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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 188. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 7. Juni 1972 Inhalt: Verzicht der Abg. Freiherr von Kühlmann-Stumm und Freiherr von und zu Guttenberg auf die Mitgliedschaft und Eintritt der Abg. Dr. h. c. Menne (Frankfurt) und Cantzler in den Bundestag 10965 A Glückwünsche zu den Geburtstagen der Abg. Frau Geisendörfer und Bergmann . 10965 B Überweisung einer Vorlage an Ausschüsse 10965 B Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 10965 C Antrag der Fraktionen der CDU/CSU, SPD betr. Verwaltungsrat der Lastenausgleichsbank (Drucksache V1/3472) . . . 10966 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung betr. Viermächteabkommen über Berlin Brandt, Bundeskanzler 10966 C Dr. Barzel (CDU/CSU) 10968 B Borm (FDP) 10969 C Mattick (SPD) 10971 B Dr. Gradl (CDU/CSU) 10973 D Begrüßung des Präsidenten der Ständigen Kommission beider Häuser des Kongresses der Vereinigten Mexikanischen Staaten, Luis H. Ducoing Gamba, sowie des Präsidenten des Abgeordnetenhauses der Republik Sierra Leone, Sir Emile Luke 10971 A, 10980 C Abgabe einer Erklärung der Bundesregierung betr. Fragen der inneren Sicherheit Genscher, Bundesminister .10975 A, 11039 D Vogel (CDU/CSU) 10982 D Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . 10988 B Krall (FDP) . . . . . . . . 10993 A Dr. Merk, Minister des Landes Bayern 10994 A Ruhnau, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg . . . . . 10998 A Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 11014 B, 11053 B Dr. Jaeger, Vizepräsident . . . . 11015 A Brandt, Bundeskanzler . . . . . 11021 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 11023 B Dr. Ehmke, Bundesminister . . . 11025 B Stücklen (CDU/CSU) 11026 C Pensky (SPD) 11027 A Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 11031 B Kleinert (FDP) 11034 D Jahn, Bundesminister . . . . . 11037 B von Thadden (CDU/CSU) . . . 11038 D Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) 11040 D Dorn (FDP) 11043 B Dr. Mikat (CDU/CSU) 11044 C Dr. Stark (Nürtingen) (CDU/CSU) 11045 C Metzger (SPD) 11047 B Dr. Miltner (CDU/CSU) . . . . 11050 B II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Juni 1972 Fragestunde (Drucksache VI/3468) Fragen des Abg. Röhner (CDU/CSU) : Vorbemerkungen zum Agrarhaushalt 1972 Logemann, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 11001 A, B, C, D Röhner (CDU/CSU) . . . . . . 11001 B, D Frage des Abg. Werner (CDU/CSU) : Beraterkorps der deutschen Wirtschaft als Hilfsinstrument bei der Entwicklungshilfe Dr. Sohn, Staatssekretär 11002 A Fragen des Abg. Sieglerschmidt (SPD) : Strafvollstreckung an Deutschen in der Türkei Dr. Erkel, Staatssekretär . . . .11002 B, D, 11003 A, B, C Sieglerschmidt (SPD) . . 11002 D, 11003 B Fragen des Abg. Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) : Haftentlassung von Terroristen durch Gerichtsbeschluß ohne Fühlungnahme mit der Kriminalpolizei Dr. Erkel, Staatssekretär . 11003 D, 11004 D, 11005 A, B, C Dr. Wagner (CDU/CSU) 11004 D Ott (CDU/CSU) 11005 A, B Sieglerschmidt (SPD) 11005 C Frage des Abg. Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) : Abdruck einer Rede des Bundesjustizministers vor dem Rechtspolitischen Kongreß der SPD im Bundesanzeiger Dr. Erkel, Staatssekretär 11005 D, 11006 A, B, C, D, 11007 A Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) 11006 A, B Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) 11006 C Dr. Schmude (SPD) 11006 C Dr. Sperling SPD) 11006 D Ott (CDU/CSU) 11006 D Dr. Wagner (Trier) (CDU/CSU) . 11007 A Fragen des Abg. Würtz (SPD) : Frist für die Untersuchung von Freiwilligen auf Wehrdiensttauglichkeit Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär 11007 B, C Würtz (SPD) 11007 C Frage des Abg. Wohlrabe (CDU/CSU) : Gesamtkosten infolge des sog. Haarnetz-Erlasses Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär . 11008 A, B, C, D, 11009 A Wohlrabe (CDU/CSU) . . . . .11008 B, C Haase (Kassel) (CDU/CSU) . . . . 11008 D Hansen (SPD) . . . . . . . . . 11009 A Fragen der Abg. Damm und Dr. Zimmermann (CDU/CSU) : Weisungen politischer Organisationen an Beisitzer in Prüfungsausschüssen und -kammern für Wehrdienstverweigerer Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär 11009 B, C, D, 11010 A, B, C Damm (CDU/CSU) . . . 11009 C, 11010 A Dr. Zimmermann (CDU/CSU) . .11010 A, B Dr. Sperling (SPD) . . . . . . . 11010 C Frage des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Ausübung eines kommunalen Ehrenamtes durch Wehrdienstleistende Berkhan, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 11010 D, 11011 A Niegel (CDU/CSU) . . . . . . . 11011 A Frage des Abg. Varelmann (CDU/CSU) : Lebenswert von Rentnern und Studenten Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . .11011 B, C Varelmann (CDU/CSU) . . . .11011 B, C Frage des Abg. Varelmann (CDU/CSU) : Aufwand für den Lebensbedarf in höherem Alter Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . 11011 C, D, 11012 A Varelmann (CDU/CSU) . . . . 11011 D, 11012 A Fragen des Abg. Müller (Nordenham) (SPD) : Höchstwert des Bleigehalts der Trinkmilch Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . , 11012 A, C, D, 11013A, B Müller (Nordenham) (SPD) . .11012 B, C, D Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . 11012 D Kiechle (CDU/CSU) 11013 A Niegel (CDU/CSU) . . . . . . 11013 B Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Juni 1972 III Fragen des Abg. Dr. Schwörer (CDU/CSU) : Zahl der infolge von Geburts- und Frühstschäden dauernd Erwerbsunfähigen —. Verbesserung ihrer materiellen Lage Westphal, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 11013 B, D, 11014 A, B Dr. Schwörer (CDU/CSU) . . . . 11014 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1972 (Haushaltsgesetz 1972) (Drucksachen VI/2650, zu VI/2650, Nachtrag zu VI/2650, VI/3350 bis VI/3376) — Fortsetzung der zweiten Beratung —Zur Geschäftsordnung Seidel (SPD) . . . . . . . . .11053 D Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) . . 11054 B Kirst (FDP) . . . . . . . . .11055 C Höcherl (CDU/CSU) . . . . . 11056 B Haehser (SPD) 11057 C Leicht (CDU/CSU) 11058 A Gallus (FDP) 11059 B Dr. Althammer (CDU/CSU) . . . 11059 D Dr. von Bülow (SPD) 11060 D Dr. Jenninger (CDU/CSU) . . . . 11061 C Dr. Barzel (CDU/CSU) 11062 B Wehner (SPD) 11063 A Mischnick (FDP) 11063 D Nächste Sitzung 11064 C Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 11065 A Anlage 2 Stellungnahme des Bundesrates zum Abfallbeseitigungsgesetz . . . . . . . 11065 A Anlage 3 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze 11065 B Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Fuchs (CDU/CSU) betr. Pressemeldungen über den Politischen Arbeitskreis Oberschulen . . . . 11065 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Juni 1972 10965 188. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 7. Juni 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 188. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 7. Juni 1972 11065 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter beurlaubt bis einschließlich Schneider (Königswinter) 9. 6. Dichgans 9. 6. Anlage 2 Stellungnahme des Bundesrates zum Gesetz über die Beseitigung von Abfällen (Abfallbeseitigungsgesetz — AbfG) Der Bundesrat ersucht die Bundesregierung, bis zum 31. Dezember 1973 darüber zu berichten, welche Möglichkeiten sich bieten, 1. um durch Ausgleichsabgaben die Erzeuger von Verbrauchsgütern, die für die spätere Abfallbeseitigung erheblichen Aufwand verursachen, zu den sozialen Kosten des Umweltschutzes heranzuziehen, 2. um darauf hinzuwirken, daß bereits bei der Planung des Produktionsprozesses a) die Entwicklung umweltfreundlicher Erzeugnisse und Verfahren in größerem Maße berücksichtigt wird, b) die wirtschaftliche Wiederverwendung bestimmter Abfallarten stärker in Betracht gezogen wird, c) auf die Erleichterung der späteren Abfallbeseitigung Rücksicht genommen wird. Anlage 3 Entschließung des Bundesrates zum Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze — KHG — Die Bundesregierung wird aufgefordert, eire Rechtsverordnung nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 über Abgrenzungsvorschriften möglichst bald, spätestens ein Jahr nach Verkündung des Gesetzes, vorzulegen, die es ermöglicht, 1. Anlagewerte entsprechend ihrer Fristigkeit der Gruppe der mittel- und kurzfristigen Anlagegüter zuzuordnen und 2. Güter und Leistungen als Wiederbeschaffung zu bestimmen. Diese Abgrenzungsvorschriften sind aus Gründen der Praktikabilität des Gesetzes erforderlich. Anlagen zum Stenographischen Bericht Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Westphal vom 6. Juni 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Fuchs (CDU/CSU) (Drucksache VI/3468 Frage A 95) : Treffen Pressemeldungen zu, daß nach Unterlagen des Politischen Arbeitskreises Oberschulen (PAO) „die besondere Rolle der Schülerorganisationen darin besteht, ein intellektuelles revolutionäres Potential zu schaffen, das die Aufgabe hat, der Arbeiterklasse zu helfen, seine Klassenanliegen zu erkennen und gleichzeitig eine revolutionäre Partei aufzubauen", und welche Konsequenzen ergeben sich für die Bundesregierung, wenn die Meldung zutrifft? Es trifft zu, daß in der letzten Zeit gegen die Arbeit des Politischen Arbeitskreises Schulen (PAS) — früher Politischer Arbeitskreis Oberschulen (PAO) — der Vorwurf erhoben wurde, daß in seiner politischen Bildungsarbeit revolutionäre Agitatation betrieben und auf eine entsprechende Gleichschaltung des Verbandes hingearbeitet wurde. Diese Vorwürfe konnten nicht entkräftet werden. Der neue Bundesvorstand des PAS hat die Berechtigung des Verdachtes von Verstößen gegen seine eigene Satzung und speziell gegen das in ihr enthaltene Gebot, überparteiliche Bildungsarbeit zu leisten, selbst bestätigt. Der PAS, selbst kein rechtsfähiger Verein, wurde seit Jahren aus Mitteln des Bundesjugendplanes indirekt gefördert. Verantwortlicher Empfänger der Förderungsmittel ist das Kuratorium des PAS, der „Arbeitskreis für politische Bildung e. V.". In einer sofort nach Bekanntwerden der Vorwürfe vorgenommenen Untersuchung hat das Kuratorium Verstöße des PAS-Bundesvorstandes gegen seine Satzung festgestellt. Daraufhin hat das Kuratorium beschlossen, dem PAS den Eingang neuer Zahlungsverpflichtungen zu untersagen. Dies bedeutet praktisch eine Aussetzung der Förderung. Inzwischen haben diejenigen Mitglieder des PAS-Bundesvorstandes, die auch dem früheren Vorstand angehörten, während dessen Amtszeit die Satzungsverstöße vorgekommen sind, ihren Rücktritt erklärt. Der Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit respektiert diese Entscheidung des Kuratoriums in vollem Umfange. Auch läßt die gegenwärtige parteipolitisch ausgewogene personelle Zusammensetzung des Kuratoriums keinen Zweifel an seinem Eintreten für eine den Zielen des Grundgesetzes förderliche Arbeit zu. In unmittelbar bevorstehenden Verhandlungen des Bundesministers für Jugend, Familie und Gesundheit mit dem Kuratorium wird geprüft werden, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen diese Träger eine qualifizierte politische Bildung für Schüler künftig gewährleisten kann. Die Notwendigkeit qualifizierter und dem Grundgesetz verpflichteter politischer Bildungsarbeit wird weiterhin bejaht. Eine Reihe von Trägerinstitutionen nimmt diese Aufgabe mit Erfolg wahr. Der PAS wird durch einen neu gewählten Vorstand und ein von den verantwortlichen Gremien bestätigtes Programm das Vertrauen für eine künftige Zusammenarbeit zurückgewinnen müssen.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Benno Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich bin gern bereit, den Kollegen Kleinert darauf hinzuweisen. Gleichzeitig möchte ich ihn aber von mir aus auch noch darauf hinweisen, daß unter den Flächenstaaten der höchste Bestand an Fehlplätzen von Universitäten in Hessen besteht und daß die meisten Universitäten anderer Länder deswegen hessische Studenten aufnehmen müssen.

    (Abg. Stücklen: Bayern z. B.!)

    Nun zu dem weiteren Vorwurf, der alten Geschichtsklitterung, wir hätten aus konfessionellen Gründen Zwergschulen gebaut. Ich möchte diese Mottenkiste, die der Herr Kollege Kleinert aufgemacht hat, doch wieder zumachen; denn das ist falsch. Machen Sie doch nicht selbst Ihre eigenen Regierungen in den Ländern so schlecht, als hätten sie alle an der Zeit vorbeigelebt. Mit diesen Vorstellungen aus der Vergangenheit ist doch für die Zukunft gar nichts zu gewinnen.
    Wir sollten uns fragen, was denn nun wirklich bei uns die tieferen Ursachen für die zu beklagenden Tatsachen sind. Ich neige dazu, festzustellen, daß wir eine Verunsicherung der Öffentlichkeit in vielen Bereichen haben, eine Verunsicherung im Verhältnis zum Staat und zur Öffentlichkeit, und daß von dieser Verunsicherung der Öffentlichkeit, vor allen Dingen unser öffentlicher Dienst sehr stark erfaßt ist.

    (Abg. Stücklen: Sehr richtig!)

    Diese Verunsicherung des öffentlichen Dienstes, begleitet von dem längst in Gang befindlichen Marsch durch die Institutionen, führt dazu, daß unsere vorhandene Rechtsordnung nicht eingehalten, nicht praktiziert wird, daß man dort, wo Rechtsverletzungen vorkommen, nicht ahndet.
    Herr Minister Jahn, ich hatte in einer Fragestunde des vorigen Jahres danach gefragt — als typisches Beispiel —, ob ein Erlaß des hessischen Justizministeriums vorliege, bei gewissen Straftaten im Bereich der Pornographie bei ausländischen Tätern oder Mittätern nicht weiter zu ermitteln, vor allem keine Strafersuchen an die ausländischen Stellen zu richten. Das wurde mit einem Unwissen beantwortet und mir wurde in derselben Fragestunde zweimal zugesichert, mir darauf nach Rückfragen Antwort zu geben. Ich habe die Zitierung des Erlasses in einem Einstellungsbeschluß dem Parlamentarischen Staatssekretär gegeben, aber ich habe keine Antwort bekommen. Wenn schon vom hessischen Justizministerium die Nichteinhaltung der vorhandenen bundesweit geltenden Gesetze geübt wird, sogar die nachgeordneten Staatsanwaltschaften angewiesen werden, nicht weiter zu ermitteln und keine Ersuchen loszulassen, dann darf man sich nicht wundern, wenn im nächsten Fall der zuständige Staatsanwalt eben von vornherein das Verfahren einstellt.
    Genauso wie es in diesem Fall mit der beklagenswerten Schweigsamkeit des Ministeriums hier gewesen ist, verhält es sich in zahlreichen anderen Fällen: überall diese Verunsicherung, die über das Demonstrationsstrafrecht typisch bis in die Polizei hineinwirkt.

    (Abg. Vogel: Das ist ein Fall von Fortschritt durch Rechtsverletzung!)

    Ich habe ein weiteres Beispiel, das hier in den vergangenen Wochen schon Gegenstand der Verhandlungen war, dafür anzuführen. Der Herr Bundesinnenminister gibt eine Anweisung, jemanden nicht einreisen zu lassen oder sofort wieder auszuweisen. Dabei handelt es sich aber nicht um einen Rechtsradikalen, da handelt es sich um einen Linken, nämlich um einen Kommunisten spanischer Nationalität. Dieses Ersuchen des Bundesinnenministers ist tagelang vom hessischen Innenminister nicht weitergegeben worden, schließlich kurz vor der Veranstaltung an den Polizeipräsidenten in Frankfurt weitergegeben worden, und man hat sich dort dann abgestimmt, eben nichts zu tun. Dann können die Kommunisten in der Bundesrepublik fröhliche Demonstrationen veranstalten und große Reden halten, und wir stehen dabei und meinen, es gehe uns nichts an!
    Wenn so etwas von der höchsten Stelle — und das ist der Innenminister eines Landes — geschieht, wenn soviel Unbotmäßigkeit zwischen den Landesministern und dem Bundesminister, die dazu auch noch der gleichen Partei angehören, besteht — da scheint man sich das unter dem Gesichtspunkt der Liberalität erlauben zu dürfen —, dann halte ich das für ein Alarmzeichen. Denn hier geht die bundesstaatliche Ordnung in hohem Grade einen gefährlichen Gang, will ich vorsichtig sagen.

    (Zurufe von der FDP.)

    — Nun, daß der Herr Bielefeld der FDP angehört, das werden Sie doch selber wissen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Es kommt hinzu — wenn wir in den Staatsschutz gehen —, daß der Herr Bundeskanzler es für nötig befunden hat, an irgendwelchen Stellen — er weiß sicher selbst, an welchen — die DKP als legale Partei zu bezeichnen, und der Bundesinnenminister meint, er müsse die Ergebnisse, die der Verfassungsschutz ermittelt hat, möglichst in geheimen oder dichten Schubladen verschließen.

    (Bundesminister Genscher: Das ist die Unwahrheit, was Sie sagen!)

    — Gut, dann stecken Sie sie nicht in verschlossene Schubladen, sondern in solche, wo nur Sie hineingucken dürfen. — Ich bin der Auffassung, daß hier die Verwaltungsinstanzen zu handeln hätten. Hier wären Nachfolgeorganisationen längst als festgestellt zu verbieten. Wer aber nicht verbieten und eingreifen will, weil der Herr Bundeskanzler wohl gesagt hat, die DKP sei eine legale Partei, der darf



    Erhard (Bad Schwalbach)

    sich nicht wundern, wenn er für diese Saat nachher auch erntet.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich meine also, hier geht es nicht um parteipolitische Süppchen,

    (Zuruf von der FDP: Doch!)

    sondern hier geht es einfach um ein wesentliches Element von Ursache und Wirkung. Diese Ursachen zu erkennen ist — ich wiederhole das — die erste Möglichkeit, überhaupt ein Stückchen Boden unter die Füße zu bekommen, damit wir wirklich in unserem Staate Rechtssicherheit haben. Wer aber die Gesetze als Staat selbst nicht handhabt, der kann und darf sich meines Erachtens nicht wundern, wenn niemand mehr die Gesetze anwendet und beachtet, und das ist das Problem unserer Tage.


Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kleinert?

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Benno Erhard


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Ich bin gleich fertig. — Das ist das Problem, vor dem wir in Wirklichkeit stehen. Wird denn wirklich in unserem Staate Freiheit, wird wirklich in unserem Staate Toleranz als echter Wert angesehen, den es zu schützen gilt, oder wird das nur unter dem Vorzeichen oder der Überschrift gesehen: „soweit es die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht anders erfordern"? Wenn wir diese Sprachverwirrung auf den Grund durchsuchen, werden wir genau feststellen, wo die Abgrenzungen bei uns notwendig sind und wo eine Regierung klare Erklärungen abgeben muß. Mit dem Verharmlosen, wie es auch heute wieder geschehen ist, ist überhaupt nichts gewonnen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)