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ID0701005000

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag lo. Sitzung Bonn, Freitag, den 26. Januar 1973 Inhalt: Fortsetzung der Aussprache über die Erklärung der Bundesregierung Dr. Wörner (CDU/CSU) 339 A Berkhan, Parl. Staatssekretär (BMVg) 344 D, 357 D Krall (FDP) 349 D Buchstaller (SPD) 351 D Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . . 354 B Schmidt (Würgendorf) (SPD) . . 356 D Jung (FDP) 358 B Möllemann (FDP) 360 C Brandt, Bundeskanzler . . . . 361 C Dr. Barzel (CDU/CSU) 369 D Mischnick (FDP) 375 D Wehner (SPD) 379 C Antrag der Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP betr. Bestimmung des Verfahrens für die Berechnung der Stellenanteile der Fraktionen (Drucksache 7/73) in Verbindung mit Antrag der Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP betr. Einsetzung von Ausschüssen (Drucksache 7/74) und mit Antrag der Fraktionen der SPD, CDU/CSU, FDP betr. Einsetzung eines Sonderausschusses für die Strafrechtsreform (Drucksache 7/75) 380 C Nächste Sitzung 380 D Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 381 A* Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 10. Sitzung. Bonn, Freitag, den 26. Januar 1973 339 10. Sitzung Bonn, den 26. Januar 1973 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Achenbach 31. 1. Adams * 26. 1. Dr. Ahrens ** 27. 1. Dr. Aigner * 26. 1. Alber ** 27. 1. Amrehn ** 27. 1. Augstein (Hattingen) 26. 1. Behrendt * 26.1. Biehle 26. 1. Blumenfeld 31. 1. Dr. Burgbacher * 26. 1. Dr. Dollinger 10. 2. Eigen 26. 1. Dr. Enders ** 27. 1. Dr. Evers 26. 1. Flämig * 26. 1. Gerlach (Emsland) * 26. 1. Dr. Glotz 26. 1. Haase 26. 1. Handlos 26. 1. Hösl ** 27. 1. Frau Huber 26. 1. Dr. Jahn (Braunschweig) * 26. 1. Jung ** 27. 1. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Kahn-Ackermann ** 27. 1. Dr. Kempfler 26. 1. Dr. h. c. Kiesinger 26. 1. Dr. Klepsch 31. 1. Dr. Kreile 26. 1. Freiherr von Kühlmann-Stumm 26. 1. Graf Lambsdorff 26. 1. Lemmrich ** 27. 1. Logemann 26. 1. Mattick 31. 1. Memmel * 26. 1. Dr. Miltner 2. 2. Dr. Müller (München) ** 27. 1. Pawelczyk ** 27. 1. Richter ** 27. 1. Roser ** 27. 1. Schmidt (Würgendorf) ** 27. 1. Dr. Schulz (Berlin) *1 27. 1. Schwabe * 26. 1. Sieglerschmidt ** 27. 1. Dr. Slotta 2. 2. Solke 26. 1. Spilker 31. 1. Springorum * 26. 1. Stücklen 26. 1. Dr. Todenhoefer 24. 2. Frau Dr. Walz ** 27. 1. Westphal 26. 1. Wienand 31. 1. Frau Will-Feld 24. 2. Wischnewski 31. 1. Wolfram* 26. 1.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Mischnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Entschuldigen Sie, Herr Kollege Barzel, ich habe nicht von einer ständigen Einrichtung gesprochen,

    (Zurufe von der CDU/CSU: Doch!)

    sondern von der Selbstverständlichkeit, daß man zwischen den Fraktionsvorsitzenden die Gespräche führen sollte, die notwendig sind. Herr Kollege Barzel, ich wollte hier nicht ein anderes Thema vertiefen, aber Sie zwingen mich jetzt dazu. Es ist doch kaum verständlich, daß es in den letzten zwei Jahren kaum möglich war, daß beispielsweise die drei Fraktionsvorsitzenden gemeinsam in der Öffentlichkeit auftraten, weil Sie immer nur den Kanzler als Ihren Partner sahen. Das ist ein Stil, den wir in diesem Hause auch nicht für richtig halten.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich auf den Punkt zurückkommen, den ich hier schon angesprochen habe. Von Ihnen ist gesagt worden, das Parlament sei in den Keller verdammt worden, weil hier kein konkreter Stoff geboten worden sei. In dieser Regierungserklärung und in den Beiträgen der Koalitionsfraktionen sind so viele Sachprobleme im Detail dargelegt worden, daß Ihre Kollegen oder Sie selbst ausreichend Gelegenheit gehabt hätten, Stellung zu nehmen. Sie brauchen aber gar keine Sorge zu haben. In der nächsten Woche — das sage ich auch zum Kollegen Strauß — werden ja die ersten Gesetzentwürfe wieder eingebracht werden. Sie haben dann die Möglichkeit, konkret zu jedem einzelnen Punkt Stellung zu nehmen. Uns interessiert natürlich, wie es dann bei Ihnen aussieht.

    (Abg. van Delden: Uns interessiert, wie es beim Kartellgesetz bei Ihnen aussieht!)

    — Gar kein Problem. Sie werden erleben, daß wir auf Ihre Stellungnahmen warten müssen, nicht Sie auf unsere aus der Koalition. Die Koalition wird sich sehr schnell darüber einig sein, was hier zu geschehen hat.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. van Delden: Das ist ja ganz etwas Neues!)

    Wir werden aber sehr bald erleben, ob Sie überhaupt in der Lage sind, zu einem Ja oder Nein zu kommen, oder ob die Stimmenthaltung Ihre Entscheidung ist. Wir haben in der Vergangenheit doch Letzteres erlebt. Ich fürchte, wir werden es nach der Debatte, die wir hier geführt haben, wieder erleben.

    (Abg. Rawe: Sie hatten doch die Mehrheit in den Ausschüssen!)

    — Aber lieber Herr Kollege, die Mehrheit in den Ausschüssen hat doch nichts mit der Frage zu tun, ob Sie fähig sind, zu einer Sache ja oder nein zu sagen, oder ob Sie sich in die Stimmenthaltung flüchten müssen. Darum geht es doch.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rawe: Aber die Kartellgesetzgebung haben Sie im Ausschuß liegenlassen! Bauen Sie doch nicht wieder einen Popanz auf!)




    Mischnick
    Mir ist es doch lieber, wenn Sie in der Lage sind, den Mut haben oder sich dazu bekennen, ja oder nein zu sagen, statt sich der Stimme zu enthalten.

    (Abg. Rawe: Geben Sie es doch zu, daß Sie es im Ausschuß verhindert haben! Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Das ist das, was Sie für dieses Parlament übrig haben!)

    — Das haben wir doch nicht verhindert. Ich denke an den Konjunkturzuschlag. Da hatten Sie nicht den Mut, ja oder nein zu sagen. Ich denke an die Verträge, wo Sie nicht den Mut hatten, ja oder nein zu sagen. Das ist doch der Punkt, um den es uns hier geht.

    (Abg. Rawe: Sie lenken wieder ab! Sie haben zur Kartellgesetzgebung gesprochen!)

    Sie müssen endlich einmal selbst Entscheidungen fällen und dürfen nicht immer auf andere verweisen.
    Die Kollegen Marx und Windelen haben hier zur Deutschlandpolitik eine ganze Reihe von Punkten angeführt, auf die schon eingegangen worden ist. Ich will hier aber auf zwei zurückkommen.

    (Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

    — Aber Sie haben noch Vergangenheit zu bewältigen. Bitte!


Rede von Dr. Carl Otto Lenz
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Kollege Mischnick, stimmen Sie mir darin zu, daß es bei internationalen Verträgen nur ein Ja oder Nein, bei Kartellgesetzen z. B. aber auch andere Möglichkeiten gibt, seine eigene politische Meinung zu artikulieren, z. B. durch Änderungsanträge?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Wolfgang Mischnick


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Lieber Kollege Lenz, wenn Sie das so formulieren, stellen Sie natürlich Ihrer eigenen Stimmenthaltung bei der Abstimmung über die Verträge mit der Sowjetunion und Polen nachträglich ein sehr schlechtes Zeugnis aus. Sie sagten ja eben, bei Verträgen könne man nur ja oder nein sagen. Aber es lohnt sich nicht, darauf noch einmal einzugehen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. van Delden: Da konnten wir keine Änderungsanträge stellen!)

    Herr Kollege Marx hat davon gesprochen, daß die Regierungserklärung der Bundesregierung in der Deutschland- und Außenpolitik diesmal Grundsätze vermissen ließ, die in der Regierungserklärung von 1969 noch enthalten waren. Daß diese Feststellung schlicht falsch ist, will ich an einem Zitat aus der Regierungserklärung vom 18. Januar 1973 beweisen. Da heißt es wörtlich:
    Das Regierungsprogramm, das ich heute vorlege, ist die präzise Konsequenz dessen, was Sozialdemokraten und Freie Demokraten in der Regierungserklärung vom Oktober 1969 gemeinsam vertreten haben. Die politischen Ziele von damals gelten.
    Damit ist ganz deutlich gemacht, daß die Behauptung des Kollegen Marx, hier habe man sich von früheren Auffassung entfernt, falsch ist und daß das ein sehr leichtfertiges Umgehen mit dem Text der Regierungserklärung war, wenn ich es vorsichtig ausdrücke.
    Der Kollege Windelen hat doch mit seiner Behauptung der ungenügenden Vertretung der nationalen Interessen wieder einmal genau das versucht, was uns schon im vergangenen Bundestag daran gehindert hat, mehr gemeinsame Basis zu finden, nämlich zu unterscheiden zwischen den — ich nehme jetzt meine Worte — guten, nationalen Deutschen und den schlechten, nationalen Deutschen. Wer das so macht, darf sich natürlich nicht wundern, wenn wir hier sagen: Dann ist keine Basis für ein gemeinsame Arbeit gegeben. Ich bin sicher: von den meisten Kollegen der CDU/CSU wird diese Auffassung des Kollegen Windelen nicht geteilt. Es ist ja gerade, und der Herr Bundeskanzler hat mit Recht darauf hingewiesen, durch unsere Politik für die Nation mehr getan worden, als in der Vergangenheit geschah. Wenn Herr Windelen, Herr Strauß, Herr Schröder von der Nation sprechen, muß ich einem Kommentator recht geben, der sich vor kurzem mit dem Grundvertrag befaßt und gesagt hat: Eine Nation besteht aus der Summe der Menschen. Dann gibt es eben für diese deutsche Nation, nachdem diese Menschen mehr Möglichkeiten haben, zueinander zu kommen, eine aussichtsreichere Zukunftschance, als das in der Vergangenheit der Fall war.
    Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch ein paar kurze Worte zu dem sagen, was Frau Kollegin Dr. Wex gestern über die Gleichberechtigung, über die Emanzipation der Frauen ausführte. Ich bestreite ihr nicht den guten Willen, ich bestreite auch nicht das Bemühen darum, hier die wirklichen Notwendigkeiten unserer Zeit zu erkennen. Aber gerade auf diesem Gebiet werden wir wieder erleben, wie den Worten, die hier gesprochen worden sind, dann bei den Entscheidungen nicht die Taten folgen werden, die notwendig sind, um dem Grundgesetzauftrag wirklich gerecht zu werden. Wir würden uns freuen, wenn Sie sich hier endlich auch in der Tat eines Besseren besinnen und nicht nur darüber reden würden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Meine Damen und Herren, leider ist nach unserem Empfinden in dieser Debatte all das, was mit der Gesellschaftspolitik, Sozialpolitik und Vermögenspolitik zusammenhängt, zu kurz gekommen. Manches ist dafür weiter ausgedehnt worden, als es unbedingt nötig war. Ich will jetzt nicht noch eine Reihe von Fragen aufwerfen, sondern nur dem Kollegen Katzer sagen: Herr Kollege Katzer, manchmal hatte ich den Eindruck, als hofften Sie darauf, daß eine Zerstrittenheit in der Koalition über die Fragen der Mitbestimmung eintreten würde. Diese Hoffnung — —

    (Abg. Katzer: Dann haben Sie meine Ausführungen gestern nicht gehört!)




    Mischnick
    — Doch, doch!

    (Abg. Katzer: Lesen Sie es noch einmal nach! — Abg. van Delden: Der Bundeskanzler hat gesagt, es werde noch mehrere Regierungen beschäftigen!)

    — Natürlich hat er recht, wenn er sagt, daß die Frage der Mitbestimmung ja nicht allein durch eine Gesetzgebung über die Wirtschaft gelöst ist, sondern daß es hier viele, viele Bereiche gibt, die uns über mehrere Legislaturperioden beschäftigen werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen bei der CDU/CSU.)

    Wir sind doch keine Statiker; das unterscheidet uns doch. Wir sehen die Politik dynamisch, im Gegensatz zu Ihnen; wir versuchen immer, weiterzuentwickeln, was entwicklungsfähig ist.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Herr Kollege Katzer, ich erinnere mich noch sehr genau an die Auseinandersetzungen über das Betriebsverfassungsgesetz. Da war es doch genauso. Da wollte man, da hoffte man, da hatte man mit unterschiedlichen Gesetzentwürfen geglaubt, man könnte vielleicht doch das eine oder andere mit wechselnden Mehrheiten zustande bringen.

    (Abg. Katzer: Wir haben es insgesamt verbessert!)

    Das ist nicht zustande gekommen. Wir haben gemeinsam manches verbessert.

    (Abg. Katzer: Das ist eine ganze Menge! Oder?)

    Aber ich will hier nicht erwähnen, wie viele Kollegen aus Ihren Reihen heilfroh waren, daß wir manches von Ihren Vorschlägen überhaupt nicht übernommen haben. Das war ja auch der Tatbestand, den es dabei zu verzeichnen galt.

    (Abg. Katzer: Aber Sie bestätigen, daß wir es verbessert haben, und das war eine ganze Menge!)

    Herr Kollege Arendt, ein Wort nur zu dem, was Sie sagten. Sie sprachen mit Recht davon, daß die Krankenversicherung ein wichtiges Gebiet ist. Ich möchte hier nur feststellen, daß für uns die Weiterentwicklung der Krankenversicherung im Rahmen unseres gegliederten Systems und unter Beibehaltung der freien Entscheidungsmöglichkeiten vollzogen werden sollte. Das festzuhalten war mir wichtig, weil es nicht möglich war, in der Debatte im einzelnen dazu Stellung zu nehmen.
    Leider kann ich dem Kollegen Dregger — nicht weil es üblich ist, sondern weil wir uns sehr oft, in Hessen natürlich, miteinander auseinandergesetzt haben — hier nicht direkt noch etwas sagen. Ich fand die Formulierung, die gestern abend meine Kollegin Frau Schuchardt gebraucht hat, doch die beste und richtigste, daß nämlich durch Dregger Franz Josef Strauß die neue Mitte in der CDU/CSU ist. Das ist eine sehr wichtige Erkenntnis. Ich bin mir bloß noch nicht ganz darüber im klaren, ob nun der Kollege Dregger für Franz Josef Strauß die Flankenabsicherung nach der Wählergruppierung hin übernimmt,

    (Zuruf des Abg. Strauß)

    die bisher Franz Josef Strauß übernommen hatte. Für möglich halte ich es; denn ich kenne das ja aus dem hessischen Bereich. Ich kann mir allerdings auch vorstellen, daß das ganze so schön eingerahmt wurde, weil morgen und übermorgen der Mann jenseits des Rheines — wenn ich von dem Land Hessen ausgehe —, der ja einen etwas anderen Standpunkt vertritt, mit im Spitzengespräch ist. Ich kann nach den Reden, ohne daß ich auf die Einzelheiten eingehen will, nur feststellen: Ich bin fast geneigt zu sagen, daß wir recht froh darüber sind, daß Herr Dregger hier ist, denn so werden die Unterschiede gerade über das Demokratieverständnis zwischen denjenigen, die behaupten, sie gäben den Liberalen eine neue Heimat, und denjenigen, die wirklich Liberale sind, um so deutlicher. Dafür sind wir dankbar.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. van Delden: Das ist die neue liberale Heimat! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU.)

    Ich will am Ende dieser Debatte noch einmal einen Gedanken aufgreifen und in diesem Zusammenhang auch auf ein Wort des Herrn Kollegen Barzel zurückkommen, nämlich den Gedanken, daß die Gemeinsamkeit in prinzipiellen Fragen größer sein sollte, als das in der Vergangenheit war. Wenn man diese Aussprache betrachtet und sie nur oberflächlich wertet, könnte man manchmal auf die Idee kommen, daß mangels Masse nicht allzu viel an Gemeinsamkeiten vorhanden ist. Es gab wieder Unterstellungen, Anwürfe und, wie ich meine, auch gewollte und weidlich ausgeschlachtete Mißverständnisse. Es scheint mit zum Ritus zu gehören, ein Mißverständnis, wenn man es als solches erkannt hat, auch noch auszuschlachten.

    (Abg. van Delden: Jung, der versteht das!)

    Da spielte manches mit hinein, meine sehr verehrten Damen und Herren, das nach meiner Überzeugung zwar an die Bibel, aber nicht unbedingt an christliche Gedanken und Gestalten erinnerte, sondern eher an das, was die Evangelisten als die Pharisäer bezeichnet haben. Aber vergessen wir das.
    Wir wollen nicht die Konfrontation um jeden Preis, und so bitte ich das zu verstehen, was ich sagte. Um es noch einmal zu verdeutlichen: Wir sind doch vom Bürger beauftragt, hier gemeinsam — bei allen sachlichen Unterschieden in unseren politischen Grundauffassungen — zu Ergebnissen zu kommen, die insgesamt für unser Volk das beste sind. Ich habe das bereits in der ersten Runde erwähnt, und der Herr Kollege Barzel ist ja darauf eingegangen. Wenn ich es etwas süffisant ausdrükken wollte, dann müßte ich sagen: Es ist fast ein ganz neues FDP-Gefühl. Nach dem 19. November entdeckt die Union die Freien Demokraten wieder. Denn wenn ich an die letzten drei Jahre denke, so war doch hier deutlich auf seiten der CDU/CSU die Distanz zur FDP spürbar. Ich erinnere mich an einen Kollegen — er ist leider nicht mehr da;



    Mischnick
    er hat mit seiner Prophezeiung recht behalten —, der uns immer zugerufen hat: Wir sehen uns nicht wieder! — Es stimmt, er ist nicht mehr in diesem Parlament.

    (Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Nachdem dies nun einmal anders gelaufen ist, heißt das für meine Freunde und mich nicht, daß wir etwa nach dem Motto verfahren: Weil Ihr so bös wart, seid Ihr für uns nicht mehr vorhanden. Wir werden nicht so reagieren, wie man jahrelang, manchmal ein halbes Jahrzehnt lang, uns gegenüber reagiert hat.
    Aber eins, Herr Kollege Barzel, habe ich dankbar begrüßt: Sie haben hinzugefügt, daß Sie nicht von taktischen Überlegungen kurzfristiger Art sprachen. Man kann in der Sache immer über alles reden. Daß meine Loyalität zum jeweiligen Koalitionspartner unantastbar ist, wissen Sie, und das wird so bleiben. Davon können Sie ausgehen, ganz gleich, in welcher sachlichen Auseinandersetzung wir uns verbinden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir wissen sehr genau, daß es für diesen Staat — das sage ich auch wieder mit aller Deutlichkeit — notwendig ist, eine Partei zu haben, die — das muß ich nun wieder etwas vorsichtiger ausdrücken; nicht, weil ich mich nicht getraue, etwas zu sagen, sondern weil es bei Ihnen selbst nicht so ganz klar ist — Ihren Standpunkt etwa dort hat, wie das in dieser Debatte dargelegt worden ist; denn die Grenzen sind ja sehr schwimmend gewesen. Es kann weder das Interesse der Sozialdemokraten — wenn ich das sagen darf — noch das der Freien Demokraten sein, daß auf einer Seite des Hauses praktisch nichts ist, was durch sich selbst auch zur Stabilität der Bundesrepublik Deutschland beiträgt.
    So wollen wir das verstanden wissen, was Karl-Hermann Flach, was ich sagte, immer unter dem Grundsatz, daß wir davon ausgehen, daß in der Bundesrepublik Deutschland die Kräfte, die in diesem Hause tätig sind, alle untereinander koalitionsfähig sind. Die Sachentscheidungen werden von Fall zu Fall getroffen, und wir haben die Hoffnung nicht aufgeben, daß auch Sie eines Tages in der Sachpolitik den Fortschritt nicht nur verbal, sondern in der Praxis unterstützen werden. Dann wird in diesem Lande vielleicht manches anders aussehen.
    Im Augenblick, fürchte ich, haben Sie noch einen sehr weiten Weg vor sich, auf dem wir Ihnen aus der Sache heraus Erfolg wünschen. Sie werden es schwer genug haben — nicht nur Sie persönlich, sondern Sie alle —, aus dieser Position wieder herauszukommen, in die Sie sich zum Teil selbst gebracht haben.
    Wenn man die gesamten Beiträge der Opposition zur Regierungserklärung verfolgt, kann ich mich nicht des Eindrucks erwehren, daß die Opposition die richtige Einstellung zu dieser Regierungserklärung noch nicht gefunden hat.

    (Lachen bei der CDU/CSU.)

    Das liegt nicht zuletzt daran, daß sie die Gefangene ihrer eigenen Propanganda ist. Das ist der wahre Grund, weshalb sie hier nicht weiterkommt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)