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ID0702710500

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    6. Weber.: 1
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    Deutscher Bundestag 27. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. April 1973 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 1273 A Aussprache über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaltsplans für das Haushaltsjahr 1973 (Haushaltsgesetz 1973) (Drucksache 7/250) in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1972 bis 1976 (Drucksache 7/370), mit Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 1973 (Drucksache 7/419) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 und des Gesetzes über das Branntweinmonopol (Drucksache 7/422) - Erste Beratung —, mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern (Zweites Bundesbesoldungserhöhungsgesetz) (Drucksachen 7/411, 7/442) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes über die Sechzehnte Rentenanpassung und zur Regelung der weiteren Anpassungen der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Drucksache 7/427) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Fünftes Anpassungsgesetz — KOV) (Abg. Geisenhofer, Dr. Althammer, Ziegler, Dr. Schulze-Vorberg, Dr. Riedl [München], Dr. Waigel, Maucher, Burger, Dr. Götz, Müller [Remscheid], Dr. Blüm und Fraktion der CDU/ CSU) (Drucksache 7/315) — Erste Beratung — Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (zur GO) 1274 A Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . 1274 B Wehner (SPD) . . . . . . . 1283 B Dr. Graf Lambsdorff (FDP) 1285 C, 1341 B Brandt, Bundeskanzler . . . . . 1290 B Seiters (CDU/CSU) . . . . . . . 1297 C Dr. Stoltenberg, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein . . 1302 B, 1330 D, 1334 A Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 1310 A Mischnick (FDP) . . . . . . . . 1317 A Schmidt, Bundesminister (BMF) . . 1319 D, 1333 C II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1973 Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 1334 B Dr. Arndt (Berlin) (SPD) . . . . . 1338 C Dr. Häfele (CDU/CSU) 1343 D Dr. Weber (Köln) (SPD) . . . . 1346 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 1349 C Damm (CDU/CSU) . . . . . . 1349 D Würtz (SPD) . . . . . . . . 1357 B Leber, Bundesminister (BMVg) . 1359 C Dr. Wörner (CDU/CSU) 1361 C Vogel (Ennepetal) (CDU/CSU) . . 1363 D Liedtke (SPD) 1365 D Groß (FDP) 1368 A Genscher, Bundesminister (BMI) . 1368 B Nächste Sitzung 1369 C Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1371* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1973 1273 27. Sitzung Bonn, den 5. April 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 7. 4. Adams * 7. 4. Ahlers 6. 4. Dr. Aigner * 7. 4. Dr. Artzinger * 7. 4. Dr. Bangemann * 7. 4. Dr. Becher (Pullach) 6. 4. Behrendt * 7. 4. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 6. 4. Blumenfeld 7. 4. Buchstaller 6. 4. Dr. Burgbacher 6. 4. Buschfort 6. 4. Dr. Corterier * 7. 4. Frau Däubler-Gmelin 6. 4. Dr. Dregger ** 16. 4. Dr. Evers 6. 4. Fellermaier * 8. 4. Flämig * 7. 4. Frehsee ' 7. 4. Dr. Früh * 7. 4. Gerlach (Emsland) * 7. 4. Gewandt 7. 4. Härzschel * 7. 4. Hofmann 6. 4. Dr. Jaeger 6. 4. Dr. Jahn (Braunschweig) * 7. 4. Kahn-Ackermann** 7. 4. Kater 30. 4. Kirst 6. 4. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Klepsch* 7. 4. Lange * 7. 4. Lautenschlager * 6. 4. Dr. Lenz (Bergstraße) 5. 4. Frau Dr. Lepsius 7. 4. Löffler 6. 4. Lücker * 7. 4. Dr. Martin 7. 4. Frau Meermann 6. 4. Memmel * 7. 4. Mertes 6. 4. Mikat 6. 4. Müller (Mülheim) * 6. 4. Mursch (Soltau-Harburg) * 6. 4. Dr. Oldenstädt 6. 4. Frau Dr. Orth * 7. 4. Picard 7. 4. Richter ** 7. 4. Dr. Riedl (München) 18. 4. Frau Schleicher 6. 4. Schmidt (München) ** 7. 4. Schmidt (Wattenscheid) 7. 4. Frau Schuchardt 8. 4. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 6. 4. Dr. Schulz (Berlin) * 7. 4. Schwabe * 7. 4. Dr. Schwencke ** 7. 4. Dr. Schwörer * 7. 4. Seefeld* 8. 4. Spillecke 6. 4. Spilker 6. 4. Springorum * 7. 4. Dr. Starke (Franken) * 7. 4. Walkhoff * 7. 4. Dr. von Weizsäcker 5. 4. Frau Dr. Wex 6. 4. Wienand 6. 4. Frau Dr. Wolf ** 6. 4. Wrede 7. 4.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hansjörg Häfele


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir eingangs eine Bemerkung zum Stil dieser Debatte. Ich habe diese Debatte von der ersten Stunde bis jetzt aufmerksam verfolgt. Es ist selbstverständlich — es wäre schlimm, wenn es anders wäre - , daß in diesem Hause auch polemische Spritzer ausgeteilt werden und daß vielleicht manchmal sogar die Grenze überschritten wird. Das wissen wir alle, das geschieht in der Hitze des Gefechts.
    Ich habe aber jeden Auftritt des Herrn Bundesfinanzministers aus nächster Nähe beobachtet. Ich muß Ihnen — lassen Sie mich das ganz ruhig und unpolemisch sagen — gestehen: ich bin erschrocken, daß dieser amtierende Finanzminister im Grunde hier nicht nur keinen einzigen Gedankengang ohne



    Dr. Häfele
    Polemik, sondern auch keinen einzigen Gedankengang ohne Herabsetzung — auf die deftigste und billigste Weise, deren er nur fähig ist — äußern kann. Ich muß Ihnen ganz offen sagen: bei allem Versuch — ich versuche das im Finanzausschuß wirklich über die Parteien hinweg —, sachlich zu arbeiten: Sie brauchen sich nicht zu wundern, daß unser Vertrauen nicht sehr groß sein kann, wenn das alles in dieser Zeit, wodurch die zunehmende Inflation die Finanzprobleme in ein verheerendes Ausmaß in den nächsten Jahren annehmen könnten, in der Hand eines solchen Ministers liegt, und daß wir große Zweifel haben, ob dieser Mann der rechte Mann ist, um mit ruhiger Hand die Verantwortung für die deutschen Finanzen zu tragen. Darüber brauchen Sie sich nicht zu wundern.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nun einige Bemerkungen für meine Fraktion zur Frage der Mineralölsteuererhöhung. Sie werden nicht erwarten, daß die Opposition die Mitverantwortung für diese Mineralölsteuererhöhung übernimmt.

    (Zuruf von der SPD: Im vorigen Jahr schon!)

    Aus welchen Gründen? Die Erhöhung der Mineralölsteuer um 5 Pfennig bedeutet in der Wirklichkeit, daß je Liter Benzin wegen der Mehrwertsteuer mindestens eine Preiserhöhung von 5,6 Pfennig stattfinden wird. Erfahrungsgemäß sind es in der Praxis noch mehr, weil in Zeiten steigender Preise eine solche Steuererhöhung zum Anlaß genommen wird, andere Kostenerhöhungen bei dieser Gelegenheit mit hineinzukalkulieren. Wegen dieser preistreibenden Wirkung halten wir in diesem Augenblick eine Mineralölsteuererhöhung für verfehlt.
    Es handelt sich also nicht darum, meine Damen und Herren, daß wir etwa die Stabilitätspolitik blockierten, sondern wir wollen weitere, zusätzliche Preissteigerungen blockieren. Die Regierung behauptet ja auch, daß das der Sinn ihres Pakets sei. Da helfen alle Versuche aus dem Regierungslager, die in den letzten Wochen gemacht wurden, nicht, auch die Mineralölsteuererhöhung irgendwie doch noch stabilitätspolitisch zu verbrämen. Diese Versuche können nicht gelingen, weil die unmittelbare Preissteigerung die Wirkung ist.
    Es geht sogar noch weiter. Eine Benzinpreiserhöhung, die fast jeden in Deutschland trifft, kann wegen der Signalwirkung, die sie eben für jedermann hat, eine zusätzliche Wirkung haben, so daß die Inflationsmentalität, die ja leider ohnedies schon da ist, dadurch gestärkt und noch eine zusätzliche Preissteigerung in Gang gebracht wird. Soweit die Erhöhung in die gewerblichen Kosten hineinkalkuliert wird, wird sie natürlich überwälzt, in Zeiten steigender Preise sowieso, so daß die breitesten Schichten praktisch doppelt von dieser Steuererhöhung betroffen sind.
    Diese Gesichtspunkte halten wir für bedeutsamer als die an sich erwünschte Verminderung der öffentlichen Kreditaufnahme, die wir natürlich möglichst auch haben wollen, die aber durch eine Gesamtstabilitätspolitik erreicht werden muß, welche die Dinge nicht bloß so halb angeht, wie es die Regierung getan hat.
    Ich weise darauf hin, daß nach allem, was man hört, die letzten Steuerschätzungen von Ende Februar voraussichtlich die inflationsbedingten Steuermehreingänge noch nicht berücksichtigen, so daß schon unter diesem Gesichtspunkt die Kreditaufnahme in diesem Jahr vermindert werden kann.

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU.)

    Wir halten die Entwicklung, in welche die Bundesregierung durch alljährlich neue Steuererhöhungen hineinkommt, für gefährlich. Ich erinnere daran, daß vor einem Jahr schon u. a. die Mineralölsteuer erhöht wurde. Im Jahre 1973 wird sie wieder erhöht. Bundesfinanzminister Schmidt hat in diesen Tagen angekündigt — wobei er den Bundesländern schon prophylaktisch den Sündenbock zugeschoben hat —, daß auch im nächsten Jahr wieder Steuererhöhungen kommen müßten. Es bahnt sich immer mehr an— und das ist eine ganz gefährliche Entwicklung, die Sie ernst nehmen sollten —, daß wir neben der unerfreulichen PreisLohn-Preis-Spirale eine zweite, nämlich eine PreisSteuer-Preis-Spirale, in Deutschland in steigendem Maße bekommen.
    Nun wird gesagt, das Steuerpaket der Bundesregierung sei sozial, und aus diesem Grunde habe sie nicht zu dem anderen Mittel, das das Stabilitätsgesetz an sich vorsieht, gegriffen, sondern eben nur maßvoll — nachdem sie vorher die andere Abgabe für die „Großverdiener" beschlossen hat — diese Mineralölsteuererhöhung vorgenommen. Dazu ist vor allem zu sagen: Die Mineralölsteuererhöhung trifft jeden gleich. Ich darf die Zahlen zugrunde legen, die Herr Parlamentarischer Staatssekretär Porzner im Bundesrat am 23. März dieses Jahres angeführt hat. Danach wird der Halter eines Durchschnitts-Pkw, der im Jahr 15 000 km fährt und 12 1 verbraucht, durch diese Steuererhöhung um 8 DM je Monat beeinträchtigt. Das ist genau das gleiche, was ein 10%iger Konjunkturzuschlag ausmachen würde bei einem Verheirateten mit zwei Kindern und einem Monatseinkommen von 1095, also fast 1100 DM.
    Nun ist es aber so: Die Mineralölsteuererhöhung trifft den einzelnen bei steigendem Einkommen relativ immer weniger, während sie bei geringerem Einkommen relativ immer härter trifft.

    (Zustimmung bei der CDU/CSU.)

    Es ist genau umgekehrt wie beim Konjunkturzuschlag, der die persönlichen Verhältnisse berücksichtigt und den man ja noch sozial so ausgestalten könnte, daß diese Berücksichtigung noch verstärkt wird. Ich frage nur: Wäre es nicht wirklich gerechter und vor allem ehrlicher gewesen, wenn die Regierung, statt den Anschein zu erwecken, sie habe aus sozialen Gründen die Mineralölsteuererhöhung vorgeschlagen, das andere Mittel, das das Stabilitätsgesetz vorsieht, sozial so abgefedert gewählt hätte, daß wirklich die persönlichen Verhältnisse in sozialer Weise hätten berücksichtigt werden können?



    Dr. Häfele
    Wir dürfen nicht übersehen, daß von diesen Steuererhöhungen nur diejenigen stärker getroffen werden, die mehr als 100 000 DM — bei Ledigen — oder mehr als 200 000 DM — bei Verheirateten — im Jahr verdienen, während alle anderen gleich belastet werden, und das heißt: immer weniger, je mehr sie verdienen.
    Handelt es sich hier nicht in Wirklichkeit um ein Versteckspiel, etwa so, daß die Regierung denkt, angesichts der Inflationsmentalität der Bevölkerung würden Preiserhöhungen eher hingenommen als direkte Steuererhöhungen? Und die Mineralölsteuererhöhung wird von breitesten Schichten eben als eine Preiserhöhung und nicht als eine Steuererhöhung verstanden.

    (Abg. Dr. Schäfer [Tübingen] : Das können auch nur Sie sagen!)

    Es wird also durch die Hintertür das getan, was durch eine ehrlich direkte Steuererhöhung zu machen man nicht den Mut hatte.

    (Abg. Dr. Müller-Hermann: Das ist clever!)

    Das ist Sozialoptik. Aber in Wirklichkeit ist es so, daß die breite Masse sogar härter getroffen wird.
    Meine Damen und Herren, wir wissen alle, daß das in der Politik gelegentlich unvermeidlich ist. Darüber wollen wir uns gar nicht hinwegreden. Aber dann soll man wenigstens den Mut haben, das zu sagen,

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    und nicht so tun, als spare man hier die kleinen Leute aus.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es gibt einen weiteren wichtigen Grund, aus dem wir diese Mineralölsteuererhöhung nicht mit verantworten können. Wir wissen alle, daß Steuererhöhungen bis zu einem gewissen Grade einer Steuerreform im Wege stehen können. Bei keiner Steuer gilt das so sehr wie bei der Mineralölsteuer. Überfällig ist seit Jahren die Kraftfahrzeugsteuerreform; das wissen alle. Und wir wissen alle, daß eine wirklich durchgreifende Kraftfahrzeugsteuerreform ganz gleich, wie man sie im einzelnen ausgestalten will — eine Manövriermasse bei der Mineralölsteuer nötig hat, damit dort eventuell ein Ausgleich geschaffen werden kann.
    Aus diesem Grunde begrüßt die Fraktion der CDU/CSU die Initiative des Bundesrates, sich in bezug auf die Reform der Kraftfahrzeugsteuer an die Spitze zu setzen. Es ist im Grunde beschämend, daß der Bundesrat hier mehr Reformkraft bewiesen hat, als die Bundesregierung bei diesem drängend anstehenden Problem gezeigt hat. Und es ist für uns unverständlich, daß diese Haltung des Bundesrates dann noch als Obstruktionspolitik bezeichnet wird. Ich glaube, konstruktiver als dadurch, daß im Bundesrat eine konkrete Alternative in Form sogar eines Gesetzentwurfes vorgelegt wird, geht es nicht mehr.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Diese Reform der Kraftfahrzeugsteuer ist überfällig aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung, aber auch aus Gründen der Konstruktionsneutralität, des Umweltschutzes und der Verkehrssicherheit. Herr Minister Schmidt hat vorgestern in diesem Hause gute Worte zur Verwaltungsvereinfachung gesprochen. Er hat von der „Entfeinerung" der überkomplizierten Steuervorschriften gesprochen und dann gesagt:
    Ein Staat, dessen Steuergesetze so kompliziert sind, daß er ihnen nicht mehr die volle Verwirklichung verschaffen kann, legt die Axt an die Wurzel des Vertrauens, das ihn trägt.
    Goldene Worte! Er hat A gesagt, aber er hat nicht B folgen lassen. Hier bei der Kraftfahrzeugsteuer kann er beweisen, ob er das, was er selber gesagt hat, wirklich in die Tat umsetzen will. Hier ist eine Verwaltungsvereinfachung für den Steuerzahler und für die Finanzbeamten überfällig.
    Die Kraftfahrzeugsteuer wird in der Praxis immer weniger entrichtet. Vor allem die häufigen Wohnsitzwechsler zahlen immer weniger die Kraftfahrzeugsteuer. 80 % der Vollziehungsbeamten sind heute damit beschäftigt, der Kraftfahrzeugsteuer nachzulaufen. Bei den Finanzämtern sind mehrere Stellen damit beschäftigt, die Datenverarbeitungsstellen, die Kraftfahrzeugsteuerstellen, die Vollstreckungsstellen, die Finanzkassen; damit beschäftigt sind aber auch die Zulassungsstellung bei den Landratsämtern und Gemeindeverwaltungen und schließlich die Polizei.
    Der Entwurf des Bundesrates würde 2000 bis 3000 Bedienstete für andere dringende Aufgaben, die wir in der Finanzverwaltung haben, freisetzen. Wir wissen alle, daß die Lohnsteuerstellen und die Veranlagungsstellen überlastet sind. Gestern haben wir die Meldung bekommen, daß am Ende des Jahres 1972 nicht weniger als 4,9 Milliarden DM Steuerrückstände vorhanden waren — wegen der Überlastung der Finanzämter. Wir sind hier längst an einem Punkt angelangt, an dem man sagen kann: summum jus, summa injuria. Das ist genau das, was der Herr Minister mit seinen goldenen Worten gesagt hat, woraus er aber nicht die konkreten Schlußfolgerungen zieht. Wir brauchen schnellstens die Vereinfachung durch das Plaketten-Verfahren, wobei die Plakette an der Windschutzscheibe jedes Personenkraftwagens angebracht wird. Der Bundesrat geht von einer Basissteuer — diese muß natürlich aus sozialen Gründen möglichst niedrig sein — in Höhe von 150 DM aus, wobei eine Luxusbesteuerung ab 130 PS mit zwei Plaketten vorgesehen ist. Erforderlich ist ein Jahresbetrag, der aus sozialen Gründen niedrig angesetzt werden muß. Da dies so ist, brauchen wir bei der Mineralölsteuer die berühmte Manövriermasse; der Bundesrat rechnet mit 3,7 Pf.
    Diese Reform, meine Damen und Herren, brauchen wir noch in diesem Jahr. Spätestens im nächsten Jahr muß diese Kraftfahrzeugsteuerreform in Kraft treten. Aus diesem Grunde ist es unverantwortlich, die Verfügungsmasse bei der Mineralölsteuer, die in Deutschland inzwischen ausgereizt ist,

    (Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

    durch eine Fünf-Pfennige-Erhöhung — mit der
    Mehrwertsteuer sind es sogar, wie ich schon gesagt



    Dr. Häfele
    habe, 5,6 Pf — zu schmälern, anstatt das wenigstens mit einer Reform zu verbinden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Auch aus Gründen der Konstruktionsneutralität und der Verkehrssicherheit brauchen wir diese Reform. Denn alle Versuche, hier Klasseneinteilungen vorzunehmen — das sagen die Praktiker —, stimmen mit der Wirklichkeit nicht überein. Der Gedanke, daß die Luftverschmutzung und die Lärmerzeugung reduziert werden müssen, daß das Beschleunigungsvermögen und die Bergsteigefähigkeit aus Verkehrssicherheitsgründen gefördert werden müssen, verträgt im Grunde keine Klasseneinteilung.
    Die Luxusbesteuerung ist vertretbar — das sagen die Praktiker —, weil hier die Überwachung, die Kontrolle, gerade noch funktionieren kann. Hier ist ein Reformfeld, auf dem man die „Lebensqualität" wirklich durch eine konkrete Reform verbessern kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nun wird gesagt, daß es doch „unsozial" sei, eine Besteuerung nach nur zwei Klassen, wie es etwa der Bundesrat vorschlägt, oder gar eine Einheitssteuer, wie es verschiedene Verbände vorschlagen, vorzunehmen. Wir sind gern bereit, bei den Ausschußberatungen ein Hearing zu veranstalten, um die Fachverbände anzuhören. Wir sind für jede Lösung aufgeschlossen, die tatsächlich zu diesen positiven Zielen führt: zur Verwaltungsvereinfachung und zur Konstruktionsneutralität.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Was die Höhe des Basissteuersatzes angeht, so kann man darüber reden. Auch kann man darüber reden, ob man für die Kleinwagen bis 1000 ccm etwa eine Übergangszeit einführen bzw. ob man das verantworten kann. Ferner kann man darüber reden, ob man statt nur zwei Luxusplaketten vielleicht sogar drei Luxusplaketten einführen kann. Alles das sind Dinge, über die man reden kann. Sicher aber ist, daß die Finanzbeamten und die Polizei uns sagen, daß die Vereinfachung aus Gründen der Überwachung sehr klar sein müsse, da sie sonst die Verantwortung nicht mehr übernehmen könnten. Dann aber wäre der Ungerechtigkeit wieder Tür und Tor geöffnet.
    Lesen Sie einmal, meine Damen und Herren, die dringenden Forderungen des Bundes der Steuerbeamten! Lesen Sie einmal, was Herr Fredersdorf, was der Bund der Steuerzahler, was der ADAC, was die Autoindustrie, was sämtliche elf Finanzminister der Bundesländer in einem Schreiben vom 18. Dezember letzten Jahres an den Bundesfinanzminister zu dieser Frage sagen! Sie alle verlangen die Einführung der Einheitssteuer bei der Kraftfahrzeugsteuerreform.
    Nun wird gesagt, daß dies gegenüber den Eigentümern von Kleinwagen ungerecht sei, weil diese in der Tat dann teilweise — das muß man sagen — mehr bezahlen müßten. Wie schaut die Wirklichkeit aus?
    Man darf nicht übersehen, daß 70 % der Kleinwagen Zweitwagen, und nur 5 % der Erstwagen Kleinwagen sind. Ferner muß man wissen, daß nur 15% des Pkw-Bestandes Kleinwagen sind; ihre Quote ist erfreulicherweise rückläufig. Die Mehrbelastung bei den Kleinwagen beträgt im Einzelfall höchstens 7 DM im Monat. Bei den mittleren Wagen, also bei den Wagen mit über 1000 ccm, beträgt die Mehrbelastung weniger als 1 %. So beträgt sie etwa beim Kadett 0,6 %, beim VW 1200 0,4 %, beim VW 1302 0,3 %. Der absolute Betrag macht im Monat 2,80 DM oder weniger aus. Dabei muß man hinzufügen: je größer der Pkw ist, desto größer ist der Verbrauch auf 100 km, desto mehr Kilometer fährt er durchschnittlich im Jahr — das zeigt die Statistik —, so daß er auch in dieser Hinsicht mehr verbraucht.
    Es ist zudem widerspruchsvoll, wenn die Regierung nun sagt, es sei unsozial, etwa die Basissteuer einzuführen; aber im gleichen Zeitpunkt sogar eine Mineralölsteuererhöhung ohne Reform um 5 Pf je Liter Benzin vorsieht. Hier gilt der Gedanke, daß es unsozial sein könnte, offensichtlich nicht. Auf jeden Fall verlangt eine durchgreifende Reform allenfalls 3,7 Pf; vielleicht kann man es auch so gestalten, daß es noch weniger sind.
    Lassen Sie mich zum Abschluß noch etwas aus Ihrem Organ, aus dem „Vorwärts", Ausgabe vom 7. Oktober 1971, zitieren, wo er sich bei der Kraftfahrzeugsteuer mit Leidenschaft gegen eine Besteuerung nach PS in drei Klassen wendet, wie sie die Bundesregierung offensichtlich seit Jahren in ihrem Schoße auszubrüten versucht, ohne daß bisher etwas dabei herausgekommen ist. Es heißt dort:
    Wer hier die soziale Frage aufwirft, stellt das Problem in die falsche Ecke. Es ist nämlich nicht „sozialer", über die Steuer untermotorisierte und weniger verkehrssichere Fahrzeuge zu fördern und damit indirekt die Unfallschreckensbilanz zu verschlechtern.
    Was bleibt also? Die Suche nach einem verkehrsgerechten Steuersystem. Lebers „DreiKlassen-Recht der Pferdestärken" wird diesem Anspruch nicht gerecht.
    Meine Damen und Herren oder, wenn Sie es gestatten, Genossinnen und Genossen, ich möchte Ihnen nur zurufen: Folgen Sie Ihrem „Vorwärts" und machen Sie eine Kraftfahrzeugsteuerreform! Dann dürfen Sie aber die Mineralölsteuer nicht um 5 Pfennig erhöhen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Weber.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hubert Weber


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten haben zu keiner Zeit geleugnet, daß die Mineralölsteuererhöhung jeden Burger, der Auto fährt, auch trifft. Wir scheuen uns aber nicht — und das ist der Unterschied —, das auch offen auszusprechen, während Sie hier so tun und an anderer Stelle anders reden.



    Dr. Weber (Köln)

    Herr Dr. Häfele, ich brauche gar nicht bis zu Zitaten aus den Jahren 1969 oder 1971 zurückzugehen. Herr Strauß hat am 21. Februar 1973, also vor gut einem Monat, im „ZDF-Magazin" erklärt, eine gewisse Erhöhung der Mineralölsteuer wäre durchaus vertretbar gewesen. Ihr Kollege, Herr Pieroth, hat in die gleiche Kerbe gehauen und gesagt, höhere Steuern könnten nötig sein, um notwendige Aufgaben des Staates zu finanzieren. Ihr Generalsekretär, Herr Kraske, hat das gleiche betont. Er hat gesagt: „Die CDU hat niemals grundsätzlich gegen Steuererhöhungen votiert." Daraus kann ich doch nur das Fazit ziehen: Steuererhöhungen, die von der sozialliberalen Koalition beschlossen werden, haben eine preistreibende Wirkung; Steuererhöhungen der CDU/CSU sind dagegen unbedenklich, wenn es ihr paßt.

    (Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/ CSU: So simpel ist es nicht!)

    — Nun, ich kann auch ein anderes Zitat bringen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Ihre Zitate!)

    Wenn Sie zur Mineralölsteuer aus Ihren eigenen Reihen zitiert haben wollen, so kann ich noch darauf hinweisen, daß doch Ihr Mitglied, der stellvertretende Vorsitzende der ÖTV, Herr Karl-Heinz Hoffmann, nach einem Gespräch mit dem Verkehrsminister seine volle Übereinstimmung mit der Verkehrspolitik der Bundesregierung betont und dann gesagt hat - so ist es aus dem CDU/CSU-Fraktionsbericht vom 14. März 1973 entnommen -:
    Er begrüßt die Erhöhung der Mineralölsteuer um 5 Pfennig je Liter und wirft denjenigen, die dagegen protestieren, vor, sie würden nicht für die Interessen der Arbeitnehmer eintreten, sondern zeigten sich immer mehr als ein Sprachrohr bestimmter Industrieinteressen.