Rede:
ID0702701300

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    Vokabeln: 7
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
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    5. Herr: 1
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    7. Wehner.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 27. Sitzung Bonn, Donnerstag, den 5. April 1973 Inhalt: Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 1273 A Aussprache über den Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaltsplans für das Haushaltsjahr 1973 (Haushaltsgesetz 1973) (Drucksache 7/250) in Verbindung mit Beratung des Finanzplans des Bundes 1972 bis 1976 (Drucksache 7/370), mit Entwurf eines Steueränderungsgesetzes 1973 (Drucksache 7/419) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Mineralölsteuergesetzes 1964 und des Gesetzes über das Branntweinmonopol (Drucksache 7/422) - Erste Beratung —, mit Entwurf eines Zweiten Gesetzes über die Erhöhung von Dienst- und Versorgungsbezügen in Bund und Ländern (Zweites Bundesbesoldungserhöhungsgesetz) (Drucksachen 7/411, 7/442) — Erste Beratung —, mit Entwurf eines Gesetzes über die Sechzehnte Rentenanpassung und zur Regelung der weiteren Anpassungen der Renten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen sowie der Geldleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (Drucksache 7/427) — Erste Beratung — und mit Entwurf eines Fünften Gesetzes über die Anpassung der Leistungen des Bundesversorgungsgesetzes (Fünftes Anpassungsgesetz — KOV) (Abg. Geisenhofer, Dr. Althammer, Ziegler, Dr. Schulze-Vorberg, Dr. Riedl [München], Dr. Waigel, Maucher, Burger, Dr. Götz, Müller [Remscheid], Dr. Blüm und Fraktion der CDU/ CSU) (Drucksache 7/315) — Erste Beratung — Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) (zur GO) 1274 A Dr. Barzel (CDU/CSU) . . . . . 1274 B Wehner (SPD) . . . . . . . 1283 B Dr. Graf Lambsdorff (FDP) 1285 C, 1341 B Brandt, Bundeskanzler . . . . . 1290 B Seiters (CDU/CSU) . . . . . . . 1297 C Dr. Stoltenberg, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein . . 1302 B, 1330 D, 1334 A Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller (SPD) 1310 A Mischnick (FDP) . . . . . . . . 1317 A Schmidt, Bundesminister (BMF) . . 1319 D, 1333 C II Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1973 Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . . 1334 B Dr. Arndt (Berlin) (SPD) . . . . . 1338 C Dr. Häfele (CDU/CSU) 1343 D Dr. Weber (Köln) (SPD) . . . . 1346 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . 1349 C Damm (CDU/CSU) . . . . . . 1349 D Würtz (SPD) . . . . . . . . 1357 B Leber, Bundesminister (BMVg) . 1359 C Dr. Wörner (CDU/CSU) 1361 C Vogel (Ennepetal) (CDU/CSU) . . 1363 D Liedtke (SPD) 1365 D Groß (FDP) 1368 A Genscher, Bundesminister (BMI) . 1368 B Nächste Sitzung 1369 C Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 1371* A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 27. Sitzung. Bonn, Donnerstag, den 5. April 1973 1273 27. Sitzung Bonn, den 5. April 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach * 7. 4. Adams * 7. 4. Ahlers 6. 4. Dr. Aigner * 7. 4. Dr. Artzinger * 7. 4. Dr. Bangemann * 7. 4. Dr. Becher (Pullach) 6. 4. Behrendt * 7. 4. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 6. 4. Blumenfeld 7. 4. Buchstaller 6. 4. Dr. Burgbacher 6. 4. Buschfort 6. 4. Dr. Corterier * 7. 4. Frau Däubler-Gmelin 6. 4. Dr. Dregger ** 16. 4. Dr. Evers 6. 4. Fellermaier * 8. 4. Flämig * 7. 4. Frehsee ' 7. 4. Dr. Früh * 7. 4. Gerlach (Emsland) * 7. 4. Gewandt 7. 4. Härzschel * 7. 4. Hofmann 6. 4. Dr. Jaeger 6. 4. Dr. Jahn (Braunschweig) * 7. 4. Kahn-Ackermann** 7. 4. Kater 30. 4. Kirst 6. 4. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Versammlung der Westeuropäischen Union Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Klepsch* 7. 4. Lange * 7. 4. Lautenschlager * 6. 4. Dr. Lenz (Bergstraße) 5. 4. Frau Dr. Lepsius 7. 4. Löffler 6. 4. Lücker * 7. 4. Dr. Martin 7. 4. Frau Meermann 6. 4. Memmel * 7. 4. Mertes 6. 4. Mikat 6. 4. Müller (Mülheim) * 6. 4. Mursch (Soltau-Harburg) * 6. 4. Dr. Oldenstädt 6. 4. Frau Dr. Orth * 7. 4. Picard 7. 4. Richter ** 7. 4. Dr. Riedl (München) 18. 4. Frau Schleicher 6. 4. Schmidt (München) ** 7. 4. Schmidt (Wattenscheid) 7. 4. Frau Schuchardt 8. 4. Schulte (Schwäbisch Gmünd) 6. 4. Dr. Schulz (Berlin) * 7. 4. Schwabe * 7. 4. Dr. Schwencke ** 7. 4. Dr. Schwörer * 7. 4. Seefeld* 8. 4. Spillecke 6. 4. Spilker 6. 4. Springorum * 7. 4. Dr. Starke (Franken) * 7. 4. Walkhoff * 7. 4. Dr. von Weizsäcker 5. 4. Frau Dr. Wex 6. 4. Wienand 6. 4. Frau Dr. Wolf ** 6. 4. Wrede 7. 4.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Rainer Barzel


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Kollege Haehser, erstens habe ich nicht beklagt, sondern festgestellt. Zweitens ist es nicht geringfügig, wenn ein Rückgang um über 1 % zu verzeichnen ist bzw. wenn die Ansätze der früheren Planung von 7 % jetzt auf 5 % heruntergehen. Das ist nicht geringfügig. Es ist auch kein Beklagen, sondern eine Feststellung. Wenn Sie endlich den ernsthaften Willen hätten, die
    Inflation zu bekämpfen, und die beiden Voraussetzungen erfüllten, wäre hier im Hause doch eine andere Lage, Herr Kollege Haehser. Dies habe ich vorhin vorgetragen.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.)

    Aber auch mit der dritten Marke, Herr Bundeskanzler, mit dem „sozial", stimmt es doch nicht mehr. Diese trabende Inflation ist ein sozialer Betrug. Ich will nichts von dem wiederholen, was hier gestern gesagt wurde. Wir haben veröffentlicht ich würde Sie einladen, sich dies einmal zur Kenntnis zu bringen —, wie wir die unsozialste Steuerreform vollzogen haben, Herr Kollege Möller, nämlich dadurch, daß durch die Nominallohnsteigerungen Arbeitnehmer, vor allem die kinderreichen, in Steuertarife hinein, die real für sie nicht gedacht waren. Das muß doch vom Tisch! Diese Arbeitnehmer werden doch dreimal angegriffen: erstens mit den Preissteigerungen, zweitens mit den Steuern, die sie mehr zahlen müssen, und drittens ist es doch so, daß nicht einmal mehr der ganze Beitrag zur sozialen Sicherheit voll wird angerechnet werden können.
    Es muß Sie doch beunruhigen, wenn aus der Lohnsteuer diese explosionsartigen Mehraufkommen erwachsen, die in Nordrhein-Westfalen zu einer Aufblähung des Haushalts um 21% führen. Das muß Sie doch beunruhigen. Wo ist hier der soziale Schritt, der das für die Kinderreichen und die Arbeitnehmer erst einmal in Ordnung bringt? Das muß hier doch gefragt werden.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Und wo ist der Schritt, meine Damen und Herren, den Ihnen Herr Kollege Philip Rosenthal hier doch öffentlich nahegelegt hat? Er ist der Erfinder der Unter-dem-Strich-Rechnung, mit der Sie bis kurz vor den Wahlen einen ziemlichen Erfolg hatten. Es wird nämlich gesagt: Na, unter dem Strich bleibt doch immer noch mehr übrig, als die Preissteigerungen wegnehmen. Wenn man aber auf die Löhne sieht, dann stimmt das nicht mehr. Herr Kollege Strauß hat dies vorgetragen. Die aktuelle Diskussion über die Lohnerhöhung beweist doch, daß es so ist.
    Aber ich will den Kollegen Rosenthal hier zitieren. Vielleicht nimmt er zu der Frage das Wort; ich möchte ihn ausdrücklich dazu ermuntern. Er erklärte am 2. März:
    Der Arbeitnehmer kommt doch allmählich dem — ich sage es — Nominallohnbetrug auf die Schliche.

    (Abg. Dr. Jenninger: Hört! Hört!) Er fährt fort:

    Ich möchte nicht in der Haut der Gewerkschaften stecken,

    (Abg. Leicht: Er hat es erkannt!)

    wenn sie es weiter versäumen, den zweiten gangbaren Weg, den Weg, über die Vermögensbildung dem Arbeitnehmer soziale Gerechtigkeit zu verschaffen, einzuschlagen. Jetzt verlassen sie sich lediglich auf Nominallohnsteigerungen, die dem Arbeiter in die eine Tasche hinein-



    Dr. Barzel
    geben, was ihm über höhere Preise dann wieder genommen wird.
    Wo bleibt die Konsequenz aus dieser Einsicht? Die Rede des Finanzministers hier hat nicht den Schatten einer Ahnung dieses sozialen Problems überhaupt erkennen lassen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Wenn wir dann kommen und sagen: Die Leidtragenden der Inflation, vor allem die Kriegsopfer und die Familien, wollen und dürfen wir nicht im Stich lassen, weil die Regierung an der Stabilitätsaufgabe gescheitert ist, wenn wir dann als Folge dieser Inflation von den notwendigen sozialen Aufräumungsarbeiten sprechen, dann, meine Damen und Herren, rufen Sie uns wieder alles mögliche zu. Ich will Ihnen darauf antworten. Die Inflation ist nicht entstanden, weil hier die Union fordert, sondern die Union fordert, weil die Inflation, die Sie als Regierung zu verantworten haben, viele Bereiche sozial aus den Fugen geraten läßt. Dies ist Ursache und Wirkung.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich kann Ihnen deshalb, Herr Bundeskanzler, zum Schluß den Vorwurf nicht ersparen, daß Sie durch diese Inflation für die Menschen draußen nicht nur in eine Politik kommen, die Reformen immer mehr unmöglich macht, sondern in eine Politik, die — ich sage das Wort — für den einzelnen zur sozialen Demontage führt.

    (Anhaltender lebhafter Beifall bei der CDU/ CSU.)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wehner.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Herbert Wehner


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn man sich nach dieser Einlage fragt, ob dafür das Aufsehen, das heute morgen offensichtlich mit Bedacht erzielt werden sollte, gelohnt hat, so muß man feststellen: Es hat nicht gelohnt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Baron von Wrangel: Sie lieben wohl Parlamentsdebatten nicht mehr! — Abg. Franke [Osnabrück]:: Herr Wehner, Sie wollten früher nicht diskutieren und wollen es auch heute nicht!)

    Sie stellen Ihre Ausführungen, Herr Dr. Barzel, unter die Frage, von der Sie sagen, sie werde von besorgten Stimmen immer stärker laut: Wohin geht die Reise der Bundesrepublik Deutschland? Ich muß Ihnen sagen, Herr Dr. Barzel: Sie sind dabei, Ihre Frühjahrskur oder Frühjahrskapriolen vom vorigen Jahr zu wiederholen. Das ist alles.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Sie machen hier ein Spiel, das ich Ihnen nicht verüble; denn es wird Ihre Bedeutung nicht erhöhen, Herr Dr. Barzel.

    (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Insofern bin ich eher nachdenklich, ob es nicht gut wäre, wenn Sie das ein wenig einschränkten.

    (Abg. Rawe: Besser wäre es, Sie gäben sachliche Antworten!)

    Sehen Sie, Sie sagen, Sie dürsteten sozusagen nach der befreienden Kraft des rechten Wortes zur rechten Zeit am rechten Ort — ungefähr so haben Sie hier eskaliert —, und das sei hier im Bundestag. Vorher haben Sie draußen und wenn Sie, wie Sie neuerdings sagen, zur Basis gehen und in den Schlagzeilen die dazu passen, gesagt: Es geht nichts daran vorbei, daß der Bundeskanzler reisen muß, und zwar nach Washington, und zwar sofort; warum eigentlich reist er nicht? Wissen Sie, was ich denke? Bei der inneren Situation, die Sie haben, brauchen auch Sie einen Lukas, den Sie hauen können. Das ist die Lösung des Rätsels.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Jenninger: Was heißt hier „auch"?)

    Der Herr Strauß wird Ihnen noch besser das Original dazu liefern können.

    (Weitere Zurufe von der CDU/CSU.) — Ja, sicher!

    Sie nehmen den Jusokongreß und dann den Parteitag vorweg. Das sei Ihnen gegönnt. Ich habe mir sogar den Teil der Anträge meiner Antragskommission dahingelegt, falls noch mehr Ihrer Kollegen darauf Bezug nehmen wollen. Zu dem, was Sie hier über bestimmte Vorstellungen und Anträge, in denen — um nun bei Ihren Begriffen zu bleiben — die „Autonomie der Europäischen Gemeinschaft gegenüber den USA" hervorgehoben und Kritik an der „Dominanz der USA" geübt wird, ausgeführt haben, nur folgendes: Ich sollte denen, von denen diese Anträge kommen, sagen, diese Begriffe könnten von de Gaulle sein. Ihnen muß ich das nicht sagen, weil Sie das ganz genau wissen. Aber Sie verschmähen es nicht, schon einmal Gegessenes noch einmal aufzunehmen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wissen Sie, es ist eben so, daß sie nicht mehr so frisch sind wie vor einem Jahr. Sie sind zwar tüchtig und sogar emsig, aber, Herr Dr. Barzel, Sie wirken bei dem, was Sie zur Zeit machen müssen, nicht genügend wahrhaftig. Das ist das, was beklemmend ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Wenn Sie wissen wollen — wenn es Ihnen darauf angekommen war —, wie wir zu gewissen Anträgen stehen: Ich gebe Ihnen gerne meine Notizen, wenn Sie sie mir noch rechtzeitig wiedergeben vor dem Parteitag; denn ich habe sie mir nicht fotokopiert. Da steht zu jedem Antrag unser Petitum, auch wie die unterschiedlichen Stimmenverhältnisse waren, die es bei uns ja auch gibt.
    Aber wir arbeiten — wir arbeiten, sage ich — für ausgewogene Rüstungsbegrenzung und Truppenverminderung. Das zu Ihrem Zeigefinger auf den „Abzug der US-Truppen". Wir treten jeder illusio-



    Wehner
    nären Vorstellung entgegen, das könnte einseitig vollbracht oder vorweggenommen werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    In diesem Punkt steht die Mehrheit der Sozialdemokratischen Partei — auch ohne Ihren Stab, Herr Dr. Barzel — ganz fest.

    (Abg. Dr. Althammer: Wie groß ist denn die Mehrheit?)

    Wenn Sie noch einmal zur Reise sagen, der Bundeskanzler schweige dazu: Der kann doch gar nicht so viel reden, und Sie können das Abonnement gar nicht leisten für das, was er Ihnen zu Liebe alles reden müßte, bis er dann — was Ihnen ja selbst nicht schadet — auf dem Parteitag alles das noch einmal sagen sollte.

    (Beifall und Heiterkeit bei der SPD.)

    Sie wollten wohl erst sagen können: Eigentlich müßte der Bundeskanzler schon gereist sein. Warum eigentlich hat er das nicht getan? Das war doch in den letzten 14 Tagen dieses Crescendo. Jetzt — sagen Sie — reist er, weil das nicht zu umgehen war. Aber die Vorwürfe gelten. Herr Dr. Barzel, unter uns: Haben Sie sich schon einmal im stillen Kämmerlein — falls Sie ein solches gelegentlich auch benutzen --

    (Heiterkeit bei den Regierungsparteien)

    Gedanken darüber gemacht, was Sie damit eigentlich tun? Sie schädigen doch auch das Verhältnis zu den Verbündeten, wenn Sie meinen, das ließe sich alles so in ein Spielchen hineinziehen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Ich bin überzeugt, daß Sie das ganz genau wissen. Sie brauchen das aber Ihrer innerunionlichen Konkurrenz wegen. Na bitte, tun Sie das weiter so, Sie werden sich damit keine besondere Einladung nach Washington oder in andere Hauptstädte zum Vorzugspreis einkaufen können.

    (Beifall hei den Regierungsparteien. — Zuruf von der CDU/CSU.)

    Dann möchten Sie den Parteitag der SPD vorwegnehmen, zugleich aber so wirken, daß das, was Sie hier gesagt gekriegt und uns herausgekitzelt haben, dann vielleicht bei denen — so denken Sie —, die dort als Sozialdemokraten auf ihrem eigenen Parteitag auftreten, wie Juckpulver wirkt.

    (Abg. Dr. Marx: Das haben wir schon einmal gehört!)

    In dieser Jahreszeit wird Juckpulver feucht, Herr Barzel. Das ist keine gute Sache.
    Wenn Sie dazwischen Herrn Schlatter und ähnliches nehmen: Reisen allein genügt nicht — sagen Sie —; aber wenn gereist wird, dann wollen Sie vorher ganz genau wissen, was dort eigentlich gesagt wird. — Das sind Frühjahrsscherze an Stelle der Frühjahrsmüdigkeit.

    (Abg. Rawe: Hoffentlich fällt Ihnen heute auch noch ein sachlicher Beitrag ein! — Abg. Dr. Jenninger: Sie sind ein Kabarettist! — Abg. Strauß: Konditionstraining für Hannover!)

    Sie sprechen von einer Lücke, weil die Staaten nicht mehr und die Europäische Gemeinschaft noch nicht tun könnten, was eigentlich nach ihrem Konzept nötig sei. Ich sage Ihnen: Ihr Ruf nach unserer Initiative ist unredlich. Würden wir nämlich z. B. unter Bezugnahme auf die 15 Punkte, die ja in der Rede des Bundesministers der Finanzen apostrophiert worden sind, sagen, was dort im vorigen Herbst vorgeschlagen worden ist und warum wir mit gewissen Punkten noch nicht durchgekommen sind, dann würden Sie — wenn nicht selbst, so durch einen Ihrer Mitredner — sofort sagen: Seht ihr, so gehen sie mit den westlichen Gemeinschaftspartnern um. Das heißt, wie wir es auch immer machen, wir würden es Ihnen nicht recht machen können. Um so besser ist es, daß wir meinen, daß wir nicht dazu da sind, Ihnen alles recht zu machen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wissen Sie, Sie dürfen die Inflation Ihrer ProfilKür-Übungen nicht für überzeugend halten. Dann kommen Sie immer wieder zu den Parteitagsanträgen. Ich sagte Ihnen schon: meine Notizen stelle ich Ihnen gern zur Verfügung; aber ich muß sie vorher zurück haben, oder ich muß Ihnen vorher Gelegenheit geben, Kopien zu machen. Wissen Sie, Ihre „Bekenntnisse" — ich muß hier Ihr Wort nehmen, das beliebte Wort -- zu „sozialer Marktwirtschaft" und ähnlichem duften

    (Heiterkeit bei der SPD — Abg. Dr. Jenninger: Ihre auch!)

    wie Ihre Kollektivurteile über das, was Sie gern als Kollektivismus abgestempelt und nach Ihrer Vorstellung auch abgewertet haben möchten. Das sage ich Ihnen zu dieser ungehörigen und eine lange sachliche Diskussion herausfordernden anklägerisch gemeinten Bemerkung, daß die Sozialdemokraten herzulande ein anderes Ordnungsbild hätten als Sie.

    (Zurufe von der CDU/CSU.)

    Als ob Ihr Ordnungsbild das allein bestimmende in der Bundesrepublik Deutschland wäre!

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir haben ein Grundgesetz, wir haben Grundrechte, und wir haben Organe, Verfassungsorgane. Innerhalb dieses Rahmens bewegen wir uns.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Noch! — Abg. Strauß: Das ist aber jetzt die Methode nach Coué!)

    Herr Dr. Barzel, zur Meinungsfreiheit. Für Ihren Nachhilfeunterricht in dieser Beziehung gibt es bei uns kein Bedürfnis. Was Sie dazu sagen, ist allzu ziseliert. Sie wissen, was ich damit in Verbform sage.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Wir Sozialdemokraten — ich will mich an das halten, was Sie nachlesen können — streiten für die Demokratie,

    (Beifall bei den Regierungsparteien — Lachen und Zurufe von der CDU/CSU)




    Wehner
    und wir wollen, daß sie die allgemeine Staats- und Lebensordnung werden muß. An diesem Punkt trennen sich Ihre Ordnungsvorstellungen von den unseren.

    (Beifall bei der SPD.)

    Das haben wir von Herrn Heck schon wiederholt, wenn auch viel geistreicher, als eine Kritik an unserem Programm damals dargelegt bekommen. Ich habe die dankend entgegengenommen, weil sich darüber diskutieren und streiten läßt. Das geht aber nicht mit solchen Kollektivurteilen, wie sie Herr Dr. Barzel hier aus zweiter Hand von sich gibt.

    (Abg. Strauß: Wo denn?)

    Wir streiten dafür, weil diese Demokratie als allgemeine Staats- und Lebensordnung allein Ausdruck der Achtung vor der Würde des Menschen und seiner Eigenverantwortung ist.

    (Abg. Strauß: Das ist schließlich die Generalprobe für Hannover!)

    — Herr Strauß, Sie haben doch gestern Ihren Generalstoß geführt, und heute mußte der andere seinen Generalstoß führen. Dann sitzt da noch einer, der dann auch seinen Generalstoß führt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Da wird das vorweggenommen, weil Sie das in Hamburg nicht so tun können.

    (Abg. Dr. Jenninger: Bei Ihnen macht das die Stamokap!)

    Hier vorn der Herr Kohl, dann der Herr Barzel, und Sie machen das Kraut, den Kohl dann fett!

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Wir haben auch Sinn für Ihre Probleme und für das, was daran humorig aufzunehmen ist. Entschuldigen Sie, es scheint, Sie müssen sich einmal um Ihre Basis kümmern, Herr Barzel; die werden ungeduldig.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Im übrigen haben wir ein Programm, und dieses Programm gilt. Wir sind eine lebendige Partei und haben zeitweilig unsere Probleme und Schwierigkeiten. Wir stecken sie im Gegensatz zu Ihnen nicht hinter einen Vorhang. Daß das auch Nachteile hat, wissen wir. Das sieht man aus Ihren Vorstellungen, weil Sie sich daraus Männchen kneten oder sonst etwas machen. Aber es ist in Ordnung; wir werden uns wieder sprechen. Nur hatte das, Herr Dr. Barzel, was Sie gemacht haben, mit dem Haushaltsplan und einer Generaldurchleuchtung der Politik leider wenig zu tun.

    (Anhaltender Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rawe: War das alles, was Sie zu sagen haben? — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)