Protokoll:
6184

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Metadaten
  • date_rangeWahlperiode: 6

  • date_rangeSitzungsnummer: 184

  • date_rangeDatum: 28. April 1972

  • access_timeStartuhrzeit der Sitzung: 09:30 Uhr

  • av_timerEnduhrzeit der Sitzung: 16:02 Uhr

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  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 184. Sitzung Bonn, Freitag, den 28. April 1972 Inhalt: Erklärung der Bundesregierung Brandt, Bundeskanzler 10757 A Dr. Barzel (CDU/CSU) 10759 C Wehner (SPD) 10763 B Mischnick (FDP) 10767 A Katzer (CDU/CSU) . . . 10768 D, 10780 D Schmidt, Bundesminister 10769 B Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . 10772 D Genscher, Bundesminister . . . 10774 C Jahn, Bundesminister 10778 A Dr. Schiller, Bundesminister . . . 10781 A Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1972 (Haushaltsgesetz 1972) (Drucksachen VI/2650, zu VI/2650, Nachtrag zu VI/2650); Bericht des Haushaltsausschusses — Fortsetzung der zweiten Beratung — Einzelplan 04 Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes (Drucksache VI/3353) Lenders (SPD) 10782 A Stücklen (CDU/CSU) 10784 A Gallus (FDP) . . . . . . . . 10784 C Namentliche Abstimmung . . . 10787 B Brandt, Bundeskanzler . . . . 10789 C Fragestunde (Drucksache VI/3377) . . . . 10789 C Zur Tagesordnung Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 10790 A Mertes (FDP) . . . . . 10790 B, 10791 A Wagner (Günzburg) (CDU/CSU) . . 10790 B, 10791 B Wienand (SPD) . . . . 10790 C, 10791 D Stücklen (CDU/CSU) 10790 D Nächste Sitzung 10792 A Anlagen Anlage 1 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Bäuerle (SPD) betr. Bau eines Atomkraftwerks im Raum Dettingen/Groß-Welzheim 10793 A Anlage 2 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Hubrig (CDU/CSU) betr. Mitwirkung der Firma Infratest bei der Vergabe des Forschungsauftrags „Informationsaustausch im Zusammenhang öffentlich geförderter Forschung und Entwicklung" und betr. Vorlage des Forschungskatalogs 10793 B II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 Anlage 3 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Bremer (CDU/CSU) betr. Beauftragung des FDP-Abgeordneten des Hamburgischen Bezirksparlaments Wandsbek, Guido Klasen, und betr. Sammlung von Geldmitteln bei Wirtschaftsunternehmen durch Herrn Guido Klasen . . . . . . . . . . 10793 C Anlage 4 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Riedel (Frankfurt) (CDU/ CSU) betr. völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich der nach der Ratifizierung des Warschauer Vertrages noch in den OderNeiße-Gebieten lebenden Deutschen . . 10793 D Anlage 5 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Riedel (Frankfurt) (CDU/ CSU) betr. Wiedervereinigung Deutschlands nach deutscher und sowjetischer Auffassung 10794 A Anlage 6 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Werner (CDU/CSU) betr. die deutsche Politik zur Lösung des arabisch-israelischen Konfliktes . . . . 10794 D Anlage 7 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) betr. Beteiligung eines Vertreters der Opposition an wichtigen diplomatischen Verhandlungen . . . . . 10795 B Anlage 8 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) betr. Gewaltverzichtsvertrag und Grenzvertrag 10795 D Anlage 9 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Anbuhl (SPD) betr. Darstellung der befreundeten Staaten Frankreich und Italien als „kommunistisch unterwandert" in einem Flugblatt des Landesverbandes der vertriebenen Deutschen — Vereinigte Landsmannschaften Schleswig-Holstein . . . . . . . . 10796 A Anlage 10 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Engelsberger (CDU/CSU) betr. Äußerung von Botschafter Allardt über die Auslegung des Moskauer Vertrages 10796 B Anlage 11 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Engelsberger (CDU/CSU) betr. angebliche Ausführungen von Staatssekretär Bahr über die Ausdrücke „Gewaltverzichtsvertrag" und „Grenzvertrag" 10796 C Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Höcherl (CDU/CSU) betr. Stellungnahme der Bundesregierung zur Ostpolitik in Zeitungsanzeigen . . . . 10796 C Anlage 13 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Dr. Luda (CDU/CSU) betr. Einstellung des Gert von Paczensky als Referatsleiter im Bundespresseamt . 10796 D Anlage 14 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. Erhaltung des Stadttheaters in Flensburg . . . . . . . 10797 A Anlage 15 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Engelsberger (CDU/CSU) betr. Äußerung des Bundesaußenministers Scheel zu der Formulierung des Moskauer Vertrages mit Rücksicht auf das Grundgesetz 10797 C Anlage 16 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Engelsberger (CDU/CSU) betr. Äußerung von Staatssekretär Bahr zu der Grenze zwischen dem einen und dem anderen Teil Berlins 10797 C Anlage 17 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Wittmann (Straubing) (SPD) betr. Ausgaben für die Versorgungs- und Unterstützungsempfänger nach dem Gesetz zu Art. 131 GG . . . 10798 A Anlage 18 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Wuwer (SPD) betr. Wirtschaftsspionage für den Osten . . . . 10798 C Anlage 19 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Gölter (CDU/CSU) betr. besoldungsmäßige Einstufung der Finanzrichter 10799 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 III Anlage 20 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dichgans (CDU/CSU) betr. Verhandlungen mit der türkischen Regierung über die Strafvollstreckung im Heimatland des Täters . . . . . . . 10799 B Anlage 21 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dasch (CDU/CSU) betr. Investitionen für das Aluminiumwerk Töging der VAW . . . . . . . . . 10799 D Anlage 22 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Wuwer (SPD) betr. Erhöhung der Vermögensteuerlast der Unternehmen durch die vorgesehene Erhöhung der Einheitswerte des Grundvermögens 10800 A Anlage 23 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Evers (CDU/CSU) betr. Stückgewichtsgrenzen für Zigarren . . 10800 C Anlage 24 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Picard (CDU/CSU) betr. Angebot an Lammfleisch 10801 B Anlage 25 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Schmidt (Kempten) (FDP) betr. Vergütung für die Vorsitzenden der Einigungsstellen nach dem Betriebsverfassungsgesetz 10801 C Anlage 26 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dichgans (CDU/CSU) betr. Arbeitserlaubnis für deutsche Führungskräfte türkischer Unternehmungen mit deutscher Beteiligung sowie für deutsche Lehrkräfte 10801 D Anlage 27 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Härzschel (CDU/CSU) betr. Unterschrift „W. Arendt, Bundesarbeitsminister" unter den Postüberweisungen für die Rückzahlung der Krankenversicherungsbeiträge der Rentner . . . 10802 A Anlage 28 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Peiter (SPD) betr. Rückverlegung des Kreiswehrersatzamtes Montabaur von Neuwied nach Montabaur 10802 B Anlage 29 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Pieroth (CDU/CSU) betr. Anträge auf Zurückstellung vom Wehrdienst und auf Unabkömmlichstellung . 10802 C Anlage 30 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Hussing (CDU/CSU) betr. Bundeszuschuß für den Bundesverband für spastisch Gelähmte und andere Körperbehinderte e V 10803 A Anlage 31 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Dr. Beermann (SPD) betr. Instandsetzung von Brücken über Flüsse an der innerdeutschen Grenze . . 10803 C Anlage 32 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Bauer (Würzburg) (SPD) betr. Rationalisierungsmaßnahmen bei der Bundesbahn und Bundespost . . . 10803 D Anlage 33 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Fellermaier (SPD) betr. Zulassung von ausländischen Kraftfahrzeugen 10804 C Anlage 34 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. Förderung der infrastrukturellen Maßnahmen im Bereich des Verwaltungsbezirks Braunschweig . . . 10805 A Anlage 35 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Leicht (CDU/CSU) betr Schließung von Toilettenanlagen auf Bahnhöfen 10805 B Anlage 36 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Peiter (SPD) betr. Änderung der Dringlichkeitsstufe für die Westerwald-Autobahn . . . . . . . 10805 C Anlage 37 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Weigl (CDU/CSU) betr Vergabe des neuen Bauabschnitts der Westumgehung von Weiden 10805 D Anlage 38 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Wawrzik (CDU/CSU) IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 betr. Anbringung des Ortsnamens Schriesheim auf den vor der Abfahrt nach Schriesheim und Ladenburg angebrachten Ankündigungstafeln . . . . . . . . 10806 A Anlage 39 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Lenzer (CDU/CSU) betr. Einrichtung einer Haltestelle am Bahnhof Dillenburg für die in das Intercity-Erweiterungsnetz eingeplanten Züge . . 10806 B Anlage 40 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dasch (CDU/CSU) betr. Bewilligung von Bundesmitteln zur Weiterführung des Altstadtsanierungsvorhabens der Stadt Burghausen . . . . 10806 C Anlage 41 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) betr. Förderungsbeträge für den Wohnungsausbau im Verwaltungsbereich Braunschweig . . . . . . . 10806 D Anlage 42 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) betr. Förderung der St. Petri-Schule in Kopenhagen . . . . . . . 10807 A Anlage 43 Schriftliche Antwort auf die Schriftlichen Fragen des Abg. Niegel (CDU/CSU) betr. Verwaltung der Patente der Max-PlanckGesellschaft 10807 B Anlage 44 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/CSU) betr. Ausgaben des Bundes für den Hochschulbau 10807 D Anlage 45 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Hubrig (CDU/CSU) betr. Entwurf eines zweiten Meeresforschungsprogramms 10808 B Anlage 46 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Probst (CDU/CSU) betr. Honorar von Prof. C. C. von Weizsäcker für seine wissenschaftliche Tätigkeit für die Heidelberger Studiengruppe für Systemforschung 10808 C Anlage 47 Schriftliche Antwort auf die Schriftliche Frage des Abg. Dr. Probst (CDU/CSU) betr. Krebsforschungsinstitute . . . . 10808 D Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10757 184. Sitzung Bonn, den 28. April 1972 Stenographischer Bericht Beginn: 9.30 Uhr
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    Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10793 Anlage 1 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 28. April 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Bäuerle (SPD) (Drucksache VI/3377 Fragen A 65 und 66) : War die Bundesregierung bis jetzt mit dem Bau eines Atomkraftwerks im Raum Dettingen/Groß-Welzheim an der bayerisch/ hessischen Landesgrenze durch das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk (RWE) befaßt? Wenn ja, ist die Bundeslegierung bereit, wegen der grundsätzlichen Bedeutung — Ballung mehrerer Kraftwerke in diesem Raum, die Größe des neuen Kraftwerks, die Tatsache, daß das Gebiet in der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens liegt bzw. der Main an der dortigen Stelle ein fast totes Gewässer ist — ein von kommerziellen und lokalpolitischen Gesichtspunkten unabhängiges Gutachten einzuholen? Zu Frage 65: Ja. Das Rheinisch-Westfälische Elektrizitätswerk (RWE) beantragte am 3. .Juni 1971 bei der zuständigen atomrechtlichen Genehmigungsbehörde, dem Bayerischen Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen, die Erteilung eines Standortvorbescheides nach § 7 a AtG für ein Leichtwasser-Kernkraftwerk in der Gemeinde Großwelzheim. Die Bundesregierung ist nach dem Atomgesetz mit der Rechts- und Fachaufsicht über die Genehmigungstätigkeit der Länder beauftragt. Sie wurde am 12. Juli 1971 von der Bayerischen Genehmigungsbehörde in das Verfahren eingeschaltet und erhielt die Antragsunterlagen zur Prüfung. Zu Frage 66: Ja. Die Bundesregierung hat bereits die ReaktorSicherheitskommission — ein unabhängiges Beratungsgremium des Bundesministers für Bildung und Wissenschaft — beauftragt, den Antrag des RWE zu prüfen. Die Eigenschaften des Standorts sind dabei Gegenstand intensiver Prüfungen und Beratungen. Für die Entscheidung spielen allein sicherheitstechnische Gesichtspunkte eine Rolle. Außerdem sind im Standortvorbescheidsverfahren nach § 7 Abs. 3 des Atomgesetzes von seiten des Bundes sämtliche Behörden beteiligt, deren Zuständigkeitsbereich berührt wird. Anlage 2 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 28. April 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen A 68 und 69) : Trifft es zu, daß das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft bei der Vergabe des Forschungsauftrags „InformationsAnlagen zum Stenographischen Bericht austausch im Zusammenhang öffentlich geforderter Forschung und Entwicklung" an das Institut für Kommunikationsplanung in Bonn darauf bestanden hat, daß der Forschungsauftrag in Zusammenarbeit mit der Firma Infratest München abzuwickeln ist? Aus welchen Gründen ist es nicht möglich, daß der vom ehemaligen Bundeswissenschaftsminister Leussink für das Frühjahr 1972 angekündigte Forschungskatalog bis heute noch nicht vorgelegt wurde? Wie auf Ihre schriftlich beantwortete Fragen vom 25. Februar 1972 (Nr. 36 Drucksache VI/3165) über einen angeblich an die Firma Infratest erteilten Auftrag antworte ich auch diesmal mit nein. Die Bundesregierung geht davon aus, daß das Frühjahr noch immer vom Frühlingsanfang am 20. März bis zum 21. Juni, dem Beginn der warmen Jahreszeit, dauert. Sie hat daher noch Zeit, das von Herrn Prof. Leus-sink gegebene Versprechen zu erfüllen. Anlage 3 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 28. April 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Bremer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen A 74 und 75) : Aus welchen Gründen hat Bundesminister Walter Scheel den FDP-Abgeordneten des hamburgischen Bezirksparlaments Wandsbek, Guido Klasen, zum .Beauftragten des Bundesministers des Äußeren" ernannt? Ist der Bundesregierung bekannt, daß der genannte hamburgische Bezirksabgeordnete unter Verwendung der Bezeichnung „Beauftragter des Bundesministers des Äußeren" bei Wirtsdiaftsunternehmen Geldmittel für die Freie Demokratische Partei einzuwerben sucht, und gelangt diese Methode auch in anderen Bundesländern zur Anwendung? Zu Frage 74: Der Bundesminister des Auswärtigen Walter Scheel hat den FDP-Abgeordneten des Hamburgischen Bezirksparlaments Wandsbek, Guido Klasen, nicht zum „Beauftragten des Bundesministers des Außeren" ernannt. Herr Klasen ist lediglich von der FDP-Parteiführung ermächtigt worden, als „Beauftragter des Bundesvorsitzenden der FDP Bundesminister Walter Scheel" tätig zu werden. Zu Frage 75: Nein! Anlage 4 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 28. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Riedel (Frankfurt/Main) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 76) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß von den Professoren Dr. Hubert Armbruster und Dr. Friedrich Klein im Auftrag der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland ein Rechtsgutachten erstattet 10794 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 worden ist, das darauf aufmerksam macht, mit der Ratifizierung des Warschauer Vertrags übernehme die Bundesrepublik Deutschland die völkerrechtliche Verpflichtung, den alsdann noch in den Oder/Neiße-Gebieten lebenden Deutschen die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen, und will die Bundesregierung weiterhin erklären (vgl. Schriftliche Antwort im Stenographischen Bericht über die 179. Sitzung am 17. März 1972, Seite 10428), „die Staatsorgane der Bundesrepublik" seien nach der Ratifizierung des Warschauer Vertrags — unter Bruch einer dann bestehenden völkerrechtlichen Pflicht — „gehalten, den grundgesetzlich geschützten Rechten auch im internationalen Bereich Rechnung zu tragen" Der Bundesregierung ist kein von den Professoren Dr. Hubert Armbruster und Dr. Friedrich Klein im Auftrag der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland erstattetes Rechtsgutachten bekannt. Der Warschauer Vertrag wird die Bundesrepublik Deutschland völkerrechtlich keineswegs dazu verpflichten, den noch in den Gebieten ostwärts der Oder-NeißeLinie lebenden Deutschen die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen. Im Laufe der Verhandlungen über den Warschauer Vertrag ist von der Bundesregierung auch ausdrücklich klargestellt worden, daß der Vertrag derartige Rechtsfolgen nicht haben wird. Der zweite Teil Ihrer Frage ist daher gegenstandslos. Anlage 5 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom I 28. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Riedel (Frankfurt) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 77) : Ist der Bundesregierung noch bekannt, daß der sowjetische Außenminister in den Verhandlungen mit dem Bundesminister des Auswärtigen am 29. Juli 1970 der Bundesregierung erklärt hat, daß die deutsche Position in der Frage der Wiedervereinigung Deutschlands „klar" sei, jedoch habe die sowjetische Regierung eine eigene Vorstellung, „wie die künftige deutsche Einheit beschaffen sein soll" (Bulletin vom 15. September 1971, Nummer 186, Seite 2017), d. h. daß nach sowjetischem Standpunkt die Wiedervereinigung Deutschlands nur im Sinne der Verwirklichung einer leninistischen Rechts- und Gesellschaftsordnung anerkannt werden könne, und was gedenkt bei dieser deutsch-sowjetischen Feststellung, daß man sich nicht einig sei und ohne deutschen Verzicht nie einig sein werde, die Bundesregierung zu tun, um „auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt" (Brief zur Deutschen Einheit, Jahresbericht der Bundesregierung 1970, Seite 36)? Die sowjetische Regierung hat nicht, wie von Ihnen in Ihrer Frage behauptet, erklärt: daß man sich ohne einen deutschen Verzicht auf unsere Vorstellungen zur Wiedervereinigung in dieser Frage niemals einig werden würde. Zwischen der Sowjetunion und uns bestand lediglich Klarheit, daß die beiderseitigen Vorstellungen zu diesem Thema z. Z. nicht übereinstimmen. Dies ist übrigens auch der Grund, weshalb es eine Wiedervereinigung weder heute noch bedauerlicherweise in näherer Zukunft geben wird. Ziel deutscher Politik kann es nach Lage der Dinge nur sein, in einem sich über viele Jahre erstreckenden Prozeß die Gegensätzlichkeit von Auffassungen abzubauen, Vertrauenskapital zu schaffen und auf eine Situation hinzuwirken, in der es auch einer sowjetischen Führung akzeptabel erscheinen könnte, eine Wiederherstellung der staatlichen Einheit Deutschlands zuzulassen. Diesem Ziel dienen alle Schritte, die die Bundesregierung in den letzten Jahren getan hat. Die Antwort auf Ihre Frage lautet deshalb: — Die Bundesregierung wird dafür Sorge tragen, daß die Verträge von Moskau und Warschau ratifiziert werden — Die Bundesregierung wird vertragliche Regelungen mit der DDR treffen, die dem besonderen Verhältnis beider Teile Deutschlands zueinander Rechnung tragen und geeignet sind, das Zusammengehörigkeitsgefühl der Deutschen zu erhalten und zu stärken — Die Bundesregierung wird, wo immer dies möglich ist, ihr Verhältnis zu den osteuropäischen und südosteuropäischen Staaten normalisieren und im weiteren Verlauf intensivieren. — Die Bundesregierung wird nach wie vor auf einen Zustand des Friedens in Europa hinwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt. Die Wiedervereinigung hat uns keine Bundesregierung nach 1949 bringen können. Auch was die Möglichkeit der jetzigen Bundesregierung anbetrifft ist Nüchternheit und Realismus am Platz. Unbestreitbar jedoch eröffnet uns unsere heutige Politik jenes politische Instrumentarium, das unabdingbare Voraussetzung für jede sinnvolle Deutschlandpolitik darstellt. Anlage 6 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 28. April 1972 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Werner (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen A 78 und 79) : Hält die Bundesregierung im Verein mit den Partnern in der Europäischen Gemeinschaft und unter Berücksichtigung des Inhalts des sogenannten Schumann-Papiers der Gemeinschaft zum arabisch-israelischen Konflikt es für ausreichend, es bei den in diesem Papier gemachten Deklamationen zu belassen, ohne mit einer aktiven Politik dem Inhalt dieses Papiers Nachdruck zu verleihen? Ist die Bundesregierung der Meinung, daß andere Mächte etwas Konstruktiveres tun, um zu einer Lösung dieses Konflikts beizutragen, und falls das so ist, meint die Bundesregierung nicht, daß die Gemeinschaft als Anrainer des Mittelmeers und auch aus einer Anzahl anderer Gründe Veranlassung und Motive genug hätte, auch mit einer aktiveren Politik zur Befriedigung des östlichen Mittelmeerraums beizutragen? Die Außenminister der EG-Staaten haben im Kommuniqué, das nach ihrer Tagung am 13./14. Mai 1971 in Paris veröffentlicht wurde, darauf hingewiesen, daß der Herbeiführung eines gerechten und dauerhaften Friedens im Nahen Osten auch für Europa große Bedeutung beizumessen ist. Sie haben ferner der Bereitschaft ihrer Regierungen Ausdruck gegeben, zur gegebenen Zeit im Rahmen ihrer Möglichkeiten zur sozialen und wirtschaftlichen Stabilisierung im Nahen Osten beizutragen. Die Bundesregierung hat diese Gedanken in verschiedenen seitherigen Erklärungen unterstrichen. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10795 So hat der Herr Bundeskanzler erst kürzlich in einem Interview hervorgehoben, daß die Friedensordnung, die wir in Europa anstreben, gefährdet bleibt, wenn sie nicht ergänzt wird durch Stabilisierung und Frieden in den Europa unmittelbar benachbarten Teilen der Welt. Nach Auffassung der Bundesregierung besteht zwischen einem erfolgreichen Bemühen um Entspannung in Europa und dem Abbau von Konfrontation und Spannung im Mittelmeerraum einschließlich des Nahen Ostens ein enger Zusammenhang. Ob sich in der gegenwärtigen Phase Ansatzpunkte für ein aktiveres Wirken europäischer Regierungen in dem von Ihnen angeführten Sinn ergeben, erscheint hingegen zweifelhaft. Der Nahostkonflikt ist, wie Sie wissen, nicht nur ein regionales Problem, sondern durch weltpoltische Aspekte gekennzeichnet. Die Bemühungen um eine friedliche Lösung werden erfolgreich nur dann sein können, wenn sie sich — auch zeitlich — in den allgemeinen Entspannungsprozeß in der Welt einordnen. Die Bundesregierung hofft, daß die Notwendigkeit, im Nahen Osten einen gerechten und dauerhaften Frieden herbeizuführen, von allen an der Entspannung interessierten Mächten anerkannt wird und daß die Bereitschaft besteht, die Entwicklung in Richtung auf eine Friedenslösung zu fördern. Die Bundesregierung wird gewiß bereit sein, in diesem Sinne zu wirken, wenn sich ihr — sei es allein, sei es im europäischen Rahmen — hierzu Möglichkeiten bieten. Anlage 7 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 28. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377) Frage A 80) : Kann die Bundesregierung bestätigen — oder will sic weiterhin bestreiten —, daß sowohl in der Bundesrepublik Deutschland als auch in anderen parlamentarisch regierten Staaten die jeweilige Opposition gerade bei besonders wichtigen diplomatischen Verhandlungen in vollem Umfang nicht nur über die Ergebnisse sondern auch über den Verhandlungsverlauf genauestens informiert wurde, und daß sogar die Beteiligung eines Vertreters der Opposition an allen Verhandlungen, durchaus nicht nur als Beobachter, wie das auch die derzeitige Bundesregierung für die Verhandlungen in Moskau und Warschau der derzeitigen Opposition angeboten hatte, sondern als Mitglied der Regierungsdelegation, das auch unmittelbar in die entscheidenden Verhandlungen eingreifen kann, durchaus möglich ist, und u. a. von der Bundesregierung Adenauer bei den Verhandlungen im September 1955 in Moskau erfolgreich praktiziert wurde? Die Einbeziehung der jeweiligen Opposition in den außenpolitischen Willensbildungsprozeß variiert von Land zu Land. Das gilt auch nicht zuletzt für den Umfang der Information, der der Opposition bei besonders wichtigen diplomatischen Verhandlungen zugestanden wird. Es ist richtig, daß üblicherweise in parlamentarisch regierten Staaten die Opposition über Verhandlungsergebnisse eingehend informiert wird, und zwar auch vor Veröffentlichung dieser Ergebnisse. Die CDU/CSU ist in diesem Sinne von der Bundesregierung voll unterrichtet worden. Die Information der jeweiligen Opposition über den Verlauf von Verhandlungen variiert auch innerhalb einzelner Länder von Fall zu Fall. Dabei ist nicht nur die Verfassung maßgebend, die z. B. in Großbritannien das Amt des Oppositionsführers institutionalisiert hat, sondern auch die nationale Bedeutung des Verhandlungsgegenstandes. Die CDU/CSU ist von der Bundesregierung ständig über die entsprechenden einzelnen Schritte unserer Ostpolitik informiert worden. Die Bundesregierung wird hierüber in nächster Zeit eine detaillierte Zusammenstellung liefern. Der Einblick in Verhandlungsunterlagen ist selbst in Großbritannien, das ja als Wiege der parlamentarischen Demokratie angesehen wird, unüblich. Ob die Regierung ein Mitglied der Opposition in die Verhandlungsdelegation aufnimmt, ist eine reine Ermessensfrage. Von einer entsprechenden Praxis bei anderen parlamentarisch regierten Staaten kann nicht die Rede sein. Im Falle der Ostverträge hat die Bundesregierung im übrigen einen Vertreter der Opposition eingeladen, als Mitglied der deutschen Verhandlungsdelegation mit nach Moskau und Warschau zu gehen und zwar ohne Verantwortung für das Verhandlungsergebnis zu übernehmen. Diese Einladung wurde nicht angenommen. Damit hat die CDU/CSU sich eine Chance, sich während der entscheidenden Verhandlungen im Juli/August und Dezember 1970 einzuschalten, begeben. Die Bundesregierung ist damit gegenüber der CDU/CSU weitergegangen, als dies Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer im Jahre 1955 gegenüber der sozialdemokratischen Partei Deutschlands getan hat. Professor Dr. Carlo Schmid wurde seinerzeit als stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses mit nach Moskau genommen. Abgesehen davon ist ein Vergleich fehl am Platze, da damals nicht über einen Vertrag verhandelt wurde, sondern über die Aufnahme diplomatischer Beziehurngen. Die Materie war also bei weitem nicht so komplex und technisch wie im Jahre 1970. Dies gilt sowohl für den Moskauer Vertrag wie auch für den Warschauer Vertrag. Anlage 8 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 28. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 81): Teilt oder bestreitet die Bundesregierung die Behauptung: „Ein Gewaltverzichtsvertrag ist ein anderes Wort für Grenzvertrag"? Diese Behauptung ist den anonym versandten sogenannten Auszügen aus den Verhandlungsprotokollen entnommen. Die Bundesregierung lehnt es ab, sich zu Fragen zu äußern, die sich auf diese be- 10796 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 ziehen. Sie hat auf eine analoge Frage des Herrn Abgeordneten Matthias Engelsberger entsprechend geantwortet. Anlage 9 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 27. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Anbuhl (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage A 82) : Teilt die Bundesregierung meine Meinung, daß die in einem Flugblatt des Landesverbands der vertriebenen Deutschen — Vereinigte Landsmannschaften Schleswig-Holstein — vorgenommene Darstellung der befreundeten Staaten Frankreich und Italien als „kommunistisch unterwandert" eine Belastung unseres Verhältnisses zu diesen Nationen bedeuten kann, und gedenkt die Bundesregierung daraufhin etwas zu veranlassen? Die Bundesregierung bedauert es, wenn Staaten, die zu den besten Freunden und Verbündeten der Bundesrepublik Deutschland gehören, als „kommunistisch unterwandert" verleumdet werden. Sie ist jedoch der Auffassung, daß solche Äußerungen bei der großen Mehrheit der Bevölkerung, einschließlich unserer vertriebenen Mitbürger, keine Unterstützung finden. Die Bundesregierung hofft, daß diese Äußerungen auch bei unseren französischen und italienischen Freunden nicht mehr Aufmerksamkeit finden, als sie verdienen. Die Bundesregierung sieht deshalb keinen Anlaß, besondere Maßnahmen zu ergreifen. Anlage 10 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 28. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 85) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage des vormaligen Botschafters der Bundesrepublik Deutschland in Moskau, Helmut Allardt, in seinem Interview mit dem „Handelsblatt", „es bleibt abzuwarten. ob der Vertrag nach seiner Ratifizierung auch von der anderen Seite so ausgelegt wird, wie wir es sehen", und ist nach der von Allardt berichteten Auslegung des Moskauer Vertrags nicht nur den verantwortlichen Politikern, sondern auch der Publizistik untersagt, die im sowjetischen Sinn „völlig illusionäre Wiedervereinigung", d. h. die Wiedervereinigung in Freiheit, zu fordern? Bei der Äußerung des früheren Botschafters in Moskau, Dr. Helmut Allardt, handelt es sich um eine private Auffassung zu tagespolitischen Fragen. Die Bundesregierung verfolgt weiterhin uneingeschränkt das Ziel der Wiederherstellung der Einheit Deutschlands auf der Grundlage des Selbstbestimmungsrechts des deutschen Volkes. Durch den in Moskau übergebenen Brief zur deutschen Einheit ist sichergestellt, daß es niemandem untersagt ist, dieses Ziel öffentlich zu vertreten. Das gilt sowohl für die Bundesregierung als auch für Einzelpersonen, für die der Moskauer Vertrag ohnehin keine unmittelbaren Wirkungen entfalten kann. Anlage 11 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 28. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 86) : Treffen die Ausführungen von Staatssekretär Bahr in den Auszügen zu den Verhandlungsprotokollen des deutsch-sowjetischen Vertrags zu, „ein Gewaltverzichtsvertrag ist ein anderes Wort für Grenzvertrag", der nach Artikel 79 des Grundgesetzes eine Zweidrittelmehrheit erforderlich machen würde, und ist die Bundesregierung bereit, die Ratifizierung der Verträge bis zur endgültigen Klärung der strittigen Rechtslage zurückzustellen? Die Bundesregierung lehnt es ab, sich zu Fragen zu äußern, die sich auf die anonym versandten sogenannten „Auszüge aus den Verhandlungsprotokollen" beziehen. Die Bundesregierung verweist in diesem Zusammenhang auf ihre Erklärung, daß diese sogenannten Auszüge bruchstückhaft sind und Zusätze und Verfälschungen enthalten. Die Bundesregierung hält die Rechtslage für geklärt und ist nicht bereit, ihre Ratifizierung zurückzustellen. Anlage 12 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Ahlers vom 27. April 1972 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Höcherl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage A 87) : Wie begründet die Bundesregierung die sachliche Notwendigkeit, besonders in den letzten Tagen in einer Serie von Zeitungsgroßanzeigen zur Ostpolitik Stellung zu nehmen, ohne daß über die bisher schon bekannten Argumente hinaus neue Informationen gegeben wurden? Es steht außer Frage, daß die Ostverträge gerade jetzt, zwischen der ersten und zweiten Lesung, in der Bevölkerung zu den meistdiskutierten politischen Fragen gehören. Insofern war der Zeitpunkt für die Informationsanzeigen durch die Debatten im Deutschen Bundestag gegeben. Es entspricht der Zweckbestimmung des Titels 53103, wenn das Presse- und Informationsamt aus diesem Anlaß die Bürger darüber informiert, warum die Bundesregierung und insbesondere der Herr Bundeskanzler und der Herr Bundesminister des Auswärtigen diese Verträge nicht nur als richtig, sondern als für das Wohl des deutschen Volkes notwendig ansehen. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Ahlers vom 26. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Luda (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen B 1 und 2) : Ist der Bundesregierung bekannt, ob der im März dieses Jahres im Bundespresseamt in der Inlandsabteilung zum Leiter des Referats III a 1 Grundsatzfragen, Inneres, Justiz" bestellte Gert von Paczensky identisch ist mit dem in der Zeitschrift „Spontan" — einer Zeitschrift, deren März-Heft auf allen vier Umschlag- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10797 seiten weibliche Nacktaufnahmen, im Innern ähnliche Darstellungen und eine pornographische Sex-Story enthält — im Impressum als ständiger Mitarbeiter aufgeführten Gert von Paczensky, oder kann die Bundesregierung diese Personenidentität dementieren? Falls die Bundesregierung die Personengleichheit bejahen muß, frage ich sie, ob ihr die Tätigkeit des Herrn Gert von Paczensky bei der Zeitschrift ,,Spontan" vor seiner Einstellung als Referatsleiter im Bundespresseamt bekannt war? Die Personenidentität ist gegeben. Der Einstellungsbehörde war die Tätigkeit für die genannte Zeitschrift bekannt. Der Angestellte war vor seiner Einstellung in den Dienst des Presse- und Informationsamtes als Journalist für Zeitungen, Zeitschriften, Rundfunk und Fernsehen und als Buchautor tätig. Mit der Einstellung in das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung hat er seine Tätigkeit als „ständiger Mitarbeiter" der in der Anfrage genannten Zeitschrift beendet. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Herold vom 25. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 3) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, den kulturellen Austausch zwischen Dänemark und der Bundesrepublik Deutschland durch die Erhaltung des Stadttheaters in Flensburg zu fördern? Das Stadttheater Flensburg hat aus der Sicht der Bundesregierung gesehen ebenso wie das Nordmark-Sinfonie-Orchester in erster Linie die Aufgabe, als kulturelles Angebot den Lebens- und Freizeitwert in der zum Zonenrandgebiet gehörenden Stadt Flensburg zu beleben und zu festigen. Aus diesem Grunde wird das Stadttheater in Flensburg im Benehmen mit dem Land Schleswig-Holstein aus dem kulturellen Zonenrandprogramm des Bundes gemäß § 7 des Zonenrandförderungsgesetzes vom 5. 8. 1971 nachhaltig gefördert. Durch die im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten des Zonenrandprogrammes des Bundes liegende Förderung wird das Stadttheater zugleich als Theater an der deutsch-dänischen Grenze in die Lage versetzt, seiner weiteren Aufgabe gerecht zu werden, Mittler deutscher Kultur im Grenzraum sowie Bestandteil eines positiven deutsch-dänischen kulturellen Wettbewerbs an der Nahtstelle zwischen dem dänischen Norden und dem deutschen Süden zu sein. Durch seine Gastspiele in Nordschleswig/ Dänemark trägt es zum kulturellen Austausch zwischen Deutschland und Dänemark bei. Ob das Stadttheater in Flensburg in seiner jetzigen Form erhalten bleibt oder aber in absehbarer Zeit in irgendeiner Form mit anderen Theatern des Landes Schleswig-Holstein kooperiert oder fusioniert, liegt allein in der Entscheidung der für die eventuell betroffenen Theater zuständigen Gremien und des für die Kulturhoheit primär zuständigen Landes Schleswig-Holstein. Sie entzieht sich der Einflußnahme durch die Bundesregierung. Anlage 15 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 26 April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 4) : Trifft es zu, daß Bundesaußenminister Scheel bei den Verhandlungen in Moskau geäußert hat, „es gibt Juristen, die der Ansicht sind, daß der jetzige Vertrag nach den Leitsätzen die 5/3-Mehrheit brauche" und „unsere nichtsinnverändernden Vorschläge umgehen diese Komplikationen", und ist bejahendenfalls damit nicht bewiesen, daß der Vertragstext in diesem Wortlaut gewählt worden ist, um die Verfassung zu durchbrechen und somit Volk und Volksvertretung zu täuschen? Die Bundesregierung lehnt es ab, sich zu Fragen zu äußern, die sich auf die anonym versandten sogenannten „Auszüge aus den Verhandlnugsprotokollen" beziehen. Die Bundesregierung verweist in diesem Zusammenhang auf ihre Erklärung, daß diese sogenannten Auszüge bruchstückhaft sind und Zusätze und Verfälschungen enthalten. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 26 April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Engelsberger (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 5) : Trifft es zu, daß Staatssekretär Bahr bei den Verhandlungen zum Moskauer Vertrag die Meinung vertreten hat, daß die „Grenze zwischen dem einen wie dem anderen Teil Berlins politisch ebenso unantastbar ist wie die Grenze zwischen der UdSSR und Finnland und die Grenze zwischen der CSSR und der BRD ebenso unantastbar ist wie die Grenze zwischen der BRD und der DDR", und muß aus diesen Äußerungen nicht der Schluß gezogen werden, daß die Bundesregierung auf den Wiedervereinigungsauftrag des Grundgesetzes für immer verzichtet und entgegen den Bestimmungen im Grundgesetz West-Berlin nicht mehr als Teil der Bundesrepublik Deutschland betrachtet wird? Zu den entstellten und verfälschten Bruchstücken aus den Gesprächsaufzeichnungen der Verhandlungen von Moskau nimmt die Bundesregierung keine Stellung. Die Bundesregierung hält an dem Wiedervereinigungsauftrag des Grundgesetzes fest und nimmt ihn sehr ernst. Ihre Politik bleibt auf das Ziel ausgerichtet, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken, in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt. Im Zusammenhang mit dem Moskauer Vertrag ist dies in einem Schreiben des Bundesministers des Auswärtigen an den sowjetischen Außenminister klargestellt worden, der Gegenstand des Ratifizierungsverfahrens vor dem Obersten Sowjet ist. An der bisherigen Rechtslage hat sich durch das Vier-Mächte-Abkommen über Berlin vom 3. September 1971 nichts geändert. Die Alliierten haben ihre früher gefällte und seitdem beständig aufrechterhaltene Entscheidung wiederholt, daß die besatzungsrechtlichen Beschränkungen des Verhältnisses von Berlin (West) zur Bundesrepublik Deutschland bestehen bleiben. Die einschlägigen Vorschriften des deutschen Verfassungsrechts wer- 10798 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 den nicht aufgehoben, sondern bleiben suspendiert, soweit die Drei Mächte dies in Ausübung ihrer Rechte und Verantwortlichkeiten festgelegt haben. Der wesentliche und für die Lebensfähigkeit Berlins entscheidende Bestandteil des Verhältnisses zur Bundesrepublik Deutschland, nämlich die Bindungen und ihre Entwicklungsfähigkeit, wird durch ihre in der sowjetischen Unterschrift liegende Anerkennung außer Streit gestellt. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wittmann (Straubing) (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 6) : Wie erklärt sich die Bundesregierung im einzelnen, daß sich nach den mir vorliegenden Unterlagen die Versorgungsausgaben für die Versorgungs- und Unterstützungsempfänger des Bundes nach dem G 131 seit 1969 um etwa 22 % erhöht haben, obwohl die Zahl der Versorgungsempfänger mit etwa 2,5 % bis 3 % jährlich rückläufig sein muß? Die Istausgaben des Bundes einschließlich der Deutschen Bundesbahn, der Deutschen Bundespost und der Bundesanstalt für Arbeit (siehe die Tabellen 1 und 2 zu meinem Bericht vom 10. Februar 1971) für die unter das Gesetz zu Artikel 131 des Grundgesetzes (G 131) fallenden Personen sind gegenüber dem Stande vom Ende 1969 in den Jahren 1970 und 1971 bei gleichzeitiger Verringerung der Anzahl der Versorgungsempfänger um ca. 6 % in diesem Zeitraum weiterhin gestiegen. Allein für den Bundeshaushalt ergibt sich ein Mehr von rund 700 Millionen DM. Die durchschnittliche Pro-KopfVersorgung für diesen Bereich ist um etwa 25 % gestiegen. Diese Zahlen bestätigen, daß die Verbesserungen durch das Siebente Besoldungsänderungsgesetz vom 15. April 1970 (BGBl. I S. 339) und durch das Erste Gesetz zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern (1. BesVNG) vom 18. März 1971 (BGBl. I S. 208) sich gerade für den Personenkreis des G 131 ganz erheblich ausgewirkt haben. Über die allgemeine Erhöhung der Dienst- und Versorgungsbezüge hinaus sind vor allem folgende Verbesserungen auf Grund dieser Gesetze zu erwähnen: — Verbesserung der Mindestversorgungsbezüge, — Gewährung eines Stellenplananpassungszuschlages zum Ausgleich für die gegenwärtigen besseren Beförderungsverhältnisse, — weitere Teilnahme an strukturellen Verbesserungen im Besoldungsbereich, — Berücksichtigung der Harmonisierungs-Stellenzulagen bei den vorhandenen Versorgungsbezügen, — Wegfall der Bewährungszeiten in Fällen der Dienst- und Kriegsunfallversorgung für die Versorgung aus dem ersten Beförderungsamt und den Stellenplananpassungszuschlag. Vor allem die Erhöhung der Mindestversorgungsbezüge — das Mindestruhegehalt nach Ortsklasse S Stufe 2 beträgt nunmehr 767,63 DM monatlich, das Mindestwitwengeld nach Ortsklasse S Stufe 2 474,58 DM monatlich — und der Wegfall der Bewährungszeiten in Fällen der Dienst- und Kriegsunfallversorgung haben wegen der anderen Zusammensetzung der versorgten Personenkreise im Bereich des G 131 zu der erheblichen Steigerung der Versorgungsausgaben für diesen Personenkreis geführt. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wuwer (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 7): Wie stellt sich die Bundesregierung zu Meldungen, denen zufolge die Wirtschaftsspionage für den Osten trotz aller entgegengerichteten deutschen Bemühungen weiter gestiegen ist, und welche Maßnahmen will sie zur Aufklärung und Abwehr von Spionagetechniken ergreifen? Meldungen, denen zufolge die Wirtschaftsspionage für den Osten weiter gestiegen ist, sind in dieser allgemeinen Form mißverständlich. Der Anteil der Wirtschaftsspionage, die überwiegend von den Nachrichtendiensten der DDR betrieben wird, betrug während der letzten zehn Jahr durchschnittlich 7,5 % aller erkannter geheimdienstlichen Aktivität gegen die Bundesrepublik. Während 1969 der Anteil anstieg, nahm er in den Jahren 1970 und 1971 wieder ab. Es gehört zu den gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden ides Bundes und der Länder, auch eine von gegnerischen Nachrichtendiensten gesteuerte und gegen Industrie und Wirtschaft gerichtete Spionagetätigkeit zu beobachten, aufzuklären und auf diese Weise an deren Abwehr mitzuwirken. Neben der Spionageabwehr hat der Staat die Aufgabe, seine Geheimnisse durch vorbeugende Schutzmaßnahmen vor möglichen Aktionen des nachrichtendienstlichen Gegners zu sichern. Der Geheimschutz amtlich geheimgehaltener Entwicklungen und Fertigungen in Industrie und Wirtschaft wird im Rahmen der Staatsaufträge auf vertraglicher Grundlage gewährleistet und entspricht voll den im behördlichen Bereich geltenden strengen Maßstäben. Soweit es sich nicht um staatliche Geheimnisse handelt, hat der Staat keine Möglichkeit, der Industrie und Wirtschaft Maßnahmen des Geheimschutzes für den Bereich ihrer Firmengeheimnisse aufzuzwingen. Der Staat ist vielmehr darauf angewiesen, daß die Wirtschaft ihre Geheimnisse in eigener Verantwortung schützt und auch die dafür erforderlichen nicht unbeträchtlichen Kosten trägt. Die Bundes- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10799 regierung sieht es jedoch als wichtige Aufgabe der staatlichen Sicherheitsbehörden an, Industrie und Wirtschaft dabei auch weiterhin zu beraten und das Sicherheitsdenken zu fördern. Im übrigen sieht das Schwerpunktprogramm „Innere Sicherheit", von dem die Bundesregierung in der Kabinettsitzung vom 22. März 1972 zustimmend Kenntnis genommen hat, u. a. auch für das Bundesamt für Verfassungsschutz Maßnahmen zur Steigerung seiner Leistungsfähigkeit vor, die sich auch in der Spionageabwehr auswirken werden. Ergänzend darf ich auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Dr. Schneider (Nürnberg), Dr. Wittmann (München) und Genossen betreffend „Schutz der Industrie und Wirtschaft vor Spionage und Sabotage" vom 29. Februar 1972 — Drucksache VI/3209 — hinweisen. Anlage 19 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Gölter (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 8) : Was wird die Bundesregierung unternehmen, um die besoldungsmäßige Schlechterstellung der Finanzrichter im Vergleich zu den Richtern der übrigen Gerichtssparten zu beseitigen? Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum hessischen Richterbesoldungsgesetz vom 15. November 1971 hat eine Neuregelung der Richterbesoldung durch den Bund notwendig gemacht. Die erforderlichen Vorarbeiten sind im Gange. Dabei wird auch die besoldungsmäßige Einstufung der Finanzrichter geprüft. Anlage 20 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dr. Bayerl vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dichgans (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 9) : Ist die Bundesregierung bereit, in Verhandlungen mit der türkischen Regierung darüber einzutreten, daß die nach türkischem Recht auf der Basis der Gegenseitigkeit mögliche Strafvollstreckung im Heimatland des Täters auch für Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland zulässig wird, die von türkischen Gerichten verurteilt worden sind? Die Bundesregierung ist seit längerer Zeit bestrebt, die innerstaatlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß mit ausländischen Staaten Vereinbarungen über eine Übernahme der Vollstreckung von Strafen getroffen werden können, die im Ausland gegen deutsche Staatsangehörige verhängt worden sind. Zur Zeit besteht nach deutschem Recht keine Möglichkeit, von ausländischen Gerichten gegen deutsche Staatsangehörige erkannte Strafen in der Bundesrepublik Deutschland zu vollstrecken. Nach Artikel 104 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes ist eine Entscheidung über die Zulässigkeit und die Fortdauer von Freiheitsentziehungen dem Richter vorbehalten. Bestimmungen, wie zu verfahren ist, wenn eine auf Strafe lautende Entscheidung eines ausländischen Gerichts in der Bundesrepublik Deutschland vollstreckt werden soll, enthält das deutsche Recht mit Ausnahme einer Sonderregelung in § 40 der revidierten Rheinschiffahrtsakte vom 17. Oktober 1868 (Bundesgesetzbl. 1952 I 645) nicht. Unter anderem deswegen beabsichtigt die Bundesregierung, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der das deutsche Auslieferungsgesetz vom 23. Dezember 1929 (Reichsgesetzbl. 1929 I 239; 1930 I 28) ablösen soll. In diesem Gesetz über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) sind auch die Regelungen für das sogenannte „Exeguaturverfahren" enthalten. Das Gesetz, welches als Kommissionsentwurf vorliegt, kann den gesetzgebenden Körperschaften derzeit noch nicht zugeleitet werden. Einzelne Fragen, die in der Zwischenzeit aufgetreten sind, müssen noch abschließend mit den Bundesländern und den beteiligten Ressorts erörtert werden. Mit einer Vorlage des Gesetzes dürfte für 1973 gerechnet werden können. Wenn dieses Gesetz in Kraft getreten ist, wird auch der Abschluß von Vereinbarungen mit ausländischen Staaten über die Übernahme von Strafvollstreckungen möglich sein. Von dem Inkrafttreten des Gesetzes hängt auch die Ratifizierung des vom Europarat erarbeiteten Europäischen Übereinkommens über die internationale Gültigkeit von Strafurteilen vom 28. Mai 1970 ab, welches im Verhältnis zu den Teilnehmerstaaten Bestimmungen über Ersuchen um Übernahme der Strafvollstreckung enthält. Dieses inzwischen von sieben europäischen Staaten — darunter der Bundesrepublik Deutschland — unterzeichnete Übereinkommen tritt drei Monate nach Hinterlegung der dritten Ratifikationsurkunde in Kraft. Bisher hat lediglich Dänemark die Urkunde hinterlegt. Mehrere europäische Staaten beabsichtigen — wie die Bundesrepublik Deutschland — zunächst die innerstaatlichen Voraussetzungen für die Ratifikation zu schaffen. Es besteht Anlaß zu der Annahme, daß auch die Türkei dieses Übereinkommen ratifizieren wird. Deshalb ist von der Vorbereitung einer bilateralen Vereinbarung mit der Türkei über diese Frage abgesehen worden. Anlage 21 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dasch (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 10) : Ist die Bundesregierung bereit, in den Ofenhäusern 1 und 2 des Aluminiumwerks Töging der VAW neue Investitionen anzuregen, um die langfristige Wirtschaftlichkeit des Werks sicherzustellen? 10800 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 Die VAW hat in den Ofenhäusern I und II ihrer Aluminiumhütte Töging bereits in den letzten 15 Jahren alle nur möglichen Investitionen zur Erzielung längerfristiger Wirtschaftlichkeit durchgeführt. Daher ist vorerst eine weitere Rationalisierung dieser beiden Ofenhäuser nicht mehr möglich. Die Planung der VAW sieht die Erstellung eines völlig neuen Elektrolyse-Systems mit modernen Ofen erst dann vor, wenn die steigenden Fertigungskosten den derzeitigen Vorteil der niedrigen Kapitalkosten überstiegen haben. Das wird bei normaler Entwicklung des Aluminiummarktes voraussichtlich nicht vor 1980 der Fall sein. Anlage 22 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. Schöllhorn vom 25. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wuwer (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 11): Hält die Bundesregierung in Übereinstimmung mit den Spitzenverbänden der Wirtschaft die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen für besonders bedroht, weil z. B. die vorgesehene Erhöhung der Einheitswerte des Grundvermögens bei den Unternehmen zu einer Erhöhung der Vermögensteuerlast um 40 % bis 70 % führt? Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft — wie sie sich z. B. aus der Entwicklung der deutschen Exporte und dem deutschen Anteil am Welthandelt ableiten läßt — ist nicht bedroht, auch nicht etwa durch die im Entwurf des 2. Steuerreformgesetzes vorgesehenen Änderungen bei der Vermögensteuerbelastung. Die — schon aus verfassungsrechtlichen Gründen dringend erforderliche — Anpassung der Einheitswerte des Grundvermögens an die veränderten Wertverhältnisse wird zwar die Vermögensteuerbelastung der Unternehmen mit Grundbesitz in vielen Fällen nicht unwesentlich erhöhen. Es handelt sich jedoch bei diesem Belastungsfaktor nur um einen unter vielen — und vielfach wesentlich gewichtigeren —, die in einem Unternehmen anfallen. Im übrigen kann die in Ihrer Anfrage beispielhaft angeführte Steuerreformmaßnahme nicht isoliert gesehen werden, sondern sie ist zunächst in die Gesamtkonzeption der vorgesehenen Steuerreform einzuordnen, in der auch entlastende Maßnahmen enthalten sind (z. B. Körperschaftsteuerreform und gewerbesteuerliche Erleichterungen für Personenunternehmen). Weiterhin ist auf die wesentlichen Entlastungswirkungen hinzuweisen, die sich für die deutschen Unternehmen seit 1969 aus der stufenweisen Senkung der Investitionssteuer von 8 % bis auf 2 % im Jahre 1972 und 0 % im Jahre 1973 ergeben und die in ihrem Volumen für die deutsche Wirtschaft weit stärker ins Gewicht fallen als die Vermögensteuermehrbelastung. Auch die Senkungen der Gesellschaftsteuer ab 1972 und 1974 sollten nicht übersehen werden. Es ist darüber hinaus stets zu berücksichtigen, daß für die Frage der Wettbewerbsfähigkeit nicht nur die Leistungsverpflichtungen der Unternehmen, sondern auch das Ausmaß und die Wirkung der staatlichen Gegenleistungen (z. B. im Infrastrukturbereich) von Bedeutung sind. Auch den maßvollen Erhöhungen der Steuerbelastung, die sich für manche Unternehmen aus der vorgesehenen Steuerreform ergeben können, müssen daher Verbesserungen der staatlichen Leistungen auf den verschiedensten Gebieten entgegengehalten werden können, deren Auswirkungen insgesamt wieder geeignet sind, die Wettbewerbsposition der deutschen Unternehmen positiv zu beeinflussen. Anlage 23 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Hermsdorf vom 26. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen B 12 und 13) : Trifft es zu, daß die Bundesregierung beabsichtigt, die im § 7 der Durchführungsbestimmungen zum Tabaksteuergesetz für Zigarren gültigen Stückgewichtsgrenzen aus steuerlichen Gründen zu streichen, obwohl bei der kürzlich verabschiedeten Tabaksteuererhöhung diesen Stückgewichtsgrenzen seitens der Bundesregierung noch steuerliche Funktionen beigemessen wurden und seitens der Bundesregierung nicht zu erkennen gegeben worden ist, daß die Abschaffung der Stückgewichtsgrenzen beabsichtigt wird? Hat die Bundesregierung bei ihren offenbar mit großer Eile betriebenen Vorbereitungen berücksichtigt, daß sich die Abschaffung der Stückgewichtsgrenzen vor allem gegen die kleinen und mittleren Betriebe der Zigarrenindustrie richten würden und zu einer durch steuerliche Maßnahmen bedingten Beeinflussung der Wirtschafts- und Arbeitsmarktstruktur in kleineren Gemeinden des süddeutschen Raums führen würde? Die Frage, ob in den Durchführungsbestimmungen zum Tabaksteuergesetz Höchstgrenzen für die Stückgewichte der Zigarren bestimmter Preislagen aufrechterhalten werden können, wird zur Zeit noch geprüft. Dem Bundesverband der Zigarrenindustrie war bereits Ende März ein eingehendes Gespräch darüber in Aussicht gestellt worden. Dieses Gespräch hat am 20. April stattgefunden. Der Verband hat einen Vorschlag für die Regelung von Stückgewichtsgrenzen gemacht, über den noch nicht entschieden werden konnte. Das Problem der Höchstgewichte für Zigarren bestimmter Preislagen ist in erster Linie ein Wettbewerbsproblem. Die Festlegung solcher Höchstgewichte wirkt wie ein Kartell, durch das der Wettbewerb im Zigarrenangebot beschränkt wird. Da die Höhe der Tabaksteuer für Zigarren von der Höhe der Kleinverkaufspreise abhängt, haben Höchstgewichte für Zigarren bestimmter Preislagen nur insoweit eine steuerliche Bedeutung, als sie den Preiswettbewerb der Zigarren beschränken. In der Sitzung des Finanzausschusses am 20. Januar ist bei den Beratungen über das Elfte Gesetz zur Änderung des Tabaksteuergesetzes von einem Mitglied des Finanzausschusses auf die kartellpolitische Problematik der Stückgewichtsgrenzen hingewiesen worden. Ein Antrag, „festzulegen, daß eine Änderung der Stückgewichtsgrenzen in der Tabaksteuer-Durchführungsverordnung unterbleiben soll", ist dann nach kurzer Aussprache zurückgenommen worden. Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10801 Die Bundesregierung prüft zur Zeit noch das Problem der Stückgewichtsgrenzen rechtlich und nach den wirtschaftlichen und steuerlichen Auswirkungen. Es kann deshalb nicht davon gesprochen werden, daß sie die Streichung der Stückgewichtsgrenzen „beabsichtigt". Vor einer Entscheidung wird den Vertretern der Zigarrenindustrie erneut Gelegenheit zu einer Stellungnahme gegeben werden. Das Problem ,der Stückgewichtsgrenzen ist nur eins der Probleme, die bei der umfassenden Neugestaltung der Durchführungsbestimmungen zum Tabaksteuergesetz gelöst werden sollen. Die Arbeiten an der Änderungsverordnung werden noch einige Wochen dauern. Es handelt sich keineswegs um „offenbar mit großer Eile betriebene Vorbereitungen." Es gibt keine zuverlässigen Anhaltspunkte dafür, daß eine Aufhebung der Stückgewichte die von iden oberbadischen Zigarrenherstellern befürchteten Wirkungen auf die Existenzfähigkeit der Betriebe und damit auf die Wirtschafts- und Arbeitsmarktstruktur haben würde. Unabhängig davon ist es für die Bundesregierung selbstverständlich, daß sie bei ihrer Entscheidung die Belange der mittelständischen Industrie mit berücksichtigen wird. Anlage 24 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Logemann vom 21. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Picard (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen B 14 und 15) : Worauf ist es nach Auffassung der Bundesregierung zurückzuführen, daß in der Bundesrepublik Deutschland das Angebot an Lammfleisch die steigende Nachfrage auch nicht annähernd befriedigen kann? Welche Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung zu ergreifen, um ein ausreichendes Angebot an Lammfleisch zu ermöglichen, z. B. Beseitigung bestehender rechtlicher, den Import hemmender Bestimmungen, was nicht nur den Lammfleisch exportierenden Ländern wie Irland, Australien und Neuseeland entgegenkäme, sondern auch dem deutschen Fleischkonsumenten, der bisher mangels Angebot bei einem durchschnittlichen Fleischkonsum pro Kopf und Jahr von 70 kg nur 200 g Schaf- und Lammfleisch verzehren kann? Es trifft nicht zu, daß eine steigende Nachfrage nach Lammfleisch in der BRD besteht, der ein unzureichendes Angebot gegenüberstände. Im Gegensatz zu verschiedenen Nachbarländern liegt der Verbrauch von Lamm- und Schaffleisch in der BRD, wie Sie selbst feststellen seit vielen Jahren auf einem gleichbleibend niedrigen Niveau von 200 g je Kopf der Bevölkerung. Der deutsche Verbraucher bevorzugt aufgrund bestehender Verzehrsgewohnheiten — hoher Anteil an Wurst- und Dauerwaren — Schweine- und Rindfleisch. Angesichts der vorstehend geschilderten Verbrauchsstruktur auf dem Fleischsektor hält es die Bundesregierung auch im Interesse der deutschen Schaffleischerzeuger nicht für erforderlich, das bestehende Einfuhrsystem zu ändern und damit noch höhere Einfuhren zu ermöglichen. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß die Einfuhren von Lammund Schaffleisch in den letzten 5 Jahren von rd. 3300 t im Jahre 1967 auf rd. 6000 t im Jahre 1971 kontinuierlich gestiegen sind und sich somit fast verdoppelt haben. An dieser Stelle darf bemerkt werden, daß die Erhöhung der Einfuhren um 1000 t im Jahre 1971 gegenüber dem Vorjahr schon erhebliche Absatzschwierigkeiten für größere Partien gefrorener qualitativ hochwertiger Importware mit sich gebracht hat. Die Absatzsituation auf idem deutschen Schafmarkt würde noch wesentlich ungünstiger sein, wenn nicht die ausländischen Arbeitskräfte — vor allem aus Südosteuropa — Schaf- und Hammelfleisch gekauft hätten, für das der deutsche Verbraucher kaum ein Interesse zeigt. Anlage 25 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 25. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Schmidt (Kempten) (FDP) (Drucksache VI/3377 Fragen B und 16 und 17) : Wann ist damit zu rechnen, daß die im Rahmen der Beratungen des Betriebsverfassungsgesetzes und im Ausschußbericht des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung angesprochene Überprüfung der Möglichkeiten einer Festlegung von Gebühren für die vorsitzenden der Einigungsstellen abgeschlossen ist? Ist die Bundesregierung bereit, nach Abschluß dieser Überprüfungen durch Rechtsverordnung oder auf anderem Wege eine entsprechende Gebührenordnung vorzulegen? Über die Frage, wie die Vergütung für die Vorsitzenden der Einigungsstellen nach dem Betriebsverfassungsgesetz geregelt werden soll, haben inzwischen Besprechungen zwischen den beteiligten Bundesressorts und Vertretern der Tarifvertragsparteien stattgefunden. Diese der Anregung des Bundestagsausschusses für Arbeit und Sozialordnung entsprechenden Beratungen werden in absehbarer Zeit abgeschlossen sein. Einen genauen Termin kann ich allerdings z. Z. nicht in Aussicht stellen. Wegen der Bedeutung der Vergütungsregelung werden die Gespräche und Arbeiten aber vordringlich behandelt. Sobald alle damit zusammenhängenden Fragen geklärt sind, wird unser Haus dem Kabinett den Entwurf eines Kostengesetzes vorlegen. Eine Regelung im Wege einer Rechtsverordnung ist allerdings wegen fehlender Ermächtigungsgrundlagen nicht möglich. Anlage 26 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 25. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dichgans (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 18) : Ist die Bundesregierung bereit, die Erteilung weiterer Arbeitserlaubnisse für türkische Gastarbeiter davon abhängig zu machen, daß eine angemessene Zahl deutscher Führungskräfte türkischer Unternehmungen, an denen Deutsche beteiligt sind, sowie eine angemessene Zahl deutscher Lehrkräfte eine Arbeitserlaubnis in der Türkei erhalten? 10802 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 Nach § 19 des Arbeitsförderungsgesetzes wird ausländischen Arbeitnehmern die Arbeitserlaubnis nach der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes unter Berücksichtigung der Verhältnisse des einzelnen Falles erteilt. Die einschlägigen Rechtsvorschriften enthalten keine Gegenseitigkeitsklausel. Türkischen Arbeitnehmern kann daher die Arbeitserlaubnis nicht mit der Begründung verweigert werden, daß deutschen Arbeitnehmern in der Türkei die Arbeitserlaubnis nicht erteilt werde. Ich bin aber bereit, mich bei den zuständigen türkischen Stellen dafür zu verwenden, daß den von Ihnen erwähnten deutschen Führungs- und Lehrkräften die Arbeitserlaubnis erteilt wird, wenn Sie mir nähere Einzelheiten des Sachverhaltes mitteilen. Anlage 27 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Rohde vom 25. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Härzschel (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen B 19 und 20) : Hält es die Bundesregierung für statthaft und im Interesse der Information der Versicherten für erforderlich, daß die Postüberweisungen, mit denen die Krankenversicherungsbeiträge der Rentner für die Jahre 1968/1969 gemäß Beschluß des Bundesgesetzgebers zurückgezahlt werden, mit der Unterschrift „W. Arendt, Bundesarbeitsminister" versehen sind? Wird bei anderen Geldleistungen der gesetzlichen Rentenversicherung ebenfalls eine vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung unterzeichnete Mitteilung beigefügt? Unser Haus hält die Form ,der Mitteilung im Falle des Beiträgerückzahlungsgesetzes für zweckentsprechend. Eine Mitteilung sollte deutlich machen, wer sie herausgibt. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ist der für die Verwirklichung des Gesetzes verantwortliche Minister. Zu Ihrer 2. Frage möchte ich bemerken, daß die Form der Information sich jeweils nach den besonderen Umständen richtet. So war die Rückzahlung des Krankenversicherungsbeitrages an die Rentner eine einmalige Angelegenheit, die der Erklärung bedurfte. Im übrigen darf ich darauf hinweisen, daß die auf den Überweisungsformularen aufgedruckte Mitteilung auch nicht mehr als eine solche Erklärung enthält. Anlage 28 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 27. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 21) : Wie ist der Stand der Überlegungen hinsichtlich der Rückverlegung des Kreiswehrersatzamts Montabaur von Neuwied nach Montabaur? Zu Ihrer Frage hinsichtlich der Verlegung des Kreiswehrersatzamtes Montabaur von Neuwied nach Montabaur teile ich Ihnen mit, daß die Stadt Montabaur für den Neubau eines Kreiswehrersatzamtes ein Grundstück zum Kauf angeboten hat, dessen Eignung zur Zeit von der zuständigen Finanzbauverwaltung abschließend geprüft wird. Wann ggf. mit dem geplanten Neubau begonnen werden kann, hängt allerdings von der weiteren Entwicklung der mittelfristigen Infrastrukturplanung der Bundeswehr ab, so daß zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Termin für die Realisierung des Vorhabens nicht genannt werden kann. Wie ich Ihnen bereits in meinem Schreiben vom 15. April 1970 mitgeteilt hatte, setzt die Verlegung des Kreiswehrersatzamtes nach Montabaur ferner voraus, daß für das derzeit von der Dienststelle genutzte Gebäude in Neuwied eine anderweitige Verwendung gefunden wird. Anlage 29 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Berkhan vom 27. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Pieroth (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 22) : Wie hoch war im Jahr 1971 die Zahl der Befreiungsrückstellungs- und Unabkömmlichkeitsanträge vom Wehrdienst, und wie teilen sie sich auf? Anträge auf Wehrdienstausnahmen in bestimmten Zeiträumen werden zahlenmäßig nicht erfaßt. Eine solche Registrierung hätte auch keinen Aussagewert, weil nur die stattgebenden Entscheidungen der Wehrersatzbehörden über Zurückstellungs- und Befreiungsanträge sowie Vorschläge auf Unabkömmlichstellung als Arbeits- und Planungsunterlagen von Bedeutung sind. Diese Entscheidungen werden deshalb mittels EDV-Anlagen zur Fristüberwachung festgehalten. Darüber hinaus werden auch erfaßt die Freistellung vom Wehrdienst wegen Verpflichtung zum Dienst im Katastrophenschutz, im zivilen Bevölkerungsschutz und zum Entwicklungsdienst. Alle diese Daten werden halbjährlich zu einer aktuellen Bestandsaufnahme genutzt. Hiernach wurden nach dem Stichtag 31. 12. 1971 bei den zur Einberufung zum Grundwehrdienst heranstehenden Wehrpflichtigen der Geburtsjahrgänge 1947 bis 1952 folgende Wehrdienstausnahmen gewährt: — Zurückstellungen rd. 309 500 — Uk-Stellungen rd. 33 300 — Freistellungen bzw. Nichtheranziehungen rd. 38 600 — Befreiungen rd. 5 000 Abschließend darf ich auf folgendes hinweisen: Die Zurückstellung vom Wehrdienst und die Unabkömmlichstellung sind in der Regel zeitlich be- Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10803 fristete Wehrdienstausnahmen. Die Befreiung vom Wehrdienst wirkt auf Dauer; Wehrpflichtige, denen diese Wehrdienstausnahme gewährt ist, sind von der Wehrüberwachung ausgenommen. Die Freistellung für den Dienst im Katastrophenschutz und im zivilen Bevölkerungsschutz gilt nur für die Dauer der Mitwirkung in den entsprechenden Organisationen. Wehrpflichtige, die Entwicklungsdienst leisten, sowie Wehrpflichtige, die sich für diesen Dienst verpflichtet haben, werden unter bestimmten Voraussetzungen nicht zum Wehrdienst herangezogen; Wehrpflichtige, die mindestens zwei Jahre Entwicklungsdienst geleistet haben, brauchen keinen Grundwehrdienst mehr zu leisten. Anlage 30 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Hussing (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 23) : Treffen Meldungen zu, wonach beabsichtigt ist, für das Jahr 1972 dem Bundesverband für spastisch Gelähmte und andere Körperbehinderte e. V., Düsseldorf, Kölner Landstraße 375, den Bundeszuschuß zu den Geschäftsführungskosten durch das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit zu streichen? Das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit hat den Bundesverband für spastisch Gelähmte und andere Körperbehinderte in Düsseldorf darüber unterrichtet, daß die Gewährung von Bundeszuschüssen zur Geschäftsführung dieses Verbandes künftig nicht mehr möglich ist. Das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit folgt damit den ständigen Forderungen des Deutschen Bundestages und des Bundesrechnungshofes, die Förderung von Einzelverbänden zugunsten einer verstärkten Förderung des Dachverbandes — hier also der Bundesarbeitsgemeinschaft „Hilfe für Behinderte" — einzustellen. Auf diese Weise soll vor allem eine unwirtschaftliche Zersplitterung der für derartige Zwecke nur sehr begrenzt zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf eine Vielzahl von Einzelverbänden (es kommen hier über 16 in Betracht) vermieden werden. Durch eine Konzentration auf den Dachverband soll umgekehrt erreicht werden, daß Aufgaben, die ihrer Natur nach oder wegen ihrer grundsätzlichen, alle Behindertenverbände gleichermaßen berührenden Bedeutung zweckmäßiger und wirksamer wahrgenommen werden können. Zugleich wird hierdurch gewährleistet, daß allen Verbänden finanzielle Hilfen des Bundes zugute kommen. Mit Ausnahme des Bundesverbandes für spastisch Gelähmte und andere Körperbehinderte haben sich alle in Betracht kommenden Verbände diesen Überlegungen nicht verschlossen. Ich darf abschließend noch darauf hinweisen, daß Einzelprojekte der Verbände von dieser Regelung selbstverständlich nicht berührt werden. Anlage 31 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Beermann (SPD) (Drucksache VI/3377 Fragen B 24 und 25) : Ist die Bundesregierung der Auffassung, daß Brücken über Flüsse an der innerdeutschen Grenze, die im Kreis HerzogtumLauenburg am östlichen Ufer der Wakenitz verläuft, instandgehalten werden sollen, damit sie im Falle einer nach Ratifizierung der Verträge vielleicht erfolgenden Öffnung der Grenzübergänge zur DDR jederzeit benutzt werden können? Ist die Bundesregierung bereit, die Kosten für Ausbesserung und Unterhalt derartiger Brücken wenigstens dann ganz oder teilweise zu übernehmen, wenn die unterhaltspflichtige Gemeinde hierzu aus eigenen Mitteln nicht imstande ist, wie es bei der im Kreis Herzogtum-Lauenburg gelegenen Gemeinde GroßSarau der Fall ist, die — zur Instandsetzung der baufälligen Grenzbrücke über die Wakenitz bei Nädlers Horst verpflichtet — die hierzu nötigen Mittel nicht aufbringen kann, so daß sie erwägt, die Brücke ganz abreißen zu lassen, um zu vermeiden, daß gegen sie Regreßansprüche von Wassersportlern erhoben werden, falls diese durch herabfallende Brückenteile zu Schaden gekommen sind? Es wird keine Schwierigkeiten bereiten, Brücken an der innerdeutschen Grenze mit dem Ziel der Wiederaufnahme des Verkehrs kurzfristig instandzusetzen, wenn politisch die hierfür erforderlichen Voraussetzungen geschaffen sind. Jetzt jedenfalls ist es Aufgabe des Trägers der Straßenbaulast, Brücken im Zuge von öffentlichen Straßen zu erhalten und dafür zu sorgen, daß die Bauwerke niemanden gefährden. Einzelheiten richten sich nach dem Straßen- und Wegegesetz für Schleswig-Holstein. Die Gemeinde braucht die Mittel hierfür nicht allein aufzubringen. Die kreisangehörigen Gemeinden erhalten für die Unterhaltung und Instandsetzung von Gemeindestraßen Mittel nach dem Finanzausgleichsgesetz des Landes. Ferner bleibt der Weg offen, daß die Gemeinde sich bei ihrer zuständigen Landesbehörde bemüht, eine Sonderförderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur" zu erreichen. Die Mittel hierfür stellen Bund und Länder bekanntlich gemeinsam zur Verfügung. Anlage 32 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Bauer (Würzburg) (SPD) (Drucksache VI/3377 Fragen B 26 und 27) : Ist das Bundesverkehrsministerium grundsätzlich bereit, auf dem Sektor der gebotenen Rationalisierungsplanungen bei der Deutschen Bundesbahn und der Deutschen Bundespost die Leitungen dieser Institutionen zu einem Mindestmaß an Koordinierung von Einzelmaßnahmen in den davon betroffenen Regionen anzuregen und damit dem Eindruck entgegenzuwirken, daß ein Einsparungseffekt zwar äußerlich durch die Tatsache der Auflösung bisheriger Betriebs- bzw. Amtsniederlassungen behauptet werden kann, während in Wirklichkeit jedoch der Schein-„Erfolg" nur in einer Verlagerung bisheriger Stellen von den Mittelzentren in Großstädte typischer Ballungsgebiete zu verzeichnen ist? Ist das Bundesverkehrsministerium in Würdigung dieser Überlegungen bereit, seinen Einfluß konkret im Fall des Regionalzentrums Würzburg in der Richtung zum Tragen zu bringen, daß 10804 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 scheinbare „Rationalisierungs- und Einsparungs"-Effekte auf dem Weg der Auflösung eines Bahnpostamts durch Versetzung seines Personals in echte Ballungszentren wie z. B. Hannover und Hamburg und der Aushöhlung eines Bahnbetriebswerks durch Verlagerung des modernen Maschinenparks in das Oberzentrum Nürnberg — unter Auszehrung des natürlichen Verkehrsknotenpunkts und der Regionalfunktion des Mittelzentrums Würzburg — vermieden werden und statt dessen — hier wie allgemein -einer sinnvollen Dekonzentrationspolitik in der Raumordnung zugearbeitet wird? Die Einflußmöglichkeiten des Bundesministers für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen auf die Organisation von Bahn und Post sind unterschiedlich geregelt. Bei der Deutschen Bundesbahn ist eine Mitwirkung des Bundesministers für Verkehr nur bei wichtigen organisatorischen Änderungen großer Dienststellen vorgesehen. Im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten sucht der Bundesminister für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen das Zusammenwirken der beiden großen Bundesunternehmen bei der Fortbildung ihrer Organisationsstruktur zu fördern und unkoordinierte Maßnahmen zu verhindern. Bei der Deutschen Bundesbahn und Deutschen Bundespost muß er dabei jedoch dem gesetzlichen für beide Unternehmen geltenden Auftrag, eine eigenwirtschaftliche Unternehmensführung zu gewährleisten, Rechnung tragen. Bei den von Ihnen genannten Fällen in Würzburg handelt es sich um Maßnahmen, die für beide Unternehmen echte Rationalisierungsgewinne bringen. Im Postdienst ist durch die Einführung der Postleitzahlen eine stärkere Zusammenfassung und feinere Verteilung der Briefsendungen bei stationären Postämtern möglich geworden. Der damit einhergehenden außerordentlichen Technisierung des gesamten Postbetriebs wurde seit 1965 auch der Bahnpostbetrieb behutsam angepaßt. In immer größerem Umfang wurde seither die Briefverteilung aus den Bahnposten auf die Postämter verlagert. Da durch die Beschleunigung der Züge auch das Personal in den Bahnpostämtern immer mehr belastet wurde und der Verteildienst in diesen Dienststellen inzwischen mindestens zweieinhalbmal so teuer geworden ist, wie das stationäre Verteilen, hat die Deutsche Bundespost sich entschlossen, diesen Dienst, wie an anderen Stellen bereits geschehen, auch in Würzburg auf ein wirtschaftlich vertretbares Maß zu beschränken. Hinsichtlich des Bahnbetriebswerks Würzburg hat mir die für Rationalisierungsmaßnahmen allein zuständige Deutsche Bundesbahn mitgeteilt, daß z. Z. geprüft wird, wie die Triebfahrzeugverteilung den strukturellen Veränderungen des Verkehrs am besten angepaßt werden kann. Die Überlegungen, in die auch Würzburg einbezogen ist, wurden erforderlich, da auf Grund der inzwischen vorgenommenen und allgemein begrüßten Umstellung weiterer Strecken auf elektrischen Zugbetrieb im Bezirk der Bundesbahndirektion Nürnberg die Einsatzverhältnisse der elektrischen und Diesellokomotiven sich stark geändert haben. Da die Überlegungen der Deutschen Bundesbahn noch nicht abgeschlossen sind, kann z. Z. auch noch nichts über den Umfang einer etwaigen Verlagerung der Unterhaltung elektrischer Lokomotiven von Würzburg gesagt werden. Anlage 33 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Fellermaier (SPD) (Drucksache VI/3377 Fragen B 28 und 29) : Wie beurteilt die Bundesregierung die Tatsache, daß fabrikneue ausländische Kraftfahrzeuge, die von den gewerblichen freien Importeuren oder unmittelbar von Verbrauchern in die Bundesrepublik Deutschland eingeführt werden, von den Technischen Überwachungsvereinen in den Bundesländern völlig unterschiedlich entweder durch eine Sonderprüfung für die Erteilung der Allgemeinen Betriebserlaubnis (ABE) oder lediglich nach dem § 21 der StVZO zugelassen werden? Ist die Bundesregierung vor allem aus Gründen der Verkehrssicherheit wie auch unter dem Gesichtspunkt der strikten Einhaltung der Abgasbestimmungen zum Erlaß einer Rechtsverordnung bereit, in der die Zulassungsbedingungen für solche Importfahrzeuge vereinheitlicht werden? Zu Frage 28: Wird einem Alleinvertriebsberechtigten Händler eine Allgemeine Betriebserlaubnis für eine Serie von Fahrzeugen erteilt, die nach einem bestimmten Typ gefertigt sind, so wird auch nur ein Sachverständigengutachten erstellt. Widersprechende Gutachten kann es in diesem Falle nicht geben. Werden dagegen von einem Händler oder Privatmann einige serienmäßig hergestellte Fahrzeuge aus dem Ausland eingeführt, für die keine Allgemeine Betriebserlaubnis erteilt ist, so ist eine Einzelbetriebserlaubnis nach § 21 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung erforderlich. Der Halter hat ein Recht auf Erteilung einer solchen Betriebserlaubnis, wenn das Fahrzeug vorschriftsmäßig ist. Um voneinander abweichende Gutachten zu vermeiden, die im Zuge der Zulassung bei verschiedenen Zulassungsstellen erstellt werden könnten, sind die Technischen Überwachungs-Vereine vielfach dazu übergegangen, daß ein Verein ein sogenanntes Mustergutachten erstellt. Soll ein weiteres Fahrzeug des gleichen Typs begutachtet werden (möglicherweise bei einem anderen Technischen Überwachungs-Verein), so legt der Sachverständige das bereits erstellte Mustergutachten seiner Begutachtung zugrunde. Ein direkter Einfluß durch Rechtsverordnung oder Anweisung von Verwaltungsbehörden darauf, zu welchem Ergebnis der Sachverständige bei der Begutachtung eines Fahrzeugs kommen soll, ist nicht möglich, da es sich hier um den Beurteilungsspielraum des — insoweit unabhängigen — Sachverständigen handelt. Im übrigen sind der Bundesregierung bis jetzt stark voneinander abweichende Gutachten bei Erteilung von Einzelbetriebserlaubnissen nach § 21 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung in nennenswertem Umfange nicht bekanntgeworden. Zu Frage 29: Eine Vereinheitlichung der Zulassungsbedingungen in dem Sinne, daß für Importfahrzeuge eine Einzelbetriebserlaubnis nach § 21 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung überhaupt nicht mehr in Frage kommt, erscheint nicht vertretbar. Ein berechtigtes Bedürfnis wird in Einzelfällen (z. B. ein Privatmann erwirbt direkt aus dem Ausland ein Fahrzeug und will es in Deutschland zulassen) immer bestehen. Die Bundesregierung wird jedoch demnächst durch Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10805 Rechtsverordnung einige Abgasbestimmungen der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung, die bislang nur für Fahrzeuge mit einer Allgemeinen Betriebserlaubnis galten, auch auf solche Fahrzeuge mit einer Einzelbetriebserlaubnis nach § 21 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung ausdehnen. Damit dürfte der Anreiz entfallen, in bestimmten Fällen zur Umgehung dieser Abgasbestimmungen die Fahrzeuge nicht durch eine Allgemeine Betriebserlaubnis, sondern durch eine Einzelbetriebserlaubnis in den Verkehr zu bringen. Anlage 34 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 30) : Ist die Bundesregierung bereit, im Bereich des Verwaltungsbezirks Braunschweig, der durch rückläufige Konjunktur bedeutende Betriebsstillegungen zu verzeichnen hat, die infrastrukturellen Maßnahmen besonders zu fördern, u. a. die Bevorzugung des Straßenbaus, wie sie in § 4 des Zonenrandförderungsgesetzes gesetzlich fixiert ist, und wenn ja, welche Straßenbauten würden bevorzugt in Angriff genommen werden? Die Bundesregierung hat schon immer im Zonenrandgebiet Infrastrukturmaßnahmen besonders gefördert. Sie hat die besondere Förderungswürdigkeit des Zonenrandgebietes mit § 4 Zonenrandförderungsgesetz ausdrücklich anerkannt. Im übrigen werden im Zusammenhang mit der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Weigl, Dr. Fuchs, Niegel, Spilker und Genossen vorn 17. März 1972, betreffend Probleme der Zonenrandförderung (Drucksache VI/3280) zur Zeit Förderungsmöglichkeiten geprüft. Anlage 35 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Leicht (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 31) : Was sagt die Bundesregierung zu dem „genialen Einfall" der Deutschen Bundesbahn (so „die Rheinpfalz" vom 18. April 1971), möglichst viele Toilettenanlagen auf Bahnhöfen zu schließen mit der Begründung, auch die anderen Verkehrsbetriebe unterhielten derartige Anlagen nicht? Alle Bundesbahndirektionen sind Anfang dieses Jahres mit einer Verfügung der Hauptverwaltung der Deutschen Bundesbahn gebeten worden zu prüfen, ob die von der Deutschen Bundesbahn selbst gewarteten Toilettenanlagen weiterhin notwendig sind oder ob sie aufgelassen werden können. Anlaß waren das im Mai 1971 in Kraft getretene Gaststättengesetz und dazu ergangene landesrechtliche Verordnungen. Die Toilettenanlagen auf den Bahnhöfen befinden sich häufig in unhaltbarem baulichen Zustand. Schwierigkeiten bestehen auch bei der Wartung der Toiletten auf kleinen Bahnhöfen und Haltepunkten. Daher wird in der Verfügung an die Bundesbahndirektionen die frühere Empfehlung wiederholt, auf solchen Bahnhöfen die zur Erneuerung anstehenden Anlagen zu beseitigen, die weder Umsteigebahnhöfe sind noch eine Bahnhofswirtschaft besitzen oder bei denen keine besonderen örtlichen Verhältnisse für die Beibehaltung der Aborte sprechen. Anlage 36 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Peiter (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 32) : Ist das Bundesverkehrsministerium bereit, die mir im August 1970 in Aussicht gestellte Änderung der Dringlichkeitsstufe für die Westerwald-Autobahn jetzt in Erwägung zu ziehen? Wie Ihnen bereits im August 1970 mitgeteilt wurde, ist beabsichtigt, eine kontinuierliche Überprüfung des Bedarfsplanes vorzunehmen, um die Dringlichkeitsreihung den ggf. geänderten Bedingungen anzupassen. Das Gesetz über den Ausbau der Bundesfernstraßen in den Jahren 1971 bis 1985 vom 30. Juni 1971 sieht in § 4 diese Überprüfung jeweils nach Ablauf von fünf Jahren vor. In die bis Ende 1975 durchzuführende Überprüfung wird die Westerwaldautobahn einbezogen. Sollte sich hierbei auf Grund der Verkehrsentwicklung und unter Beachtung des Raumordnungsgesetzes eine Änderung der Dringlichkeitsstufe als notwendig ergeben, wird die Anpassung durch Gesetz geschehen. Das Ergebnis der Überprüfung bleibt aber zunächst abzuwarten. Anlage 37 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Weigl (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 33) : Ist die Bundesregierung bereit, im Hinblick auf die prekäre Beschäftigungslage der beiden Baufirmen Karl Bergauer und Franz Kassecker, beide Waldsassen, Kreis Tirschenreuth, für die Vergabe des neuen Bauabschnitts der Westumgehung von Weiden eine erneute Ausschreibung mit einer Beschränkung auf Firmen aus dem Zonenrandgebiet vorzunehmen, da sonst mit umfangreichen Entlassungen bei den genannten Baufirmen gerechnet werden muß? Bei Ausschreibung und Vergabe von Bauarbeiten an Bundesfernstraßen sind die Bestimmungen der Verdingungsordnung für Bauleistungen zu beachten. Die Voraussetzungen zur Aufhebung einer Ausschreibung sind in § 26 Verdingungsordnung für Bauleistungen, Teil A aufgeführt. Ein solcher Grund für eine Aufhebung der Ausschreibung liegt im vorliegenden Falle nicht vor. Die Arbeiten für die Westumgehung Weiden im Zuge der B 15 wurden öffentlich ausgeschrieben. 10806 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 Die Bietergemeinschaft mit den genannten Firmen Bergauer und Kassecker liegt an 2. Stelle. Die Vergabeunterlagen sind erst vor wenigen Tagen beim Bundesverkehrsministerium eingegangen. Die Überprüfung der Unterlagen und die Entscheidung über die Vergabe stehen daher noch aus. Bei der Wertung der Angebote werden jedoch die Richtlinien für die Berücksichtigung bevorzugter Bewerber (z. B. Firmen im Zonenrandgebiet) beachtet. Anlage 38 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Wawrzik (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 34) : Ist die Bundesregierung bereit, entsprechend dem Verfahren, im weiteren Umkreis von Heidelberg auf den in beiden Richtungen einen Kilometer vor der Abfahrt nach Schriesheim und Ladenburg angebrachten Ankündigungstafeln, es handelt sich um die A 81, den Ortsnamen Schriesheim zusätzlich anzubringen und damit dem Wunsch der Gemeinde und seiner Einwohner entsprechend der Bedeutung als Fremdenverkehrszentrum und Weinanbaugebiet Rechnung zu tragen? Sowohl an den Vorwegweisern 500 m vor und an den Wegweisern unmittelbar an der Anschlußstelle Ladenburg der Bundesautobahnstrecke Darmstadt—Heidelberg ist Schriesheim aus beiden Fahrtrichtungen als Ausfahrtziel angegeben. Die 1000 m vorher aufgestellten Ankündigungstafeln mit der Aufschrift „Ladenburg" haben keine wegweisende Funktion, sondern lediglich die Aufgabe, den Verkehrsteilnehmer auf die bevorstehende Ausfahrt aufmerksam zu machen. Nach den „Richtlinien für die wegweisende Beschilderung an Bundesautobahnen" (Entwurf 1968) „sollen die Namen der Anschlußstellen möglichst kurz sein" und in der Regel „nur nach einem Ausfahrtziel" benannt werden. Davon wird im allgemeinen nur dann abgewichen, wenn bei einem Ort mehrere Anschlußstellen gleichen Namens unterschieden werden müssen, z. B. Heidelberg-Dossenheim. Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß den Belangen der Gemeinde Schriesheim durch die heute vorhandene Wegweisung ausreichend Rechnung getragen und eine Änderung der Ankündigungstafeln nicht in Erwägung zu ziehen ist. Anlage 39 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Haar vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Lenzer (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 35) : Kann die Bundesregierung gewährleisten, daß im Rahmen der ab Sommerfahrplan 1972 vorgesehenen Erweiterungen des Intercity-(IC)-Netzes durch die beiden Linien Emden—MünsterHagen—Frankfurt/Main sowie Köln—Siegen—Gießen—Kassel am Bahnhof Dillenburg Halte für alle in das IC-Erweiterungsnetz eingeplanten Züge der Ruhr-Sieg-Strecke eingerichtet werden? Wie mir die Deutsche Bundesbahn mitgeteilt hat, werden z. Z. für die Gestaltung der Fahrpläne des ab Sommerfahrplan 1973 — nicht 1972 — anlaufenden Ergänzungsnetzes zum IC-Verkehr sehr eingehende Untersuchungen über die tatsächliche Verkehrsnachfrage in den einzelnen Regionen durchgeführt. Nach dem derzeitigen Stand der Untersuchungen ist es nach Mitteilung der Deutschen Bundesbahn durchaus möglich, daß Schnellzüge wie bisher in Dillenburg halten. Anlage 40 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Ravens vom 27. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dasch (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 36) : Ist die Bundesregierung bereit, der Stadt Burghausen (Kreis Altötting, Bayern) zur Weiterführung ihres Altstadtsanierungsvorhabens die zugesagten 1,4 Millionen DM Bundesmittel als Zuschüsse zu den Bauvorhaben und nicht nur als Förderungsmittel zu den Planungskosten zu bewilligen? Auf Grund des in voller Übereinstimmung mit den obersten Landesbehörden aufgestellten Bundesprogramms 1971 ist dem Land Bayern für die Altstadtsanierung in Burghausen antragsgemäß eine Bundesfinanzhilfe in Höhe von 1,1 Millionen DM zugeteilt worden. Die Finanzhilfe ist dem Vorschlag des Landes entsprechend zur Deckung der Kosten der Ordnungsmaßnahmen bestimmt. Zu den Ordnungsmaßnahmen gehören insbesondere die Bodenordnung, der Umzug von Bewohnern und Betrieben, die Beseitigung baulicher Anlagen und eine etwaige Erschließung. Dem weitergehenden Antrag des Landes Bayern, für die Neubebauung in Burghausen eine zusätzliche Bundesfinanzhilfe zu gewähren, konnte aus den Gründen nicht entsprochen werden, die ich auf die Frage des Abgeordneten Dr. Schneider (Nürnberg) in der Fragestunde des Deutschen Bundestags am 1. März 1972 dargelegt habe (174. Sitzung, Stenographisches Protokoll S. 10 091 B). Da es danach Aufgabe des Landes ist, die für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stehenden Mittel auch in die Sanierungsgebiete zu lenken, um dort die Förderung von Neubaumaßnahmen zu ermöglichen, ist es nicht möglich, die für die Ordnungsmaßnahmen zugesagten Bundesmittel für die Bauvorhaben zu bewilligen. Anlage 41 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Ravens vom 24. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Jahn (Braunschweig) (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 37) : Kann die Bundesregierung Auskunft darüber geben, ob, wie es das Zonenrandförderungsgesetz vorsieht, tatsächlich für den Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 10807 Wohnungsausbau im Verwaltungsbereich Braunschweig 30 Prozent erhöhte Förderungsbeträge aufgewandt wurden, und wenn nein, was war die Ursache, daß die gesetzliche Regelung nicht erfüllt wurde? Die zuständige oberste Landesbehörde — hier also der niedersächsische Sozialminister — kann nach § 5 Abs. 2 Zonenrandförderungsgesetz zulassen, daß die Förderungssätze für Bauvorhaben im Zonenrandgebiet bis zu einem Drittel über die normalen Sätze angehoben werden können. Ich habe den niedersächsischen Sozialminister gebeten, mir mitzuteilen, ob er von dieser Ermächtigung im Verwaltungsbezirk Braunschweig Gebrauch gemacht hat. Sobald seine Antwort vorliegt, werde ich sie Ihnen mitteilen. Anlage 42 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Moersch vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) (Drucksache VI/3377 Frage B 38) : Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, die St.-PetriSchule in Kopenhagen, die als Begegnungsschule Bedeutung hat, durch Entsendung qualifizierter Lehrkräfte in stärkerem Maße zu fördern? Die St. Petri-Schule in Kopenhagen wird gegenwärtig vom 285 Schülern besucht. 100 von ihnen sind deutschsprachig. Die deutsche Unterstützung besteht zur Zeit darin, daß die Bundesrepublik auf 2 Planstellen der Schule vermittelte Lehrer entsendet. Eine dieser Planstellen ist zur Zeit unbesetzt, da einer der Lehrer 1971 pensioniert wurde, aber noch unterrichtet. Im Herbst 1972 ist die Neubesetzung dieser Stelle vorgesehen. Die Entsendung einer dritten Lehrkraft wird für 1973 erwogen, da die Schule bis zur Klasse 10 zweizügig durchgeführt werden wird. Ein Mitglied der Zentralstelle für das Auslandsschulwesen wird noch im Laufe dieses Jahres am Ort selbst Fragen der Struktur und der Förderung der Schule besprechen. Die St. Petri-Schule beantragte kürzlich die Vermittlung eines deutschen Schulleiters, da der jetzige Direktor, eine Ortskraft mit deutscher Ausbildung, voraussichtlich im Jahre 1975 in den Ruhestand tritt. Das Auswärtige Amt und die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen sind grundsätzlich bereit, einen deutschen Leiter zu vermitteln. Wegen der Besonderheiten der dänischen Schulgesetzgebung sind jedoch noch zuvor Detailfragen zu klären. Anlage 43 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 27. April 1972 auf die Schriftlichen Fragen des Ab- geordneten Niegel (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Fragen B 39 und 40) : Verwaltet die „Garching Instrumente" der Max-Planck-Gesellschaft sämtliche Patente der Max-Planck-Gesellschaft oder nur einzelne Institute? Wieviel Patente werden z. Z. von der "Garching Instrumente" verwaltet, und wie werden die Einnahmen verteilt? Die „Garching Instrumente Gesellschaft zur industriellen Nutzung von Forschungsergebnissen mbH" wurde 1970 als echtes Wirtschaftsunternehmen in organisatorischer und personeller Trennung von der Max-Planck-Gesellschaft errichtet. Die Verwaltung der Patente der MPG erfolgt durch die Patentabteilung der MPG beziehungsweise durch die einzelnen Institute der Gesellschaft. Die MPG beauftragt im Einzelfall die „Garching Instrumente" mit der Verwertung von Patenten, anderer gewerblicher Schutzrechte sowie nicht schutzrechtsfähigen know how's, insbesondere von in den Max-Planck-Instituten entwickelten Verfahren und Geräten. Hierbei handelt es sich um kommissionsähnliche Geschäfte. Die MPG entscheidet im Einzelfall, welche Patente sich für eine Verwertung eignen. Zur Zeit ist die „Garching Instrumente" mit der Verwertung von etwa 120 Patenten und Erfindungen der MPG befaßt. Die Erlöse fließen den Instituten der MPG direkt zu und kommen dort der wissenschaftlichen Arbeit sowie den Erfindern entsprechend den Bestimmungen des Arbeitnehmererfindungsgesetzes zugute. Die „Garching Instrumente" erhält eine Erfolgsprovision, die im Einzelfall 1/10 bis 1/3 des Wertes beträgt. Anlage 44 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 27. April 1972 auf die Schriftliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Walz (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 41): Ist die Bundesregierung mit ihrer Antwort auf meine Frage (Drucksache VI/3243, B. 49, Stenographischer Bericht über die 179. Sitzung am 17. März 1972, Seite 10443), daß die Abnahme der Steigerungsraten der Ausgaben des Bundes für den Hochschulbau durch die Deckung des Nachholbedarfs ab 1975 bzw. den daran eintretenden bedarfsgerechten Hochschulbau zu rechtfertigen sei, von ihrer Zielvorstellung einer Studentenzahl von 1,1 Millionen abgekommen, oder hält sie den Stand der Bedarfsforschung im Hochschulbereich in der Weise für ausreichend, daß sie deren Ergebnisse offenbar bereits zum heutigen Zeitpunkt zur Grundlage von derart ausgabewirksamen Finanzperspektiven macht? Bund und Länder haben in dem von ihnen gemeinsam erarbeiteten Zwischenbericht der Bund-LänderKommission für Bildungsplanung über den Bildungsgesamtplan und ein Bildungsbudget die langfristigen Ziele für den Umfang des Hochschulbereiches festgelegt. Hiernach wird für das Jahr 1985 je nach Verwirklichung der im Bildungsgesamtplan angenommenen Alternativen eine Studentenzahl von 970 000 bis 1 050 000 erwartet und ein entsprechender Ausbau der Hochschulkapazität angestrebt. Dies entspricht auch den Vorstellungen der Bundesregierung über den Anteil von Studienanfängern am Ge- 10808 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 184. Sitzung. Bonn, Freitag, den 28. April 1972 burtsjahrgang. Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung von diesem, mit den Ländern vereinbarten Ziel abzuweichen. Sie ist im Gegenteil darum bemüht, bei der jährlichen Aufstellung der Rahmenpläne nach dem Hochschulbauförderungsgesetz darauf hinzuwirken, daß die hierbei von den Ländern angemeldeten mittelfristigen Ausbauziele in Einklang mit den langfristigen Zielen des Bildungsgesamtplans stehen beziehungsweise zur Übereinstimmung gebracht werden. Die Anmeldungen der Länder für den 2. Rahmenplan machen deutlich, daß die Länder aus verschiedenen Gründen z. T. von wesentlich höheren Zielvorstellungen ausgehen, als nach dem Bildungsgesamtplan angestrebt wird. Bund und Länder befinden sich deshalb gegenwärtig in einer intensiven Abstimmungsphase. Bei der Festlegung der langfristigen Ziele des Bildungsgesamtplans für 1985 ist sowohl die erwartete Nachfrage nach Studienplätzen als auch der voraussichtliche Bedarf an Hochschulabsolventen für die Ausbildungsbereiche berücksichtigt worden, für die bereits heute Aussagen annähernd möglich sind. Dies gilt insbesondere für Lehrer und Mediziner. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, daß die in meinem Antwortschreiben vom 16. März 1972 (Drucksache VI/3243, B 49) erwähnte Abnahme der Steigerungsraten der Ausgaben des Bundes für den Hochschulbau nach 1975 die im Bildungsgesamtplan gesteckten Ausbauziele in keiner Weise beeinträchtigt. Besonders die verstärkte Rationalisierung und die von der Bundesregierung in Zusammenarbeit mit Ländern und Hochschulen angestrebte intensivere Nutzung der Hochschulbauten werden geringere Zuwachsraten für die Ausgaben für den Hochschulbau rechtfertigen. Anlage 45 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 27. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Hubrig (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 42) : Wann gedenkt die Bundesregierung, den schon seit längerer Zeit vorliegenden Entwurf eines zweiten Meeresforschungsprogramms dem Parlament und der Öffentlichkeit vorzulegen? Die Veröffentlichung des Zweiten Gesamtprogramms für Meeresforschung und Meerestechnik in der Bundesrepublik Deutschland 1972 bis 1975 ist im Sommer dieses Jahres vorgesehen. Vorher soll der Bundestagsausschuß für Bildung und Wissenschaft über den Inhalt unterrichtet werden. Anlage 46 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Raffert vom 27. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 43) : Trifft es zu, daß Professor C. C. von Weizsäcker (Heidelberg) für seine wissenschaftliche Nebentätigkeit für die Heidelberger Studiengruppe für Systemforschung ein Honorar von 12 000 DM erhält, und wenn ja, hält die Bundesregierung dieses Honorar für angemessen? Wie Ihnen Herr Minister von Dohnanyi schon am 11. April 1972 mitgeteilt hat, erhält Herr von Weizsäcker das Honorar für die Leitung des Forschungsbereichs „Bedarfsvorausschätzung und Informationsökonomie". Der Betrag von 12 000 DM jährlich ist angesichts der Qualifikation von Herrn von Weizsäcker und der Bedeutung und des Umfangs der Aufgaben dieses Bereichs, für die im Wirtschaftsplan der Studiengruppe für Systemforschung in Heidelberg fünf Wissenschaftlerstellen ausgewiesen sind, angemessen. Anlage 47 Schriftliche Antwort des Staatssekretärs Dr. von Manger-Koenig vom 26. April 1972 auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Probst (CDU/CSU) (Drucksache VI/3377 Frage B 44) : Welche Forschungsinstitute, Forschungszentren und sonstige Forschungseinrichtungen beschäftigen sich z. Z. in Deutschland mit der Krebsforschung, und wie gedenkt die Bundesregierung die Krebsforschung in Deutschland zu koordinieren? Mit der Krebsforschung, die in der BRD Teil der wissenschaftlichen Forschung ist, befassen sich viele Wissenschaftler, wissenschaftliche Institutionen und Organisationen. In Essen und Ulm bestehen besondere Krebsforschungsinstitute der Universitäten. Daneben arbeiten Wissenschaftler an Teilfragen der Krebsforschung auch an anderen Universitäten, Kliniken und Institutionen. Eine große Zahl von einschlägigen Einzelprojekten wird vom Bund und der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanziell gefördert. Die Bundesregierung ist außerdem an der Finanzierung des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg und der Deutschen Krebsgesellschaft, ferner — auf internationaler Ebene — an der Internationalen Union gegen Krebs in Genf und der Internationalen Zentralstelle für Krebsforschung in Lyon beteiligt. Alle diese wissenschaftlichen Institutionen haben neben eigenen Forschungsaufgaben auch koordinierende Funktionen.
Gesamtes Protokol
Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0618400000
Die Sitzung ist eröffnet.
Meine Damen und Herren! Das Wort zu einer
Erklärung
außerhalb der Tagesordnung hat der Herr Bundeskanzler.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618400100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einer Bitte der Koalitionsfraktionen folgend und auf Grund eines Gesprächs, das Kollege Scheel und ich gestern nachmittag mit den Kollegen Barzel und Stücklen geführt hatten, halte ich es für richtig und notwendig, hier in aller Kürze den Versuch zu machen, die Lage zu betrachten, die sich aus dem erfolglos gebliebenen Mißtrauensantrag ergeben hat. Ich möchte damit einige Anregungen verbinden, von denen ich hoffe, daß sie für unsere weitere Arbeit nützlich sein können.
Herr Kollege Dr. Schröder hat gestern die politische Polarisierung in unserem Lande beklagt. Also sollte sich uns allen die Frage stellen, ob und wie wir eine für das Staatsganze schädliche Polarisierung überwinden können.
Erste Voraussetzung dafür ist, sich nicht zu Hektik und Verwirrung verleiten zu lassen, sondern in Ruhe und Gelassenheit unsere Verantwortung wahrzunehmen, die einen in der Regierung, die anderen in der Opposition. Ich meine, daß mit einem allgemeinen Bekenntnis zur Gemeinsamkeit in Grundfragen deutscher Politik nicht viel gewonnen wäre. Worauf es jetzt ankommt, ist die gemeinsame Fähigkeit zur sachlichen Erledigung unserer parlamentarischen Aufgaben gerade auf den Gebieten, auf denen die Meinungen stark auseinandergehen.
Aber ich halte es darüber hinaus nicht für abwegig, auch zu prüfen, ob es in bestimmten Bereichen Ansatzpunkte für mehr Gemeinsamkeit in der Sache gibt. Dieser schwierigen Aufgabe dürfen wir uns um so weniger entziehen, als die Ereignisse dieser Tage von Millionen Menschen in unserem Lande mit einer ungewöhnlichen Anteilnahme verfolgt worden sind. Wir, die wir gewissermaßen Akteure
auf der politischen Bühne unseres Landes sind, sollten dafür dankbar sein. Denn die Demokratie lebt von der Anteilnahme und dem politischen Engagement ihrer Bürger.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Sie lebt aber eben ganz wesentlich auch davon, daß wir in diesem Hohen Hause, und sei der Kampf noch so hart, nie außer acht lassen, daß wir alle zusammen Repräsentanten unseres Gemeinwesens sind.

(Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Wie sieht nun die politische Landschaft aus, in der wir uns seit gestern befinden? Das Scheitern des Antrags der Opposition auf ein konstruktives Mißtrauensvotum hat gezeigt, daß in diesem Hause eine Mehrheit für eine andere Bundesregierung nicht gegeben ist, und es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, daß sich dies ändern wird. Wir werden weiterhin miteinander leben und arbeiten müssen. Dies fällt den Kollegen von der Opposition offensichtlich und verständlicherweise nicht leicht. Aber es gibt Schwierigkeiten und Hindernisse in beiden Richtungen,

(Abg. Dr. Barzel: Das war kein guter Satz, Herr Bundeskanzler!)

wenn sich auch gestern die eine Seite mehr beschwert gefühlt hat als die andere.

(Abg. Katzer: Das wird sich ja noch zeigen!) Das ist doch nichts Böses, Herr Kollege Barzel.


(Abg. Dr. Barzel: Der zweite Satz nicht, der erste ja!)

Die Verfassungswirklichkeit sieht so aus, daß der Bundeskanzler mit keiner tragfähigen Alternative zu seiner Regierung und der sie tragenden Koalition konfrontiert worden ist. Und der Bundeskanzler hat nicht die Absicht, den ihm erteilten Auftrag in Frage zu stellen und denen zu folgen, die in ihren Kommentaren eine Regierungskrise oder gar eine Staatskrise konstruieren möchten.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf des Abg. Katzer.)

Dies liegt nicht im Interesse unseres Staates; also darf ich mich darauf nicht einlassen.

(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)




Bundeskanzler Brandt
Dabei ist es nun keine neue Erfahrung -- vielmehr ist insoweit die Erfahrung seit dem Herbst 1969 nur noch einmal bestätigt worden —, daß meine Regierung in strittigen Fragen nicht mit eindrucksvollen Mehrheiten rechnen konnte und kann. Ich hatte allerdings bereits gestern darauf hingewiesen, meine Damen und Herren, daß knappe Mehrheiten gegenwärtig das Schicksal politischer Führungen in modernen Industriegesellschaften zu sein scheinen. Und es gibt zahlreiche Beispiele innerhalb und außerhalb unseres Landes, daß Wahlen kein Patentrezept sind, um dies zu ändern. Knappe Mehrheiten brauchen uns nicht zu schrecken, und ich meine, wir sollten sie uns auch nicht gegenseitig vorrechnen.
Aber natürlich gibt es Anlaß zu der Frage, ob zentrale Probleme unseres Landes bei einem relativen Gleichgewicht der politischen Kräfte — und darum handelt es sich — durch eine jeweils knappe Mehrheit entschieden werden dürfen.

(Abg. Dr. h. c. Kiesinger: Sehr richtig!)

Auf diese Frage gibt es keine abstrakte Antwort, sondern es gibt auf sie nur die jeweilige konkrete Antwort. Insoweit ist es wie beim Gewaltverzicht, meine Damen und Herren.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Sie werden verstehen, meine verehrten Kollegen von der CDU/CSU, daß wir von der Regierung meinen, die Ratifizierung der Ostverträge notfalls auch mit einer ganz knappen Mehrheit durchsetzen zu müssen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Denn wir sind nun einmal davon überzeugt, daß die Möglichkeiten des Liegenlassens und des „So nicht" oder des „Noch nicht" keine Alternativen sind.

(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir befürchten — und diese Furcht, diese Besorgnis ist begründet —, daß die Folgen eines solchen Verhaltens unserem Land unübersehbare außenpolitische Schwierigkeiten bereiten würden. Wir alle, vor allem aber die Berliner, würden der unbestreitbaren Vorteile verlustig gehen, die sich direkt oder indirekt aus der Ratifizierung der Verträge ergeben.
Es fragt sich also: Können wir oder können wir nicht im Zusammenhang mit den Verträgen doch noch zu gemeinsamen Feststellungen in der Außen- und Deutschlandpolitik kommen? Ich stelle eine mehrfach gegebene Anregung zur Diskussion, in der nächsten Woche anläßlich der Abstimmung über die Verträge in einer gemeinsamen Entschließung dieses Hohen Hauses die außenpolitischen Ziele unseres Landes, in deren Gesamtzusammenhang die Verträge gehören, erneut zu bekunden. Dies ist mein erster Vorschlag, und die Regierung wäre gern bereit, noch zum Wochenende einen entsprechenden Entwurf zu unterbreiten.
Meine Damen und Herren, ein weiteres Gebiet, auf dem Ansatzpunkte zu mehr sachlichem Zusammenwirken geprüft werden sollten, ist die Währungs- und Finanzpolitik. Das erscheint mir um so notwendiger, als die Parteien dieses Hohen Hauses
alle auch auf Landes- und Kommunalebene Verantwortung tragen. Der Versuch zu, wie ich es nannte, sachlichem Zusammenwirken kann für die Regierung und die sie tragende Koalition natürlich nicht bedeuten, sich auf unserer Überzeugung nach falsche Annahmen festnageln zu lassen oder sich hinsichtlich der Reformpolitik zu etwas verurteilen zu lassen, was wir als Nichthandeln empfinden würden.
Andererseits, meine Damen und Herren, sind wir uns doch, wenn ich es gestern und vorgestern bei allem Streit richtig verstanden habe, im Grunde in dem Wunsch nach mehr Stabilität, nach geringeren Preissteigerungen und nach einem ausgewogenen Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand einig. Der von den Koalitionsfraktionen eingebrachte Entschließungsantrag zielt verstärkt in diese Richtung. Vielleicht kann er — und dies ist mein zweiter Vorschlag, den ich in die Form einer Frage kleide — ein Ansatzpunkt für eine umfassende Erörterung der Situation und der sich aus ihr ergebenden Konsequenzen mit allen Seiten dieses Hauses werden.
Außerdem bedrängen uns alle miteinander die Probleme der inneren Sicherheit. Ich habe stets betont, daß dies gemeinsame Sorgen sind und bleiben werden. Hier sollte kein Platz für den Versuch oder die Versuchung sein, graduelle Meinungsverschiedenheiten zu grundsätzlichen Meinungsunterschieden hochzustilisieren. Die Fragen der inneren Sicherheit können wir letzten Endes nur gemeinsam lösen, und auch hier tragen die demokratischen Parteien die Verantwortung auf allen drei Ebenen unseres staatlichen Lebens. Mein dritter Vorschlag geht also dahin, daß wir nach einem etwas gequälten Anfang vor ein paar Wochen zu einem umfassenden Gespräch über diese Fragen kommen. Ich weise dabei darauf hin, daß gerade heute die Innenminister zusammensitzen, um über alle Parteiunterschiede hinweg ihr gemeinsames Sicherheitskonzept zu verabschieden, von dem ich vorgestern vor dem Hohen Hause gesprochen habe.
Meine Damen und Herren, in meiner Sicht kommt es darauf an, in den drei von mir genannten Bereichen das festzuhalten, worüber wir uns in unserer Verantwortung für das Ganze verständigen könnten. Dies darf weder die Regierung am Handeln hindern, noch darf es die Opposition daran hindern, ihre Auffassung ungeschmälert zu vertreten. Es kann aber die Auseinandersetzungen in diesen Bereichen möglicherweise versachlichen. Wenn wir es uns auf beiden Seiten vornehmen, werden wir wohl auch feststellen können, daß man an einer Reihe von Punkten gemeinsam vorgehen kann.
Zur aktuellen parlamentarischen Geschäftslage darf sich die Regierung nur mit Zurückhaltung äußern. Es stellt sich jedoch aus meiner Sicht die Frage, ob in einer Situation mit knappen Mehrheiten zur gemeinsamen Verantwortung nicht auch gehört, daß eine Opposition der Versuchung widersteht, nach einem gescheiterten Mißtrauensvotum ihren Versuch an dem empfindlichen Objekt des Haushalts zu wiederholen

(Lachen bei der CDU/CSU)




Bundeskanzler Brandt
— nicht ohne Not und jedenfalls nicht als das, was als Pflichtübung erscheinen könnte. Dazu darf ich in Paranthese bemerken, daß die Bundesregierung nach den Art. 111 und 112 GG ohnehin haushaltsmäßig genügend Spielraum hat, aus eigener Verantwortung ihre Pflichten zu erfüllen.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen und Zurufe von der CDU/CSU.)

Mein vierter Vorschlag ist, diese wichtige und ernste Frage im Rahmen der Prüfung der Finanzpolitik gemeinsam zu erörtern. Ich habe soeben gesagt, was die Regierung nach der Verfassung könnte, aber ich habe den Vorschlag hinzugefügt — das war mein vierter Vorschlag —, auch über diese wichtige und ernste Frage miteinander zu sprechen.
Über die aktuelle Situation hinaus wird in diesen Tagen stark die Frage von Neuwahlen diskutiert. Ich bin, was dieses Thema angeht, nicht nur als Vorsitzender meiner Partei pflichtgemäß optimistisch. Aber ich habe vor dem Trugschluß gewarnt, Neuwahlen würden mit Sicherheit dazu führen, daß man es plötzlich mit ganz markanten Mehrheiten zu tun hätte. Auch die gestern vom Herrn Kollegen Kiesinger aufgemachte Rechnung, mit der ich natürlich nicht ganz übereinstimme, bestätigt dies im Prinzip.
Abgesehen davon ist mir allerdings auch die Haltung der Opposition zu dieser Frage, über die jetzt viel diskutiert wird, noch unklar. In dem gestrigen Gespräch, das wir mit den Kollegen Barzel und Stücklen führten, haben Herr Scheel und ich nicht den Eindruck gewonnen, als ob ,die CDU/CSU ein aktuelles Interesse an dieser Frage hätte. Dabei wissen wir aber doch: Im Grunde ermöglicht unsere Verfassung Neuwahlen ohne zusätzlichen Streit und Krampf nur dann, wenn sich alle Fraktionen des Hohen Hauses auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen. Ich bin bereit, auch darüber zu sprechen, wenn anders Handlungsfähigkeit bis zum Ende der Legislaturperiode nicht gesichert werden kann. Dies wäre mein fünfter Vorschlag.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich möchte nicht mißverstanden werden: Diese Bundesrepublik Deutschland braucht nicht nur, sondern sie hat eine Regierung, und die tut ihre Pflicht

(Beifall bei den Regierungsparteien)

unabhängig von der Temperatur ,des innenpolitischen Streits. Aber es wäre in der uns allen bekannten Lage vernünftig, wenn wir versuchten — keiner weiß, wieweit das gelingt —, etwas mehr gemeinsames Terrain zu gewinnen, ohne die Fronten zu verwischen, ohne Überzeugungen zu desavouieren, ohne falsche Vorstellungen der Eintracht zu wecken. Aber aus gemeinsamer Verantwortung müssen wir miteinander reden können. Ich stehe allen Fraktionen dieses Hauses zu einem solchen Gespräch zur Verfügung.
Hieraus leitet sich zum Schluß mein sechster Vorschlag ab. Ich präsentiere ihn wiederum als Frage: Sollten wir ,uns nicht möglichst noch heute abend, wenn wir hoffentlich recht viel von unserer heutigen Arbeit erledigt haben, im Kreis der Fraktionsvorsitzenden oder vielleicht noch besser im Kreis der Fraktions- und der Parteivorsitzenden zusammensetzen, um miteinander zu prüfen, was jetzt ohne Verkleisterung möglich ist und was nicht?
Meine Damen und Herren, ich wäre dankbar, wenn diese Anregungen, die sich das Kabinett gestern abend zu eigen gemacht hat, von den Fraktionen, besonders von der Opposition, unvoreingenommen geprüft würden.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0618400200
Das Haus hat die Erklärung der Bundesregierung entgegengenommen.
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Barzel.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Rainer Barzel (CDU):
Rede ID: ID0618400300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Da der Herr Bundeskanzler mir heute früh um 5 nach halb neun, wofür ich danke, den Text der Erklärung zugeleitet hat, die wir eben gehört haben, und wir durch die Zustimmung der anderen Fraktionen eine Fraktionssitzung von einer halben Stunde hatten, kann ich also in voller Abstimmung mit meiner gesamten Fraktion und unvoreingenommen, Herr Bundeskanzler, auf das antworten, was Sie hier vorgetragen und angeboten haben.
Wie Sie wissen — dies sage ich als erstes —, sind die Bundestagsfraktionen der CDU/CSU und ihr Vorsitzender niemals einer Einladung zu einem Gespräch ausgewichen, und wir haben niemals einen Versuch zur Gemeinsamkeit zurückgewiesen.
Ich möchte, Herr Bundeskanzler, daran erinnern — und ich füge hinzu, daß dies nicht zufällig war —: Ich habe doch am Mittwoch an einigen Stellen meiner Rede davon gesprochen, daß ich darauf verzichte, das eine oder andere zurückzugeben, weil das Miteinander in diesem Hause für das sich abzeichnende Übermorgen nicht zerstört werden dürfe. Ich erinnere an alle diese Sätze. Ich habe in dieser Hitze — eigentlich hatte ich Anlaß, ganz anders zu reagieren — z. B. erneut die Rede hier voll auf den Tisch gelegt und zur Diskussion gestellt, die ich für die Opposition im Oktober des vergangenen Jahres zu den Fragen des inneren Friedens und der Solidarität der Demokraten hier gehalten habe. Das haben wir vorgestern gesagt. Ich habe vorgestern, Herr Bundeskanzler, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, aus eben diesen Gründen die grundsätzliche Einstellung der Bundestragsfraktion der CDU/ CSU in dieser Frage für diese gesamte Wahlperiode erneut in Erinnerung gerufen. Mit unseren ersten Erklärungen zu Beginn eines neuen Parlaments machen wir es uns sehr schwer. Sie sind Wort für Wort abgewogen, weil man uns für die ganze Periode soll an jedes Wort erinnern können.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Das habe ich am Mittwoch zitiert. Ich zitiere es erneut, und damit ist ein Teil Ihrer Frage, Herr Bundeskanzler, beantwortet; denn Sie hätten eigentlich gleich eine konkrete Antwort auf diese Dinge geben können. Ich habe am 29. Oktober 1969 gesagt — ich



Dr. Barzel
habe das vorgestern zitiert; mit Genehmigung des Herrn Präsidenten führe ich es erneut in die Debatte ein —:
Wir werden als Opposition nicht nur dafür sorgen, daß die Koalition hier immer wieder für ihre Politik einstehen und ihre Mehrheit beweisen muß. Wir bieten auch in aller Form die Möglichkeit an, in den Lebensfragen der Nation zur Kooperation aller zu kommen. Ob das zum Nutzen aller Deutschen erreicht wird, liegt ganz wesentlich an Ihnen, Herr Bundeskanzler, nämlich an dem Ausmaß, der Stetigkeit und der Offenheit, mit der Sie uns unterrichten, mit uns sprechen und unsere Meinungen in Ihre Entscheidungen einbeziehen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Das gilt! Wir wollen hier in keiner Frage eine Rechthaberei betreiben, weil Sie, Herr Bundeskanzler, sich erinnern, daß wir vor etwas über 14 Tagen ein von der ganzen Öffentlichkeit in Deutschland und insbesondere von kirchlichen Kreisen mit hohen Erwartungen verbundenes Gespräch hatten, wo die Hoffnung vieler im Lande war, man würde in diesem Gespräch zwischen Ihnen, Herrn Scheel, Herrn Stücklen und mir einen Weg finden. Ich hatte auf den Offenen Brief des Bischofs Wölber, einer derer, die diesen Wunsch hatten, geschrieben: Für das Richtige ist es nie zu spät. — Auch das gilt! Wir pflegen nicht, daherzureden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, Sie werden mir erlauben
— mit dem Blick auf den einen Satz, Herr Bundeskanzler, den ich durch einen Zuruf ein bißchen kritisiert habe —, daß ich einen Satz sage, der dann wahrscheinlich Ihnen auch nicht ganz gefällt. Aber wir wollen ja jetzt nicht so tun, als sei dies hier kein Parlament mehr.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ohne den gestrigen Tag hätten wir diese Rede des Bundeskanzlers eben nicht gehört.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Ohne die Festigkeit der Opposition hätten wir
— das wird ja doch auch erlaubt sein zu sagen — sicherlich nicht jenes weitere, zwar jederzeit wider-rufbare, aber doch immerhin registrierbare Entgegenkommen der Verantwortlichen der DDR bekommen,

(Beifall bei der CDU/CSU)

— ein Beweis dafür, daß es so falsch nicht sein kann, wenn wir sagen: Nicht liegenlassen für die nächsten Generationen — auch dies wiederhole ich vom Mittwoch —, sondern für eine geraume Zeit, in der wir uns verständigen auf ein gemeinsames Programm der Freizügigkeit. Dies war unser Angebot.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich verzichte ausdrücklich an dieser Stelle darauf, Herr Bundeskanzler, diesen Punkt in eine Frage zu formulieren, auf die ich jetzt hier im Hause gern eine Antwort hätte. Das kann man auch in einem Gespräch beantworten. Das gilt nicht für alle anderen Punkte, zu denen ich dann komme.
Wenn Sie uns, Herr Bundeskanzler, ermahnen, nun weiterzuarbeiten und dies in Gelassenheit zu tun, dann ist das sicher gut. Ich glaube, wir auf unserer Seite brauchten diese Ermahnung nicht. Denn es ist unsere Meinung, daß das, was in einer schwierigen Lage zu tun ist, immer ist, sich an die Prinzipien, an die Grundsätze und an das normale Verfahren zu halten. Dies ist eine Lebenserfahrung und wahrscheinlich auch eine parlamentarische Erfahrung. Was ist dann normaler, als hier heute den Haushalt zu debattieren und die Entscheidungen zu treffen, die von diesem Hause getroffen werden müssen? Das ist das Normale.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Herr Bundeskanzler, in der Beurteilung der Lage kann ich Ihnen nur zur Hälfte zustimmen. Sie haben recht: das konstruktive Mißtrauensvotum ist nicht zum Zuge gekommen. Ebenso richtig ist, daß gestern mittag bei dieser Abstimmung für die Bundesregierung eine Mehrheit nicht gegeben war. Dies ist ebenso richtig.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Nun haben Sie an uns die Frage gestellt: Wie haltet ihr es mit Neuwahlen? Ich werde diese Frage beantworten, Herr Bundeskanzler. Nachdem Sie aber zuerst gesagt hatten: „Wir werden hier arbeiten!", und nachdem Sie auch die Art. 111 und 112 des Grundgesetzes genannt hatten, mußte dies jeder so verstehen: Ich gebe von mir aus den Weg zu Neuwahlen nicht frei. Sonst hätten Sie hier ja eine Andeutung gemacht, die Möglichkeiten des Grundgesetzes zu ergreifen, denn es gibt in der ganzen Bundesrepublik Deutschland, den Bundespräsidenten und alle eingeschlossen, nur einen Mann, der den Weg zu Neuwahlen freimachen kann. Das ist der Bundeskanzler Willy Brandt. Ein anderer kann das nicht.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Herr Bundeskanzler, erlauben Sie eine scherzhafte Bemerkung. Ich glaube, daß wir unser beider Beratungen nicht so weit treiben sollten, daß Sie den Rat des Führers der Opposition selbst in solchen Fragen einholen. Das, glaube ich, sollten wir nicht tun.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, unsere grundsätzliche Antwort auf diese Frage lautet: Tun wir das, was unsere Pflicht ist! Lesen wir den Haushalt, machen wir die Arbeit, für die wir hier sind, die Arbeit, die auf der Tagesordnung steht: Haushalt der Bundesrepublik Deutschland.

(Abg. Katzer: Sehr wahr!)

Wir befassen uns mit dem Haushalt ohnehin spät genug. Wir haben Ende April. Erst durfte er wegen eines Wahltermins nicht gelesen werden,

(Abg. Katzer: Sehr wahr!)

und jetzt wissen wir gar nicht, wie überhaupt noch
das Interesse der Regierung an ihrem Haushalt ist.
Deshalb möchte ich mich nun nach diesem allgemeinen Teil auch zu den sechs konkreten Fragen, Herr Bundeskanzler, so präzise äußern, wie dies hier nötig ist, obwohl Ihre Fragen nicht alle konkret



Dr. Barzel
waren. Da gab es immer so viele Vorder- und Hintersätze. Aber lassen wir das in dieser Stunde.
Die erste Frage an uns: Hat es einen Sinn, über gemeinsame Feststellungen zur Außenpolitik zu sprechen? Die Antwort heißt: Die Bundesregierung kann, wenn sie dies für richtig und zweckdienlich hält — dies ist ihre Entscheidung; Sie haben davon eben wieder gesprochen —, einen Entwurf vorlegen. Diesen Entwurf werden wir mit aller Gewissenhaftigkeit und aller Ernsthaftigkeit prüfen und uns entscheiden, wenn wir ihn kennen. Wir können doch jetzt nicht ins Blaue hinein sagen: Wir werden einem Entwurf zustimmen. Wir haben doch auch daran zu denken, meine Damen und Herren, daß hier in dem Hause wir alle Mühe haben—wenn wir ehrlich sind , mit dem Gang der Ereignisse gerade noch mitzukommen. Ob das aber unsere Bürger alle verstehen, wenn jetzt etwa der Verdacht einer Geheimniskrämerei in dieser Frage aufkäme? Dazu ist kein Anlaß. Unsere Haltung ist klar und ist jedermann bekannt. Herr Bundeskanzler, machen Sie also, wenn Sie es für richtig halten, einen Entwurf. Den wollen wir dann besprechen.
Da Sie sich hier aber zugleich festgelegt haben, selbst das kurzfristige Liegenlassen des Vertragswerks abzulehnen, haben Sie natürlich den Spielraum und den zeitlichen Raum für Zusammenwirken so eingeengt, daß ich fürchte, Herr Bundeskanzler, daß wir, selbst wenn wir zum Sonntag Pfingsten hätten und wir alle dann die besondere Gnade dieses Tages genießen könnten, zu diesem Wochenende mit der schwerwiegenden Frage nicht fertig werden könnten.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618400400
In dem Zeitablauf und in der Bereitschaft zur normalen Arbeit, in diesen beiden Punkten liegt der konkrete Beweis für den Gehalt der Rede, die wir hier soeben gehört haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Herr Bundeskanzler, Sie haben auf Berlin hingewiesen. Das ist sicherlich kein Anlaß, uns hier nicht diese Zeit zu nehmen, die wir alle haben. Zur Sache selbst will ich nicht wiederholen, was meine Kollegen Schröder und von Weizsäcker in der Debatte gesagt haben. Das gibt unsere Auffassung treffend wieder.
Zweiter Punkt: Währungs- und Finanzpolitik. Herr Bundeskanzler, in diesem Bereich kenne ich nur eine einzige Frage, über die man sich vielleicht in einem normalen parlamentarischen Leben auch mit einer Opposition verständigt. Das ist sicherlich jetzt nicht der Fall; denn sonst würden Sie ja auch nicht öffentlich hervorkehren, es müsse sich um die Währungsdinge handeln. Herr Bundeskanzler, aber über Finanzpolitik ein Gespräch zu führen während einer laufenden Haushaltsberatung? Herr Bundeskanzler, wenn Ihr Haushalt gut ist, dann können wir ihn hier debattieren. Wenn der Haushalt schlecht ist, dann wollen wir ihn verändern oder müssen wir ihn ablehnen. Aber das gehört doch hier ins Haus. Hier im Haus ist doch die Debatte über den Haushalt zu führen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Drittens: Innere Sicherheit. Herr Bundeskanzler, ich wiederhole hier, was ich Ihnen eingangs des Gesprächs von Mittwoch vor 14 Tagen zu dem Thema gesagt habe. Hier kann man — dies muß jeder Vernünftige einräumen — sich nicht der Erkenntnis verschließen, daß es in den Fragen der inneren Sicherheit — konkret: der Kriminalität, noch konkreter: auch des politischen Radikalismus; das alles gehört zusammen — einige Punkte gibt, die man zweckmäßigerweise nicht in der Öffentlichkeit erörtert. Deshalb gibt es Vertrauensmännergremien und solche Dinge, wie wir ja alle wissen. Aber das ist ein ganz kleiner Teil. Alles andere macht eine Regierung durch die Vorlage, die sie dem Haus vorlegt. Wenn ich mich erinnere, mit welchen unglaublichen Vokabeln der Bundesminister der Justiz unseren Gesetzentwurf, der die Reihenkriminalität einschränken sollte, einen Gesetzentwurf, nach dem die Innenminister der Länder aus allen Parteien rufen, zurückgewiesen hat, — ich will auch das jetzt herunterschlucken. Nur, ein Gespräch der Verantwortlichen vermag nicht die Vorlagen zu ersetzen, die dieses Haus braucht, und die Bereitschaft aller, sie dann zügig zu verabschieden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Hierzu muß ich auf einen Punkt zurückkommen. Sie werden das heute, Herr Bundeskanzler, vielleicht nicht beantworten können, obwohl Sie schon zwei Tage Zeit haben, die Frage von mir zu beantworten. Sie haben sie nicht beantwortet. Sie haben mir auf meine Vorhaltung, daß die Zahl der Aktionsgemeinschaften zwischen dem kommunistischen „Spartakus" und dem Sozialdemokratischen Hochschulbund zunehme, erklärt: Mit denen haben wir nichts zu tun. Und Sie haben erklärt, dagegen hätten Sie Beschlüsse gefaßt. Vielleicht haben Sie sie gefaßt. Ich habe sie noch nicht gelesen. Wenn es sie gibt — Herr Kollege Börner hat sicher ein gutes Archiv in seiner Parteibaracke —, kann er sie mir doch im Laufe der nächsten Stunde einmal hier zeigen.

(Zurufe von der SPD. — Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Und die Wirkung der Beschlüsse möchten wir dann sehen!)

— Meine Damen und Herren, wenn Sie das beunruhigt, daß wir hier eine konstruktive Antwort auf eine beachtenswerte Rede des Bundeskanzlers geben, machen Sie das man, machen Sie das man! Die Öffentlichkeit und dieses Haus machen sich darüber ihr eigenes Urteil.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Sie hatten mir, Herr Bundeskanzler, als ich Ihnen vorhielt, dann sollten Sie denen doch den Namen „Sozialdemokratisch" untersagen, gesagt, dies ginge nicht. Ich habe Ihnen am Mittwoch vorgelesen, welche Verabredung der Gründung des SHB nach einer Veröffentlichung dieses Bundes zugrunde liegt, eine Verabredung zwischen Ihrem Parteivorstand und dieser Studentenorganisation, nämlich die Verabredung, daß der Name „Sozialdemokratisch" nur widerruflich geführt werden könne. Was gilt nun? Diese Verabredung? Oder kann man es nicht widerrufen, oder will man es nicht widerrufen? Das muß doch in Ordnung kommen. Das, meine Damen und



Dr. Barzel
Herren, muß ganz sicher in Ordnung kommen, bevor wir uns zu diesem Punkt 3 in Gespräche einlassen. Denn es muß doch auch eine Basis dafür bestehen, daß das, was der andere sagt, auch gilt, und nicht nur gilt, sondern auch stimmt, meine Damen und meine Herren!

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Der vierte Punkt, Herr Bundeskanzler, war Ihr Hinweis auf die Art. 111 und 112 des Grundgesetzes. Ich möchte sie, weil dies, glaube ich, sehr wichtig ist, doch im vollen Text in die Debatte einführen:
Artikel 111

(1) Ist bis zum Schluß eines Rechnungsjahres der Haushaltsplan für das folgende Jahr nicht durch Gesetz festgestellt, so ist bis zu seinem Inkrafttreten die Bundesregierung ermächtigt, alle Ausgaben zu leisten, die nötig sind,

a) um gesetzlich bestehende Einrichtungen zu erhalten und gesetzlich beschlossene Maßnahmen durchzuführen,
b) um die rechtlich begründeten Verpflichtungen des Bundes zu erfüllen,
c) um Bauten, Beschaffungen und sonstige Leistungen fortzusetzen oder Beihilfen für diese Zwecke weiter zu gewähren, sofern durch den Haushaltsplan eines Vorjahres bereits Beträge bewilligt worden sind.

(2) Soweit nicht auf besonderem Gesetz beruhende Einnahmen aus Steuern, Abgaben und sonstigen Quellen oder die Betriebsmittelrücklage die Ausgaben unter Absatz 1 decken, darf die Bundesregierung die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftsführung erforderlichen Mittel bis zur Höhe eines Viertels der Endsumme des abgelaufenen Haushaltsplanes im Wege des Kredits flüssig machen.

Artikel 112
Uberplanmäßige und außerplanmäßige Ausgaben bedürfen der Zustimmung des Bundesministers der Finanzen. Sie darf nur im Falle eines unvorhergesehenen und unabweisbaren Bedürfnisses erteilt werden . . .
Herr Bundeskanzler, von diesen Vorschriften machen Sie ja schon vier Monate in diesem Jahr Gebrauch. Ob diese restriktiven Vorschriften in allen Ausgaben, die diese Regierung tätigt, voll eingehalten werden, das wollen wir z. B. in der folgenden Debatte hier erörtern. Ich weiß nicht, was der Leiter des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung zu den Ausgaben alles sagt, ob es z. B. unabweisbar war, zur Zeit des baden-württembergischen Wahlkampfes mit Anzeigen zu arbeiten.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Nun, Herr Bundeskanzler, bitte ich Sie doch wirklich um Verständnis für folgendes: Wenn Sie sich, auf Art. 111 und 112 gestützt, sagen: „Ich kann hier ganz getrost weiterregieren, auch ohne Haushalt",
so ist das ein ernster Punkt. Aber ich glaube, Herr Bundeskanzler, wer sich auf Art. 111 und 112 des Grundgesetzes berufen will, muß doch zumindest im Stil, wahrscheinlich auch rechtlich, vorher alles in seiner Kraft Stehende getan haben, um den Haushalt fristgerecht zu verabschieden.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Und, Herr Bundeskanzler, diese Abstimmung ist eben „keine Pflichtübung", sondern sie ist das Hauptvorrecht dieses Hauses. Das sollte der Bundeskanzler nicht als eine Pflichtübung abtun. Dies ist ein Parlament, in dem wir keine Pflichtübungen machen, sondern in dem wir so entscheiden, wie es uns Art. 38 aufgibt.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Nun zur fünften Ziffer: Neuwahlen. Herr Bundeskanzler, ich erkläre Ihnen hier, daß wir das — ich habe Ihnen das ja in der Öffentlichkeit vor Wochen unverändert immer erklärt — für die sympathischste Lösung halten. Den Weg dazu kann nur der Bundeskanzler frei machen.

(Abg. Stücklen: Sehr richtig!)

Dann gibt es eine 21-Tage-Frist. In diesem Lande regieren nämlich, wenn es um solche Fragen geht, nicht irgend welche Leute, sondern da regiert das Grundgesetz: 21 Tage!

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Warum gibt es diese 21-Tage-Frist? Damit alle Zeit haben, nachzudenken, zu prüfen, zu handeln, das zu tun, was sie für ihre Pflicht halten. Das ist die Verfassungslage.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Sie können doch auch nicht übersehen, daß in den letzten Tagen, in den letzten Wochen ein Klima entstanden ist — ich nehme sogar an, daß die Kollegen der Opposition, Verzeihung, ich meine jetzt die Kollegen der Koalition — —

(Heiterkeit)

— Sehen Sie einmal, ich habe mich versprochen. Warum soll mir das denn nicht passieren, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Aber Sie sehen, ich spreche deshalb davon, weil ich die Neuwahlen im Kopf habe, und deshalb guckte ich in Ihre Richtung. Das ist die Erklärung für diese Fehlleistung.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich möchte nicht ausschließen, daß auch — jetzt will ich mich nicht versprechen — die Kollegen der Koalition in den letzten Tagen unter allen möglichen Drohungen gestanden haben, der eine von dieser und der andere von jener Seite. Was wir erlebt haben, war das Schrecklichste, was Sie sich vorstellen können, bis in die Familien hinein.

(Zurufe von der SPD: Ja! Ja!)

— Herr Wolfram, ich danke, daß Sie hier fair zuwinken. — Nun können wir doch nicht übersehen,
daß so etwas da ist. Deshalb, Herr Bundeskanzler,



Dr. Barzel
gehört in dieses Gespräch dann natürlich auch nicht nur ein Erfahrungsaustausch darüber, sondern dann gehört dazu die bewiesene Solidarität der Demokraten. Dann gehört dazu, daß sich jeder — und sonst hat das gar keinen Zweck — in diesem Hause und jeder Verantwortliche zunächst verbindlich verpflichtet, sich jeden falschen Beifall

(Abg. Katzer: Sehr gut!)

und jede Unterstützung von falscher Seite zu verbieten.

(Lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)

Ziffer Sechs: Ob wir uns heute abend vielleicht zusammensetzen wollen? Herr Bundeskanzler, wir sind dazu bereit. Aber wir halten es für richtig, sich abends zusammenzusetzen nach getaner Arbeit,

(Beifall bei der CDU/CSU)

und die Arbeit, die wir zu leisten haben, ist, jetzt den Haushalt zu lesen.
Ich glaube, die erste Voraussetzung für eine andere Luft, für ein anderes Klima ist, daß man sich an die Spielregeln hält. Und die Spielregeln heißen: Auf dieser Tagesordnung steht ein Haushalt, über den heute debattiert wird und über den heute abgestimmt werden muß. Das ist die Spielregel, und an diese sich zu halten, ist gut. Dann wollen wir einmal sehen, was die Abendstunden für uns noch ergeben. Geheimniskrämerei nun auch nicht; denn hier ist das Parlament, hier ist der Ort, das Verantwortliche zu tun, und hier ist der Ort, sich verantwortlich zu entscheiden. Herr Kollege Ehmke, Sie haben mir einmal etwas wiedergegeben. Ich möchte deshalb sagen: es kommt darauf an, jetzt zu entscheiden, möglichst bald zu entscheiden. Von mir aus können wir uns auch ich wiederhole es — über den Zeitpunkt der Abstimmung verständigen, die heute hier erfolgen muß.

(Anhaltender, lebhafter Beifall bei der CDU/CSU.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0618400500
Das Wort hat der Abgeordnete Wehner.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0618400600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Führer der Opposition hat soeben auf die Erklärung, mit der der Herr Bundeskanzler nach den gestrigen Ereignissen die parlamentarischen Beratungen heute eröffnet hat, geantwortet. Ich sage zunächst dazu, sehr verehrter Herr Barzel, es hieße Sie unterschätzen, wenn man nicht angenommen hätte, daß Sie so auf die gestrigen Ereignisse reagieren würden, wie Sie es nun getan haben.

(Abg. Katzer: Es war doch sehr gut!)

— Das habe ich gesagt. Ich brauche keine Verstärkung und auch keine Abstriche,

(Heiterkeit)

auch wenn Sie stellvertretender Vorsitzender der Fraktion sind, Herr Kollege. Da haben wir uns ja wohl richtig verstanden.
Nur ist das, was Herr Dr. Barzel zu der Erklärung selbst gesagt hat, weniger konkret als das,
was er vorweggeschickt hat, und das muß ich zunächst einmal ein wenig auseinanderzulegen versuchen, damit man es einschätzen kann.
Herr Dr. Barzel hat sich darauf berufen, daß er und seine Freunde niemals einer Einladung zu Gesprächen ausgewichen seien, und er hat sich dann auf eine ganze Reihe von Zitaten und entsprechenden früheren Erklärungen berufen. Das ist zu verstehen, ebenso daß er nun Wert darauf legt, in einem Rückblick, bevor er sich mit den präzisen Problemen, die der Bundeskanzler zur gegenwärtigen Lage dargelegt hat, und mit der Frage, wie er sie dargelegt hat, befaßt, zunächst einmal zu versuchen, die Kontinuität seiner eigenen Verhaltensweise gegenüber der Regierung sowie der Koalition von Sozialdemokraten und Freien Demokraten darzustellen. Er hat dabei weit ausgeholt und das Schwergewicht darauf gelegt, stets zu Erörterungen auch über das bereit gewesen zu sein, was alle angeht.
Natürlich wuchs damit, jedenfalls auf meiner Seite oder bei mir, die Spannung: Hat er so weit ausgeholt, um zu sagen, deswegen bleibe es so, oder hat er ausgeholt, um zu sagen: Zu den heute hier präzise vorgetragenen Gedanken nehme ich deshalb folgendermaßen Stellung. Sie sagen, ohne den gestrigen Tag hätten Sie diese Rede des Bundeskanzlers nicht gehört. Das ist auch gar nicht zu bestreiten, verehrter Herr Kollege Barzel. Es war eine Erklärung, die in einem Parlament — ich nehme an, in diesem Punkt berühren sich unsere sonst sehr entgegengesetzten Auffassungen — von einer Regierung nach Ereignissen wie denen des gestrigen Tages erwartet werden durfte, ja, wenn Sie so wollen, erwartet werden mußte.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Dafür ist sie nicht zu tadeln. Man wird dann darüber rechten, was sie aus der Situation von gestern, wenn auch zunächst einmal im engeren Bereich, für konkrete Schlußfolgerungen zieht und wie sie sich als Regierung — sie hat es ja auch mit einem gewissen Abstand am Schluß getan, soweit es sich um die konkreten hier vor sich gehenden Beratungen und um Verpflichtungen handelt — dazu stellt. Und Sie haben diese Ihre Festigkeit auch gleich auf die schwierige Problematik der deutschen Politik, der Deutschlandpolitik, der auswärtigen Politik bezogen. Denn wenn Sie gesagt haben, ohne den gestrigen Tag hätten Sie diese Reden des Bundeskanzlers nicht gehört, so heißt das auch: ohne das Scheitern Ihres Mißtrauensvotums hätten Sie das nicht gehört.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das eine gehört zum anderen. Das haben wir gestern schon versucht zu sagen. Das lohnt nicht, daß man sich darein verbeißt.
Nun sagen Sie gleich: und ohne die Festigkeit der Opposition hätten wir nicht das Entgegenkommen der Verantwortlichen der DDR bekommen. Ich habe versucht, das genau aufzufangen, wie Sie das gesagt haben, damit man gegebenenfalls darüber reden kann. Denn Sie haben von einem Entgegenkommen der Verantwortlichen der DDR gesprochen.



Wehner
Bei mir würde wahrscheinlich, wenn wir darüber reden sollten oder reden würden — und ich hoffe, es geschieht in absehbarer Zeit einmal in der gebotenen Sachlichkeit bei allem Respekt vor der Gegensätzlichkeit —, die Frage unvermeidlich sein, Herr Dr. Barzel, die sich mir schon stellte, als Sie Ihr „Liegenlassen!" in der ersten Lesung der Verträge dargelegt und begründet haben. Sie wollen mit dem Liegenlassen, jetzt bezogen auf die Verträge und bezogen auf das, was das schwierige Verhältnis zu dem staatlich verfaßten anderen Teil Deutschlands betrifft, also DDR, wie er genannt sein will — das ist meine Befürchtung und Einschätzung —, den schwierigsten aller Partner, mit dem es die Regierung und wir insgesamt zu tun haben bei dem, was ich gestern unseren deutschen Beitrag, den Beitrag der Bundesrepublik genannt habe, zu ,der weltpolitischen Bewegung von der Konfrontation zur Kooperation überzugehen, zu einer Schlüsselposition machen. Nicht, daß Sie es bewußt machten! Ich unterstelle nicht, daß Sie es täten, um die Regierung noch zusätzlich zu bepacken. Aber nüchtern gesehen: „Liegenlassen" — und heute haben Sie das leider auch noch einmal ausgeführt: zwar nicht ewig liegenlassen; nichts ist ewig; nicht einmal Sie und ich und andere; das ist klar; darüber brauchen wir uns nicht zu streiten —, bis man sich verständigt habe über ein gemeinsames Programm: Freizügigkeit. Meine Befürchtung — ich nenne sie Ihnen hier ganz offen, und ich würde sie im Detail auch in Erörterungen aussprechen — ist, daß Sie damit — und damit unterstelle ich Ihnen nichts — die schwierigste Seite der ganzen Vertragsverhandlungen zur Schlüsselposition machen, d. h.: ohne die wird überhaupt nichts. Damit kommt alles in jene unlösbar werdenden Zusammenhänge, daß ohne die Verträge die Dinge mit der DDR, das Berlin-Abkommen liegenblieben? Und dann sind wir mitten in der Diskussion, die wir führen müssen, wenn wir uns über die Annahme der Ratifikationsgesetze hier auszusprechen und zu entscheiden haben. Sie sagten, daß Sie keine Ermahnung brauchten, damit die hier erforderliche Arbeit auch wirklich getan werde, und haben sich dann darauf konzentriert, daß heute und weiter der Haushalt debattiert werden soll und die Entscheidungen getroffen werden sollen, die getroffen werden müßten. Nun, das ist eine Priorität.
Und Sie haben dann in bezug auf die Neuwahlen vorweggenommen, daß allein der Bundeskanzler den Weg frei machen könne. Darüber wird sicher noch mehr zu sagen sein, auch im Laufe dieser Debatte.
Nun zu den Punkten selbst, die Sie dann in der Reihenfolge der Erklärung des Bundeskanzlers beanwortet haben bzw. zu denen Sie Stellung genommen haben.
Sie sagen, daß es keine Sache sei, sich jetzt Ihrerseits darauf festzulegen, ob Sie einen Entwurf, von dem der Bundeskanzler für die Vertragsentscheidungen gesprochen hat, nun bejahen oder nicht bejahen. Das kann ja wohl keine Entscheidung in der Sache über den Inhalt eines erst angebotenen Entwurfs sein, nehme ich an; um das klären zu helfen.
Was das dann heißt, daß Sie sagten, Sie könnten nicht zustimmen, — zustimmen oder nicht zustimmen können Sie, wenn ein solcher Entwurf vorliegt. Das ist ja auch der Sinn eines solchen Entwurfs: darüber zu reden, ob es da gemeinsame Überzeugungen oder wo nicht gibt. Wenn nicht, ist das festzustellen, und wenn ja, dann ist das auch festzuhalten. Der Vorschlag aber, den der Bundeskanzler gemacht hat, ist keiner, der Sie überfahren will, sondern die Regierung wäre gern bereit, hat er gesagt, noch zum Wochenende einen entsprechenden Entwurf zu unterbreiten. Ich meine, daß Sie wohl, wenn auch etwas verpackt, gesagt haben: Gut, dann legt den Entwurf vor, und dann werden wir zu dem Entwurf Stellung nehmen. — Das ist die eine Sache.
Zu der Frage der Währungs- und Finanzpolitik haben Sie sehr präzis gesagt, daß man doch Gespräche darüber nicht außerhalb der laufenden Haushaltsdebatte hier führen könne oder müsse; das gehöre hier ins Haus. Das heißt, daß Sie meinen, alle die Probleme, die ich einmal als Problem unserer eigenen Währungs-, Konjunktur- und Einkommenspolitik vor dem Hintergrund einer noch nicht gelösten Weltwährungssystemkrise bezeichnen möchte, müßten hier besprochen werden. Wenn das so ist, dann müssen sie hier besprochen werden. Ich bin allerdings der Meinung, daß ein ganz erklecklicher Teil bleibt, der auch zwischen Regierung und Oppositionsspitze besprochen werden muß, nicht nur die Außenwirtschaft im profanen Sinn, sondern eben die Außenbeziehungen. Nehmen Sie z. B. das Problem Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und Bandbreiten, und jetzt nicht nur im technischen Sinn, sondern: wird man die Zehnerklubsache weiterentwickeln können, oder wird in diesem Jahr erst einmal noch weiter eruiert werden? Das alles kann ja wohl nicht nur in der offenen Diskussion gelöst werden.

Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0618400700
Herr Abgeordneter Wehner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Barzel?

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0618400800
Bitte.

Dr. Rainer Barzel (CDU):
Rede ID: ID0618400900
Herr Kollege Wehner, sind Sie bereit, sich zu erinnern, daß ich eben ausdrücklich die Währungsfragen als möglichen Gesprächsgegenstand für solche Dinge genannt, aber hinzugefügt habe, darum könne es sich ja wohl nicht handeln, denn dann würde man nicht öffentlich so ein Gespräch ankündigen? Das war meine Position. Sie ist nicht so, wie Sie sie jetzt schildern.

Herbert Wehner (SPD):
Rede ID: ID0618401000
Gut, dann dient das der Klärung. Es wird hier bessere als mich im Moment geben, der ich hier stehe und auf Ihre Fragen zu antworten habe, und als Sie, der Sie aufpassen, wo Sie mich durch Fragen festlegen können. Die werden sehen können, ob es hier eine millimeternähere Möglichkeit gibt, um über gewisse Fragen — ich habe sie eben anzudeuten versucht — zu sprechen. Das ist das andere. Man wird also nicht umhinkommen, sich



Wehner
darüber zu entscheiden, ob man auch über einige dieser monetären Fragen direkt miteinander reden muß.
Nun zu dem nächsten Punkt; er ist wohl von Ihnen nicht berührt worden. Der Herr Bundeskanzler hat erwähnt, daß die beiden Fraktionen der SPD und der FDP einen Entschließungsantrag zur Haushaltsberatung eingebracht haben, von dem er gesagt hat, dieser ziele verstärkt in die Richtung, die er soeben beschrieben hat; ich muß sie hier nicht noch einmal zitieren. Deswegen hatte er in seiner Erklärung zu erwägen gegeben, vielleicht könne dieser Entschließungsantrag ein Ansatzpunkt für eine umfassendere Erörterung der Situation und der sich aus ihr ergebenden Konsequenzen mit allen Seiten dieses Hauses werden. Vielleicht kann das noch beantwortet werden. Ich habe aus Ihrer Stellungnahme, Herr Dr. Barzel, eine direkte Antwort auf die Anspielung auf diesen Entwurf nicht vernommen. Das kann ja noch nachgeholt werden.
Zu den Problemen der inneren Sicherheit haben Sie verhältnismäßig kühl nicht nur ablehnend gesprochen, sondern insistiert — und mich wundert das nicht, weil das ja Ihr Generalnenner ist —, es müsse noch konkreter zum politischen Radikalismus gesprochen werden. Und Sie haben dann gemeint, nur ein ganz geringer Teil dieses ganzen Themenkreises oder -komplexes sei empfindlich gegen unmittelbare öffentliche Erörterungen. Entschuldigen Sie, ich bin hier nicht da, um nun die eine oder die andere Phase zurückliegender Diskussionen umzubewerten. Aber Sie haben auch heute wieder von „unglaublichen Vokabeln", die der Bundesminister der Justiz gebraucht hätte, gesprochen. Ich weiß nicht, Herr Dr. Barzel, ob Sie damals gerade zugegen waren oder nicht; das ist ja auch keine Frage, für die sich jemand anklagen lassen oder entschuldigen oder entschuldigen lassen muß. Dies, was Sie meinen, ist das, wovon Sie schon wiederholt gesprochen haben, nämlich jedesmal, wenn es z. B. zu Gesprächen zwischen den Fraktionsvorsitzenden und der Regierung — d. h. dem Bundeskanzler, dem Bundesminister des Innern und dem Bundesminister der Justiz — sowie dem Vorsitzenden und dem stellvertretenden Vorsitzenden der Länderinnenministerkonferenz gekommen ist. Ich habe gemerkt, daß müßte eigentlich unter Parlamentsmitgliedern zu bereinigen sein.
Immerhin sollten Sie nicht außer acht lassen, daß damals der Herr Bundesminister der Justiz auf recht scharfe Ausführungen, die sowohl, glaube ich, Ihr Fraktionskollege Vogel als auch Dr. Jaeger gemacht haben, repliziert hat. Es war eine an sich sehr heiße Debatte. Und was war da? Da sind drei Worte gefallen, über die man ja wohl reden kann und die man nicht sozusagen zum Hindernis, zur Barriere, überhaupt über solche Sachen zu sprechen, aufbauen und aufwerten muß.
Zu dem, was Sie hier über Ihre Sorgen in bezug auf SHB und Spartakus gesagt haben, zu diesen Gesprächsteilen also meine ich: das sind verhältnismäßig kleine Münzen. Und was das Papier betrifft, das seinerzeit, als der SHB gegründet wurde, zwischen dem Vorstand der SPD und der Leitung jener studentischen Organisation niedergelegt worden ist,
so ist das ja kein Geheimpapier. Aber Sie, der Sie ein Rechtskundiger sind, Herr Dr. Barzel, wissen, daß es eine Sache ist, ob man damals so etwas einem Akt zugrunde gelegt hat, auf den man sonst keinen Einfluß hat, soweit es sich um die Namensführung handelt, daß aber das, was dadurch dann juristisch einklagbar ist, eine andere Sache ist. Bitte, darüber kann man ja wohl reden. Ich biete mich Ihnen gar nicht an, weil ich mich nicht als Rechtskundiger aufspielen möchte. Aber mir war von Anfang an die Schwierigkeit dieser Problematik klar, ob eine Partei da etwas tun kann. Ich bitte Sie, wir könnten auch kommen und sagen, wer von denen, die im politischen und gesellschaftlichen Bereich agieren, sich als „christlich" bezeichnet.

(Abg. Dr. Barzel: Christlich-demokratisch!)

Würden Sie dann jedesmal etwas unternehmen, weil Sie sagen, das sei Ihre Bezeichnung?

(Abg. Dr. Barzel: Christlich-demokratisch!)

Da kämen wir ja in ein ganz eigentümliches Hin und Her,

(Beifall bei den Regierungsparteien)

in ein Voraus und Zurück, in ganz eigentümliche Dinge. Zur inneren Sicherheit gehört das im Grunde nicht. Das ist eine Schwierigkeit, über die zu reden möglich ist.
Nun zum nächsten Punkt. Ich bin gleich so weit, ich wollte nur diese Debatte, wenn es geht, auch in unmittelbarer Beantwortung der Ausführungen des Oppositionsführers zu den Erwägungen und Vorschlägen des Bundeskanzlers und des Kabinetts faktisch hier mit führen helfen. Sie haben zur Situation in bezug auf die Grundgesetzartikel 111 und 112 gesprochen. Ich nehme an, daß sich der Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen dazu auch noch äußern wird; ich nehme auch an, daß sich andere aus dem Hause zu dieser Problematik der Artikel 111 und 112 äußern werden. Eines möchte ich aber, Herr Dr. Barzel, in dieser Runde nicht unerwähnt lassen. Sie werfen der Regierung vor, sie habe schon vier Monate von dem Gebrauch gemacht, was am Schluß des Artikels 112 stehe. Wenn Sie das wollen, können wir ja einmal aufrechnen — es wird ein sehr wenig fruchtbares Geschäft sein —, wie alle Bundesregierungen aus bestimmten Umständen und Gründen, jeweils bestimmte Monate, einen großen Teil des Jahres so und so und so — — Nur gehört das jedenfalls nicht ganz vorn in die sonstige Reihe der Zurückweisungen oder Ihrer Stellungnahmen.
Sie haben sich dann noch einmal mit dem Vorschlag des Bundeskanzlers befaßt, den Sie allerdings schon vorweg generalisierend behandelt hatten, in der Frage von Neuwahlen eine sachliche Erörterung zu führen. Ich habe das, was er dazu hier gebracht hat, so verstanden, daß es einen Unterschied gegeben haben muß — wenn der sich jetzt erledigt, wäre das für die weitere Erörterung besser — zwischen dem, was Sie in dem Gespräch, das Sie und Ihr Kollege Stücklen gestern mit Bundeskanzler und Vizekanzler geführt haben, gesagt oder nicht gesagt haben, und dem, was man wenige Stunden darauf im Rundfunk und im Fernsehen gehört hat. Sie wissen



Wehner
ganz genau, daß in der Frage „Neuwahlen wären die sauberste Lösung" vielen draußen, die das sagen und das auch so meinen, und zwar in der Regel auf Grund dieser ganzen für sie sonst kaum auseinanderzufilzenden Verhältnisse meinen, häufig, fast immer die Kenntnis der Schwelle abgeht, über die man gehen muß, um Neuwahlen möglich zu machen. Sie alle hier, wenn Sie wollen, wissen, was das für eine Schwelle ist. Ich bin durchaus bereit, wenn es denn sein muß, daß wir hier darüber reden, wie diese Schwelle ist. Was der Bundeskanzler und der Vizekanzler gestern gemeint haben — ich war nicht dabei, aber ich entnehme es auch aus dem Tenor dieser heutigen Erklärung —, ist doch: Wollen und können die Fraktionsspitzen dieses Hauses und gegebenenfalls, wenn notwendig, die Führungen der Parteien, weil sich das nicht immer völlig deckt, darüber reden, was ihre Meinung in bezug auf Neuwahlen und was ihre Meinung in bezug auf das unvermeidliche Überschreiten dieser Schwelle ist? Sie haben bis jetzt zwei Antworten gegeben, Herr Dr. Barzel: in der Besprechung mit Bundeskanzler und Vizekanzler keine — die rechne ich also nicht , im Fernsehen: „Jawohl, das müßte man machen" und heute zum Bundeskanzler: „Sie sind ja der einzige, der den Weg frei machen kann". Da erlaube ich mir in aller Eindeutigkeit zu sagen: Dann geht dem hier das breite sachliche Darlegen dessen voraus — wie man sich dazu stellt, daß das Grundgesetz so ist oder so gemacht worden ist, ist eine völlig untergeordnete Frage, daran ist nichts mehr zu ändern —, wie Sie

(Aha-Rufe bei der CDU/CSU)

— was wollen Sie, lassen Sie mich doch auch die Sache darlegen! — die Unvermeidlichkeit des Überschreitens dieser Schwelle gern zu Ihrem Vorteil ausnutzen möchten. Das ist es, worum es geht.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Sie wollen auch beim Gehen über diese Schwelle dieser Regierung, der gegenüber Sie mit einem Mißtrauensantrag, der scheiterte, nicht reüssiert haben, noch ein Bein stellen. Das ist Ihre Position!

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

Insofern ist Ihre Antwort auf den fünften Punkt zu sehen. Glauben Sie doch bitte nicht, wir wären bänglich. Der Bundeskanzler hat völlig recht, wenn er als ein Mann mit Überblick sagt: Denke bitte niemand, Neuwahl sei gleichbedeutend mit völlig klaren und eindeutigen Mehrheiten! Ich bitte Sie! Wir wollen ja gar nicht darin herumwühlen, wie aus Ihrer Richtung früher da Vorsorge zu treffen versucht worden ist mit dein Grabenwahlsystem, auf das die Kollegen von der FDP gestern mit Recht zurückgekommen sind, weil Sie unfairerweise das frühere konstruktive Mißtrauensvotum im Lande Nordrhein-Westfalen mit Ihrem gleichgestellt haben. Dort ging es um eine, was den Vorgang und die Eindeutigkeit des Vorgehens von Fraktionen betraf, einfach saubere Sache.

(Beifall bei der FDP. — Unruhe bei der CDU/CSU.)

Hier haben Sie außerdem, meine Damen und Herren, ja die Vorstellung gehabt,

(Zurufe von der CDU/CSU: Mehrheitswahlrecht!)

über die wir in der vorigen Periode miteinander zu ringen hatten, und nach einem bestimmten Punkt gab es unter den damaligen Verhältnissen keine Lösung. Das war die Frage des Mehrheitswahlrechts.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

— Ja sicher! Dazu haben wir in aller Eindeutigkeit — ich gebe Ihnen das auch gerne schriftlich — unseren Parteikörperschaften Bericht erstattet. Ich habe
— wie so oft — diese unangenehme Aufgabe übernehmen müssen, jener Kommission vorzusitzen, die sich mit dieser Sache beschäftigte. Bitte sehr, das ist kein Grund, hämisch zu sein. Auch hier können wir darüber diskutieren. Es ist ein Unterschied, ob man von sich aus darauf schließt, daß der andere, der anderer Auffassung ist, von vornherein genauso hintergründig ist, wie es manche von Ihnen zu sein scheinen.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Anhaltende Zurufe von der CDU/CSU.)

Am Schluß, Herr Dr. Barzel, haben Sie gesagt, Sie hätten zu dem sechsten Vorschlag aus der Erklärung des Bundeskanzlers zu sagen, Sie seien bereit, aber nach getaner Arbeit. Wir haben gar nichts dagegen, wenn Sie dabei bleiben, daß nichts anderes zu geschehen hat, als hier weiter über den Haushalt 1972 zu debattieren und abzustimmen. Natürlich sind wir dabei.

(Abg. Katzer: Wann denn?)

— Ich bitte Sie, das hängt von der Entscheidung hier ab. Seien Sie bitte nicht ungeduldig! Wir sind gewählt, diese Pflichten zu erfüllen. Und heute haben wir hier einen Vorschlag, der sich aus der gestern geschaffenen Situation ergibt. Sie wollen schnell darüber hinwegkommen, was ich verstehen kann

(Lachen bei der CDU/CSU)

— natürlich —, ehe bei Ihnen das Bohren anfängt, was denn eigentlich gestern vorgegangen ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Lachen und Zurufe bei der CDU/CSU.)

Sie wollen den Eindruck erwecken, daß Sie ganz schneidig alle Hürden nehmen. Das habe ich anfangs gesagt: Es hieße, den Oppositionsführer persönlich und auch seine Ambitionen nach so vielmaligem Start zu unterschätzen, wenn man nicht einberechnet hätte, daß das, was er heute tut und gestern abend versucht hat, unvermeidlich wäre.

(Abg. Stücklen: Mut, Mut, Herr Wehner!)

— Haben Sie doch keine Angst: Von mir werden Sie, wenn Sie wollen, immer Kontra kriegen, Herr Stücklen. Das ist doch klar. Ich verstecke mich doch nicht hinter irgend etwas. Das wissen Sie doch ganz genau. Immer offen!

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)




Wehner
Nur eines: Ich habe hier nicht für den Bundeskanzler und für das Kabinett zu sprechen,

(Zurufe von der CDU/CSU: Das haben wir gemerkt!)

aber für die sozialdemokratische Fraktion weise ich zurück, Herr Dr. Barzel — bei allem, was ich sonst jetzt sachlich versucht habe,

(Abg. Rösing: Sachlich?)

---- was denn sonst? — aus Ihren Stellungnahmen für unsere Meinungsbildung herauszufiltern —, daß Sie verschiedentlich und auch am Schluß von „Geheimniskrämerei" geredet haben. Wenn Sie glauben, das Verhältnis von Regierung und Oppositionsführung nicht ohne dieses Hilfsschlagwort „Geheimniskrämerei", das Ihnen trächtig erscheint auf Grund dessen, was in der letzten und in der vorletzten Woche mit sogenannten Geheimprotokollen angerichtet worden ist, erörtern zu können, dann tut es mir sehr leid um diesen Staat.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0618401100
Das Wort hat der Abgeordnete Mischnick.

Wolfgang Mischnick (FDP):
Rede ID: ID0618401200
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion der Freien Demokraten begrüßt die Erklärung des Bundeskanzlers und ist bereit, auf dieser Basis mit dem Kanzler, den Koalitionsfraktionen und der Opposition über alle genannten Punkte zu sprechen.
Der Oppositionsführer hat gesagt, gerade in diesen Tagen habe sich doch gezeigt, wie richtig seine Auffassung sei, durch Liegenlassen komme man weiter, und er hat darauf angespielt, daß die gestern bekanntgewordenen Überlegungen der DDR über Reiseerleichterungen nur diesen Überlegungen zuzuschreiben seien. Herr Kollege Wehner hat mit Recht darauf hingewiesen, daß das doch ein Abweichen, ein Abwehren, ein Abgehen von den Tatsachen ist. Herr Kollege Barzel, Sie wissen genausogut wie wir: ohne den Abschluß der Verträge wäre es nicht zu diesem Angebot gekommen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Deshalb kann es sich nicht darum handeln, liegen zu lassen, sondern darum, zu Entscheidungen zu kommen, um all das in Kraft zu setzen, was für die Menschen hier in Deutschland erreicht worden ist. Darum geht es.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun kurz zu den einzelnen Fragen ein paar Bemerkungen machen.
Sie haben darauf hingewiesen, eine gemeinsame Entschließung sei durchaus zu überlegen, aber ob das bis zum Wochenende zu machen sei, sei zweifelhaft. Gut. Aber selbst wenn ich Ihre Überlegung, daß man dazu mehr Zeit brauche, als richtig unterstelle, darf ich Sie doch daran erinnern, daß schon seit 14 Tagen, ja drei Wochen im Auswärtigen Ausschuß zwischen Opposition und Koalition die Frage einer gemeinsamen Entschließung im Gespräch ist und immer wieder der Vorschlag kam, daß auch aus den Reihen der Opposition einmal Gedanken dazu vorgelegt werden sollten, die in eine solche Entschließung eingebaut werden könnten. Das ist bis zur Stunde nicht geschehen. Ich mache daraus keinen Vorwurf. Aber man kann doch jetzt nicht so tun, als sei es plötzlich völlig neu, über eine solche gemeinsame Entschließung zu sprechen. Wenn ein konkreter Vorschlag vorliegt und Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, genau wissen, was Sie wollen, müßte es sehr schnell möglich sein, sich auch über eine solche gemeinsame Entschließung zu einigen oder festzustellen, worüber man sich nicht einigen kann. Ich sehe hier keinerlei Schwierigkeit, auf jeden Fall bis zur nächsten Woche zu einem Ergebnis zu kommen.
Sie haben zum zweiten Punkt, zur Stabilitätspolitik, nur gesagt, allein der Haushalt stehe zur Debatte, alles andere könne man dann behandeln. Aber, Herr Kollege Dr. Barzel, gerade dieser Entschließungsantrag, auf den wir großen Wert gelegt haben, macht doch deutlich, daß damit über den Haushalt hinaus eine finanzpolitische Weichenstellung vorgenommen werden soll.
Sie sprechen immer wieder davon, diese Regierung habe nicht genügend zur Stabilisierung beigetragen. Wenn wir Ihnen deutlich machen, wie das in den Ländern ausgesehen hat, dann hören Sie sich das zwar an, reagieren aber nicht darauf. Gestern, Herr Kollege Barzel, wollten Sie sich anschicken, Bundeskanzler zu werden. Wären Sie es geworden, hätten Sie mit Ihren eigenen Landesregierungen zu einer Stabilitätspolitik kommen müssen, die Ihren Aussagen hier entspricht. Sie müssen doch dann auch den Mut haben, als Oppositionsvorsitzender das gleiche gegenüber den Landesregierungen zu vertreten, was Sie hier von der Bundesregierung verlangen. Aber da fehlt es bei Ihnen. Sie reden in diesen Dingen mit doppelter Zunge.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Sie haben immer wieder gesagt, als Parteivorsitzender habe man zwar Einfluß, aber die Herren Ministerpräsidenten seien in ihrer Entscheidung natürlich frei. Da haben Sie völlig recht. Nur, wenn Sie Bundeskanzler werden wollen und nicht einmal Ihre eigenen Ministerpräsidenten zu einer Stabilitätspolitik bringen wollen, wie wollen Sie das dann in einer Bundesregierung tun? Das schaffen Sie dann erst recht nicht!

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das beweist uns aber, auf welch tönernen Füßen alles, was Sie gestern versucht haben, nicht nur personell, sondern auch sachlich gestanden hat

(Abg. Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein: Das müssen Sie gerade sagen!)

und wie richtig es war, daß Sie gestern diese Entscheidung hinnehmen mußten.
Nur, Herr Kollege Barzel, Sie haben noch einmal zur inneren Sicherheit, zur Frage der Radikalität



Mischnick
gesprochen. Natürlich müssen wird darüber sprechen. Aber auch hier haben Sie sich wieder darauf beschränkt zu sagen: Über bestimmte Fragen diskutieren, Vorlagen hier entscheiden! Das wissen wir. Nur, wie steht es mit diesen Vorlagen? Wo ist Ihre klare Aussage, daß Sie das, was diese Bundesregierung gerade im Kampf gegen die Kriminalität alles an Vorschlägen gemacht hat, nicht nur hier im Bundestag, sondern auch im Bundesrat mit allen Ihren Kräften unterstützen? Darauf kommt es an, daß wir die Sachen hier durchbringen und nicht nur beklagen, was auf diesem Sektor heute zu beklagen ist. Die Länderinnenminister sind erfreulicherweise hier zu einem großen gemeinsamen Programm gekommen. Aber als z. B. der Bundesinnenminister sein Bundesgrenzschutzgesetz vorlegte, mußten wir wieder hören, daß eine Landesregierung, nämlich Bayern, Bedenken hatte gegen das, was die Landesinnenminister alle gemeinsam wollten.

(Abg. Wehner: Leider wahr!)

Bitte, nicht hier und draußen klagen und dann anders handeln, sondern die Klagen durch kräftiges
Handeln abstellen! Das ist die entscheidende Frage.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Meine Damen und Herren, Sie haben dann gesagt, der Hinweis auf Art. 111 und 112 würde bedeuten, daß man hier offensichtlich Sorge habe. Sie haben dann das Beispiel gebracht, wie lange es gedauert hat, bis der Haushalt überhaupt zur Entscheidung steht. Mit Recht hat der Kollege Wehner darauf hingewiesen, daß wir eine Statistik vorlegen können, wie lange es bei anderen Regierungen gedauert hat, bis ein Haushalt verabschiedet wurde. Das ist nichts Ungewöhnliches, wenn auch Bedauerliches. Wir sind der Überzeugung, daß wir auch diesen Haushalt — ob in dieser Woche, in der nächsten oder in der übernächsten Woche — so verabschieden werden, daß jede Möglichkeit der Arbeit in diesem Hause geboten ist. Nur muß jeder wissen, der darauf spekuliert, da könne man etwas bewegen, daß nach dem Grundgesetz hier alle Möglichkeiten auch für die Bundesregierung offen sind.
Nun ein paar Worte zu der Frage der Neuwahlen. Wir scheuen die Neuwahlen nicht. Wir sind aber der Auffassung, daß dieses Parlament den Auftrag, den es vom Wähler 1969 bekommen hat, solange erfüllen muß, solange es hier Mehrheiten gibt. Gestern haben S i e keine Mehrheit bekommen; wir haben sie bisher immer bekommen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das ist der Tatbestand. Wir werden dafür Sorge tragen

(Abg. Stücklen: Wo ist die Nagelprobe?!) — Herr Kollege Stücklen! —,


(Abg. Stücklen: 04!)

daß das, was Sie als die sympathischste Lösung bezeichnen, nämlich Neuwahlen, eben nur dann zustande kommt, wenn hier eine Übereinstimmung besteht und nicht der Versuch gemacht wird, über
das Abschieben „Der Bundeskanzler hat das zu entscheiden" das nachholen zu wollen, was Ihnen
gestern nicht gelungen ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien.) Dazu helfen wir Ihnen nicht.

Sie haben mit Recht davon gesprochen, daß man sich natürlich bei dieser Auseinandersetzung immer vor dem Beifall der falschen Seite hüten sollte und daß wir uns alle gegen den Beifall der falschen Seite wehren sollten. Damit sind wir völlig einverstanden. Nur, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat die Erfahrung leider gezeigt, daß zwischen dieser sehr bedauernden Feststellung hier und dem Verhalten draußen im Lande nach wie vor ein ganz entscheidender bedauerlicher Unterschied besteht.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir verhalten uns hier und draußen gleichermaßen. Das ist ,der Unterschied zwischen uns.
Das gemeinsame Gespräch heute abend! Ja, meine sehr verehrten Damen und Herren: Das Ja ist gesagt worden, aber es ist wieder eingeschränkt worden. Ich bedaure, daß es in den letzten Monaten, im letzten Jahr — im Gegensatz zu früher — überhaupt selten möglich war, hier auch einmal zu Vereinbarungen zwischen den Fraktionsvorsitzenden zu kommen, die im Interesse des ganzen Hauses liegen. Es wäre gut, wenn hier der parlamentarische Stil, der selbstverständlich sein sollte, wieder Einzug hielte, allerdings nicht unter dem Motto: Gemeinsamkeit nur, wenn es so ist, wie es die Opposition will, sondern unter dem Motto: Gemeinsamkeit, wenn wir eine gemeinsame Linie finden können. Darauf kommt es dabei an.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Lassen Sie mich zum Abschluß folgendes feststellen. Gestern hat der verehrte Kollege von Weizsäcker wörtlich gesagt — ich zitiere —:
Nicht einen Schatten sollte man davon erkennen lassen, daß wir vielleicht nicht ganz über die Nervenkraft des Demokraten verfügen, die nämlich darin besteht, ,die Verantwortung nicht zu scheuen, aber auch verlieren zu können.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, erinnern Sie sich bitte an das Wort Ihres eigenen Kollegen!

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der CDU/CSU: Das haben wir wirklich getan!)


Dr. Richard Jaeger (CSU):
Rede ID: ID0618401300
Das Wort hat der Abgeordnete Katzer.

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0618401400
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich für die CDU/CSU-Bundestagsfraktion nur drei kurze Bemerkungen machen.
Erstens. Nach der gestrigen Debatte steht fest, daß die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in diesem Hause keine absolute Mehrheit hat, aber es steht ebenso



Katzer
fest, daß die Regierungsfraktionen in diesem Hause noch nicht einmal die relative Mehrheit besitzen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Zweitens. Deshalb hat der Herr Bundeskanzler, der das wohl zuerst gespürt hat, hier heute eine Rede gehalten, die die Opposition zu Kooperation einlud. Der Herr Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Herr Dr. Barzel, hat dieses Angebot im Hinblick auf die Bereiche, wo Kooperation im Interesse des Ganzen unumgänglich ist, angenommen. Im übrigen hat er darauf hingewiesen, daß hier in diesem Parlament entschieden werden müsse.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Herr Bundeskanzler, nachdem die Opposition Ihr Angebot angenommen hat, möchte ich eigentlich die Frage an Sie richten: Wollen Sie nicht auch einmal mit dem Vorsitzenden der SPD-Fraktion darüber sprechen, ob er auch bereit ist, auf Ihre Linie zu gehen?

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Ich habe den Eindruck, das ist sehr weit auseinander. Das, was Herr Wehner und Herr Mischnick hier gesagt haben, kann doch nicht im Sinne von Kooperation verstanden werden. Das war die Fortsetzung der Konfrontation, wie wir sie gestern abend hier im Hause erlebt haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


(Vorsitz : Präsident von Hassel.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich eine dritte Bemerkung machen. Ich meine, wenn wir weiterkommen wollen, sollten wir doch nicht um die Dinge herumreden. Sie haben keine Mehrheit, und Sie wollen deshalb hier keine Abstimmung haben. Wir sagen: Wir wollen eine Abstimmung haben, weil das für die Verabschiedung des Haushaltes, der auf der Tagesordnung steht und dessen Beratung hier seit Wochen vorgesehen war, notwendig ist. Wir werden auf dieser Linie bleiben und auf Abstimmung in diesem Hause drängen.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618401500
Das Wort hat der Herr Bundesminister der Verteidigung, Herr Schmidt.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618401600
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst auf die Bemerkungen von Herrn Kollegen Katzer zurückkommen. Herr Katzer, Sie haben sich bemüht, die parlamentarische Lage in diesem Hause zu skizzieren. In einem Punkte hatten Sie gewiß recht, nämlich darin, daß es der CDU/CSU an einer Mehrheit fehlt, Herrn Kollegen Dr. Barzel zum Kanzler zu wählen. Was den anderen Punkt angeht, so werden wir sehen, ob Sie recht hatten.

(Abg. Katzer: Sehr gut, dann wollen wir abstimmen!)

Wir werden es diese Woche sehen; wir werden es
nächste Woche sehen. Es ist ganz klar — das müssen Sie sich auch selber in den Konsequenzen klarmachen —, daß Sie gegen unseren Willen weder Herrn Dr. Barzel noch vielleicht sonst wen aus Ihrer Fraktion zum Kanzler wählen können. Das ist ganz klar.

(Beifall bei der SPD.)

Zum anderen ist für uns klar, daß auf uns bei der einen oder anderen Vorlage Schwierigkeiten warten. Ich will auch theoretisch keineswegs hier oder dort eine vorübergehende Abstimmungsniederlage ausschließen.

(Abg. Rösing: Das ist ehrlich!)

Aber ich bin ganz sicher, das wirft die Regierung und das wirft auch den Bundeskanzler und seinen Vizekanzler nicht aus dem Sattel.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wir werden wegen dieser parlamentarischen Situation unsere Prinzipien nicht kompromittieren oder gefährden lassen.

(Beifall bei der SPD.)

Dies gilt auch für die aus der ganzen Situation des atlantischen Bündnisses heraus unabdingbare Notwendigkeit, unser Verhältnis zu den östlichen Nachbarn in diesem Jahre und jetzt zu ordnen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich komme auf den Punkt gleich noch einmal zurück. Ich möchte aber zunächst gerne das eine oder andere Wort des Kollegen Barzel aufgreifen dürfen.
Herr Barzel hat gesagt, Neuwahlen seien ihm das Sympathischste. So habe ich es auch gestern im Fernsehen schon von ihm gehört. Herr Barzel hat dabei nicht hinzugefügt und auch heute morgen für die Öffentlichkeit nicht hinzugefügt, was er für dieses Haus nicht hätte hinzufügen müssen, weil jeder von uns darüber Bescheid weiß — aber es wäre wohl wünschenswert, wenn wir die Öffentlichkeit darüber unterrichteten —: daß nach dem Grundgesetz keiner von uns beschließen kann, der Bundestag sei aufgelöst und es fänden Neuwahlen statt.

(Abg. Wehner: Das haben wir 1966 ja erlebt!)

— Genau. Wir haben es Ihnen 1966 angetragen, und Sie haben gesagt: Das ist eine Prozedur, bei der wir zunächst ohne Not unseren eigenen Mann desavouieren müßten, und das wollen wir nicht.

(Abg. Wehner: Genau war das!)

Das haben wir Ihnen abgenommen, das konnte man verstehen. Sie werden verstehen, Herr Barzel, daß auch wir heute nicht daran denken, unseren eigenen Mann wegen der komplizierten Vorschriften des Grundgesetzes zu desavouieren. Nicht im Traum denken wir daran!

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Sie haben zwar recht, wenn Sie sagen, nur Herr Brandt könne den Weg frei machen. Das ist richtig. Aber nach dem, was ich Ihnen soeben gesagt habe, muß Ihnen klarwerden, daß, wenn der Weg überhaupt eines Tages frei gemacht werden sollte, dazu notwendig ist, daß das ganze Haus sich dann zuver-



Bundesminister Schmidt
lässig über die Sache und über die Form einigen würde. Ich sage: zuverlässig!

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Von der zuverlässigen Möglichkeit der Einigung, die ich nicht ausschließen will, war in Ihrer Rede heute morgen noch nichts zu spüren. Aber ich werfe Ihnen das nicht vor. Wir sind dabei, uns in diese Lage von allen Seiten heranzutasten und in sie hineinzufinden.

(Abg. Dr. Barzel: Noch mehr können Sie nach 30 Minuten ja wohl nicht als verantwortliche Antwort erwarten! — Zustimmung des Bundesministers Scheel.)

Das war ja so gemeint, kein Vorwurf: Sie sind ja
auch nicht drei Tage darauf vorbereitet gewesen.

(Abg. Katzer: Ja, das habe ich auch so verstanden!)

Die Bundesregierung wird nach Ihrer Antwort auf das Angebot des Bundeskanzlers hinsichtlich einer gemeinsamen Feststellung zur Außenpolitik durch dieses Haus gewiß einen Entwurf machen.
In dem Zusammenhang haben Sie, Herr Kollege, auch von Berlin gesprochen. Da muß ich Ihnen nun zwischendurch quasi von Amts wegen auch eine Mitteilung zukommen lassen. Gegenwärtig tagen seit einigen Tagen das höchste militärische Gremium unseres Bündnisses in Brüssel, nicht wegen dieser Frage, sondern zu einer anderen Tagesordnung. Mir ist gestern von dort aus amtlich mitgeteilt worden, in welch großer Sorge die vereinigten Generalstabschefs des Nordatlantischen Bündnisses um das Berlin-Abkommen sind. Sie werden über das Wochenende Gelegenheit haben, mit den Botschaftern der uns verbündeten Ländern zu sprechen, und Sie werden auf andere Weise Gelegenheit haben, sich ein Bild davon zu machen, was in den Hauptstädten der uns verbündeten Länder zu dieser Situation hier in Bonn gedacht und gemeint wird. Die Hauptstädte des Westens sind in großer Sorge. Aber ich will Ihnen das nicht vortragen; Sie werden das selber am Wochenende feststellen.
Dann gibt es zwei Exkurse, die ich gerne machen möchte. Ich war einen Moment draußen und weiß nicht, ob einer der Herren Kollegen schon darauf geantwortet hat: Der Kollege Barzel hat die mehr rhetorische, aber doch Wirkung erzeugen sollende Frage aufgeworfen, ob das Angebot des Bundeskanzlers etwas bedeute, daß wir aus dem Hause herausgehen und woanders in „Geheimniskrämerei" irgend etwas verabreden wollten. Ich glaube nicht im Ernst, daß Sie und die CDU/CSU-Fraktion uns in dieser Woche in den Ruf bringen möchten, außerhalb dieses Hauses Mauschelgeschäfte zu betreiben. Das glaube ich nicht.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Wehner: Das ist leider wahr!)

Ich glaube auch nicht, daß Sie uns im Ernst vorwerfen — ohne daß das Wort Filibuster hier gefallen ist —, gestern debattiert zu haben, nachdem Sie einen Tag vorher keine Abstimmung wollten,
weil die Verpflichtungen, von denen Sie meinten, Sie hätten sie in der Tasche, eben nicht zu einer Haushaltsabstimmung vorgestern, sondern nur für das konstruktive Mißtrauensvotum gestern gegeben worden waren.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618401700
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Barzel?

Dr. Rainer Barzel (CDU):
Rede ID: ID0618401800
Damit hier alles stimmt: wir waren am Mittwoch bereit und willens, eine Abstimmung über den Kanzlerhaushalt herbeizuführen. Dies ist unsere Absicht gewesen, wie dem Hause und denen, die das hier betreiben, völlig bekannt ist.

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618401900
Wenn Sie es so sagen, Herr Kollege Barzel, will ich es Ihnen abnehmen. Sie werden mir abnehmen, daß ich nicht diesen Eindruck hatte, und wenn ich sage, daß in den letzten beiden Tagen alle Fraktionen sämtliche Möglichkeiten der Geschäftsordnung ausgenutzt haben.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sie auch!)

— Sämtliche Fraktionen, sage ich doch! Ich bin ja ein offener Mann. Mich haben Sie ja auf einer Lüge noch nie ertappt,

(Beifall bei den Regierungsparteien)

und, Herr Leicht, dieser Umstand liegt nicht an meiner Intelligenz.

(Beifall und Heiterkeit bei SPD.)

Ich möchte auf einen Punkt zurückkommen, den der Oppositionsführer berührt hat. Ich bin auch hier nicht ganz sicher, ob er inzwischen eine Antwort fand. Das ist die Sache mit dem SHB, mit dem sich so nennenden „Sozialdemokratischen Hochschulbund", in dem sicher unter vielen anderen auch eine Reihe von sozialdemokratischen jungen Leuten tätig ist; das möchte ich glauben. Ich will Ihnen ganz offen sagen — das ist eine alte Geschichte —, ich war damals dagegen, daß man es ihm gestattete, einen solchen Namen zu führen, weil ich den Mißbrauch vorausahnte. Das ist keine Gliederung der sozialdemokratischen Partei, keine Organisation, die irgendwie mit uns affiliiert wäre. Aber ich nehme an, daß wir diesen Prozeß, der da ansteht, auch gewinnen können, daß wir dies in Ordnung bringen, — worauf ich z. B. gedrängt habe. Nur, lieber Herr Barzel, dieses ist nun wirklich eine Randangelegenheit. So wie ich Ihnen eben geglaubt habe, müssen Sie mir glauben, daß die Politik, die die einzelnen Gruppen dieses Hochschulverbandes betreiben, wirklich nicht unsere Politik ist und von uns so nicht gewollt ist.

(Beifall bei der SPD.)

Nicht alles, was sich sozialdemokratisch nennt, verdient diesen Namen unbedingt. Nicht alles, was sich demokratisch nennt, verdient diesen Namen. Nicht alles, was sich sozialistisch nennt, und nicht



Bundesminister Schmidt
alles, was sich christlich nennt, verdient diese Namen.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich bitte Sie herzlich — Sie, Herr Kollege Barzel; ich rede nicht von vielen anderen —, Sie sollten uns darauf nicht mehr ansprechen nachdem hier klargestellt ist — —

(Abg. Stücklen: Nicht alles, was sich liberal nennt, verdient den Namen liberal!)

— Ja, ich meine: Richard Stücklen, mit Ihrer Ausnahme sind wir übrigen anderen natürlich alle liberal.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD.)

Herr Barzel hat in diesem Zusammenhang gesagt — eine Feststellung, der ich zustimmen würde —, jeder sollte sich falschen Beifall verbitten, wenn er ihn sich vom Halse schaffen kann. Ich bin Ihrer Meinung.

(Abg. Vogel: Wir haben zu einigen Aktionen dieser Tage kein Wort gehört!)

— Vielleicht haben Sie nicht gut zugehört. Die Sozialdemokratische Partei, ihr Vorstand, ihr Präsidium, ihr Vorsitzender und der Parteirat, alle Gremien, die in dieser Partei etwas zu bedeuten haben, lehnen bedingungslos jede Aktionsgemeinschaft mit Kommunisten ab, — wenn Sie das hören wollten!

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Aber diese Ablehnung der Zusammenarbeit mit all den vielen zersplitterten Gruppen der kommunistischen Linken in unserer gegenwärtigen Verfassung, in unserem gegenwärtigen Zustand hier, muß korrespondieren, Herr Dr. Barzel, mit der gleichen klaren eindeutigen Ablehnung jeder — auch verdeckten — Kooperation mit extremen Kräften von der anderen Seite etwa auch in Baden-Württemberg.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618402000
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Horten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618402100
Bitte sehr!

Alphons Horten (CDU):
Rede ID: ID0618402200
Herr Bundesverteidigungsminister, hätten Sie es im Sinne Ihrer jetzigen Ausführungen einer unbedingten Ablehnung der Zusammenarbeit mit kommunistischen Organisationen nicht für richtig gehalten, daß der Herr Bundeskanzler gestern bei seiner Bemerkung über die Demonstrationen

(Unruhe bei der SPD)

im Zusammenhang mit dem Obrigkeitsstaat wenigstens darauf hingewiesen hätte, daß gewisse außerordentlich peinliche und unangenehme Begleiterscheinungen von ihm in vollem Umfange verurteilt werden?

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Da lesen Sie mal den Bericht der schwarzen „Kölner Rundschau" und „Bonner Rundschau"! Da werden Sie sehen, wie falsch Sie informiert sind!)

— Das weiß ich aus meinem Wahlkreis besser.

(Abg. Wehner: Wahlkreis hin und her, aber Wahrheit muß bleiben, Herr Kollege!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618402300
Ich halte Ihnen, Herr Kollege, bei dieser Frage zugute, daß Sie offensichtlich mit den vielen Entschlüssen, Verlautbarungen und Handlungen sozialdemokratischer Führungsgremien in diesem Punkte nicht vertraut sind. Das halte ich Ihnen zugute, es ist offenbar nicht Ihr Sachgebiet. Im übrigen hat es der Bundeskanzler weiß Gott nicht nötig, hier eine Abgrenzung gegenüber der DKP vorzunehmen; es ist schon sehr viel, daß ich auf die Anzapfung hin etwas Selbstverständliches betone.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Oho-Rufe von der CDU/CSU.)

Ich hatte eigentlich nicht die Absicht, mich auf Polemik einzulassen. Aber vielleicht ist es ganz gut, nachdem Herr Barzel gesagt hat, dies sei ja ein Parlament, wo die Konturen nicht verwischt werden sollten, wenn man sich darüber im klaren bleibt, daß man sich gegenseitig einiges zu sagen hat.
Allerdings hat man sich gegenseitig einiges zu sagen, und deswegen müssen wir uns in der schwierigen Situation, in die wir jetzt geraten sind, hüten, mit der Tunke falscher oder vorgetäuschter Gemeinsamkeiten zu verfahren. Das ist nicht der Fall, das wird nicht gewünscht. Sondern notwendig ist, da Sie die Regierung nicht zwingen können, Herrn Dr. Barzel an die Regierung zu lassen und wir dazu — nebenbei gesagt — auch gar keine Meinung haben: daß trotzdem die Bundesregierung und der Bundestag aktionsfähig bleiben. Das ist das Problem.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Daß die Spitzen dieses Staates funktionsfähig bleiben, das ist ein Problem, das alle Beteiligten und alle Glieder dieses Hauses gleichermaßen angeht. Deswegen brauchen wir uns gegenseitig keine unnötigen Freundschaftserklärungen vor die Haustüren zu legen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Dann darf man nicht so reden!)

— Das hat mit dem Reden nichts zu tun. Ich nannte Ihnen das eigentliche Problem, das jeder durchdenken muß.

(Abg. Wehner: Das einzig wirkliche!)

Jeder, der Verantwortung hat, muß sich darüber den Kopf zerbrechen. Abstimmungen werden stattfinden. Die werden dann das Problem, von dem ich spreche, glasklar für jeden erlebbar machen.

(Abg. Wehner: Natürlich!)




Bundesminister Schmidt
Selbst wenn Sie zwei oder drei Abstimmungen gewinnen sollten,

(Abg. Wehner: Ihnen kommt es ja nicht auf den Staat an!)

so würde damit nur bestätigt, daß Sie nicht regieren können, aber daß wir Schwierigkeiten haben, Gesetze zu machen. Ohne Haushaltsgesetz, das ist ganz klar, können wir es auch noch einen Monat länger aushalten. Darauf kommt es im Augenblick nicht so sehr an. Es sind andere Dinge, die im Vordergrund stehen, ganz andere Dinge, auf die es ankommt.
Ich habe mit einer gewissen Aufmerksamkeit beobachtet, daß die CDU/CSU den Versuch des Regierungssturzes nicht im Zusammenhang mit den Ostverträgen, sondern im Zusammenhang mit dem Haushaltsgesetz gemacht hat. Ich habe ebenso mit einer gewissen Aufmerksamkeit in den letzten Wochen die Entwicklung in der Präzision der Formulierungen verfolgt, mit denen sich hervorragende Vertreter der Opposition zum Problem der Ostverträge geäußert haben. Beides zusammen läßt, wie mir scheint, erkennen, daß bezüglich der Ost- und Bündnispolitik dieser Regierung innerhalb der Opposition ein Prozeß des Denkens und Bewertens im Gange ist,

(Abg. Rösing: Er war immer da!)

auch ein Prozeß des Bewertens der taktischen Situation, in der sich dieser Staat gegenüber anderen, denen er gegenübersteht, befindet. Das, meine ich, muß, unabhängig von dem, was der Oppositionsführer heute morgen schon gesagt hat, den Versuch notwendig erscheinen lassen, zu einer gemeinsamen Interpretation dessen zu kommen, was wir Deutsche wollen.
Ich muß dabei aber ganz deutlich sagen — Sie haben mich ja wohl im Verdacht, jemand zu sein, der gegenüber der Sowjetunion knieweich ist —, daß wir weder die Positionen unserer Nachbarn noch die Positionen unserer Vertragspartner überspannen dürfen. Ich empfehle Ihnen sehr, über das Wochenende das zu tun, was ich vorhin schon angedeutet habe.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das ist nicht nur eine Sache des eigenen Nachdenkens und der eigenen Analyse, sondern hier muß man auch Kontakt zu anderen aufnehmen.

(Abg. Lemmrich: Das ist sehr richtig, ehrlichen Kontakt!)

— Sie haben mich mißverstanden, lieber Freund; der Oppositionsführer hat mich ganz genau verstanden.

(Abg. Dr. Barzel: Er auch! Sie haben ihn mißverstanden! Wirklich, er hat Ihnen ein Lob zugerufen!)

— Das ist aus seinem Munde für mich ungewöhnlich, aber ich akzeptiere es gern.

(Abg. Stücklen: Es ist auch selten möglich!)

— Herr Stücklen, was die letzten fünf, sechs Jahre angeht, habe ich selber in diesem Hause, anders
als in meiner parlamentarischen Jugend, nicht zu unnützen Feindschaften beigetragen. Ich meine auch, daß die Verträge eine Situation geschaffen haben, in der wir es uns nicht leisten können, persönliche Bitterkeiten zum Gegenstand der parlamentarischen Auseinandersetzung zu machen.

(Beifall bei den Regierungsparteien und bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Tatsache ist, daß es kein Volk, daß es keine Nation auf dieser Erde gibt, die mit so vielen Nachbarn leben muß wie wir Deutschen.

(Abg. Wehner: Sehr wahr!)

Schauen Sie sich in Europa oder auf irgendeinem anderen Kontinent um! Wer mit seiner Familie in einem Einzelhaus mit einem Garten darum herum wohnt, der hat es relativ leicht, mit seinen Nachbarn auszukommen. Wer in einem- Etagenhaus lebt, wo es vier Partien auf derselben Etage und vier drüber und vier drunter gibt, von denen abwechselnd immer eine die Treppe saubermachen muß, der hat es schon sehr viel schwerer. Unser Problem liegt darin — und das fühlt die Führung der Opposition in Wirklichkeit sehr deutlich —, nach zwei Weltkriegen, 25, 27 Jahre nach dem zweiten Weltkrieg endlich auch mit der anderen Hälfte unserer Nachbarn zu einem erträglichen, nicht feindschaftlichen, sondern nachbarlichen Verhältnis zu kommen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Dieses nachbarschaftliche Verhältnis zu den Nachbarvölkern und Nachbarstaaten ist unendlich wichtiger als der Streit in der eigenen Familie.

(Erneuter Beifall bei den Regierungsparteien.)

Herr Dr. Barzel, was mich angeht: Ich denke, daß zu dieser Frage, Nachbarschaft auch mit dem Osten halten zu wollen, unser Volk weitgehend eingesehen hat, daß dies notwendig ist und daß die Zeit reif ist. Ich habe deshalb keine Sorge, das Volk erneut zu befragen, wie der Bundestag zusammengesetzt sein soll.

(Lebhafter Beifall bei den Regierungsparteien.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618402400
Meine Damen und Herren, wir fahren in der Aussprache zur Regierungserklärung fort. Das Wort hat der Abgeordnete Professor Dr. Schäfer.

Dr. Friedrich Schäfer (SPD):
Rede ID: ID0618402500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Herr Bundeskanzler hat wohl mit gutem Grund heute morgen die Frage der inneren Sicherheit zum Gegenstand seiner Regierungserklärung gemacht. Ich hoffe, daß wir in diesem Hause alle darin übereinstimmen, daß die Fragen der inneren Sicherheit nicht Fragen der politischen Meinungsauseinandersetzung sein dürfen, sondern daß man sich darüber gemeinsam zu unterhalten hat, welche bestmöglichen, rechtsstaatlichen Formen wir dazu entwickeln können. Nur darum kann es sich handeln.

(Abg. Leicht: Haushalt!)




Dr. Schäfer (Tübingen)

— Wenn Sie Haushalt sagen, Herr Kollege Leicht, dann wissen Sie, daß der Haushalt gerade auf diesem Gebiet wesentliche Steigerungen vorsieht, dann wissen Sie, daß sich das Bundeskabinett am 22. März dieses Jahres mit einem Schwerpunktprogramm „Innere Sicherheit" befaßt hat und daß für das Jahr 1973 erneute, wesentliche Steigerungen für das Bundeskriminalamt, für das Bundesamt für Verfassungsschutz, für die Bereitschaftspolizeien der Länder, für den Bundesgrenzschutz und für das Ausländer-Zentralregister vorgesehen sind.
Der Bund hat in den vergangenen Jahren seinen möglichen Beitrag geleistet. Aber das ist nicht die entscheidende Frage, meine Damen und Herren. Die entscheidende Frage ist die, daß sich die demokratischen, rechtsstaatlichen Kräfte in diesem Staat gleichgültig nun, ob die Kompetenz beim Bund oder bei den Ländern liegt — zu gemeinsamem Handeln zusammenfinden. Die Innenministerkonferenz der Länder befaßt sich mit diesen Fragen. Sie tagt gerade heute. Ich konnte schon vorgestern dazu ausführen, daß sich nach meiner Beurteilung noch kein Innenminister wie der gegenwärtige soviel Mühe darum gegeben hat, eine einheitliche Sicherheitskonzeption für die Sicherheit dieser Bundesrepublik zusammen mit den Ländern zu erarbeiten.

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Das war auch noch nie so nötig!)

Die Länderinnenminister und die Landesregierungen verdienen Anerkennung, daß sie, durchaus der Regelung der Verfassung entsprechend, eine Gesamtkonzeption finden wollen. Denn unsere Verfassung sieht eine Stufenregelung in der Weise vor, daß zunächst die Länder zuständig sind. Wir sind der Auffassung, daß die Länder zuständig bleiben sollen, daß aber der Bund letztlich die Verantwortung für die demokratische Grundordnung dieses Staates trägt. Deshalb legen wir Wert darauf, daß unter Erhaltung der föderalistischen Zuständigkeit der Länder eine Gesamtsicherheitskonzeption erarbeitet wird. Im Innenausschuß des Bundestages wurde bei der ersten Beratung über das Bundesgrenzschutzgesetz in dieser Hinsicht Wesentliches vom Bundesinnenminister vorgetragen, und auch der anwesende Innenminister von Bayern hat seinerseits durchaus begrüßt, daß eine solche Konzeption ermöglicht werden soll.
Um so mehr, Herr Kollege Barzel, ist es notwendig, daß wir uns hier in diesem Hause über die Parteien, über die Fraktionen hinweg in dieser Frage zusammenfinden, um diese einheitliche, funktionsfähige Sicherheitskonzeption so zu erarbeiten, daß die Länder, und zwar alle, gleichgültig wie sie sind, voll eingespannt sind.
Lassen Sie mich hier ein Wort zu unserer föderalistischen Ordnung sagen, einem Aktivposten, den man manchmal übersieht, obwohl ich ihn für außerordentlich wichtig halte. Durch unsere föderalistische Ordnung haben wir die Selbstverständlichkeit, daß alle Parteien, die in diesem Hause vertreten sind, gleichgültig ob in Regierung oder Opposition, in der Regierungs- und damit in der Gesamtverantwortung stehen, weil sie in Länderregierungen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung verantwortlich sind.
Das bedeutet, daß wir bei der Abwehr politischer Gegner, daß wir bei der Bekämpfung der Verbrechen eine einheitliche Gesamtfront bilden können und sie uns nicht zerreden lassen dürfen und sie ja nicht in parteitaktische oder gar in Wahlauseinandersetzungen hineinziehen lassen dürfen. Wir haben vor einem Jahr hier erlebt, .daß man glaubte, der SPD und damit auch der Regierung einige Dinge anhängen zu können. Ich bin froh, daß das wieder aus der Welt ist. Man sollte sich auf beiden Seiten klar sein, daß man sich so in dieser enorm wichtigen Frage nicht zusammenfinden kann.
Der Herr Bundesinnenminister hat jeweils zu gegebener Zeit und auf jede Anforderung eingehend im Innenausschuß sehr präzis alle anstehenden Fragen beantworten. Dabei gibt es bei der Abwehr politisch radikaler Kräfte zweifellos einige Fragenkomplexe, die der Minister nur in vertraulicher oder geheimer Sitzung beantworten kann. Aber dazu gab es dann auch die Besprechungen beim Bundeskanzler mit den Fraktionsvorsitzenden, und dazu gibt es auch noch das Vertrauensmännergremium über die Geheimdienste. Von daher gesehen, meine Damen und Herren, sollte man diese Anregung des Herrn Bundeskanzlers sehr ernst nehmen, und man sollte die Möglichkeiten ergreifen, hier über die Fraktionen hinweg zwischen Bund und Ländern zu einer gemeinsamen Front und zu einer Übereinstimmung darüber zu kommen, was zu tun not tut.
Dazu gehört auch jener Beschluß, den die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten gefaßt haben, über die Abwehr des Eindringens radikaler Kräfte in den öffentlichen Dienst; ein, ich möchte sagen, erster Anfang, sofern man von allen Seiten gewissenhaft auf die Durchführung Wert legt.

(Zustimmung des Abg. Dr. Lenz [Bergstraße].)

Wir meinen, daß wir vollkommen verfassungsrechtlich, rechtsstaatlich auch in diesen Fragen vorgehen müssen und uns nicht auf irgendeinen Abweg begeben dürfen — Herr Dr. Lenz, ich bin froh, daß Sie zustimmen — und daß wir als Parlament gleichzeitig darüber zu wachen haben, daß verfassungsrechtlich und rechtsstaatlich vorgegangen wird, daß jeder Einzelfall geprüft wird und daß wir nicht in dem politisch verständlichen Willen der Abwehr Radikaler unsere eigene rechtsstaatliche Ordnung in Zweifel bringen lassen.

(Beifall bei der SPD.)

Das müssen wir auch nicht nur unter uns ganz klar sagen, sondern das muß nach außen in aller Deutlichkeit und einwandfrei gesagt werden.
Es ist erfreulich, daß — alle Wahlen haben es gezeigt — in den letzten Jahren die radikalen Kräfte zahlenmäßig geringer geworden sind. Das soll uns nicht über die Probleme täuschen, die ohne Rücksicht auf die Größenordnung bestehen. Diese Wandlung gibt uns ganz entscheidende politische Integrationsaufgaben auf, denen wir uns alle jeweils von unserer Position aus stellen müssen. Dazu brauche ich wahrscheinlich von hier aus nichts zu sagen. Jede Partei weiß, daß man von der Mitte aus führen



Dr. Schäfer (Tübingen)

muß und daß man auf diese Weise alle radikalen Intentionen integrieren muß. Die Auseinandersetzung, auch die innerparteiliche, ist ein normaler Vorgang. Natürlich können dabei auch Symptome deutlich werden. Darüber wurde heute hier schon ausreichend gesprochen; ich will dem nichts hinzufügen.
Ich meine, Herr Oppositionsführer Barzel, daß wir dieses Angebot der Regierung möglichst schnell annehmen und daß wir in ganz konkrete Besprechungen eintreten müßten, ob es sich nun um die erfreulicherweise vorliegenden Gesetzentwürfe des Bundesrates auf dem Gebiet des Waffenrechts und des Haftrechts, ob es sich um die Beschleunigungsnovelle, die die Bundesregierung vorgelegt hat, oder ob es sich um die Abwehr der radikalen Kräfte handelt. Es kommt darauf an, daß dieses Haus, daß diese Fraktionen zusammen mit der Regierung aktiv werden, um das Eindringen radikaler Kräfte zu vermeiden, um die Verbrechensbekämpfung, gemeinsam getragen, erfolgreich durchführen zu können.
Dabei hat der Bund begonnen, das Bundeskriminalamt auszubauen — eine ausgezeichnete Konzeption. Dabei kommt es darauf an, die Polizei besser auszubilden und sie auch personell in die Lage zu versetzen, ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Der Bund ist bereit, eine Akademie in Hiltrup wesentlich mitzufinanzieren.
Aber, meine Damen und Herren, lassen Sie mich hier noch einen Gedanken einfügen, der letztlich wahrscheinlich einer der entscheidenden sein wird. Es kommt nicht nur darauf an, alle staatliche Vorsorge zu treffen, um denjenigen, der sich gegen die Gesetze vergangen hat, möglichst schnell einer Strafe zuzuführen, sondern das Entscheidende ist letztlich, daß wir Formen finden, um denjenigen, der sich strafbar gemacht hat, wieder in die Gesellschaft einzuordnen. Die Frage der Resozialisierung ist die politisch weit entscheidendere Frage, weil wir nach der Statistik und aus der Erfahrung ganz genau wissen, daß derjenige, der von dieser Gesellschaft nach einem Straucheln ausgestoßen wird, viel eher wieder dazu neigt, sich ein zweites und ein drittes und ein zwanzigstes Mal wiederum gegen diese Gesellschaft zu vergehen.

(Abg. Matthöfer: Und das geht nicht mit der Vorbeugehaft!)

— Ja, vielen Dank, Herr Kollege Matthöfer, da geht es nicht um die Frage der Vorbeugehaft. Es geht genau im Gegenteil um die Frage, wie man denjenigen, der gestrauchelt ist, mit einem neuen Vollzug der Freiheitsstrafe in einer neuen Form wieder in die Gesellschaft einführen kann. Diese Gesellschaft muß die Kraft finden, diese Leute wieder zu assimilieren und ihnen wieder einen Platz in ihr zu geben.

(Zustimmung bei Abgeordneten der SPD.)

Das ist die letztlich entscheidende Frage der inneren Sicherheit auf dem Gebiet der Verbrechensbekämpfung. Es ist eine Frage nicht an die staatlichen Vollzugsorgane, nicht an die Polizei; es ist eine Frage an die ganze Gesellschaft, eine Frage auch an den Gesetzgeber, ob er im Laufe der nächsten Zeit die
richtigen Formen und die richtigen Methoden entwickeln und es ermöglichen wird, diese enorm große und menschlich schwierige Aufgabe der Resozialisierung durchzuführen.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Warum hat denn das Bundeskabinett den Gesetzentwurf dann noch nicht beschlossen? — Gegenruf des Abg. Dr. Apel.)

So meinen wir von der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion, daß wir uns mit der Bundesregierung und auch mit Ihnen, meine Damen und Herren, zusammensetzen sollten, um diese Fragen gemeinsam zu erörtern.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618402600
Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Bundesinnenminister, Herr Genscher.

(Abg. Reddemann: Sprechen Sie zum Kanzleretat?)


Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0618402700
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Diese Wortmeldung gibt mir Gelegenheit, eine gar nicht vorauszuahnende Frage des Kollegen Reddemann zu beantworten, die Frage nämlich: „Warum sprechen Sie hier noch, das hat Ihnen Herr Schäfer doch bereits vorweggenommen?" Nachdem ich in den Wahlkämpfen, meine Damen und Herren, so viel über die Probleme der inneren Sicherheit gehört habe, bin ich der Meinung, es sei jetzt Zeit, daß wir im Deutschen Bundestag darüber debattieren!

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Beim Haushalt des Innenministers!)

Die Debatte, die. wir heute dank der Anregung des Herrn Bundeskanzlers zur Gemeinsamkeit auf diesem Gebiet und dank des Diskussionsbeitrages des Kollegen Schäfer erleben, ist nämlich erst die zweite zu Fragen der Verbrechensbekämpfung in diesem Bundestag.

(Zuruf von der CDU/CSU: Und warum? — Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Die dritte in diesem Jahr, Herr Kollege Genscher! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

— Nein, zu den Problemen, die meinen Bereich angehen, ist es die zweite Debatte, Herr Kollege Lenz. Wenn ich manche Aktivitäten in anderen Bereichen sehe, könnte ich mir vorstellen, daß das schon zeigt, daß die Opposition an den Leistungen der Bundesregierung auf diesem Gebiet nicht vorbeisehen und nicht vorbeigehen kann.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618402800
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Reddemann?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0618402900
Herr Reddemann, bitte schön!




Dr. Gerhard Reddemann (CDU):
Rede ID: ID0618403000
Herr Kollege Genscher, hielten Sie es nicht für richtiger, wenn wir zunächst einmal über den Etat des Bundeskanzleramtes abstimmten und dann beim Etat des Bundesinnenministers über das dann an sich richtige Thema mit Ihnen diskutierten?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0618403100
Herr Kollege Reddemann, zunächst einmal sprechen wir im Augenblick über eine Erklärung des Bundeskanzlers, in der er auch Fragen der inneren Sicherheit angeschnitten hat.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


(1013 die Fragen der inneren Sicherheit für die Gesamtpolitik einen so hohen Stellenwert haben, daß sie sehr wohl beim Etat des Bundeskanzlers diskutiert werden können. (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der CDU; CSU: Abstimmen!)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618403200
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage der Abgeordneten Frau Kalinke?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0618403300
Bitte schön!

Margot Kalinke (CDU):
Rede ID: ID0618403400
Herr Minister Genscher, sind Sie nicht der Meinung, daß bei dem hohen Stellenwert, den auch ich und wir alle in diesem Hause diesem Problem geben, der Herr Bundeskanzler erst auf die ihm gestellten Fragen antworten sollte und daß Sie Ihren Bericht bei Ihrem Haushalt geben sollten, denn jetzt wollen wir den Haushalt des Bundeskanzlers erledigen?

(Zuruf von der CDU/CSU: Und zwar mit dem Bundeskanzler! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

Ich habe gefragt, sind Sie nicht der Meinung,

(Abg. Dr. Barzel: Das ist Filibustern!) daß der Herr Bundeskanzler zu diesem Punkt,


(Abg. Dr. Barzel: Der Bundeskanzler ist seit geraumer Zeit gar nicht da!)

ich wiederhole es, erst die ihm gestellten Fragen beantworten sollte und daß Sie dann bei Ihrem Haushalt dem ganzen Hause Ihren Bericht geben müßten?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0618403500
Frau Kollegin, ich habe gar nicht die Absicht, einen Bericht zu geben, sondern ich möchte einen Beitrag leisten

(Zuruf von der CDU/CSU: Zum Filibustern!)

zu der Diskussion über die Fragen der inneren Sicherheit. Es entspricht meinem bescheidenen Anteil an der Regierungsarbeit, daß ich nur zu einem Teilgebiet antworten kann. Der Regierungschef wird das am Schluß für die ganze Breite der Regierungsarbeit tun.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618403600
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Lenz?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0618403700
Herr Präsident, ich bin gerne bereit, jede Frage zu beantworten. Da das .Wort ,,Filibustern" gefallen ist, möchte ich nur sagen, es gibt nicht nur Filibustern auf der Rednertribüne, sondern auch am Fragemikrofon.

(Heiterkeit.)

Bitte schön, Herr Kollege!

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0618403800
Herr Kollege Genscher, da ich noch keine Frage am Mikrofon gestellt habe, kann ich ja wohl nicht gemeint sein.

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0618403900
Ich habe das schon bedauert.

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0618404000
Darf ich jetzt meine Frage stellen: Darf ich aus Ihrer Ankündigung, daß Sie nicht alleine für diesen Bereich zuständig sind, entnehmen, daß sich auch der Herr Bundesminister der Justiz za dieser Stunde und unter diesem Tagesordnungspunkt noch zu diesem Thema äußern wird?

(Heiterkeit.)


Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0618404100
Ich glaube, Herr Kollege, daß ich aus den Geheimnissen der Bundesregierung nicht zuviel verrate, wenn ich zuversichtlich davon ausgehe, daß der Herr Bundesminister der Justiz für seinen Verantwortungsbereich hier ebenfalls einen Beitrag liefern wird.

(Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der CDU/CSU: Filibustern!)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618404200
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Lenz?

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0618404300
Herr Kollege Genscher, würden Sie mir vielleicht in der Feststellung zustimmen, daß diese Art der Behandlung des Themas „Regierungserklärung" heute morgen ein Filibustern mit verteilten Rollen ist?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0618404400
Herr Kollege, Sie nehmen durch den Rückfall in eine zweite Frage geradezu eine Starrolle dabei ein.

(Erneute Heiterkeit und Beifall bei den Regierungsparteien.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618404500
Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Althammer?

Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0618404600
Bitte schön!

Dr. Walter Althammer (CSU):
Rede ID: ID0618404700
Herr Minister, nachdem Sie so gut Bescheid wissen, welche Kabinettsmitglieder hier noch teilnehmen werden: Wird es auch so sein, daß der Herr Bundeswissen-



Dr. Althammer
schaftsminister zu dem Thema „Sicherheit der Reaktoren" im Rahmen dieses Punktes sprechen wird?

(Erneute Heiterkeit. — Zurufe von der CDU/CSU.)


Hans-Dietrich Genscher (FDP):
Rede ID: ID0618404800
Herr Kollege, es entspricht meinem politischen Standort, daß ich immer mehr nach rechts als nach hinten sehe. Jahn sitzt rechts von mir.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn es ein Gebiet gibt, das sich in besonderer Weise als ein Gebiet gemeinsamer Verantwortung und der Zusammenarbeit nicht nur zwischen Bund und Ländern, sondern auch unter den tragenden demokratischen Parteien in unserem Land anbietet, dann ist es der Bereich der inneren Sicherheit. Es ist heute mit Recht darauf hingewiesen worden, daß zur gleichen Stunde in Mainz die Innenministerkonferenz der Länder tagt, die zusammen mit dem Bundesministerium des Innern eine gemeinsame Konzeption für die innere Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland vorlegen will,

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Das ist der dritte, der zu dem Thema nicht mehr sagt, als in den Zeitungen steht!)

eine gemeinsame Konzeption, die es ungeachtet des föderalistischen Aufbaus der Bundesrepublik Deutschland möglich machen soll, die vorhandenen Sicherheitsorgane und die vorhandenen Sicherheitspotentiale in einer höchst effektiven Weise einzusetzen.
Wir haben in der Vergangenheit eine Reihe bemerkenswerter Erfolge auf dem Gebiete der Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern zu verzeichnen. Ich erwähne hier nur den Gesetzentwurf zur Neuregelung des Haftrechts, wo es auf Initiative des Bundesrats unter maßgeblicher Mitwirkung der Bundesregierung, Herr Kollege Lenz, möglich geworden ist, einen allen rechtsstaatlichen Anforderungen entsprechenden und gleichwohl das Problem der Serienkriminalität erkennenden Gesetzentwurf vorzulegen, der eine zustimmende Beurteilung grundsätzlich nicht nur von den Fraktionen dieses Hauses finden wird, sondern auch von der Bundesregierung. Das gleiche gilt für die Stellungnahme der Bundesregierung zu dem Gesetzentwurf des Bundesrates zum Haftrecht.
Und schließlich gilt das für die Haltung der Bundesregierung im Zusammenhang mit den Ministerpräsidenten der Länder zur Frage des Eindringens von Radikalen in den öffentlichen Dienst.

(Zuruf des Abg. Dr. Lenz [Bergstraße].)

Wir haben es hier gegenüber allen über das Ziel hinausschießenden Forderungen erreicht, daß eine gemeinsame Basis von Bund und Ländern gefunden wurde, um den öffentlichen Dienst in der Bundesrepublik Deutschland frei zu halten von den Gegnern dieser freiheitlich demokratischen Grundordnung. Das verdient hier eine anerkennende Erwähnung, denn das gibt uns Hoffnung, daß wir auch andere Probleme der inneren Sicherheit in der Auseinandersetzung mit dem Radikalismus bewältigen können.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das bedeutet allerdings auch, daß wir einen gemeinsamen Weg für die Praktizierung dieser Beschlüsse des Bundeskanzlers und der Ministerpräsidenten der Länder finden müssen.
Meine Damen und Herren, es ist mit Recht gesagt worden, daß der Bürger das Verhältnis zu diesem seinem Staat auch danach beurteilt, ob dieser Staat in der Lage ist, die Sicherheit des Bürgers, seiner Familie und seines Eigentums zu sichern. Das tut man aber nicht mit Reden, das tut man auch nicht mit der Beschwörung von Ängsten, sondern allein mit Taten.

(Demonstrativer Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Dr. Wörner: Und auf die warten wir! Im Augenblick reden Sie nämlich nur, und Sie reden sehr viel! Tun Sie etwas!)

— Herr Kollege Wörner, von hier oben kann ich ja nicht gleichzeitig außer reden auch noch Etatansätze erhöhen. Das geht zu weit. Herr Kollege Wörner, wenn Sie sagen: auf die Taten warten wir, dann habe ich den Eindruck, daß Sie sich in den letzten zweieinhalb Jahren zu intensiv auf das Amt des Verteidigungsministers vorbereitet und die Probleme der inneren Sichcherheit völlig übersehen haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Diese Regierung nimmt für sich in Anspruch, in den Bereichen, in denen sie Verantwortung trägt, Anstrengungen unternommen zu haben — in der technischen Ausstattung, in der zahlenmäßigen Verstärkung —, die ohne Vergleich mit irgendeiner vorangegangenen Legislaturperiode sind.
Ich bitte, sich einmal anzusehen, was im Bundeskriminalamt geschehen ist. Im Bundeskriminalamt sind die Mittel in der vorausgegangenen Legislaturperiode von 14 Millionen DM auf 22 Millionen DM erhöht worden, um ganze 8 Millionen DM. Seit 1969 bis zu diesem Haushalt einschließlich werden die Mittel für das Bundeskriminalamt von 22 Millionen DM auf 75 Millionen DM erhöht, und im kommenden Jahr wollen wir den Betrag von 122 Millionen DM erreichen. Entsprechend ist die Entwicklung der Stellen. Es gibt keinen Bereich in der Bundesverwaltung, in dem in diesem Maße eine Ausdehnung des Stellenplans vorgenommen wird, wahrlich nicht, meine Damen und Herren, um hier einen Verwaltungskopf aufzublähen, sondern allein deshalb, um das Bundeskriminalamt und um das Bundesamt für Verfassungsschutz in die Lage zu versetzen, ihre Aufgabe im Bereich der Gesamtverantwortung für die innere Sicherheit dieses Staates zu erfüllen.

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Können Sie diese Stellen eigentlich auch alle besetzen?)

— Herr Kollege Lenz, das ist ein ernstes Problem. Jeder Innenminister hatte damit zu ringen, ob er ausreichend Nachwuchs gewinnen kann; denn es würde uns nicht sehr viel nützen, wenn wir als Bund nur darauf ausgingen, unseren Nachwuchs aus den Polizeien der Länder zu gewinnen, und zwar deshalb nicht, weil er dann dort fehlen würde. Des-



Bundesminister Genscher
halb sind wir den doppelten Weg gegangen, eigene junge Beamte heranzubilden, zugleich aber auch Beamte aus den Polizeien der Länder und aus dem Bundesgrenzschutz heranzuholen, um neben die ausgebildeten Beamten aus dem BKA auch solche zu setzen, die über eine langjährige Berufserfahrung bei den Polizeien der Länder und dem Bundesgrenzschutz verfügen. Ich glaube, daß eine gute Art der Zusammenarbeit auch zwischen Bund und Ländern auf diese Weise garantiert werden kann.
Meine Damen und Herren, wir sind im Augenblick dabei, im Deutschen Bundestag den Gesetzentwurf über den Bundesgrenzschutz zu beraten, über ein Gesetz, das den Bundesgrenzschutz in die Lage versetzen wird — und dies in Übereinstimmung mit den meisten Bundesländern —, seine Aufgabe als ein zusätzliches, jederzeit abrufbares Sicherheitspotential des Bundes, das den Ländern zur Verfügung gestellt werden kann, zu erfüllen. Wir leisten damit im Bereich des Verfassungsschutzes, im Bereich des Bundeskriminalamts und im Bereich des Bundesgrenzschutzes einen so wesentlichen Beitrag zur inneren Sicherheit in unserem Land, daß damit auch das Gesamtsicherheitskonzept in der Bundesrepublik Deutschland verwirklicht wurde.
Aus den Reden, die heute hier gehalten worden sind, ist eine ernste Sorge über die Entwicklung des politischen Radikalismus in der Bundesrepublik Deutschland deutlich geworden. Lassen Sie mich dazu eine grundsätzliche Bemerkung machen, weil ich vor der Gefahr warnen möchte, zu glauben, diese Fragen nur mit den Mitteln des Gesetzes, nur mit den Mitteln der Sicherheitsorgane lösen zu können.
In Wahrheit müssen wir sehen, daß die der Aufbauphase folgende Reformphase der deutschen Politik nicht dadurch leichter geworden ist, daß sie keine blanke Not mehr zu überwinden hat. Sie wird eher schwerer, weil die Anforderungen differenzierter sind, weil auch jeder Weg und jede Maßnahme kritischer beurteilt werden.
Diese Reformphase fällt in eine Phase internationaler Diskussion über grundsätzliche Fragen an Staat und Gesellschaft. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung, die Marktwirtschaft werden nicht mehr als selbstverständlich hingenommen. Um ihre Akzeptierung muß gerungen werden. Es wird notwendig sein, für diese unsere Grundordnung die Bürger stärker als in der Vergangenheit zu aktivieren. Ich sage das, meine Damen und Herren, all denjenigen, die im Grunde zu diesem Staat und zu dieser Gesellschaft ja sagen, aber darauf verzichten, sich für diesen Staat und diese Gesellschaft zu engagieren. Die Gegner unserer freiheitlichen Ordnung sind zum Engagement für ihre Vorstellungen bereit. Aber die demokratische Grundordnung kann nur funktionieren, wenn auch die Anhänger dieser Ordnung dazu bereit sind. Wir brauchen den kritischen, aufgeklärten Bürger, der aus gesellschaftlichem und politischem Bewußtsein heraus bereit ist, mitzudenken, mitzuwirken und mitzugestalten.
Lassen Sie es mich einmal ganz hart sagen: Wir müssen von der Stimmzetteldemokratie zur Bekenntnisdemokratie, zum offenen Bekenntnis zu den Grundlagen dieser freiheitlichen Ordnung kommen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Die radikalen Gegner dieser freiheitlich-demokratischen Grundordnung haben den Anhängern oder, sagen wir es ebenso hart und deutlich: den Nutznießern dieser Ordnung einiges an Bereitschaft zum Engagement und auch an Bekenntnisfreudigkeit voraus. Meine Damen und Herren, hier ist ein Nachholbedarf auf unserer, der demokratischen Seite. Deshalb ist die Hauptgefahr in Wahrheit die träge Mehrheit, die die Segnungen unserer freiheitlichen Ordnung genießt, es aber anderen überläßt, sich öffentlich für diese Ordnung einzusetzen und sich zu ihr zu bekennen. Meine Damen und Herren, es gibt auch ein Demokratieschmarotzertum. Ihm müssen wir gemeinsam den Kampf ansagen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das Bekenntnis zum Staat, das Bekenntnis zur äußeren und inneren Sicherheit — ich spreche hier vor allem von der inneren Sicherheit —, setzen auch das uneingeschränkte Bekenntnis zu denjenigen voraus, die in täglichem schwerem Dienst die Garanten der inneren Freiheit unseres Staates sind. Ich meine die Beamten unserer Polizeien in den Ländern und im Bund.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Sie müssen wissen, daß sie bei der Erfüllung ihrer schweren Aufgabe vom Vertrauen der gesamten Bevölkerung getragen werden. Meine Damen und Herren, angesichts mancher Kritik — berechtigter, aber viel mehr unberechtigter Kritik — an der Polizei lassen Sie mich hier ein ganz klares Wort sagen: In einem demokratischen Staat sind die Polizeibeamten nicht Büttel irgendeiner Obrigkeit gegenüber dem einzelnen Burger, sondern die Garanten des Freiheitsraumes jedes einzelnen Bürgers in diesem Staat.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Leicht: Deshalb brauchen sie viel Unterstützung!)

Deshalb sind die Polizeibeamten nicht die Prügelgarde, aber sie dürfen auch nicht die Prügelknaben der Nation werden.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Katzer: Ganz neue Erkenntnisse, die der Herr Minister hier vorträgt!)

Ich habe manchmal den Eindruck, daß bei mancher Kritik der öffentlichen

(Abg. Katzer: Ich meine, daß wir endlich mit dem Haushalt anfangen sollten!)

— oder sagen wir besser: der veröffentlichten Meinung — an der Polizei an einem vermeintlichen oder vielleicht auch wirklichen Fehlverhalten eines Polizeibeamten Tat, Täter oder Opfer völlig übersehen werden. Hier müssen wir hinstehen als politisch Verantwortliche. Wir müssen den Beamten draußen das Gefühl geben, daß wir in ihrem schweren Dienst hinter ihnen stehen. Meine Damen und Herren, wenn



Bundesminister Genscher
alle Fraktionen das heute bei dieser Grundsatzdebatte zum Ausdruck bringen würden, wäre das ein wesentlicher Gewinn für die innere Sicherheit in unserem Land.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Leicht: Wem sagen Sie das? Ihren Linken!)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618404900
Das Wort hat der Bundesjustizminister, Herr Jahn.

(Abg. Lenz [Bergstraße] : Wie schon angekündigt, Herr Präsident! — Abg. Leicht: Kann mal die Opposition zwischendrin eine Minute Zeit bekommen? Abg. Katzer: Nicht ein einziges neues Wort gesagt! Jetzt kommt noch ein Minister! Was ist denn das?!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618405000
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

(Abg. Dr. Schulze-Vorberg: Herr Justizminister, das ist Mißbrauch! Ausgerechnet der Justizminister macht das! — Glocke des Präsidenten. — Abg. Katzer: Was soll denn das? Wie viele Minister wollen noch reden?! — Anhaltende Zurufe von der CDU/ CSU. — Glocke des Präsidenten.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618405100
Meine Damen und Herren, der Bundeskanzler ist als nächster Redner gemeldet. Ich darf Sie bitten, daß der Justizminister jetzt zu Wort kommt.

(Abg. Rawe: Dies nennt man — für das Protokoll — Mißbrauch, Herr Justizminister!)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618405200
Herr Kollege Katzer! Meine Damen und Herren! Ich muß mich gegen den Vorwurf, dieses sei ein Mißbrauch, in aller Ruhe verwahren.

(Abg. Wohlrabe: Das ist doch Mißbrauch! Das wissen Sie doch selber! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Filibustern!)

Ich nehme an, meine Damen und Herren, die Sie sich im Augenblick so schrecklich erregen: Sie haben doch wohl gehört, daß Ihr Herr Fraktionsvorsitzender heute morgen in seiner Erwiderung auf die Erklärung des Herrn Bundeskanzlers Anlaß genommen hat, seine Position unter ausdrücklicher Berufung auf Erklärungen, die ich hier in einer anderen Debatte abgegeben habe, zu begründen.

(Abg. Katzer meldet sich zu einer Zwischenfrage.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618405300
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Katzer?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618405400
Ja, bitte!

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0618405500
Herr Minister Jahn, finden Sie es wirklich richtig und gut in einem Parlament, daß Minister auf Minister spricht und die Opposition nicht die Gelegenheit und die Chance hat,
dazwischen zu sprechen, wenigstens eine Minute unsere Meinung dazwischen zu sagen? Das können Sie als Justizminister doch gestatten!

(Zuruf des Bundesministers Genscher.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618405600
Aber, Herr Kollege Katzer, ich bin bereit, sofort auf meinen Platz zurückzugehen und zu warten, his Sie gesprochen haben, um mich anschließend zu melden. Ich hielte es nur für sachdienlich,

(Abg. Katzer: Das verstehe ich sehr gut!)

daß in dieser Debatte bei dem Thema, das der Bundeskanzler angesprochen hat innere Sicherheit —, und dem Versuch, zu einer gemeinsamen Position zu kommen, alle, die dazu etwas beigetragen haben und von Herrn Dr. Barzel angesprochen waren, sich dazu auch äußern.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Reddemann: Manipulation!)

Wenn Sie meinen, diese Debatte solle nach einer anderen Methode geführt werden, dann kann man sich darüber verständigen. Ich will dem gar nicht Schwierigkeiten bereiten. Nur ich finde, Herr Dr. Barzel hat einen Anspruch darauf —

(Abg. Rawe: Wenn Sie dauernd so einen Mißbrauch mit Ihrer Redefreiheit machen, hat das damit nichts mehr zu tun!)

— Ich verstehe überhaupt nicht mehr, wovon Sie reden! Wieso ist das denn ein Mißbrauch der Redefreiheit?

(Abg. von Thadden: Weil Sie die Abstimmung verhindern wollen!)

Der Führer der Opposition hat in seiner Erwiderung auf die Erklärung des Bundeskanzlers heute morgen zum Punkte innere Sicherheit hier eine Auffassung vertreten, in der er mich ausdrücklich zitiert und behauptet hat, einiges, was früher von mir gesagt worden sei, mache die Gemeinsamkeit auf diesem Gebiet schwer. Ich möchte diese Gelegenheit dazu benutzen, hier einiges auszuräumen. Wir kommen darauf jetzt auch in der Sache zu sprechen.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618405700
Herr Bundesminister, darf ich einmal einen Augenblick unterbrechen. Hier liegt ein Irrtum vor. Der Abgeordnete Katzer ist als Redner gemeldet worden; diese Meldung ist bei mir aber als Meldung zum Einzelplan 04 angekommen. Es liegen schon zahlreiche Wortmeldungen zum Einzelplan 04 vor.

(Abg. Katzer: Er ist doch gar nicht aufgerufen!)

Deshalb bekommen Sie, Herr Kollege Katzer, im Anschluß an den Herrn Bundesjustizminister das Wort.

(Abg. Katzer: Man kann doch nicht etwas debattieren, was nicht aufgerufen ist!)

Bitte schön, Herr Bundesminister!

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618405800
Herr Dr. Barzel, ich glaube, in diesem Hause sollte, wenn es möglich



Bundesminister Jahn
ist, über eine Frage kein Streit geführt werden, nämlich darüber, daß die Möglichkeiten, Notwendigkeiten und Methoden zur Bekämpfung der Kriminalität, die ja im übrigen nicht ein spezifisches Problem unseres Landes, sondern ein internationales Problem ist, mit dem sich alle Industriestaaten in West und Ost auseinanderzusetzen haben, ein Thema darstellen, für das es keine Patentlösung gibt. Wenn man einmal die Berichte über Ihre Reden in Wahlkämpfen und an anderen öffentlichen Orten nachliest, stellt man fest — und das ist interessant —: Patentantworten werden auch von Ihrer Seite nicht gegeben. Das ist auch in Ordnung so, denn niemand kann sie geben. Sie müssen sich aber die Frage gefallen lassen — Herr Kollege Genscher hat darauf hingewiesen —, ob es angemessen ist, an dieses Problem in einer Form der Diskussion heranzugehen, in der der Anschein erweckt wird, als gebe es sozusagen seit dem Oktober 1969 in diesem Lande eine Welle von Kriminalität, die da plötzlich über uns hereingebrochen sei und für die letzten Endes auch noch diese Regierung die Verantwortung trage. Ich halte das nicht für einen nützlichen Beitrag zur Diskussion. Wenn es aus diesem Grunde und aus diesem Anlaß in der Debatte über das Haftrecht hier zu einer sehr harten Auseinandersetzung gekommen ist, dann deshalb, weil damals der Versuch gemacht worden ist, diese Methode der Auseinandersetzung mit einem schwierigen Problem nun auch noch in das Parlament hineinzutragen. Ich halte weder von diesem Versuch, diese Methode in das Parlament hineinzutragen, etwas noch glaube ich, daß es gut ist, daß das, was ich damals zur Einleitung der Debatte gesagt habe, durch eine verkürzte Wiedergabe hier immer zu einem künstlichen Hindernis für ernsthafte Bemühungen um eine gemeinsame Sache nach brauchbaren Lösungen aufgebaut wird.

(Abg. Dr. Lenz [Bergstraße] : Wer tut denn das?)

- Dies muß ich ja wohl dem entnehmen, was Herr Dr. Barzel heute morgen gesagt hat. Wenn er zuhören würde, würde ich ihm sagen und ihn darauf hinweisen, — —

(Abg. Dr. Stark [Nürtingen] : Er wird doch von einem Minister gestört!)

- Es kommt ja immer darauf an, von wem er sich stören läßt.

(Abg. Rawe: Sie stören mit dieser Rede z. B. den ordnungsgemäßen Ablauf der Debatte!)

Nachdem ich ihm eben gesagt habe, daß ich über seine Äußerungen sprechen möchte, fände ich es ganz angemessen, wenn er zuhörte.

(Abg. Dr. Barzel: Ich war durch Ihren Kollegen Schiller am Zuhören gehindert! — Abgelenkt, nicht gestört!)

Dr. Carl Otto Lenz (CDU):
Rede ID: ID0618405900
— Ich nehme das zur Kenntnis. Ich hatte vorher nur angekündigt, daß ich auf einige Ihrer Bemerkungen eingehen würde. Aber das ist Ihre Sache, Herr Barzel.
Ich wollte hier nur folgendes sagen. Ich habe damals in dieser Debatte meinen Diskussionsbeitrag damit begonnen, daß ich ausdrücklich bedauert habe, daß eine langjährige Grundübereinstimmung zwischen den Fraktionen bei der Bewältigung derartig schwieriger rechtspolitischer Probleme nunmehr offenbar aufgegeben werden solle. Dies war mein Ausganspunkt. Wenn Sie sagen, es sei schwierig, hier eine Gemeinsamkeit herbeizuführen, so erkläre ich Ihnen hier und heute zum wiederholten Male: Es gibt in diesem Hause gerade im Bereich der Rechtspolitik eine langjährige und, wie mir scheint, gute Tradition der Kooperation und des gemeinsamen Bemühens um rechtsstaatlich eindeutige, praktikable und hilfreiche Lösungen. Ich bin nicht nur vom Amte her, sondern ich bin sicher auch in voller Übereinstimmung mit meinen Freunden bereit, dazu zurückzukehren. Aber dies kann niemand einseitig. Das muß dann von beiden Seiten geschehen. Es wird gelegentlich ja auch von Ihrer Seite, meine Damen und Herren, in geeigneten Hinweisen Stellung dazu bezogen, daß weder in einzelnen Maßnahmen noch in einzelnen Erklärungen noch etwa gar in einem Einzelvorschlag wie dem der Änderung des Haftrechts eine ausreichende Antwort auf die Frage nach der Bekämpfung der Kriminalität, soweit von seiten der Rechtspolitik dazu Beiträge zu leisten sind, gegeben werden kann.

Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618406000
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Stark?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618406100
Bitte schön!

Dr. Anton Stark (CDU):
Rede ID: ID0618406200
Herr Minister Jahn, wenn wir darin mit Ihnen übereinstimmen, hätten Sie es dann nicht zur besseren Bekämpfung der Kriminalität als richtig empfunden, in Ihrer Rechtspolitik andere Prioritäten zu setzen und an die Stelle des Dritten und Vierten Strafrechtsreformgesetzes die Strafverfahrensbeschleunigungsnovelle und die Haftrechtnovelle zu setzen? Es geht doch wohl um die Prioritäten?

Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618406300
Herr Kollege Stark, wir können über Prioritäten hier sprechen. Sie gehen offensichtlich von einer unrichtigen Voraussetzung aus. Wir haben hier keine unterschiedlichen Prioritäten gesetzt. Wir haben — das möchte ich jetzt in aller Deutlichkeit sagen — mit dem Dritten und Vierten Strafrechtsreformgesetz an jene damals bereits vorhandenen Vorarbeiten angeknüpft — teils hier im Haus in der letzten Wahlperiode, teils im Bundesministerium der Justiz —, die es uns erlaubten, die entsprechenden Novellen rechtzeitig vorzulegen. Die Maßnahmen zur Beschleunigung des Strafverfahrens sind das Ergebnis der Arbeitsgruppe, die auf einer Sonderkonferenz der Landesjustizminister im Mai des Jahres 1970, ein halbes Jahr nach meinem Amtsantritt, eingesetzt wurde. Sie hat in sehr intensiven, auch zeitlich intensiven Bemühungen vor wenigen Wochen ihre Arbeiten abgeschlossen, und dies hat dann sofort zur Vorlage der umfassenden Novelle zur Reform des Strafverfahrensrechts geführt. Ich muß Ihnen offen sagen: Es gab vorher keinerlei Vorarbeiten



Bundesminister Jahn
auf diesem Gebiete. Um Prioritäten richtig setzen zu können, haben wir ein völlig neuartiges Verfahren gewählt. Wir haben uns nicht darauf beschränkt, zunächst einmal bei uns im Hause selber eine abgerundete Vorstellung zu entwickeln und dann in die Debatte mit den Ländern zu gehen, sondern haben, um dieses Verfahren zu beschleunigen, von vornherein eine Kooperation mit den Landesjustizministern und den Landesjustizverwaltungen gesucht und gefunden und zur Basis unserer Vorarbeiten gemacht. Deutlicher konnte nicht herausgestellt werden, daß wir der Überzeugung sind — wenn Sie hier von anderen Prioritäten sprechen, will ich das gerne so deuten, daß wir in diesem Punkte übereinstimmen —, daß dieses Thema Vorrang hat, ohne bürokratische Hemmnisse in den Griff genommen werden muß und eine alsbaldige Vorlage geeigneter Novellierungen möglich sein müßte. Hier hat es kein Zurückstellen, hier hat es kein nachträgliches Einsehen gegeben, sondern hier ist von Anfang an das getan worden, was möglich war. Wenn Sie berücksichtigen, daß wir nach weniger als zweieinhalb Jahren eine kabinettsreife Vorlage zu diesem Thema gebracht haben — gerechnet vom Zeitpunkt des Beginns der Arbeit dieser Regierung —, dann können Sie doch im Ernst nicht den Vorwurf aufrechterhalten, hier sei eine schwierige Aufgabe nicht mit der notwendigen Beschleunigung erledigt worden.
Nun muß ich aber noch ein Wort zu der Behandlung des Haftrechts sagen. Das, was damals die Debatte belastet hat, war doch ein einfacher Vorgang. Es gab, nachdem die Dinge hier im Hause bereits einmal beraten waren, einen Beschluß im Rechtsausschuß des Bundestages, der von allen Fraktionen des Hauses getragen und in dem gesagt worden war, daß der Bundesminister der Justiz zunächst einmal durch Umfrage bei den Landesjustizverwaltungen bestimmte Tatsachenfeststellungen treffen sollte, bevor man an die Novellierung des Haftrechtes endgültig herangehe. Wir haben uns ohne Verzug dieser Aufgabe angenommen. Bevor sie abgeschlossen werden konnte — was nicht an uns lag , sind Sie mit Ihrem Antrag gekommen, ohne Rücksicht auf die bestehende Verabredung der Fraktionen untereinander, ohne Rücksicht auf den dem Bundesminister der Justiz erteilten Auftrag, Tatsachenfeststellungen zu treffen, ohne die Ergebnisse abzuwarten, die abgewartet werden sollten und abgewartet werden mußten. In dieser Situation hat es der Herr Kollege Vogel für richtig befunden, sich hinzustellen und zu sagen, diese Regierung unterlasse notwendige Vorlagen. Das ist keine Methode, mit der man zur Zusammenarbeit kommen kann. Ich will jetzt hier nicht alle Dinge, die damals in der Debatte eine Rolle gespielt haben, wieder aufwärmen. Ich will nur schlicht und einfach sagen: wir haben in den Fragen der Beiträge der Rechtspolitik zu einer wirksamen Verbrechensbekämpfung eine gute Tradition. Wir können sie wahren, wenn wir wollen. Wir können die Möglichkeiten, die hier gerade durch Veränderung der Verfahrensgesetze, durch die Strafvollzugsreform und andere Dinge geschaffen werden können, wahrnehmen. Wir haben es an sich bitter notwendig, hieraus keinen Streit werden zu lassen. Deswegen findet das, was Herr
Dr. Barzel heute morgen dazu gesagt hat, nicht nur bei der Bundesregierung im allgemeinen, sondern auch bei mir, bezogen auf die früheren Formen unserer Zusammenarbeit, nicht nur ein offenes Ohr, sondern auch alle Bereitschaft, darauf einzugehen und dies zu machen. Nur ist es auf die Dauer keine Methode, nur davon zu reden, sondern man muß sich in der Auseinandersetzung mit den Sachproblemen auch darum bemühen, diese Sachprobleme gemeinsam zu bewältigen.

(Beifall bei der SPD.)

Die Vorlage zur Reform des Strafverfahrensrechts werden Sie in den nächsten Wochen präsentiert bekommen. Da gibt es eine Reihe sehr schwieriger Fragen, mit denen wir uns sicherlich ausführlich und eingehend befassen müssen. Wir werden uns in absehbarer Zeit über die Fragen der Reform des Strafvollzugs auseinandersetzen müssen. Dies sage ich gerade bezogen auf den Punkt Gemeinsamkeit mit allem Ernst. Wer da draußen von der „weichen Welle" redet, wer da draußen von „Hotelvollzug" redet, wer da draußen die Bemühungen, dieses Strafrecht nach den Erkenntnissen unserer Zeit wirksamer zu gestalten, in der Weise in Verruf bringt, wie das vielfältig geschehen ist, der muß sich doch die Frage gefallen lassen: Wie ernst ist es mit der Bereitschaftserklärung zu gemeinsamen Bemühungen bestellt?

(Abg. Rawe: Das fragen Sie jetzt, wo die Regierung den ganzen Morgen redet!)

Ich bin durchaus der Meinung, daß das für solche Formen der Auseinandersetzung kein geeignetes Übungsfeld ist. Ich bin durchaus der Meinung, daß wir hier allen Grund haben, in Ruhe und Sachlichkeit uns der Aufgabe zu stellen, die hier vor allen Dingen Probleme schafft, und innerhalb der Bevölkerung deutlich zu machen, daß die Fortentwicklung der rechtspolitischen Möglichkeiten in unserem Staat, in unserer Gesellschaft eine große gemeinsame Anstrengung notwendig macht, aber auch rechtfertigt. Sie werden in der Auseinandersetzung mit den konkreten Themen Zeit und Gelegenheit genug haben, unter Beweis zu stellen,

(Abg. Rawe: Abstimmen und nicht filibustern!)

ob wir nur Aufforderungen zur Gemeinsamkeit bekommen oder ob wir in der konkreten Arbeit an den Themen diese Gemeinsamkeit auch praktizieren können. An unserer Bereitschaft dazu wird es jedenfalls nicht fehlen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618406400
Das Wort hat der Abgeordneter Katzer.

Hans Katzer (CDU):
Rede ID: ID0618406500
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Erklärung des Herrn Bundesjustizministers und der Charme der Erklärung kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß sie in der Sache nichts gebracht hat, was diesem Hohen Hause nicht seit Wochen und Monaten bekannt ist.

(Beifall bei der CDU/CSU.)




Katzer
Meine Damen und Herren von der Koalition, Sie wissen, worum es geht. Sie haben keine Mehrheit. Sie fürchten eine Abstimmung.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Aber wir haben gestern — das ist ausgerechnet worden — mehr als 101/2 Stunden über den Einzelplan 04 gesprochen. Ich bin wirklich der Meinung, es wäre jetzt an der Zeit, über diesen Einzelplan 04 abzustimmen, damit wir in die Beratung des Haushalts eintreten und unsere Arbeit weiter tun können, wie wir uns das vorgenommen haben.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618406600
Das Wort hat der Herr Bundeskanzler. —

(Zuruf von der CDU/CSU: Der ist nicht da! — Der ist zurückgetreten!)

Das Wort hat der Herr Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen.

(Beifall bei der SPD. — Abg. Katzer: Der neue Bundeskanzler! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618406700
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Barzel weiß ganz genau, daß ich jetzt in ganzer Kürze, in dieser Zwischenzeit, auf seine von ihm aufgeworfene Frage in bezug auf die Art. 111 und 112 des Grundgesetzes eingehe. Das gehört zum Thema.

(Zuruf von der CDU/CSU: Preiserhöhungen!) Das Thema ist erlaubt.

Ich darf nur eines sagen, Herr Kollege Barzel: wir sind uns der politischen Bedeutung dieser Angelegenheit durchaus bewußt.

(Abg. Rawe: Dann stimmen wir doch ab!)

Wir alle wissen, daß das parlamentarische Budgetrecht im Zentrum unserer ganzen parlamentarischen Geschichte der letzten 200 Jahre in der westlichen Welt steht.
Nun, was zu den beiden Artikeln zu sagen ist, das kann ich in die Worte fassen: Nach dem Wortlaut der Art. 111 und 112 des Grundgesetzes ist jede Bundesregierung durchaus in der Lage, solange ein Haushalt durch das Parlament nicht festgestellt ist, alle notwendigen Aufgaben zu erfüllen.

(Abg. Dr. Barzel: Aber die Bundesregierung ist verpflichtet, den Haushalt zu verabschieden!)

— Herr Barzel, das ist in den vergangenen Jahren unter vielen Bundesregierungen so gehandhabt worden. In einem Fall ist ein Haushalt erst für das letzte Vierteljahr des damaligen Haushaltsjahres durch dieses Parlament beschlossen worden.

(Abg. Baier: Das ist alles bekannt, Herr Schiller!)

Nur darf ich Ihnen, Herr Barzel, ein Zweites sagen. Was den Haushalt 1972 betrifft

(Zuruf von der CDU/CSU: Den wollen wir beraten!)

und die Anwendung der Art. 111 und 112 des Grundgesetzes, so haben wir uns bisher peinlichst im Rahmen der Vorschriften gehalten, sowohl was die Eingrenzung nach Art. 111 des Grundgesetzes als auch was die überplanmäßigen Ausgaben nach Art. 112, die bisher geleistet wurden, betrifft.

(Abg. Rawe: Und warum wollen Sie jetzt nicht abstimmen?)

— Sofort. Ich wollte Ihnen diese Auskunft geben.
Herr Barzel, ein letztes Wort noch. Sie meinten, Währungspolitik sei keine Angelegenheit der gemeinsamen Debatte in diesen Tagen oder Wochen. Ich darf Ihnen dazu sagen: Es geht nicht um nationale Währungsmaßnahmen — da hat Herr Barzel völlig recht —, es geht um gemeinschaftliche europäische Probleme der Währungspolitik. Diese sind allerdings so gewichtig, daß sie Gegenstand gemeinsamer Gespräche zwischen den Fraktionen dieses Hauses sein sollten.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Rawe: Ja, dann wollen wir jetzt abstimmen!)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618406800
Meine Damen und Herren, der Herr Bundeskanzler ist im Augenblick durch eine andere Sache verhindert. Er hat daher seine Wortmeldung zurückgezogen und mir das soeben ausdrücklich mitgeteilt. Wir sind damit am Ende der Aussprache, falls nicht noch weitere Wortmeldungen zu der außerhalb der Tagesordnung behandelten Regierungserklärung erfolgen. — Das ist nicht der Fall.
Wir fahren mit Punkt II der Tagesordnung fort:
Zweite Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 1972

(Haushaltsgesetz 1972)

— Drucksachen VI/2650, zu VI/2650, Nachtrag zu VI/2650 —
Berichte des Haushaltsausschusses (7. Ausschuß)

Ich rufe erneut auf: Einzelplan 04
Geschäftsbereich des Bundeskanzlers und des Bundeskanzleramtes
— Drucksache VI/3353 —
Berichterstatter: Abgeordneter Hörmann (Freiburg)

Abgeordneter Baier
Das Wort hat zunächst der Herr Kollege Lenders.

(Abg. Rawe: Ich dachte, wir wollten abstimmen!)





Helmut Lenders (SPD):
Rede ID: ID0618406900
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir fahren in der Aussprache über den Haushalt 04 fort.

(Abg. Rawe: Mit der Verzögerung der Abstimmung!)

Ich möchte in meinem Beitrag noch einmal darauf zurückkommen, daß während der Aussprache über diesen Haushalt 04 im Zentrum der Auseinandersetzungen auch die Wirtschafts- und Konjunkturpolitik dieser Bundesregierung gestanden hat. Sie stand im Zentrum der Kritik von seiten der Opposition. Der Bundeswirtschafts- und Finanzminister selbst hat gestern in seiner übrigens sehr sachlichen Rede deutlich gemacht, daß diese Bundesregierung unter schwierigsten Bedingungen in der Wirtschafts- und Konjunkturpolitik Kurs gehalten und das Beste für die Menschen in unserem Lande herausgeholt hat.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD.)

Ich glaube, das ist gestern in dem sachlichen Beitrag des Bundeswirtschafts- und Finanzministers deutlich geworden. Ich brauche das, was er mit Zahlen und Fakten belegt hat, nicht noch einmal im einzelnen zu wiederholen.
Ich möchte lediglich auf einige Aspekte Ihrer Kritik zurückkommen. Sie weisen in Ihrer Kritik und in Ihren Beiträgen in, wie ich meine, oft sehr unsachlicher Weise und, meine Damen und Herren von der Opposition, auch in einer nicht zu übersehenden Art von Selbstgerechtigkeit darauf hin, daß die Wirtschaftspolitik, die Konjunkturpolitik — dabei sprechen Sie von den Preisen, vom Wachstum und anderen Faktoren — gescheitert sei. Das ist im Grunde nichts anderes als eine Art hemmungsloser Verunglimpfung dieser Politik, die in keiner Weise gerechtfertigt ist.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ich sage noch einmal: die Wirtschafts-, Währungs- und Finanzpolitik dieser Koalition hat sich unter schwierigsten sowohl internen als auch externen Bedingungen bewährt. Es dürfte doch auch Ihnen nicht entgangen sein, daß sich die Entwicklungsperspektiven der deutschen Volkswirtschaft, unserer Wirtschaft, im Frühjahr des Jahres 1972 positiver darstellen, als aus Ihren Aussagen hervorgeht. Die Situation ist weit besser als die Situation im Herbst 1969, ja, weitaus günstiger, als sie noch vor einem Jahr, selbst noch im Spätherbst des vergangenen Jahres, erwartet wurde. Wir haben den Anschluß an den Frühjahrsaufschwung des Jahres 1972 gefunden, der Abschwung ist aufgefangen, und eine Rezession gibt es nicht.

(Beifall bei der SPD.)

Diese positive Entwicklung, meine Damen und Herren, diese Phase der Konsolidierungen, in der wir uns befinden, und die Sie nicht abstreiten können, wird durch eine vorsichtige und verantwortliche Politik der Nachfragestützung getragen. Das beziehe ich auch auf den jetzt vorliegenden Haushalt 1972.

(Beifall bei der SPD.)

Daß wir nicht nur den Aspekt des Wachstums, sondern auch ,den von Ihnen so stark strapazierten Aspekt der Preisentwicklungen, der Stabilität im Auge haben, wird doch dadurch bewiesen, daß diese Bundesregierung erklärt, daß sie zur Zeit von den Möglichkeiten des Eventualhaushalts keinen Gebrauch macht. Sie nimmt im Interesse der Stabilität in diesem Jahr — das geht aus dem Jahreswirtschaftsbericht hervor — eine unterdurchschnittliche reale Wachstumsrate der Wirtschaft, gemessen am mittelfristigen Wachstumspfad, in Kauf. Das nehmen wir im Interesse der Stabilität in Kauf.
Aber andererseits sind wir der Meinung, daß wir dieses reale Wachstum von zwei bis drei Prozent nur erreichen, wenn das an vorsichtigen und konsequenten Nachfragestützungen gegeben wird, was aus dem Vollzug des Haushalts 1972 kommt. Das ist der Zusammenhang, den Sie sehen müssen.

(Beifall bei der SPD.)

Nun, ich will nicht wieder wie Sie in den großen Rückblick auf die Gesamtentwicklung dieses Konjunkturzyklus verfallen. Es wäre da manches zu sagen. Aber ich habe noch ein Anliegen im Zusammenhang mit der bisherigen Diskussion, die wir führen.
Meine Damen und Herren von der Opposition! Wenn Sie im gegenwärtigen Zeitpunkt immer wieder den Versuch machen, dieser Bundesregierung nicht nur die Verantwortung, sondern die alleinige Schuld für die Preisentwicklung zuzuschanzen, dann muß ich Sie fragen: Haben Sie eigentlich trotz der vielen Stellungnahmen sowohl des Sachverständigenrates als auch ,der Deutschen Bundesbank und der wirtschaftswissenschaftlichen Institute bis heute nicht begriffen, in welchem Maße internationale Interdependenzen auf unserer Preisentwicklung einwirken?

(Beifall bei der SPD. — Zuruf von der CDU/ CSU.)

Und jetzt kommt der entscheidende Punkt. Haben Sie nicht begriffen, wie fragwürdig Ihre Argumentation wird, wenn ich noch einmal darauf verweise, daß Sie sich im Verlauf des gesamten Konjunkturzyklus immer wieder gegen ,die außenwirtschaftliche Absicherung unseres Preisniveaus gewehrt haben? Erinnern Sie sich an Ihre Entscheidungen im Jahre 1969! Erinnern Sie sich an Ihre Haltung im Laufe des vergangenen Jahres und Ende dieses Jahres! Ich weiß gar nicht, woher Sie auf dem Hintergrund dieser Ihrer absoluten Negation in der Frage der außenwirtschaftlichen Absicherung den Mut nehmen, in der Preisfrage, in der Frage der Preisstabilität, hier mit einer solchen Selbstgerechtigkeit aufzutreten. Das muß ich Ihnen einmal sagen.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Stücklen: Über 5%!)

Es ist im Zusammenhang mit der Aussprache über die Regierungserklärung davon gesprochen worden — der Bundeskanzler hat für diese Regierung auf dem Hintergrund der gegenwärtigen Situation das Angebot gemacht —, daß man doch in zentralen Problemen, in zentralen Fragen unseres Landes, die die Menschen alle berühren, wenigstens den Versuch machen sollte, Ansatzpunkte für Gemeinsam-



Lenders
keiten zu finden. In diesen drei Punkten, die der Bundeskanzler genannt hat, war auch der Bereich der Währungspolitik.
Nun habe ich sehr aufmerksam vernommen, daß Herr Dr. Barzel in der Frage der Währungspolitik und der internationalen währungspolitischen Probleme, die heute für uns alle anstehen, und in dem Spannungsverhältnis, in dem wir uns bei diesen Fragen befinden, durchaus die Möglichkeiten eines gemeinsamen Ansatzes sieht, zumal, wie er mit Recht sagt, Währungsfragen nicht auf den offenen Markt diskutiert werden sollten. Ich empfinde das als positiv, zumal ich bisher nicht verstanden habe, daß sich gerade die CDU/CSU-Fraktion als Ganzes — ich beziehe das nicht auf jedes Mitglied Ihrer Bundestagsfraktion — nach außen hin in der Frage der außenwirtschaftlichen Absicherung und bei den währungspolitischen Problemen so negativ verhalten hat.
Ich sehe also hier Ansatzpunkte, und ich möchte noch einmal auf das Spannungsverhältnis hinweisen, in dem wir stehen. Auf der einen Seite ist die Bundesrepublik Deutschland ein stark exportorientiertes Land. Wir sind mit einem Viertel unseres Sozialprodukts in die Weltwirtschaft eingebunden. Das ist die eine Seite. Auf der anderen Seite — und nun kommt das erste Spannungsverhältnis — hat die Bundesrepublik, haben wir, alle Parteien dieses Bundestages einschließlich der Opposition ein Interesse daran, ein möglichst hohes Maß an Preisstabilität zu erhalten, auch dann, wenn es im Weltmaßstab Entwicklungen gibt, die wir nicht mehr als preisstabile Entwicklungen bezeichnen und akzeptieren können. Hier ist ein Spannungsverhältnis zwischen der Exportorientierung und der Frage, wie man sich von dem internationalen Preistrend abhängt. Das ist das erste Spannungsverhältnis. Das wirft schwierige Probleme auf, die man gemeinsam besprechen könnte.
Das zweite Spannungsverhältnis ist, daß wir alle sagen — auch die CDU/CSU-Opposition —, daß wir eine Wirtschafts- und Währungsunion im Rahmen der Sechser- bzw. der Zehnergemeinschaft wollen, daß wir eine möglichst schnelle Entwicklung in Richtung einer Wirtschafts- und Währungsunion wollen, daß aber gleichzeitig — wenn man an das engere Aneinanderbind en dieser Volkswirtschaften denkt — die Frage eines Gefälles in der Preisentwicklung zumindest von einigen Ländern dieser Gemeinschaft zu unserem Stabilitätsverständnis entsteht. Auch das ist ein Spannungsverhältnis, das Sie in Ihrer ganzen Argumentation bisher entweder ignoriert haben oder das Sie mal so, mal so beantwortet haben. Einmal haben Sie sich lediglich auf Preisstabilität gestützt, ohne diese Folgen der Integration, die Probleme der Integration für die innerdeutsche Preisentwicklung überhaupt anzusprechen, oder Sie lassen die Preise rechts oder links liegen, je nach Wunsch, und sagen: Mit der Intregration geht es nicht schnell genug. Das ist ein Widerspruch, den Sie auflösen müssen. Das ist ein Spannungsverhältnis, eine Problemstellung, über die wir uns gemeinsam unterhalten müssen.
Dann gibt es noch ein Spannungsverhältnis in der Frage der internationalen Währungsproblematik, nämlich das Verhältnis zu unserem stärksten Partner in der atlantischen Gemeinschaft. Dann wächst sich diese ganze Problematik wie schon bei der EWG in eine nicht nur ökonomische, sondern politische Frage aus, über die man sich verständigen müßte. Ich will das nicht vertiefen. Hier sind ganz eindeutig Spannungsverhältnisse vorhanden, schwierige Probleme, die Sie aber in der bisherigen Diskussion zum Teil völlig einseitig behandelt oder einfach vom Tisch gewischt haben,

(Beifall bei den Regierungsparteien)

vor allen Dingen in der Art Ihrer Polemik gegen die Währungspolitik dieser Bundesregierung.
Und, meine Damen und Herren, es gibt natürlich noch ein Problem, wenn es darum geht, mit Ihnen in ein Gespräch zu kommen.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und Zuruf des Abg. Dr. Luda.)

— Na ja, Herr Dr. Luda, ich will hier nicht über so manche Facetten plaudern, die wir in wirtschaftspolitischen Diskussionen im Wirtschaftsausschuß erlebt haben. Aber, meine Damen und Herren, gestern wurde mir das „Handelsblatt" vom 27. April auf den Tisch gelegt. Das Problem, mit dem wir es zu tun haben, ist dort in einem Artikel mit der Überschrift „Hat die Union bessere Alternativen?"

(Zurufe von der CDU/CSU: Jawohl! — Ja!)

— bezogen auf die Wirtschafts- und Währungspolitik — angesprochen worden. Und da wird gesagt: Nun, die Wirtschaftspolitik dieser CDU/CSU-Opposition ist ein Schachbrett, auf dem viele Läufer agieren, und danach, wie der Schreiber dieses Artikels es darstellt, agieren sie nicht alle in gleicher Richtung, und sie agieren möglicherweise sogar teilweise gegeneinander. Zumindest ist nicht klar erkennbar — so wird es in diesem Artikel dargestellt —, welche Wirtschafts- und Währungspolitik diese CDU/CSU-Opposition eigentlich vertritt.

(Abg. Baier: Sie haben rotes Licht!)

Und dann kommt dieser Artikel zu dem Schluß, daß sich bisher eigentlich die Wirtschafts- und Währungspolitik dieser Opposition nur auf den Nenner bringen läßt: zur Zeit besteht der kleinste gemeinsame Nenner in dieser Opposition in der Negation der Wirtschafts- und Währungspolitik dieser Bundesregierung. Das ist alles.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618407000
Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Luda?

(Zuruf von der SPD: Verlängerung!)


Helmut Lenders (SPD):
Rede ID: ID0618407100
Verzeihen Sie, Herr Präsident, ich komme zum Schluß. — Meine Damen und Herren, wenn wir in wesentlichen Fragen auch der Wirtschafts- und Währungspolitik ins Gespräch kommen wollen, dann scheint es mir notwendig zu sein,

(Jawohl! bei der CDU/CSU)




Lenders
daß Sie erst einmal bei sich selbst den Zustand der Diffusion und der Konfusion in diesen Fragen ändern.

(Beifall bei der SPD.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618407200
Wir fahren in der Aussprache fort. Das Wort hat der Abgeordnete Stücklen.

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0618407300
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Herrn Kollegen Lenders waren ohne Zweifel hochinteressant.

(Zustimmung bei Abgeordneten der CDU/ CSU. — Abg. Baier: Sehr richtig!)

Sie wären besonders gut geeignet gewesen, beim Etat des Wirtschaftsministers als wirtschaftspolitische Rede gehalten zu werden.

(Jawohl! bei der CDU/CSU.)

Wir sind aber im Augenblick dabei, den Haushaltsplan 04, den Haushaltsplan des Herrn Bundeskanzlers, zu beraten.

(Zurufe von der SPD.)

Und da stellt sich doch die Frage: Warum wird hier so viel zu den Sachhaushaltsplänen geredet, wenn es jetzt um den Bundeskanzler geht.

(Zurufe von der CDU/CSU: Bravo! — Der schwankt!)

Glaubt die Regierung, sie müsse noch mehr Zeit
haben, um ihre vielleicht ohnedies nur noch in ganz schwachen Stimmenzahlen zum Ausdruck zu bringende Mehrheit erst einmal zu erreden? Oder, Herr Bundeskanzler, war Ihr Gespräch mit Herrn Helms, war die Seelenmassage erfolgreich, so daß wir jetzt abstimmen können? Wenn das so sein sollte, würden wir uns freuen, denn wir sind der Meinung, daß nun genug geredet worden ist.

(Beifall bei der CDU/CSU.)

Wir wollen endlich einmal sehen — und die Bundesregierung muß dazu bereit sein, und sie muß nicht nur bereit sein, sondern muß das der deutschen Öffentlichkeit beweisen , ob sie noch eine tragfähige Mehrheit hinter sich hat.

(Zurufe von der SPD.)

Das soll diese Abstimmung erbringen, und deshalb beantragen wir namentliche Abstimmung.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618407400
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Gallus. Für ihn sind durch die Fraktion der FDP 30 Minuten Redezeit beantragt.

(Bravo-Rufe und Händeklatschen bei der CDU/CSU. — Beifall bei Abgeordneten der SPD. — Abg. Stücklen: Aber die Seelenmassage ist doch schon abgeschlossen! — Helms ist doch schon kuriert! — Zuruf von der CDU/CSU: Jetzt kommen die Milchpreise! — Weitere Zurufe von der CDU/ CSU.)


Georg Gallus (FDP):
Rede ID: ID0618407500
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind immer noch in der Diskussion über den

(Abg. Baier: Über den Milchpreis!)

Etat des Bundeskanzlers,

(Sehr wahr! bei der CDU/CSU)

sicher, ,und dazu will ich auch einiges sagen, und zwar deshalb, weil gerade von Ihrer Seite zu Beginn dieser Debatte davon gesprochen wurde, daß im Zusammenhang mit der Beratung dieses Haushalts über alles, über die gesamte Politik gesprochen werden könne. Das ist hier von der Opposition gesagt worden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, daß gerade die Rede des Herrn Bundeskanzlers einige sehr wichtige Aspekte beinhaltet hat, ,die Sie nicht zur Kenntnis nehmen wollen. Ich erinnere an einen Satz, den ich hier mit Genehmigung des Herrn Präsidenten zitiere. Der Herr Bundeskanzler hat ausgeführt: „Dabei wird sorgfältig zu prüfen sein, ob die Anwendung des § 19 des Stabilitätsgesetzes angezeigt ist, der eine Begrenzung der Schuldaufnahmen vorsieht." Ich halte das für eine sehr wichtige Ankündigung, und zwar aus verschiedenen Gründen. Wir wissen alle, daß nicht nur der Bund Schuldaufnahmen tätigt und getätigt hat, sondern daß das in sehr viel erheblicherem Ausmaße insbesondere die Länder und die Gemeinden getan haben und tun. Wenn ich mir die Steigerungsraten der Verschuldung einmal vornehme, dann muß einem der Bund geradezu als Musterknabe der Verschuldung während der letzten zwei Jahre vorkommen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Ichglaube, das sollte Sie, meine Damen und Herren, doch endlich einmal zur Kenntnis nehmen.
Wenn weiterhin in der Rede des Herrn Bundeskanzlers gesagt worden ist, daß die Anwendung des § 19 in Erwägung gezogen wird, soll das doch wohl auch heißen, daß sich der Bund in diesem Haushalt in bezug auf die Verschuldung so verhalten will, daß er weiterhin den Ländern und Iden Gemeinden ein Vorbild sein kann.

(Unruhe.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618407600
Einen Augenblick, Herr Abgeordneter.
Darf ich Sie bitten, meine Damen und Herren, hier vorne mehr Ruhe zu halten. Es ist für einen Abgeordneten schwer, bei dieser Bewegung und einem vollen Haus zu sprechen. Darf ich Sie bitten, wenn Rücksprachen nötig sind, dazu möglichst in den Hintergrund zu gehen.
Bitte, fahren Sie fort, Herr Abgeordneter.

Georg Gallus (FDP):
Rede ID: ID0618407700
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir alle sollten sehr sachlich und nüchtern feststellen, daß wir uns bemühen und daß sich die Bundesregierung bemühen wird, einen gemeinsamen Weg zwischen Bund, Ländern und Gemeinden



Gallus
zu finden, der zu einer gemeinsamen Verantwortung führen muß. Ich halte es auch deshalb für sehr richtig, daß der Herr Bundeskanzler das in seiner Rede angezeigt hat, weil wir ja politisch unterschiedliche Regierungen in den Ländern und im Bund haben. Es ist einfach unerträglich, wenn diejenigen, die diese Bundesregierung tragen, dauernd dafür Prügel bekommen, daß sich der Bund in dieser Hinsicht einwandfrei verhält, aber gerade die CDU-regierten Länder genau das Gegenteil tun.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Stücklen: Was ist mit Niedersachsen?)

Und was ist mit Schleswig-Holstein? Was ist mit Baden-Württemberg? Wer hat denn hier am meisten gesündigt?

(Abg. Stücklen: Was ist mit Hessen?)

Ich bin der Auffassung, die CDU hat, nachdem sie nach wie vor die Mehrheit im Bundesrat hat, die Möglichkeit, in Zukunft darauf einzuwirken, damit am gleichen Strang gezogen wird. Das ist Ihre große politische Aufgabe, wenn Sie diese Dinge hier einmal sachgerecht unter Dach und Fach bringen wollen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618407800
Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?

(Abg. Stücklen: Als Liberaler müssen Sie Zwischenfragen zulassen!)


Georg Gallus (FDP):
Rede ID: ID0618407900
Das sage ich als Liberaler, daß man diese Dinge aufeinander abstimmen muß, Herr Kollege Stücklen.
Ich möchte hier noch eines sagen. Die Reden zu diesem Einzelplan 04 hat Ihr Herr Abgeordneter Katzer eingeleitet. Er hat sich hier gewissermaßen als Statthalter der Stabilität dargestellt. Ich habe mich aber gerade in den letzten Wochen und Monaten draußen bei denen im gewerblichen Mittelstand umgesehen, die geglaubt haben, daß das Heil womöglich in einer zukünftigen CDU-Regierung auch hier im Bund läge. Dort habe ich ganz andere Töne gehört, insbesondere in bezug auf die arbeitsrechtliche Lohnfortzahlung.

(Abg. Dorn: Sehr wahr! — Abg. Katzer: Großer Beifall bei der SPD!)

— Richtig. Ich sage es trotzdem, denn Sie reden hier mit verschiedenen Zungen.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Katzer: Beifall bei der SPD!)

Hier ist so viel von Stabilität gesprochen worden. Ich erinnere Sie an das Schreiben — „persönlich, vertraulich" — des Diskussionskreises des Mittelstandes der Opposition, in dem immerhin zugegeben wird, daß gerade für die Wirtschaft mit dem Krankenversicherungs-Änderungsgesetz eine zusätzliche Nettobelastung von 2,47 Milliarden DM von der Einführung dieses Gesetzes an eingetreten ist. Ich glaube, hier haben Sie es versäumt, draußen in der Öffentlichkeit diese Dinge in der richtigen Relation darzustellen. Und nur darum geht es.
Ich möchte Ihnen noch etwas sagen. In diesem Zusammenhang spielen in der Diskussion ja auch Stabilität und Eigentum eine erhebliche Rolle. Denn die Opposition lebt ja seit Bestehen dieser Koalition von Verdächtigungen, Panikmache, Stimmungsmache in dieser Richtung.

(Zurufe von der CDU/CSU.)

— Ich bringe Ihnen hier noch den Beweis, wenn die Zeit bis 13 Uhr dazu reicht. „Sozialisierung", „Enteignung", „Bolschewisierung", die „Rote Armee" und „heimatlose Linksradikale", all das haben wir auch heute hier wieder gehört. Was der Herr Oppositionsführer Barzel heute hier in bezug auf die Linksradikalen gesagt hat, das sind genau die gleichen Töne, die im Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg die überragende Rolle gespielt haben.

(Abg. Baier: Wir haben auch noch radikale Kleinbürger!)

Aber bis zur Stunde, meine Damen und Herren, fehlt der Beweis auch nur einer Entscheidung, die es rechtfertigen würde, der Regierung ein solches Verhalten anzuhängen. Denn das Bekenntnis zum privaten Eigentum als Grundlage unserer Marktwirtschaft hat in jedem Gesetz einen entsprechenden Niederschlag gefunden.
Herr Katzer hat hier in bezug auf die Vermögensbildung den Burgbacher-Plan, den Beteiligungslohn und ähnliche Dinge angesprochen. Ich bin der Auffassung: auch hier sollte man wiederum ehrlich sein und der Wirtschaft sagen, was das in der Zukunft alles kosten und wer hier die Zeche bezahlen wird. Und da bin ich der Auffassung: Die Regierung hat sich in bezug auf ihre Vorschläge zur Steuerreform und Vermögensbildung, und auch das, was meine Partei und Fraktion hier vorgeschlagen haben, sehr vorbildlich verhalten; sie hat sich davon leiten lassen, eine optimale Zahl freier Existenzen in allen Bereichen zu erhalten.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Etwas anderes können Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb nicht behaupten, weil für dieses Gebiet genau das gleiche gilt wie für die gesamtpolitische Auffassung von der Situation, in der Sie sich befinden, nämlich daß Sie für jeden Bereich Forderungen stellen, ohne überhaupt einmal ein Gesamtkonzept auf den Tisch gelegt zu haben.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Wenn ich mir vergegenwärtige, was in den Diskussionen gerade der letzten Wochen über das Eigentum in bezug auf das Städtebauförderungsgesetz draußen an Halbwahrheiten und Verwechslungen erzählt worden ist, dann muß ich sagen — und ich will es einmal drastisch ausdrücken —: Das geht auf keine Kuhhaut.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Da ist z. B. folgendes passiert: Der CDU-Bürgermeister einer Stadt steht auf und erklärt, mit den Grundstücksspekulationen könne es so nicht weitergehen, und er ist gleichzeitig nicht davon in Kennt, nis gesetzt, daß wir hier ein Städtebauförderungs-



Gallus
gesetz verabschiedet haben, das wirklich einen Anfang macht, diese Dinge in den Griff zu bekommen.

(Beifall bei den Regierungspartien.)

Wir haben wahrhaftig darum gerungen, in diesem Gesetz einen vernünftigen Weg zu finden zwischen dem Auftrag der Verfassung, das Eigentum zu schützen, einerseits und dem Auftrag, die Sozialverpflichtung des Eigentums zu gewährleisten, andererseits. Es wäre anständig gewesen, wenn man das draußen gesagt hätte und auch in Zukunft sagen würde; denn es gibt dazu in der Tat keine Alternative.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Jetzt will ich Ihnen einmal den Beweis dafür antreten, wie draußen die Dinge verdreht werden. Da hieß es im letzten Wahlaufruf der CDU in einem Gemeindeblatt in meinem Wahlkreis

(Abg. Dr. Hauser [Sasbach] : In welchem?) — in Donzdorf im Kreis Göppingen —


(Abg. Baier: Wieviel Einwohner?) folgendermaßen:

An alle Häusle-, Haus-, Grundstücks- und Schrebergartenbesitzer! Ihr alle habt es noch in der Hand, ob ihr auch in Zukunft noch den kleinsten Besitz als Eigentum behalten dürft. Wenn es nach den Jusos und Jungdemokraten geht, dann droht uns allen die radikale Sozialisierung

(Sehr richtig! und Beifall bei der CDU/CSU)

genau wie in den kommunistischen Staaten. Dann verlieren wir nicht nur unser sauer erspartes Eigentum, sondern auch die Freiheit.

(Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.) Wollt ihr das? Gewiß nicht!

Meine Damen und Herren, über eine solche Wahlpropaganda, die die Dinge derart verdreht, können Sie noch Freude empfinden, obwohl wir alle angetreten sind, einen vernünftigen Weg gegenüber den Extremen auch in bezug auf das Eigentum zu finden. Ich muß Ihnen sagen, das tut mir herzlich leid.

(Beifall bei den Regierungsparteien. — Zurufe von der CDU/CSU.)

Wenn ich lese, was Herr Echternach auf einer Tagung über neues Bodenrecht und Eigentum gesagt hat, dann bin ich der Überzeugung, daß er das eigentlich im Freiburger Programm der FDP abgelesen hat. Ich frage mich, wie man dann diejenigen, die seit Jahren bemüht sind, hier einen vernünftigen Weg zu finden, in jeder Richtung zu verteufeln versucht.

(Zuruf von der CDU/CSU: Sind Sie denn Juso?)

Das, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, wollte ich Ihnen hier anläßlich der Beratung des Kanzleretats einmal gesagt haben, weil es im Hinblick darauf, daß das richtige Demokratieverständnis draußen auch lebendig bleibt,
einfach nicht gerechtfertigt ist, die Dinge derart zu verdrehen.
Auch ein Wort zum Artikelgesetz. Ich habe diesem Gesetz gar nicht zugestimmt. Meine Haltung damals hat mir in den vergangenen Monaten aber immerhin eingetragen, daß ich in der Presse und darüber hinaus fälschlicherweise als jemand dargestellt worden bin, der ein Überläufer, ein unsicherer Kantonist sei. Ich mußte zudem feststellen, daß diese Lancierung meines Namens als möglicher Überläufer gerade aus den Reihen der Opposition kam.
Meine Damen und Herren, Herr Barzel hat im Zusammenhang mit dieser Diskussion von Fairneß und innerem Frieden gesprochen. Dazu gehört aber auch, daß man nicht jemand, der eine Entscheidung vollzogen hat, im voraus für die Zukunft dauernd verdächtigt, was er alles noch tun will oder nicht; denn ich brauche in bezug darauf keine Nachhilfestunden.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)

Das möchte ich einmal hier in aller Öffentlichkeit festgestellt haben, denn zur inneren Fairneß gehört dann auch, daß man sich klar distanzieren muß, gerade von seiten der CDU, wenn man schon nicht direkt von rechtsradikalen Kräften unterstützt wird, dann indirekt von den Hilfsfreiwilligen, die unter dem Tarnnamen der republikanischen Wählerinitiativen dieses Geschäft besorgt haben.
So!

(Heiterkeit und ironischer Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU.)

Meine Damen und Herren, es gäbe sehr viele Beispiele dafür anzuführen, wie gerade in bezug auf Ihre Haltung und die Verdeutlichung der Politik, die Sie anstreben, draußen in der Öffentlichkeit Mißverständnisse und schiefe Darstellungen entstehen. Das gilt auch in bezug darauf, daß man so viel davon redet, daß, seit diese Regierung im Amt ist, die Zahl der Selbständigen laufend in einem Ausmaß zurückgeht, wie man das vorher nie gekannt habe. Man vergißt aber auch hier, die Dinge klar zu differenzieren in bezug darauf, daß zu den Selbständigen auch die Landwirte gehören und daß es Ihr Wunsch war — das ist in Ihrer Drucksache zur Nachzahlung der Rentenversicherung niedergeschrieben worden —, in bezug auf die Stärkung der industriellen Wirtschaft die Landwirtschaft schneller in ihrem Bestand zu dezimieren. Das haben Sie mit der entsprechenden Drucksache bestätigt. Auch hier gilt das eine: Wenn Sie schon von Fairneß reden, dann müssen Sie diese Dinge auch in aller Ehrlichkeit draußen darstellen.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618408000
Meine Damen und Herren, wir haben vereinbart, daß wir um 13 Uhr mit der Abstimmung über den Einzelplan 04 in namentlicher Abstimmung beginnen. Ich darf dem Vorredner danken, daß er diese Vereinbarung durch eine kürzere Rede möglich gemacht hat.

(Unruhe.)




Präsident von Hassel
Ich darf Sie erst einmal auf folgendes aufmerksam machen. Es ist seitens der CDU, CSU-Fraktion eine namentliche Abstimmung über den Einzelplan 04 beantragt worden.

(Anhaltende Unruhe. — Glocke des Präsidenten.)

Die Durchführung der namentlichen Abstimmung
und ihre Auszählung wird wahrscheinlich etwa 20
Minuten dauern. Ich würde dann unterbrechen bis
14 Uhr, Fortsetzung der Tagesordnung mit der Fragestunde. Die Fraktion der SPD hat mich gebeten mitzuteilen, daß sie 15 Minuten nach Bekanntgabe des Ergebnisses zu einer Fraktionssitzung zusammentritt. Die Fraktion der CDU/CSU wird gleichfalls
15 Minuten danach zu einer Fraktionssitzung zusammentreten. Das gleiche gilt für die Fraktion der FDP. Ich darf Sie also bitten, zur Abstimmung zu kommen.

(Anhaltende Unruhe. — Glocke des Präsidenten.)

Ich darf Sie bitten, ein bißchen Sorge zu tragen, daß wir bei dieser Abstimmung übersichlich unseres Amtes walten können. Ich möchte Sie bitten, Platz zu nehmen.
Die Abstimmung erfolgt über den Einzelplan 04. Wer ihm zustimmt, benutzt die Ja-Karte, wer ihn ablehnt, die Nein-Karte, wer sich enthält, die Enthaltungskarte.
Ich eröffne die Abstimmung.
Ich weise auf folgendes hin. Im Hochhaus tagt ein europäisches Gremium. Können mir die Mitglieder des Hauses sagen, ob die Kollegen von dort zur Abstimmung schon hierhergekommen sind?

(Abg. Dr. Furler: Sie sind unterwegs!)

— Von einer Seite wird gesagt, sie seien unterwegs, von der anderen Seite wird gesagt, sie seien bereits da.

(Abg. Dr. Furler: Ich bin da; andere sind noch nicht da! — Abg. Wehner: Da wird noch einer geboren! — Heiterkeit.)

Meine Damen und Herren, die Schriftführer können die Stimmen noch nicht auszählen; ich habe die Abstimmung noch nicht geschlossen. Ich bitte Sie, das Auszählen einzustellen, bis ich die Abstimmung geschlossen habe.
Hat jeder seine Stimmkarte abgegeben?

(Widerspruch.)

— Das ist nicht der Fall. Ich bitte Sie also, mit der Auszählung noch nicht zu beginnen.
Darf ich noch einmal darauf aufmerksam machen, daß die Auszählung zu unterbleiben hat, bis ich die Abstimmung geschlossen habe. Mir wird mitgeteilt, daß einige Kollegen noch in den Aufzügen stecken, und mir wird mitgeteilt, daß die Europäer, die drüben im Hochhaus getagt haben, noch nicht da sind. Ich glaube, es ist eine Übung des Hauses, daß sie eine Chance haben, hierherzukommen und an der Abstimmung teilzunehmen. Ich darf Sie bitten, die Auszählung einzustellen.
Meine Damen und Herren, darf ich noch einmal feststellen, ob alle sich beteiligt haben, ob die Karten abgegeben sind. — Das ist der Fall. Dann schließe ich die Abstimmung. Ich bitte, mit der Auszählung zu beginnen.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie schon bitten, Platz zunehmen.
Ich gebe das Ergebnis der Abstimmung in zweiter Lesung über den Einzelplan 04 — die Drucksache hat die Nummer VI/3353 — bekannt.
Insgesamt sind 495 Stimmen von uneingeschränkt stimmberechtigten Mitgliedern des Hauses und 22 Stimmen von Berliner Abgeordneten abgegeben worden. Insgesamt haben sich also 517 Mitglieder an der Abstimmung beteiligt.
Von den uneingeschränkt Stimmberechtigten haben mit Ja, also für den Einzelplan 04, 247, mit Nein, also gegen den Einzelplan 04, ebenfalls 247 gestimmt. Enthalten hat sich ein uneingeschränkt stimmberechtigtes Mitglied des Hauses. Zusammen sind das 495.
Von den Berliner Abgeordneten haben für den Einzelplan 04, also mit Ja, 12, gegen den Einzelplan 04, also mit Nein, 10 gestimmt. Zusammen sind das 22.
Ein Antrag ist bei Stimmengleichheit abgelehnt. Der Einzelplan 04 ist also in zweiter Lesung abgelehnt worden.
Ergebnis:
Abgegebene Stimmen 495 und 22 Berliner Abgeordnete. Davon
Ja: 247 und 12 Berliner Abgeordnete
Nein: 247 und 10 Berliner Abgeordnete
Enthalten: 1
Ja
SPD
Adams
Dr. Ahrens
Anbuhl Dr. Apel
Arendt (Wattenscheid)

Dr. Arndt (Hamburg)

Baack Baeuchle
Bäuerle Bals
Barche
Dr. Bardens
Batz
Bauer (Würzburg)

Bay
Dr. Bayerl
Dr. Bechert (Gau Algesheim) Becker (Nienberge)
Dr. Beermann
Behrendt
Bergmann
Berkhan
Berlin Biermann
Böhm Börner Frau von Bothmer
Brandt
Brandt (Grolsheim)

Bredl
Brück (Holz)

Brünen Buchstaller
Büchler (Ebersbach)

Büchner (Speyer)

Dr. von Bülow
Buschfort
Dr. Bußmann
Collet Corterier
Cramer
Dr. von Dohnanyi
Dürr
Eckerland
Dr. Ehmke
Frau Eilers
Dr. Enders
Engholm
Dr. Eppler
Esters Faller Dr. Farthmann
Fellermaier
Fiebig
Dr. Fischer
Flämig
Frau Dr. Focke
Folger
Franke (Hannover)

Frehsee

Frau Freyh
Fritsch
Geiger
Gerlach (Emsland)

Gertzen
Dr. Geßner
Glombig Gnädinger
Grobecker Dr. Haack •
Haar (Stuttgart)

Haase (Kellinghusen) Haehser
Halfmeier Hansen Hansing Hauck
Dr. Hauff Henke
Frau Herklotz
Hermsdorf (Cuxhaven) Herold
Höhmann (Hessisch Lichtenau)

Hörmann (Freiburg) Hofmann
Horn
Frau Huber
Jahn (Marburg)

Jaschke Junghans Junker
Kaffka
Kahn-Ackermann
Kater
Kern
Killat-von Coreth
Dr. Koch Koenig Kohlberger
Konrad
Dr. Kreutzmann Kriedemann
Krockert Kulawig Lange
Langebeck
Dr. Lauritzen Lautenschlager
Frau Lauterbach
Leber
Lemp
Lemper Lenders Liedtke Löbbert Dr. Lohmar
Maibaum Marquardt
Marx (München)

Matthes Matthöfer
Frau Meermann
Dr. Meinecke (Hamburg) Meinicke (Oberhausen) Metzger
Michels Möhring
Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller Müller (Mülheim)

Dr. Müller (München) Müller (Nordenham)
Dr. Müller-Emmert
Dr. Müthling
Neemann Neumann Dr. Nölling
Dr. Oetting
Offergeld Frau Dr. Orth
Frhr. Ostman von der Leye Pawelczyk
Peiter Pensky Peters (Norden)

Pöhler Porzner Raffert Ravens Dr. Reischl
Frau Renger
Richter
Dr. Rinderspacher
Rohde Rosenthal
Roß
Säckl
Sander Saxowski
Dr. Schachtschabel
Dr. Schäfer (Tübingen) Frau Schanzenbach
Scheu
Dr. Schiller
Schiller (Bayreuth)

Frau Schimschok Schirmer
Schlaga
Dr. Schmid (Frankfurt) Schmidt (Braunschweig) Dr. Schmidt (Gellersen) Schmidt (Hamburg)
Dr. Schmidt (Krefeld) Schmidt (München) Schmidt (Niederselters) Schmidt (Würgendorf)
Dr. Schmitt-Vockenhausen Dr. Schmude
Schoettle
Schollmeyer
Schonhofen
Schulte (Unna)

Schwabe
Seefeld Seibert Seidel Frau Seppi
Simon
Dr. Slotta
Dr. Sperling
Spillecke
Staak (Hamburg)

Frau Strobel
Strohmayr
Suck
Tallert
Dr. Tamblé
Frau Dr. Timm
Tönjes Urbaniak
Vit
Walkhoff
Dr. Weber (Köln)

Wehner Welslau Wende Wendt Westphal
Dr. Wichert
Wiefel Wienand
Wilhelm
Wischnewski
Dr. de With
Wittmann (Straubing) Wolf
Wolfram
Wrede Würtz Wüster Wuttke Wuwer Zander Zebisch
Berliner Abgeordnete
Dr. Arndt (Berlin) Bartsch
Bühling
Dr. Dübber
Heyen
Frau Krappe
Löffler Mattick Dr. Schellenberg
Frau Schlei Sieglerschmidt
FDP
Dr. Achenbach
Frau Dr. Diemer-Nicolaus Dorn
Ertl
Frau Funcke
Gallus Geldner Genscher
Graaff Grüner Jung
Kirst
Kleinert Krall
Logemann
Mertes Mischnick
Moersch
Ollesch
Peters (Poppenbüll) Scheel
Schmidt (Kempten) Spitzmüller
Wurbs
Berliner Abgeordnete Borm
Nein
CDU/CSU
Dr. Abelein Adorno
Dr. Aigner Alber
von Alten-Nordheim
Dr. Althammer
Dr. Arnold Dr. Artzinger
Dr. Bach
Baier
Balkenhol Dr. Barzel Dr. Becher (Pullach)

Dr. Becker (Mönchengladbach)

Becker (Pirmasens) Berberich
Berding
Berger
Bewerunge Biechele
Biehle
Dr. Birrenbach
Dr. von Bismarck Bittelmann Blumenfeld
von Bockelberg
Dr. Böhme
Frau Brauksiepe Breidbach Bremer
Bremm
Brück (Köln)

Dr. Burgbacher
Burger
Dr. Czaja Damm
Dasch
van Delden
Dichgans Dr. Dittrich
Dr. Dollinger
Draeger
von Eckardt
Ehnes
Engelsberger
Dr. Erhard
Erhard (Bad Schwalbach) Ernesti
Erpenbeck Dr. Evers Dr. Eyrich von Fircks Franke (Osnabrück)

Dr. Franz Dr. Freiwald
Dr. Frerichs Dr. Früh Dr. Fuchs Dr. Furler Dr. Gatzen
Frau Geisendörfer Geisenhofer
Gerlach (Obernau) Gewandt
Gierenstein
Dr. Giulini Dr. Gleissner
Glüsing (Dithmarschen)

Dr. Gölter Dr. Götz Gottesleben
Frau Griesinger
Dr. Gruhl
Freiherr von und zu Guttenberg
Haase (Kassel)

Dr. Häfele Härzschel Häussler Dr. Hallstein
Dr. Hammans
Hanz
von Hassel
Hauser (Bad Godesberg) Dr. Hauser (Sasbach)
Dr. Heck Dr. Hellige
Dr. Hermesdorf (Schleiden) Höcherl
Hösl
Horstmeier
Horten
Dr. Hubrig Dr. Hupka Hussing Dr. Huys Frau Jacobi (Marl)

Dr. Jaeger
Dr. Jahn (Braunschweig) Dr. Jenninger
Dr. Jobst Josten
Dr. Jungmann
Frau Kalinke
Katzer
Dr. Kempfler
Kiechle
Kiep
Dr. h. c. Kiesinger
Frau Klee Dr. Klepsch
Dr. Kley
Dr. Kliesing (Honnef)




Präsident von Hassel
Klinker
Köster
Krammig Krampe
Dr. Kraske Dr. Kreile
Frau Dr. Kuchtner Lampersbach
Leicht
Lemmrich Lensing
Dr. Lenz (Bergstraße)

Lenze (Attendorn)

Lenzer
Link
Löher (Dortmund)

Dr. Löhr
Looft
Dr. Luda
Lücke (Bensberg)

Lücker (München)

Majonica Dr. Martin
Dr. Marx (Kaiserslautern) Maucher
Meister
Memmel Dr. Mende Mick
Dr. Mikat Dr. Miltner
Dr. Müller (Aachen-Land) Müller (Niederfischbach) Müller (Remscheid)
Dr. Müller-Hermann
Mursch (Soltau-Harburg) Niegel
Dr. von Nordenskjöld
Orgaß
Ott
Petersen Pfeifer
Picard
Pieroth
Dr. Pinger Pohlmann Dr. Prassler Dr. Preiß Dr. Probst Rainer
Rawe
Reddemann Dr. Reinhard
Richarts
Riedel (Frankfurt)

Dr. Riedl (München)

Dr. Rinsche Dr. Ritgen Dr. Ritz
Rock
Röhner
Rösing
Rollmann Rommerskirchen
Roser
Ruf
Russe
Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Hohenstein
Schedl
Schlee
Dr. Schmid-Burgk
Dr. Schmidt (Wuppertal) Schmitt (Lockweiler)
Dr. h. c. Schmücker Schneider (Königswinter) Dr. Schneider (Nürnberg) Dr. Schober
Frau Schroeder (Detmold) Dr. Schröder (Düsseldorf) Schröder (Sellstedt) Schröder (Wilhelminenhof)
Schulhoff
Schulte (Schwäbisch Gmünd) Dr. Schulze-Vorberg
Dr. Schwörer
Seiters
Dr. Siemer
Solke
Spilker
Springorum
Dr. Sprung
Stahlberg
Dr. Stark (Nürtingen) Dr. Starke (Franken) Stein (Honrath)
Steiner
Frau Stommel
Storm
Strauß
Struve
Stücklen
Susset
von Thadden
Tobaben
Frau Tübler
Dr. Unland
Varelmann
Vehar
Vogel
Vogt
Volmer
Wagner (Günzburg) Dr. Wagner (Trier) Frau Dr. Walz
Dr. Warnke
Wawrzik
Weber (Heidelberg) Weigl
Dr. Freiherr von Weizsäcker Wendelborn
Werner
Windelen
Winkelheide
Wissebach
Dr. Wittmann (München)

Dr. Wörner
Frau Dr. Wolf
Baron von Wrangel Dr. Wulff
Ziegler
Dr. Zimmermann Zink
Zoglmann (Gast)

Berliner Abgeordnete
Amrehn
Frau Berger
Dr. Gradl
Dr. Kotowski
Kunz
Müller (Berlin)

Frau Pieser
Dr. Schulz (Berlin) Dr. Seume (Gast) Wohlrabe
Fraktionslos Helms
Enthaltungen
FDP
Frhr. von Kühlmann-Stumm

(Bundeskanzler Brandt: Ich bitte ums Wort!) — Das Wort hat der Bundeskanzler.


Rede von: Unbekanntinfo_outline
Rede ID: ID0618408100
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung bedauert, daß durch Stimmengleichheit bei Nichtwertung der Berliner Stimmen diese Vorlage nicht die Zustimmung des Hohen Hauses gefunden hat. Ich bitte namens der Bundesregierung schon jetzt um die Unterstützung, die wir brauchen, um dies bei der dritten Lesung zu korrigieren.

(Beifall bei den Regierungsparteien.)


Kai-Uwe von Hassel (CDU):
Rede ID: ID0618408200
Meine Damen und Herren! Ich unterbreche, wie angekündigt, die Sitzung bis 14 Uhr zur Fragestunde. Alle drei Fraktionen haben um 13.45 Uhr eine Fraktionssitzung.
Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung der Sitzung von 13.45 bis 14 Uhr)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0618408300
Die Sitzung wird fortgesetzt.
Ich rufe Punkt I der Tagesordnung auf: Fragestunde
— Drucksache VI/3377 —
Herr Staatssekretär Moersch, keiner der Fragesteller ist anwesend. Dann werden die Fragen der Abgeordneten Bremer, Werner, Anbuhl und Engelsberger zum Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts schriftlich beantwortet. Die Antworten werden als Anlagen abgedruckt. Die Abgeordneten Riedel (Frankfurt) und Dr. Schulze-Vorberg bitten um schriftliche Beantwortung ihrer Fragen. Die Antworten werden ebenfalls als Anlagen abgedruckt.
Herr Staatssekretär, ich danke Ihnen, daß Sie gekommen sind.
Die Sitzung wird unterbrochen. Es wird noch mitgeteilt, wann sie fortgesetzt wird.
Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung der Sitzung von 14.01 bis 15.05 Uhr.)

Meine Damen und Herren, die Sitzung ist wieder eröffnet.
Wir fahren in der Beratung des Tagesordnungspunktes II fort. Ich rufe auf:
Einzelplan 05
Geschäftsbereich des Auswärtigen Amts
— Drucksache VI/3354 —
Berichterstatter: Abgeordneter Hörmann

(Freiburg)

Das Wort hat der Herr Abgeordnete Marx. —

(Unruhe bei der CDU/CSU. — Abg. Dorn: Er will nicht mehr!)

— Wird das Wort gewünscht? — Herr Kollege Marx!




Dr. Werner Marx (CDU):
Rede ID: ID0618408400
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist soeben eine kurze Verwirrung deshalb entstanden, weil wir davon ausgehen, daß die Fraktionen dieses Hohen Hauses damit einverstanden sind, daß wir kontroverse Diskussionen über jene Themen, von denen wir hören, daß sie Gegenstand des Spitzengesprächs heute abend sein sollen, hier nicht führen. Ich wäre dankbar, meine Damen und Herren, wenn es möglich wäre, daß wir uns noch einmal darüber verständigen, über welche Haushalte heute nachmittag noch diskutiert wird.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0618408500
Meine Damen und Herren, der Einzelplan 05 ist aufgerufen. Wenn der Wunsch besteht, ihn zurückzustellen oder einen anderen aufzurufen, dann bitte ich, dies zu sagen.
- Das Wort hat der Abgeordnete Mertes.

Dr. Werner Mertes (FDP):
Rede ID: ID0618408600
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Das, was der Kollege Marx soeben hier vorgetragen hat, ist sicher wert, sorgfältig überlegt zu werden.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU.) — Warum soll das mal nicht der Fall sein?


(Beifall bei der CDU/CSU.)

Da wir das aber sicher nicht hier können, beantrage ich im Namen der Fraktion der FDP eine Unterbrechung der Sitzung für die Dauer von 30 Minuten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0618408700
Meine Damen und Herren, es ist Unterbrechung der Sitzung beantragt. Wir treffen uns wieder um 15.40 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung von 15.08 bis 15.40 Uhr.)

Meine Damen und Herren, die Sitzung wird auf Grund interfraktioneller Vereinbarung fortgesetzt. Das Wort hat der Abgeordnete Wagner.

Dr. Leo Wagner (CSU):
Rede ID: ID0618408800
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktionen haben in der Zwischenzeit vereinbart, die weitere Beratung des Haushalts für heute nachmittag abzusetzen. Wir wollen die Zeit bis 18 Uhr nutzen, um das gemeinsame Gespräch beim Bundeskanzler vorzubereiten. Sie sehen, daß einige unserer Mitglieder sich bereits darum bemühen.

(Abg. Wehner: Herr Wagner, ist das authentisch? Weil sich das ja dauernd ändert! Können Sie sagen, wer das verbindlich vereinbart hat? In einer Viertelstunde ist es ja wieder anders!)

— Herr Kollege Wehner, ich habe soeben mit dem Kollegen Wienand und dem Kollegen Mertes diese Vereinbarung getroffen. Ich nehme an, daß das auch die Billigung Ihrer Fraktion findet.

(Abg. Wehner: Wenn beide das bestätigen, dann ist das in Ordnung! — Zuruf von der CDU/CSU: Herr Wienand sitzt hinter Ihnen!)

— Ich wiederhole: Wir sind mit dieser Vereinbarung einverstanden, die Beratung des Haushalts für heute nachmittag zu unterbrechen und die Zeit zu nutzen, um das Gespräch beim Herrn Bundeskanzler vorzubereiten.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0618408900
Meine Damen und Herren, das Wort hat der Abgeordnete Wienand.

Karl Wienand (SPD):
Rede ID: ID0618409000
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir waren vorhin übereingekommen, hier in der Beratung fortzufahren. Dann hat sich diese neue Situation ergeben. Die Frage, wann wir mit den Beratungen fortfahren, war nicht ausdiskutiert. Ich bin mit dem Eindruck aus dieser Unterredung gegangen, daß dies einer definitiven Klärung bedarf. Wenn die Äußerungen des Kollegen Wagner so zu verstehen sind, daß heute unterbrochen und in der nächsten Woche darüber beraten wird, wann die Haushaltsberatungen fortgesetzt werden, und daß aus der vorliegenden Tagesordnung kein Präjudiz abgeleitet wird, dann könnte man von einem Konsenus sprechen; sonst ist er nicht zustande gekommen.

Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0618409100
Können sich die Herren einig werden? — Bitte schön, Herr Kollege Stücklen!

Richard Stücklen (CSU):
Rede ID: ID0618409200
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Wehner! Wenn Herr Wagner hier für die Fraktion und nach Abstimmung mit Ihrem Geschäftsführer und mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer der FDP spricht, dann besteht, glaube ich, kein Grund mehr, an der Gültigkeit und der Zustimmung zu diesen Abmachungen zu zweifeln.

(Abg. Wehner: Wir haben das gerade gehört!)

— Ich wollte das auch von mir aus noch bekräftigen und bestätigen.
Herr Kollege Wienand, wir gehen selbstverständlich davon aus, daß die Haushaltsberatungen spätestens Dienstag mittag fortgesetzt werden. Ich weiß nicht, ob über diesen Punkt schon eine Einigung erzielt worden ist. Ich kann mir aber nicht gut vorstellen, daß man die Haushaltsberatungen einfach hängen läßt. Auf allen Seiten des Hauses besteht doch das Bedürfnis und man sieht die Notwendigkeit, daß die Haushaltsberatungen zu Abschluß gebracht werden müssen.

(Abg. Wehner: Deshalb sind wir ja hergekommen!)

— Aber Sie wollten die Vertagung haben. Es hat Schwierigkeiten gegeben — —

(Abg. Wehner: Haben Sie damit nicht vorhin angefangen? — Zurufe von der CDU/ CSU: Nein! — Abg. Wehner: Haben Sie gesagt, man solle den Einzelplan 05 nicht behandeln?)




Stücklen
— Nein! Herr Wehner, es scheint, daß der Informationsfluß innerhalb Ihrer Fraktion im Augenblick nicht so recht funktioniert.

(Abg. Wehner: Nein, zwischen Ihrer und unserer! Das ist ein Unterschied!)

Herr Kollege Wienand ist in diesem Sinne verständigt, ,die Bundesregierung ist in diesem Sinne verständigt. Herr Minister Ehmke hat mich noch ermuntert, in diesem Sinne hier zu plädieren. Ich sehe gar nicht ein, daß neue Schwierigkeiten auftreten müssen. Ich betone noch einmal: Wir sind mit dem Antrag auf Vertagung einverstanden

(Abg. Wehner: Wir haben keinen gestellt!)

und erwarten, daß die Haushaltsberatungen Dienstag mittag fortgesetzt werden.

(Beifall bei der CDU/CSU. — Abg. Wehner: Das haben wir nicht beantragt!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0618409300
Das Wort hat der Abgeordnete Mertes.

Dr. Werner Mertes (FDP):
Rede ID: ID0618409400
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es zeigt sich doch, daß manches durcheinander geht. Es zeigt sich meines Erachtens auch, daß innerhalb der Fraktion der Opposition noch keine klaren Vorstellungen darüber bestehen, wie nun weiter verfahren werden soll;

(Widerspruch bei der CDU/CSU)

denn Sie können doch nicht hinwegleugnen, daß zunächst einige Ihrer Fraktionsmitglieder den Wunsch hatten, die Tagesordnung für heute zu beenden.

(Zurufe von der CDU/CSU: Nein!)

— Soll ich Ihnen die Namen derer nennen, die uns dieses Anliegen vorgetragen haben? Vielleicht sind Sie dann bereit, das zuzugeben. Wir wollen das nicht weiter vertiefen, aber so ist es; glauben Sie mir, Herr Kollege Ruf. Andere waren der Meinung, bis 18 Uhr tagen zu müssen.
Nun ist ein Antrag gestellt worden, die Haushaltsberatung in zweiter Lesung jetzt abzubrechen.

(Abg. Dr. Marx [Kaiserslautern] : Ein vereinbarter Antrag!)

Es ist keine Vereinbarung ,darüber erzielt worden, was in der nächsten Woche geschehen soll. Ich muß Ihnen sagen, daß das hier auch nicht vereinbart werden kann. Wir können hier jetzt keine Tagesordnung für die nächste Woche beschließen und festlegen, was am nächsten Dienstag geschehen soll. Deswegen, meine ich, müßte jetzt, wenn wir weiterkommen wollen, unverzüglich der Ältestenrat tagen und sich mit dieser Frage befassen.

(Beifall.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0618409500
Das Wort hat der Abgeordnete Wagner.

Dr. Leo Wagner (CSU):
Rede ID: ID0618409600
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Während der Mittagszeit gab es in der Koalition Überlegungen,
einen Antrag zu stellen, die Haushaltsplanberatungen für heute abzusetzen. Wir waren der Meinung, wir müßten über den weiteren Fortgang eine Vereinbarung erzielen. Das war aber bis zum Beginn dieser Sitzung nicht zu erreichen. Deshalb wurde die Überlegung angestellt, zunächst mit der Beratung zu beginnen, um dann eine Vereinbarung zu treffen. In der Zwischenzeit gab es Vorschläge, sich darüber zu einigen, daß der Haushalt heute nachmittag nicht weiterberaten, sondern die Zeit genutzt werden solle, um das Gespräch beim Herrn Bundeskanzler vorzubereiten. Zu einer solchen Vereinbarung sind wir nach wie vor bereit.
Der Kollege Mertes sagte, wir hätten keine klaren Vorstellungen über den weiteren Fortgang. Wir haben x-mal erklärt, daß uns daran liege, den Haushalt weiterzuberaten und wir zunächst davon ausgingen, daß dies ab Dienstag nächster Woche geschehen könne. Es gibt keinen Streit darüber, daß eine solche Vereinbarung nur im Ältestenrat oder hier im Plenum erzielt werden kann. Wir nehmen aber an, daß auch bei dem heute abend stattfindenden Gespräch diese Themen erörtert werden.
Ich darf abschließend also noch einmal bemerken: Wir sind zu einer Vereinbarung bereit, die Zeit jetzt zur Vorbereitung des Gesprächs beim Herrn Bundeskanzler zu nutzen und die Beratung nicht fortzusetzen. Wenn eine solche Vereinbarung nicht zustande kommt, melden wir unsere Redner zur Beratung des Einzelplans 05 an.

(Beifall bei der CDU/CSU.)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0618409700
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wienand.

Karl Wienand (SPD):
Rede ID: ID0618409800
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte den Antrag des Kollegen Mertes, zu unterbrechen und den Ältestenrat einzuberufen, unterstützen.

(Zurufe von der CDU/CSU: Einverstanden!)


Liselotte Funcke (FDP):
Rede ID: ID0618409900
Meine Damen und Herren! Es ist Vertagung beantragt, und es ist Unterbrechung beantragt.

(Abg. Wagner [Günzburg] : Nein, Vertagung ist nicht beantragt! — Abg. Rösing: Unterbrechung und dann Einberufung des Ältestenrates!)

— Unterbrechung! Wie lange?

(Zurufe von der CDU/CSU.)

- Ich unterbreche also die Sitzung. Der Ältestenrat
wird einberufen. Richten Sie sich bitte auf eine gute Stunde ein. Wir werden dann weitere Mitteilungen machen.
Die Sitzung ist unterbrochen.

(Unterbrechung der Sitzung von 15.24 bis 16.01 Uhr.)

Die unterbrochene Sitzung ist wieder eröffnet.



Meine Damen und Herren, der Ältestenrat hat sich dahingehend verständigt, daß die Beratungen über den Haushalt unterbrochen und in dieser Woche nicht wieder aufgenommen werden. Der Ältestenrat wird am Dienstag darüber beraten, wie es dann weitergehen soll.
Ich bin gebeten worden, namens aller Fraktionen zu sagen, daß für die in den europäischen Gremien tätigen Kollegen ab 2. Mai die volle Präsenz in diesem Hause gilt. Inzwischen sollen die vorgesehenen Gespräche auf anderer Ebene geführt werden.
Ich berufe idas Haus für die nächste Woche ein, wobei der genaue Zeitplan noch bekanntgegeben wird.
Die Sitzung ist geschlossen.