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ID0703023500

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    Deutscher Bundestag 30. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 Inhalt: Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 1543 A Amtliche Mitteilungen 1543 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 21. Dezember 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Grundlagen der Beziehungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (Drucksache 7/153); Bericht und Antrag des Ausschusses für innerdeutsche Beziehungen (Drucksachen 7/500, 7/516) — Fortsetzung der zweiten Beratung ,— in Verbindung mit Entwurf eines Gesetzes zum Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur Charta der Vereinten Nationen (Drucksachen 7/154, 7/503); Bericht des Haushaltsausschusses gem. § 96 GO (Drucksache 7/520), Bericht und Antrag des Auswärtigen Ausschusses (Drucksache 7/502) — Fortsetzung der zweiten Beratung — Scheel, Bundesminister (AA) . . . 1544 A Dr. Gradl (CDU/CSU) 1548 C Höhmann (SPD) . . . . . . . 1553 D Ronneburger (FDP) . . . . . . 1558 B Franke, Bundesminister (BMB) . . 1560 D Dr. Abelein (CDU/CSU) . . . . 1565 A Wischnewski (SPD) . . . . . . 1569 D Dr. Bangemann (FDP) 1573 A Dr. Klein (Göttingen) (CDU/CSU) . 1601 C Dr. Kreutzmann (SPD) 1605 B Eppler, Bundesminister (BMZ) . . 1608 A Graf Stauffenberg (CDU/CSU) . . 1609 D Flach (FDP) 1614 C Mattick (SPD) 1618 B Bahr, Bundesminister 1622 A Fragestunde (Drucksache 7/511) Frage A 83 des Abg. Engelsberger (CDU/CSU) : • Verkauf von Butter an die Sowjetunion und Weiterverkauf nach Chile Ertl, Bundesminister (BML) . . . . 1578 D, 1579 A, B Engelsberger (CDU/CSU) . . . . 1579 A, B Frage A 84 des Abg. Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) : Änderungen des einzelbetrieblichen Förderungsprogramms für die Landwirtschaft auf Grund des Einspruchs der EG-Kommission Ertl, Bundesminister (BML) . . . . 1579 C, 1580 A, C Dr. Kunz (Weiden) (CDU/CSU) . 1580 A, C II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 Frage A 85 des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Auswirkungen der Preisbeschlüsse des EG-Ministerrates auf die Entwicklung der Betriebskosten und der Einkommen der deutschen Bauern Ertl, Bundesminister (BML) . . . 1580 C, D, 1581 A Niegel (CDU/CSU) . . . 1580 D, 1581 A Frage A 8 des Abg. Dr. Müller (München) (CDU/CSU) : Äußerung des Bundeskanzlers über Gäste als Belastung für den Besuch Breschnews Ravens, Parl. Staatssekretär (BK) . 1581 B, C Dr. Müller (München) (CDU/CSU) 1581 B, C Höcherl (CDU/CSU) . . . . . . 1581 C Fragen A 9 und 10 der Abg. Dr. Müller (München) und Engelsberger (CDU/CSU) : Äußerung des Bundeskanzlers in Pula über die Einstellung der Wähler der CDU und der CSU zum Frieden Ravens, Parl. Staatssekretär (BK) . . 1581 D, 1582 A, B, C, D, 1583 A Dr. Müller (München) (CDU/CSU) . 1581 D, 1582 A, D Engelsberger (CDU/CSU) . . . 1582 B, C Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . . . 1582 D Frage A 62 des Abg. Dr. Geßner (SPD) : Irreführende Angaben in Prospekten und anderen Veröffentlichungen von Reiseveranstaltern Dr. Bayerl, Parl. Staatssekretär (BMJ) 1583 B, C, D, 1584 A Dr. Geßner (SPD) 1583 C, D Hansen (SPD) 1583 D Dr. de With (SPD) 1584 A Frage A 63 des Abg. Gallus (FDP) : Änderung der Jugendarrestvollzugsordnung Dr. Bayerl, Parl. Staatssekretär (BMJ) 1584 B, D, 1585 A Gallus (FDP) 1584 C, D Höcherl (CDU/CSU) 1585 A Fragen A 77 und 78 des Abg. Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) : Aufnahme einer berührungssicheren Glühlampenfassung in die VDE-Vorschriften Grüner, Parl. Staatssekretär (BMW) 1585 B, C, D, 1586 A, B, C Dr. Meinecke (Hamburg) (SPD) . 1585 C, D, 1586 A, B, C Lemp (SPD) 1586 C Fragen A 79 und 80 des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Konsequenzen aus dem Jahresbericht 1972 der Deutschen Bundesbank Grüner, Parl. Staatssekretär (BMW) 1587 A, B, C, D Höcherl (CDU/CSU) . . . 1587 B, C, D Fragen A 86 und 87 des Abg. Bremm (CDU/CSU) : Krankenversicherungsbeiträge freiwillig weiterversicherter Angestellter, die zugleich landwirtschaftliche Unternehmer sind Eicher, Staatssekretär (BMA) 1588 A, B, C Bremm (CDU/CSU) 1588 C, D Frage A 88 des Abg. Dr. Schäuble (CDU/ CSU) : Berücksichtigung der Inhaftierung durch eine Besatzungsmacht auf Grund einer Denunziation als Ersatzzeit im Sinne des § 28 AVG Eicher, Staatssekretär (BMA) . . 1589 A, C Dr. Schäuble (CDU/CSU) 1589 B Fragen A 89 und 90 des Abg. Geisenhofer (CDU/CSU) : Anmeldung von Schwerbehinderten zur freiwilligen Versicherung nach dem Rentenreformgesetz 1972 Eicher, Staatssekretär (BMA) . . 1589 C, D Fragen A 95 und 96 des Abg. Müller (Berlin) (CDU/CSU) : Forderungen des Deutschen Familienverbands betr. eine Übergangslösung zum Familienlastenausgleich Westphal, Parl. Staatssekretär (BMJFG) 1590 B, C, D, 1591 A, B, C, D Müller (Berlin) (CDU/CSU) . . . 1590 B, C, 1591 B, C Frau Stommel (CDU/CSU) . . . 1590 D Baier (CDU/CSU) 1591 D Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung Brandt, Bundeskanzler . . . . . 1592 A Dr. Narjes (CDU/CSU) 1594 B Dr. Schachtschabel (SPD) 1596 C Dr. Graf Lambsdorff (FDP) . . . 1598 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 1. Oktober 1971 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Rechtshilfe in Strafsachen (Drucksache 7/371) — Erste Beratung — . . . . . . . . . . . . 1626 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag vom 26. November 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien über die Auslieferung (Drucksache 7/372) — Erste Beratung — . . . 1626 A Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes vom 14. Januar 1969 zu dem Übereinkommen vom 7. September 1967 zwischen Belgien, der Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden über gegenseitige Unterstützung ihrer Zollverwaltungen und zu dem Protokoll über den Beitritt Griechenlands zu diesem Übereinkommen (Drucksache 7/470) — Erste Beratung — 1626 A Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 7. Juni 1972 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Marokko zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 7/471) — Erste Beratung — 1626 B Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 25. November 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Liberia zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (Drucksache 7/472) — Erste Beratung — 1626 B Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Kostenermächtigungsvorschriften des Seemannsgesetzes (Drucksache 7/482) — Erste Beratung — 1626 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung der Wirtschaftspläne des ERP-Sondervermögens für das Jahr 1973 (ERPWirtschaftsplangesetz 1973) (Drucksache 7/479) — Erste Beratung — 1626 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen Nr. 120 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 8. Juli 1964 über den Gesundheitsschutz im Handel und in Büros (Drucksache 7/414) — Erste Beratung — 1626 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Internationalen Olivenöl-Übereinkommen von 1963 (Drucksache 7/413) — Erste Beratung — 1626 C Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse (SPD, CDU/CSU, FDP) (Drucksache 7/400) — Erste Beratung — 1626 D Entwurf eines Gesetzes über eine Statistik des grenzüberschreitenden Güterkraftverkehrs (Drucksache 7/426) — Erste Beratung — 1626 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 15. Februar 1966 über die Eichung von Binnenschiffen (Drucksache 7/481) — Erste Beratung — . . . . . 1626 D Entwurf eines Gesetzes über das Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Reform des Strafrechts (Drucksache 7/506) — Erste Beratung — . . . . . . . . . 1626 D Entwurf eines Gesetzes zur Abwicklung der Reichsärztekammer (Reichsärztekammer-Abwicklungsgesetz) (Drucksache 7/507) — Erste Beratung — . . . . 1627 A Nächste Sitzung 1627 C Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1629* A Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Bayerl (BMJ) auf die Fragen A 64 Und 65 — Drucksache 7/511 — des Abg. Dr. Schneider (CDU/CSU) betr. Begünstigung krimineller Ausschreitungen bei Demonstrationen durch die Liberalisierung des Demonstrationsstrafrechts und Maßnahmen gegen die Verschlechterung der inneren Sicherheit . . . . . . . 1629* B Anlage 3 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 91 — Drucksache 7/511 — des Abg. Lenzer (CDU/CSU) betr. Beschäftigung von Jugendlichen mit Akkordoder Fließarbeit 1630* A Anlage 4 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 92 — Drucksache 7/511 — des Abg. Spranger (CDU/CSU) betr. Behandlung der Schwerkriegsbeschädigten in der Krankenversicherung der Landwirte 1630* B IV Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 Anlage 5 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 93 — Drucksache 7/511 — des Abg. Peiter (SPD) betr. technische Unzulänglichkeiten eines bestimmten Baggermodells . . . . . . . . . . 1630* D Anlage 6 Antwort des Staatssekretärs Eicher (BMA) auf die Frage A 94 — Drucksache 7/511 — des Abg. Zebisch (SPD) betr. Meldungen über ein Ansteigen des Krankenstandes 1631* B Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold (BMB) auf die Frage A 129 — Drucksache 7/511 — des Abg. Ernesti (CDU/CSU) betr. Protest der drei westlichen Stadtkommandanten zu dem Zwischenfall an der Sektorengrenze in der Nähe des Reichstags 1631* D Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 1543 30. Sitzung Bonn, den 10. Mai 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung 29. Sitzung, Seite 1415 A: Die Verordnung (Euratom) des Rates zur Änderung der Bedingungen für die Besoldung und die soziale Sicherheit der Atomanlagenbediensteten der Gemeinsamen Forschungsstelle, die in Belgien dienstlich verwendet werden — Drucksache 7/492 —überwiesen an den Innenausschuß (federführend), Haushaltsausschuß mit der Bitte um Vorlage des Berichts rechtzeitig vor der endgültigen Beschlußfassung im Rat ist zu streichen. Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 12.5. Adams * 12. 5. Dr. Aigner * 12. 5. Dr. Arndt (Berlin) * 12. 5. Dr. Artzinger * 12. 5. Dr. Bangemann * 12. 5. Barche 26. 5. Behrendt * 12. 5. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 26. 5. Blumenfeld * 12. 5. Dr. Burgbacher * 12. 5. Coppik 26. 5. Dr. Corterier * 12. 5. Eckerland 26. 5. Fellermaier * 12. 5. Flämig * 12. 5. Frehsee * 12. 5. Dr. Früh * 12. 5. Gerlach (Emsland) * 12. 5. Graaff 12. 5. Härzschel * 12. 5. Dr. Jahn (Braunschweig) * 12. 5. Kater * 12. 5. Dr. Klepsch * 12. 5. Krall * 12. 5. Freiherr von Kühlmann-Stumm 24. 5. Lange * 12. 5. Lautenschlager * 12. 5. Lücker * 12.5. Dr. Martin 26. 5. Memmel ' 12. 5. Müller (Mülheim) * 12. 5. Mursch (Soltau-Harburg) * 12.5. Frau Dr. Orth 26.5. Picard 12.5. Schmidt (München) * 12. 5. Dr. Schulz (Berlin) * 12. 5. Schwabe * 12. 5. Dr. Schwörer * 12. 5. Seefeld * 12. 5. Springorum * 12. 5. Dr. Starke (Franken) * 12. 5. Walkhoff * 12. 5. Frau Dr. Walz * 12. 5. Anlage 2 Antwort des Parl. Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 10. Mai 1973 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlagen zum Stenographischen Bericht Dr. Schneider (CDU/CSU) (Drucksache 7/511 Fragen A 64 und 65) : Inwieweit hat nach den Feststellungen der Bundesregierung die Liberalisierung des Demonstrationsstrafrechts mit dem dritten Strafrechtsreformgesetz kriminelle Ausschreitungen bei Demonstrationen der letzten Zeit in Frankfurt und Bonn begünstigt sowie die präventive Unterbindung von Gewaltakten erschwert bzw. verhindert? Ist die Bundesregierung bereit, aus der bedrohlichen Verschlechterung der inneren Sicherheit Konsequenzen zu ziehen, und welche Maßnahme gedenkt sie gegebenenfalls zu ergreifen? Zu Frage A 64: Bereits in meiner Antwort auf eine Anfrage des Abgeordneten Höcherl vom 12. August 1971 - zu Drucksache VI/2492 - habe ich darauf hingewiesen, daß es eines der Ziele des Dritten Gesetzes zur Reform des Strafrechts vom 20. Mai 1970 (BGBl. I Seite 505) war, die friedliche Meinungsäußerung und den gewalttätigen Mißbrauch des Demonstrationsrechts klar voneinander abzugrenzen. Dieses Ziel ist auch erreicht worden. Der durch das Dritte Reformgesetz neugefaßte Tatbestand des Landfriedensbruchs (§ 125 StGB) ist gerade gegen Gewaltakte geschaffen worden, wie sie in letzter Zeit in Bonn und Frankfurt vorgekommen sind. Die Lockerung der Strafdrohung des § 125 StGB gegenüber dem alten Rechtszustand besteht nur darin, daß solche Personen straffrei gestellt sind, die im Rahmen einer Demonstration weder Gewaltakte begangen noch solche Handlungen im Sinne des § 125 StGB gefördert haben. Sie betrifft die Teilnahme an den Ausschreitungen in Bonn und Frankfurt nicht. Im übrigen stellt das Strafgesetzbuch eine Reihe sonstiger Vorschriften zur Verfügung, die bei Gewaltakten - je nach Sachlage zur Anwendung kommen. Ich nenne hier nur die Tatbestände der Körperverletzung, Sachbeschädigung, Nötigung und ähnlicher Delikte. Von einer Begünstigung von Gewaltakten durch das 3. Strafrechtsreformgesetz kann also überhaupt keine Rede sein. Dies wird auch bestätigt durch statistische Erhebungen, die der Bundesminister des Innern seit dem Jahre 1968 bei den Innenverwaltungen der Länder durchführt und die auf Polizeiberichten beruhen. Danach ging seit 1969 sowohl die Anzahl der Demonstrationen überhaupt als auch besonders der Anteil der unfriedlichen Demonstrationen fast kontinuierlich zurück. Während 1969 noch etwa jede zweite bis dritte der 2 253 erfaßten Demonstrationen unfriedlich verlief, war es 1972 nur etwa jede zwanzigste bei einer Gesamtzahl von 1 547 Demonstrationen. Zu Frage A 65: Aus der Verbindung dieser Frage mit Ihrer ersten Frage schließe ich, daß Sie offensichtlich dann auch davon ausgehen, die Reform des Demonstrationsstrafrechts habe zu einer bedrohlichen Verschlechterung der inneren Sicherheit geführt. Das trifft wie ich bereits ausgeführt habe - nicht zu. Deshalb sehe ich aus der Sicht meines Geschäftsbereichs keinen Anlaß, erneut eine Änderung des Demonstrationsstrafrechts in Erwägung zu ziehen. 1630* Deutscher Bundestag -- 7. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 Anlage 3 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 10. Mai 1973 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache 7/511 Frage A 91): Wie beurteilt die Bundesregierung die im § 38 des Jugendarbeitsschutzgesetzes eingeräumte Möglichkeit, für Jugendliche über 16 Jahre durch die Gewerbeaufsichtsämter Akkord- bzw. Fließarbeit in Ausnahmefällen zuzulassen, und ist sie gegebenenfalls der Auffassung, daß der Gesetzestext so geändert werden sollte, daß grundsätzlich für Jugendliche unter 18 Jahren die Beschäftigung mit Akkord- oder Fließarbeit verboten wird? Wie Herr Minister Arendt bereits in der Debatte über die Regierungserklärung am 24. Januar 1973 angekündigt hat, bereitet mein Haus eine Reform des Jugendarbeitsschutzes vor. Im Rahmen der Vorarbeiten hierzu wird auch die Vorschrift des § 38 des Jugendarbeitsschutzgesetzes über die Akkord- und Fließarbeit überprüft. Die Prüfung ist jedoch noch nicht abgeschlossen, insbesondere sind noch einige Rückfragen bei den Gewerbeaufsichtsämtern erforderlich. Ich bitte um Verständnis, wenn ich dem Ergebnis der Überprüfung heute nicht vorgreifen möchte. Ich hoffe, die Prüfung so rechtzeitig abschließen zu können, daß ein erster Entwurf eines neuen Jugendarbeitsschutzgesetzes alsbald erstellt werden kann. Anlage 4 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 10. Mai 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Spranger (CDU/ CSU) (Drucksache 7/511 Frage A 92) : Wird die Bundesregierung den sozialen Status der schwerkriegsbeschädigten Landwirte dadurch verbessern, daß sie die nach dem Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte bestehende volle Beitragspflicht nach dem Flächenwert ändert und eine der kostenlosen Heilbehandlungen gem. § 10 des Bundesversorgungsgesetzes entsprechende Regelung für diesen Personenkreis und deren Familienangehörige trifft, und teilt die Bundesregierung die Auffassung, daß die Beiträge der Landwirte zur landwirtschaftlichen Krankenkasse für mitarbeitende Familienangehörige zu hoch sind und unverzüglich einer Herabsetzung bedürfen? Zu diesem Thema hat die Bundesregierung bereits in mehreren Fragestunden des Deutschen Bundestages Stellung genommen. Ich möchte hier erneut darauf hinweisen, daß das Problem während der Beratungen des Gesetzentwurfes über die Krankenversicherung der Landwirte im Ausschuß für Arbeit und Sozialordnung des Deutschen Bundestages eingehend erörtert worden ist. Der Ausschuß hat sich vor allem deswegen für die geltende Regelung ausgesprochen, weil Schwerbeschädigte Landwirte in der Krankenversicherung der Landwirte nicht anders behandelt werden können als schwerbeschädigte Pflichtversicherte in der allgemeinen Krankenversicherung. Wollte man allerdings den schwerkriegsbeschädigten Landwirten die Leistungen der Krankenversicherung ohne eigene oder bei verminderter Beitragszahlung zur Verfügung stellen, müßten die übrigen versicherten landwirtschaftlichen Unternehmer diese Aufwendungen mitfinanzieren. Line andere Frage ist es, ob die Beitragsbelastung der schwerkriegsbeschädigten Landwirte auf andere Weise gemildert werden kann. Hierzu hat Herr Parlamentarischer Staatssekretär Rohde bereits in der Fragestunde am 1. Februar 1973 ausgeführt, daß in der zuständigen Fachabteilung unseres Hauses gegenwärtig die Frage geprüft wird, ob auch die Beitragsbelastung der Landwirte bei der Neugestaltung des § 9 der Verordnung zur Durchführung des § 33 des Bundesversorgungsgesetzes im Rahmen der Einkommensermittlung pauschal berücksichtigt werden kann. Diese Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Zum zweiten Teil Ihrer Frage möchte ich folgendes bemerken: Wie Sie wissen, Herr Abgeordneter, tragen die versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmer auch die Beiträge für die bei ihnen mitarbeitenden versicherungspflichtigen Familienangehörigen. Die Folge einer Ermäßigung dieser Beiträge von zwei Dritteln auf die Hälfte des jeweiligen Unternehmerbeitrags wäre eine Umschichtung der Beitragslast unter den Landwirten. Dabei würden Landwirte ohne mitarbeitende Familienangehörige, zu denen auch Kleinstlandwirte zählen, finanziell stärker belastet als bisher. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß nach der verhältnismäßig kurzen Zeit seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte die von Ihnen, Herr Abgeordneter, angesprochene Frage noch nicht abschließend beurteilt werden kann; sie wird die Beitragsentwicklung bei den landwirtschaftlichen Krankenkassen sorgfältig beobachten und zu gegebener Zeit prüfen, ob die Beiträge für mitarbeitende Familienangehörige gesenkt werden können, ohne die Landwirte, die keine mitarbeitenden Familienangehörige beschäftigen, unzumutbar zu belasten. Anlage 5 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 10. Mai 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache 7/511 Frage A 93) : Trifft die Feststellung eines Frankfurter Schöffengerichts zu, daß durch technische Unzulänglichkeiten eines bestimmten Baggermodells es eine Reihe von tödlichen Unfällen gegeben hat, und daß der Gesetzgeber durch Sachverständige mehrmals darauf hingewiesen wurde, und, wenn ja, wird die Bundesregierung nunmehr die Initiative ergreifen und den Betrieb dieses Baggermodells fur die Verlegung von Kanalisationsrohren verbieten? Über das von Ihnen genannte Urteil des Frankfurter Schöffengerichts und den ihm zugrundeliegenden Sachverhalt hat das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung erst durch kürzlich veröffentlichte Pressemeldungen Kenntnis erlangt. Eine unverzügliche Rückfrage beim Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften ergab, daß die Berufsgenossenschaften bereits im Jahre 1971 wegen der Gefährdung der mit diesen Baggern Beschäftigten mit Herstellern und Benutzern des Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 1631* Baggermodells verhandelt haben. Hierbei ergab sich, daß die genannte Baggertype, die früher von mehreren Herstellern angeboten wurde, nicht nur für Baggerarbeiten verwandt wurde, sondern auch für Hebe- und Transportarbeiten — z. B. bei Rohrverlegungen —, wofür der Bagger an sich nicht gebaut ist. Daher ist vereinbart worden, daß für diesen Zweck Bagger angeboten und eingesetzt werden, die sowohl für Baggerarbeiten als auch für den Hebezeugbetrieb geeignet sind oder die innerhalb weniger Minuten umgerüstet werden können. Der Hauptverband hat die einzelnen Berufsgenossenschaften darauf aufmerksam gemacht, daß die nicht umgebauten Bagger dieser Type als Hebezeug nicht mehr verwendet werden dürfen. Dadurch war ein einheitliches Vorgehen aller Technischen Aufsichtsbeamten sichergestellt. Die Bundesregierung wird sich darüber hinaus dafür einsetzen, daß die Unfallverhütungsvorschrift „Bagger" entsprechend gefaßt wird. Die Benutzer von Baggern müssen auch aus dieser Vorschrift eindeutig erkennen können, daß für Transport- und Hebearbeiten nur solche Geräte verwendet werden dürfen, die auch dafür sicherheitstechnisch geeignet sind. Soweit der vorliegende Fall Fragen aus dem Bereich der Gewerbeaufsicht aufgeworfen hat, gehe ich davon aus, daß die hierfür zuständigen Stellen der Länder bereits geeignete Schritte unternommen haben oder unternehmen werden. Anlage 6 Antwort des Staatssekretärs Eicher vom 9. Mai 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Zebisch (SPD) (Drucksache 7/511 Frage A 94) : Treffen Meldungen einzelner Unternehmer und Wirtschaftsverbände zu, die von einem alarmierenden Ansteigen des Krankenstands in den letzten Jahren sprechen und dafür das Lohnfortzahlungsgesetz verantwortlich machen, oder ist die Bundesregierung demgegenüber der Auffassung, daß sich das Lohnfortzahlungsgesetz voll bewährt hat? Der jahresdurchschnittliche Krankenstand in der gesetzlichen Krankenversicherung hat sich von 5,1 v. H. im Jahre 1969 auf 5,5 v. H. im Jahre 1972 erhöht. Bei den Betriebskrankenkassen ist ein stärkerer Anstieg — und hierauf gründen sich vermutlich die Meldungen über das „alarmierende Ansteigen des Krankenstandes" — zu verzeichnen, und zwar von 6,1 v. H. im Jahre 1969 auf 7,1 v. H. im Jahre 1972. Das von jeher höhere Krankenstandsniveau bei den Betriebskrankenkassen ergibt sich daraus, daß ein Teil dieser Kassen bei solchen Unternehmen besteht, deren Produktions- und Arbeitsweise eine verhältnismäßig hohe gesundheitliche Belastung oder ein größeres Unfallrisiko bewirken. Die Tendenz zu leicht. steigenden Krankenständen in den letzten Jahren dürfte u. a. mit dem Konjunkturverlauf, dem gestiegenen Arbeitstempo, der Mehrarbeit und den daraus sich ergebenden verstärkten gesundheitlichen Belastungen zusammenhängen. Hinzu kommt, daß als Folge der angespannten Arbeitsmarktsituation auch solche Arbeitnehmer in den Erwerbsprozeß eingegliedert wurden, die ein erhöhtes Krankheitsrisiko (z. B. auf Grund des Alters) aufweisen. Die Vielfalt der auf den Krankenstand einwirkenden Faktoren läßt daher eine Aussage, ob seine Veränderungen seit 1970 auf das Lohnfortzahlungsgesetz zurückzuführen sind, nicht zu. Wegen weiterer Einzelheiten zu diesem Fragenkomplex darf ich Sie auf den Erfahrungsbericht der Bundesregierung — Drucksache VI/3200 — hinweisen. Solange es nicht gelingt, diese unterschiedlichen, zum Teil auch im psychologischen Bereich liegenden Einflußgrößen zahlenmäßig sichtbar zu machen — und das dürfte sehr schwierig sein —, läßt sich ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Krankenstandes und dem Lohnfortzahlungsgesetz nicht herstellen. Trotzdem bin ich der Auffassung, daß dieses Gesetz den mit ihm angestrebten Zweck erfüllt. Anlage 7 Antwort des Parl. Staatssekretärs Herold vom 9. Mai 1973 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Ernesti (CDU/CSU) (Drucksache 7/511 Frage A 129) : Ist die Bundesregierung bereit, den vollen Wortlaut des Protests der drei westlichen Stadtkommandanten zu dem schweren Zwischenfall an der Sektorengrenze in der Nähe des Reichstags und ihre eigene Stellungnahme zu diesen Vorgängen dem Deutschen Bundes tag mitzuteilen? Der Wortlaut des Protestes der drei westlichen Stadtkommandanten zu dem schweren Zwischenfall an der Sektorengrenze in der Nähe des Reichstages lautet wie folgt: Am 27. April um 17.55 Uhr wurden Wachposten auf dem an den Bezirk Tiergarten im britischen Sektor angrenzenden Reichstagsufer in Ost-Berlin beobachtet, wie sie Schüsse abgaben, die anscheinend auf -einen Mann gerichtet waren, der versuchte, die Mauer an dieser Stelle zu übersteigen. Der Mann fiel in die Spree, und etwa zwei Stunden später wurde ein anscheinend lebloser Körper von einem ostdeutschen Patrouillenboot aus dem Wasser geborgen. Die alliierten Stadtkommandanten sind empört über diesen erneuten rücksichtslosen und unmenschlichen Gebrauch von Feuerwaffen im Herzen von Berlin. Dieser Vorfall entspricht nicht dem von allen interessierten Regierungen ,ausgedrückten Wunsche zur Vermeidung von Spannungen. Die alliierten Stadtkommandan- 1632* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973 ten fordern die verantwortlichen Behörden auf, mehr Achtung für unschuldiges Leben zu zeigen und den weiteren derartigen Gebrauch von Schußwaffen zu vermeiden. Die Stellungnahme der Bundesregierung ergibt sich aus der Erklärung des Bundesministers für innerdeutsche Beziehungen vom 27. April 1973, in der er den Zwischenfall wie folgt verurteilt hat: Der Bundesminister für innerdeutsche Beziehungen hat mit Empörung und Abscheu die Nachricht vom erneuten Schußwaffengebrauch zur Verhinderung einer verzweifelten Flucht erfahren. Solche Vorfälle sind unerträglich und eine ernsthafte Störung der Politik einer Entspannung, deren Glaubwürdigkeit sich darin erweist, daß der einzelne sicher vor Furcht und Gewalt bleibt. Beide Texte wurden veröffentlicht.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Karl-Heinz Narjes


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat uns soeben die vielleicht bemerkenswerteste halbe Stunde dieser Legislaturperiode geboten. Die ernste Situation, in die e r uns in den letzten 31/2 Jahren gebracht hat,

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der CDU/CSU: So ist es! — Das ist die Lage!)

    ist für uns aber kein Anlaß zu Schadenfreude oder Rechthaberei. Zum erstenmal nach 31/2 Jahren hat die Bundesregierung den Mut gehabt, hat sie den Mut gefunden, mit ihren Lippenbekenntnissen zur Stabilität ernst zu machen und Taten folgen zu lassen, jedenfalls anzukündigen. Offensichtlich hat der Herr Bundeskanzler die beschönigenden und verschweigenden Sprechzettel des Wahlkampfs mit
    all ihren Irreführungen heute endlich beiseite gelegt.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ob die Taten richtig sind, ob die Akzente richtig gesetzt sind, ob die Maßnahmen ausreichen oder übersteuern, werden wir im einzelnen sorgsam prüfen. Jedenfalls steht fest, daß die Preissteigerungen heute für den Arbeitnehmer in vielen Bundesländern genau das Dreifache von dem ausmachen, was sie ausmachten, als Sie 1969 die Regierung übernahmen.

    (Hört! Hört! und Beifall bei der CDU/CSU.)

    Jahrelang, seit dem Frühjahr 1970, haben Wissenschaftler, Bundesbank und Opposition, die Stimme der Vernunft, immer wieder gemahnt, gefordert, gewarnt, die Inflation nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, und von den konstruktiven Vorschlägen der Opposition zur Preisstabilisierung

    (Lachen bei den Regierungsparteien) wollte die Regierung nichts wissen!


    (Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube, es wird Ihnen noch einige peinliche Minuten bereiten, bevor wir die Vergangenheit voll auf dem Tisch haben werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Landtagswahlen, Parteitage, Rücksichtnahme auf Gruppeninteressen aller Art und Alibis ohne Ende waren jeweils die Entschuldigung für Unterlassungen oder in Wirklichkeit mangelnden Mut zum Handeln.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Immer war jemand anders schuldig, nur nicht die Regierung. Man suchte den Täter der Inflation in Vietnam oder an den Schreibtischen obskurer Spekulanten, jedenfalls nicht da, wo er tatsächlich gesessen hat.

    (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.)

    Heute, nach dreieinhalb Jahren des Zögerns, ist die Krankheit allerdings so weit fortgeschritten, daß keine homöopathischen Dosen mehr ausreichen, die 1970 noch möglich gewesen wären. Heute ist die Zeit der Chirurgie; heute muß der Patient unter das Messer, Herr Bundeskanzler, auf Grund Ihres Zögerns!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    — Dies wird schmerzen und hätte vermieden werden können, wenn rechtzeitig gehandelt worden wäre.
    Bemerkenswert ist die Regierungserklärung, die wir soeben gehört haben, aber auch deshalb, weil sie einige Eingeständnisse enthält, z. B. das Eingeständnis, daß das heute schon vergessene Programm des 3. November mit seinen 15 Punkten nichts anderes als eine Scheinaktivität war. Wer es im einzelnen wissen will, mag in dem gestern veröffentlichten Sondergutachten der Sachverständigen lesen, aus dem sich dies deutlich ergibt.
    Das zweite in der Regierungserklärung enthaltene Eingeständnis lautet, daß das Ziel des sogenannten Februar-Pakets, das wir schon damals als ein Sam-



    Dr. Narjes
    melsurium bezeichnet haben, nicht erreicht werden konnte. Frau Präsidentin, ich bitte um Ihre Genehmigung, wenn ich aus dem Sondergutachten drei Sätze zitiere:
    Obwohl alles dies im wesentlichen unstreitig war, sind mehrere Monate kostbarer Zeit durch Zuwarten und Schwierigkeiten der politischen Willensbildung verlorengegangen, Monate, in denen die Last restriktiver Bemühungen allein bei der monetären Politik lag. Als die Bundesregierung mit dem Jahreswirtschaftsbericht ihre gesamtwirtschaftlichen Zielvorstellungen für das Jahr 1973 darlegte, war schon offenkundig, daß die angestrebten Zielgrößen wahrscheinlich gar nicht mehr erreichbar waren, zumindest nicht mit Hilfe des im Jahreswirtschaftsbericht vorgesehenen Stabilisierungsprogramms. Seither hat nicht einmal dieses Wenige den Entscheidungsprozeß passiert, und es ist nicht abzusehen, ob das überhaupt der Fall sein wird.
    Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese beiden Eingeständnisse sind indirekt ebenfalls in der Regierungserklärung enthalten.
    Ich möchte noch ein Drittes erneut hervorheben. Es ist doch nun unabweisbar geworden, Herr Bundeskanzler, hier und heute in Deutschland zu handeln, die deutsche Inflation in Deutschland zu bekämpfen und nicht irgendwo an dritten Orten außerhalb unserer Grenzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Opposition, die Union, hat ihre konstruktive Haltung und ihre Bereitschaft zur Verantwortung in den letzten Jahren wiederholt erklärt. Sie hat sich bereit erklärt, an einem greifenden, in sich ausgewogenen und vernünftigen Stabilitätsprogramm mitzuwirken, das diesen Namen verdient. Diese Vorschläge werden wir jetzt genau durchrechnen und unsere Entscheidungen fällen. Im Augenblick darf ich mich auf einige Bemerkungen beschränken.
    Vorab die Festellung, daß erst mit diesem Programm das Stabilitätsgesetz überhaupt angewendet wird. Das Februar-Programm mied noch peinlich jede Bezugnahme auf das Stabilitätsgesetz. Es wäre Ihre Pflicht gewesen, es damals schon anzuwenden.
    Als Maßstab unserer Prüfung werden wir auch insbesondere das Sondergutachten der Sachverständigen heranziehen, auch soweit wir nicht in allen Punkten mit ihm einverstanden sind.
    Zu den Einzelpunkten, Herr Bundeskanzler, darf ich hervorheben, daß die Bundesregierung fortfährt, ihre Bürger unter dem Vorwand der Stabilitätspolitik stärker zu belasten, als dies, vom Stabilitätsziel her gesehen, notwendig wäre. Denn die Stillegung von Nachfrage kann auch so gestaltet werden, daß den Bürgern nichts endgültig weggenommen wird, d. h.: durch einen rückzahlbaren und auch verzinslichen Konjunkturzuschlag.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Dies gilt um so mehr, als Sie jetzt die Grenzen der Abgabe auf 24 000 DM bzw. 48 000 DM heruntergezogen haben.
    Auf derselben Linie liegt die Festellung, daß das Programm keine vermögenspolitischen Maßnahmen enthält, obwohl die Opposition dies immer wieder gefordert hat und auch die Sachverständigen Ihnen ein Modell in dieser Richtung angeboten haben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Opposition bleibt auch bei ihrer Auffassung, daß die Belastung der Verbraucher durch die Erhöhung der Mineralölsteuer in diesem Zeitpunkt preistreibend wirkt.

    (Abg. Dr. Ritz: Sehr wahr!)

    Die Mineralölsteuererhöhung bringt dem Autofahrer nichts. Er muß zugunsten der Konjunkturdämpfung Opfer bringen, eine Stabilitätsabgabe zahlen, die ebensogut vermögenswirksam hätte gestaltet werden können, so daß ihm dadurch die Möglichkeit gegeben worden wäre, sein individuelles Vermögen auf die Dauer zu erhöhen.
    Mir fällt auch auf, daß das Wort „Regionalpolitik" oder die Rücksichtnahme auf die unterschiedlichen Lebensverhältnisse in den einzelnen deutschen Ländern in diesem Programm mit keinem Wort enthalten ist.

    (Abg. Dr. Ritz: Leider! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    Herr Bundeskanzler, Sie haben darauf hingewiesen, daß die Geld- und Kreditpolitik eine besondere Rolle spielen wird. Wir stimmen dem zu. Ich möchte mich hier auf die Bemerkung beschränken, daß die im Februar/März ausgehandelten Formen der außenwirtschaftlichen Absicherung im Verlauf des Vollzuges dieses Programms ihre erste und harte Bewährungsprobe bestehen müssen.
    Hinsichtlich der Lohnpolitik müssen wir darauf hinweisen, daß auch dieses Programm keinen Hinweis auf die Möglichkeit, vermögenswirksame Leistungen einzubeziehen enthält.
    Nun hat der Bundeskanzler durch die Hinweise auf wettbewerbspolitische und handelspolitische Maßnahmen eine Pflichtübung in sein Programm aufgenommen. Wir haben im Prinzip nichts gegen diese Maßnahmen. Wir wehren uns aber dagegen, sie so darzustellen, als ob mit ihrem Vollzug die Wende in der Konjunkturpolitik erreicht werden könnte. Ich darf dazu einen Satz aus dem Sachverständigen-Bericht vorlesen, der dies deutlicher sagt als alles andere:
    Die Maßnahmen der Wettbewerbspolitik oder der Handelspolitik z. B. sind
    — so heißt es -
    - so bedeutsam es ist, sie nicht zu vernachlässigen — im Rahmen eines Stabilisierungsprogramms wohl eher als unterstützend zu qualifizieren. Niemals können solche Maßnahmen ein Kernprogramm monetärer und finanzieller Restriktionen ersetzen.
    Dies zur Bedeutung dieser Maßnahmen, dies, um die richtigen Gewichte herzustellen.
    1596 Deutscher Bundestag 7. Wahlperiode — 30. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 10. Mai 1973
    Dr. Narjes
    Eine besondere Kritik nun verdient die öffentliche Finanzwirtschaft, für die der Bund die konjunkturpolitische Verantwortung trägt. Wider alle öffentlichen Aussagen und Beteuerungen der Bundesregierung, Herr Bundeskanzler, haben die Sachverständigen festgestellt, daß die Haushalte des Jahres 1973 eine zusätzliche Nachfrage von 7,5 Milliarden DM schaffen, mit denen die Preise getrieben werden. Das ist genau das Gegenteil von dem, was Sie soeben behauptet haben, als Sie sagten, Sie hätten vorgeleistet. Sie haben das Gegenteil getan.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Zur Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Gemeinden und deren gemeinsamer Finanzplanung stellt der Sachverständigenrat fest, „daß die Offentlichkeit den Stand der Finanzplanung in diesem Lande, insbesondere deren Koordinierungsformen, als einen Skandal betrachtet".

    (Beifall und Hört! Hört! bei der CDU/CSU.) Ich habe dem nichts hinzuzufügen.

    Angesichts dieser wenigen Schlaglichter muß ich schon hier Zweifel anmelden, ob die öffentliche Finanzwirtschaft in Ihrem Stabilitätsprogramm, Herr Bundeskanzler, hinreichend mit in die Verantwortung genommen ist. Gerade wer wie die Opposition die öffentlichen Leistungen, die sozialen Leistungen des Staates aller Art durchgreifend verbessern will, weiß, daß dies ohne stabile Verhältnisse nicht geht, weder für die Gemeinden noch für die Länder noch für den Bund. Schon aus diesem Grunde ist ein beispielhafter Beitrag des Staates in dieser Stunde unverzichtbar,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    nicht zuletzt weil ohne diesen eigenen Beitrag der Staat die Glaubwürdigkeit seiner eigenen Politik nachhaltig beeinträchtigt. Wie will jemand Ihren Anforderungen und Aufforderungen zu restriktivem Verhalten Glauben schenken, wenn Sie es nicht für den Staat selbst ebenfalls vorbildlich nachweisen?
    Der Weg zurück in die Stabilität wird lang und mühsam sein, er wird die ganze Führungskraft der Bundesregierung, des Bundeskanzlers erfordern, wenn diese Maßnahme gelingen soll. Bei aller Klarheit, die wir über die Ursachen und die Verantwortung für die gegenwärtige Situation schaffen werden, werden wir aber auch unsererseits bereit sein, die Last mit Ihnen zu tragen, wenn Ihr heute vorliegendes zweites Programm wirklich ein neuer Anfang sein soll. Ihre Politik wird nur Erfolg haben, wenn alle am Wirtschaftsprozeß Beteiligten davon überzeugt sind, daß Ihr Programm ausreichend ist, und die Ernsthaftigkeit Ihres Bemühens glauben und Ihnen Vertrauen schenken. Darum müssen Sie sich in allererster Linie bemühen, Herr Bundeskanzler, als Vorsitzender einer Partei, in der es starke Kräfte gibt, die sich den Pflichten und Verpflichtungen entziehen möchten, die mit einer marktwirtschaftlichen Ordnung untrennbar verbunden sind.

    (Anhaltender Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Professor Schachtschabel.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hans Georg Schachtschabel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ehe ich zu der Stellungnahme der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion zu dem neuen und erweiterten Stabilitätsprogramm komme, kann ich nicht umhin, doch einige wenige Bemerkungen zu den eben gehörten Ausführungen zu machen. Herr Dr. Narjes, ich halte es einfach für unmöglich, um nicht zu sagen, für unverschämt,

    (Beifall bei Abgeordneten der SPD — OhRufe bei der CDU/CSU)

    wenn Sie hier völlig ohne irgendeinen Beweis in polemischer Art

    (Zurufe von der CDU/CSU)

    dem Herrn Bundeskanzler unterstellen, er habe uns in diese Situation hineingebracht.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Lebhafte Zurufe von der CDU/CSU: Genau!)

    Meine Damen und Herren, ich darf an zwei Punkte erinnern. Haben Sie von der Opposition denn vergessen, daß gerade Sie es waren, die sich in der 6. Legislaturperiode nicht genug tun konnten, die Inflationsgefahr anzuheizen und die Inflationsmentalität immer wieder hochzutreiben?

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Widerspruch und Lachen bei der CDU/CSU. — Abg. van Delden: Dafür sind Sie Professor? Feine Professoren haben wir! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    Überprüfen wir doch die Dinge!

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    Da stellt sich Herr Kollege Dr. Narjes hier hin und sagt — ich habe mir das notiert —, die Bundesregierung hätte nicht die konstruktiven Vorschläge der Opposition aufgenommen. Ich frage Sie: wo waren sie denn? Diese Vorschläge sind ja bis zum heutigen Tage nicht vorhanden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Auf andere Bemerkungen, die hier gefallen sind, will ich nicht eingehen; das können wir vielleicht noch in einem anderen Zusammenhang tun. Gehen wir auf das zurück, was uns beschäftigt!
    Die vom Herrn Bundeskanzler abgegebene Regierungserklärung zur Stabilitätspolitik beweist es sehr wohl — das sollten auch diejenigen wissen, die von sachlichen Kenntnissen nicht belastet sind —, daß die Bundesregierung mit einem erweiterten Stabilitätsprogramm verstärkt gegen die auftretende Preisentwicklung vorgeht.
    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion begrüßt diese konsequente Politik, mit der deutlich zum Ausdruck kommt, daß inflationäre Tendenzen keineswegs als unausweichlich hingenommen werden müssen. Vielmehr bekundet die Bundesregierung mit dem von ihr bekanntgegebenen erweiterten Stabilitätsprogramm ihre feste Entschlossenheit, den Preisauftrieb energisch zu bekämpfen und eine dringend notwendige Tendenzwende in der Preisentwicklung zu erreichen. Die Bundesregierung beweist damit ihre konjunkturpolitische Verantwortung. Sie drängt mit Nachdruck auf eine Lösung der



    Dr. Schachtschabel
    gegenwärtig wichtigsten innenpolitischen Aufgabe, die sich vor allem als eine gleichermaßen gesellschafts- wie wirtschafts- und finanzpolitische Gefahr äußert. Dem in der konjunkturellen Entwicklung liegenden gefährlichen Trend einer weiteren Eskalation des Preisanstiegs wird mit den getroffenen und vorgesehenen Maßnahmen durchgreifend entgegengewirkt.
    Das Stabilitätsprogramm zeigt aber auch - und darauf mache ich besonders aufmerksam —, daß die Bundesregierung bereit ist, die tatsächliche oder vermeintliche Inflationsmentalität abzubauen und es nicht zu einer Inflationsgewöhnung kommen zu lassen. Diese Auffassung hat die Bundesregierung immer vertreten, und sie hat auch danach gehandelt. Es sei nur daran erinnert, daß bereits am 7. Februar 1973 ein stabilitätspolitischer Maßnahmenkatalog beschlossen worden ist. Die jetzige Erweiterung des Stabilitätsprogramms umfaßt durchaus folgerichtig eine deutliche Verstärkung dieser Maßnahmen, enthält aber auch zusätzliche stabilitätspolitische Mittel. Insgesamt handelt es sich um ein ausgewogenes Programm, das mit entsprechenden Akzenten die öffentlichen Hände ebenso erfaßt wie die unternehmerischen Investitionen und die private Nachfrage.
    Von der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion wird besonders begrüßt, daß damit auch gegen eine gefahrdrohende Entwicklung der Unternehmereinkommen vorgegangen wird, von denen im soeben veröffentlichten Sondergutachten des Sachverständigenrates gesagt wird — das hätte man vielleicht mal nachlesen müssen -, daß ohne antiinflationäre Maßnahmen in diesem Jahr das Unternehmereinkommen netto um 17, das Arbeitnehmereinkommen jedoch nur um netto 9 v. H. steigen wird.

    (Abg. Wehner: Hört! Hört!)

    In diesem Zusammenhang mag es überraschen, daß nach den ergänzenden Maßnahmen die Stabilitätsabgabe schon ab 24 000 DM für Ledige und 48 000 DM für Verheiratete erhoben wird. Jedoch ist zu berücksichtigen — darauf hat der Herr Bundeskanzler aufmerksam gemacht —, daß von dieser Maßnahme nur rund 800 000 Steuerpflichtige betroffen werden. Diese Begrenzung läßt erkennen, daß damit die unteren Einkommensschichten nicht belastet werden. Es ist auch wichtig, darauf zu verweisen, daß etwa 80 v. H. aller Steuerpflichtigen von der Stabilitätsabgabe nicht betroffen werden. Wenn ferner berücksichtigt wird, daß besonders der expansiven Investitionsnachfrage mit einer Investitionssteuer in Höhe von 11 v. H. sowie mit der Aussetzung verschiedener Abschreibungsmöglichkeiten entgegengetreten wird, so ergibt sich in Verbindung mit den Beschränkungen der öffentlichen Haushalte ein stabilitätspolitischer Maßnahmenkatalog, der durchaus geeignet ist, nicht nur Signale zu setzen, sondern auch Wirkungen hervorzurufen. Es sei nur noch erwähnt, daß auch von der Einschränkung der steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten im Wohnungsbau dämpfende Wirkungen ausgehen werden.
    Allerdings wäre es unzutreffend oder sogar leichtsinnig, der Meinung zu huldigen, daß mit den stabilitätspolitischen Beschlüssen bereits der Erfolg gesichert sei. Vielmehr wird es entscheidend auf das Verhalten aller ankommen, und wir betonen auch von unserer Seite, daß es darauf ankommen wird, daß sich alle verpflichtet und verantwortlich fühlen. Es muß das gemeinsame Bemühen sein, dieser Stabilitätspolitik zum Erfolg zu verhelfen. Wir erinnern daran, daß aus der Opposition Auffassungen laut geworden sind, nach denen Bereitschaft zu bestehen scheint, das Programm — ich zitiere mit Ihrer Genehmigung, Frau Präsidentin — „politisch mitzutragen". Wir wenden uns aber auch an die CDU/CSU-Mehrheit im Bundesrat, sich ihrer Verantwortung für die Stabilität stärker bewußt zu werden und, wie es Herr Kollege Dr. Möller ausgedrückt hat — ich zitiere —, „soweit gesetzgeberische Maßnahmen erforderlich sind, die parlamentarische Beratung und Verabschiedung durch die gesetzgebenden Körperschaften nicht weiter zu behindern".

    (Beifall bei der SPD.)

    Meine Damen und Herren, in dem Zusammenhang könnte ich Herrn Kollegen Dr. Narjes noch einmal entgegenhalten: Er sollte hier nicht so lauthals sprechen, sondern seinen Kollegen von der CDU im Bundesrat erst einmal die Möglichkeit geben, sich wirklich schnell und klar zu entscheiden. Das wäre eher Stabilitätspolitik als das, was er in seinen von Unkenntnis getragenen Ausführungen vorgelegt hat.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Vogel [Ennepetal] : Genauso schnell wie die Bundesregierung! — Abg. Dr. Jenninger: Außer Polemik können Sie nichts!)

    Wir sind aber auch der Meinung, meine Damen und Herren, und zwar mit der Bundesregierung der Meinung, daß die Deutsche Bundesbank ihre restriktive Kreditpolitik fortsetzen muß. Ferner erscheint es zweckmäßig, eine zweite Tranche der Stabilitätsanleihe in Kürze aufzulegen, wobei vermerkt werden soll, daß die erste Tranche in Höhe von 1,5 Milliarden DM erfolgreich aufgenommen worden ist. Der Abschöpfung weiterer Liquidität dient auch die verzinsliche Stillegung von liquiden Mitteln der Rentenversicherung. Allerdings muß mit diesen Maßnahmen eine weitere Zinssteigerung erwartet werden. Dies bedingt aber auch, die Kreditwirtschaft aufzufordern, im Interesse der Sparer die Habenzinsen ohne zeitliche Verzögerung anzupassen.
    Wir anerkennen auch, daß die Bundesregierung ihre Bereitschaft erklärt, im Bereich der öffentlichen Haushalte die Möglichkeit weiterer Ausgabenreduzierung voll auszuschöpfen. Wir appellieren aber auch von unserer Seite an die Länder und Gemeinden, ihren Teil zum Erfolg der Stabilitätspolitik der Bundesregierung beizutragen. Ich glaube, die Worte, die vom Herrn Bundeskanzler in diesem Zusammenhang gesprochen worden sind, sind von ganz besonderer Bedeutung. Nicht zuletzt begrüßen wir, daß der Bundesminister für Wirtschaft beauftragt ist, zwecks Vergrößerung des Warenangebots im Inland Liberalisierungsmaßnahmen weiterzuführen, insbesondere gegenüber den Staatshandelsländern. Die Veröffentlichungen über das Stabilitäts-



    Dr. Schachtschabel
    Programm informieren darüber weiter. Schließlich messen wir auch den wettbewerbs- und verbraucherpolitischen Maßnahmen eine wirksame stabilitätspolitische Bedeutung zu.
    Meine Damen und Herren, zweifellos beinhaltet das zweite Stabilitätsprogramm in Verbindung mit dem ersten Stabilitätsprogramm ein relativ weit gefaßtes Spektrum stabilitätspolitischer Maßnahmen. Diese Tatsache läßt aber gerade erkennen, daß alle in unserer Volkswirtschaft angesprochen werden, und zwar die öffentlichen Hände ebenso wie die Unternehmen und die Konsumenten. In diesem umfassenden Programm, das sich auf wesentliche Teile der Wirtschaft erstreckt, ist auch die Absicht zu sehen, nicht nur diesen oder jenen einseitig zum stabilitätsbewußten Verhalten zu veranlassen, sondern von allen — wir betonen noch einmal: von allen — ein gesamtwirtschaftlich bezogenes verantwortliches Verhalten zu verlangen.
    Die Bundesregierung hat ein binnenwirtschaftlich orientiertes Stabilitätsprogramm vorgelegt. Wir stellen mit Genugtuung fest — vom Herrn Bundeskanzler ist dies ausgesprochen worden , daß dabei die Stellung der Bundesrepublik Deutschland in der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft keineswegs unberücksichtigt geblieben ist. Vielmehr sind zur Absicherung dieser Politik auch entsprechende Kontakte aufgenommen worden, und dies, meine Damen und Herren, gibt die Gewißheit, daß auch außerhalb der Bundesrepublik Deutschland die von der Bundesregierung vertretene Stabilitätspolitik gewürdigt und wohl auch anerkannt wird, nicht zuletzt im Hinblick darauf, daß es in unserem Lande ernsthafte Bemühungen gibt, die Stabilität wieder zurückzugewinnen und die Konjunktur auch im Interesse der Volkswirtschaften der EWG-Mitgliedstaaten wieder in eine Phase normaler wirtschaftlicher Entwicklung zu bringen.
    Die sozialdemokratische Bundestagsfraktion dankt der Bundesregierung für ihre stabilitätspolitischen Bemühungen. Sie wird diese mit ihren Möglichkeiten unterstützen. Sie ist sich aber auch darüber im klaren, daß es keineswegs von heute auf morgen gelingen wird, durchschlagende Erfolge sichtbar zu machen. Es wird und muß jedoch alles geschehen und alles getan werden, um so schnell wie möglich zum gewünschten Ziel zu gelangen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)