahrtsmedizin ergreifen. Es muß aber darauf hingewiesen werden, daß wesentliche Beiträge hierzu von den an der Schiffahrt interessierten Ländern kommen müssen, ohne die jede Initiative der Bundesregierung schließlich ohne durchgreifende Wirkung bleiben muß. Anlage 10 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 19. Juni 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Milz (CDU/CSU) (Drucksache 7/769 Frage A 45) : Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß die Kanalisierung der Saar nicht zur dringend erforderlichen Strukturverbesserung der Saarwirtschaft beiträgt, sondern genau umgekehrt die bestehende Monostruktur noch weiter verfestigt, und daß darüber hinaus angesichts der über kurz oder lang zu erwartenden Harmonisierung der Wegekosten zwischen Schiene und Wasserstraße schließlich überhaupt noch ein Frachtvorteil auf der Kanalstrecke gegenüber der Schiene übrigbleibt? Die Regierungen vom Saarland und von Rheinland-Pfalz haben am 30. Januar 1973 gemeinsam erklärt, daß sie zwar mehr für das Projekt eines Saar-Pfalz-Rhein-Kanals plädieren, ein Ausbau der Saar bis zur Mosel aber auch zur Stabilisierung des montan-industriellen Kerns der Saarwirtschaft beitragen würde. Auch die Industrie- und Handelskammer des Saarlandes sieht in einem Ausbau der Saar in Verbindung mit zusätzlichen Infrastrukturmaßnahmen ein „geeignetes Instrument zur Realisierung der strukturpolitischen Ziele des Saarlandes". Die Bundesregierung ist mit den Ländern der Auffassung, daß der Saarausbau verbunden mit einer Fortführung des „Regionalen Aktionsprogramms Saarland/Westpfalz" wesentlich zur Verbesserung der bestehenden Struktur in beiden Randgebieten beiträgt. Bei einem Ausbau der Saar werden der Wirtschaft Frachtvorteile von insgesamt 263 Millionen DM (Gegenwartswert auf den 1. Januar 1972 diskontiert) zuwachsen. Ob und in welcher Weise eine Harmonisierung der Wegekosten diese Aussage verändert, wird von den Zurechnungsmodalitäten der Kosten abhängen. Diese Frage kann aber nur im europäischen Rahmen gelöst werden. Anlage 11 Antwort des Parl. Staatssekretärs Haar vom 19. Juni 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/769 Frage A 46) : Trifft es zu, daß im Zuge der Neuorganisation der Wasserstraßenverwaltung in Baden-Württemberg in Zukunft nur noch eine Wasser- und Schiffahrtsdirektion erhalten bleibt, und daß dabei daran gedacht ist, die Wasser- und Schiffahrtsdirektion Stuttgart am Sitz der Landesregierung bestehen zu lassen und das Personal und die Aufgaben der Wasser- und Schiffahrtsdirektion Freiburg auf die Stuttgarter Direktion zu übertragen? Nach einem Gutachten des Bundesbeauftragten für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung sollen die Wasser- und Schiffahrtsdirektionen im gesamten Bundesgebiet neu geordnet und ihre Zahl auf etwa die Hälfte verringert werden. Im Zuge der Auswertung dieses Gutachtens ist für eine Erörterung mit der Personalvertretung meines Hauses u. a. auch eine Zusammenlegung der Wasser- und Schiffahrtsdirektionen Freiburg und Stuttgart in Stuttgart zur Diskussion gestellt. Eine Entscheidung ist noch nicht getroffen worden. Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 45. Sitzung. Bonn, Dienstag, den 19. Juni 1973 2671* Anlage 12 Antwort des Parl. Staatssekretärs Zander vom 19. Juni 1973 auf .die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache 7/769 Frage A 53) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß die Anerkennung im Ausland abgelegter Reifeprüfungen durch die Kultusministerkonferenz nur in einem sehr zeitraubenden Verfahren möglich ist und daß bei einem oft monatelangen Warten auf eine Entscheidung der Kultusministerkonferenz Abiturienten aus Entwicklungsländern in unzumutbarer Weise an der Aufnahme des Studiums gehindert werden, und welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung im Rahmen der verfassungsmäßigen Zuständigkeiten, auf eine Beschleunigung dieses Verfahrens hinzuwirken? Das Anerkennungsverfahren für im Ausland abgelegte Reifeprüfungen ist Angelegenheit der Länder, die hierfür bei dem Sekretariat der Konferenz der Kultusminister eine Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen eingerichtet haben. Die Bundesregierung kann auf das dort geübte Verfahren im einzelnen keinen Einfluß nehmen. Weil zum Teil bei der Bearbeitung umständliche Nachforschungen erforderlich sind, können von Fall zu Fall unterschiedlich lange Wartezeiten entstehen. Ich bin jedoch gerne bereit, die Konferenz der Kultusminister auf das in Ihrer Frage beschriebene Problem aufmerksam zu machen.
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    Rede von Georg Gallus


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege Eigen, es ist genauso, wie ich es hier gesagt habe.

    (Zuruf von der SPD: Jawohl!)

    Ihr Kollege Schröder (Wilhelminenhof) hat als Letzter im Ernährungsausschuß gesprochen und beantragt, diese Sache als Empfehlung dem Haushaltsausschuß zuzuleiten.

    (Abg. Wehner: Hört! Hört!)

    Damit bin ich am Ende. Durch Ihre Zwischenrufe ändert sich an meiner Haltung wie auch an der meiner Fraktion nichts.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Bundesminister Ertl.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Josef Ertl


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (None)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst um Entschuldigung bitten, daß ich fünf Minuten zu spät komme. Aber ich bitte darum, in Zukunft doch klare Termine abzusprechen. Ich darf hier auch für meinen Kollegen Friderichs sprechen, der noch nicht einmal die Gelegenheit hatte, hier in dieser Debatte Stellung zu nehmen.
    Es war ausgemacht, daß die Debatte urn 14.15 Uhr mit dem Beitrag des Kollegen Friderichs beginnt. Herr Kollege Friderichs hatte einen wichtigen Termin mit einem britischen Kollegen. Er war um



    Bundesminister Ertl
    14.15 Uhr hier; doch da wurde bereits mein Einzelplan aufgerufen. Ich bitte also um Verständnis. Man muß Termine schon so absprechen, daß man sie einhalten kann, weil es sonst sehr schwierig ist, sich überhaupt an eine Zeitfolge zu halten.

    (Abg. Bremm: Das Parlament arbeitet eben schneller als die Regierung!)

    Ich möchte zunächst den Berichterstattern und allen Damen und Herren im Haushaltsausschuß danken und von mir aus zu einigen Fragen Stellung nehmen, die an mich gerichtet wurden. Herr Kollege Röhner hat sich ausführlich geäußert. Lassen Sie mich zunächst mit einer Feststellung beginnen, nämlich der, daß sich die Ertragslage der Landwirtschaft in den letzten zwei Jahren wesentlich verbessert hat. Ich glaube, wir können das alle mit Befriedigung feststellen. Es soll unser Ziel sein, auf Grund dieser Position künftige Politik und künftige Agrarpolitik zu betreiben.
    Damit hängt die auch heute morgen von Altbundeskanzler Erhard angeschnittene Frage der EWG-Agrarpolitik eng zusammen. Ich habe das auch mit großem Interesse gehört. Dabei ist mir die Zeit ins Gedächtnis gekommen, als wir mit Ihnen, meine verehrten Herren, mit der Union, in der Koalition waren.

    (Abg. Dr. Jenninger: Das waren noch Zeiten!)

    Auch damals gab es Koalitionsgespräche. Ich habe als bescheidener junger Abgeordneter damals gesagt: Herr Bundeskanzler, könnte man nicht den Weg der koordinierten Marktordnungen beschreiten,
    weil es vielleicht zuviel des Guten ist, am Anfang sofort mit einer gemeinsamen Marktordnung zu beginnen? Ich habe mir sagen lassen müssen, das sei eine politische Entscheidung, die auf Grund eines Kanzlergesprächs zwischen dem damaligen Bundeskanzler und seinem französischen Gesprächspartner zustande gekommen sei.

    (Abg. Haehser: Wer war damals Bundeskanzler?)

    Adenauer!

    (Abg. Haehser: Eben!)

    Und Vizekanzler war Erhard, wenn ich das zur Orientierung sagen darf.

    (Heiterkeit bei Abgeordneten der Regierungsparteien.)

    Ich will nicht aus der Schule plaudern. Täte ich dies, müßte ich sagen, wie oft ich hören mußte, das verstünden wir sowieso alle nicht. Das war vielleicht der Fehler dieser Politik. Die Franzosen wußten, was sie wollten, und verstanden auch, Was sie wollten, während wir immer gesagt haben: Wir verstehen das sowieso nicht, drum wissen wir auch nicht, was wir wollen.

    (Heiterkeit.)

    Das hat sich in dieser Regierung ein klein wenig geändert. Das muß ich sagen; da spreche ich hier auch einmal für meinen Kanzler. Der versteht es, auch über solche Dinge sachverständig zu reden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich will diese Reminiszenz aufgreifen und sagen, daß man damals eben antwortete, das sei eben politisch entschieden. Es muß mit aller Deutlichkeit für Verbraucher und Produzenten gesagt werden. Es
    gab zwei ungeschriebene Thesen ich sage das
    ganz sachlich und nüchtern ; die eine These lautete: Die Deutschen machen das Industriegeschäft, und die Franzosen machen das Agrargeschäft.

    (Abg. Wehner: Und den Moselkanal! —Heiterkeit.)

    — Und den Moselkanal, jawohl. Das ist eine These gewesen, mit der man angetreten ist. Dieser Wechsel wird von den französischen Freunden und hier muß ich sogar sagen: mit Recht — immer wieder eingeklagt, weil wir ständig sagen: Wie steht es mit dieser These? Dabei müßte man heute von der ganz unterschiedlichen Betrachtung ausgehen, daß sich diese These wie so viele Thesen nicht einmal als richtig herausgestellt hat. Inzwischen sieht die Bilanz im Handelsverkehr, und zwar sowohl bei Agrargütern als auch bei Industriegütern, ganz anders aus. Die Entwicklung verläuft ganz anders.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Nach Rußland!)

    -- Da kann ich Ihnen nur sagen, daß Ihr Zwischenruf nicht von Sachkunde und Geist getragen ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich möchte mich hier sachlich unterhalten, es sei
    denn, die Opposition hat kein Interesse, über so ein
    Thema sachlich zu diskutieren; dann hören wir auf.
    Schauen Sie sich doch einmal den Handelsverkehr innerhalb der alten Sechser-Gemeinschaft auf dem industriell-gewerblichen Sektor und schauen Sie sich den Handelsverkehr auf dem Agrarsektor an! Dann werden Sie feststellen, daß diese erste These in sich nicht so logisch war, wie man angenommen hat. Ich begrüße das sogar; denn gerade weil diese Entwicklung nicht eingetreten ist, werden sich die Verhältnisse möglicherweise konsolidieren, wenn sich die gesamte Wirtschafts-, Konjunktur- und Währungspolitik konsolidiert.
    Die zweite These, die meiner Ansicht nach ein fundamentaler Irrtum war, lautete: Fiber den gemeinsamen Agrarmarkt kommen wir automatisch zur Wirtschafts- und Währungsunion. Ich will nichts aus den Schubladen ausplaudern; sonst könnte ich einmal vortragen, was damals alles aus dem Schoße der Verantwortlichen geboren worden ist. Aber eines will ich Ihnen sagen, meine sehr verehrten Freunde von der Opposition, die Sie ja zum Teil in diesem Berufsstand verankert sind. Ich lese Ihre Äußerungen im Berufsstand. Da heißt es z. B. immer wieder, es sollten gemeinsame Preise in nationaler Währung festgelegt werden. Sie werden es nicht glauben: genau das wollten die Franzosen. Das können Sie in den Protokollen nachlesen. Aber die Deutschen haben das nicht gewollt. Sie haben die These aufgestellt: Wenn wir eine Rechnungseinheit haben, gibt es keine Währungsänderungen mehr.
    Ich will damit aber den Katalog der Irrtümer beenden.

    (Abg. Wehner: Schade!)




    Bundesminister Ertl
    Darüber könnte ich — das wäre dann ein anderes Geschäft — zu gegebener Zeit Bände schreiben. Wenn wir in den 60er Jahren versucht hätten, mit größerer Aktivität und mit einer größeren Zahl eigener Vorschläge Agrarpolitik zu treiben, wäre vielleicht mancher Irrtum nicht passiert.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, komme ich zu den wesentlichen Fragen. Natürlich sind die Thesen, die für den Agrarmarkt Pate gestanden haben, heute, nach drei Währungsänderungen — die Lira ist inzwischen um 30 % abgewertet worden —, falsch. Dennoch sind sie politisch relevant, weil unsere Freunde sie als politische Zusagen unsererseits einklagen wollen. Das ist das Problem. Daraus ergibt sich zwangsläufig die Notwendigkeit, mit unseren Partnern in Freundschaft über diese Dinge zu reden. Eine andere Möglichkeit gibt es nicht. Natürlich war es ein Irrtum, zu glauben, durch eine gemeinsame Agrarpolitik könnten auch die sozialen und ökonomischen Probleme in Europa gelöst werden. Natürlich wäre es auch viel sinnvoller gewesen — ich darf das hier einmal offen und deutlich ansprechen — bereits vor einem Jahrzehnt eine europäische Regionalpolitik zu betreiben und Arbeitsplätze in regional oder agrarstrukturell schwachen Gebieten zu finanzieren.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Dann wären nämlich die Italiener — damit komme ich zu einem Passus in den Ausführungen meines Freundes Gallus — heute nicht gezwungen, z. B. die Oliven- und Zitrusproduktion um jeden Preis zu erhalten, weil es keine soziale Alternative für die Menschen dort gibt. Auch der Strukturwandel unserer Landwirtschaft wurde erst möglich, als wir soziale Alternativen anbieten konnten, und zwar in Form von außerlandwirtschaftlichen Arbeitsplätzen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Hier liegt ein grobes Versäumnis der gesamten EWG-Politik vor, was zu ökonomischen Ungleichgewichten geführt hat.
    Dadurch — ich komme jetzt zur Frage der Stabilität, obwohl ich meinem Kollegen Friderichs weiß Gott nicht ins Handwerk pfuschen möchte; aber diesen Satz erlaube ich mir doch zu sagen — muß beispielsweise ein Land wie Italien in der Gemeinschaft trotz einer höheren Inflationsrate, als wir sie haben, um jeden Preis Wachstumspolitik betreiben, weil eben das soziale Problem der Unterbeschäftigung verbunden mit einer zunehmenden Radikalisierung zum Kernproblem in diesem Lande geworden ist und bleiben wird. Wenn dieses Problem nicht von Grund auf gelöst wird, wird der Ansatz für eine gemeinsame Wirtschafts- und Konjunkturpolitik, die wiederum Voraussetzung für eine gemeinsame Währungspolitik ist, sehr, sehr schmal bleiben. Das ist das Problem. Aber nichts ist schwieriger, als bestehende Zustände zu ändern, insbesondere wenn es darum geht, gewisse Chancen und Vorteile zu verteidigen.
    Natürlich spielt die Präferenz innerhalb der Gemeinschaft eine Rolle, und sie bietet auch unseren
    Partnern Vorteile. Der Kollege Röhner hat behauptet, wir verlören ständig Marktanteile. Dazu möchte ich feststellen: Erstens gibt es in der Neunergemeinschaft keinen nationalen Markt mehr. Es ist auch nicht so, daß wir nur etwas abgeben ,sondern wir haben auch etwas gewonnen. Wir schätzen, daß das Agrarexportvolumen in diesem Jahr 7 Milliarden DM betragen wird. Das heißt, wir haben in dieser Gemeinschaft auch Marktanteile gewonnen. Also, das muß ich dann doch relativieren und objektivieren. Ich kann nicht dahergehen und sagen: Weil z. B. die Niederländer, was ja ihr gutes Recht ist, ihre Butter nach Deutschland liefern, ist das absolut gesehen ein Aufgeben von Marktanteilen. Wir haben doch in Italien erhebliche Marktpositionen gewonnen! Insgesamt, glaube ich, kann man das also nicht so vereinfacht darstellen.
    Aber lassen Sie mich jetzt noch ein zweites Problem grundlegender Art anschneiden, weil ich das sehr gern tue. Ich möchte Sie nicht allzulange aufhalten. Es handelt sich um das Problem der Preise. Ich glaube, es wäre wirklich leichtfertig, wenn man nicht sagte, daß der Stand bei den Lebensmittelpreisen, wie wir ihn im Mai hatten, zu echter Besorgnis Anlaß gibt. Das muß man offen bekennen.
    Nur muß ich feststellen, Kollege Gallus hat recht, wenn er erklärt, bis zum Oktober 1972 häten die Lebensmittel im Schnitt unter der durchschnittlichen Preissteigerungsrate in den anderen Bereichen für die Lebenshaltung — sei es Dienstleistung und ähnliches mehr — gelegen. Wenn Sie die Sache genau verfolgen, können Sie das auch als langfristigen Trend feststellen.
    Ich will Sie nicht mit vielen Zahlen langweilen, aber ich habe hier einen langfristigen Trendvergleich, wie sich die einzelnen Preissteigerungen in den letzten zehn Jahren verteilen. Da wird jeweils der Durchschnitt von 1962 zu 1972 verglichen. Bei Dienstleistungen und Reparaturen sind es plus 71,7 %, bei Mieten plus 91,8 %, bei gewerblichen Gütern plus 30,6 %, bei Nahrungsmitteln ohne Genußmittel plus 40,3 %, bei Lebenshaltung ohne Nahrungsmittel plus 50,1 0/0, bei der Lebenshaltung insgesamt 47,2 %.

    (Abg. Gerster [Mainz] : Können Sie einmal den Vergleich von 1969 zu 1972 anführen? Das wäre interessant!)

    — Ich schicke Ihnen das gern, verehrter Herr Kollege. Sie werden verstehen: Solche Zahlen hat man zur Hand. Ich bin gern bereit, sie Ihnen auf Wunsch zu übersenden. Sie können jedoch auch aus dem Vergleich 1969 zu 1972 sehen, daß wir gut abschneiden. Die Kaufkraft ist auch zwischen 1969 und 1972 gestiegen, wobei sich die Ertragslage und die Einkommenssituation der Landwirtschaft wesentlich verbessert haben. Das ist nämlich der Erfolg unserer gemeinsamen Politik.
    Lassen Sie mich jetzt aber auf die Preise eingehen. Wenn Sie die Nahrungsmittelpreise analysieren, werden Sie feststellen, daß es zwei neuralgische Sektoren gibt. Der eine ist der Bereich der sogenannten saisonabhängigen Nahrungsmittel. Hier spielte insbesondere die Frühkartoffel eine große Rolle. Ich



    Bundesminister Ertl
    habe die Kartoffelpreise bewußt für das heutige Datum untersuchen lassen. Am 18. Juni 1973 lagen sie mit 32 DM je 100 Kilogramm um etwa 20 % unter den Preisen des Vorjahres. Das beweist, daß unsere Prognose richtig war, daß sich mit der neuen Ernte nämlich insbesondere dieser Sektor beruhigt.
    Ich kann ähnliche Zahlen nennen für Frühweißkohl, Frührotkohl, Frühwirsing und Kopfsalat. Wir stellen also fest, daß sich dieser saisonale Bereich Obst und Gemüse, mit der Ernte beruhigt. Ich kann heute auch feststellen, daß wir auf dem wichtigen Sektor Rinder immerhin im Augenblick Schlachtviehpreise haben, die mit ungefähr 7,70 DM je Kilogramm unter dem Durchschnitt des Monats April 1973 liegen. Wir können davon ausgehen, daß es sich hier wirklich nur um einen periodischen Einbruch handelt und daß sich die Situation mit dem Verlauf der Ernte, wenn sich die Verhältnisse auf dem Weltmarkt nicht grundlegend verändern, beruhigen wird.
    Ich glaube, daß ist für den Verbraucher eine bedeutsame Feststellung. Ich muß allerdings in dem Zusammenhang hinzufügen -- das ist ja das Markante der berühmten Nixon-Erklärung —, daß Amerika in Erwägung zieht, Agrarexporte zu kontingentieren, weil sich die Weltmarktlage auf dem Agrarsektor bei verschiedenen Produkten grundlegend verändert hat, u. a. bei Weizen. Nach den neuesten Schätzungen des Weltweizenrates muß man auch davon ausgehen, daß ein Versorgungsengpaß oder zumindest eine sehr angespannte Lage nach der neuen Ernte eintreten wird.
    Das wollte ich nur noch einmal kurz sagen. Ich glaube wirklich, bezüglich dieses Punktes mit gutem Grund vor die Verbraucher hintreten zu können und zu erklären: Das war für eine gewisse Zeit ein bedauerlicher Einbruch, aber das wird sich ausgleichen und normalisieren.

    (Abg. Dr. Ritz: Das hört sich aber anders an als bei Herrn Bangemann!)

    — Wissen Sie, Herr Kollege Ritz, die CDU hatte immer eine besondere Vorliebe, die einzelnen Fraktionen auseinanderzudividieren. Ich glaube, es ist höchste Zeit für Sie, daß Sie einmal Ihre eigene Position koordinieren.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Lassen Sie das einmal unsere Sorge sein; schauen Sie, daß Sie auf einen Nenner kommen! Ich könnte auch die Retourkutsche geben und sagen: Wie kommt der Herr Erhard hier ausgerechnet dazu, die Lebensmittelpreise aufs Korn zu nehmen? Er hätte doch über die industriellen Preise sprechen können. Doch darüber rede ich nicht; das spare ich mir. Das ist unter Level.

    (Oho-Rufe bei der CDU/CSU.)

    Jetzt kommt ein letzter Punkt: die Gemeinschaftsaufgaben, meine verehrten Freunde. Weil gerade mein Freund Richard Stücklen so charmant lächelt: Wer hat das denn gemacht, war es nicht unser lieber Freund Franz Josef?

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien. — Lachen bei der CDU/CSU.)

    Ich frage mich: Was hat mein Freund Hermann als (4 Landwirtschaftsminister getan? Diese beiden bedeutenden Vertreter der bayerischen CSU — neben anderen — haben damals dieses Gesetz dem Parlament beschert.
    Es freut einen doch, wenn man sich selbst zitieren kann. Das kann man nicht immer.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ihr kürzt ja! — Abg. Stücklen: Ihr finanziert ja zu wenig!)

    — Von wegen! Wir finanzieren viel mehr, als Ihr für möglich haltet. Wir finanzieren auf jeden Fall mehr, als vor meiner Zeit finanziert wurde. Diese Regierung leistet für die Landwirtschaft finanziell mehr, als vor meiner Zeit geleistet wurde. Das wollen wir doch einmal feststellen, damit keine Irrtümer entstehen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Aber wissen Sie, verehrte Kollegen — ich wiederhole — nichts freut einen in der Politik mehr, als wenn man sich selbst wieder zitieren kann, und zwar mit der These, man habe recht gehabt. Jetzt will ich Ihnen einmal verlesen, was ich damals namens der Opposition zum Gemeinschaftsaufgabengesetz gesagt habe. Ich darf zitieren, Herr Präsident:
    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Fraktion der Freien Demokraten erkläre ich, daß wir dieser Vorlage nicht zustimmen können. Damit
    — jetzt passen Sie auf —
    wird der Weg in die grauen Zonen der Mischverwaltungen beschritten. Das geschieht entgegen den ursprünglichen Absichten einer echten Finanzreform.
    — Zu einer echten Finanzreform waren Sie nicht in der Lage!
    Im übrigen haben wir starke Bedenken bezüglich des Instruments der Planungsausschüsse und der damit verbundenen weitgehenden Beeinträchtigung der parlamentarischen Rechte von Landtag und Bundestag. Diese grundsätzlichen Überlegungen machen es uns nicht möglich, der Vorlage unsere Zustimmung zu geben.
    Meine verehrten Freunde, ich könnte nun auch zitieren, was mein guter Landsmann aus Bayern dazu gesagt hat. Das überlasse ich aber Ihrem Freizeitstudium. Ich kann nur sagen, daß ich davor gewarnt habe, und wir haben sogar recht behalten.
    Jetzt komme ich noch einmal auf die Situation in Europa zu sprechen, weil kein Minister der Bundesregierung so zwischen allen Stühlen sitzt wie ich in dieser Frage. Dieselbe tragische Situation haben wir nämlich in Europa, solange es hier keine echte parlamentarische Kontrolle gibt.

    (Beifall.)

    Ich muß kraft Amtes hier mitwirken. Ich muß als Minister dort Legislativfunktion übernehmen, und die Kommission braucht nicht auf ein freigewähltes Parlament Rücksicht zu nehmen. Das bedeutet auch, daß es keine Verantwortung vor dem Volk gibt. Dies wiederum heißt, daß man im Parlament ganz



    Bundesminister Ertl
    anders reden kann als daheim, weil jedermann weiß, daß das, was man dort sagt, nicht relevant ist und keine Bedeutung hat. Aber jetzt kommt meine ganz besonders tragische Situation, die Sie auf die Dauer auch verfassungsrechtlich nicht so hinnehmen können. Man kann doch dort nicht mit elf Länderlandwirtschaftsministern verhandeln! Im Grunde genommen müßte ich sagen: das müßten eigentlich meine Kollegen tun, denn diese sind nach dem Gemeinschaftsaufgabengesetz für die Mitfinanzierung zuständig. Ich muß dennoch dort beschließen, denn wenn ich in der EWG-Agrarpolitik vorwärtskommen will, dann muß ich z. B. auch in der Strukturpolitik im Interesse der Beihilfe- und der Wettbewerbsharmonisierung Fortschritte erzielen. So sitze ich dort permanent zwischen allen Stühlen. Ich sitze zwischen den Stühlen des nationalen Parlaments, der berechtigten Wünsche der Länderminister auf diesem Sektor und meinen Verpflichtungen, in Europa unsere Interessen und auch die europäischen Interessen zu vertreten. Ich sitze auch insofern in der Frage der Gemeinschaftsaufgaben zwischen den Stühlen, als wir durch Verfassungsrecht einen Zustand geschaffen haben, daß ich mich mit den Ländern über den Plafond und die einzelnen Bedingungen zusammenraufen muß. Ich verstehe, wenn das Parlament mit Recht sagt: wir sind mehr oder weniger nicht mehr gefragt. Ich bedauere diesen Zustand; ich habe ihn nicht erfunden. Aber, meine verehrten Damen und Herren und meine lieben Freunde von der CDU/CSU, wenn Sie heute durch die Lande ziehen und sagen, das hätte diese Regierung erfunden, dann muß ich das allerdings als unrichtig zurückweisen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Ritz: Das tut doch niemand!)

    — Oh doch, oh doch, verehrte Freunde! Ich bin gern bereit, Ihnen entsprechende Erklärungen abzugeben. Ich muß auch sagen, daß herr Kollege Röhner immer großes Geschick hat, über etwas zu reden, wie wenn das alles die böse Regierung gemacht hätte, und der gesagt hat, wie schlimm das mit dem Gemeinschaftsaufgabengesetz ist, und ähnliches mehr. Ich gebe zu, das ist keine ideale Lösung. Aber das ist ein verfassungsrechtlich verankertes Erbe.

    (Abg. Stücklen: Schaffen wir es einfach ab!)

    — Darüber läßt sich reden. Aber Sie haben im Augenblick keinen Grund, das zu kritisieren. Sie können höchstens sagen: Wir sind die Sündigen. Und dann kann ich sagen. Ich vergebe euch.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, es schmerzt mich, daß Sie meinem Haushalt nicht zustimmen können. Aber ich werde das mit Würde tragen. Ich glaube jedoch mit gutem Grund noch auf einen Punkt hinweisen zu müssen: Die sozialen Leistungen dieser Regierung können kritische Maßstäbe aushalten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie sind Maßnahmen, die letzten Endes den betroffenen Menschen auf dein Lande - ich darf das unterstreichen, was Herr Kollege Löffler gesagt hat - voll zugute kommen. Sie entlasten auch den aktiven Betriebsleiter. Dabei denke ich daran, daß wir für
    die Altenteiler die vollen Kosten der Krankenversicherung übernommen haben.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Obwohl heute von seiten der CDU/CSU über die Indexklauseln geschimpft wurde, sind wir, wie ich sagen muß, sogar noch so waghalsig — selbst ich als Liberaler mache es mit --, die Dynamisierung der Altershilfe ab nächstem Jahr und die Zusatzversorgung für die Arbeitnehmer zu verwirklichen.
    Im Laufe der ersten vier Jahre dieser Regierung ist die nationale Sozialpolitik auf dem Gesetzgebungsweg so zurr Abschluß gekommen, daß ich mit gutem Grund sagen kann: Es ist die Weiche für die soziale Gleichstellung der Menschen auf dem Lande mit der übrigen Bevölkerung gestellt worden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)