Rede von
Dr.
Carl Otto
Lenz
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)
Herr Senator Ruhnau, ich würde Ihnen ja gerne beipflichten, aber meinen Sie nicht, daß Professor Steinbuch in seinem Brief an Bundeskanzler Brandt hierzu doch eine Frage gestellt hat, die man nicht mit dem Satz, den Sie eben ausgesprochen haben, abtun kann? Er hat die Frage gestellt: Wer bemannt die Bollwerke unserer parlamentarischen Demokratie? Und da genügt es doch wahrscheinlich auch nach Ihrer Auffassung nicht, wenn die Mehrheit des Volkes so empfindet, die wenigen, die zum Handeln berufen sind, aber nicht genügend handeln.
Ruhnau, Senator der Freien und Hansestadt Hamburg: Ich wiederhole, was ich zu diesem Punkt gesagt habe. Wir müssen uns gegen gezielte Unterwanderungsversuche angemessen zu Wehr setzen, aber wir dürfen den Blick nicht davor verschließen, daß dies nur möglich ist, wenn wir uns der Unterstützung der Mehrheit des Volkes gewiß sind.
Am Ende von Weimar war nämlich die Verteidigung der Demokratie deshalb nicht mehr möglich, weil das Volk nicht mehr hinter der Demokratie stand. Dies ist die erste Sache. Und wir dürfen über das Geschrei über jene nicht vergessen, daß dies der Hauptgegenstand unserer politischen Diskussion ist.
Ich will an diesen Punkt noch etwas hinzufügen und möchte ein persönliches Wort sagen. Diejenigen, mit denen wir es zu tun haben, haben ja auch die Arbeitnehmerschaft und die Arbeiterklasse abgeschrieben. Das können Sie alles nachlesen. Die Arbeiterklasse ist für diese Leute kein politischer Faktor mehr. Das nämlich, womit wir es zu tun haben, ist, wenn es überhaupt mit Politik zu tun hat, das zynische Konzept einer selbsternannten Elite, die selbst darüber befindet, was das Glück der großen Zahl zu sein hat. Aber dies, sehr verehrter Herr Lenz, war nie das Konzept der Arbeiterklasse. Und hier steht ja jemand, der davon etwas versteht, der weiß, wovon er spricht. Ich bin 25 Jahre meines Lebens gewerkschaftlich organisiert. Ich bin fristlos entlassen worden, ich habe gestreikt, habe Streiks geführt. Aber dies weiß ich: Die Arbeiterklasse war für dieses politische Konzept nie, denn die Arbeiterklasse war nie für Abenteurer, sie war nie für Gewalt, sie war nie für Terrorismus.
Die Arbeiterklasse in diesem Land hat immer gewußt, daß Recht nicht aus Gewalt kommen kann.
Aus Gewalt kommt immer neues Unrecht. Und hoffentlich sind sich alle, die hier Beifall klatschen, auch darüber klar, daß wir alle das unsere zu tun haben, wenn es um die Sicherung der Mehrheit geht, die hinter dem demokratischen Staat stehen soll, daß wir das unsere zu tun haben,
die Position der Arbeitnehmer in dieser Gesellschaft, ihre Chancen in dieser Gesellschaft zu sichern, zu fördern und zu unterstützen. Dies ist das beste, was wir für die Verteidigung des demokratischen Staates tun können.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, diese Passage war eine Antwort auf meinen sehr verehrten Freund Lenz. Sie hat — das will ich noch einmal sagen — nichts mit den Innenministern der Länder zu tun. Da bin ich nicht sicher, ob die Sätze über die Arbeiterklasse von jedem unterstützt würden.
Ich komme zum Schluß. Ich wollte in dieser Debatte für die Innenminister der Länder versichern, daß sich Bund und Länder einig sind, daß sie entschlossen sind, alle Mittel, die der Rechtsstaat zur Verfügung hat, einzusetzen, um den Terroristen das Handwerk zu legen. Und ich bin sicher, wir werden auch mit dieser Herausforderung fertig.
Zweitens liegt mir daran, auch noch einmal deutlich zu machen, daß die Bürger unseres Landes, dieses Parlament und die Regierung sich auf die Polizei und die Sicherheitsbehörden verlassen können. Und ich wollte Ihnen dafür danken, daß der Bundestag stets deutlich gemacht hat, daß sich Polizeibeamte und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes auch auf die Bürger und politischen Entscheidungsorgane verlassen können.