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ID0700404400

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Metadaten
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    Vokabeln: 7
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    7. Haehser.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 4. Sitzung Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1972 Inhalt: Erweiterung der Tagesordnung 25 A Bekanntgabe der Bildung der Bundesregierung 25 A Eidesleistung der Bundesminister 25 D Abgabe einer Erklärung des Bundeskanzlers Brandt, Bundeskanzler 27 B Dr. Barzel (CDU/CSU) 30 B Antrag der Fraktion der CDU/CSU betr. Einsetzung des Rechtsausschusses (Drucksache 7/21) Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) 32 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Rechnungsjahr 1972 (Haushaltsgesetz 1972) (Drucksachen 7/10, 7/11) — Erste Beratung — Leicht (CDU/CSU) 32 D Haehser (SPD) 34 B Kirst (FDP) 36 B Nächste Sitzung 38 C Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten 39 A Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1972 25 4. Sitzung Bonn, den 15. Dezember 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 10 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1972 39 Anlage zum Stenographischen Bericht Anlage Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Augstein (Hamburg) 15. 12. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 15. 12. Blumenfeld ** 15. 12. Dr. Burgbacher 15. 12. Dr. Franz 15. 12. Handlos 15. 12. Lücker * 15. 12. Frau Schroeder (Detmold) 15. 12. Strauß 15. 12. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Sitzungen der Beratenden Versammlung des Europarats
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Albert Leicht


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Zum zweitenmal steht der Haushalt 1972 zur ersten Beratung an. Statt zum Jahresanfang steht er zum Jahresende zur Entscheidung. Das Jahr, für den er gilt, liegt praktisch schon hinter uns. Dem Parlament ist damit jede Möglichkeit genommen, auf das Haushaltsgeschehen des Jahres 1972 Einfluß zu nehmen. Das Haushaltsgeschehen lag ausschließlich in den Händen der Exekutive. Das Haushaltsbewilligungsrecht ist indessen das vornehmste Recht des Parlaments. Das Parlament als Ganzes — nicht nur diese oder jene Seite des Hauses — wird daher sehr sorgfältig zu prüfen haben, ob die Regierung die durch die Verfassung gezogenen Grenzen eingehalten und von der ihr gegebenen Ermächtigung des Nothaushalts-
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1972 33
    Leicht
    rechts der Art. 111 und 112 des Grundgesetzes den rechten Gebrauch gemacht hat.
    Der Zeitdruck, unter dem wir heute stehen, erlaubt es nicht, hier darauf näher einzugehen. Die CDU/CSU-Fraktion wird jedoch darauf drängen, daß diese Frage auf die Tagesordnung der ersten Sitzung des neuen Haushaltsausschusses zu Beginn des nächsten Jahres gesetzt wird.
    Ich will auch heute nicht auf die grundsätzlichen Bedenken gegen diese Politik, vor allem gegen die Finanz- und Konjunkturpolitik, eingehen, die in den Zahlen des vorgelegten Haushaltsentwurfs ihren Ausdruck findet. Darüber wird in der dritten Lesung noch zu sprechen sein. Nur einen wesentlichen Punkt möchte ich näher beleuchten, was gleichzeitig, Frau Präsident, als Begründung des vorgelegten Antrags dienen soll.
    Der Bundeskanzler hat soeben in Vorwegnahme der Regierungserklärung einige Ziele seiner Regierung angesprochen. Er will vieles, so habe ich daraus entnommen, besser machen. Indessen, der erste Beitrag zur praktischen Politik, den seine Regierung durch die Vorlage des Haushalts geleistet hat, verstößt nach unserer Meinung gegen Verfassung und Recht.
    Nach Art. 110 des Grundgesetzes sind alle im Zeitpunkt der Einbringung und parlamentarischen Beschlußfassung vorhersehbaren Einnahmen und Ausgaben des Bundes in den Haushaltsplan einzustellen. Das ist nicht geschehen. Der jetzt vorgelegte Entwurf zeigt die unveränderte Übernahme der Beschlüsse des Haushaltsausschusses vom 14. September dieses Jahres. Er geht also von dem damaligen Erkenntnisstand aus; das ist der des Juli 1972. Die zwischenzeitlich erkennbar gewordene neue Entwicklung, die neuen Beschlüsse des Kabinetts, die eingetretene zwangsläufige Ausgabenvermehrung und Einnahmevermehrung, sind nicht berücksichtigt.
    Ich kann hier nur das aufgreifen, was der Finanzminister, was die deutsche Presse uns als Anhaltspunkte gegeben haben, ohne alle Einzelheiten genau festlegen zu können, denn dazu haben wir das Wissen nicht. Es fehlen:
    1. 700 Millionen DM an Mehrausgaben, die von der Regierung über den vorgelegten Haushaltsentwurf hinaus als zwangsläufig angesehen wurden.
    2. Steuermehreinnahmen in Höhe von 900 Millionen bis 1 Milliarde DM, um die der zuständige Minister nach den Angaben in seiner Pressekonferenz vom 27. Oktober 1972 die Neuverschuldung herabsetzen will.
    3. Die Aufgliederung von Einsparungen in einer Größenordnung von rund 1,8 Milliarden DM oder mehr auf die einzelnen Ausgabeermächtigungen, die notwendig sind, um die angestrebten Gesamtausgaben auf 109 Milliarden DM zu beschränken.
    4. Die Angabe, in welchem Umfang von den Ermächtigungen Gebrauch gemacht werden soll, in den sogenannten Schattenhaushalten zusätzliche Ausgaben zu leisten.
    Wir sollen also hier über Zahlen beschließen, die teilweise durch die Entwicklung überholt sind,
    die nicht oder nicht mehr stimmen. Damit macht die Regierung die parlamentarische Beschlußfassung über den Haushalt 1972 zur Farce. „Die Bundesregierung hält eine Anpassung an die bisherigen Ist-Ergebnisse nicht für sinnvoll" ; so in der Bundestagsdrucksache 7/11, die auf Ihren Pulten liegt, in der Stellungnahme zu dem, was der Bundesrat zu diesen Fragen gesagt hat.
    Diese Auffassung steht mit dem eindeutigen Verfassungsauftrag des Art. 110 GG nicht in Einklang. Die Wirklichkeitsnähe der Haushaltszahlen ist doch kein Selbstzweck. Der Haushalt soll nicht Wunschdenken entsprechen, sondern er soll die wirkliche Lage der Staatsfinanzen bewußtmachen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Er soll darüber hinaus diesem Parlament die Möglichkeit geben, seine Kontrollfunktion auszuüben.
    Daran — und das ist für mich die einzige Erklärung für den Verfassungsverstoß der Regierung — versucht sich die neue Regierung vorbeizumogeln. Sie will offenbar nicht zugeben, daß wegen der — aus welchen Gründen auch immer entstandenen — Zwangsläufigkeiten auf der Ausgabenseite des Haushalts die ursprünglichen Ziele nicht erreicht worden sind. So ist die Regierung z. B. gar nicht mehr in der Lage, die vorgesehenen Investitionen durchzuführen; vielmehr müssen die Investitionsausgaben und die Ausgaben für andere wichtige Zwecke viel stärker gedrosselt werden, als das ursprünglich vorgesehen war.
    Wie bisher versucht die Regierung, ein rosiges Bild der Bundesfinanzen zu zeichnen, das meiner Meinung nach und nach Meinung meiner Fraktion der Wirklichkeit überhaupt nicht mehr entspricht. Damit setzt die neue Regierung — insofern allerdings folgerichtig — die Politik fort, die bereits dazu geführt hat, daß wichtige Staatsausgaben in einer Größenordnung von rund 5 Milliarden DM nicht im Haushalt geleistet, sondern außerhalb des Haushalts durch zusätzliche Schuldaufnahmen gewissermaßen unter dem Tisch getätigt werden.
    Die heile Welt besteht in den Staatsfinanzen unserer Überzeugung nach nicht mehr. Es mag noch wahltaktisch erklärbar sein, daß die Koalitionsparteien das bis zur Wahl nicht zugeben wollten. Aber der neue und alte Bundesminister der Finanzen leistet sich selbst meiner Meinung nach einen schlechten Dienst, wenn er diese Politik auch jetzt noch fortsetzt.

    (Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

    Er müßte doch bei den bisherigen Verhandlungen — nach allem, was man so hört — bereits bemerkt haben, wie schwer er sich bei jedem Schritt zur Sanierung der Bundesfinanzen tut. Er selbst vergrößert, wenn ich es richtig sehe, die Probleme, je weiter er die Stunde der Wahrheit in der Haushaltspolitik des Bundes hinauszögert.
    In der Haushaltspolitik hat in der Vergangenheit meines Erachtens hinreichend Willkür geherrscht. Zwei Minister — wir wissen es — verließen darüber die Regierung. Wir urteilen heute nicht an-
    34 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1972
    Leicht
    ders als vor der Wahl: Die Opposition — der Vorsitzende meiner Fraktion hat darauf hingewiesen — steht nicht in der Verantwortung für die Regierungspolitik. Aber auch die Opposition ist dem Wohle des Ganzen verpflichtet. Sie muß ihre warnende Stimme erheben, wenn sie eine für unser Volk unheilvolle Entwicklung erkennt.
    Sorgen Sie, Herr Bundesfinanzminister, in dieser Frage der Aktualisierung des Haushalts für die Achtung der Verfassung; sorgen wir alle dafür, daß wir durch umgehende Vorlage der Zahlen und durch den Einbau dieser Zahlen, die wir bis jetzt im einzelnen nicht kennen, in den Haushalt dem Grundgesetz Rechnung tragen. Sie, Herr Minister, tragen sonst die Hauptverantwortung dafür, daß das Parlament durch die Zustimmung zu diesem Haushaltsentwurf sehenden Auges gegen die Verfassung verstößt.
    Ich bin dafür dankbar, daß die Koalitionsfraktionen unserem Antrag auf Einsetzung des Rechtsausschusses und damit der Schaffung der entsprechenden Prüfungsmöglichkeiten zugestimmt haben. Ich wäre aber auch dankbar, Herr Bundesfinanzminister, wenn Sie in den nächsten Tagen — ich hatte Ihnen ja einen Brief geschrieben — zur Aktualisierung dieses Haushalts uns auch die nötigen Zahlen lieferten, damit das geschehen kann, was, glaube ich, im Interesse von uns allen geschieht: daß zumindest das Gebot des Grundgesetzes für diesen Haushalt geachtet wird.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Annemarie Renger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Haehser.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Karl Haehser


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Gnädige Frau! Meine sehr geehrten Damen und meine Herren! Lassen Sie mich an die Spitze meiner Bemerkungen zur Haushaltsplanberatung 1972 ein Wort des Dankes an die Bundesregierung setzen. Durch die Vorlage des Gesetzentwurfes und der Anlagen wird sich das Bundesparlament in den Stand gesetzt sehen, den bisherigen Haushaltsplänen seit 1949 nun auch noch den Haushaltsplan 1972 hinzuzufügen.
    Namens meiner Fraktion möchte ich mich ausdrücklich beim Bundesrat bedanken, der in seiner Gesamtheit auf die ihm zustehende Beratungsfrist verzichtet hat, damit der Bundesetat 1972 noch vor Ablauf des Haushaltsjahres verabschiedet werden kann.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Auch die CDU/CSU-regierten Länder haben in einem im Bundesrat gestellten Antrag ausdrücklich auf die Einlegung der Fristen verzichtet.
    Der dritte Dank, den ich auszusprechen habe, gilt der CDU/CSU-Opposition. Denn der Kollege Albert Leicht hat in einem Brief an den Herrn Bundesminister der Finanzen vom 5. Dezember 1972 einen Hinweis auf das Interesse der CDU/CSU-Opposition an einer baldigen Verabschiedung des Haushaltsplans gegeben, damit die parlamentarische Kontrolle wiederhergestellt werden kann.
    Das alles ist richtig, aber nach meinen Dankesworten an die Bundesregierung, den Bundesrat und die Opposition muß ich natürlich auch ein paar Bemerkungen zur Geschichte des Haushaltsplans 1972 machen.
    Hier erinnere ich Sie alle an den 28. April 1972. In einer großen Kraftanstrengung hat es die Opposition fertiggebracht, die gültige Verabschiedung des Kanzleretats zu verhindern, indem sie Stimmengleichheit herbeiführte. Die an die nicht erfolgte Verabschiedung des Kanzlerhaushalts geknüpfte Schlußfolgerung, der Bundeskanzler habe also kein Vertrauen mehr, hat sich spätestens und erfreulicherweise am 19. November 1972 als falsch herausgestellt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Hier wäre der Opposition überhaupt zu raten, mit ihren Prophezeihungen nicht allzu voreilig zu sein; sonst wird sie von der Öffentlichkeit, vom Wähler — wie in diesem Fall geschehen — zurückgewiesen.
    Damals, am 28. April 1972, hat der Herr Bundeskanzler hier folgendes ausgeführt — ich zitiere —:
    Die Bundesregierung bedauert, daß durch Stimmengleichheit bei Nichtwertung der Berliner Stimmen diese Vorlage nicht die Zustimmung des Hohen Hauses gefunden hat. Ich bitte namens der Bundesregierung schon jetzt um die Unterstützung, die wir brauchen, um dies bei der dritten Lesung zu korrigieren.
    Wenn man ein bißchen Sinn für Geschichte hat, muß man eigentlich diese erste Lesung als die dritte Lesung des Bundeshaushalts 1972 werten.

    (Beifall bei der SPD.)

    Wir haben die erste Beratung und den Beginn der zweiten Beratung hier im Hohen Hause gehabt. Wir haben zweitens die Rücküberweisung und die Beratung des Etats im Haushaltsausschuß gehabt. Jetzt haben wir die erste Beratung — sprich: dritte Beratung — noch immer desselben Entwurfs,

    (Abg. Leicht: Die zweite erste Beratung!)

    den wir aber natürlich aktualisiert haben, Herr Kollege Leicht, wie Sie mir ja als alter Fachmann zugeben müssen. Diese Aktualisierung hat in dem Antrag der CDU/CSU-regierten Länder im Bundesrat und auch in Ihrem Schreiben sowie in Ihrer Rede eine Rolle gespielt. Sie spielt auch eine Rolle bei dem Antrag, der zu unserer Überraschung, aber auch zu unserer Freude — wir haben ihm ja zugestimmt — heute auf den Tisch gelegt worden ist.
    Ich gehe davon aus — sehr viel mehr werde ich dazu gar nicht sagen; denn wir werden im Haushaltsausschuß, im Plenum und nun auch noch im Rechtsausschuß beraten —, daß alle fälligen und kassenwirksamen Einnahmen und Ausgaben veranschlagt sind, soweit sie etatreif sind; diese Einschränkung möchte ich machen.
    Die von Ihnen gewünschte Aktualisierung wäre ein ständiger Prozeß. Sie müßte manchmal mehrfach am Tage vorgenommen werden, denn in der Bundeskasse passiert ja, was Einnahmen und Ausgaben angeht, etwas. Ich bin sicher, meine Damen und
    Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1972 35
    Haehser
    meine Herren, daß so aktualisiert noch kein Bundeshaushalt verabschiedet worden ist, wie es in der nächsten Woche, ich hoffe, mit Zustimmung des ganzen Hauses, geschehen kann. Das ergibt sich doch aus der Rücküberweisung an den Haushaltsausschuß. Wer die Aktualisierung wünscht — sie wird hier ohne Einschränkung gefordert —, der muß wissen, daß dann unter Umständen 6500 Titel betroffen wären. Das ist rein technisch überhaupt nicht mehr zu machen.

    (Abg. Leicht: Das wollen auch wir nicht!)

    Herr Kollege Leicht, was uns vorgelegt werden kann, ist das Ist-Ergebnis von Oktober 1972. Ich habe mich davon überzeugt, daß das Ist-Ergebnis von November 1972 noch gar nicht vorgelegt werden kann.

    (Abg. Leicht: Einverstanden!)

    Würde uns das weiterhelfen, würde das den Erkenntnisstand beträchtlich vermehren? Das sind Fragen, die ich hier zu stellen habe. Jeder weiß -und das weiß der bisherige und wohl auch künftige Vorsitzende des Haushaltsausschusses

    (Abg. Leicht: Das wissen Sie noch nicht!)

    genauso —, daß uns das Ist-Ergebnis 1972 erst im März/April nächsten Jahres zur Verfügung stehen wird.
    Ein anderes Thema hat heute, aber auch in Ihrem Brief, Herr Kollege Leicht, und in der Stellungnahme der CDU/CSU-regierten Länder, immer wieder eine Rolle gespielt, nämlich die sogenannten Schattenhaushalte. Dieser Begriff ist von mir heute zurückzuweisen. Es wird mit seiner Verwendung der Versuch unternommen, unterschwellig zum Ausdruck bringen ,als vollziehe sich mit den, wie Sie das nennen, Schattenhaushalten etwas im dunkeln oder am Rande der Legalität. Das ist falsch, das ist unwahr.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Meine Damen und meine Herren, was ist das Kernstück der sogenannten Schattenhaushalte? Wenn ich mich nach den bisherigen Ausführungen nicht täusche, dann sind damit insbesondere die Kredite für öffentliche Arbeiten, die sogenannten ÖffaKredite, gemeint. Nun tun Sie doch nicht so, als gebe es diese Offa-Kreditfinanzierung erst seit der Regierung Brandt/Scheel! Diese gibt es seit 1955, d. h. es gab sie fast eineinhalb Jahrzehnte lang unter christlich-demokratischen Bundeskanzlern.

    (Abg. Wehner: Hört! Hört!)

    Das ist doch die Wahrheit, und das muß ich hier einmal ganz deutlich sagen.

    (Abg. Dr. Barzel: Wieviel denn?)

    Es stimmt im übrigen auch nicht — ich habe das im Haushaltsausschuß schon ausgeführt —, daß Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit verletzt werden.

    (Abg. Wohlrabe: Na, na!)

    — Sie verstehen sowieso nichts davon, Herr Wohlrabe.

    (Beifall bei der SPD. — Oh-Rufe bei der CDU/CSU.)

    — Aber von dem, was ich gerade gesagt habe, sind doch Ihre eigenen Kollegen überzeugt.

    (Abg. Wohlrabe: Die Primitivplatte! Abg. Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein: Nein, nein, sind wir nicht!)

    Ich weise zunächst darauf hin, daß in § 4 des jetzt vorliegenden Entwurfs des Haushaltsgesetzes die Offa-Kreditfinanzierung ausdrücklich erwähnt ist. Darüber hinaus sind die Offa-Kredite sowohl im Bundeshaushalt als auch im Straßenbauplan und in der Haushaltsrechnung klar ausgewiesen. Ich könnte Ihnen sogar die Seitenzahlen nennen, wo sie ausgewiesen sind. — Sie wollen sie anscheinend wissen, Herr Leicht. Was den Einzelplan 12 angeht, ist es die Seite 178.

    (Abg. Leicht: Das weiß ich selber!)

    und soweit es den Kapitaldienst angeht, ist es die Seite 168, Tit. 661 01. Also geben Sie dieses Märchen von den Schattenhaushalten auf!
    Worum es Ihnen geht, ist die Abschaffung der sogenannten Schattenhaushalte, um dann mit so langer Nase der Regierung vorwerfen zu können, sie habe eine Aufblähung des Staatshaushalts vorgenommen. Das steckt doch dahinter,

    (Beifall bei den Regierungsparteien)

    und Sie können uns nicht vormachen, daß Sie dafür andere, sachlich gerechtfertigte Gründe haben.
    Nun will ich Ihnen namens der sozialdemokratischen Fraktion und deren Arbeitsgruppe Haushalt ein Angebot machen. Ich mache Ihnen das Angebot, in einer ruhigen Stunde, zu einer ruhigen Zeit mit uns über die ganze Problematik einmal zu reden.

    (Abg. Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein: Haben wir doch versucht!)

    Es ist kein Angebot, die Haushalte, die Sie zu Unrecht „Schattenhaushalte" nennen, abzuschaffen, aber es ist das Angebot, in aller Ruhe und Sachlichkeit über dieses Thema einmal zu reden.

    (Beifall bei der SPD.)

    Nun lassen Sie mich eine letzte Bemerkung machen. Immer wieder wird erklärt, dieser Haushalt 1972, der, wenn er verabschiedet ist, nur noch eine relativ kurze Laufzeit hat, sei kein Beitrag zur Stabilität. Dies i s t ein Beitrag zur Stabilität. Denn der Haushaltsvollzug wird deutlich machen, daß die Zuwachsrate bei den Ausgaben Ende Oktober 1972 bei 10,5 % liegt. Mich wundert es sehr, daß im Bundesrat die CDU/CSU-regierten Länder auch das Thema „Beitrag zur Stabilität" aufgreifen, denn die Zuwachsraten der Länder liegen im Durchschnitt um mehr als 1 % über der erkennbaren Zuwachsrate des Bundeshaushalts 1972.

    (Abg. Leicht: Das müssen die doch!) Das muß also sehr verwundern.

    Nun lassen Sie mich zum Schluß auf Grund der Rede des Herrn Kollegen Barzel und auch auf Grund der Einlassungen des Herrn Kollegen Leicht folgendes sagen. Auf der Seite der sozialdemokratischen Fraktion dieses Hauses ist der Eindruck entstanden,
    36 Deutscher Bundestag — 7. Wahlperiode — 4. Sitzung. Bonn, Freitag, den 15. Dezember 1972
    Haehser
    sie haben beide in den letzten drei Jahren nichts hinzugelernt.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Wir haben, was den Herrn Vorsitzenden der Opposition anging, die gleichen Töne auch in der gleichen Art vorgebracht gehört, und wir haben vom Herrn Kollegen Leicht die gleiche Schwarzmalerei gehört, mit der Sie am Schluß des Wahlkampfes die Zeitungsseiten überschwemmten. Das hat bei uns nichts bewirkt, und das hat — was uns noch viel froher stimmt — beim deutschen Wähler nichts bewirkt. Deswegen unser Rat

    (Abg. Wehner: So weitermachen!)

    — Herr Kollege Wehner, Sie greifen mir vor —: machen Sie so weiter, dann wird unsere Mehrheit noch
    größer, und Sie werden noch etwas kleiner werden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    Zum Schluß! Der Herr Bundesminister der Finanzen Helmut Schmidt hat uns wissen lassen, daß er sowohl im Haushaltsausschuß als auch im Plenum des Deutschen Bundestages in der nächsten Woche zum Haushaltsplan 1972 Stellung zu nehmen beabsichtigt. Das wird noch manche Klärung bringen, insbesondere, Herr Kollege Leicht, in der sachlichen ruhigen Atmosphäre des Ausschusses, dem, wenn Sie ihm wieder vorsitzen werden, immer ein ganz anderer Leicht vorsitzt, als ich ihn im Wahlkämpfer wiederentdeckt habe. Da herrscht Ruhe und Sachlichkeit und Gelassenheit, und das wird unseren Beratungen guttun.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    Dem Bundesminister der Finanzen Helmut Schmidt wünscht bei dieser Gelegenheit die SPD-Fraktion Glück in seinem Wirken, bietet ihm jede Unterstützung an und möchte den Wunsch an ihn richten, daß er sich mit seinen Kabinettskollegen darum bemüht, daß wir den Bundeshaushalt 1973 frühzeitig zur Verfügung haben, damit er entsprechend frühzeitig verabschiedet werden kann.
    Nun hoffe ich, daß wir in der nächsten Woche Einmütigkeit bei der Abstimmung über den Bundeshaushalt 1972 haben. Wir jedenfalls werden ihm zustimmen. Von den Kollegen der FDP-Fraktion erwarte ich das auch. Bleiben also nur noch Sie eventuell übrig, aber das können Sie sich ja noch überlegen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)