Rede:
ID0702706200

insert_comment

Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 3
    1. Bitte,: 1
    2. Herr: 1
    3. Abgeordneter!: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 27. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. April 1973 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 1273 A Aussprache über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaltsplans für das Haushaltsjahr 1973 (Haushaltsgesetz 1973) (Drucksache 7/250) in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1972 bis 1976 (Drucksache 7/370), mit Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 1973 (Drucksache 7/419) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 und des Gesetzes über das Branntweinmonopol (Drucksache 7/422) - Erste Beratung —, mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern (Zweites Bundesbesoldungserhöhungsgesetz) (Drucksachen 7/411, 7/442) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes über die Sechzehnte Rentenanpassung und zur Regelung der weiteren Anpassungen der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Drucksache 7/427) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Fünftes Anpassungsgesetz — KOV) (Abg. Geisenhofer, Dr. Althammer, Ziegler, Dr. Schulze-Vorberg, Dr. Riedl [München], Dr. Waigel, Maucher, Burger, Dr. Götz, Müller [Remscheid], Dr. Blüm und Fraktion der CDU/ CSU) (Drucksache 7/315) — Erste Beratung — Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (zur GO) 1274 A Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . 1274 B Wehner (SPD) . . . . . . . 1283 B Dr. Graf Lambsdorff (FDP) 1285 C, 1341 B Brandt, Bundeskanzler . . . . . 1290 B Seiters (CDU/CSU) . . . . . . . 1297 C Dr. Stoltenberg, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein . . 1302 B, 1330 D, 1334 A Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 1310 A Mischnick (FDP) . . . . . . . . 1317 A Schmidt, Bundesminister (BMF) . . 1319 D, 1333 C II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1973 Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 1334 B Dr. Arndt (Berlin) (SPD) . . . . . 1338 C Dr. Häfele (CDU/CSU) 1343 D Dr. Weber (Köln) (SPD) . . . . 1346 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 1349 C Damm (CDU/CSU) . . . . . . 1349 D Würtz (SPD) . . . . . . . . 1357 B Leber, Bundesminister (BMVg) . 1359 C Dr. Wörner (CDU/CSU) 1361 C Vogel (Ennepetal) (CDU/CSU) . . 1363 D Liedtke (SPD) 1365 D Groß (FDP) 1368 A Genscher, Bundesminister (BMI) . 1368 B Nächste Sitzung 1369 C Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1371* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1973 1273 27. Sitzung Bonn, den 5. April 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
  • folderAnlagen
    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 7. 4. Adams * 7. 4. Ahlers 6. 4. Dr. Aigner * 7. 4. Dr. Artzinger * 7. 4. Dr. Bangemann * 7. 4. Dr. Becher (Pullach) 6. 4. Behrendt * 7. 4. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 6. 4. Blumenfeld 7. 4. Buchstaller 6. 4. Dr. Burgbacher 6. 4. Buschfort 6. 4. Dr. Corterier * 7. 4. Frau Däubler-Gmelin 6. 4. Dr. Dregger ** 16. 4. Dr. Evers 6. 4. Fellermaier * 8. 4. Flämig * 7. 4. Frehsee ' 7. 4. Dr. Früh * 7. 4. Gerlach (Emsland) * 7. 4. Gewandt 7. 4. Härzschel * 7. 4. Hofmann 6. 4. Dr. Jaeger 6. 4. Dr. Jahn (Braunschweig) * 7. 4. Kahn-Ackermann** 7. 4. Kater 30. 4. Kirst 6. 4. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Klepsch* 7. 4. Lange * 7. 4. Lautenschlager * 6. 4. Dr. Lenz (Bergstraße) 5. 4. Frau Dr. Lepsius 7. 4. Löffler 6. 4. Lücker * 7. 4. Dr. Martin 7. 4. Frau Meermann 6. 4. Memmel * 7. 4. Mertes 6. 4. Mikat 6. 4. Müller (Mülheim) * 6. 4. Mursch (Soltau-Harburg) * 6. 4. Dr. Oldenstädt 6. 4. Frau Dr. Orth * 7. 4. Picard 7. 4. Richter ** 7. 4. Dr. Riedl (München) 18. 4. Frau Schleicher 6. 4. Schmidt (München) ** 7. 4. Schmidt (Wattenscheid) 7. 4. Frau Schuchardt 8. 4. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 6. 4. Dr. Schulz (Berlin) * 7. 4. Schwabe * 7. 4. Dr. Schwencke ** 7. 4. Dr. Schwörer * 7. 4. Seefeld* 8. 4. Spillecke 6. 4. Spilker 6. 4. Springorum * 7. 4. Dr. Starke (Franken) * 7. 4. Walkhoff * 7. 4. Dr. von Weizsäcker 5. 4. Frau Dr. Wex 6. 4. Wienand 6. 4. Frau Dr. Wolf ** 6. 4. Wrede 7. 4.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von: Unbekanntinfo_outline


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: ()
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: ()

    Nein, ich möchte im Augenblick wirklich einmal zu meinem Text kommen dürfen; das ist ja keine Fragestunde hier, Herr Strauß.

    (Abg. Dr. Althammer: Sie fordern zu Fragen heraus! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Zur Sache sollten Sie kommen!)

    Herr Strauß hat in seiner Rede gesagt, die Finanzen seien nicht in Ordnung, denn wenn sie in Ordnung sind — so hat er dann doch noch eingeräumt —, dann durch inflationsbedingte Steuermehreinnahmen, aber dies sei eine formale Dekkung des Haushalts, die noch lange kein Anzeichen dafür sei, daß die Finanzen doch in Ordnung wären. So etwa hieß es wörtlich. Ich darf wiederholen, Herr Strauß — und ich bitte Sie, das in Ihr Bewußtsein aufzunehmen —, daß wir bei etwa 24 % — sogar etwas darunter, vielleicht bei 23,7 % — Steuern vom Bruttosozialprodukt verharren. Das ist keine Aufblähung. Das ist ein Prozentsatz, der unter Ihrer Stabführung 1969 schon überschritten war. Da ist nichts inflatorisch aufgebläht. Es ist fast genau immer noch derselbe Prozentsatz vom Bruttosozialprodukt, den der Staat in Gemeinden, Ländern und Bund für seine öffentlichen Aufgaben in Anspruch nimmt. Hören Sie doch hier endlich mit der Nebelwerferei auf!

    (Abg. Dr. Wagner [Trier] : 1969 war ein Ausnahmejahr, das wissen Sie ganz genau!)

    — Na schön, dann sagen wir: 1962. Aber da werden Sie wieder behaupten, das war ein Ausnahmejahr. Es war also schon zweimal so. Wir sind auch noch gar nicht bei den 24 % angekommen; wir sind noch deutlich darunter.
    Dann hat Herr Strauß gesagt, er müßte uns Nachhilfeunterricht erteilen.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Ihnen!)

    — Ja, mir. Ich korrigiere mich. Ich wollte nicht im Pluralis majestatis sprechen.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das fehlte auch noch!)

    Ich korrigiere mich.

    (Abg. Strauß: Wenn der Schiller so schlecht war, kann der Schüler auch nicht viel taugen!)




    Bundesminister Schmidt
    Wenn Sie gestatten, Herr Präsident, darf ich vorlesen, was Herr Strauß gesagt hat: „Gerade die Tatsache, Abschreibungen noch zu verdienen, aber trotzdem nicht mehr investieren zu können, führt zu einem Liquiditätszuwachs", der dann ermöglicht, andere Unternehmungen zu kaufen. Was ist das eigentlich, wenn man Abschreibungen zwar verdient und die Kasse fließt — cash flow — und wenn man dann trotzdem nicht in der Lage ist,

    (Abg. Strauß: Kennen Sie den Vorgang nicht? Dann müssen Sie nach Innsbruck gehen!)

    — ich kenne den Vorgang ganz gut; ich weiß nur nicht, was in Ihrem Kopf vorgegangen ist, als Sie dies so gesagt haben —

    (Beifall bei der SPD)

    zu investieren, ganz abgesehen davon, daß schon rein begrifflich der Erwerb der Aktienmehrheit eines anderen Großkonzerns auch eine Investition ist; man würde sagen, eine Portefeuille-Investition, aber dieser Fall geht ja weit über das Portefeuille hinaus. Also ich glaube, Sie haben sich da vergaloppiert, und Sie insistieren ja auch nicht, daß das richtig gewesen sein soll.

    (Abg. Strauß: Ihr Ansehen in der Fachwelt wird furchtbar wachsen!)

    Dann haben Sie Bemerkungen über die Stabilitätsanleihe gemacht. Nach dem, was Sie über den Zins und über den Preisanstieg und über die Tatsache, daß von dem Zins natürlich auch Einkommensteuer zu zahlen ist — na Gott sei Dank, würde ich sagen —, vorgerechnet haben, habe ich mich gewundert, daß es überhaupt so viele Leute gegeben hat, die diese Anleihe gekauft haben. Die anderthalb Milliarden waren ja in weniger als einer Woche weg. Viele haben umgeschichtet; auch das wurde dann von großen Experten zu einem Fehlschlag erklärt, was ja nicht richtig ist, denn wenn jemand ein Sparguthaben auf die Stabilitätsanleihe umschichtet, die auf Jahre bei der Bundesbank festgelegt wird, kann damit ja weder jemand neue Bauvorhaben anfangen, noch kann eine Bank darauf neue Kredite ausgeben. Dieses Geld ist nicht Tagesgeld, sondern mittel- und langfristiges Geld, dem Kreislauf, dem Kredithergabeprozeß, der Investitionsfinanzierung entzogen.
    Ich meine, alles das, was Sie hier ausgeführt haben, ist zum Teil später von den Herren Offergeld und Porzner bedient worden. Nur, Sie müssen selber zugeben, diese Anleihe war ein großer Erfolg. Die zweite Tranche wird auch ein großer Erfolg. Ich nehme an, Herr Strauß, Sie haben vielleicht sogar selbst gezeichnet. Könnte das sein?

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD. Zuruf des Abg. Strauß.)

    Dann folgt die zentrale These der Opposition, und zwar nicht nur in der Rede von Herrn Strauß, sondern auch — in Variationen wiederholt — in anderen: Einerseits enthalte dieser Haushaltsentwurf 1973 für den Fortschritt zu wenig. Dies wird mit vielen Beispielen, in denen zum Ausdruck kommt, wo es mehr sein müßte, beklagt. So hat hier z. B. Herr Stoltenberg für Herrn Strauß dort Schützenhilfe geleistet, wo dieser mehr haben will. Andererseits aber sei der Haushaltsentwurf 1973 für die Stabilität zu groß.
    Nun müssen Sie sich einmal entscheiden, was nun wirklich gelten soll: zu groß oder zu klein, Herr Strauß. Was soll denn nun wirklich gelten? Der Standpunkt, er sei zu groß, ist vertretbar. Wenn Sie aber einen solchen Standpunkt einnehmen, dann dürfen Sie von uns nicht verlangen, daß wir Herrn Stoltenberg für den landwirtschaftlichen Wegebau zusätzlich Geld geben, sondern dann müssen Sie von uns verlangen, daß wir Einsparungen vornehmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Umgekehrt: man kann der Meinung von Herrn Stoltenberg sein, daß er für Schleswig-Holstein mehr Geld braucht. Denn es ist ja nach 20 Jahren CDU-Regierung ein in mancher Hinsicht zurückgebliebenes Land.

    (Beifall und Heiterkeit bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Das, was Sie hier vertreten, Herr Stoltenberg, ist ein legitimes Anliegen, wie man heute auf neuhochdeutsch sagt.

    (Zuruf des Abg. Stücklen.)

    Nur dürfen dann Ihre Kollegen nicht gleichzeitig den Haushalt kleiner machen wollen, sondern, im Gegenteil, größer.

    (Zuruf des Abg. Dr. Wagner [Trier]. — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    Ich gebe zu, daß wir zwischen diesen beiden Problemen, angedeutet in diesen beiden Personen, zu wählen hatten. Wir haben versucht, einen optimalen Kompromiß zwischen all diesen Notwendigkeiten zu finden. Nur: Sie haben sich bisher noch nicht entschieden, Herr Strauß. Das wird die Oppositionsfraktion, so wie Sie die Debatte angelegt haben, in dieser Debatte nun wohl auch nicht mehr fertigbringen.
    Es war ein interessantes Bild, als Sie sich gestern nach Ihrer polemisch glänzenden Rede wieder dort hinsetzten, wo Sie heute auch sitzen,

    (Abg. Gerster [Mainz] : Wie beurteilen Sie denn Ihre Rede?!)

    — Herr Barzel war schon gegangen — und sich dann um Sie die Brüder im Geiste versammelten. Ich hatte so das Gefühl,

    (Zuruf des Abg. Strauß)

    daß hier die neue Führung der CDU/CSU-Fraktion zusammen sei: Herr Haase (Kassel), Herr Lemmrich und Herr Strauß.

    (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Das hat natürlich dann den Oppositionsführer, den
    wir heute morgen gehört haben, nicht ruhen lassen.
    Dies ist insgesamt eine Konstellation, in der sich



    Bundesminister Schmidt
    natürlich auch Herr Stoltenberg zu Wort gemeldet hat. Wo bleibt eigentlich Herr Kohl?

    (Heiterkeit bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Wir sind nicht so profilierungssüchtig! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU.)

    Der fehlt hier. Ich nehme an, Herr Kohl kommt morgen.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Ich möchte ein paar Bemerkungen zu den Ausführungen von Herrn Barzel machen. Herr Barzel hat dagegen polemisiert,

    (Zuruf des Abg. Strauß)

    daß ich wiederholt angedeutet habe, die Dollarinflation über die ganze Welt habe eine wesentliche Ursache im Vietnam-Krieg; ich bleibe bei dieser Meinung, Herr Barzel. Ich weiß, daß diese Meinung auch von maßgebenden Persönlichkeiten in jenem Lande geteilt wird. Ich bin daher — auch dieses Grundes wegen — glücklich, daß der Krieg in Vietnam — jedenfalls für die Amerikaner — aufgehört hat und hoffentlich auch in den beiden anderen Ländern zur Ruhe gebracht werden kann. Es kann kein Zweifel sein, daß sich, wenn über eine Reihe von Jahren die größte Macht der Welt einen so großen Teil ihres Sozialprodukts in Kriegsausgaben tätigt, überhaupt keine andere Konsequenz als die ergeben kann, die sich hier ergeben hat. Weil es das größte und wichtigste Land der ganzen westlichen Weltwirtschaft ist, hat das auf uns alle abgefärbt. Wenn ich das sage, so steckt darin gegenüber niemandem eine Polemik, sondern dies ist vielmehr ein Beitrag zur objektiven Erforschung der Ursachen der Dollarinflation, die die Welt überschwemmt hat.

    (Zuruf des Abg. Strauß.)

    Herr Barzel hat weiter gesagt, die Regierung müsse dafür sorgen, daß die EWG die gemeinschaftlichen Stabilitätsinstrumente, die bisher fehlen, bekommen solle. Sicherlich: das ist unsere Sorge. Ich habe das angedeutet, als ich sagte, wir hätten z. B. mit der aus konjunkturpolitischen Gründen angestrebten Zollsenkung keinen Erfolg gehabt. Der Herr Bundeskanzler hat darauf hingewiesen, welche Mühe er und andere sich auf der EWG-Gipfelkonferenz in Paris im letzten Herbst gegeben haben. Nur: Sie sind sich doch auch sicherlich mit uns darüber einig, Herr Barzel, daß keine deutsche Bundesregierung, egal, welche Parteien sie stellen, in den Fehler verfallen sollte, der manchmal bei den jungen Leuten unserer beiden Parteien festzustellen ist, die in Attitüden zurückfallen, die unter Wilhelm II. in Deutschland verbreitet waren:

    (Sehr richtig! bei der SPD)

    daß sich gefälligst an unserem Wesen alle übrigen orientieren sollten.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Es ist sehr schwer, innerhalb der EWG zu einem gemeinsamen stabilitätspolitischen Instrumentarium Zustimmung zu finden, das die Kommission handhabt. In der vorigen Regierungsperiode wie auch bereits in der Periode, als Herr Dr. Kiesinger Bundeskanzler war, hat man sich um die Parallelisierung des Integrationsfortschritts auf dem währungspolitischen Gebiet — die wirtschaftspolitische Seite eingeschlossen — wie auch auf dem allgemeinen wirtschaftspolitischen Gebiet bemüht. Das ist damals schwierig gewesen, das ist in der letzten Legislaturperiode schwierig gewesen, es ist in dieser schwierig, und es bleibt noch viele, viele Jahre schwierig genug. Sie verstärken aber unsere Position bei diesem Bemühen nicht dadurch, daß Sie den Eindruck erwecken, als läge es an der Bundesregierung, an mangelhafter Initiative bei uns, daß dergleichen nicht in dem Maße und in dem Tempo zustande kommt, wie Sie es wünschen. Sie haben wörtlich gesagt, Herr Barzel — Sie schütteln den Kopf, ich muß das in Ihre Erinnerung rufen —: „Sie tun die Schritte nicht, die dort möglich sind." Das ist nun wirklich unwahr. „Sie tun die Schritte nicht", haben Sie gesagt, „die dort möglich und nötig sind." Wir tun alle die Schritte, die möglich sind, und etwas Unmögliches haben wir bisher nicht vorgeschlagen. Aber selbst das, was uns möglich erschien, ist den anderen nicht immer möglich erschienen und ist deswegen nicht gemacht worden.
    Auf den Sozialismus-Vorwurf, Herr Barzel, will ich nicht noch einmal eingehen. Ich muß sagen, das hat mich persönlich etwas getroffen. Herr Wehner hat das auf seine unnachahmliche Art beantwortet, aber ich will Ihnen das auch sagen.

    (Lachen bei der CDU/CSU.) — Ja, Ihr seid doch bloß neidisch.


    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD. — Lachen und Zurufe von der CDU/CSU.)

    Ich habe mich persönlich

    (Zuruf des Abg. Stücklen)

    — lassen Sie mich bitte einmal etwas zu Herrn Barzel sagen — etwas betroffen gefühlt, daß Sie im Ernst meinen, daß die Veränderung der Gesellschaft auf den Sozialismus hin, so haben Sie wörtlich gesagt, eine Zielsetzung sei, die, wenn man sie öffentlich anprangere, für jeden, der zuhöre, sich schon von selbst als etwas Negatives, als etwas zu Verurteilendes anhören müsse.

    (Abg. Wehner: Der Rückfall in „Rettet die Freiheit" !)

    Das war nicht gut.

    (Abg. Dr. Barzel: „Hinnehmen" habe ich gesagt!)

    Das war nicht gut. Es ist für Sie kein Zweifel, Herr Barzel, daß diese Fraktion da drüben und i Million Mitglieder dieser Partei und 17 oder 18 Millionen Wähler beim letztenmal ganz im Ernst und mit sittlich-politischer Begründung die Gesellschaft verändern wollen, hin auf Sozialismus. Sie gebrauchen das Wort „Sozialismus" mit dem Unterton des Pejorativen, des Negativen, des Abwertenden. Ich finde, das sollten Sie nicht tun, sonst müßten wir — —

    (Zurufe von der CDU/CSU: Wir sind nicht für Sozialismus! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)




    Bundesminister Schmidt
    — Ich möchte auf den Zwischenruf nicht eingehen, weil ich spüre, daß Herr Barzel spürt, daß ich ihm etwas sagen möchte, was er vielleicht für wert hält, darüber nachzudenken.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Dann kam etwas von geringerem Gewicht, bei dem es aber trotzdem notwendig ist, es zurückzuweisen. Sie haben gesagt, wir nähmen die Preissteigerungen nicht ernst und gäben uns mit dem europäischen Durchschnitt zufrieden. Das ist doch nun wirklich nicht wahr. Ich habe Ihnen die Zahlen vorgestern vorgetragen. Wir sind am Ende des Konvois im europäischen Preisanstieg.

    (Abg. Dr. Barzel: Das stimmt doch nicht!)

    — Sicher stimmt das! Sie haben nicht zugehört, weil Sie in irgendwelchen Sitzungen waren oder Ihre Rede für heute morgen vorbereitet haben.

    (Abg. Dr. Barzel: Das ist doch nicht wahr!) — Natürlich stimmt das!

    Dann haben Sie in einer Antwort auf eine Zwischenfrage, die unser Kollege Haehser gestellt hatte, was denn das wohl bedeuten solle, daß Sie nur die investiven Ausgaben im Bundeshaushalt für gute Ausgaben zu halten schienen und die anderen, z. B. die umverteilenden und die sozialpolitischen, offenbar nicht für gute Ausgaben, gesagt, Sie beklagten das nicht, Sie stellten das nur fest. So ist das auch mit mir: Ich beklage Ihre falschen Feststellungen über die Inflation in Europa nicht, ich stelle nur fest, was richtig ist.

    (Zuruf des Abg. Dr. Barzel.)

    Sie haben dann auch Ihrerseits zum Ausdruck gebracht, es sei gar nicht Ihre Aufgabe, hier Alternativen anzubieten.

    (Abg. Dr. Barzel: Zwei Voraussetzungen habe ich genannt! Machen Sie doch hier keinen Popanz!)

    — Welche Voraussetzungen, Herr Barzel?

    (Abg. Dr. Barzel: Ich hoffe, Sie haben zugehört, Herr Schmidt, sonst können Sie zu meiner Rede nicht reden!)

    — Welche Voraussetzungen haben Sie genannt?

    (Abg. Dr. Barzel: Ich habe zwei Voraussetzungen genannt! Wenn Sie nicht da waren und nicht zugehört haben! — Ich brauche das jetzt nicht zu wiederholen! — Sehr richtig! und Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    — Ich fürchte, daß die Voraussetzungen so wichtig waren, daß sie in Ihrer Erinnerung im Augenblick nicht mehr vorhanden sind, sonst könnten Sie sie ja jetzt nennen, Herr Barzel.

    (Heiterkeit und Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unerträglich! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Bitte, Herr Abgeordneter!

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Schmidt, darf ich dann, nachdem Sie mir unberechtigterweise den Vorwurf gemacht haben, ich hätte nicht an der Debatte teilgenommen, was, wie Sie wissen, nicht richtig ist, und sich eben erwiesen hat, daß Sie selbst meiner Rede, zu der Sie sprechen, nicht gefolgt sind, darf ich die zwei Voraussetzungen wiederholen, um die Sie baten? Das erste ist, daß wir irgendein Zeichen von der Regierung zu sehen wünschen, an das wir glauben können, daß Sie die Inflation ernst nehmen und sie wirklich zu bekämpfen die Absicht haben. Das zweite ist, daß für den Fall, daß wir Vorschläge machen, wir dann nicht wieder Gefahr laufen wollen, wie im Dezember des Jahres 1969 und in den folgenden Jahren, daß Sie mit unseren Vorschlägen zu den Interessenten gehen und sagen, diese böse Opposition will euch hier diese Wohltat und dort jene nicht gewähren, die die Regierung vorhat. Das waren die beiden Voraussetzungen. Darf ich sie in Ihre Erinnerung rufen?