Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10793
Anlage 1
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 28. April 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Bäuerle (SPD) (Drucksache VI/3377 Fragen A 65 und 66) :
War die Bundesregierung bis jetzt mit dem Bau eines Atomkraftwerks im Raum Dettingen/Groß-Welzheim an der bayerisch/ hessischen Landesgrenze durch das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk (RWE) befaßt?
Wenn ja, ist die Bundeslegierung bereit, wegen der grundsätzlichen Bedeutung — Ballung mehrerer Kraftwerke in diesem Raum, die Größe des neuen Kraftwerks, die Tatsache, daß das Gebiet in der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens liegt bzw. der Main an der dortigen Stelle ein fast totes Gewässer ist — ein von kommerziellen und lokalpolitischen Gesichtspunkten unabhängiges Gutachten einzuholen?
Zu Frage 65: Ja.
Das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk
(RWE) beantragte am 3. .Juni 1971 bei der zuständigen atomrechtlichen Genehmigungsbehörde, dem Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, die Erteilung eines Standortvorbescheides nach § 7 a AtG für ein Leichtwasser-Kernkraftwerk in der Gemeinde Großwelzheim.
Die Bundesregierung ist nach dem Atomgesetz mit der Rechts- und Fachaufsicht über die Genehmigungstätigkeit der Länder beauftragt. Sie wurde am 12. Juli 1971 von der Bayerischen Genehmigungsbehörde in das Verfahren eingeschaltet und erhielt die Antragsunterlagen zur Prüfung.
Zu Frage 66: Ja.
Die Bundesregierung hat bereits die ReaktorSicherheitskommission — ein unabhängiges Beratungsgremium des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — beauftragt, den Antrag des RWE zu prüfen. Die Eigenschaften des Standorts sind dabei Gegenstand intensiver Prüfungen und Beratungen. Für die Entscheidung spielen allein sicherheitstechnische Gesichtspunkte eine Rolle.
Außerdem sind im Standortvorbescheidsverfahren nach § 7 Abs. 3 des Atomgesetzes von seiten des Bundes sämtliche Behörden beteiligt, deren Zuständigkeitsbereich berührt wird.
Anlage 2
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 28. April 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen A 68 und 69) :
Trifft es zu, daß das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft bei der Vergabe des Forschungsauftrags „InformationsAnlagen zum Stenographischen Bericht
austausch im Zusammenhang öffentlich geforderter Forschung und Entwicklung" an das Institut für Kommunikationsplanung in Bonn darauf bestanden hat, daß der Forschungsauftrag in Zusammenarbeit mit der Firma Infratest München abzuwickeln ist?
Aus welchen Gründen ist es nicht möglich, daß der vom ehemaligen Bundeswissenschaftsminister Leussink für das Frühjahr 1972 angekündigte Forschungskatalog bis heute noch nicht vorgelegt wurde?
Wie auf Ihre schriftlich beantwortete Fragen vom 25. Februar 1972 (Nr. 36 Drucksache VI/3165) über einen angeblich an die Firma Infratest erteilten Auftrag antworte ich auch diesmal mit nein.
Die Bundesregierung geht davon aus, daß das Frühjahr noch immer vom Frühlingsanfang am 20. März bis zum 21. Juni, dem Beginn der warmen Jahreszeit, dauert.
Sie hat daher noch Zeit, das von Herrn Prof. Leus-sink gegebene Versprechen zu erfüllen.
Anlage 3
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 28. April 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Bremer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen A 74 und 75) :
Aus welchen Gründen hat Bundesminister Walter Scheel den FDP-Abgeordneten des hamburgischen Bezirksparlaments Wandsbek, Guido Klasen, zum .Beauftragten des Bundesministers des Äußeren" ernannt?
Ist der Bundesregierung bekannt, daß der genannte hamburgische Bezirksabgeordnete unter Verwendung der Bezeichnung „Beauftragter des Bundesministers des Äußeren" bei Wirtsdiaftsunternehmen Geldmittel für die Freie Demokratische Partei einzuwerben sucht, und gelangt diese Methode auch in anderen Bundesländern zur Anwendung?
Zu Frage 74:
Der Bundesminister des Auswärtigen Walter Scheel hat den FDP-Abgeordneten des Hamburgischen Bezirksparlaments Wandsbek, Guido Klasen, nicht zum „Beauftragten des Bundesministers des Außeren" ernannt. Herr Klasen ist lediglich von der FDP-Parteiführung ermächtigt worden, als „Beauftragter des Bundesvorsitzenden der FDP Bundesminister Walter Scheel" tätig zu werden.
Zu Frage 75:
Nein!
Anlage 4
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 28. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Riedel (Frankfurt/Main) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 76) :
Ist der Bundesregierung bekannt, daß von den Professoren Dr. Hubert Armbruster und Dr. Friedrich Klein im Auftrag der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland ein Rechtsgutachten erstattet
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worden ist, das darauf aufmerksam macht, mit der Ratifizierung des Warschauer Vertrags übernehme die Bundesrepublik Deutschland die völkerrechtliche Verpflichtung, den alsdann noch in den Oder/Neiße-Gebieten lebenden Deutschen die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen, und will die Bundesregierung weiterhin erklären (vgl. Schriftliche Antwort im Stenographischen Bericht über die 179. Sitzung am 17. März 1972, Seite 10428), „die Staatsorgane der Bundesrepublik" seien nach der Ratifizierung des Warschauer Vertrags — unter Bruch einer dann bestehenden völkerrechtlichen Pflicht — „gehalten, den grundgesetzlich geschützten Rechten auch im internationalen Bereich Rechnung zu tragen"
Der Bundesregierung ist kein von den Professoren Dr. Hubert Armbruster und Dr. Friedrich Klein im Auftrag der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland erstattetes Rechtsgutachten bekannt. Der Warschauer Vertrag wird die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich keineswegs dazu verpflichten, den noch in den Gebieten ostwärts der Oder-NeißeLinie lebenden Deutschen die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen. Im Laufe der Verhandlungen über den Warschauer Vertrag ist von der Bundesregierung auch ausdrücklich klargestellt worden, daß der Vertrag derartige Rechtsfolgen nicht haben wird.
Der zweite Teil Ihrer Frage ist daher gegenstandslos.
Anlage 5
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom
I 28. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Riedel (Frankfurt) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 77) :
Ist der Bundesregierung noch bekannt, daß der sowjetische Außenminister in den Verhandlungen mit dem Bundesminister des Auswärtigen am 29. Juli 1970 der Bundesregierung erklärt hat, daß die deutsche Position in der Frage der Wiedervereinigung Deutschlands „klar" sei, jedoch habe die sowjetische Regierung eine eigene Vorstellung, „wie die künftige deutsche Einheit beschaffen sein soll" (Bulletin vom 15. September 1971, Nummer 186, Seite 2017), d. h. daß nach sowjetischem Standpunkt die Wiedervereinigung Deutschlands nur im Sinne der Verwirklichung einer leninistischen Rechts- und Gesellschaftsordnung anerkannt werden könne, und was gedenkt bei dieser deutsch-sowjetischen Feststellung, daß man sich nicht einig sei und ohne deutschen Verzicht nie einig sein werde, die Bundesregierung zu tun, um „auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt" (Brief zur Deutschen Einheit, Jahresbericht der Bundesregierung 1970, Seite 36)?
Die sowjetische Regierung hat nicht, wie von Ihnen in Ihrer Frage behauptet, erklärt: daß man sich ohne einen deutschen Verzicht auf unsere Vorstellungen zur Wiedervereinigung in dieser Frage niemals einig werden würde. Zwischen der Sowjetunion und uns bestand lediglich Klarheit, daß die beiderseitigen Vorstellungen zu diesem Thema z. Z. nicht übereinstimmen. Dies ist übrigens auch der Grund, weshalb es eine Wiedervereinigung weder heute noch bedauerlicherweise in näherer Zukunft geben wird.
Ziel deutscher Politik kann es nach Lage der Dinge nur sein, in einem sich über viele Jahre erstreckenden Prozeß die Gegensätzlichkeit von Auffassungen abzubauen, Vertrauenskapital zu schaffen und auf eine Situation hinzuwirken, in der es auch einer sowjetischen Führung akzeptabel erscheinen könnte, eine Wiederherstellung der staatlichen Einheit
Deutschlands zuzulassen. Diesem Ziel dienen alle Schritte, die die Bundesregierung in den letzten Jahren getan hat. Die Antwort auf Ihre Frage lautet deshalb:
— Die Bundesregierung wird dafür Sorge tragen, daß die Verträge von Moskau und Warschau ratifiziert werden
— Die Bundesregierung wird vertragliche Regelungen mit der DDR treffen, die dem besonderen Verhältnis beider Teile Deutschlands zueinander Rechnung tragen und geeignet sind, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Deutschen zu erhalten und zu stärken
— Die Bundesregierung wird, wo immer dies möglich ist, ihr Verhältnis zu den osteuropäischen und südosteuropäischen Staaten normalisieren und im weiteren Verlauf intensivieren.
— Die Bundesregierung wird nach wie vor auf einen Zustand des Friedens in Europa hinwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt.
Die Wiedervereinigung hat uns keine Bundesregierung nach 1949 bringen können. Auch was die Möglichkeit der jetzigen Bundesregierung anbetrifft ist Nüchternheit und Realismus am Platz. Unbestreitbar jedoch eröffnet uns unsere heutige Politik jenes politische Instrumentarium, das unabdingbare Voraussetzung für jede sinnvolle Deutschlandpolitik darstellt.
Anlage 6
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 28. April 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Werner (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen A 78 und 79) :
Hält die Bundesregierung im Verein mit den Partnern in der Europäischen Gemeinschaft und unter Berücksichtigung des Inhalts des sogenannten Schumann-Papiers der Gemeinschaft zum arabisch-israelischen Konflikt es für ausreichend, es bei den in diesem Papier gemachten Deklamationen zu belassen, ohne mit einer aktiven Politik dem Inhalt dieses Papiers Nachdruck zu verleihen?
Ist die Bundesregierung der Meinung, daß andere Mächte etwas Konstruktiveres tun, um zu einer Lösung dieses Konflikts beizutragen, und falls das so ist, meint die Bundesregierung nicht, daß die Gemeinschaft als Anrainer des Mittelmeers und auch aus einer Anzahl anderer Gründe Veranlassung und Motive genug hätte, auch mit einer aktiveren Politik zur Befriedigung des östlichen Mittelmeerraums beizutragen?
Die Außenminister der EG-Staaten haben im Kommuniqué, das nach ihrer Tagung am 13./14. Mai 1971 in Paris veröffentlicht wurde, darauf hingewiesen, daß der Herbeiführung eines gerechten und dauerhaften Friedens im Nahen Osten auch für Europa große Bedeutung beizumessen ist. Sie haben ferner der Bereitschaft ihrer Regierungen Ausdruck gegeben, zur gegebenen Zeit im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur sozialen und wirtschaftlichen Stabilisierung im Nahen Osten beizutragen.
Die Bundesregierung hat diese Gedanken in verschiedenen seitherigen Erklärungen unterstrichen.
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So hat der Herr Bundeskanzler erst kürzlich in einem Interview hervorgehoben, daß die Friedensordnung, die wir in Europa anstreben, gefährdet bleibt, wenn sie nicht ergänzt wird durch Stabilisierung und Frieden in den Europa unmittelbar benachbarten Teilen der Welt. Nach Auffassung der Bundesregierung besteht zwischen einem erfolgreichen Bemühen um Entspannung in Europa und dem Abbau von Konfrontation und Spannung im Mittelmeerraum einschließlich des Nahen Ostens ein enger Zusammenhang.
Ob sich in der gegenwärtigen Phase Ansatzpunkte für ein aktiveres Wirken europäischer Regierungen in dem von Ihnen angeführten Sinn ergeben, erscheint hingegen zweifelhaft. Der Nahostkonflikt ist, wie Sie wissen, nicht nur ein regionales Problem, sondern durch weltpoltische Aspekte gekennzeichnet. Die Bemühungen um eine friedliche Lösung werden erfolgreich nur dann sein können, wenn sie sich — auch zeitlich — in den allgemeinen Entspannungsprozeß in der Welt einordnen. Die Bundesregierung hofft, daß die Notwendigkeit, im Nahen Osten einen gerechten und dauerhaften Frieden herbeizuführen, von allen an der Entspannung interessierten Mächten anerkannt wird und daß die Bereitschaft besteht, die Entwicklung in Richtung auf eine Friedenslösung zu fördern.
Die Bundesregierung wird gewiß bereit sein, in diesem Sinne zu wirken, wenn sich ihr — sei es allein, sei es im europäischen Rahmen — hierzu Möglichkeiten bieten.
Anlage 7
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 28. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377) Frage A 80) :
Kann die Bundesregierung bestätigen — oder will sic weiterhin bestreiten —, daß sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in anderen parlamentarisch regierten Staaten die jeweilige Opposition gerade bei besonders wichtigen diplomatischen Verhandlungen in vollem Umfang nicht nur über die Ergebnisse sondern auch über den Verhandlungsverlauf genauestens informiert wurde, und daß sogar die Beteiligung eines Vertreters der Opposition an allen Verhandlungen, durchaus nicht nur als Beobachter, wie das auch die derzeitige Bundesregierung für die Verhandlungen in Moskau und Warschau der derzeitigen Opposition angeboten hatte, sondern als Mitglied der Regierungsdelegation, das auch unmittelbar in die entscheidenden Verhandlungen eingreifen kann, durchaus möglich ist, und u. a. von der Bundesregierung Adenauer bei den Verhandlungen im September 1955 in Moskau erfolgreich praktiziert wurde?
Die Einbeziehung der jeweiligen Opposition in den außenpolitischen Willensbildungsprozeß variiert von Land zu Land. Das gilt auch nicht zuletzt für den Umfang der Information, der der Opposition bei besonders wichtigen diplomatischen Verhandlungen zugestanden wird.
Es ist richtig, daß üblicherweise in parlamentarisch regierten Staaten die Opposition über Verhandlungsergebnisse eingehend informiert wird, und zwar auch vor Veröffentlichung dieser Ergebnisse.
Die CDU/CSU ist in diesem Sinne von der Bundesregierung voll unterrichtet worden.
Die Information der jeweiligen Opposition über den Verlauf von Verhandlungen variiert auch innerhalb einzelner Länder von Fall zu Fall. Dabei ist nicht nur die Verfassung maßgebend, die z. B. in Großbritannien das Amt des Oppositionsführers institutionalisiert hat, sondern auch die nationale Bedeutung des Verhandlungsgegenstandes.
Die CDU/CSU ist von der Bundesregierung ständig über die entsprechenden einzelnen Schritte unserer Ostpolitik informiert worden. Die Bundesregierung wird hierüber in nächster Zeit eine detaillierte Zusammenstellung liefern.
Der Einblick in Verhandlungsunterlagen ist selbst in Großbritannien, das ja als Wiege der parlamentarischen Demokratie angesehen wird, unüblich.
Ob die Regierung ein Mitglied der Opposition in die Verhandlungsdelegation aufnimmt, ist eine reine Ermessensfrage. Von einer entsprechenden Praxis bei anderen parlamentarisch regierten Staaten kann nicht die Rede sein. Im Falle der Ostverträge hat die Bundesregierung im übrigen einen Vertreter der Opposition eingeladen, als Mitglied der deutschen Verhandlungsdelegation mit nach Moskau und Warschau zu gehen und zwar ohne Verantwortung für das Verhandlungsergebnis zu übernehmen. Diese Einladung wurde nicht angenommen. Damit hat die CDU/CSU sich eine Chance, sich während der entscheidenden Verhandlungen im Juli/August und Dezember 1970 einzuschalten, begeben.
Die Bundesregierung ist damit gegenüber der CDU/CSU weitergegangen, als dies Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer im Jahre 1955 gegenüber der sozialdemokratischen Partei Deutschlands getan hat. Professor Dr. Carlo Schmid wurde seinerzeit als stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses mit nach Moskau genommen. Abgesehen davon ist ein Vergleich fehl am Platze, da damals nicht über einen Vertrag verhandelt wurde, sondern über die Aufnahme diplomatischer Beziehurngen. Die Materie war also bei weitem nicht so komplex und technisch wie im Jahre 1970. Dies gilt sowohl für den Moskauer Vertrag wie auch für den Warschauer Vertrag.
Anlage 8
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 28. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 81):
Teilt oder bestreitet die Bundesregierung die Behauptung: „Ein Gewaltverzichtsvertrag ist ein anderes Wort für Grenzvertrag"?
Diese Behauptung ist den anonym versandten sogenannten Auszügen aus den Verhandlungsprotokollen entnommen. Die Bundesregierung lehnt es ab, sich zu Fragen zu äußern, die sich auf diese be-
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ziehen. Sie hat auf eine analoge Frage des Herrn Abgeordneten Matthias Engelsberger entsprechend geantwortet.
Anlage 9
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom
27. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Anbuhl (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage A 82) :
Teilt die Bundesregierung meine Meinung, daß die in einem Flugblatt des Landesverbands der vertriebenen Deutschen — Vereinigte Landsmannschaften Schleswig-Holstein — vorgenommene Darstellung der befreundeten Staaten Frankreich und Italien als „kommunistisch unterwandert" eine Belastung unseres Verhältnisses zu diesen Nationen bedeuten kann, und gedenkt die Bundesregierung daraufhin etwas zu veranlassen?
Die Bundesregierung bedauert es, wenn Staaten, die zu den besten Freunden und Verbündeten der Bundesrepublik Deutschland gehören, als „kommunistisch unterwandert" verleumdet werden. Sie ist jedoch der Auffassung, daß solche Äußerungen bei der großen Mehrheit der Bevölkerung, einschließlich unserer vertriebenen Mitbürger, keine Unterstützung finden. Die Bundesregierung hofft, daß diese Äußerungen auch bei unseren französischen und italienischen Freunden nicht mehr Aufmerksamkeit finden, als sie verdienen. Die Bundesregierung sieht deshalb keinen Anlaß, besondere Maßnahmen zu ergreifen.
Anlage 10
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom
28. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 85) :
Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage des vormaligen Botschafters der Bundesrepublik Deutschland in Moskau, Helmut Allardt, in seinem Interview mit dem „Handelsblatt", „es bleibt abzuwarten. ob der Vertrag nach seiner Ratifizierung auch von der anderen Seite so ausgelegt wird, wie wir es sehen", und ist nach der von Allardt berichteten Auslegung des Moskauer Vertrags nicht nur den verantwortlichen Politikern, sondern auch der Publizistik untersagt, die im sowjetischen Sinn „völlig illusionäre Wiedervereinigung", d. h. die Wiedervereinigung in Freiheit, zu fordern?
Bei der Äußerung des früheren Botschafters in Moskau, Dr. Helmut Allardt, handelt es sich um eine private Auffassung zu tagespolitischen Fragen.
Die Bundesregierung verfolgt weiterhin uneingeschränkt das Ziel der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts des deutschen Volkes. Durch den in Moskau übergebenen Brief zur deutschen Einheit ist sichergestellt, daß es niemandem untersagt ist, dieses Ziel öffentlich zu vertreten. Das gilt sowohl für die Bundesregierung als auch für Einzelpersonen, für die der Moskauer Vertrag ohnehin keine unmittelbaren Wirkungen entfalten kann.
Anlage 11
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 28. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 86) :
Treffen die Ausführungen von Staatssekretär Bahr in den Auszügen zu den Verhandlungsprotokollen des deutsch-sowjetischen Vertrags zu, „ein Gewaltverzichtsvertrag ist ein anderes Wort für Grenzvertrag", der nach Artikel 79 des Grundgesetzes eine Zweidrittelmehrheit erforderlich machen würde, und ist die Bundesregierung bereit, die Ratifizierung der Verträge bis zur endgültigen Klärung der strittigen Rechtslage zurückzustellen?
Die Bundesregierung lehnt es ab, sich zu Fragen zu äußern, die sich auf die anonym versandten sogenannten „Auszüge aus den Verhandlungsprotokollen" beziehen. Die Bundesregierung verweist in diesem Zusammenhang auf ihre Erklärung, daß diese sogenannten Auszüge bruchstückhaft sind und Zusätze und Verfälschungen enthalten.
Die Bundesregierung hält die Rechtslage für geklärt und ist nicht bereit, ihre Ratifizierung zurückzustellen.
Anlage 12
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Ahlers vom 27. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 87) :
Wie begründet die Bundesregierung die sachliche Notwendigkeit, besonders in den letzten Tagen in einer Serie von Zeitungsgroßanzeigen zur Ostpolitik Stellung zu nehmen, ohne daß über die bisher schon bekannten Argumente hinaus neue Informationen gegeben wurden?
Es steht außer Frage, daß die Ostverträge gerade jetzt, zwischen der ersten und zweiten Lesung, in der Bevölkerung zu den meistdiskutierten politischen Fragen gehören. Insofern war der Zeitpunkt für die Informationsanzeigen durch die Debatten im Deutschen Bundestag gegeben. Es entspricht der Zweckbestimmung des Titels 53103, wenn das Presse- und Informationsamt aus diesem Anlaß die Bürger darüber informiert, warum die Bundesregierung und insbesondere der Herr Bundeskanzler und der Herr Bundesminister des Auswärtigen diese Verträge nicht nur als richtig, sondern als für das Wohl des deutschen Volkes notwendig ansehen.
Anlage 13
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Ahlers vom 26. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Luda (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen B 1 und 2) :
Ist der Bundesregierung bekannt, ob der im März dieses Jahres im Bundespresseamt in der Inlandsabteilung zum Leiter des Referats III a 1 Grundsatzfragen, Inneres, Justiz" bestellte Gert von Paczensky identisch ist mit dem in der Zeitschrift „Spontan" — einer Zeitschrift, deren März-Heft auf allen vier Umschlag-
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seiten weibliche Nacktaufnahmen, im Innern ähnliche Darstellungen und eine pornographische Sex-Story enthält — im Impressum als ständiger Mitarbeiter aufgeführten Gert von Paczensky, oder kann die Bundesregierung diese Personenidentität dementieren?
Falls die Bundesregierung die Personengleichheit bejahen muß, frage ich sie, ob ihr die Tätigkeit des Herrn Gert von Paczensky bei der Zeitschrift ,,Spontan" vor seiner Einstellung als Referatsleiter im Bundespresseamt bekannt war?
Die Personenidentität ist gegeben.
Der Einstellungsbehörde war die Tätigkeit für die genannte Zeitschrift bekannt. Der Angestellte war vor seiner Einstellung in den Dienst des Presse- und Informationsamtes als Journalist für Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen und als Buchautor tätig. Mit der Einstellung in das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung hat er seine Tätigkeit als „ständiger Mitarbeiter" der in der Anfrage genannten Zeitschrift beendet.
Anlage 14
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Herold vom 25. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 3) :
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, den kulturellen Austausch zwischen Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland durch die Erhaltung des Stadttheaters in Flensburg zu fördern?
Das Stadttheater Flensburg hat aus der Sicht der Bundesregierung gesehen ebenso wie das Nordmark-Sinfonie-Orchester in erster Linie die Aufgabe, als kulturelles Angebot den Lebens- und Freizeitwert in der zum Zonenrandgebiet gehörenden Stadt Flensburg zu beleben und zu festigen. Aus diesem Grunde wird das Stadttheater in Flensburg im Benehmen mit dem Land Schleswig-Holstein aus dem kulturellen Zonenrandprogramm des Bundes gemäß § 7 des Zonenrandförderungsgesetzes vom 5. 8. 1971 nachhaltig gefördert.
Durch die im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Zonenrandprogrammes des Bundes liegende Förderung wird das Stadttheater zugleich als Theater an der deutsch-dänischen Grenze in die Lage versetzt, seiner weiteren Aufgabe gerecht zu werden, Mittler deutscher Kultur im Grenzraum sowie Bestandteil eines positiven deutsch-dänischen kulturellen Wettbewerbs an der Nahtstelle zwischen dem dänischen Norden und dem deutschen Süden zu sein. Durch seine Gastspiele in Nordschleswig/ Dänemark trägt es zum kulturellen Austausch zwischen Deutschland und Dänemark bei.
Ob das Stadttheater in Flensburg in seiner jetzigen Form erhalten bleibt oder aber in absehbarer Zeit in irgendeiner Form mit anderen Theatern des Landes Schleswig-Holstein kooperiert oder fusioniert, liegt allein in der Entscheidung der für die eventuell betroffenen Theater zuständigen Gremien und des für die Kulturhoheit primär zuständigen Landes Schleswig-Holstein. Sie entzieht sich der Einflußnahme durch die Bundesregierung.
Anlage 15
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 26 April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 4) :
Trifft es zu, daß Bundesaußenminister Scheel bei den Verhandlungen in Moskau geäußert hat, „es gibt Juristen, die der Ansicht sind, daß der jetzige Vertrag nach den Leitsätzen die 5/3-Mehrheit brauche" und „unsere nichtsinnverändernden Vorschläge umgehen diese Komplikationen", und ist bejahendenfalls damit nicht bewiesen, daß der Vertragstext in diesem Wortlaut gewählt worden ist, um die Verfassung zu durchbrechen und somit Volk und Volksvertretung zu täuschen?
Die Bundesregierung lehnt es ab, sich zu Fragen zu äußern, die sich auf die anonym versandten sogenannten „Auszüge aus den Verhandlnugsprotokollen" beziehen. Die Bundesregierung verweist in diesem Zusammenhang auf ihre Erklärung, daß diese sogenannten Auszüge bruchstückhaft sind und Zusätze und Verfälschungen enthalten.
Anlage 16
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 26 April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 5) :
Trifft es zu, daß Staatssekretär Bahr bei den Verhandlungen zum Moskauer Vertrag die Meinung vertreten hat, daß die „Grenze zwischen dem einen wie dem anderen Teil Berlins politisch ebenso unantastbar ist wie die Grenze zwischen der UdSSR und Finnland und die Grenze zwischen der CSSR und der BRD ebenso unantastbar ist wie die Grenze zwischen der BRD und der DDR", und muß aus diesen Äußerungen nicht der Schluß gezogen werden, daß die Bundesregierung auf den Wiedervereinigungsauftrag des Grundgesetzes für immer verzichtet und entgegen den Bestimmungen im Grundgesetz West-Berlin nicht mehr als Teil der Bundesrepublik Deutschland betrachtet wird?
Zu den entstellten und verfälschten Bruchstücken aus den Gesprächsaufzeichnungen der Verhandlungen von Moskau nimmt die Bundesregierung keine Stellung.
Die Bundesregierung hält an dem Wiedervereinigungsauftrag des Grundgesetzes fest und nimmt ihn sehr ernst. Ihre Politik bleibt auf das Ziel ausgerichtet, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt. Im Zusammenhang mit dem Moskauer Vertrag ist dies in einem Schreiben des Bundesministers des Auswärtigen an den sowjetischen Außenminister klargestellt worden, der Gegenstand des Ratifizierungsverfahrens vor dem Obersten Sowjet ist.
An der bisherigen Rechtslage hat sich durch das Vier-Mächte-Abkommen über Berlin vom 3. September 1971 nichts geändert. Die Alliierten haben ihre früher gefällte und seitdem beständig aufrechterhaltene Entscheidung wiederholt, daß die besatzungsrechtlichen Beschränkungen des Verhältnisses von Berlin (West) zur Bundesrepublik Deutschland bestehen bleiben. Die einschlägigen Vorschriften des deutschen Verfassungsrechts wer-
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den nicht aufgehoben, sondern bleiben suspendiert, soweit die Drei Mächte dies in Ausübung ihrer Rechte und Verantwortlichkeiten festgelegt haben. Der wesentliche und für die Lebensfähigkeit Berlins entscheidende Bestandteil des Verhältnisses zur Bundesrepublik Deutschland, nämlich die Bindungen und ihre Entwicklungsfähigkeit, wird durch ihre in der sowjetischen Unterschrift liegende Anerkennung außer Streit gestellt.
Anlage 17
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wittmann (Straubing) (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 6) :
Wie erklärt sich die Bundesregierung im einzelnen, daß sich nach den mir vorliegenden Unterlagen die Versorgungsausgaben für die Versorgungs- und Unterstützungsempfänger des Bundes nach dem G 131 seit 1969 um etwa 22 % erhöht haben, obwohl die Zahl der Versorgungsempfänger mit etwa 2,5 % bis 3 % jährlich rückläufig sein muß?
Die Istausgaben des Bundes einschließlich der Deutschen Bundesbahn, der Deutschen Bundespost und der Bundesanstalt für Arbeit (siehe die Tabellen 1 und 2 zu meinem Bericht vom 10. Februar 1971) für die unter das Gesetz zu Artikel 131 des Grundgesetzes (G 131) fallenden Personen sind gegenüber dem Stande vom Ende 1969 in den Jahren 1970 und 1971 bei gleichzeitiger Verringerung der Anzahl der Versorgungsempfänger um ca. 6 % in diesem Zeitraum weiterhin gestiegen. Allein für den Bundeshaushalt ergibt sich ein Mehr von rund 700 Millionen DM. Die durchschnittliche Pro-KopfVersorgung für diesen Bereich ist um etwa 25 % gestiegen. Diese Zahlen bestätigen, daß die Verbesserungen durch das Siebente Besoldungsänderungsgesetz vom 15. April 1970 (BGBl. I S. 339) und durch das Erste Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (1. BesVNG) vom 18. März 1971 (BGBl. I S. 208) sich gerade für den Personenkreis des G 131 ganz erheblich ausgewirkt haben.
Über die allgemeine Erhöhung der Dienst- und Versorgungsbezüge hinaus sind vor allem folgende Verbesserungen auf Grund dieser Gesetze zu erwähnen:
— Verbesserung der Mindestversorgungsbezüge,
— Gewährung eines Stellenplananpassungszuschlages zum Ausgleich für die gegenwärtigen besseren Beförderungsverhältnisse,
— weitere Teilnahme an strukturellen Verbesserungen im Besoldungsbereich,
— Berücksichtigung der Harmonisierungs-Stellenzulagen bei den vorhandenen Versorgungsbezügen,
— Wegfall der Bewährungszeiten in Fällen der Dienst- und Kriegsunfallversorgung für die Versorgung aus dem ersten Beförderungsamt und den Stellenplananpassungszuschlag.
Vor allem die Erhöhung der Mindestversorgungsbezüge
— das Mindestruhegehalt nach Ortsklasse S Stufe 2 beträgt nunmehr 767,63 DM monatlich,
das Mindestwitwengeld nach Ortsklasse S Stufe 2 474,58 DM monatlich —
und der Wegfall der Bewährungszeiten in Fällen der Dienst- und Kriegsunfallversorgung haben wegen der anderen Zusammensetzung der versorgten Personenkreise im Bereich des G 131 zu der erheblichen Steigerung der Versorgungsausgaben für diesen Personenkreis geführt.
Anlage 18
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wuwer (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 7):
Wie stellt sich die Bundesregierung zu Meldungen, denen zufolge die Wirtschaftsspionage für den Osten trotz aller entgegengerichteten deutschen Bemühungen weiter gestiegen ist, und welche Maßnahmen will sie zur Aufklärung und Abwehr von Spionagetechniken ergreifen?
Meldungen, denen zufolge die Wirtschaftsspionage für den Osten weiter gestiegen ist, sind in dieser allgemeinen Form mißverständlich. Der Anteil der Wirtschaftsspionage, die überwiegend von den Nachrichtendiensten der DDR betrieben wird, betrug während der letzten zehn Jahr durchschnittlich 7,5 % aller erkannter geheimdienstlichen Aktivität gegen die Bundesrepublik. Während 1969 der Anteil anstieg, nahm er in den Jahren 1970 und 1971 wieder ab.
Es gehört zu den gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden ides Bundes und der Länder, auch eine von gegnerischen Nachrichtendiensten gesteuerte und gegen Industrie und Wirtschaft gerichtete Spionagetätigkeit zu beobachten, aufzuklären und auf diese Weise an deren Abwehr mitzuwirken.
Neben der Spionageabwehr hat der Staat die Aufgabe, seine Geheimnisse durch vorbeugende Schutzmaßnahmen vor möglichen Aktionen des nachrichtendienstlichen Gegners zu sichern. Der Geheimschutz amtlich geheimgehaltener Entwicklungen und Fertigungen in Industrie und Wirtschaft wird im Rahmen der Staatsaufträge auf vertraglicher Grundlage gewährleistet und entspricht voll den im behördlichen Bereich geltenden strengen Maßstäben.
Soweit es sich nicht um staatliche Geheimnisse handelt, hat der Staat keine Möglichkeit, der Industrie und Wirtschaft Maßnahmen des Geheimschutzes für den Bereich ihrer Firmengeheimnisse aufzuzwingen. Der Staat ist vielmehr darauf angewiesen, daß die Wirtschaft ihre Geheimnisse in eigener Verantwortung schützt und auch die dafür erforderlichen nicht unbeträchtlichen Kosten trägt. Die Bundes-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10799
regierung sieht es jedoch als wichtige Aufgabe der staatlichen Sicherheitsbehörden an, Industrie und Wirtschaft dabei auch weiterhin zu beraten und das Sicherheitsdenken zu fördern.
Im übrigen sieht das Schwerpunktprogramm „Innere Sicherheit", von dem die Bundesregierung in der Kabinettsitzung vom 22. März 1972 zustimmend Kenntnis genommen hat, u. a. auch für das Bundesamt für Verfassungsschutz Maßnahmen zur Steigerung seiner Leistungsfähigkeit vor, die sich auch in der Spionageabwehr auswirken werden.
Ergänzend darf ich auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Dr. Schneider (Nürnberg), Dr. Wittmann (München) und Genossen betreffend „Schutz der Industrie und Wirtschaft vor Spionage und Sabotage" vom 29. Februar 1972 — Drucksache VI/3209 — hinweisen.
Anlage 19
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Gölter (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 8) :
Was wird die Bundesregierung unternehmen, um die besoldungsmäßige Schlechterstellung der Finanzrichter im Vergleich zu den Richtern der übrigen Gerichtssparten zu beseitigen?
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum hessischen Richterbesoldungsgesetz vom 15. November 1971 hat eine Neuregelung der Richterbesoldung durch den Bund notwendig gemacht. Die erforderlichen Vorarbeiten sind im Gange. Dabei wird auch die besoldungsmäßige Einstufung der Finanzrichter geprüft.
Anlage 20
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dichgans (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 9) :
Ist die Bundesregierung bereit, in Verhandlungen mit der türkischen Regierung darüber einzutreten, daß die nach türkischem Recht auf der Basis der Gegenseitigkeit mögliche Strafvollstreckung im Heimatland des Täters auch für Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland zulässig wird, die von türkischen Gerichten verurteilt worden sind?
Die Bundesregierung ist seit längerer Zeit bestrebt, die innerstaatlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß mit ausländischen Staaten Vereinbarungen über eine Übernahme der Vollstreckung von Strafen getroffen werden können, die im Ausland gegen deutsche Staatsangehörige verhängt worden sind.
Zur Zeit besteht nach deutschem Recht keine Möglichkeit, von ausländischen Gerichten gegen deutsche
Staatsangehörige erkannte Strafen in der Bundesrepublik Deutschland zu vollstrecken. Nach Artikel 104 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes ist eine Entscheidung über die Zulässigkeit und die Fortdauer von Freiheitsentziehungen dem Richter vorbehalten. Bestimmungen, wie zu verfahren ist, wenn eine auf Strafe lautende Entscheidung eines ausländischen Gerichts in der Bundesrepublik Deutschland vollstreckt werden soll, enthält das deutsche Recht mit Ausnahme einer Sonderregelung in § 40 der revidierten Rheinschiffahrtsakte vom 17. Oktober 1868 (Bundesgesetzbl. 1952 I 645) nicht. Unter anderem deswegen beabsichtigt die Bundesregierung, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das deutsche Auslieferungsgesetz vom 23. Dezember 1929 (Reichsgesetzbl. 1929 I 239; 1930 I 28) ablösen soll. In diesem Gesetz über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) sind auch die Regelungen für das sogenannte „Exeguaturverfahren" enthalten. Das Gesetz, welches als Kommissionsentwurf vorliegt, kann den gesetzgebenden Körperschaften derzeit noch nicht zugeleitet werden. Einzelne Fragen, die in der Zwischenzeit aufgetreten sind, müssen noch abschließend mit den Bundesländern und den beteiligten Ressorts erörtert werden. Mit einer Vorlage des Gesetzes dürfte für 1973 gerechnet werden können.
Wenn dieses Gesetz in Kraft getreten ist, wird auch der Abschluß von Vereinbarungen mit ausländischen Staaten über die Übernahme von Strafvollstreckungen möglich sein.
Von dem Inkrafttreten des Gesetzes hängt auch die Ratifizierung des vom Europarat erarbeiteten Europäischen Übereinkommens über die internationale Gültigkeit von Strafurteilen vom 28. Mai 1970 ab, welches im Verhältnis zu den Teilnehmerstaaten Bestimmungen über Ersuchen um Übernahme der Strafvollstreckung enthält. Dieses inzwischen von sieben europäischen Staaten — darunter der Bundesrepublik Deutschland — unterzeichnete Übereinkommen tritt drei Monate nach Hinterlegung der dritten Ratifikationsurkunde in Kraft. Bisher hat lediglich Dänemark die Urkunde hinterlegt. Mehrere europäische Staaten beabsichtigen — wie die Bundesrepublik Deutschland — zunächst die innerstaatlichen Voraussetzungen für die Ratifikation zu schaffen. Es besteht Anlaß zu der Annahme, daß auch die Türkei dieses Übereinkommen ratifizieren wird. Deshalb ist von der Vorbereitung einer bilateralen Vereinbarung mit der Türkei über diese Frage abgesehen worden.
Anlage 21
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dasch (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 10) :
Ist die Bundesregierung bereit, in den Ofenhäusern 1 und 2 des Aluminiumwerks Töging der VAW neue Investitionen anzuregen, um die langfristige Wirtschaftlichkeit des Werks sicherzustellen?
10800 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972
Die VAW hat in den Ofenhäusern I und II ihrer Aluminiumhütte Töging bereits in den letzten 15 Jahren alle nur möglichen Investitionen zur Erzielung längerfristiger Wirtschaftlichkeit durchgeführt.
Daher ist vorerst eine weitere Rationalisierung dieser beiden Ofenhäuser nicht mehr möglich. Die Planung der VAW sieht die Erstellung eines völlig neuen Elektrolyse-Systems mit modernen Ofen erst dann vor, wenn die steigenden Fertigungskosten den derzeitigen Vorteil der niedrigen Kapitalkosten überstiegen haben. Das wird bei normaler Entwicklung des Aluminiummarktes voraussichtlich nicht vor 1980 der Fall sein.
Anlage 22
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 25. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wuwer (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 11):
Hält die Bundesregierung in Übereinstimmung mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen für besonders bedroht, weil z. B. die vorgesehene Erhöhung der Einheitswerte des Grundvermögens bei den Unternehmen zu einer Erhöhung der Vermögensteuerlast um 40 % bis 70 % führt?
Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft — wie sie sich z. B. aus der Entwicklung der deutschen Exporte und dem deutschen Anteil am Welthandelt ableiten läßt — ist nicht bedroht, auch nicht etwa durch die im Entwurf des 2. Steuerreformgesetzes vorgesehenen Änderungen bei der Vermögensteuerbelastung. Die — schon aus verfassungsrechtlichen Gründen dringend erforderliche — Anpassung der Einheitswerte des Grundvermögens an die veränderten Wertverhältnisse wird zwar die Vermögensteuerbelastung der Unternehmen mit Grundbesitz in vielen Fällen nicht unwesentlich erhöhen. Es handelt sich jedoch bei diesem Belastungsfaktor nur um einen unter vielen — und vielfach wesentlich gewichtigeren —, die in einem Unternehmen anfallen. Im übrigen kann die in Ihrer Anfrage beispielhaft angeführte Steuerreformmaßnahme nicht isoliert gesehen werden, sondern sie ist zunächst in die Gesamtkonzeption der vorgesehenen Steuerreform einzuordnen, in der auch entlastende Maßnahmen enthalten sind (z. B. Körperschaftsteuerreform und gewerbesteuerliche Erleichterungen für Personenunternehmen). Weiterhin ist auf die wesentlichen Entlastungswirkungen hinzuweisen, die sich für die deutschen Unternehmen seit 1969 aus der stufenweisen Senkung der Investitionssteuer von 8 % bis auf 2 % im Jahre 1972 und 0 % im Jahre 1973 ergeben und die in ihrem Volumen für die deutsche Wirtschaft weit stärker ins Gewicht fallen als die Vermögensteuermehrbelastung. Auch die Senkungen der Gesellschaftsteuer ab 1972 und 1974 sollten nicht übersehen werden.
Es ist darüber hinaus stets zu berücksichtigen, daß für die Frage der Wettbewerbsfähigkeit nicht nur die Leistungsverpflichtungen der Unternehmen, sondern
auch das Ausmaß und die Wirkung der staatlichen Gegenleistungen (z. B. im Infrastrukturbereich) von Bedeutung sind. Auch den maßvollen Erhöhungen der Steuerbelastung, die sich für manche Unternehmen aus der vorgesehenen Steuerreform ergeben können, müssen daher Verbesserungen der staatlichen Leistungen auf den verschiedensten Gebieten entgegengehalten werden können, deren Auswirkungen insgesamt wieder geeignet sind, die Wettbewerbsposition der deutschen Unternehmen positiv zu beeinflussen.
Anlage 23
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 26. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen B 12 und 13) :
Trifft es zu, daß die Bundesregierung beabsichtigt, die im § 7 der Durchführungsbestimmungen zum Tabaksteuergesetz für Zigarren gültigen Stückgewichtsgrenzen aus steuerlichen Gründen zu streichen, obwohl bei der kürzlich verabschiedeten Tabaksteuererhöhung diesen Stückgewichtsgrenzen seitens der Bundesregierung noch steuerliche Funktionen beigemessen wurden und seitens der Bundesregierung nicht zu erkennen gegeben worden ist, daß die Abschaffung der Stückgewichtsgrenzen beabsichtigt wird?
Hat die Bundesregierung bei ihren offenbar mit großer Eile betriebenen Vorbereitungen berücksichtigt, daß sich die Abschaffung der Stückgewichtsgrenzen vor allem gegen die kleinen und mittleren Betriebe der Zigarrenindustrie richten würden und zu einer durch steuerliche Maßnahmen bedingten Beeinflussung der Wirtschafts- und Arbeitsmarktstruktur in kleineren Gemeinden des süddeutschen Raums führen würde?
Die Frage, ob in den Durchführungsbestimmungen zum Tabaksteuergesetz Höchstgrenzen für die Stückgewichte der Zigarren bestimmter Preislagen aufrechterhalten werden können, wird zur Zeit noch geprüft. Dem Bundesverband der Zigarrenindustrie war bereits Ende März ein eingehendes Gespräch darüber in Aussicht gestellt worden. Dieses Gespräch hat am 20. April stattgefunden. Der Verband hat einen Vorschlag für die Regelung von Stückgewichtsgrenzen gemacht, über den noch nicht entschieden werden konnte.
Das Problem der Höchstgewichte für Zigarren bestimmter Preislagen ist in erster Linie ein Wettbewerbsproblem. Die Festlegung solcher Höchstgewichte wirkt wie ein Kartell, durch das der Wettbewerb im Zigarrenangebot beschränkt wird. Da die Höhe der Tabaksteuer für Zigarren von der Höhe der Kleinverkaufspreise abhängt, haben Höchstgewichte für Zigarren bestimmter Preislagen nur insoweit eine steuerliche Bedeutung, als sie den Preiswettbewerb der Zigarren beschränken.
In der Sitzung des Finanzausschusses am 20. Januar ist bei den Beratungen über das Elfte Gesetz zur Änderung des Tabaksteuergesetzes von einem Mitglied des Finanzausschusses auf die kartellpolitische Problematik der Stückgewichtsgrenzen hingewiesen worden. Ein Antrag, „festzulegen, daß eine Änderung der Stückgewichtsgrenzen in der Tabaksteuer-Durchführungsverordnung unterbleiben soll", ist dann nach kurzer Aussprache zurückgenommen worden.
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10801
Die Bundesregierung prüft zur Zeit noch das Problem der Stückgewichtsgrenzen rechtlich und nach den wirtschaftlichen und steuerlichen Auswirkungen. Es kann deshalb nicht davon gesprochen werden, daß sie die Streichung der Stückgewichtsgrenzen „beabsichtigt". Vor einer Entscheidung wird den Vertretern der Zigarrenindustrie erneut Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben werden.
Das Problem ,der Stückgewichtsgrenzen ist nur eins der Probleme, die bei der umfassenden Neugestaltung der Durchführungsbestimmungen zum Tabaksteuergesetz gelöst werden sollen. Die Arbeiten an der Änderungsverordnung werden noch einige Wochen dauern. Es handelt sich keineswegs um „offenbar mit großer Eile betriebene Vorbereitungen." Es gibt keine zuverlässigen Anhaltspunkte dafür, daß eine Aufhebung der Stückgewichte die von iden oberbadischen Zigarrenherstellern befürchteten Wirkungen auf die Existenzfähigkeit der Betriebe und damit auf die Wirtschafts- und Arbeitsmarktstruktur haben würde. Unabhängig davon ist es für die Bundesregierung selbstverständlich, daß sie bei ihrer Entscheidung die Belange der mittelständischen Industrie mit berücksichtigen wird.
Anlage 24
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 21. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Picard (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen B 14 und 15) :
Worauf ist es nach Auffassung der Bundesregierung zurückzuführen, daß in der Bundesrepublik Deutschland das Angebot an Lammfleisch die steigende Nachfrage auch nicht annähernd befriedigen kann?
Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um ein ausreichendes Angebot an Lammfleisch zu ermöglichen, z. B. Beseitigung bestehender rechtlicher, den Import hemmender Bestimmungen, was nicht nur den Lammfleisch exportierenden Ländern wie Irland, Australien und Neuseeland entgegenkäme, sondern auch dem deutschen Fleischkonsumenten, der bisher mangels Angebot bei einem durchschnittlichen Fleischkonsum pro Kopf und Jahr von 70 kg nur 200 g Schaf- und Lammfleisch verzehren kann?
Es trifft nicht zu, daß eine steigende Nachfrage nach Lammfleisch in der BRD besteht, der ein unzureichendes Angebot gegenüberstände.
Im Gegensatz zu verschiedenen Nachbarländern liegt der Verbrauch von Lamm- und Schaffleisch in der BRD, wie Sie selbst feststellen seit vielen Jahren auf einem gleichbleibend niedrigen Niveau von 200 g je Kopf der Bevölkerung. Der deutsche Verbraucher bevorzugt aufgrund bestehender Verzehrsgewohnheiten — hoher Anteil an Wurst- und Dauerwaren — Schweine- und Rindfleisch.
Angesichts der vorstehend geschilderten Verbrauchsstruktur auf dem Fleischsektor hält es die Bundesregierung auch im Interesse der deutschen Schaffleischerzeuger nicht für erforderlich, das bestehende Einfuhrsystem zu ändern und damit noch höhere Einfuhren zu ermöglichen. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß die Einfuhren von Lammund Schaffleisch in den letzten 5 Jahren von rd.
3300 t im Jahre 1967 auf rd. 6000 t im Jahre 1971 kontinuierlich gestiegen sind und sich somit fast verdoppelt haben. An dieser Stelle darf bemerkt werden, daß die Erhöhung der Einfuhren um 1000 t im Jahre 1971 gegenüber dem Vorjahr schon erhebliche Absatzschwierigkeiten für größere Partien gefrorener qualitativ hochwertiger Importware mit sich gebracht hat. Die Absatzsituation auf idem deutschen Schafmarkt würde noch wesentlich ungünstiger sein, wenn nicht die ausländischen Arbeitskräfte — vor allem aus Südosteuropa — Schaf- und Hammelfleisch gekauft hätten, für das der deutsche Verbraucher kaum ein Interesse zeigt.
Anlage 25
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 25. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (FDP) (Drucksache VI/3377 Fragen B und 16 und 17) :
Wann ist damit zu rechnen, daß die im Rahmen der Beratungen des Betriebsverfassungsgesetzes und im Ausschußbericht des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung angesprochene Überprüfung der Möglichkeiten einer Festlegung von Gebühren für die vorsitzenden der Einigungsstellen abgeschlossen ist?
Ist die Bundesregierung bereit, nach Abschluß dieser Überprüfungen durch Rechtsverordnung oder auf anderem Wege eine entsprechende Gebührenordnung vorzulegen?
Über die Frage, wie die Vergütung für die Vorsitzenden der Einigungsstellen nach dem Betriebsverfassungsgesetz geregelt werden soll, haben inzwischen Besprechungen zwischen den beteiligten Bundesressorts und Vertretern der Tarifvertragsparteien stattgefunden. Diese der Anregung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung entsprechenden Beratungen werden in absehbarer Zeit abgeschlossen sein. Einen genauen Termin kann ich allerdings z. Z. nicht in Aussicht stellen. Wegen der Bedeutung der Vergütungsregelung werden die Gespräche und Arbeiten aber vordringlich behandelt.
Sobald alle damit zusammenhängenden Fragen geklärt sind, wird unser Haus dem Kabinett den Entwurf eines Kostengesetzes vorlegen. Eine Regelung im Wege einer Rechtsverordnung ist allerdings wegen fehlender Ermächtigungsgrundlagen nicht möglich.
Anlage 26
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 25. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dichgans (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 18) :
Ist die Bundesregierung bereit, die Erteilung weiterer Arbeitserlaubnisse für türkische Gastarbeiter davon abhängig zu machen, daß eine angemessene Zahl deutscher Führungskräfte türkischer Unternehmungen, an denen Deutsche beteiligt sind, sowie eine angemessene Zahl deutscher Lehrkräfte eine Arbeitserlaubnis in der Türkei erhalten?
10802 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972
Nach § 19 des Arbeitsförderungsgesetzes wird ausländischen Arbeitnehmern die Arbeitserlaubnis nach der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles erteilt. Die einschlägigen Rechtsvorschriften enthalten keine Gegenseitigkeitsklausel. Türkischen Arbeitnehmern kann daher die Arbeitserlaubnis nicht mit der Begründung verweigert werden, daß deutschen Arbeitnehmern in der Türkei die Arbeitserlaubnis nicht erteilt werde.
Ich bin aber bereit, mich bei den zuständigen türkischen Stellen dafür zu verwenden, daß den von Ihnen erwähnten deutschen Führungs- und Lehrkräften die Arbeitserlaubnis erteilt wird, wenn Sie mir nähere Einzelheiten des Sachverhaltes mitteilen.
Anlage 27
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 25. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Härzschel (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen B 19 und 20) :
Hält es die Bundesregierung für statthaft und im Interesse der Information der Versicherten für erforderlich, daß die Postüberweisungen, mit denen die Krankenversicherungsbeiträge der Rentner für die Jahre 1968/1969 gemäß Beschluß des Bundesgesetzgebers zurückgezahlt werden, mit der Unterschrift „W. Arendt, Bundesarbeitsminister" versehen sind?
Wird bei anderen Geldleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung ebenfalls eine vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung unterzeichnete Mitteilung beigefügt?
Unser Haus hält die Form ,der Mitteilung im Falle des Beiträgerückzahlungsgesetzes für zweckentsprechend. Eine Mitteilung sollte deutlich machen, wer sie herausgibt. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ist der für die Verwirklichung des Gesetzes verantwortliche Minister.
Zu Ihrer 2. Frage möchte ich bemerken, daß die Form der Information sich jeweils nach den besonderen Umständen richtet. So war die Rückzahlung des Krankenversicherungsbeitrages an die Rentner eine einmalige Angelegenheit, die der Erklärung bedurfte. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß die auf den Überweisungsformularen aufgedruckte Mitteilung auch nicht mehr als eine solche Erklärung enthält.
Anlage 28
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom
27. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 21) :
Wie ist der Stand der Überlegungen hinsichtlich der Rückverlegung des Kreiswehrersatzamts Montabaur von Neuwied nach Montabaur?
Zu Ihrer Frage hinsichtlich der Verlegung des Kreiswehrersatzamtes Montabaur von Neuwied nach Montabaur teile ich Ihnen mit, daß die Stadt Montabaur für den Neubau eines Kreiswehrersatzamtes ein Grundstück zum Kauf angeboten hat, dessen Eignung zur Zeit von der zuständigen Finanzbauverwaltung abschließend geprüft wird. Wann ggf. mit dem geplanten Neubau begonnen werden kann, hängt allerdings von der weiteren Entwicklung der mittelfristigen Infrastrukturplanung der Bundeswehr ab, so daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Termin für die Realisierung des Vorhabens nicht genannt werden kann. Wie ich Ihnen bereits in meinem Schreiben vom 15. April 1970 mitgeteilt hatte, setzt die Verlegung des Kreiswehrersatzamtes nach Montabaur ferner voraus, daß für das derzeit von der Dienststelle genutzte Gebäude in Neuwied eine anderweitige Verwendung gefunden wird.
Anlage 29
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 27. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 22) :
Wie hoch war im Jahr 1971 die Zahl der Befreiungsrückstellungs- und Unabkömmlichkeitsanträge vom Wehrdienst, und wie teilen sie sich auf?
Anträge auf Wehrdienstausnahmen in bestimmten Zeiträumen werden zahlenmäßig nicht erfaßt. Eine solche Registrierung hätte auch keinen Aussagewert, weil nur die stattgebenden Entscheidungen der Wehrersatzbehörden über Zurückstellungs-
und Befreiungsanträge sowie Vorschläge auf Unabkömmlichstellung als Arbeits- und Planungsunterlagen von Bedeutung sind. Diese Entscheidungen werden deshalb mittels EDV-Anlagen zur Fristüberwachung festgehalten. Darüber hinaus werden auch erfaßt die Freistellung vom Wehrdienst wegen Verpflichtung zum Dienst im Katastrophenschutz, im zivilen Bevölkerungsschutz und zum Entwicklungsdienst.
Alle diese Daten werden halbjährlich zu einer aktuellen Bestandsaufnahme genutzt. Hiernach wurden nach dem Stichtag 31. 12. 1971 bei den zur Einberufung zum Grundwehrdienst heranstehenden Wehrpflichtigen der Geburtsjahrgänge 1947 bis 1952 folgende Wehrdienstausnahmen gewährt:
— Zurückstellungen rd. 309 500
— Uk-Stellungen rd. 33 300
— Freistellungen bzw.
Nichtheranziehungen rd. 38 600
— Befreiungen rd. 5 000
Abschließend darf ich auf folgendes hinweisen: Die Zurückstellung vom Wehrdienst und die Unabkömmlichstellung sind in der Regel zeitlich be-
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10803
fristete Wehrdienstausnahmen. Die Befreiung vom Wehrdienst wirkt auf Dauer; Wehrpflichtige, denen diese Wehrdienstausnahme gewährt ist, sind von der Wehrüberwachung ausgenommen. Die Freistellung für den Dienst im Katastrophenschutz und im zivilen Bevölkerungsschutz gilt nur für die Dauer der Mitwirkung in den entsprechenden Organisationen. Wehrpflichtige, die Entwicklungsdienst leisten, sowie Wehrpflichtige, die sich für diesen Dienst verpflichtet haben, werden unter bestimmten Voraussetzungen nicht zum Wehrdienst herangezogen; Wehrpflichtige, die mindestens zwei Jahre Entwicklungsdienst geleistet haben, brauchen keinen Grundwehrdienst mehr zu leisten.
Anlage 30
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hussing (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 23) :
Treffen Meldungen zu, wonach beabsichtigt ist, für das Jahr 1972 dem Bundesverband für spastisch Gelähmte und andere Körperbehinderte e. V., Düsseldorf, Kölner Landstraße 375, den Bundeszuschuß zu den Geschäftsführungskosten durch das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit zu streichen?
Das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit hat den Bundesverband für spastisch Gelähmte und andere Körperbehinderte in Düsseldorf darüber unterrichtet, daß die Gewährung von Bundeszuschüssen zur Geschäftsführung dieses Verbandes künftig nicht mehr möglich ist. Das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit folgt damit den ständigen Forderungen des Deutschen Bundestages und des Bundesrechnungshofes, die Förderung von Einzelverbänden zugunsten einer verstärkten Förderung des Dachverbandes — hier also der Bundesarbeitsgemeinschaft „Hilfe für Behinderte" — einzustellen. Auf diese Weise soll vor allem eine unwirtschaftliche Zersplitterung der für derartige Zwecke nur sehr begrenzt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf eine Vielzahl von Einzelverbänden (es kommen hier über 16 in Betracht) vermieden werden.
Durch eine Konzentration auf den Dachverband soll umgekehrt erreicht werden, daß Aufgaben, die ihrer Natur nach oder wegen ihrer grundsätzlichen, alle Behindertenverbände gleichermaßen berührenden Bedeutung zweckmäßiger und wirksamer wahrgenommen werden können. Zugleich wird hierdurch gewährleistet, daß allen Verbänden finanzielle Hilfen des Bundes zugute kommen. Mit Ausnahme des Bundesverbandes für spastisch Gelähmte und andere Körperbehinderte haben sich alle in Betracht kommenden Verbände diesen Überlegungen nicht verschlossen.
Ich darf abschließend noch darauf hinweisen, daß Einzelprojekte der Verbände von dieser Regelung selbstverständlich nicht berührt werden.
Anlage 31
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Beermann (SPD) (Drucksache VI/3377 Fragen B 24 und 25) :
Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß Brücken über Flüsse an der innerdeutschen Grenze, die im Kreis HerzogtumLauenburg am östlichen Ufer der Wakenitz verläuft, instandgehalten werden sollen, damit sie im Falle einer nach Ratifizierung der Verträge vielleicht erfolgenden Öffnung der Grenzübergänge zur DDR jederzeit benutzt werden können?
Ist die Bundesregierung bereit, die Kosten für Ausbesserung und Unterhalt derartiger Brücken wenigstens dann ganz oder teilweise zu übernehmen, wenn die unterhaltspflichtige Gemeinde hierzu aus eigenen Mitteln nicht imstande ist, wie es bei der im Kreis Herzogtum-Lauenburg gelegenen Gemeinde GroßSarau der Fall ist, die — zur Instandsetzung der baufälligen Grenzbrücke über die Wakenitz bei Nädlers Horst verpflichtet — die hierzu nötigen Mittel nicht aufbringen kann, so daß sie erwägt, die Brücke ganz abreißen zu lassen, um zu vermeiden, daß gegen sie Regreßansprüche von Wassersportlern erhoben werden, falls diese durch herabfallende Brückenteile zu Schaden gekommen sind?
Es wird keine Schwierigkeiten bereiten, Brücken an der innerdeutschen Grenze mit dem Ziel der Wiederaufnahme des Verkehrs kurzfristig instandzusetzen, wenn politisch die hierfür erforderlichen Voraussetzungen geschaffen sind. Jetzt jedenfalls ist es Aufgabe des Trägers der Straßenbaulast, Brücken im Zuge von öffentlichen Straßen zu erhalten und dafür zu sorgen, daß die Bauwerke niemanden gefährden. Einzelheiten richten sich nach dem Straßen- und Wegegesetz für Schleswig-Holstein. Die Gemeinde braucht die Mittel hierfür nicht allein aufzubringen. Die kreisangehörigen Gemeinden erhalten für die Unterhaltung und Instandsetzung von Gemeindestraßen Mittel nach dem Finanzausgleichsgesetz des Landes. Ferner bleibt der Weg offen, daß die Gemeinde sich bei ihrer zuständigen Landesbehörde bemüht, eine Sonderförderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" zu erreichen. Die Mittel hierfür stellen Bund und Länder bekanntlich gemeinsam zur Verfügung.
Anlage 32
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Bauer (Würzburg) (SPD) (Drucksache VI/3377 Fragen B 26 und 27) :
Ist das Bundesverkehrsministerium grundsätzlich bereit, auf dem Sektor der gebotenen Rationalisierungsplanungen bei der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost die Leitungen dieser Institutionen zu einem Mindestmaß an Koordinierung von Einzelmaßnahmen in den davon betroffenen Regionen anzuregen und damit dem Eindruck entgegenzuwirken, daß ein Einsparungseffekt zwar äußerlich durch die Tatsache der Auflösung bisheriger Betriebs- bzw. Amtsniederlassungen behauptet werden kann, während in Wirklichkeit jedoch der Schein-„Erfolg" nur in einer Verlagerung bisheriger Stellen von den Mittelzentren in Großstädte typischer Ballungsgebiete zu verzeichnen ist?
Ist das Bundesverkehrsministerium in Würdigung dieser Überlegungen bereit, seinen Einfluß konkret im Fall des Regionalzentrums Würzburg in der Richtung zum Tragen zu bringen, daß
10804 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972
scheinbare „Rationalisierungs- und Einsparungs"-Effekte auf dem Weg der Auflösung eines Bahnpostamts durch Versetzung seines Personals in echte Ballungszentren wie z. B. Hannover und Hamburg und der Aushöhlung eines Bahnbetriebswerks durch Verlagerung des modernen Maschinenparks in das Oberzentrum Nürnberg — unter Auszehrung des natürlichen Verkehrsknotenpunkts und der Regionalfunktion des Mittelzentrums Würzburg — vermieden werden und statt dessen — hier wie allgemein -einer sinnvollen Dekonzentrationspolitik in der Raumordnung zugearbeitet wird?
Die Einflußmöglichkeiten des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf die Organisation von Bahn und Post sind unterschiedlich geregelt. Bei der Deutschen Bundesbahn ist eine Mitwirkung des Bundesministers für Verkehr nur bei wichtigen organisatorischen Änderungen großer Dienststellen vorgesehen. Im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten sucht der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen das Zusammenwirken der beiden großen Bundesunternehmen bei der Fortbildung ihrer Organisationsstruktur zu fördern und unkoordinierte Maßnahmen zu verhindern. Bei der Deutschen Bundesbahn und Deutschen Bundespost muß er dabei jedoch dem gesetzlichen für beide Unternehmen geltenden Auftrag, eine eigenwirtschaftliche Unternehmensführung zu gewährleisten, Rechnung tragen.
Bei den von Ihnen genannten Fällen in Würzburg handelt es sich um Maßnahmen, die für beide Unternehmen echte Rationalisierungsgewinne bringen.
Im Postdienst ist durch die Einführung der Postleitzahlen eine stärkere Zusammenfassung und feinere Verteilung der Briefsendungen bei stationären Postämtern möglich geworden. Der damit einhergehenden außerordentlichen Technisierung des gesamten Postbetriebs wurde seit 1965 auch der Bahnpostbetrieb behutsam angepaßt. In immer größerem Umfang wurde seither die Briefverteilung aus den Bahnposten auf die Postämter verlagert. Da durch die Beschleunigung der Züge auch das Personal in den Bahnpostämtern immer mehr belastet wurde und der Verteildienst in diesen Dienststellen inzwischen mindestens zweieinhalbmal so teuer geworden ist, wie das stationäre Verteilen, hat die Deutsche Bundespost sich entschlossen, diesen Dienst, wie an anderen Stellen bereits geschehen, auch in Würzburg auf ein wirtschaftlich vertretbares Maß zu beschränken.
Hinsichtlich des Bahnbetriebswerks Würzburg hat mir die für Rationalisierungsmaßnahmen allein zuständige Deutsche Bundesbahn mitgeteilt, daß z. Z. geprüft wird, wie die Triebfahrzeugverteilung den strukturellen Veränderungen des Verkehrs am besten angepaßt werden kann. Die Überlegungen, in die auch Würzburg einbezogen ist, wurden erforderlich, da auf Grund der inzwischen vorgenommenen und allgemein begrüßten Umstellung weiterer Strecken auf elektrischen Zugbetrieb im Bezirk der Bundesbahndirektion Nürnberg die Einsatzverhältnisse der elektrischen und Diesellokomotiven sich stark geändert haben. Da die Überlegungen der Deutschen Bundesbahn noch nicht abgeschlossen sind, kann z. Z. auch noch nichts über den Umfang einer etwaigen Verlagerung der Unterhaltung elektrischer Lokomotiven von Würzburg gesagt werden.
Anlage 33
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Fellermaier (SPD) (Drucksache VI/3377 Fragen B 28 und 29) :
Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß fabrikneue ausländische Kraftfahrzeuge, die von den gewerblichen freien Importeuren oder unmittelbar von Verbrauchern in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt werden, von den Technischen Überwachungsvereinen in den Bundesländern völlig unterschiedlich entweder durch eine Sonderprüfung für die Erteilung der Allgemeinen Betriebserlaubnis (ABE) oder lediglich nach dem § 21 der StVZO zugelassen werden?
Ist die Bundesregierung vor allem aus Gründen der Verkehrssicherheit wie auch unter dem Gesichtspunkt der strikten Einhaltung der Abgasbestimmungen zum Erlaß einer Rechtsverordnung bereit, in der die Zulassungsbedingungen für solche Importfahrzeuge vereinheitlicht werden?
Zu Frage 28:
Wird einem Alleinvertriebsberechtigten Händler eine Allgemeine Betriebserlaubnis für eine Serie von Fahrzeugen erteilt, die nach einem bestimmten Typ gefertigt sind, so wird auch nur ein Sachverständigengutachten erstellt. Widersprechende Gutachten kann es in diesem Falle nicht geben. Werden dagegen von einem Händler oder Privatmann einige serienmäßig hergestellte Fahrzeuge aus dem Ausland eingeführt, für die keine Allgemeine Betriebserlaubnis erteilt ist, so ist eine Einzelbetriebserlaubnis nach § 21 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung erforderlich. Der Halter hat ein Recht auf Erteilung einer solchen Betriebserlaubnis, wenn das Fahrzeug vorschriftsmäßig ist. Um voneinander abweichende Gutachten zu vermeiden, die im Zuge der Zulassung bei verschiedenen Zulassungsstellen erstellt werden könnten, sind die Technischen Überwachungs-Vereine vielfach dazu übergegangen, daß ein Verein ein sogenanntes Mustergutachten erstellt. Soll ein weiteres Fahrzeug des gleichen Typs begutachtet werden (möglicherweise bei einem anderen Technischen Überwachungs-Verein), so legt der Sachverständige das bereits erstellte Mustergutachten seiner Begutachtung zugrunde. Ein direkter Einfluß durch Rechtsverordnung oder Anweisung von Verwaltungsbehörden darauf, zu welchem Ergebnis der Sachverständige bei der Begutachtung eines Fahrzeugs kommen soll, ist nicht möglich, da es sich hier um den Beurteilungsspielraum des — insoweit unabhängigen — Sachverständigen handelt. Im übrigen sind der Bundesregierung bis jetzt stark voneinander abweichende Gutachten bei Erteilung von Einzelbetriebserlaubnissen nach § 21 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in nennenswertem Umfange nicht bekanntgeworden.
Zu Frage 29:
Eine Vereinheitlichung der Zulassungsbedingungen in dem Sinne, daß für Importfahrzeuge eine Einzelbetriebserlaubnis nach § 21 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung überhaupt nicht mehr in Frage kommt, erscheint nicht vertretbar. Ein berechtigtes Bedürfnis wird in Einzelfällen (z. B. ein Privatmann erwirbt direkt aus dem Ausland ein Fahrzeug und will es in Deutschland zulassen) immer bestehen. Die Bundesregierung wird jedoch demnächst durch
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10805
Rechtsverordnung einige Abgasbestimmungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, die bislang nur für Fahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis galten, auch auf solche Fahrzeuge mit einer Einzelbetriebserlaubnis nach § 21 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ausdehnen. Damit dürfte der Anreiz entfallen, in bestimmten Fällen zur Umgehung dieser Abgasbestimmungen die Fahrzeuge nicht durch eine Allgemeine Betriebserlaubnis, sondern durch eine Einzelbetriebserlaubnis in den Verkehr zu bringen.
Anlage 34
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 30) :
Ist die Bundesregierung bereit, im Bereich des Verwaltungsbezirks Braunschweig, der durch rückläufige Konjunktur bedeutende Betriebsstillegungen zu verzeichnen hat, die infrastrukturellen Maßnahmen besonders zu fördern, u. a. die Bevorzugung des Straßenbaus, wie sie in § 4 des Zonenrandförderungsgesetzes gesetzlich fixiert ist, und wenn ja, welche Straßenbauten würden bevorzugt in Angriff genommen werden?
Die Bundesregierung hat schon immer im Zonenrandgebiet Infrastrukturmaßnahmen besonders gefördert. Sie hat die besondere Förderungswürdigkeit des Zonenrandgebietes mit § 4 Zonenrandförderungsgesetz ausdrücklich anerkannt. Im übrigen werden im Zusammenhang mit der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Weigl, Dr. Fuchs, Niegel, Spilker und Genossen vorn 17. März 1972, betreffend Probleme der Zonenrandförderung (Drucksache VI/3280) zur Zeit Förderungsmöglichkeiten geprüft.
Anlage 35
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Leicht (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 31) :
Was sagt die Bundesregierung zu dem „genialen Einfall" der Deutschen Bundesbahn (so „die Rheinpfalz" vom 18. April 1971), möglichst viele Toilettenanlagen auf Bahnhöfen zu schließen mit der Begründung, auch die anderen Verkehrsbetriebe unterhielten derartige Anlagen nicht?
Alle Bundesbahndirektionen sind Anfang dieses Jahres mit einer Verfügung der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn gebeten worden zu prüfen, ob die von der Deutschen Bundesbahn selbst gewarteten Toilettenanlagen weiterhin notwendig sind oder ob sie aufgelassen werden können. Anlaß waren das im Mai 1971 in Kraft getretene Gaststättengesetz und dazu ergangene landesrechtliche Verordnungen.
Die Toilettenanlagen auf den Bahnhöfen befinden sich häufig in unhaltbarem baulichen Zustand. Schwierigkeiten bestehen auch bei der Wartung der
Toiletten auf kleinen Bahnhöfen und Haltepunkten. Daher wird in der Verfügung an die Bundesbahndirektionen die frühere Empfehlung wiederholt, auf solchen Bahnhöfen die zur Erneuerung anstehenden Anlagen zu beseitigen, die weder Umsteigebahnhöfe sind noch eine Bahnhofswirtschaft besitzen oder bei denen keine besonderen örtlichen Verhältnisse für die Beibehaltung der Aborte sprechen.
Anlage 36
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 32) :
Ist das Bundesverkehrsministerium bereit, die mir im August 1970 in Aussicht gestellte Änderung der Dringlichkeitsstufe für die Westerwald-Autobahn jetzt in Erwägung zu ziehen?
Wie Ihnen bereits im August 1970 mitgeteilt wurde, ist beabsichtigt, eine kontinuierliche Überprüfung des Bedarfsplanes vorzunehmen, um die Dringlichkeitsreihung den ggf. geänderten Bedingungen anzupassen. Das Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985 vom 30. Juni 1971 sieht in § 4 diese Überprüfung jeweils nach Ablauf von fünf Jahren vor. In die bis Ende 1975 durchzuführende Überprüfung wird die Westerwaldautobahn einbezogen. Sollte sich hierbei auf Grund der Verkehrsentwicklung und unter Beachtung des Raumordnungsgesetzes eine Änderung der Dringlichkeitsstufe als notwendig ergeben, wird die Anpassung durch Gesetz geschehen. Das Ergebnis der Überprüfung bleibt aber zunächst abzuwarten.
Anlage 37
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 33) :
Ist die Bundesregierung bereit, im Hinblick auf die prekäre Beschäftigungslage der beiden Baufirmen Karl Bergauer und Franz Kassecker, beide Waldsassen, Kreis Tirschenreuth, für die Vergabe des neuen Bauabschnitts der Westumgehung von Weiden eine erneute Ausschreibung mit einer Beschränkung auf Firmen aus dem Zonenrandgebiet vorzunehmen, da sonst mit umfangreichen Entlassungen bei den genannten Baufirmen gerechnet werden muß?
Bei Ausschreibung und Vergabe von Bauarbeiten an Bundesfernstraßen sind die Bestimmungen der Verdingungsordnung für Bauleistungen zu beachten. Die Voraussetzungen zur Aufhebung einer Ausschreibung sind in § 26 Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil A aufgeführt. Ein solcher Grund für eine Aufhebung der Ausschreibung liegt im vorliegenden Falle nicht vor.
Die Arbeiten für die Westumgehung Weiden im Zuge der B 15 wurden öffentlich ausgeschrieben.
10806 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972
Die Bietergemeinschaft mit den genannten Firmen Bergauer und Kassecker liegt an 2. Stelle. Die Vergabeunterlagen sind erst vor wenigen Tagen beim Bundesverkehrsministerium eingegangen. Die Überprüfung der Unterlagen und die Entscheidung über die Vergabe stehen daher noch aus. Bei der Wertung der Angebote werden jedoch die Richtlinien für die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber (z. B. Firmen im Zonenrandgebiet) beachtet.
Anlage 38
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wawrzik (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 34) :
Ist die Bundesregierung bereit, entsprechend dem Verfahren, im weiteren Umkreis von Heidelberg auf den in beiden Richtungen einen Kilometer vor der Abfahrt nach Schriesheim und Ladenburg angebrachten Ankündigungstafeln, es handelt sich um die A 81, den Ortsnamen Schriesheim zusätzlich anzubringen und damit dem Wunsch der Gemeinde und seiner Einwohner entsprechend der Bedeutung als Fremdenverkehrszentrum und Weinanbaugebiet Rechnung zu tragen?
Sowohl an den Vorwegweisern 500 m vor und an den Wegweisern unmittelbar an der Anschlußstelle Ladenburg der Bundesautobahnstrecke Darmstadt—Heidelberg ist Schriesheim aus beiden Fahrtrichtungen als Ausfahrtziel angegeben. Die 1000 m vorher aufgestellten Ankündigungstafeln mit der Aufschrift „Ladenburg" haben keine wegweisende Funktion, sondern lediglich die Aufgabe, den Verkehrsteilnehmer auf die bevorstehende Ausfahrt aufmerksam zu machen. Nach den „Richtlinien für die wegweisende Beschilderung an Bundesautobahnen" (Entwurf 1968) „sollen die Namen der Anschlußstellen möglichst kurz sein" und in der Regel „nur nach einem Ausfahrtziel" benannt werden. Davon wird im allgemeinen nur dann abgewichen, wenn bei einem Ort mehrere Anschlußstellen gleichen Namens unterschieden werden müssen, z. B. Heidelberg-Dossenheim.
Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß den Belangen der Gemeinde Schriesheim durch die heute vorhandene Wegweisung ausreichend Rechnung getragen und eine Änderung der Ankündigungstafeln nicht in Erwägung zu ziehen ist.
Anlage 39
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 35) :
Kann die Bundesregierung gewährleisten, daß im Rahmen der ab Sommerfahrplan 1972 vorgesehenen Erweiterungen des Intercity-(IC)-Netzes durch die beiden Linien Emden—MünsterHagen—Frankfurt/Main sowie Köln—Siegen—Gießen—Kassel am Bahnhof Dillenburg Halte für alle in das IC-Erweiterungsnetz eingeplanten Züge der Ruhr-Sieg-Strecke eingerichtet werden?
Wie mir die Deutsche Bundesbahn mitgeteilt hat, werden z. Z. für die Gestaltung der Fahrpläne des ab Sommerfahrplan 1973 — nicht 1972 — anlaufenden Ergänzungsnetzes zum IC-Verkehr sehr eingehende Untersuchungen über die tatsächliche Verkehrsnachfrage in den einzelnen Regionen durchgeführt. Nach dem derzeitigen Stand der Untersuchungen ist es nach Mitteilung der Deutschen Bundesbahn durchaus möglich, daß Schnellzüge wie bisher in Dillenburg halten.
Anlage 40
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Ravens vom 27. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dasch (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 36) :
Ist die Bundesregierung bereit, der Stadt Burghausen (Kreis Altötting, Bayern) zur Weiterführung ihres Altstadtsanierungsvorhabens die zugesagten 1,4 Millionen DM Bundesmittel als Zuschüsse zu den Bauvorhaben und nicht nur als Förderungsmittel zu den Planungskosten zu bewilligen?
Auf Grund des in voller Übereinstimmung mit den obersten Landesbehörden aufgestellten Bundesprogramms 1971 ist dem Land Bayern für die Altstadtsanierung in Burghausen antragsgemäß eine Bundesfinanzhilfe in Höhe von 1,1 Millionen DM zugeteilt worden. Die Finanzhilfe ist dem Vorschlag des Landes entsprechend zur Deckung der Kosten der Ordnungsmaßnahmen bestimmt. Zu den Ordnungsmaßnahmen gehören insbesondere die Bodenordnung, der Umzug von Bewohnern und Betrieben, die Beseitigung baulicher Anlagen und eine etwaige Erschließung.
Dem weitergehenden Antrag des Landes Bayern, für die Neubebauung in Burghausen eine zusätzliche Bundesfinanzhilfe zu gewähren, konnte aus den Gründen nicht entsprochen werden, die ich auf die Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (Nürnberg) in der Fragestunde des Deutschen Bundestags am 1. März 1972 dargelegt habe (174. Sitzung, Stenographisches Protokoll S. 10 091 B). Da es danach Aufgabe des Landes ist, die für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stehenden Mittel auch in die Sanierungsgebiete zu lenken, um dort die Förderung von Neubaumaßnahmen zu ermöglichen, ist es nicht möglich, die für die Ordnungsmaßnahmen zugesagten Bundesmittel für die Bauvorhaben zu bewilligen.
Anlage 41
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Ravens vom 24. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 37) :
Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, ob, wie es das Zonenrandförderungsgesetz vorsieht, tatsächlich für den
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10807
Wohnungsausbau im Verwaltungsbereich Braunschweig 30 Prozent erhöhte Förderungsbeträge aufgewandt wurden, und wenn nein, was war die Ursache, daß die gesetzliche Regelung nicht erfüllt wurde?
Die zuständige oberste Landesbehörde — hier also der niedersächsische Sozialminister — kann nach § 5 Abs. 2 Zonenrandförderungsgesetz zulassen, daß die Förderungssätze für Bauvorhaben im Zonenrandgebiet bis zu einem Drittel über die normalen Sätze angehoben werden können.
Ich habe den niedersächsischen Sozialminister gebeten, mir mitzuteilen, ob er von dieser Ermächtigung im Verwaltungsbezirk Braunschweig Gebrauch gemacht hat. Sobald seine Antwort vorliegt, werde ich sie Ihnen mitteilen.
Anlage 42
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom
26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 38) :
Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die St.-PetriSchule in Kopenhagen, die als Begegnungsschule Bedeutung hat, durch Entsendung qualifizierter Lehrkräfte in stärkerem Maße zu fördern?
Die St. Petri-Schule in Kopenhagen wird gegenwärtig vom 285 Schülern besucht. 100 von ihnen sind deutschsprachig. Die deutsche Unterstützung besteht zur Zeit darin, daß die Bundesrepublik auf 2 Planstellen der Schule vermittelte Lehrer entsendet. Eine dieser Planstellen ist zur Zeit unbesetzt, da einer der Lehrer 1971 pensioniert wurde, aber noch unterrichtet. Im Herbst 1972 ist die Neubesetzung dieser Stelle vorgesehen. Die Entsendung einer dritten Lehrkraft wird für 1973 erwogen, da die Schule bis zur Klasse 10 zweizügig durchgeführt werden wird. Ein Mitglied der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen wird noch im Laufe dieses Jahres am Ort selbst Fragen der Struktur und der Förderung der Schule besprechen.
Die St. Petri-Schule beantragte kürzlich die Vermittlung eines deutschen Schulleiters, da der jetzige Direktor, eine Ortskraft mit deutscher Ausbildung, voraussichtlich im Jahre 1975 in den Ruhestand tritt. Das Auswärtige Amt und die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen sind grundsätzlich bereit, einen deutschen Leiter zu vermitteln. Wegen der Besonderheiten der dänischen Schulgesetzgebung sind jedoch noch zuvor Detailfragen zu klären.
Anlage 43
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom
27. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Ab-
geordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen B 39 und 40) :
Verwaltet die „Garching Instrumente" der Max-Planck-Gesellschaft sämtliche Patente der Max-Planck-Gesellschaft oder nur einzelne Institute?
Wieviel Patente werden z. Z. von der "Garching Instrumente" verwaltet, und wie werden die Einnahmen verteilt?
Die „Garching Instrumente Gesellschaft zur industriellen Nutzung von Forschungsergebnissen mbH" wurde 1970 als echtes Wirtschaftsunternehmen in organisatorischer und personeller Trennung von der Max-Planck-Gesellschaft errichtet.
Die Verwaltung der Patente der MPG erfolgt durch die Patentabteilung der MPG beziehungsweise durch die einzelnen Institute der Gesellschaft. Die MPG beauftragt im Einzelfall die „Garching Instrumente" mit der Verwertung von Patenten, anderer gewerblicher Schutzrechte sowie nicht schutzrechtsfähigen know how's, insbesondere von in den Max-Planck-Instituten entwickelten Verfahren und Geräten. Hierbei handelt es sich um kommissionsähnliche Geschäfte. Die MPG entscheidet im Einzelfall, welche Patente sich für eine Verwertung eignen.
Zur Zeit ist die „Garching Instrumente" mit der Verwertung von etwa 120 Patenten und Erfindungen der MPG befaßt. Die Erlöse fließen den Instituten der MPG direkt zu und kommen dort der wissenschaftlichen Arbeit sowie den Erfindern entsprechend den Bestimmungen des Arbeitnehmererfindungsgesetzes zugute. Die „Garching Instrumente" erhält eine Erfolgsprovision, die im Einzelfall 1/10 bis 1/3 des Wertes beträgt.
Anlage 44
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 27. April 1972 auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Walz (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 41):
Ist die Bundesregierung mit ihrer Antwort auf meine Frage (Drucksache VI/3243, B. 49, Stenographischer Bericht über die 179. Sitzung am 17. März 1972, Seite 10443), daß die Abnahme der Steigerungsraten der Ausgaben des Bundes für den Hochschulbau durch die Deckung des Nachholbedarfs ab 1975 bzw. den daran eintretenden bedarfsgerechten Hochschulbau zu rechtfertigen sei, von ihrer Zielvorstellung einer Studentenzahl von 1,1 Millionen abgekommen, oder hält sie den Stand der Bedarfsforschung im Hochschulbereich in der Weise für ausreichend, daß sie deren Ergebnisse offenbar bereits zum heutigen Zeitpunkt zur Grundlage von derart ausgabewirksamen Finanzperspektiven macht?
Bund und Länder haben in dem von ihnen gemeinsam erarbeiteten Zwischenbericht der Bund-LänderKommission für Bildungsplanung über den Bildungsgesamtplan und ein Bildungsbudget die langfristigen Ziele für den Umfang des Hochschulbereiches festgelegt. Hiernach wird für das Jahr 1985 je nach Verwirklichung der im Bildungsgesamtplan angenommenen Alternativen eine Studentenzahl von 970 000 bis 1 050 000 erwartet und ein entsprechender Ausbau der Hochschulkapazität angestrebt. Dies entspricht auch den Vorstellungen der Bundesregierung über den Anteil von Studienanfängern am Ge-
10808 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972
burtsjahrgang. Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung von diesem, mit den Ländern vereinbarten Ziel abzuweichen.
Sie ist im Gegenteil darum bemüht, bei der jährlichen Aufstellung der Rahmenpläne nach dem Hochschulbauförderungsgesetz darauf hinzuwirken, daß die hierbei von den Ländern angemeldeten mittelfristigen Ausbauziele in Einklang mit den langfristigen Zielen des Bildungsgesamtplans stehen beziehungsweise zur Übereinstimmung gebracht werden.
Die Anmeldungen der Länder für den 2. Rahmenplan machen deutlich, daß die Länder aus verschiedenen Gründen z. T. von wesentlich höheren Zielvorstellungen ausgehen, als nach dem Bildungsgesamtplan angestrebt wird. Bund und Länder befinden sich deshalb gegenwärtig in einer intensiven Abstimmungsphase.
Bei der Festlegung der langfristigen Ziele des Bildungsgesamtplans für 1985 ist sowohl die erwartete Nachfrage nach Studienplätzen als auch der voraussichtliche Bedarf an Hochschulabsolventen für die Ausbildungsbereiche berücksichtigt worden, für die bereits heute Aussagen annähernd möglich sind. Dies gilt insbesondere für Lehrer und Mediziner.
Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß die in meinem Antwortschreiben vom 16. März 1972 (Drucksache VI/3243, B 49) erwähnte Abnahme der Steigerungsraten der Ausgaben des Bundes für den Hochschulbau nach 1975 die im Bildungsgesamtplan gesteckten Ausbauziele in keiner Weise beeinträchtigt.
Besonders die verstärkte Rationalisierung und die von der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit Ländern und Hochschulen angestrebte intensivere Nutzung der Hochschulbauten werden geringere Zuwachsraten für die Ausgaben für den Hochschulbau rechtfertigen.
Anlage 45
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 27. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 42) :
Wann gedenkt die Bundesregierung, den schon seit längerer Zeit vorliegenden Entwurf eines zweiten Meeresforschungsprogramms dem Parlament und der Öffentlichkeit vorzulegen?
Die Veröffentlichung des Zweiten Gesamtprogramms für Meeresforschung und Meerestechnik in der Bundesrepublik Deutschland 1972 bis 1975 ist im Sommer dieses Jahres vorgesehen. Vorher soll der Bundestagsausschuß für Bildung und Wissenschaft über den Inhalt unterrichtet werden.
Anlage 46
Schriftliche Antwort
des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 27. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 43) :
Trifft es zu, daß Professor C. C. von Weizsäcker (Heidelberg) für seine wissenschaftliche Nebentätigkeit für die Heidelberger Studiengruppe für Systemforschung ein Honorar von 12 000 DM erhält, und wenn ja, hält die Bundesregierung dieses Honorar für angemessen?
Wie Ihnen Herr Minister von Dohnanyi schon am 11. April 1972 mitgeteilt hat, erhält Herr von Weizsäcker das Honorar für die Leitung des Forschungsbereichs „Bedarfsvorausschätzung und Informationsökonomie".
Der Betrag von 12 000 DM jährlich ist angesichts der Qualifikation von Herrn von Weizsäcker und der Bedeutung und des Umfangs der Aufgaben dieses Bereichs, für die im Wirtschaftsplan der Studiengruppe für Systemforschung in Heidelberg fünf Wissenschaftlerstellen ausgewiesen sind, angemessen.
Anlage 47
Schriftliche Antwort
des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 44) :
Welche Forschungsinstitute, Forschungszentren und sonstige Forschungseinrichtungen beschäftigen sich z. Z. in Deutschland mit der Krebsforschung, und wie gedenkt die Bundesregierung die Krebsforschung in Deutschland zu koordinieren?
Mit der Krebsforschung, die in der BRD Teil der wissenschaftlichen Forschung ist, befassen sich viele Wissenschaftler, wissenschaftliche Institutionen und Organisationen. In Essen und Ulm bestehen besondere Krebsforschungsinstitute der Universitäten. Daneben arbeiten Wissenschaftler an Teilfragen der Krebsforschung auch an anderen Universitäten, Kliniken und Institutionen. Eine große Zahl von einschlägigen Einzelprojekten wird vom Bund und der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell gefördert.
Die Bundesregierung ist außerdem an der Finanzierung des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg und der Deutschen Krebsgesellschaft, ferner — auf internationaler Ebene — an der Internationalen Union gegen Krebs in Genf und der Internationalen Zentralstelle für Krebsforschung in Lyon beteiligt. Alle diese wissenschaftlichen Institutionen haben neben eigenen Forschungsaufgaben auch koordinierende Funktionen.