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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 30. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 Inhalt: Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 1543 A Amtliche Mitteilungen 1543 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 21. Dezember 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (Drucksache 7/153); Bericht und Antrag des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen (Drucksachen 7/500, 7/516) — Fortsetzung der zweiten Beratung ,— in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen (Drucksachen 7/154, 7/503); Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache 7/520), Bericht und Antrag des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache 7/502) — Fortsetzung der zweiten Beratung — Scheel, Bundesminister (AA) . . . 1544 A Dr. Gradl (CDU/CSU) 1548 C Höhmann (SPD) . . . . . . . 1553 D Ronneburger (FDP) . . . . . . 1558 B Franke, Bundesminister (BMB) . . 1560 D Dr. Abelein (CDU/CSU) . . . . 1565 A Wischnewski (SPD) . . . . . . 1569 D Dr. Bangemann (FDP) 1573 A Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) . 1601 C Dr. Kreutzmann (SPD) 1605 B Eppler, Bundesminister (BMZ) . . 1608 A Graf Stauffenberg (CDU/CSU) . . 1609 D Flach (FDP) 1614 C Mattick (SPD) 1618 B Bahr, Bundesminister 1622 A Fragestunde (Drucksache 7/511) Frage A 83 des Abg. Engelsberger (CDU/CSU) : • Verkauf von Butter an die Sowjetunion und Weiterverkauf nach Chile Ertl, Bundesminister (BML) . . . . 1578 D, 1579 A, B Engelsberger (CDU/CSU) . . . . 1579 A, B Frage A 84 des Abg. Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) : Änderungen des einzelbetrieblichen Förderungsprogramms für die Landwirtschaft auf Grund des Einspruchs der EG-Kommission Ertl, Bundesminister (BML) . . . . 1579 C, 1580 A, C Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) . 1580 A, C II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 Frage A 85 des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Auswirkungen der Preisbeschlüsse des EG-Ministerrates auf die Entwicklung der Betriebskosten und der Einkommen der deutschen Bauern Ertl, Bundesminister (BML) . . . 1580 C, D, 1581 A Niegel (CDU/CSU) . . . 1580 D, 1581 A Frage A 8 des Abg. Dr. Müller (München) (CDU/CSU) : Äußerung des Bundeskanzlers über Gäste als Belastung für den Besuch Breschnews Ravens, Parl. Staatssekretär (BK) . 1581 B, C Dr. Müller (München) (CDU/CSU) 1581 B, C Höcherl (CDU/CSU) . . . . . . 1581 C Fragen A 9 und 10 der Abg. Dr. Müller (München) und Engelsberger (CDU/CSU) : Äußerung des Bundeskanzlers in Pula über die Einstellung der Wähler der CDU und der CSU zum Frieden Ravens, Parl. Staatssekretär (BK) . . 1581 D, 1582 A, B, C, D, 1583 A Dr. Müller (München) (CDU/CSU) . 1581 D, 1582 A, D Engelsberger (CDU/CSU) . . . 1582 B, C Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . . . 1582 D Frage A 62 des Abg. Dr. Geßner (SPD) : Irreführende Angaben in Prospekten und anderen Veröffentlichungen von Reiseveranstaltern Dr. Bayerl, Parl. Staatssekretär (BMJ) 1583 B, C, D, 1584 A Dr. Geßner (SPD) 1583 C, D Hansen (SPD) 1583 D Dr. de With (SPD) 1584 A Frage A 63 des Abg. Gallus (FDP) : Änderung der Jugendarrestvollzugsordnung Dr. Bayerl, Parl. Staatssekretär (BMJ) 1584 B, D, 1585 A Gallus (FDP) 1584 C, D Höcherl (CDU/CSU) 1585 A Fragen A 77 und 78 des Abg. Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) : Aufnahme einer berührungssicheren Glühlampenfassung in die VDE-Vorschriften Grüner, Parl. Staatssekretär (BMW) 1585 B, C, D, 1586 A, B, C Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) . 1585 C, D, 1586 A, B, C Lemp (SPD) 1586 C Fragen A 79 und 80 des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Konsequenzen aus dem Jahresbericht 1972 der Deutschen Bundesbank Grüner, Parl. Staatssekretär (BMW) 1587 A, B, C, D Höcherl (CDU/CSU) . . . 1587 B, C, D Fragen A 86 und 87 des Abg. Bremm (CDU/CSU) : Krankenversicherungsbeiträge freiwillig weiterversicherter Angestellter, die zugleich landwirtschaftliche Unternehmer sind Eicher, Staatssekretär (BMA) 1588 A, B, C Bremm (CDU/CSU) 1588 C, D Frage A 88 des Abg. Dr. Schäuble (CDU/ CSU) : Berücksichtigung der Inhaftierung durch eine Besatzungsmacht auf Grund einer Denunziation als Ersatzzeit im Sinne des § 28 AVG Eicher, Staatssekretär (BMA) . . 1589 A, C Dr. Schäuble (CDU/CSU) 1589 B Fragen A 89 und 90 des Abg. Geisenhofer (CDU/CSU) : Anmeldung von Schwerbehinderten zur freiwilligen Versicherung nach dem Rentenreformgesetz 1972 Eicher, Staatssekretär (BMA) . . 1589 C, D Fragen A 95 und 96 des Abg. Müller (Berlin) (CDU/CSU) : Forderungen des Deutschen Familienverbands betr. eine Übergangslösung zum Familienlastenausgleich Westphal, Parl. Staatssekretär (BMJFG) 1590 B, C, D, 1591 A, B, C, D Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . . 1590 B, C, 1591 B, C Frau Stommel (CDU/CSU) . . . 1590 D Baier (CDU/CSU) 1591 D Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Brandt, Bundeskanzler . . . . . 1592 A Dr. Narjes (CDU/CSU) 1594 B Dr. Schachtschabel (SPD) 1596 C Dr. Graf Lambsdorff (FDP) . . . 1598 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 1. Oktober 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Rechtshilfe in Strafsachen (Drucksache 7/371) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . . 1626 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. November 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Auslieferung (Drucksache 7/372) — Erste Beratung — . . . 1626 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes vom 14. Januar 1969 zu dem Übereinkommen vom 7. September 1967 zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen und zu dem Protokoll über den Beitritt Griechenlands zu diesem Übereinkommen (Drucksache 7/470) — Erste Beratung — 1626 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 7. Juni 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 7/471) — Erste Beratung — 1626 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 25. November 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Liberia zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 7/472) — Erste Beratung — 1626 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Kostenermächtigungsvorschriften des Seemannsgesetzes (Drucksache 7/482) — Erste Beratung — 1626 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1973 (ERPWirtschaftsplangesetz 1973) (Drucksache 7/479) — Erste Beratung — 1626 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 120 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 8. Juli 1964 über den Gesundheitsschutz im Handel und in Büros (Drucksache 7/414) — Erste Beratung — 1626 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Internationalen Olivenöl-Übereinkommen von 1963 (Drucksache 7/413) — Erste Beratung — 1626 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse (SPD, CDU/CSU, FDP) (Drucksache 7/400) — Erste Beratung — 1626 D Entwurf eines Gesetzes über eine Statistik des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (Drucksache 7/426) — Erste Beratung — 1626 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 15. Februar 1966 über die Eichung von Binnenschiffen (Drucksache 7/481) — Erste Beratung — . . . . . 1626 D Entwurf eines Gesetzes über das Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (Drucksache 7/506) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 1626 D Entwurf eines Gesetzes zur Abwicklung der Reichsärztekammer (Reichsärztekammer-Abwicklungsgesetz) (Drucksache 7/507) — Erste Beratung — . . . . 1627 A Nächste Sitzung 1627 C Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1629* A Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Bayerl (BMJ) auf die Fragen A 64 Und 65 — Drucksache 7/511 — des Abg. Dr. Schneider (CDU/CSU) betr. Begünstigung krimineller Ausschreitungen bei Demonstrationen durch die Liberalisierung des Demonstrationsstrafrechts und Maßnahmen gegen die Verschlechterung der inneren Sicherheit . . . . . . . 1629* B Anlage 3 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 91 — Drucksache 7/511 — des Abg. Lenzer (CDU/CSU) betr. Beschäftigung von Jugendlichen mit Akkordoder Fließarbeit 1630* A Anlage 4 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 92 — Drucksache 7/511 — des Abg. Spranger (CDU/CSU) betr. Behandlung der Schwerkriegsbeschädigten in der Krankenversicherung der Landwirte 1630* B IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 Anlage 5 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 93 — Drucksache 7/511 — des Abg. Peiter (SPD) betr. technische Unzulänglichkeiten eines bestimmten Baggermodells . . . . . . . . . . 1630* D Anlage 6 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 94 — Drucksache 7/511 — des Abg. Zebisch (SPD) betr. Meldungen über ein Ansteigen des Krankenstandes 1631* B Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage A 129 — Drucksache 7/511 — des Abg. Ernesti (CDU/CSU) betr. Protest der drei westlichen Stadtkommandanten zu dem Zwischenfall an der Sektorengrenze in der Nähe des Reichstags 1631* D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 1543 30. Sitzung Bonn, den 10. Mai 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 29. Sitzung, Seite 1415 A: Die Verordnung (Euratom) des Rates zur Änderung der Bedingungen für die Besoldung und die soziale Sicherheit der Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Forschungsstelle, die in Belgien dienstlich verwendet werden — Drucksache 7/492 —überwiesen an den Innenausschuß (federführend), Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat ist zu streichen. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 12.5. Adams * 12. 5. Dr. Aigner * 12. 5. Dr. Arndt (Berlin) * 12. 5. Dr. Artzinger * 12. 5. Dr. Bangemann * 12. 5. Barche 26. 5. Behrendt * 12. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 26. 5. Blumenfeld * 12. 5. Dr. Burgbacher * 12. 5. Coppik 26. 5. Dr. Corterier * 12. 5. Eckerland 26. 5. Fellermaier * 12. 5. Flämig * 12. 5. Frehsee * 12. 5. Dr. Früh * 12. 5. Gerlach (Emsland) * 12. 5. Graaff 12. 5. Härzschel * 12. 5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 12. 5. Kater * 12. 5. Dr. Klepsch * 12. 5. Krall * 12. 5. Freiherr von Kühlmann-Stumm 24. 5. Lange * 12. 5. Lautenschlager * 12. 5. Lücker * 12.5. Dr. Martin 26. 5. Memmel ' 12. 5. Müller (Mülheim) * 12. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 12.5. Frau Dr. Orth 26.5. Picard 12.5. Schmidt (München) * 12. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 12. 5. Schwabe * 12. 5. Dr. Schwörer * 12. 5. Seefeld * 12. 5. Springorum * 12. 5. Dr. Starke (Franken) * 12. 5. Walkhoff * 12. 5. Frau Dr. Walz * 12. 5. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 10. Mai 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Dr. Schneider (CDU/CSU) (Drucksache 7/511 Fragen A 64 und 65) : Inwieweit hat nach den Feststellungen der Bundesregierung die Liberalisierung des Demonstrationsstrafrechts mit dem dritten Strafrechtsreformgesetz kriminelle Ausschreitungen bei Demonstrationen der letzten Zeit in Frankfurt und Bonn begünstigt sowie die präventive Unterbindung von Gewaltakten erschwert bzw. verhindert? Ist die Bundesregierung bereit, aus der bedrohlichen Verschlechterung der inneren Sicherheit Konsequenzen zu ziehen, und welche Maßnahme gedenkt sie gegebenenfalls zu ergreifen? Zu Frage A 64: Bereits in meiner Antwort auf eine Anfrage des Abgeordneten Höcherl vom 12. August 1971 - zu Drucksache VI/2492 - habe ich darauf hingewiesen, daß es eines der Ziele des Dritten Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 20. Mai 1970 (BGBl. I Seite 505) war, die friedliche Meinungsäußerung und den gewalttätigen Mißbrauch des Demonstrationsrechts klar voneinander abzugrenzen. Dieses Ziel ist auch erreicht worden. Der durch das Dritte Reformgesetz neugefaßte Tatbestand des Landfriedensbruchs (§ 125 StGB) ist gerade gegen Gewaltakte geschaffen worden, wie sie in letzter Zeit in Bonn und Frankfurt vorgekommen sind. Die Lockerung der Strafdrohung des § 125 StGB gegenüber dem alten Rechtszustand besteht nur darin, daß solche Personen straffrei gestellt sind, die im Rahmen einer Demonstration weder Gewaltakte begangen noch solche Handlungen im Sinne des § 125 StGB gefördert haben. Sie betrifft die Teilnahme an den Ausschreitungen in Bonn und Frankfurt nicht. Im übrigen stellt das Strafgesetzbuch eine Reihe sonstiger Vorschriften zur Verfügung, die bei Gewaltakten - je nach Sachlage zur Anwendung kommen. Ich nenne hier nur die Tatbestände der Körperverletzung, Sachbeschädigung, Nötigung und ähnlicher Delikte. Von einer Begünstigung von Gewaltakten durch das 3. Strafrechtsreformgesetz kann also überhaupt keine Rede sein. Dies wird auch bestätigt durch statistische Erhebungen, die der Bundesminister des Innern seit dem Jahre 1968 bei den Innenverwaltungen der Länder durchführt und die auf Polizeiberichten beruhen. Danach ging seit 1969 sowohl die Anzahl der Demonstrationen überhaupt als auch besonders der Anteil der unfriedlichen Demonstrationen fast kontinuierlich zurück. Während 1969 noch etwa jede zweite bis dritte der 2 253 erfaßten Demonstrationen unfriedlich verlief, war es 1972 nur etwa jede zwanzigste bei einer Gesamtzahl von 1 547 Demonstrationen. Zu Frage A 65: Aus der Verbindung dieser Frage mit Ihrer ersten Frage schließe ich, daß Sie offensichtlich dann auch davon ausgehen, die Reform des Demonstrationsstrafrechts habe zu einer bedrohlichen Verschlechterung der inneren Sicherheit geführt. Das trifft wie ich bereits ausgeführt habe - nicht zu. Deshalb sehe ich aus der Sicht meines Geschäftsbereichs keinen Anlaß, erneut eine Änderung des Demonstrationsstrafrechts in Erwägung zu ziehen. 1630* Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 Anlage 3 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 10. Mai 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 7/511 Frage A 91): Wie beurteilt die Bundesregierung die im § 38 des Jugendarbeitsschutzgesetzes eingeräumte Möglichkeit, für Jugendliche über 16 Jahre durch die Gewerbeaufsichtsämter Akkord- bzw. Fließarbeit in Ausnahmefällen zuzulassen, und ist sie gegebenenfalls der Auffassung, daß der Gesetzestext so geändert werden sollte, daß grundsätzlich für Jugendliche unter 18 Jahren die Beschäftigung mit Akkord- oder Fließarbeit verboten wird? Wie Herr Minister Arendt bereits in der Debatte über die Regierungserklärung am 24. Januar 1973 angekündigt hat, bereitet mein Haus eine Reform des Jugendarbeitsschutzes vor. Im Rahmen der Vorarbeiten hierzu wird auch die Vorschrift des § 38 des Jugendarbeitsschutzgesetzes über die Akkord- und Fließarbeit überprüft. Die Prüfung ist jedoch noch nicht abgeschlossen, insbesondere sind noch einige Rückfragen bei den Gewerbeaufsichtsämtern erforderlich. Ich bitte um Verständnis, wenn ich dem Ergebnis der Überprüfung heute nicht vorgreifen möchte. Ich hoffe, die Prüfung so rechtzeitig abschließen zu können, daß ein erster Entwurf eines neuen Jugendarbeitsschutzgesetzes alsbald erstellt werden kann. Anlage 4 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 10. Mai 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/ CSU) (Drucksache 7/511 Frage A 92) : Wird die Bundesregierung den sozialen Status der schwerkriegsbeschädigten Landwirte dadurch verbessern, daß sie die nach dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bestehende volle Beitragspflicht nach dem Flächenwert ändert und eine der kostenlosen Heilbehandlungen gem. § 10 des Bundesversorgungsgesetzes entsprechende Regelung für diesen Personenkreis und deren Familienangehörige trifft, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Beiträge der Landwirte zur landwirtschaftlichen Krankenkasse für mitarbeitende Familienangehörige zu hoch sind und unverzüglich einer Herabsetzung bedürfen? Zu diesem Thema hat die Bundesregierung bereits in mehreren Fragestunden des Deutschen Bundestages Stellung genommen. Ich möchte hier erneut darauf hinweisen, daß das Problem während der Beratungen des Gesetzentwurfes über die Krankenversicherung der Landwirte im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung des Deutschen Bundestages eingehend erörtert worden ist. Der Ausschuß hat sich vor allem deswegen für die geltende Regelung ausgesprochen, weil Schwerbeschädigte Landwirte in der Krankenversicherung der Landwirte nicht anders behandelt werden können als schwerbeschädigte Pflichtversicherte in der allgemeinen Krankenversicherung. Wollte man allerdings den schwerkriegsbeschädigten Landwirten die Leistungen der Krankenversicherung ohne eigene oder bei verminderter Beitragszahlung zur Verfügung stellen, müßten die übrigen versicherten landwirtschaftlichen Unternehmer diese Aufwendungen mitfinanzieren. Line andere Frage ist es, ob die Beitragsbelastung der schwerkriegsbeschädigten Landwirte auf andere Weise gemildert werden kann. Hierzu hat Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rohde bereits in der Fragestunde am 1. Februar 1973 ausgeführt, daß in der zuständigen Fachabteilung unseres Hauses gegenwärtig die Frage geprüft wird, ob auch die Beitragsbelastung der Landwirte bei der Neugestaltung des § 9 der Verordnung zur Durchführung des § 33 des Bundesversorgungsgesetzes im Rahmen der Einkommensermittlung pauschal berücksichtigt werden kann. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Zum zweiten Teil Ihrer Frage möchte ich folgendes bemerken: Wie Sie wissen, Herr Abgeordneter, tragen die versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmer auch die Beiträge für die bei ihnen mitarbeitenden versicherungspflichtigen Familienangehörigen. Die Folge einer Ermäßigung dieser Beiträge von zwei Dritteln auf die Hälfte des jeweiligen Unternehmerbeitrags wäre eine Umschichtung der Beitragslast unter den Landwirten. Dabei würden Landwirte ohne mitarbeitende Familienangehörige, zu denen auch Kleinstlandwirte zählen, finanziell stärker belastet als bisher. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß nach der verhältnismäßig kurzen Zeit seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte die von Ihnen, Herr Abgeordneter, angesprochene Frage noch nicht abschließend beurteilt werden kann; sie wird die Beitragsentwicklung bei den landwirtschaftlichen Krankenkassen sorgfältig beobachten und zu gegebener Zeit prüfen, ob die Beiträge für mitarbeitende Familienangehörige gesenkt werden können, ohne die Landwirte, die keine mitarbeitenden Familienangehörige beschäftigen, unzumutbar zu belasten. Anlage 5 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 10. Mai 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache 7/511 Frage A 93) : Trifft die Feststellung eines Frankfurter Schöffengerichts zu, daß durch technische Unzulänglichkeiten eines bestimmten Baggermodells es eine Reihe von tödlichen Unfällen gegeben hat, und daß der Gesetzgeber durch Sachverständige mehrmals darauf hingewiesen wurde, und, wenn ja, wird die Bundesregierung nunmehr die Initiative ergreifen und den Betrieb dieses Baggermodells fur die Verlegung von Kanalisationsrohren verbieten? Über das von Ihnen genannte Urteil des Frankfurter Schöffengerichts und den ihm zugrundeliegenden Sachverhalt hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung erst durch kürzlich veröffentlichte Pressemeldungen Kenntnis erlangt. Eine unverzügliche Rückfrage beim Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften ergab, daß die Berufsgenossenschaften bereits im Jahre 1971 wegen der Gefährdung der mit diesen Baggern Beschäftigten mit Herstellern und Benutzern des Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 1631* Baggermodells verhandelt haben. Hierbei ergab sich, daß die genannte Baggertype, die früher von mehreren Herstellern angeboten wurde, nicht nur für Baggerarbeiten verwandt wurde, sondern auch für Hebe- und Transportarbeiten — z. B. bei Rohrverlegungen —, wofür der Bagger an sich nicht gebaut ist. Daher ist vereinbart worden, daß für diesen Zweck Bagger angeboten und eingesetzt werden, die sowohl für Baggerarbeiten als auch für den Hebezeugbetrieb geeignet sind oder die innerhalb weniger Minuten umgerüstet werden können. Der Hauptverband hat die einzelnen Berufsgenossenschaften darauf aufmerksam gemacht, daß die nicht umgebauten Bagger dieser Type als Hebezeug nicht mehr verwendet werden dürfen. Dadurch war ein einheitliches Vorgehen aller Technischen Aufsichtsbeamten sichergestellt. Die Bundesregierung wird sich darüber hinaus dafür einsetzen, daß die Unfallverhütungsvorschrift „Bagger" entsprechend gefaßt wird. Die Benutzer von Baggern müssen auch aus dieser Vorschrift eindeutig erkennen können, daß für Transport- und Hebearbeiten nur solche Geräte verwendet werden dürfen, die auch dafür sicherheitstechnisch geeignet sind. Soweit der vorliegende Fall Fragen aus dem Bereich der Gewerbeaufsicht aufgeworfen hat, gehe ich davon aus, daß die hierfür zuständigen Stellen der Länder bereits geeignete Schritte unternommen haben oder unternehmen werden. Anlage 6 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 9. Mai 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache 7/511 Frage A 94) : Treffen Meldungen einzelner Unternehmer und Wirtschaftsverbände zu, die von einem alarmierenden Ansteigen des Krankenstands in den letzten Jahren sprechen und dafür das Lohnfortzahlungsgesetz verantwortlich machen, oder ist die Bundesregierung demgegenüber der Auffassung, daß sich das Lohnfortzahlungsgesetz voll bewährt hat? Der jahresdurchschnittliche Krankenstand in der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich von 5,1 v. H. im Jahre 1969 auf 5,5 v. H. im Jahre 1972 erhöht. Bei den Betriebskrankenkassen ist ein stärkerer Anstieg — und hierauf gründen sich vermutlich die Meldungen über das „alarmierende Ansteigen des Krankenstandes" — zu verzeichnen, und zwar von 6,1 v. H. im Jahre 1969 auf 7,1 v. H. im Jahre 1972. Das von jeher höhere Krankenstandsniveau bei den Betriebskrankenkassen ergibt sich daraus, daß ein Teil dieser Kassen bei solchen Unternehmen besteht, deren Produktions- und Arbeitsweise eine verhältnismäßig hohe gesundheitliche Belastung oder ein größeres Unfallrisiko bewirken. Die Tendenz zu leicht. steigenden Krankenständen in den letzten Jahren dürfte u. a. mit dem Konjunkturverlauf, dem gestiegenen Arbeitstempo, der Mehrarbeit und den daraus sich ergebenden verstärkten gesundheitlichen Belastungen zusammenhängen. Hinzu kommt, daß als Folge der angespannten Arbeitsmarktsituation auch solche Arbeitnehmer in den Erwerbsprozeß eingegliedert wurden, die ein erhöhtes Krankheitsrisiko (z. B. auf Grund des Alters) aufweisen. Die Vielfalt der auf den Krankenstand einwirkenden Faktoren läßt daher eine Aussage, ob seine Veränderungen seit 1970 auf das Lohnfortzahlungsgesetz zurückzuführen sind, nicht zu. Wegen weiterer Einzelheiten zu diesem Fragenkomplex darf ich Sie auf den Erfahrungsbericht der Bundesregierung — Drucksache VI/3200 — hinweisen. Solange es nicht gelingt, diese unterschiedlichen, zum Teil auch im psychologischen Bereich liegenden Einflußgrößen zahlenmäßig sichtbar zu machen — und das dürfte sehr schwierig sein —, läßt sich ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Krankenstandes und dem Lohnfortzahlungsgesetz nicht herstellen. Trotzdem bin ich der Auffassung, daß dieses Gesetz den mit ihm angestrebten Zweck erfüllt. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 9. Mai 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Ernesti (CDU/CSU) (Drucksache 7/511 Frage A 129) : Ist die Bundesregierung bereit, den vollen Wortlaut des Protests der drei westlichen Stadtkommandanten zu dem schweren Zwischenfall an der Sektorengrenze in der Nähe des Reichstags und ihre eigene Stellungnahme zu diesen Vorgängen dem Deutschen Bundes tag mitzuteilen? Der Wortlaut des Protestes der drei westlichen Stadtkommandanten zu dem schweren Zwischenfall an der Sektorengrenze in der Nähe des Reichstages lautet wie folgt: Am 27. April um 17.55 Uhr wurden Wachposten auf dem an den Bezirk Tiergarten im britischen Sektor angrenzenden Reichstagsufer in Ost-Berlin beobachtet, wie sie Schüsse abgaben, die anscheinend auf -einen Mann gerichtet waren, der versuchte, die Mauer an dieser Stelle zu übersteigen. Der Mann fiel in die Spree, und etwa zwei Stunden später wurde ein anscheinend lebloser Körper von einem ostdeutschen Patrouillenboot aus dem Wasser geborgen. Die alliierten Stadtkommandanten sind empört über diesen erneuten rücksichtslosen und unmenschlichen Gebrauch von Feuerwaffen im Herzen von Berlin. Dieser Vorfall entspricht nicht dem von allen interessierten Regierungen ,ausgedrückten Wunsche zur Vermeidung von Spannungen. Die alliierten Stadtkommandan- 1632* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 ten fordern die verantwortlichen Behörden auf, mehr Achtung für unschuldiges Leben zu zeigen und den weiteren derartigen Gebrauch von Schußwaffen zu vermeiden. Die Stellungnahme der Bundesregierung ergibt sich aus der Erklärung des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen vom 27. April 1973, in der er den Zwischenfall wie folgt verurteilt hat: Der Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen hat mit Empörung und Abscheu die Nachricht vom erneuten Schußwaffengebrauch zur Verhinderung einer verzweifelten Flucht erfahren. Solche Vorfälle sind unerträglich und eine ernsthafte Störung der Politik einer Entspannung, deren Glaubwürdigkeit sich darin erweist, daß der einzelne sicher vor Furcht und Gewalt bleibt. Beide Texte wurden veröffentlicht.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Graf Otto Lambsdorff


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Kollege, Sie müssen bitte sagen, in welchem Bereich. Ich bin über die Einzelheiten nicht informiert.

    (Abg. Dr. Jenninger: Insgesamt!)

    Aber wir haben den Haushalt ja noch nicht verabschiedet. Wir werden über diese Frage zu sprechen haben und werden jetzt im übrigen, wie Sie gehört haben, die disponiblen Ausgaben des Haushalts um 5% kürzen.
    Im übrigen aber zu dieser Frage: Ich stimme meinem Freunde, dem Kollegen Kirst zu, der vor einiger Zeit einmal gesagt hat, daß der Haushalt nicht nur und dauernd als Mittel der Konjunkturpolitik verwandt werden könne. Das liegt auf derselben Linie, die der Herr Bundeskanzler vorhin dargelegt hat. Machen wir uns nichts vor: Ohne Wachstum der Infrastruktur gibt es auf die Dauer auch kein Wachstum der gewerblichen Wirtschaft. Das müssen wir zusammensehen.

    (Abg. Dr. Wagner [Trier] : Deshalb ist es so traurig, daß das unter dieser Regierung so zurückgeht!)

    Jetzt aber, in dieser Situation, müssen wir alle -
    Länder, Gemeinden und natürlich auch der Bund —



    Dr. Graf Lambsdorff
    unseren Anteil dazu beitragen, daß die öffentliche Hand die Zurückhaltung wahrt, die der Herr Bundeskanzler vorhin empfohlen hat. Ich freue mich über deutliche Worte, die in diesem Zusammenhang gesprochen werden, die aber natürlich unpopulär sind. Ich habe mich gefreut, daß der Herr Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Herr Pöhl, den Mut gehabt hat, im Kongreßzentrum in Hamburg die Frage zu stellen, ob das Zentrum denn eigentlich gebaut werden mußte.
    Lassen Sie mich ein abschließendes Wort sagen. Auch auf die Gefahr hin, daß Sie der Ansicht sind, wir hätten genügend Probleme, die uns auf den Nägeln brennen, und wir brauchten eigentlich nicht an übermorgen oder gar überübermorgen zu denken. Wir erleben zum erstenmal, so scheint mir, einen Abschnitt der Wirtschaftsgeschichte, in dem sich die nationalen Konjunkturen in der gesamten Welt parallel entwickeln. Wir haben auf der ganzen Welt Hochkonjunktur und Boom. Das hat es früher nie gegeben. Daraus entstehen eine Reihe von Problemen, die neu für uns sind und deren Lösung uns auch vor neue Aufgaben stellt.
    Aber ich bitte die Regierung, daran zu denken, dali sich diese Parallelbewegungen auch dann zeigen werden, wenn die Konjunkturen einmal wieder nach unten fahren. Auch das wird uns — insbesondere in einem Lande wie der Bundesrepublik mit seiner Arbeitsmarkt- und Exportstruktur — vor neue Probleme stellen. Ich wäre dankbar, wenn man sich rechtzeitig gedanklich mit diesem Komplex beschäftigte.
    Zusammenfassend sage ich, daß auch wir der Meinung sind, daß der Vorschlag, den uns die Bundesregierung gemacht hat, keine übertriebenen Erwartungen und optimistischen Ausgangspositionen für das Jahr 1973 mehr bedeuten kann. Niemand sollte das erwarten. Wir müssen jetzt Vorkehr treffen für eine Entwicklung im Jahre 1974, von der wir uns nicht überrollen lassen dürfen.
    Wir, meine Freunde und ich, bitten in diesem Zusammenhang die Tarifpartner, die einen großen Teil der Verantwortung tragen, dieser Verantwortung gerecht zu werden und zu sehen, daß kurzfristige Erfolge langfristig einmal teuer bezahlt werden könnten oder müßten.
    Wir bitten noch einmal die öffentlichen Hände —ich wiederhole, was ich vor einigen Wochen von dieser Stelle gesagt habe: damit appellieren wir auch an uns selbst, an uns in diesem Hause —, die notwendige Zurückhaltung zu zeigen, die der Herr Bundeskanzler erwähnt hat.
    An die Opposition richten wir die Bitte um Zusammenarbeit. Wir wären erfreut, wenn das Zusammenarbeitsangebot, das wir vor einigen Tagen etwas pauschaler formuliert gehört haben und das ich in der Stellungnahme von Herrn Strauß wiedergefunden habe, die ich vorhin erwähnt habe, auf diesem Gebiet Anwendung finden würde. Denn wir wissen natürlich, daß Sie durch die Möglichkeiten im Bundesrat das blockieren können, was wir an Vorschlägen auf den Tisch legen. Wir dürfen hier aber — nicht nur der Sache, sondern auch des zeitlichen Ablaufes wegen — nicht blockieren. Deswegen unsere Bitte, die Zusammenarbeit, die uns angeboten worden ist, unter Beweis zu stellen.
    Meine Damen und Herren, Herr Bundeskanzler, die Fraktion der Freien Demokraten unterstützt die Wirtschafts- und Finanzpolitik Ihrer, oder besser, unserer Regierung.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen in der Aussprache zur Regierungserklärung nicht vor.
Wir können daher in der unterbrochenen verbundenen Beratung der Punkte 2 und 3 der Tagesordnung fortfahren.
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Dr. Klein (Göttingen). Seine Fraktion hat eine Redezeit von 25 Minuten angemeldet.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Prof. Dr. Hans Hugo Klein


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Einigkeit der beiden großen Parteien dieses Hohen Hauses in Fragen der Deutschlandpolitik ist zerbrochen, als die Sozialdemokratische Partei nach den Wahlen vom 28. September 1969 ihr neues Verhältnis zur Wahrheit fand. Ich sage das nicht, um an eine im buchstäblichen Sinne des Wortes merkwürdige Rede zu erinnern, mit der ein hochgestellter Politiker hier seinen Einstand gab, sondern ich sage es, um einem bis zum heutigen Tage gültigen deutschlandpolitischen Grundsatz der CDU/CSU noch einmal Ausdruck zu geben. Danach war und ist die Weigerung, die Diktatur der SED im anderen Teil Deutschlands als ein gleichberechtigtes Modell deutscher Staatlichkeit neben der Bundesrepublik Deutschland anzuerkennen, eben nicht eine bloße Negation bestehender Realitäten. Handelte es sich nur darum, hätten Sie, meinen Damen und Herren von der Koalition, diese Position mit vollem Recht aufgegeben.
    Aber es geht um mehr. Es geht um eine zutiefst moralische Haltung, es geht darum, einem politischen Regime die Anerkennung vorzuenthalten, weil es auf deutschem Boden die Freiheit unterdrückt und auf eine demokratische Legitimation verzichtet. Es geht darum, daß wir Deutsche nicht, weil es uns wieder einmal nicht schnell genug geht, erneut vor Unrecht und Gewalt kapitulieren.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Mehrheit dieses Hauses ist in den vergangenen Jahren einen anderen Weg gegangen. Ich konzediere mit der einem Liberalen selbstverständlichen Toleranz, daß es auch dafür Gründe, auch solche moralischer Qualität, gibt.
    Sie haben, meine Damen und Herren von der Koalition, die DDR als gleichberechtigte Ordnung in Deutschland anerkannt. Oder genauer: Dies wird mit der Verabschiedung dieses Grundvertrages geschehen. Diesen Weg konnten wir nicht mit Ihnen gehen — aus Gründen, die vielfach genannt worden sind und die ich nicht zu wiederholen brauche. Aber es erschiene doch denkbar, daß, nachdem diese



    Dr. Klein (Göttingen)

    Phase der Deutschlandpolitik durchlitten ist und ein Vertrag besteht, der eine neue Ausgangsbasis schafft, die Fraktionen dieses Hauses sich im Interesse Deutschlands und seiner Menschen zu neuer Einigkeit zusammenfinden, um diesem Interesse um so kraftvoller dienlich sein zu können, um die im Grundvertrag ja auch enthaltenen dynamischen Ansatzpunkte gemeinsam zu entfalten.
    Ich gestehe, daß ich bis vor kurzem dieser Hoffnung angehangen habe, inzwischen aber zunehmend fürchte, in ihr enttäuscht zu werden. Ursächlich dafür sind neben manch anderem die Erfahrungen, die ich als Mitberichterstatter im Rechtsausschuß dieses Hauses habe machen müssen.
    Gestatten Sie mir bei dieser Gelegenheit eine kurze Randbemerkung. In welch peinliche Verlegenheit müssen die Anträge, die von meinen Kollegen und mir dort eingebracht wurden, die Koalition versetzt haben, daß sie ihre Kenntnis dem Hause vorenthält!

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    So stehen wir vor der einigermaßen grotesken Situation, in der Drucksache 7/500 auf Seite 14, im Bericht des Innerdeutschen Ausschusses, einen Brief des Vorsitzenden des Rechtsausschusses an seinen Kollegen vom Innerdeutschen Ausschuß zitiert zu finden, in dessen letztem Absatz es heißt:
    In der Anlage übersende ich Ihnen die von den Abgeordneten Dr. Klein ... gestellten und von der Mehrheit abgelehnten Anträge.
    Nur, die Anlage findet man hier nicht, obgleich sie diesem Brief natürlich beilag.

    (Abg. Dr. Ritz: Das gehört alles zu „mehr Demokratie" !)

    Meine Damen und Herren, solche Kleinlichkeiten kann ich nur als ein Zeichen von Unsicherheit werten.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]: Sagen Sie mir einen Fall, wo das üblich ist!)

    Diese Anträge waren von uns so gestellt, daß sie ausnahmslos, teilweise bis an die Grenze der Verleugnung unserer eigenen Überzeugung, das Ziel verfolgten, Zweifel, die der Text des Grundvertrages offenläßt, durch klarstellende Formulierungen auszuräumen. Dabei ging es darum, in einem offiziellen Dokument, wie es der Beschluß eines Ausschusses dieses Hauses ja ist, wenn er auch natürlich keine zwischenstaatliche Verbindlichkeit besitzt, Positionen festzuhalten, die eine den deutschen Interessen dienliche Basis in den künftigen Auseinandersetzungen hätten abgeben können.
    Gerade bei Verträgen mit kommunistischen Staaten — darauf ist hier früher schon hingewiesen worden — ist auf die Klarheit der Formulierungen äußerstes Gewicht zu legen, weil die Prinzipien des Rechts und deshalb auch die Prinzipien der Auslegung von Rechtsnormen unterschiedlich sind und Unklarheiten deshalb zwangsläufig zur Quelle neuen Ärgers werden müssen.
    Hinzu kommt, daß der Grundvertrag in einem engen Zusammenhang mit dem Moskauer Vertrag steht, daß also auch die Sowjetunion hinter diesem Grundvertrag steht und die Auslegungskünste unseres unmittelbaren Vertragspartners mit Nachdruck unterstützen wird. Ist in einer solchen Situation vor Vertragsschluß nicht Klarheit geschaffen, wird sie danach in einem uns vorteilhaften Sinn nicht mehr zu schaffen sein. Die Interpretationen der anderen Seite haben die größere Chance, sich durchzusetzen.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Aber alle unsere Anträge im Ausschuß wurden mit der stereotypen Begründung, sie seien schädlich und überflüssig, von der Mehrheit abgelehnt.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU. — Abg. Metzger: Sehr richtig!)

    Dafür zwei Beispiele. Im Hinblick auf den Art. 3 des Vertrages hatte ich beantragt:
    Der Rechtsausschuß möge feststellen:
    Der Vertrag geht von der heute in Deutschland tatsächlich bestehenden Lage aus. Er schafft keine Rechtsgrundlage für die derzeit bestehenden Grenzen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR.
    Dieser Antrag ist bewußt in enger Anlehnung an die Ihnen bekannte Entschließung vom 17. Mai des vergangenen Jahres formuliert.

    (So ist es! bei der CDU/CSU.)

    Wir haben, was diese Entschließung angeht, ja in letzter Zeit einige bemerkenswerte Äußerungen von seiten der Koalition zur Kenntnis nehmen müssen; aber eine der bemerkenswertesten war sicherlich die, die der Herr Kollege Bangemann heute morgen hier gemacht hat, als er erklärte — gezielt auf diese Entschließung —, es gebe keine einseitigen Vertragsinterpretationen. Ich frage mich in diesem Zusammenhang und gestatte mir diese Randbemerkung, was wir dann vom Brief zur deutschen Einheit, der im Zusammenhang mit diesem Vertrag übergeben worden ist, zu halten haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Mertes [Gerolstein] : Das war die Abwertung einer wesentlichen Leistung des Außenministers durch seinen Parteifreund Bangemann!)

    Dem Antrag, den ich eben zitiert habe, ist der sozialdemokratische Berichterstatter, Herr Kollege Metzger, mit einem anderen Antrag, den er später wieder zurückgezogen hat, begegnet. Er lautet:
    Der Vertrag geht von den derzeit bestehenden Grenzen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR aus. Er hat keine konstitutive Bedeutung für diese Grenzen.
    Nun hat ja letzteres niemand je behauptet. Aber es galt und gilt eben auch und gerade die deklaratorische Anerkennung dieser Grenze seitens der Bundesrepublik zu vermeiden, wenn eine Wiedervereinigung auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts des deutschen Volkes rechtlich möglich bleiben soll.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)




    Dr. Klein (Göttingen)

    Der Verzicht auf eine gewaltsame Änderung der Grenze, den wir in Art. 3 erblicken, bleibt auch hinter einer bloß deklaratorischen Anerkennung zurück. Nach allem ist zumindest unklar, wie Art. 3 wirklich gemeint ist.
    Ein weiteres Beispiel. Art. 4 des Vertrages statuiert eine Selbstverständlichkeit. Die Bundesrepublik Deutschland jedenfalls hat nie beansprucht, die DDR international zu vertreten oder in ihrem Namen zu handeln. Die Bestimmung wird allerdings allgemein als Verzicht auf den — zugegebenermaßen nicht eben glücklich so genannten — Alleinvertretungsanspruch verstanden. Mit ihm ist der politische Anspruch der Bundesrepublik Deutschland bezeichnet, für die deutsche Nation zu sprechen und vor der Weltöffentlichkeit für das Recht der Bevölkerung der DDR auf freie Selbstbestimmung einzutreten.
    Festzuhalten, daß Art. 4 diesem Anspruch nicht entgegenstehe, war das Ziel eines unserer weiteren Anträge. Auch er verfiel der Ablehnung.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Das hat seine Logik, meine Damen und Herren, wie wir heute der Tatsache entnehmen können, daß das Memorandum über die Wahrung der Menschenrechte in Deutschland — besser: der Bericht über ihre Unterdrückung in der DDR —

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU) nicht veröffentlicht werden soll,


    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU) weil dies der Entspannung nicht diene.


    (Zuruf von der CDU/CSU: Interessante Perspektiven!)

    Glaubt man denn wirklich, der Entspannung dienen zu können, indem man so gravierendes Unrecht wie die Vorenthaltung von Menschenrechten und Selbstbestimmungsrecht verschweigt oder, schlimmer noch, ignoriert?

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die ausnahmslose Ablehnung aller Hilfestellungen der Opposition, auch soweit sie sich inhaltlich mit der Meinung der Mehrheit deckten — ich kann es mir nicht anders vorstellen, als daß dies zumindest bei einem Teil unserer Anträge der Fall war —, muß zu der Schlußfolgerung führen, daß die Koalition auch dort, wo es im nationalen Interesse läge, Gemeinsamkeit mit der Opposition nicht will.

    (Abg. Jäger [Wangen] : Leider wahr!)

    Meine Damen und Herren, dies halte ich für ein bedenkliches Anzeichen. Man fragt sich natürlich, ob dahinter etwa ein parteitaktisches Kalkül steht, das sich von einer Verschärfung und Weiterführung der Konfrontation parteipolitische Vorteile verspricht. Ich hielte das nicht für ein sehr verantwortungsvolles Verhalten.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    In diesem Zusammenhang ist zu fragen, was die Bundesregierung zur Offenhaltung der deutschen Frage getan hat. Ich bestreite nicht — dies möchte ich hier ausdrücklich feststellen —, daß in einem rein juristischen Sinne die deutsche Frage auch weiterhin offen ist. Wir haben in Art. 9 des Vertrags den freilich recht indirekten Hinweis auf Art. 7 Abs. 2 des Deutschland-Vertrags, und wir haben einiges andere mehr.
    Aber die entscheidende Frage ist doch, ob eine deutsche Politik der Wiedervereinigung durch den Grundvertrag und in gewisser Weise natürlich auch durch den gekoppelten Beitritt beider deutschen Staaten zu den Vereinten Nationen — das ist das Entscheidende — nicht tatsächlich erschwert wird. Hier setzen unsere Bedenken ein.
    Was also hat die Bundesregierung getan? Nun, sie hat bei der Poststelle des Ministerrats gegen eine nicht vorzeigbare Quittung den Brief zur deutschen Einheit abgeliefert.

    (Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Hört! Hört! — Abg. Dr. Marx: Warum nicht vorzeigbar?)

    Sie hat es dahin gebracht, daß die nationale Frage im Vertragstext Erwähnung findet, wobei sich die Meinungsverschiedenheiten schon darauf erstrekken, oh diese Frage als solche überhaupt existiert. Ferner hat sie besondere Beziehungen zur DDR begründet, die man drüben als Fiktion ansieht und die sich nach allem, was wir im Ausschuß hörten, darin erschöpfen, daß die ständigen Vertretungen der beiden deutschen Staaten im jeweils anderen Staat sich „ständige Vertretungen" und nicht „Botschaften" nennen.
    Der Wille zur Wiedervereinigung — darauf kommt es entscheidend an — ist im Vertrag nicht hinreichend dokumentiert, und so wird er denn auch im Ausland weithin als Verzicht auf die Wiedervereinigung gewertet. Auch deshalb vermögen wir dem Vertrag nicht zuzustimmen.
    Nun hat der Herr Bundesaußenminister heute morgen von dieser Stelle aus erklärt, man habe nirgendwo im Ausland einen Zweifel daran gelassen, daß wir an diesem politischen Ziel der Wiedervereinigung festhalten. Ich glaube 'dies. Ich glaube, daß dies alle Parteien dieses Hohen Hauses gemeinsam tun. Ich muß aber fragen: In welcher Form, mit welchem Nachdruck ist diese Notifikation gegenüber den anderen Staaten vorgenommen worden?
    Aber unsere Sorge beschränkt sich nicht darauf, daß die Bundesrepublik künftig zu einer von der Welt ernst genommenen Politik der Wiedervereinigung in Freiheit nicht mehr oder doch nur unter erschwerten Umständen imstande sein könnte. Unsere Sorge gilt darüber hinaus einer der wesentlichen Voraussetzungen einer solchen Politik, nämlich dem ungefährdeten Fortbestand der freiheitlichen politischen und gesellschaftlichen Ordnung, in der zu leben wir das Glück haben.
    Dazu erlauben Sie mir eine abschließende Bernerkung. Ich fürchte mich nicht vor einem Wettbewerb der Systeme zwischen West und Ost hier in Deutschland.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Marx: Das muß aber auch ein Wettbewerb sein!)




    Dr. Klein (Göttingen)

    Ich glaube, daß wir in einem Wettbewerb die Chance haben zu bestehen. Nur muß es ein Wettbewerb sein, der frei von Unterschätzungen der Anfälligkeit einer freiheitlichen Ordnung ist, und es muß ein Wettbewerb sein, der unter gleichen Bedingungen stattfindet.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Diese Bedingungen sind nicht gleich, wenn wir hier einerseits im kommunistischen Propagandamaterial ertrinken und andererseits keine Möglichkeit haben, unsere eigenen liberalen politischen Vorstellungen drüben zu Gehör zu bringen.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    In diesem Zusammenhang sind auch die von meinem Kollegen Jäger akzentuierten Befürchtungen in Richtung auf die verschärft betriebene Infiltration durchaus berechtigt, um so mehr, als der Widerstand gegen diese Infiltration hier erlahmt.
    Nimmt man die deutsche Geschichte, zumal die des 19. und des 20. Jahrhunderts, in den Blick, kann man sich — ich glaube, Herr Abelein hat das heute morgen schon angedeutet — der Einsicht nicht verschließen, daß das hauptsächliche Antriebselement der deutschen Geschichte in dieser Zeit der Drang nach nationaler Einheit war.
    Man hat zutreffend einen Grund für das Scheitern der Revolution von 1848 darin gesehen, daß die Nationalversammlung in der Paulskirche — in einer uns sehr sympathischen Weise — der Freiheit Vorrang vor der Einheit gab, indem sie Monate im kräftezehrenden Kampf um die Grundrechte hinbrachte, statt die temporäre Schwäche der Gliedstaaten zur Errichtung einer kraftvollen Zentralgewalt zu nutzen, die dann in der Lage gewesen wäre, auch die Freiheit durchzusetzen. So verspielte sie mit der Einheit auch die Freiheit.
    Bismarck hat diesen Fehler nicht gemacht, und natürlich hat auch Hitler auf seine kriminelle Weise die nationalen Gefühle unseres Volkes mißbraucht, während er es sich leisten konnte, die Freiheit verächtlich zu machen.
    Es gibt Anzeichen dafür, daß die Grunddisposition der Deutschen, auf die dies alles zurückzuführen ist, heute keine andere ist. Und deshalb haben die Väter dieses Staates und seines Grundgesetzes, sie alle — mit Ausnahme der Kommunisten natürlich —, weise gehandelt, indem sie der Freiheit, auf welche sie die Bundesrepublik gründeten, einen über sich selbst hinausweisenden Sinn gaben, nämlich den, diese Freiheit für ganz Deutschland zu gewinnen.

    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wer dieses Ziel preisgibt oder aufhört, es deutlich und für alle Welt sichtbar zu verfolgen,

    (Zuruf von der CDU/CSU: Es wäre gut, wenn der Außenminister jetzt zuhörte!)

    der gefährdet die Glaubwürdigkeit und damit die Existenz dieser Bundesrepublik; denn er nimmt ihr ihre Legitimation.

    (Erneuter lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU.)

    Im Wettbewerb der in den beiden Teilen Deutschlands etablierten Systeme wird nach meiner Überzeugung der gewinnen, der das nationale Anliegen der Deutschen am glaubwürdigsten vertritt.
    Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Sehr gut!)
    Ich verkenne nicht, daß hinter der Politik der Intensivierung menschlicher Beziehungen, menschlicher Begegnungen, in beiden Teilen Deutschlands eine ähnliche Motivation stehen könnte. Nur möchte ich in diesem Zusammenhang davor warnen, den Tatbestand der Entfremdung, den wir alle als Gefahr sehr wohl sehen und fürchten, allzuoft zu beschwören. Denn es könnte in diesem Falle einmal sein, daß man mit der Nennung einer Gefahr sie erst herbeiredet.

    (Abg. Dr. von Bismarck: Sehr gut!)

    Aber, meine Damen und Herren, diese Politik der Intensivierung menschlicher Begegnungen genügt nach unserer Überzeugung allein nicht, zumal dann nicht, wenn wir uns zugleich darauf einrichten, „die unterschiedlichen Gesellschaftsordnungen in jedem europäischen Staat nicht (zu) behindern", wie es in einer Entschließung des jüngsten SPD-Parteitags heißt, also gar noch einen positiven Beitrag zur Stabilisierung des auf Unrecht und Gewalt gegründeten Regimes in der DDR zu leisten.

    (Hört! Hört! bei der CDU/CSU.)

    Der Herr Bundesaußenminister hat heute morgen — ich hoffe, ich zitiere ihn zumindest sinngemäß richtig — hier den Satz gesprochen: Der Blick zurück auf die staatliche Einheit darf uns den Blick nach vorn nicht verstellen. — Ich möchte dem nur die Hoffnung anfügen, daß auch bei dem Blick nach vorn die staatliche Einheit nicht aus dem Blick gerät.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Mertes [Gerolstein] : Eine vage Hoffnung! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU.)

    Mein großer Respekt vor der Sozialdemokratie, meine Damen und Herren, gründet sich nicht zuletzt auf meine hohe Achtung vor Name und Leistung Friedrich Eberts. Ebert, der, als ihm Prinz Max von Baden mit den Worten: „Herr Ebert, ich lege Ihnen das Deutsche Reich ans Herz" die Reichskanzlerschaft übertrug, erwiderte: „Königliche Hoheit, ich habe zwei Söhne für dieses Reich verloren", hatte vier Wochen vorher, als es um die Beteiligung der SPD an der Regierung des Prinzen Max ging, seinen zögernden Parteifreunden zugerufen:
    Wenn Sie das Interesse der Partei voranstellen, müssen Sie gegen jede Regierungsbeteiligung sein. Wenn Sie dagegen meinen, daß uns der Zusammenbruch unseres Landes nicht gleichgültig sein kann, dann prüfen Sie ernstlich, ob wir das Wagnis auf uns nehmen sollten.

    (Zuruf von der SPD.) Er hat damit seine Freunde überzeugt.

    Auch heute, meine Damen und Herren, drückt uns die Not ,des Vaterlandes in Gestalt seiner willkürlichen Teilung, durch die Tatsache, daß den



    Dr. Klein (Göttingen)

    Deutschen in der DDR Freiheit und Selbstbestimmung vorenthalten werden. Deshalb beschwöre ich Sie, sei es auch unter Zurückstellung des Interesses Ihrer Partei, um dieses Staates und seiner Verpflichtung gegenüber Deutschland willen nicht nur in Worten, sondern auch durch Taten die gemeinsame Haltung aller Parteien dieses Hohen Hauses in Fragen der Deutschlandpolitik wiederherzustellen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Setzen Sie unübersehrbare Zeichen dafür, daß es uns Deutschen ernst ist mit unserem Willen zu nationaler Einheit. Lassen Sie uns gemeinsam tun, was Herr Bundesminister Bahr am 15. Februar in einer anderen als der eingangs zitierten Rede von diesem Platz aus gesagt, aber in der seither vergangenen Zeit, wie mir scheint, in der politischen Praxis nicht genügend beachtet hat. Lassen Sie uns, wie er sagt, „darauf sehen, daß Vereinbarungen in vollem Umfange gehalten und nicht administrativ ausgehöhlt werden", damit man im eigenen Lande, vor allem aber auch draußen in der Welt nicht vergißt, was uns allen aufgetragen ist: die Wiedergewinnung der staatlichen Einheit Deutschlands in Freiheit.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)