Rede von
Alo
Hauser
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Hohe Haus erlebte gestern abend den einmaligen Vorgang, daß ein in der zweiten Lesung befindlicher Bundeshaushalt mit einer Geschäftsordnungsmehrheit
in den Haushaltsausschuß zurückverwiesen wurde.
Heute nun müssen wir feststellen, daß die Fragen nach den Gründen, die Fragen, die bis auf den Untergrund bohren und feststellen sollten, was denn nun so Einmaliges geschehen ist, um diesen einmaligen Vorgang des Abbruchs der Haushaltsberatungen mitten in der zweiten Lesung zu rechtfertigen, ausweichend beantwortet werden,
daß uns gesagt wird: Darüber werden wir im Haushaltsausschuß miteinander reden.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß die Koalitionsfraktionen einen Mantel des Schweigens über die wahren Ursachen der Rückverweisung an den Haushaltsausschuß breiten möchten, einen Mantel des Schweigens insbesondere über die wirkliche Lage, die Realitäten, wie sie sich heute in der Finanz- und Haushaltswirtschaft darbieten.
Herr Minister Schiller hat soeben auf eine meiner Fragen geantwortet, die Haushaltsfehlbeträge in den Jahren 1972 bis 1976 in Höhe von 27,5 Milliarden DM — nach seiner eigenen Vorlage an das Bundeskabinett — dürfe man nicht so zusammenrechnen, weil sie auf Einzeljahre zu verteilen seien, und dasselbe gelte auch hinsichtlich der 40,2 Milliarden DM, die herauskommen, wenn man auch hier die Realitäten der bereits gefaßten Kabinettsbeschlüsse und der bereits verabschiedeten Gesetze zugrunde legt. Wenn man das sieht, kann man in der Tat verstehen, weshalb hierüber ein Mantel des Schweigens gebreitet werden soll.
Dann kann man in der Tat verstehen, daß sich die Koalitionsfraktionen gerne zum Erfüllungsgehilfen dieser Regierung, die ihre Regierung ist, machen, um zu verhindern, daß die deutsche Öffentlichkeit durch die offene Debatte im Plenum aufgeschreckt und mit den katastrophalen Finanz- und Haushaltsverhältnissen vertraut gemacht wird, die diese Bundesregierung hinterlassen wird, wenn sie demnächst abtritt.
Denn ebenso, wie diese Regierung auf Siechtum eingestellt ist, sind die Stabilität des Geldwertes und die Stabilität unserer Finanzen auf galoppierende Schwindsucht programmiert.
Und es gibt noch etwas, worüber die Koalitionsfraktionen den Mantel des Schweigens breiten möchten, nämlich die Tatsache, daß zu der Unfähigkeit, Abstimmungen, die sich nicht auf die Geschäftsordnung, sondern auf die Sache beziehen, hier im Parlament herbeizuführen und zu gewinnen, daß zu diesem parlamentarischen Patt auch noch ein Patt, eine Entscheidungsunfähigkeit, im Kabinett hinzugetreten ist und daß dieses potenzierte Patt dazu zwingt, hinter die verschlossenen Türen des Haushaltsausschusses zu gehen.
So meinen wir schließlich, auch Herrn Minister Schiller ein Werk christlicher Nächstenliebe antun zu sollen — —