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ID0702707800

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    Deutscher Bundestag 27. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. April 1973 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 1273 A Aussprache über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaltsplans für das Haushaltsjahr 1973 (Haushaltsgesetz 1973) (Drucksache 7/250) in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1972 bis 1976 (Drucksache 7/370), mit Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 1973 (Drucksache 7/419) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 und des Gesetzes über das Branntweinmonopol (Drucksache 7/422) - Erste Beratung —, mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern (Zweites Bundesbesoldungserhöhungsgesetz) (Drucksachen 7/411, 7/442) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes über die Sechzehnte Rentenanpassung und zur Regelung der weiteren Anpassungen der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Drucksache 7/427) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Fünftes Anpassungsgesetz — KOV) (Abg. Geisenhofer, Dr. Althammer, Ziegler, Dr. Schulze-Vorberg, Dr. Riedl [München], Dr. Waigel, Maucher, Burger, Dr. Götz, Müller [Remscheid], Dr. Blüm und Fraktion der CDU/ CSU) (Drucksache 7/315) — Erste Beratung — Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (zur GO) 1274 A Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . 1274 B Wehner (SPD) . . . . . . . 1283 B Dr. Graf Lambsdorff (FDP) 1285 C, 1341 B Brandt, Bundeskanzler . . . . . 1290 B Seiters (CDU/CSU) . . . . . . . 1297 C Dr. Stoltenberg, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein . . 1302 B, 1330 D, 1334 A Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 1310 A Mischnick (FDP) . . . . . . . . 1317 A Schmidt, Bundesminister (BMF) . . 1319 D, 1333 C II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1973 Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 1334 B Dr. Arndt (Berlin) (SPD) . . . . . 1338 C Dr. Häfele (CDU/CSU) 1343 D Dr. Weber (Köln) (SPD) . . . . 1346 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 1349 C Damm (CDU/CSU) . . . . . . 1349 D Würtz (SPD) . . . . . . . . 1357 B Leber, Bundesminister (BMVg) . 1359 C Dr. Wörner (CDU/CSU) 1361 C Vogel (Ennepetal) (CDU/CSU) . . 1363 D Liedtke (SPD) 1365 D Groß (FDP) 1368 A Genscher, Bundesminister (BMI) . 1368 B Nächste Sitzung 1369 C Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1371* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1973 1273 27. Sitzung Bonn, den 5. April 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 7. 4. Adams * 7. 4. Ahlers 6. 4. Dr. Aigner * 7. 4. Dr. Artzinger * 7. 4. Dr. Bangemann * 7. 4. Dr. Becher (Pullach) 6. 4. Behrendt * 7. 4. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 6. 4. Blumenfeld 7. 4. Buchstaller 6. 4. Dr. Burgbacher 6. 4. Buschfort 6. 4. Dr. Corterier * 7. 4. Frau Däubler-Gmelin 6. 4. Dr. Dregger ** 16. 4. Dr. Evers 6. 4. Fellermaier * 8. 4. Flämig * 7. 4. Frehsee ' 7. 4. Dr. Früh * 7. 4. Gerlach (Emsland) * 7. 4. Gewandt 7. 4. Härzschel * 7. 4. Hofmann 6. 4. Dr. Jaeger 6. 4. Dr. Jahn (Braunschweig) * 7. 4. Kahn-Ackermann** 7. 4. Kater 30. 4. Kirst 6. 4. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Klepsch* 7. 4. Lange * 7. 4. Lautenschlager * 6. 4. Dr. Lenz (Bergstraße) 5. 4. Frau Dr. Lepsius 7. 4. Löffler 6. 4. Lücker * 7. 4. Dr. Martin 7. 4. Frau Meermann 6. 4. Memmel * 7. 4. Mertes 6. 4. Mikat 6. 4. Müller (Mülheim) * 6. 4. Mursch (Soltau-Harburg) * 6. 4. Dr. Oldenstädt 6. 4. Frau Dr. Orth * 7. 4. Picard 7. 4. Richter ** 7. 4. Dr. Riedl (München) 18. 4. Frau Schleicher 6. 4. Schmidt (München) ** 7. 4. Schmidt (Wattenscheid) 7. 4. Frau Schuchardt 8. 4. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 6. 4. Dr. Schulz (Berlin) * 7. 4. Schwabe * 7. 4. Dr. Schwencke ** 7. 4. Dr. Schwörer * 7. 4. Seefeld* 8. 4. Spillecke 6. 4. Spilker 6. 4. Springorum * 7. 4. Dr. Starke (Franken) * 7. 4. Walkhoff * 7. 4. Dr. von Weizsäcker 5. 4. Frau Dr. Wex 6. 4. Wienand 6. 4. Frau Dr. Wolf ** 6. 4. Wrede 7. 4.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Hermann Schmitt


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Das Wort hat der Herr Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein.
    Dr. Stoltenberg, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die drei Vorredner haben sich verhältnismäßig ausführlich mit meinen Beiträgen von heute morgen auseinandergesetzt. Ich kann mich bei den Kollegen Möller und Mischnick für eine kritische, aber sachbezogene Form der Auseinandersetzung bedanken. Ich kann diesen Dank allerdings nicht auf den Herrn Bundesminister der Finanzen erweitern.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, der Herr Bundesminister der Finanzen hat es für richtig gehalten, in der nun schon zunehmend bekannten Art nicht nur sachliche Auffassungen zu vertreten, sondern in einer Form Zensuren zu erteilen, die, wie ich glaube, für sich selbst spricht. Weil er das tut, nehme ich mir auch die Freiheit, eingangs zwei Bemerkungen zu seiner Rede und zu seinem Stil zu machen.

    (Abg. Haehser: Herr Bundesrat!)

    — Herr Haehser, wer so angesprochen wird wie ich, wird hier dann auch so sprechen, wie es nötig ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)




    Ministerpräsident Dr. Stoltenberg
    Wenn von Ihrer Seite hier polemisiert wird, wie es Herr Schmidt in seiner Etatrede, Herr Wehner heute morgen und Herr Schmidt jetzt wieder getan haben — sie haben sich alle Freiheiten gegenüber den Vertretern des Bundesrates genommen —, können Sie uns, wenn wir darauf anworten wollen, nicht sagen, wir sollten uns hier zurückhalten. So können wir Debatten in diesem Hause nicht führen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich glaube, daß die Rede des Herrn Bundesfinanzministers in Form und Inhalt von einem übersteigerten Selbstbewußtsein zeugt,

    (Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Von einem krankhaften Selbstbewußtsein! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU)

    das nach Auffassung mancher Betrachter, auch in der Öffentlichkeit, Züge der Überheblichkeit annimmt.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich kann mich nur darüber wundern, daß ein Finanzminister, der vor neun Monaten die Verantwortung für Stabilität und Finanzen bei einer Inflationsrate von gut 5 % übernommen hat, der heute eine Inflationsrate von 7 % mit steigender Tendenz vertreten muß, so redet, als ob alle Welt mit ihm so zufrieden sein könnte, wie er offenbar mit sich selbst zufrieden ist.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn er in einer finanz- und stabilitätspolitischen Debatte sagt: Nicht wir sind in der Zwickmühle, sondern Sie!, muß ich mich fragen, wann er sich denn eigentlich in Bedrängnis fühlt; bei einer Inflationsrate von 8 %, 10 % oder 12 % — oder müssen erst brasilianische Inflationsraten erreicht werden,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    damit diese Art der selbstgefälligen Auseinandersetzung mit anderen Auffassungen einer sachbezogeneren Form weicht? Dies muß ich Ihnen, Herr Schmidt, nach einigem, was Sie hier auch mir persönlich gesagt haben, mit der notwendigen Deutlichkeit sagen.

    (Abg. Seiters: Da sprach nicht der Herr Minister, da sprach Herr Schmidt!)

    Nun möchte ich zum sachlichen Teil kommen. Das zweite, was ich feststellen muß — auch das hat diese Form der Replik veranlaßt —, ist, daß Sie Ihre Methode, ungenau zu zitieren, auch aus amtlichen Dokumenten, etwa aus den Beschlüssen des Finanzplanungsrats,

    (Abg. Leicht: Sehr gut!)

    der unter Ihrem Vorsitz steht, fahrlässig um der Polemik willen fortgesetzt haben. Auf diesen Punkt werde ich zurückkommen.
    Nun hat er wieder einmal wie schon das letztemal die Forderung aller Länder, die ich hier erläutert habe, zur Frage der Steueraufteilung damit kommentiert, Schleswig-Holstein sei nach 20 Jahren CDU-Regierung ein zurückgebliebenes Land. Deswegen hat Herr Kollege Schmidt wahrscheinlich auch seinen zweiten Wohnsitz in unserem schönen Land genommen

    (Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

    und baut sein Haus, wie ich höre, am schönen Bramsee weiter aus.
    Nun, wir wollen über Schleswig-Holstein hier nicht lange sprechen. Wir haben 1950 die Regierungsverantwortung von den Sozialdemokraten übernommen als Armenhaus der Bundesrepublik, wofür übrigens auch die Sozialdemokraten — das muß ich korrekterweise sagen — unter den Bedingungen der Nachkriegszeit eines zerstörten Landes, eines Vertriebenenlandes mit Randlage nicht verantwortlich waren. Aber wir haben jetzt vom Statistischen Bundesamt erfahren, daß dieses traditionell schwache, industriell unterstrukturierte Land mit seiner extremen Randlage im Jahre 1972 erstmals im Wirtschaftswachstum der Bundesrepublik von allen Bundesländern den ersten Platz erreichte. Das ist eine Leistung, auf die wir stolz sind, meine Damen und Herren.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich bestätige dabei gern die gute Zusammenarbeit mit dem Wirtschaftsminister des Bundes in Vergangenheit und Gegenwart in der Frage der Förderung der regionalen Strukturpolitik. Ich hoffe, daß wir dies, wenn wir die Regierungsvorlage zur Investitionszulage korrigiert haben, ohne schwere Störungen fortsetzen können.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Nun zur Sache selbst. Herr Schmidt hat mich hier leider falsch zitiert. Ich habe nicht einem der Länder unterstellt, daß es mit falschen Zahlen arbeitet. Ich habe nur zu der aktuellen Kontroverse bezüglich Nordrhein-Westfalens gesagt, daß es dort unterschiedliche Auffassungen im Parlament über den tatsächlichen Zuwachs des Etats gibt. Ich habe das ohne jede Bewertung gesagt und damit ein Problem deutlich machen wollen, auf das ich gleich noch zurückkomme: daß es in der Tat sehr schwer ist, heute noch objektiv vor allem die konjunktur- und stabilitätspolitisch relevante Wachstumsquote festzustellen, vor allem bei der wachsenden Neigung mancher Regierungen — das sage ich in diesem Hause nicht ohne Grund —, mit Leertiteln zu arbeiten, wo Rechtsverpflichtungen bestehen, und große Schattenhaushalte aufzustellen. Das ist das Problem. Der Grund ist aber auch — und dies berührt die von Herrn Schmidt genannte Zahl auch für das Land Schleswig-Holstein —, daß wir als Folge der einmal von der Großen Koalition beschlossenen Gemeinschaftsaufgaben immer noch in einem Umstellungsprozeß sind.
    Wenn Sie hier — und das ist nicht ohne Absicht geschehen — die Zahlenreihe des Wachstums der Länderhaushalte vorlesen, dann kann ich Ihnen z. B. für das Land Schleswig-Holstein sagen — Herr Kollege Ertl würde es, wenn er hier wäre, bestätigen —, daß wir im Haushalt 1973, was natürlich auch für Niedersachsen mit seiner ähnlich hohen Wachstumsrate gilt, Bundesleistungen für den Küstenschutz, die bisher zum Teil außerhalb des Haushalts direkt geleistet wurden, durch Landesleistungen in einem

    Ministerpräsident Dr. Stoltenberg
    Umfang von beinahe 1 % unseres Etatvolumens ersetzen müssen. Das ist eine Folge der Finanzreform, die unseren Haushalt wie andere optisch ausweitet. Nur müssen Sie sich zu dieser etwas differenzierteren Form der Darstellung schon bequemen, die im Finanzplanungsrat, wie Sie wissen, ja auch üblich ist, wenn man diese Fragen hier ernsthaft behandeln will und solche Vergleiche durchführt.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Das kann er nicht!)

    Herr Kollege Schmidt hat bei seiner Bemerkung, ich hätte seine Haushaltsrede wohl nur in der Presse gelesen, vergessen, daß er, wie das ein tüchtiges Ministerium macht, diese Rede bereits am Nachmittag des Tages, an dem sie gehalten wurde, oder ein bißchen eher — das machen wir alle gern, wenn wir eine vorbereitete Rede halten — der Presse gegeben hat. Ich war deshalb in der Lage, sie im Wortlaut nachzulesen. Ich habe gestern auch dank der Leistung dieses Hauses seine Rede im Stenographischen Bericht verfolgen können, so daß seine Bemerkung abwegig ist.
    Was die Tatsache betrifft — dies gehört auch zu den ganz erstaunlichen Dingen, meine Damen und Herren —, daß ich auf meine Präsenz hier angesprochen wurde, so kann ich nur feststellen, daß ich den ganzen Tag hier zugegegen bin. Ich kann auch feststellen, daß ich morgen andere Verpflichtungen habe. Aber auch der Regierungschef des Bundes hat offensichtlich andere Verpflichtungen, wie wir jetzt sehen. Das ist gelegentlich wie beim Bundeskanzler auch bei einem Ministerpräsidenten der Fall. Wir sollten hier alle ein Stück Toleranz walten lassen,

    (Beifall bei der CDU/CSU)

    vor allem in dieser Frage und unter den jetzigen Bedingungen oder auch unter anderen Bedingungen, wie wir gelegentlich in der Präsenz der Regierungsbank hier sehen. Ich halte es für ganz unangemessen, daß wir in dieser Form hier im BundLänder-Verhältnis so miteinander reden.
    Sie haben dann gesagt: Tun Sie doch nicht so, als ob sich der Bund aufplustert oder die Länder immer kleiner werden! Da kann ich nur sagen: Nichts in meiner Rede hat Anlaß zu dieser Annahme gegeben.

    (Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Lauter Unterstellungen!)

    Das ist nicht das Problem, von dem wir gesprochen haben. Mir geht es um etwas subtilere Tatbestände, die dann allerdings auch eine andere Form der Darstellung verlangen, als wir sie eben gehört haben.
    Nun möchte ich einmal zu Ihrem ganz erstaunlichen Versuch kommen, Ihre Bemerkung zu rechtfertigen, Herr Qualen habe im Finanzplanungsrat etwas anderes gesagt als ich in der Öffentlichkeit oder in dem jetzt von Ihnen herangezogenen Interview des „Handelsblatts", das ich übrigens für ein lesenswertes Interview halte; ich begrüße es, daß Sie es so sorgfältig studiert haben. Sie haben hier zwei Punkte aus den Dokumenten herangezogen, die ich ebenfalls zur Hand habe, aber, wie ich glaube, vollkommen irreführend zitiert. Ich habe in dem Interview — und darauf haben Sie Bezug genommen — wie auch heute morgen in meiner Rede gesagt, daß eine Begrenzung der Länderaufgaben eine vorübergehende Entlastung aus Mitleistungsverpflichtungen voraussetzt. Das ist der Punkt, den ich heute morgen noch einmal hervorgehoben habe. Er ist nicht neu. Herr Kollege Kühn und ich haben ihn für die Ministerpräsidenten im vergangenen Frühjahr gegenüber dem Bundeskanzler und Ihrem Amtsvorgänger in den damaligen Gesprächen über die Steuerverteilung mehrfach übereinstimmend zum Tragen gebracht. Das ist aber doch kein Widerspruch, Herr Schmidt, zu dem, was im Finanzplanungsrat beschlossen worden ist. Denn hier steht doch genau wörtlich: Der Finanzplanungsrat ist der Auffassung, daß die von der Bundesregierung empfohlene Streckung bei der Durchführung der Rahmenpläne bei den Gemeinschaftsaufgaben möglichst bald erfolgen sollte. Eine Streckung der Gemeinschaftsaufgaben ist aber in der finanziellen Auswirkung nichts anderes als die von mir vorgeschlagene vorübergehende Entlastung der Länder aus gewissen Mitleistungsverpflichtungen. Im finanzpolitischen Effekt jedenfalls scheint mir dies ganz eindeutig zu sein.
    Nun kommt der zweite Punkt, der von Ihnen ebenfalls absolut unzutreffend dargestellt wurde. Sie sagen, zwischen meiner Forderung — die übrigens, wenn ich das betonen darf, von einer großen Mehrheit im Bundesrat vertreten wird —, Steuermehreinnahmen auf Grund von Steuererhöhungen jetzt sollten ohne Einschränkung stillgelegt werden, weil stabilitätspolitisch begründete Steuererhöhungen steuerpolitisch nicht vertretbar sind, und der Feststellung im Finanzplanungsrat sei ein Widerspruch. Ich kann das nicht erkennen. Der von Ihnen angezogene Text heißt:
    Steuermehreinnahmen gegenüber der Steuerschätzung vom 27./28. Februar sind bei der Bundesbank stillzulegen, soweit sie nicht zur Reduzierung der Nettokreditaufnahme verwendet oder zum Ausgleich für neu auftretende unabweisbare Mehrbelastungen benötigt werden.
    Diese Feststellung und die Forderung, daß Einnahmen aus —bisher überhaupt noch nicht wirksam gewordenen — neuen Steuererhöhungsgesetzen stillgelegt werden, stehen in gar keiner Weise in einem Widerspruch.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU.)

    Ich halte das für einen sehr weit hergeholten Versuch, eine nicht beweisbare Aussage aus der ersten Rede hier noch nachträglich zu rechtfertigen.
    Meine Damen und Herren, ich möchte mich im Augenblick auf diese Bemerkungen beschränken und nur wenige Sätze zu den Ausführungen von Herrn Kollegen Möller und Herrn Mischnick sagen.
    Herr Kollege Möller, ich darf mich hier vielleicht auf ein oder zwei Punkte beziehen. Sie haben gemeint, die von uns gewünschte Stillegung von Mehreinnahmen aus stabilitätspolitisch motivierten Steuererhöhungen bei der Bundesbank sei nicht



    Ministerpräsident Dr. Stoltenberg
    möglich, weil derartige Beträge erst bei einer Rezession abrufbar wären, und diese Rezession — so haben Sie betont — wolle diese Koalition nicht. In dem letzten sind wir uns sicher einig. Aber deswegen haben wir doch einmal in der Zeit der Großen Koalition gemeinsam ein Stabilitätsgesetz gemacht, ausgehend von einem Vorschlag der Regierung Professor Erhards, ausgehend auch von Vorstellungen der sozialdemokratischen Fraktion. Ich empfinde es deshalb, offen gesagt — ich sage das ohne jede Polemik —, nicht als überzeugend, wenn Sie sagen: Eine Bestimmung des Stabilitätsgesetzes, das doch der Verhinderung der Rezession dienen soll, kann nicht angewandt werden, weil sie erst im Fall der Rezession wirksam werden soll.
    Ich habe mir nach Ihrer Rede Ihren recht lesenswerten und instruktiven Kommentar zum Stabilitätsgesetz auf diesen Punkt hin noch einmal durchgesehen. Er bringt — wie auch § 6 und § 15 des Gesetzes selbst — nach meiner Überzeugung ganz klar zum Ausdruck, daß die bei der Bundesbank stillgelegten Mittel nicht erst dann eingesetzt werden sollen, wenn das Unglück geschehen ist, wenn die Rezession da ist, sondern dann, wenn ein bestimmtes erkennbares Warnzeichen eines bedrohlichen Abschwungs erfolgt und es notwendig ist, rechtzeitig gegenzusteuern.

    (Abg. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller: So habe ich es nicht gesagt! Das können Sie im Protokoll nachlesen!)

    Eine solche Entwicklung aber, Herr Kollege Möller, kann man, wie ich glaube, nicht vollkommen ausschließen. Deswegen halte ich die Begründung, wir könnten nach dem Stabilitätsgesetz nicht stillegen, weil die Mittel nicht rechtzeitig verfügbar seien, insoweit für nicht sachlich überzeugend. Das soll einer weiteren Diskussion über die mögliche Verbesserung des Stabilitätsgesetzes und des stabilitätspolitischen Instrumentariums nicht im Wege stehen.
    Herr Kollege Mischnick, ich möchte die Debatte über die Rolle des Bundesrates nicht weiterführen. Ich möchte dazu nur folgendes bemerken. Die Standpunkte sind hier klar ausgesprochen. Es ist sicher so, daß wir auch neue Initiativen der Bundesregierung etwa im Bereich der Hochschulgesetzgebung sorgfältig und aufmerksam prüfen. Wer nun im Lichte neuerer Erfahrungen, die Sie in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft ja auch an den hessischen Universitäten — in Frankfurt oder woanders — machen können. die falschen oder die richtigen Auffassungen in den letzten Jahren über eine angemessene moderne Organisation der Hochschulen vertreten hat, wird man in dem Zusammenhang dann weiter erörtern müssen. Gewisse aktuelle Erfahrungen werden dabei sicher eine Rolle spielen. Ich sage das nur zu der Bemerkung über das „langsamste Schiff".
    Das wird uns beschäftigen müssen. Sie können, glaube ich, auch mit der konstruktiven Mitwirkung der Länder an einem Gesetz in einem Bereich rechnen, der ja einmal mit ihrer Zustimmung in die Rahmengesetzgebung 'des Bundes gekommen ist.
    Nur werden Sie sehen, daß 'das natürlich unsere Verantwortlichkeiten und die Institutionen, deren Rechtsträger wir sind, ganz unmittelbar berührt, so daß gerade hier die rechtzeitige und frühe intensive Information und Diskussion über Parteigrenzen hinweg zur Vorbereitung von Vorlagen eine große Bedeutung hat.
    Meine Damen und Herren, ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Herr Bundesminister der Finanzen.

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    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Herr Kollege Stoltenberg, es tut mir leid, aber der Versuch der Klarstellung in zwei Punkten — angeblicher oder versehentlicher Mißinterpretation — scheint mir mißglückt zu sein.

    (Abg. Dr. Stark [Nürtingen]: Ihnen scheint das mißglückt zu sein!)

    Ich darf mit Genehmigung des Präsidenten vorlesen, was Herr Stoltenberg — wenn die Zeitung das Interview richtig wiedergegeben hat — am Montag gesagt hat:
    Den Ermessensspielraum, den sich die Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht mit der Formulierung geschaffen habe, „im Jahre 1973 anfallende Steuermehreinnahmen werden, soweit sie nicht zum Ausgleich für neu auftretende unabweisbare Mehrbelastungen benötigt werden, auf einem Sonderkonto bei der Deutschen Bundesbank stillgelegt", hält Stoltenberg für unannehmbar. Die eindeutige Verpflichtung der Bundesregierung, Mehreinnahmen stillzulegen, sei eine der wesentlichen Voraussetzungen für die Zustimmung des Bundesrats.
    Ich nehme an: zu den neuen Steuergesetzen.
    Tatsache ist, Herr Stoltenberg, daß fast genau die Formulierung von Herrn Qualen — wie auch von allen übrigen — im Finanzplanungsrat angenommen worden ist, aber nicht mit Bezug auf die neuen Steuergesetze, sondern im allgemeinen.
    Zweiter Punkt: Sie haben soeben behauptet, Ihre Forderung, wenigstens teilweise oder vorübergehend aus der Mitleistungsverpflichtung für die Gemeinschaftsaufgaben entlassen zu werden. sei doch identisch mit unserem Vorhaben, die Leistungen zu dämpfen. Sie wissen selber, daß dies ein geradezu halsbrecherisches Interpretationskunststück gewesen ist. Was Sie in Ihrem Interview wollen, ist: Schleswig-Holstein und vielleicht das eine oder andere Land sollen eine Zeitlang nicht mitleisten; da soll der Bund alleine leisten. Das ist ein Standpunkt, den man vertreten kann. Nur können Sie mir nicht bestreiten, daß Ihr Finanzminister drei Tage vorher im Finanzplanungsrat etwas völlig anderes mit vertreten und beschlossen hat.

    (Abg. Wehner: Hört! Hört!)




    Bundesminister Schmidt
    Ich will Ihnen nicht vorwerfen, daß Sie in Ihrem Kabinett verschiedene Meinungen haben. Das gibt es in unserem auch einmal, Herr Stoltenberg. Nur sollen Sie mir dann nicht vorwerfen, ich hätte darüber die Unwahrheit gesprochen.

    (Beifall bei der SPD.)