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    Deutscher Bundestag 159. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 Inhalt: Eintritt des Abg. Kunz in den Bundestag 9129 A Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 9129 A Wahl des Abg. Dr. Miltner als Mitglied des Gremiums gemäß § 9 Abs. 1 des Gesetzes zur Beschränkung des Brief-, Post-und Fernmeldegeheimnisses . . . . 9129 B Amtliche Mitteilungen 9129 C Erklärungen der Bundesregierung Franke, Bundesminister . . . . . 9130 A Scheel, Bundesminister . . . . 9131 C Stücklen (CDU/CSU) 9134 C Wienand (SPD) . . . . . . . 9136 C Dr. Achenbach (FDP) 9138 D Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Amtsbezeichnungen der Richter und der Präsidialverfassung der Gerichte (Drucksache VI/557); Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache VI/2903) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Jaeger (CDU/CSU) . 9141 A, 9154 C, 9156 A, 9158 A Dr. Arndt (Hamburg) (SPD) 9146 C, 9155 D, 9158 A, 9160D, 9162B Kleinert (FDP) . 9152 C, 9157 C, 9162 C Vogel (CDU/CSU) . . . 9155 A, 9163 A Dichgans (CDU/CSU) . . . . . . 9156 D Jahn, Bundesminister . . . . . . 9158 C Erhard (Bad Schwalbach) (CDU/CSU) 9160 A Dr. Lenz (Bergstraße) (CDU/CSU) . 9161 B Memmel (CDU/CSU) 9161 D Dorn (FDP) 9163 B Dr. Schmid, Vizepräsident . . . 9163 C Fragestunde (Drucksache VI/2938) Frage des Abg. Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) : Fortführung der bereinigten Sammlung des Bundesrechts in Loseblattform Dr. Bayerl, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 9164 A, B, C Dr. Wittmann (München) (CDU/CSU) 9164 B Frage des Abg. Dr. Krall (FDP) : Reservierung von Abteilen in IC-Zügen für leitende Beamte der Bundesbahnhauptverwaltung Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 9164 D, 9165 A Krall (FDP) 9165 A II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 Fragen des Abg. Freiherr Ostman von der Leye (SPD) : Beschleunigte Fertigstellung eines großräumigen Fernverkehrsumgehungsnetzes für die Stadt Bonn Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . 9165 B, C, 9166 B, C, D Freiherr Ostman von der Leye (SPD) 9166 A, B Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 9166 C Josten (CDU/CSU) . . . . . . . 9166 D Frage des Abg. Josten (CDU/CSU) : Auslegen von Tages- und Wochenzeitungen in Speisewagen Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 9167 A, B, C, D Josten (CDU/CSU) 9167 A, B Ollesch (FDP) 9167 C Dr. Geßner (SPD) . . . . . . 9167 C Fragen des Abg. Ollesch (FDP) : Beibehaltung der bisherigen Beschilderung des Ortsendes Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9167 D, 9168 A, B, C, D, 9169 A, B, C, D, 9170 A, B Ollesch (FDP) . . . 9168 A, B, 9170 A, B Lemmrich (CDU/CSU) 9168 C Freiherr von Fircks (CDU/CSU) . 9168 D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 9168 D Dr. Früh (CDU/CSU) 9169 B Dr. Stark (Nürtingen) (CDU/CSU) 9169 C Dr. Fuchs (CDU/CSU) . . . . . 9169 C Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) . 9169 D Frage des Abg. Graaff (FDP) : Vorgehen der Bundesregierung bei der Einführung der neuen StraßenverkehrsOrdnung Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9170 C Frage des Abg. Graaff (FDP) : Kosten der Anbringung der neuen Ortsausgangstafeln Börner, Parlamentarischer Staatssekretär 9170 D Freiherr von Fircks (CDU/CSU) . 9170 D Frage des Abg. Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) : Weitere Zulassung der bisherigen Ortsende-Schilder Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 9171 A, B Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) . 9171 A, B Fragen des Abg. Dr. Stark (Nürtingen) (CDU/CSU) : Gründe für die Einführung der neuen Ortsende-Schilder — Kosten dieser Maßnahme Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . 9171 C, D, 9172 A, B Dr. Stark (Nürtingen) (CDU/CSU) 9171 C, D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . . 9171 D Frage des Abg. Dr. Geßner (SPD) : Ausgabe einer Gedenkmarke anläßlich der 175. Wiederkehr des Geburtstages Heinrich Heines Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . . 9172 B, C, D, 9173 A Dr. Geßner (SPD) 9172 C Lemmrich (CDU/CSU) 9172 D Hansen (SPD) . . . . . . . . 9172 D Fragen des Abg. Dr. Arnold (CDU/CSU) : Erneute Verteuerung des Post- und Telefondienstes im Jahre 1972 Börner, Parlamentarischer Staatssekretär . 9173 A, B, C, D, 9174 A Dr. Arnold (CDU/CSU) 9173 B, C, D, 9174 A Frage des Abg. Becker (Nienberge) (SPD) : Anpassung der Gehälter der Bundesbeamten an die der Beamten in Ländern und Gemeinden — Kosten für den Bund Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 9174 A, C Brück (Köln) (CDU/CSU) 9174 C Frage des Abg. Becker (Nienberge) (SPD) : Aufwendungen für die Vereinheitlichung der Gehälter der Beamten in Bund, Ländern und Gemeinden Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 9174 C Fragen des Abg. Gnädinger (SPD) : Zwischenstaatliche Besprechungen über ein technisches Projekt zur Bodenseeregulierung — Schweizer Alternativvorschläge Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 9174 D, 9175 A, B Gnädinger (SPD) 9175 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 III Frage des Abg. Heyen (SPD) : Kontakt von Dienststellen des Berliner Senats mit dem Amt für Wasserwirtschaft der DDR Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 9175 C, D, 9176 A Heyen (SPD) . . . . . . . . . 9175 D Frage des Abg. Dr. Fuchs (CDU/CSU): Wiedereinstellung von ausgeschiedenen Beamtinnen, insbesondere Lehrkräften Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär 9176 A, C Dr. Fuchs (CDU/CSU) . . . . . 9176 B Fragen des Abg. Dr. Hauff (SPD) : Grenze zwischen gesundheitsgefährlichem und nur lästigem Lärm Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 9176 C, D, 9177 A, B, C, D Dr. Hauff (SPD) . . 9176 D, 9177 A, C, D Schmidt (Braunschweig) (SPD) . . 9177 A Hansen (SPD) 9177 B Frage des Abg. Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) : Maßnahmen zur Sicherung der Pressefreiheit — Pressekontrolle durch Schaffung von Presseausschüssen Dorn, Parlamentarischer Staatssekretär . 9177 D, 9178 A, B, C, D Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 9178 A, C Raffert (SPD) 9178 A Dr. Arnold (CDU/CSU) 9178 D Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes (Drucksache VI/2684) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr und für das Post- und Fernmeldewesen (Drucksache M/2928) — Zweite und dritte Beratung — Dr. Warnke (CDU/CSU) 9179 A Dr. Apel (SPD) . . . . . . . 9179 C Schmitt (Lockweiler) (CDU/CSU) . 9179 D Haar (Stuttgart) (SPD) 9181 A Ollesch (FDP) . . . . . 9193 B, 9187 A Lemmrich (CDU/CSU) 9185 C Große Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Forschungs- und Technologiepolitik (Drucksachen VI/2364, M/2789) in Verbindung mit Große Anfrage der Fraktionen der SPD, FDP betr. Technologiepolitik (Drucksachen VI/2369, M/2789) und mit Antrag betr. Europäische Technologiekonferenz (Abg. Frau Dr. Walz, Dr. Martin, Dr. Hubrig, Dr. Probst, Lenzer und Fraktion der CDU/CSU) Dr. Hubrig (CDU/CSU) . 9188 A, 9221 A Dr. Lohmar (SPD) 9195 C Grüner (FDP) . . . . . . . . 9198 B Dr.-Ing. Leussink, Bundesminister 9201 D Dr. Probst (CDU/CSU) 9205 D Flämig (SPD) 9209 D Jung (FDP) . . . . . . . . . 9212 C Lenzer (CDU/CSU) . . . . . . 9214 D Dr. Hauff (SPD) . . . . . . . 9218 C Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . . 9222 A Frau Dr. Walz (CDU/CSU) . . . 9223 D Nächste Sitzung 9225 D Anlagen Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 9227 A Anlage 2 Änderungsantrag Umdruck 248 zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Amtsbezeichnungen der Richter und der Präsidialverfassung der Gerichte (Drucksachen VI/557, VI/2903) 9227 C Anlage 3 Eventualantrag Umdruck 249 zum Änderungsantrag Umdruck 248 zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Amtsbezeichnungen der Richter und der Präsidialverfassung der Gerichte (Drucksachen VI/557, M/2903) 9228 A Anlage 4 Änderungsantrag Umdruck 256 zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Amtsbezeichnungen der Richter und der Präsidialverfassung der Gerichte (Drucksachen M/557, M/2903) 9228 B Anlage 5 Änderungsantrag Umdruck 257 zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Amtsbezeichnun- IV Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 gen der Richter und der Präsidialverfassung der Gerichte (Drucksachen VI/557, VI/2903) 9228 C Anlage 6 Änderungsantrag Umdruck 255 zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes (Drucksachen VI/2684, VI/2928) 9228 D Anlagen 7 bis 11 Anträge Umdrucke 250 bis 254 zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Forschungs- und Technologiepolitik (Drucksachen VI/2364, VI/2789) 9229 A Anlage 12 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Seefeld (SPD) betr. Anteil der unter Drogeneinfluß an Verkehrsunfällen beteiligten Kraftfahrer und Erstellung eines einwandfreien Drogentests 9231 A Anlage 13 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Picard (CDU/CSU) betr. Entscheidung des Bundesverkehrsministers über die ausschließliche Verwendung von Verbundglas für Windschutzscheiben von Personenkraftwagen . . . 9231 B Anlage 14 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Peters (Norden) (SPD) betr. Angleichung der den Postbeamten gezahlten Wechseldienstzulage an die den Angestellten gewährte Zulage für Dienst zu ungünstigen Zeiten . . . . 9231 D Anlage 15 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage des Abg. Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) betr. Teilnahme von Mitgliedern der SED und anderer kommunistischer Parteien des sowjetischen Machtbereichs an Veranstaltungen in der Bundesrepublik 9232 A Anlage 16 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen der Abg. Frau Schlei (SPD) betr. Diskriminierung deutscher Umsiedler aus Polen durch deutsche Behörden . . . . 9232 B Anlage 17 Schriftliche Antwort auf die Mündliche Frage der Abg. Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) betr. Konsequenzen der Bundesregierung aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur hessischen Richterbesoldung 9232 C Anlage 18 Schriftliche Antwort auf die Mündlichen Fragen des Abg. Dr. Evers (CDU/CSU) betr. Anwendung des Verursacherprinzips auf alle für Umweltbelastungen verantwortlichen Institutionen 9232 C Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 9129 159. Sitzung Bonn, den 15. Dezember 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 9.00 Uhr
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    Berichtigung Es ist zu lesen: 156. Sitzung, Seite 9034 D, Zeile 10, statt „Jenser" : „Lenzer" Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 9227 Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Beurlaubungen Dr. Achenbach * 17. 12. Adams * 17. 12. Dr. Aigner * 17. 12. Alber * 17. 12. Amrehn 17. 12. Dr. Arndt (Berlin) * 17. 12. Dr. Artzinger * 17. 12. Bartsch 18. 12. Dr. Barzel 16. 12. Bauer (Würzburg) ** 17. 12. Dr. Beermann 15.1.1972 Behrendt * 17. 12. Berlin 17. 12. Dr. Dr. h. c. Birrenbach 17. 12. Blank 18. 12. Blumenfeld** 18. 12. Borm ** 17. 12. Dr. Burgbacher * 17. 12. Dasch 18. 12. Frau Dr. Diemer-Nicolaus ** 18. 12. Dr. Dittrich * 17. 12. Dr. Enders ** 17. 12. Faller 18. 12. Fellermaier * 17. 12. Dr. Fischer 17. 12. Flämig * 17. 12. Dr. Furler * 17. 12. Gerlach (Emsland) 17. 12. Gewandt 17. 12. Dr. Giulini 17. 12. Freiherr von und zu Guttenberg 18. 12. Dr. Hauser (Sasbach) 17. 12. Dr. Hellige 17. 12. Frau Herklotz ** 15. 12. Frau Jacobi (Marl) 18. 12. Dr. Jahn (Braunschweig) * 17. 12. Kahn-Ackermann ** 18. 12. Katzer 15. 12. Frau Klee** 18. 12. Klinker * 17. 12. Dr. Koch * 17. 12. Dr. Kreile 15. 12. Kriedemann* 17. 12. Lange * 17. 12. Lautenschlager * 17. 12. Lenze (Attendorn) ** 15. 12. Dr. Dr. h. c. Löhr * 17. 12. Looft 17. 12. Lücker (München) ' 17. 12. Meister ' 17. 12. Memmel* 17. 12. Müller (Aachen-Land) * 17. 12. * Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen des Europäischen Parlaments ** Für die Teilnahme an Ausschußsitzungen der Beratenden Versammlung des Europarates Anlagen zum Stenographischen Bericht Ageordnete(r) beurlaubt bis einschließlich Frau Dr. Orth * 17. 12. Ott 17. 12. Pöhler ** 18. 12. Dr. Reischl * 17. 12. Riedel (Frankfurt) * 17. 12. Dr. Schachtschabel 19. 12. Schoettle 17. 12. Schulhoff 15. 12. Schwabe * 17. 12. Dr. Schwörer * 17. 12. Seefeld * 17. 12. Sieglerschmidt *' 15. 12. Springorum * 17. 12. Dr. Starke (Franken) * 17. 12. Wehner 18. 12. Werner * 17. 12. Wolfram * 17. 12. Baron von Wrangel 17. 12. Anlage 2 Umdruck 248 Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Jaeger, Dr. Lenz (Bergstraße), Vogel und der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Amtsbezeichnungen der Richter und der Präsidialverfassung der Gerichte - Drucksachen VI/557, VI2903 — Der Bundestag wolle beschließen: 1. In Artikel I Nr. 2 erhält § 19 a Abs. 1 folgende Fassung: ,§ 19 a Amtsbezeichnung (1) Amtsbezeichnung der Richter auf Lebenszeit und der Richter auf Zeit sind „Landesrichter, Oberrichter, Bundesrichter, Kammervorsitzender, Senatspräsident, Vizepräsident und Präsident". 2. In Artikel II Nr. 4 erhält § 21 a folgende Fassung: „§ 21 a (1) Bei jedem Gericht wird ein Präsidium gebildet. (2) Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten als Vorsitzenden und 1. bei Gerichten mit weniger als acht Richterplanstellen dem Vorsitzenden und allen wählbaren Richtern, 2. bei Gerichten mit mehr als sieben Richterplanstellen und weniger als neun Vorsitzendenplanstellen aus den Vorsitzenden und gewählten beisitzenden Richtern in gleicher Zahl, 3. bei Gerichten mit mehr als acht Vorsitzendenplanstellen aus dem ständigen Vertreter des 9228 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 Präsidenten, den acht dem Dienstalter, bei gleichem Dienstalter dem Lebensalter nach ältesten Vorsitzenden und acht gewählten beisitzenden Richtern. Jedes Jahr scheidet in durchgehender Reihenfolge der entsprechend Satz i letztberufene Vorsitzende aus. An seine Stelle tritt jeweils der nach dem Dienstbzw. Lebensalter nächstberufene Vorsitzende. (3) Das Präsidium entscheidet nach Stimmenmehrheit. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag." 3. In Artikel II Nr. 4 erhält § 21 b folgende Fassung: „(1) Wahlberechtigt und wählbar sind die Richter auf Lebenszeit, denen bei dem Gericht ein Richteramt übertragen ist. Nicht wahlberechtigt und nicht wählbar sind Richter, die an ein anderes Gericht oder an eine Verwaltungsbehörde für mehr als drei Monate abgeordnet sind." 4. In Artikel XIII § 5 Abs. 1 wird das Datum geändert in „1. Januar 1973". Bonn, den 14. Dezember 1971 Dr. Jaeger Dr. Lenz (Bergstraße) Vogel Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 3 Umdruck 249 Eventualantrag der Abgeordneten Dr. Jaeger, Dr. Lenz (Bergstraße), Vogel und der Fraktion der CDU/CSU zum Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Jaeger, Dr. Lenz (Bergstraße), Vogel und der Fraktion der CDU/CSU — Umdruck 248 — zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Amtsbezeichnungen der Richter und der Präsidialverfassung der Gerichte — Drucksachen VI/557, VI/2903 —. Für den Fall der Ablehnung der Nummer 1 des Antrags auf Umdruck 248 1. In Artikel I wird Nummer 4 (§ 45 a) getrichen. 2. In Artikel I Nr. 6 werden dem § 120 a folgende Worte angefügt: „und der Obersten Bundesgerichte." Bonn, den 14. Dezember 1971 Dr. Jaeger Dr. Lenz (Bergstraße) Vogel Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 4 Umdruck 256 Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Jaeger, Dr. Arndt (Hamburg) und Kleinert zur zweiten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Amtsbezeichnungen der Richter und der Präsidialverfassung der Gerichte —Drucksachen VI/557, VI/2903 — Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel X (Änderung des Patentgesetzes) Nr. 2 wird § 36 e wie folgt neu gefaßt: „§ 36 e Für das Patentgericht gelten die Vorschriften des Zweiten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes nach folgender Maßgabe entsprechend: 1. In den Fällen, in denen auf Grund des Wahlergebnisses weniger als zwei rechtskundige Richter dem Präsidium angehören würden, werden die beiden rechtskundigen Richter, die von den rechtskundigen Richtern die meisten Stimmen erhalten haben, Mitglieder des Präsidiums. 2. Über die Wahlanfechtung (§ 21 b Abs. 6 des Gerichtsverfassungsgesetzes) entscheidet ein Senat des Bundespatentgerichts in der Besetzung mit drei rechtskundigen Richtern. 3. Den ständigen Vertreter des Präsidenten ernennt der Bundesminister der Justiz." Bonn, den 14. Dezember 1971 Dr. Jaeger Dr. Arndt (Hamburg) Kleinert Anlage 5 Umdruck 257 Änderungsantrag der Abgeordneten Dr. Jaeger und der Fraktion der CDU/CSU zur dritten Beratung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung der Amtsbezeichnungen der Richter und der Präsidialverfassung der Gerichte — Drucksachen VI/557, VI/2903 —. Der Bundestag wolle beschließen: 1. In Artikel I wird die Regierungsvorlage wiederhergestellt. 2. In Artikel II Nr. 4 § 21 a wird die Regierungsvorlage wiederhergestellt. 3. In Artikel XIII § 5 Abs. 1 wird das Datum geändert in „1. Januar 1973". Bonn, den 14. Dezember 1971 Dr. Jaeger Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 6 Umdruck 255 Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU zur zweiten Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Güterkraftverkehrsgesetzes — Drucksachen VI/2684, VI/2928 —. Der Bundestag wolle beschließen: In Artikel 1 Nr. 16 werden in § 50 d Abs. 1 Nr. 1 die Worte „und in den Fällen, in denen der Antragsteller seinen Sitz im Zonenrandgebiet hat" angefügt. Bonn, den 14. Dezember 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 9229 Anlage 7 Umdruck 253 Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Forschungs- und Technologiepolitik — Drucksachen VI/2364, VI/2789 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Informationsbericht über die Vergabe von Forschungsaufträgen im Bereich Neue Technologien des BMBW vorzulegen. Hierin sollen vor allem auch u. a. folgende Fragen berücksichtigt werden: a) Ist eine Chancengleichheit zwischen Erfindern, Unternehmern und Unternehmensgruppen bei der Bewerbung um staatlich geförderte Forschungsprojekte gegeben? b) Ist es angebracht, die starre Finanzierungsregel der Subventionen durch ein dem jeweiligen Forschungsprojekt angepaßtes differenziertes Finanzierungsinstrument in Form von Subventionen, Darlehen, Zinszuschüssen und Bürgschaften zu ersetzen? Begründung: Seit mehreren Jahren werden im BMBW im Sachbereich Neue Technologien neuartige naturwissenschaftlich-technische Verfahren gefördert. Im Rahmen einer rationalen Gestaltung der Forschungspolitik ist es erforderlich, die bisherige Vergabepraxis zu überprüfen und Folgerungen für die Aktivitäten des Staates im Bereich der angewandten Forschung zu ziehen. Durch eine derartige Überprüfung sollte es ermöglicht werden, eine Fehlleitung von Steuergeldern zu vermeiden und die sachliche und finanzielle Kontrolle der geförderten Forschungsprojekte zu erleichtern. Bonn, den 14. Dezember 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 8 Umdruck 250 Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU, betr. Forschungs- und Technologiepolitik — Drucksachen VI/2364, VI/2789 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird ersucht, eine Erfassungs- und Koordinationsstelle des Bundes für Forschungsprojekte einzurichten. Diese Stelle hat folgende Aufgaben: a) Die vom Bund geförderten Forschungsvorhaben werden nach Sachgebiet, Auftraggeber, aufgewendeten Mitteln, Empfänger und voraussichtlicher Zeitdauer erfaßt b) Die Mitglieder des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft sowie des Haushaltsausschusses werden halbjährlich über den neuesten Stand in geschlossener Sitzung unterrichtet c) Die Gutachten der Ministerien werden nach Auftraggeber, Sachgebiet, Kosten und Verfasser er- faßt. Eine halbjährliche Zusammenstellung ist jeweils den Abgeordneten des Haushaltsausschusses und des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft zuzusenden. Begründung: Im BMBW sowie im BMWF werden zwar einige Übersichten über die vom Bund vergebenen Forschungsaufträge angefertigt, doch eine längerfristige und systematische Kontrolle nach den angeführten Kriterien findet nicht statt. Es ist für eine noch zu intensivierende Erfolgskontrolle im Bereich der Forschung notwendig, daß die Projekte des Bundes im Bereich der Forschung nach Sachgebiet, Auftraggeber, aufgewendeten Mitteln und Empfänger systematisch erfaßt werden. Bei der Vergabe von Gutachten muß im Interesse einer sparsamen Haushaltsführung eine bessere Übersicht geschaffen werden, die eine sachliche und auch finanzielle Kontrolle ermöglicht. Bonn, den 14. Dezember 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 9 Umdruck 254 Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Antrage der Fraktion der CDU/CSU, betr. Forschungs- und Technologiepolitik — Drucksachen VI/2364, VI/2789 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Erfolgskontrolle im Bereich der Forschung, insbesondere der angewandten Forschung, zu verstärken. Insbesondere soll überprüft werden, ob Methoden der Industrie im Bereich des Forschungsmanagements im staatlichen Sektor verwendet werden können. Dem Bundestag ist innerhalb von zwei Jahren ein Bericht zu diesem Thema vorzulegen. Begründung: Der zunehmende Aufwand für staatlich geförderte Forschungsprojekte macht es erforderlich, geeignete Methoden für die sachliche und finanzielle Kontrolle der Forschungsprojekte zu entwickeln. Die Erfolgskontrolle umschließt zum einen Methoden der wirksamsten Kooperation zwischen Staat, Wissenschaft und Industrie sowie auch das Problem der sachlichen Überprüfung einzelner Forschungsprojekte. Es muß durch diese Erfolgskontrolle ermöglicht werden, daß Forschungsprojekte frühzeitig eingestellt werden, sofern der beabsichtigte Erfolg nicht erzielt werden kann. Bonn, den 14. Dezember 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 10 Umdruck 252 Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Forschungs- und Technologiepolitik — Drucksachen VI/2364, VI/2789 . 9230 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, eine Sachverständigenkommission aus Vertretern der Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung zur Überprüfung der vorn Bund überwiegend geförderten folgenden Großforschungszentren einzusetzen: -- Gesellschaft für Kernforschung (GfK) in Karlsruhe - Gesellschaft für Kernforschungs- und Versuchsanlagen (GfK-V) in Karlsruhe - — Kernforschungsanlagen (KfA) in Jülich — Deutsches Elektronen-Synchroton (DESY) in Hamburg — Gesellschaft für Kernenergieverwertung in Schiffbau und Schiffahrt (GKSS) in Hamburg — Institut für Plasmaphysik (IPP) in München - Hahn-Meitner-Institut (HMI) in Berlin - Gesellschaft für Mathematik und Datenverarbeitung (GMD) in Birlinghoven - Gesellschaft für Schwerionenforschung (GSI) in Darmstadt Die Sachverständigenkommission hat folgende Aufgabenbereiche: a) Ein mittel- und längerfristiges Sach- und Finanzprogramm für die angeführten Forschungszentren zu entwickeln b) Vorschläge für eine engere Kooperation zwischen anderen wissenschaftlichen Einrichtungen, öffentlichen Auftraggebern, Industrie und Forschungszentren vorzulegen. c) Insbesondere Möglichkeiten einer Kooperation und Koordination der Forschungsbemühungen im Bereich der EWG zu prüfen. Die Bundesregierung legt innerhalb von einem Jahr den Bericht der Sachverständigenkommission dein Bundestag vor. Begründung: Das Auslaufen einer Reihe von Programmen in den Kernforschungszentren macht es erforderlich, neue Aufgabenbereiche anstelle der bisherigen hinzuzufügen. In der BRD wie auch in der EWG und den USA ist festgestellt worden, daß die bisherigen Aufgaben der Großforschungszentren längerfristig nicht mehr für eine sinnvolle Beschäftigung des Personals ausreichen. In Großbritannien und in den USA ist schon eine erhebliche Umstrukturierung der Kernforschungszentren erfolgt. Darüber hinaus muß eine Koordination zwischen den verschiedenen vom Bund geförderten naturwissenschaftlich-technischen Forschungszentren gefunden werden. Um die zur Verfügung stehenden Mittel des Bundes im Bereich der Forschung in den kommenden Jahren wirkungsvoll einzusetzen, ist eine längerfristige sachliche und finanzielle Planung für die Forschungszentren unabdingbar. Die beantragte Sachverständigenkommission soll durch ihre Vorschläge helfen, die notwendigen Entscheidungen zu fällen. Bonn, den 14. Dezember 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 11 Umdruck 251 Antrag der Fraktion der CDU/CSU zur Beratung der Großen Anfrage der Fraktion der CDU/CSU betr. Forschungs- und Technologiepolitik — Drucksachen VI/2364, VI/2789 —. Der Bundestag wolle beschließen: Die Bundesregierung wird aufgefordert, in Verhandlungen mit ihren europäischen Partnern zur Koordinierung der europäischen Aktivitäten im Bereich der Raumfahrt die Einrichtung einer Europäischen Raumfahrtbehörde in die Wege zu leiten. Zum Aufgabenbereich dieser Raumfahrtbehörde zählen u. a.: — Die bestehenden Raumfahrtorganisationen ELDO, ESRO, CEPT in den Verantwortungsbereich der neuen Behörde zu übernehmen — Die Koordination zwischen europäischen und nationalen Programmen -- Die Rolle des Sprechers Europas in Raumfahrtfragen -- Auf Wunsch und gegen entsprechende Entschädigung die Verwaltung der nationalen Programme durchzuführen. Zum Begriff ,Verwaltung' gehören hier: — Planung bis zu fünf Jahren im Detail — Planung für bis zu zehn Jahren im Großen — Planung für mehr als zehn Jahre im Konzept — Die Ausschreibung, Vergabe und Kontrolle der Projekte im Rahmen der genehmigten Programme. Die finanzielle Grundlage der Europäischen Raumfahrtbehörde soll einerseits durch alle europäischen Staaten mit einem Grundbeitrag gebildet werden, andererseits durch die Beiträge der Staaten, die an den einzelnen Projekten interessiert sind. Über den zukünftigen Aufbau einer derartigen Europäischen Raumfahrtbehörde werden Projektstudien von der Bundesregierung ausgeschrieben und das Ergebnis innerhalb eines halben Jahres der Öffentlichkeit bekanntgegeben. Innerhalb eines Jahres ist dem Parlament ein Bericht über die Aktivitäten der Bundesregierung in bezug auf die Gründung einer Europäischen Raumfahrtbehörde vorzulegen. Begründung: Die multilaterale Zusammenarbeit der westeuropäischen Staaten im Bereich der Raumfahrt wird z. Z. im wesentlichen durch die Raumfahrtorganisationen ELDO, ESRO und CEPT organisiert. Daneben 1 gibt es eine Reihe bilateraler Projekte europäischer Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 9231 Staaten und auch eine Kooperation mit den USA. Verschiedene Fehlschläge im Bereich der europäischen Raketenentwicklung haben die mangelnde Organisation der europäischen Raumfahrtbemühungen herausgestellt. Es geht darum, für die europäischen Nationen ein langfristiges Raumfahrtkonzept zu entwickeln und auch wirksam durchzuführen. Vor allem der Bereich der Anwendungssatelliten sowie das Problem der Trägerraketen können nur im europäischen Rahmen bewältigt werden. Es ist hierzu notwendig, daß die nationalen Aktivitäten stärker koordiniert und die europäischen Organisationen auf diesem Gebiet zusammengefaßt werden. Eine Europäische Raumfahrtbehörde erscheint die geeignete Organisationsform, die europäischen Bemühungen im Bereich der Raumfahrt zu konzentrieren. Bonn, den 14. Dezember 1971 Dr. Barzel, Stücklen und Fraktion Anlage 12 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 15. Dezember 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Seefeld (SPD) (Drucksache VI/2938 Frage A 3) : Ist der Bundesregierung bekannt, welchen Anteil Kraftfahrer, die unter Drogeneinfluß standen, an der Zahl der an Verkehrsunfällen Beteiligten haben, und gibt es bereits ein Verfahren zur Herstellung eines einwandfreien Drogentests, ähnlich denn Blutalkoholtest? Der Bundesregierung ist dieser Anteil nicht bekannt, da die für eine statistische Erfassung notwendigen polizeilichen Untersuchungen im Einzelfall wegen Fehlens eines geeigneten Nachweisverfahrens zu keinem brauchbaren Ergebnis führen. Der Bundesregierung ist auch kein Verfahren bekannt, das eine dem Blutalkoholnachweis ähnliche routinemäßige und die Konzentration im Körper wiedergebende Erfassung von Drogen und Rauschgiften ermöglicht. An diesem Zustand wird sich wegen der Vielfalt der in Betracht kommenden Stoffe --es gibt allein rd. 80 Stoffe, die in der Wirkung dem Heroin ähnlich sind — und wegen der Unkenntnis des Verhältnisses von Konzentration und Wirkung eines Stoffes in absehbarer Zeit nichts ändern. Anlage 13 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 15. Dezember 1971 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Picard (CDU/CSU) (Drucksache VI/2938 Fragen A 4 und 5) : Welche Gründe haben den Bundesminister für Verkehr bisher davon abgehalten, für Windschutzscheiben an Personenkraftwagen Verbundglas vorzuschreiben, das als Sicherheitsglas dem gegenwärtig besonders in Wagen der unteren und der Mittelklasse verwendeten Einscheibenhartglas weit überlegen ist? Wann ist damit zu rechnen, daß der Bundesminister für Verkehr eine verbindliche Entscheidung zugunsten des Verbund- glases trifft, nachdem sich die Expertenkommission der EWG eindeutig und generell für Verbundglasscheiben ausgesprochen hat und nur die Vertreter des Bundesverkehrsministeriums sich diesem Votum noch nicht angeschlossen haben? Der Bundesminister für Verkehr hat wiederholt die Eigenschaften der Windschutzscheiben aus Verbundglas und der Windschutzscheiben aus Einscheiben-Sicherheitsglas sorgfältig geprüft. Beide Windschutzscheibenbauarten sind noch mit Mängeln behaftet, die nicht isoliert voneinander bewertet oder einfach gegeneinander aufgewogen werden können. Für die Abschätzung des Unfallrisikos sowohl hinsichtlich der Unfallhäufigkeit als auch der Schwere der Unfallfolgen sind neben den Merkmalen der Glassorten auch die Einbaubedingungen in den Kraftfahrzeugen in die Erwägungen mit einbezogen worden. Beim gegenwärtigen Stand der Technik und bei den zur Verfügung stehenden Ergebnissen der Unfallursachenforschung sowie den Erkenntnissen aus Unfallfolgen kann nicht gesagt werden, eine der beiden bekannten Windschutzscheibenbauarten sei der anderen weit überlegen. Für ein Verbot von Windschutzscheiben aus Einscheiben-Sicherheitsglas gibt es z. Z. keine ausreichenden Gründe. Die technische Studiengruppe „Sicherheitsglas" bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat einen Richtlinienentwurf für Scheiben aus Sicherheitsglas in Kraftfahrzeugen vorbereitet. Dieser enthält Vorschriften für Windschutzscheiben aus vorgespanntem Glas ebenso wie solche für Windschutzscheiben aus Verbundglas. Es trifft also nicht zu, daß diese Gruppe sich „eindeutig und generell für Verbundglasscheiben ausgesprochen hat". Auch in Brüssel sind bisher noch keine ausreichenden Gründe für ein Verbot des Einscheiben-Sicherheitsglases für Windschutzscheiben bekanntgeworden. Der Bundesminister für Verkehr ist bemüht, die vorhandenen Vorschriften weiter zu entwickeln. Dies geschieht auch im internationalen Rahmen insbesondere im Zusammenhang mit anderen Maßnahmen zum Schutz der Fahrzeuginsassen. Anlage 14 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Börner vom 15. Dezember 1971 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Peters (Norden) (SPD) (Drucksache VI/2938 Fragen A 20 und 21) : Welche zusätzlichen finanziellen Mittel wären bei einer Angleichung der den Beamten im Postdienst gezahlten Wechseldienstzulage an die nach Tarifvertrag Nr. 287, Anlage 4, den Angestellten im Postdienst für „Dienst zu ungünstigen Zeiten" geleisteten höheren Zulage aufzubringen? Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung der Beamten im Postdienst, für gleichen Dienst von Angestellten und Beamten auch eine gleiche Vergütung bzw. Zulage zu leisten? Durch eine Angleichung würden bei der gegenwärtigen Höhe der Zulagen Mehrausgaben von etwa 27 Millionen DM jährlich entstehen. Die nach Art und Höhe unterschiedlichen Zulagen für Beamte und Angestellte bei der Deutschen Bundespost sind durch die unterschiedlichen Rechtsgrundlagen begründet, die für die Zahlung maßgebend sind. Für die Beamten gelten die besoldungsrechtlichen Vorschriften, für die der Gesetzgeber zuständig ist. Für die Angestellten werden die Zulagen zwischen den Tarifpartnern vereinbart. Da die besoldungsrechtlichen Vorschriften einheitlich für alle Beamten gelten, wird derzeit keine I Möglichkeit gesehen, die Zulagen für die Beamten der Deutschen Bundespost an die Zulagen im Tarifbereich anzugleichen. 9232 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 Anlage 15 Schriftliche Antwort des Bundesministers Genscher vom 10. Dezember 1971 auf die Mündliche Frage des Abgeordneten Dr. Becher (Pullach) (CDU/CSU) (Drucksache VI/2890 Frage A 26) : In welchem Ausmaß und wo haben in letzter Zeit Mitglieder der SED und anderer kommunistischer Parteien des sowjetischen Machtbereichs an politischen und anderen Veranstaltungen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland teilgenommen? Von den bekanntgeworden Teilnehmern an Veranstaltungen kommunistischer oder kommunistisch beeinflußter Gruppen und Organisationen in der Zeit vom September bis November 1971 kamen aus dem sowjetischen Machtbereich insgesamt 12 aus der DDR, 13 aus der Sowjetunion, 9 aus der CSSR, jeweils 6 aus Ungarn und Polen, jeweils 3 aus Rumänien und Bulgarien. Die meisten Teilnehmer gaben sich als Angehörige der kommunistischen Parteien ihrer Heimatländer zu erkennen. Bei den übrigen kann eine solche Mitgliedschaft schon wegen ihrer offiziellen Funktion angenommen werden. Außerdem waren bei dem DKP-Parteitag in Düsseldorf noch 45 Journalisten aus Ostblockländern anwesend. Zu erwähnen sind schließlich auch noch einige kleine Delegationen von Jugendverbänden aus der Sowjetunion sowie aus Bulgarien und Polen, die am sogenannten Solidaritätskongreß der Jugend am 11. September 1971 in Bremen teilnahmen. Anlage 16 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 15. Dezember 1971 auf die Mündlichen Fragen der Abgeordneten Frau Schlei (SPD) (Drucksache VI/2938 Fragen A 42 und 43) : Ist der Bundesregierung bekannt, daß deutsche Umsiedler aus Polen von deutschen Behörden wie Ausländer behandelt werden und daß sie sich dadurch in starkem Maße diskriminiert fühlen? Welche Sofortmaßnahmen kann die Bundesregierung einleiten, um für diesen Personenkreis sozial und politisch vertretbare Regelungen möglich zu machen? Der Bundesregierung sind keine Fälle diskriminierender Behandlung von Umsiedlern bekannt. Im übrigen möchte ich jedoch darauf hinweisen, daß in der Bundesrepublik Deutschland Ausländer nicht schlechter behandelt werden als Deutsche, nur weil sie Ausländer sind. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß es Sofortmaßnahmen zur gesellschaftlichen, sozialen, beruflichen und schulischen Eingliederung der Aussiedler nicht bedarf. Die zur Zeit bestehenden Eingliederungsmaßnahmen reichen aus. Ob sie gegebenenfalls ausgeweitet oder intensiviert werden müssen, berät die Bundesregierung mit den Ländern und den in der Eingliederung von Aussiedlern tätigen Trägern der Freien Wohlfahrtspflege, der Bundesanstalt für Arbeit und der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder. Eine Entscheidung ergeht, sobald sich die Notwendigkeit hierzu ergibt. Im übrigen verweise ich auf die Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktionen der SPD, FDP und der CDU/CSU, die von der Bundesregierung mit den Drucksachen VI/1859, VI/2013 und VI/2381 beantwortet worden sind. Anlage 17 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vorn 15. Dezember 1971 auf die Mündliche Frage der Abgeordneten Frau Dr. Diemer-Nicolaus (FDP) (Drucksache VI/2938 Frage A 44) : Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur hessischen Richterbesoldung vom 15. November 1971? Die Bundesregierung prüft, welche Folgerungen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu ziehen sind. Die Beratungen zwischen den zuständigen Bundesressorts und mit den Ländern sind aufgenommen worden. Die Bundesregierung strebt eine baldige Klärung an und wird eine gesetzliche Regelung vorbereiten, die der besonderen Stellung der Richter gerecht wird. Anlage 18 Schriftliche Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs Dorn vom 15. Dezember 1971 auf die Mündlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Evers (CDU/CSU) (Drucksache VI/2938 Fragen A 45 und 46) : Teilt die Bundesregierung meine Ansicht, daß das sogenannte Verursacherprinzip im Rahmen des Umweltschutzes auf alle Institutionen angewendet werden muß, die für Umweltbeeinträchtigungen verantwortlich sind, also auch auf den Bund als Verursacher von umweltbeeinträchtigendem Lärm durch den Betrieb der Deutschen Bundesbahn und als Baulastträger für Bundesstraßen, die nicht mit den heute technisch möglichen schallschluckenden Einrichtungen versehen sind? Ist die Bundesregierung der Ansicht, daß ihre Antwort auf meine diesbezüglichen Fragen diesem von der Bundesregierung selbst postulierten Verursacherprinzip entspricht, oder teilt sie meine Auffassung, daß diese Antworten das Bestreben erkennen lassen, für die Bundesregierung als Verursacher von umweltschädigendem Lärm eine Ausnahmestellung zu beanspruchen? Die Bundesregierung ist der Auffassung, daß das Verursacherprinzip im Rahmen des Umweltschutzes grundsätzlich auf alle Institutionen anzuwenden ist, die für Umweltbelastungen verantwortlich sind. Das gilt auch für den Bund, soweit dieser als Verursacher von umweltbeeinträchtigendem Lärm anzusehen ist. Das Problem ist jedoch — auch im Hinblick auf die Verkehrswege außerordentlich vielschichtig. Die Bundesregierung bildet zur Zeit entsprechend ihrem Vorschlag im Umweltprogramm eine Arbeitsgruppe, deren Aufgabe es sein wird, Verfahren und Empfehlungen zu erarbeiten, wie das Verursacherprinzip, auch unter Einbeziehung der Frage der Unzumutbarkeit am zweckmäßigsten durchgesetzt werden kann. Die Bundesregierung ist nicht der Ansicht, daß diese Antwort im Widerspruch zu den bisherigen Antworten auf Ihre Fragen zum Problem des Verkehrslärms steht (Anlage 21 zum Protokoll über die 142. Sitzung, Seite 8195, und in der Anlage 47 zum Protokoll über die 146. Sitzung des Deutschen Bundestages, Seite 8429).
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Albert Probst


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst ein paar Bemerkungen zu meinem Vorredner machen. Herr Minister Leussink hat sinngemäß gesagt, Kontinuität sei für ihn gleichbedeutend mit Fortschritt und Neuheiten bedeuteten für ihn nicht absolut Fortschritt. Wir würden ihm in dieser seiner Meinung vollkommen zustimmen, wenn wir nicht hinter dieser verbal schön klingenden Äußerung nichts anderes zu sehen hätten als Untätigkeit. Er redet von langfristigen Projekten für Umwelttechnologien und medizinische Technologien. Ich frage: Wo sind die Ansätze dazu? Alles, was Sie gesagt haben, ist nichts anderes als Absichtserklärung.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Der Herr Minister versteigt sich sogar dazu, daß er seine Aktivitäten in den letzten beiden Jahren und die Aktivitäten der Bundesregierung mit dem vergleicht, was Japan seit 1952 in ungeheurer Akribie, von der man diesem Ministerium nur ein bißchen wünschen möchte, vorantreibt.
    9206 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971
    Dr. Probst
    Sehr gefreut haben wir uns, nicht nur ich, sondern auch meine politischen Freunde, über die Ausführungen vom Herrn Kollegen Grüner, die wir fast deckungsgleich übernehmen möchten. Ich habe nur die Befürchtung, daß der Anfang seiner Ausführungen im Sinne von Professor Lohmar möglicherweise zu technokratisch gewesen ist.

    (Zuruf des Abg. Dr. Raffert.)

    Denn er hat einige Dinge real angesprochen. Immerhin — Herr Raffert, ich hoffe, Sie werden uns da unterstützen : wenn Herr Grüner einen Antrag stellen sollte, daß ein besonderer Schwerpunkt auf dem sozial-humanen Gebiet gebildet werden soll oder nur definiert werden soll, dann werden wir diesen Antrag unterstützen; denn das deckt sich mit dem, was auch wir möchten.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Sehr wenig möchte ich zu den Ausführungen von Professor Lohmar sagen. Ich möchte das, was er hier dargelegt hat, eine sehr distanzierte, nahezu der Welt entrückte, schöngeistige Technologiepolitik nennen. Wenn er frühere Vorstellungen über Technologiepolitik „naive technokratische Betrachtungsweise" nennt, so möchte ich seine Ausführungen nicht minder naive soziologische Betrachtungsweise nennen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Er sprach noch von der Kooperation der Mittleren und Kleinen, daß hier Schwerpunkte gesetzt werden müssen. Wo sind die Schwerpunkte? Sie hatten zwei Jahre Zeit.
    Sie haben auch das Problem der Leitlinien als einen ganz neuen Durchbruch gefeiert.

    (Zuruf von der SPD: Wo gibt es das denn sonst?)

    Wenn Sie Verbindung zu den Leuten haben, die Ihre Leitlinien angehen, dann werden Sie mir beipflichten, daß kaum etwas bei dem großen Stab der wissenschaftlichen Mitarbeiter an den Forschungsinstituten so heftig kritisiert wird und so viel Enttäuschungen hervorgerufen hat wie Ihre Leitlinien.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Die Leute haben sich etwas versprochen, und Sie haben ihnen nichts gebracht. Im Gegenteil, Sie haben an den Instituten damit allenfalls Verwirrung geschaffen.
    Herr Professor Lohmar, Technologiepolitik kann schöngeistig gesehen werden, aber sie muß natürlich auch in harten Realitäten diskutiert werden.

    (Abg. Dr. Raffert: Sehr gut! — Weitere ironische Zurufe von der SPD.)

    Die Antwort der Bundesregierung — wenn Sie sie genau lesen, werden Sie mir beipflichten — auf unsere Anfrage ist unerhört mager ausgefallen. Fast möchte man sie als Zumutung empfinden, weil sie das Parlament so behandelt, als würde dieses Gremium die Probleme der Wissenschafts- und Forschungsförderung im Grunde nichts angehen. Es gibt nur Absichtserklärungen und Beteuerungen, nirgends neue Ansätze. Wer die Aktivitäten in den
    letzten zwei Jahren näher verfolgt hat, Herr Raffert, gewinnt den Eindruck, daß die Technologiepolitik nur als Nebengebiet der Bildungspolitik betrieben wird, sozusagen von der linken Hand, und das ein wenig auch im doppelten Sinne.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Das erkennen Sie völlig richtig. So wie Sie betroffen sind, so war es auch gemeint. Es ist nicht verwunderlich. Denn seit 1969, seit Bestehen dieser Bundesregierung, hat es eine Schwerpunktverlagerung im zuständigen Ministerium von der Forschungs- und Innovationsförderung hin zur Bildungsförderung gegeben.

    (Abg. Dr. Martin: Hildegard!)

    Das wurde besonders dadurch sichtbar, daß der größte Teil der Aktivitäten sowohl im Ministerium als auch im zuständigen Bundestagsausschuß sich mit bildungspolitischen Fragen befaßte. Es wurden wunderschöne Pläne entwickelt, großen bunten Luftballonen gleich, manchmal mit rosa Luft gefüllt.

    (Zurufe von der SPD und FDP.)

    Bei Durchrechnung dieses herrlichen Denkmodells traten allerdings ungeheure Kosten zutage, die zu tragen bei uns im Lande niemand in der Lage ist. Es gibt deshalb bis heute keinen Finanzierungsplan. Der Tag der Wahrheit ist nahe, wo die Bundesregierung, insbesondere auch das BMBW, bekennen muß, daß die herrlichen Versprechungen nicht verwirklicht werden können,

    (Abg. Raffert: Morgen gibt es 260 Millionen mehr!)

    ja daß der Bürger selbst für kleine Teilansätze stark zur Kasse gebeten werden muß.

    (Abg. Pfeifer: Und Frau Hamm-Brücher verläßt das sinkende Schiff!)

    Die Konfusion im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft ist derzeit groß und treibt die tollsten Blüten, wie die eben von Minister Leussink noch einmal dementierte Erwägung einer Sonderbesteuerung der Akademiker zeigt.

    (Abg. Raffert: Da hat er selbst Angst gehabt!)

    Ich frage mich, warum denn die Bundesregierung einen Forschungsauftrag finanziert, wenn sie nicht eine konkrete Absicht damit verbindet, tatsächlich so etwas unternehmen zu wollen.

    (Sehr gut! bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Grundlagenforschung!)

    Man könnte in gleicher Weise ein Konversationslexikon entlang mit Forschungsaufträgen versehen und finanzieren, wenn nicht eine politische Absicht in einer entsprechenden Richtung vorhanden wäre.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich meine nur, die wissenschaftlichen Mitarbeiter an den großen Forschungsinstituten werden sich sehr freuen, wenn sie nunmehr von der Bundesregierung, von der sie teilweise so viel, ja viel zuviel, erwartet hatten, für ihre Anstrengung in einer akademischen Ausbildung zur Kasse gebeten werden sollen.
    Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 9207
    Dr. Probst
    Ausdruck der Konfusion, die auch zu personeller
    Zerstrittenheit der Führungsmannschaft im BMBW führt, ist das spektakuläre Ausscheiden der Frau Kollegin Hildegard Hamm-Brücher.

    (Abg. Raffert: Wer keine Ziele hat, schießt auf Pappkameraden!)

    — Nur langsam, nur langsam, Herr Kollege Raffert.

    (Zuruf des Abg. Moersch.)

    — O Herr Kollege Moersch, Sie wissen, daß wir sie seinerzeit schon sehr gern bei uns gesehen hätten vor etwa einem halben Jahr. Damals
    sagte der Herr Minister in einer Rede in diesem Hause, daß er sie für völlig unentbehrlich hält. Nun sieht er sie von dannen ziehen.

    (Zuruf von der CDU/CSU.)

    Man fragt sich, wie das kommt. Ist die Beurteilung der Staatssekretärin plötzlich so viel schlechter geworden? Das doch sicher nicht.

    (Abg. Schulte [Unna] : So was nennt man Bayern-Opfer! — Weitere Zurufe.)

    Die Politik der Regierung muß wohl so unbefriedigend sein — so unbefriedigend, so konfus, ja aussichtslos —, daß es Frau Hamm-Brücher, der man ja einen gewissen Ehrgeiz nicht absprechen kann, geraten schien, rechtzeitig von dannen zu eilen.

    (Heiterkeit und Zustimmung bei der CDU/ CSU.)

    Diesen ganzen Hintergrund muß man sehen,

    (Zuruf des Abg. Moersch — weitere Zurufe)

    wenn man das Treibenlassen der Forschungs- und Technologiepolitik der heutigen Bundesregierung begreifen will. Seit Stoltenberg ist praktisch nichts Neues geschehen.

    (Widerspruch bei der SPD. — Abg. Raffert: Und Sie sind seitdem in den Bundestag gekommen!)

    Alte Programme wurden weitergeführt oder auslaufen gelassen. Dabei wird des modernen Image wegen von gesellschaftspolitischer Relevanz gesprochen, wobei es der Phantasie des anderen überlassen bleibt, was man darunter verstehen mag.
    Bei aller Verständigungsschwierigkeit in der öffentlichen Diskussion zum Thema Technologiepolitik — Verständigungsschwierigkeiten deshalb, weil sie einen sehr hohen Sach- und Fachverstand erfordert — ist man sich darin einig, daß es ohne genügende wissenschaftlich-technologische Entwicklung nicht möglich ist, an der Spitze der Industrienationen zu bleiben.
    Deutschland ist ein typisches Veredelungsland, das mehr von der Veredelungskraft seiner Wirtschaft lebt als jedes andere. Kein Land ist deshalb stärker darauf angewiesen, mit an der Spitze zu bleiben — bei aller gesellschaftlicher Bezogenheit —, als wir.

    (Abg. Raffert: Drum!)

    Hier gilt es, die Dimensionen für die künftige Entwicklung richtig zu sehen und echte Schwerpunkte zu setzen.

    (Zuruf von der FDP.)

    Wir können es uns nicht leisten, die Politik von Wissenschaft, Technologie und Innovationsförderung treiben zu lassen — auch nicht einmal für ein Jahr.
    Deutsche Technologiepolitik ist heute untrennbar mit der europäischen Technologiepolitik verbunden. Viele Dinge lassen sich national nicht lösen, weil sie zu aufwendig und teuer sind und nur in Gemeinschaftsarbeit bewältigt werden können.
    So viel zur allgemeinen politischen Situation.
    Namens der CDU/CSU-Fraktion werde ich nun zu einzelnen konkreten Themen Stellung nehmen,

    (Zurufe von SPD: Nein! — Im Ausschuß!)

    nämlich erstens zu Fragen der Luft- und Raumfahrt, die Sie sich kaum zu erwähnen trauen, nicht zuletzt deshalb, weil Sie hier offenbar keinerlei Perspektiven aufzuzeigen haben, wie es weitergehen soll,

    (Abg. Schule [Unna] : Ein Bayer auf dem Mond kommt jetzt!)

    zweitens zur Frage neuer Verkehrstechnologien und drittens zu Umwelttechnologien.
    Die Bundesregierung spricht in ihrer Antwort von bemerkenswerten Erfolgen der bisherigen Weltraumprogramme, insbesondere auf dem Gebiet der Weltraumforschung.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Raketentechnik!)

    Bei aller Würdigung dieses ungewöhnlichen Kompliments gegenüber früheren Bundesregierungen der CDU/CSU vermissen wir aber eine präzise Aussage über die gegenwärtigen Probleme und die zwischenzeitlich von der Bundesregierung während ihrer Amtszeit definierten Programme und getroffenen Entscheidungen. Seit 1969 ist ein Basisprogramm für Luft- und Raumfahrt angekündigt. Bis heute läßt es auf sich warten. Das ist ein hartes, realistisches Faktum, das mit schöngeistiger Betrachtung gar nichts zu tun hat. Sicher kann man über den Umfang der Luft- und Raumfahrtförderung unterschiedlicher Meinung sein. Man kann jedoch nicht umhin, sich auf ein langfristiges Programm festzulegen. Das ist hier notwendiger als auf irgendeinem anderen Gebiet, weil es sich um sehr komplizierte Organismen der Zusammenarbeit handelt. Die Situation ist jetzt so, daß eine Reihe von Projekten ausläuft. Nachfolgeprogramme müssen heute in Sicht sein, wenn die Teams, die vorhanden sind, bestehenbleiben sollen. Die vorhandenen Mitarbeiterstäbe drohen zu zerfallen, wenn sie keine neuen Aufgaben erkennen können. Sie werden sicher irgendwo in die Industrie abwandern, wo solche Kräfte als Experten begehrt sind. Es ist nicht zweckmäßig, bei neuen Projekten wieder neue Teams zu suchen, die erst wieder ihre Erfahrungen von neuem sammeln müssen. Ein derartiges Verfahren kommt so teuer, daß wir es uns nicht leisten können. Befürchtungen in dieser Richtung gibt es bei wissenschaftlichen Instituten und Einrichtungen bis hin zur GfW
    9208 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971
    Dr. Probst
    und DFVLR und auch bei der Luft- und Raumfahrtindustrie.
    Im wesentlichen geht es in der Folge um zwei Teilbereiche: erstens um wissenschaftliche Programme, die weniger problematisch erscheinen, und zweitens um die Frage der Verfügbarkeit eines Trägersystems für Nutzsatelliten in Europa. Es ist weitgehend unbestritten, daß Europa, wenn es ein ernst zu nehmender Partner bleiben will, bei der wirtschaftlichen Bedeutung von Anwendungssatelliten über Träger von genügender Größe verfügen muß, um Nutzsatelliten in den Weltraum zu schießen.

    (Zuruf von der SPD: Sehr richtig! — Abg. Moersch: Das üben wir doch schon!)

    Die billigste Möglichkeit, Herr Raffert — darin stimmen wir sicher überein —, sie verfügbar zu machen, wäre, diese Trägersysteme in den USA zu kaufen oder sie bei uns in Lizenz zu bauen. Da dies trotz des Briefes von Staatssekretär Johnson, der wohl noch keine ausreichenden Garantien enthält, bis heute aus mancherlei Gründen nicht möglich ist, wird man in Europa gezwungen sein, an einem eigenen Trägersystem zu arbeiten. Auch wenn es Rückschläge und Mißerfolge geben wird, wird man dies tun müssen. Ob es später über die Beteiligung am Post-Apollo-Programm möglich sein wird, die Verfügungsgewalt über Trägerraketen für Anwendungssatelliten zu erhalten, ist bisher noch offen. Sie finden in der heutigen Ausgabe der „Süddeutschen Zeitung" eine interessante Analyse von Rudolf Metzler zu diesem Thema.

    (Abg. Raffert: Ich empfehle Ihnen die Lektüre des „Streiflichtes" in der „Süddeutschen Zeitung" ! Sie finden es auf Seite 1 oben links! Ganz hervorragend!)

    — Sie sollten diesen Bericht lesen, Herr Raffert; er wird Ihre technologischen Kenntnisse auf diesem Gebiet ungemein bereichern können.

    (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der SPD: Lesen Sie Seite 1!)

    Die Analyse kommt zu dem Ergebnis, daß sich die europäische Beteiligungsmöglichkeit aus vielerlei Gründen, nicht zuletzt aus militärischen, mehr und mehr auf technologisch weniger interessante Details konzentriert. Metzler kommt in der „Süddeutschen Zeitung" zu dem Ergebnis:
    Ein solcher europäischer Beitrag wäre allzu bescheiden und im Hinblick auf das Gesamtprogramm zu simpel, als daß er die dafür benötigten Raumfahrtgelder rechtfertigen könnte. Sie wären für die eigene Entwicklung der EuropaIII-Rakete weitaus vielversprechender ausgegeben.
    Ich bin nicht der Meinung, daß wir unter allen Umständen ein eigenes Trägersystem auf der Basis der Europa-III-Rakete entwickeln müssen. Es kommt darauf an, ob es für uns die Verfügungsmöglichkeit von seiten der Amerikaner geben wird. Andernfalls werden wir gezwungen sein, selbst zu versuchen, an ein Trägersystem heranzukommen.
    Gerade wegen der Mißerfolge der Europa-II-Rakete und wegen der Kompliziertheit der internationalen Zusammenarbeit, insbesondere auch mit den USA, fordert die CDU/CSU die Einrichtung einer europäischen Raumfahrtbehörde, die die bisherigen europäischen Aktivitäten zusammenfaßt. Es ist mir völlig unbegreiflich, wie der Herr Minister an dieser Stelle von einer unerhörten technologischen Romantik sprechen kann. Fast erinnern seine Ausführungen an das fatale Zitat von Bundeskanzler Willy Brandt, daß Europa die Aufgabe für spätere Generationen sei.

    (Zurufe von der SPD.)

    Die Raumfahrtbehörde muß so angelegt sein, daß sie auch tatsächlich in der Lage ist, das von uns geforderte langfristige Programm auf fünf Jahre im Detail, auf zehn Jahre im großen und für mehr als zehn Jahre im Konzept zu übernehmen. Das bedeutet, daß eine derartige „Europäische NASA", wie sie wohl richtig genannt wurde, auch die Befugnis zur Ausschreibung, Vergabe und Kontrolle der Projekte, die im Rahmen genehmigter Programme durchgeführt werden, haben muß. Das heißt auch, daß eine solche Behörde die Koordination zwischen den europäischen und nationalen Programmen und die Rolle des Sprechers Europas in Raumfahrtfragen übernehmen muß.
    Namens der Fraktion der CDU/CSU bitte ich alle Mitglieder dieses Hohen Hauses, unseren Antrag Umdruck 251 *) offen und mit Nachdruck zu unterstützen.
    Einen weiteren Schwerpunkt sieht die CDU/CSU-Fraktion in einer möglichst raschen Nutzbarmachung neuer Verkehrstechnologien. Für den Ausbau des Verkehrssystems werden in Zukunft noch sehr hohe Mittel angelegt werden. Um Fehlinvestitionen zu vermeiden, müssen die heute bereits sichtbaren neuen Verkehrstechnologien berücksichtigt werden. Es läßt sich schon abschätzen, daß ein Hochleistungsschnellbahnsystem große Bedeutung haben wird.

    (Zurufe von der SPD.)

    Die Bundesrepublik — so stellt es sich jedenfalls dar — hat in der Entwicklung der Magnetschwebetechnik, die sich wohl durchzusetzen beginnt, ein Jahr Vorsprung. — Herr Kollege Hauff, ich möchte Ihnen empfehlen, sich einmal dieses Projekt ernst zu Gemüte zu führen; Sie werden sicher auf dem Gebiet einiges dazulernen können.
    Hier ist ein echter Schwerpunkt, weil wir die Chance haben, auf einem Gebiet echt führend zu sein.

    (Zurufe von der SPD.)

    — Die Bundesregierung findet die Weiterführung dieses Projektes offenbar nicht so komisch; denn sie hat das Geld auf Grund eines Antrags, den wir im Sommer dieses Jahres gestellt haben, schon eingeplant.
    Die in Diskussion stehende Großversuchsstrecke muß ohne Verzögerung in Angriff genommen werden. Die Magnetschwebetechnik scheint
    *) Siehe Anlage 11
    Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 9209
    Dr. Probst
    deshalb besonders interessant, weil sie umweltsauber ist und mit wenig Verschleiß bei wenig Energieaufwand eine sehr hohe Leistungsfähigkeit verspricht. Mit einer Geschwindigkeit von 500 Stundenkilometern wird sie die Siedlungs- und Wirtschaftszentren verbinden. Es ist selbstverständlich, daß sie im Falle ihrer Verwirklichung großen Einfluß auf den Autoverkehr, den Flugverkehr und den herkömmlichen Schienenverkehr haben wird. Insbesondere dürfte der Flugnahverkehr entscheidend beeinflußt werden. Die Bundesregierung sollte deshalb neben der technologischen Förderung ihre Ankündigung vom 27. Februar 1971 wahrmachen, eine Verkehrsstudie über das Zusammenwirken der einzelnen Verkehrssysteme etwa in einem Generalverkehrsplan vorzulegen. Nach Ankündigung in der Antwort auf die Kleine Anfrage Drucksache VI/ 1927 sollte das ja noch in diesem Jahr geschehen. Leider warten wir bisher vergebens.
    Neben dem überregionalen Verkehr kommt der Bewältigung des Verkehrs in Ballungsräumen und Städten große Bedeutung zu. Sicher kann man davon ausgehen, daß es eine autogerechte Stadt nicht geben kann, daß es wahrscheinlich auch keine U-Bahnoder S-Bahn-gerechte Stadt gibt. Wenn die Städte dem Verkehr gewachsen sein sollen, ist es notwendig, zusätzliche Verkehrssysteme, die auf neuen technologischen Grundlagen stehen, anzubieten. Hierzu gibt es eine Reihe von Vorschlägen auf dem Reißbrett. Leider ist seit einem Jahr keinerlei Aktivität auf diesem Gebiet sichtbar. Es erscheint unerläßlich, daß die Bundesregierung unverzüglich Modellversuche in Großstädten oder Vorstädten durchführen läßt.
    Die Bundesregierung wendet jährlich eine halbe Milliarde DM für die Förderung des innerstädtischen Nahverkehrs auf. Bei dieser Summe müßte es möglich sein, wenige Millionen für einen Modellversuch verfügbar zu machen, der Fehlinvestitionen vermeiden hilft. Die Verbesserung des innerstädtischen Verkehrs auf der Grundlage neuer Verkehrstechnologien ist im Hinblick auf Abgase und Lärm ein Umweltproblem ersten Ranges.
    Einen wichtigen Schwerpunkt hätte die Bundesregierung, speziell das Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft, in der Frage der Bewältigung der Umweltprobleme zu sehen. Fast alles im Lande spricht von Umweltschutz; dabei wird zu wenig differenziert. Seitens der Bundesregierung wird das Thema zu sehr im Kompetenzbereich diskutiert. Das ist unnötig, denn fast jedes Ministerium könnte eine wichtige Aufgabe hierin erfüllen. Das BMBW hat sich natürlich nicht um Landschaftsschutz zu kümmern. Es müßte der Frage der Umwelttechnologien im weitesten Sinne nachgehen. Ein echter Schwerpunkt ist hier nicht sichtbar. Zwar ist begrüßenswert, daß sich das frühere Institut für Strahlenforschung in Neuherberg neuerdings auch mit Umweltfragen befaßt. Die Aktivität ist naturgemäß stärker auf die medizinische Seite hin ausgerichtet und kann im wesentlichen die Frage der Belastbarkeit des Organismus durch Fremdstoffe und schädliche Einflüsse umfassen. Die Frage der Umwelttechnologien liegt bis heute weitgehend brach
    1 oder ist wenigstens nicht koordiniert. Dabei sind oft einfache Probleme nicht geklärt, z. B. im Bereich der Meßtechniken.
    Ich fasse der Zeit wegen summarisch zusammen. Wir brauchen einfache, rasch durchführbare, billige und dabei genügend genaue Meßmethoden zur Erfassung von Schadstoffen und schädigenden Einflüssen. Wir brauchen eine Anlaufstelle für die Förderung umweltfreundlicher Technologien im prophylaktischen Sinne, und wir brauchen die Zusammenfassung und Entwicklung umwelttherapeutischer Technologien, um der Aufgabe der vielfach diskutierten Verbesserung der „quality of life" gerecht zu werden. Wir fordern deshalb die Regierung auf, unverzüglich eine Zentralstelle für Umwelttechnologien und Meßtechniken einzurichten, die sich mit der Bewältigung der angedeuteten Probleme befaßt.
    Noch ein Schlußgedanke: Technologieförderung und Bildungsförderung stellen nach unserer Meinung keine Alternative dar. Wir betrachten vielmehr Forschung und Entwicklung als Voraussetzung für einen langfristigen Erfolg im Wirtschaftswachstum. Dabei ist Wirtschaftswachstum im Sinne von dem, was Herr Grüner ausgeführt hat, für uns selbstverständlich verbunden mit Verbesserung von Infrastruktur auf allen sich zeigenden und notwendigen Gebieten. Insofern ist die Technologieförderung auch eine wichtige materielle Voraussetzung für die Vorhaben auf dem Gebiete der Bildungspolitik. Lassen Sie uns deshalb in der Forschungs- und Technologiepolitik, einem Gebiet, das sich für Politisierung nicht unbedingt anbietet, neue gemeinsame Anstrengungen unternehmen!

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Liselotte Funcke
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Flämig.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Gerhard Flämig


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst eine Vorbemerkung. Dies ist nicht die erste Technologiedebatte in diesem Hause, die ich erlebe. Aber wohl immer ist es so, daß die Präsenz in umgekehrtem Verhältnis zur Bedeutung dieser Sache steht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)

    Denn hier geht es nicht um technologisches Wortgeklingel und schon gar nicht um den Versuch, komplizierte technische Probleme etwa auf dem Wege der Mehrheitsentscheidungen zu lösen, sondern hier geht es, ganz einfach ausgedrückt, um ganz wesentliche Zweige unserer deutschen Volkswirtschaft, und hier geht es um Milliarden Steuergelder.

    (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.)

    Das Projekt „Schneller Brüter" ist ein Milliardenprojekt.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Die CDU ist ja doppelt so stark wie Ihre Fraktion da! — Wo sind die Genossen?)

    — Ich mache doch gar keine Vorwürfe. Ich stelle
    hier nur fest, was ist, nämlich daß z. B. das Projekt
    9210 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971
    Flämig
    „Schneller Brüter" zwischen 1 und 2 Milliarden DM kosten wird.

    (Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    Nun zur Technologiepolitik. Es ist etwas sonderbar, von der Opposition heute schon mehrfach zu hören: Das hat alles schon unser Herr Stoltenberg gemacht.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Genauso ist es!)

    Nein. Mit demselben Recht könnte die FDP sagen: Das hat schon unser Herr Lenz gemacht. Das sind nämlich zum Teil Probleme und Projekte, die über Jahrzehnte hingehen. Das sind langfristige Projekte.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Strauß hat damit angefangen! — Zuruf des Abg. Dr. Hubrig.)

    Der Herr Minister hat vorhin auf die Kontinuität hingewiesen. Das ist das Entscheidende.
    Meine Damen und Herren, hier ist eine Verschiebung von der Technologie zur Bildung konstatiert worden. Das stimmt gar nicht. Wir tun das eine, ohne das andere zu lassen. Wenn hier gesagt wird, es gebe keine neuen Prioritäten, dann schauen Sie sich doch bitte einmal die Haushalte an! Hätten Sie doch einmal zugehört, was Herr Minister Leussink vorhin an Beispielen genannt hat! Ich frage Sie: Wie anders sollen sich denn Prioritäten manifestieren als durch die steigenden Ansätze im Haushalt?
    Ausdruck der Neurorientierung: Da kann man hier in der Kürze der Zeit nur Beispiele nennen: das neue Datenverarbeitungsprogramm; neue Schwerpunkte wurden gesetzt gegenüber dem ersten EDV-Programm von 1967; darüber hinaus neue Akzente gesetzt, beipielsweise elektronische Bauelemente als Schwerpunktprogramm. Die Studie über Werkstof f-technologie liegt vor. Aber ich halte es für falsch, heute abend diese Dinge zu vertiefen. Wir werden darüber ausführlicher reden können, wenn wir über den Forschungsbericht IV sprechen. Ich möchte mich deshalb auf zwei Themen beschränken, die mir gestellt sind. Das eine ist der Schwerpunkt Kernforschung und Kerntechnik und das andere die europäische bzw. internationale Zusammenarbeit.
    Es ist festgestellt worden, für die Kerntechnik und Kernforschung stünde nur noch eine Steigerungsrate von 20 °/o zur Verfügung, und im Wachstum lägen diese Gebiete nicht mehr an der Spitze. Ich stelle fest: Die Kernforschung und Kerntechnik hat immer noch das größte Finanzvolumen in unserem Haushalt für Technologie, und wir können doch wohl feststellen, daß die Mittel sich gelohnt haben. Strom kann heute zu konkurrenzfähigen Preisen mit Kernenergie erzeugt werden, und der Anschluß an führende Länder ist erreicht. Das zehnjährige Handikap ist überwunden.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das ist aber kein Verdienst der Bundesregierung!)

    — Das ist kein Verdienst der Bundesregierung allein, das ist ein Verdienst der Wissenschaftler und Techniker und Wirtschaftler, aber auch der Politiker im Bund und in den Ländern.

    (Beifall.)

    Auf der 4. Genfer Atomkonferenz hat das internationale Echo doch bewiesen, daß unsere Bundesrepublik heute mit an der Spitze steht und daß die Nutzung der neuen Energiequelle auf gesunder technischer und solider wirtschaftlicher Basis steht, soweit es den Leichtwasserreaktor betrifft.
    Weil hier immer nach Prioritäten gerufen wird: In der Antwort der Bundesregierung wird schon in einer Passage Bezug genommen auf das kommende 4. Atomprogramm. Dort gibt es eine Priorität Reaktorsicherheit, Strahlenschutz, Umweltschutz. Niemand will bestreiten oder verschweigen, daß Kernenergie radiologische Auswirkungen auf Luft und Wasser hat, thermische Auswirkungen, ferner Einwirkungen auf Luft und Wasser sowie akustische Auswirkungen. Nun könnte man sagen: Nun ja, Zug der Zeit, Konzession an ein modisches Volksempfinden! Nein, meine Damen und Herren: Diese Priorität von Reaktorsicherheit, Strahlenschutz und Umweltschutz zeigt, daß die Bundesregierung eine verantwortungsbewußte Einstellung gegenüber den unmittelbar und den mittelbar betroffenen Menschen hat.

    (Abg. Dr. Schober: Herr Flämig, das war früher schon so! Das ist doch nicht neu!)

    Wenn die Regierung sagt: Zuerst Sicherheit, safety first, dann ist das neu. Und ich möchte anfügen: Neu sind die verbesserten Arbeitsbedingungen der Reaktorsicherheitskommission!
    Es sind Schwerpunkte gesetzt worden. Vielleicht würden Sie erwidern: Schwerpunkte wie Hochtemperatur- und schneller Natriumreaktor! Das sei auch nicht neu. Was sagen Sie aber dann zum wirtschaftlichen Verfahren der Urananreicherung? Ein Teil unseres Fachausschusses ist in den USA gewesen. Wir haben gesehen, daß der Hochtemperaturreaktor vor der Wirtschaftlichkeit steht. Ich möchte hierzu nicht mehr viel ausführen. Wir werden andere Gelegenheiten dazu haben.
    Ich möchte aber noch einige Bemerkungen zum Natriumbrüter machen. Da sieht man in letzter Zeit so einige Zahlen durch die Presse geistern. Es ist die Frage — damit komme ich zum zweiten Thema meiner Ausführungen der Zusammenarbeit aufgetaucht: Warum wird nicht der Natriumbrüter, der SNR 300, zusammen mit anderen Ländern geschaffen, beispielsweise mit Großbritannien und Frankreich, die diesen gleichen Typ auch in Entwicklung haben?
    Oder — eine andere Frage, die auch oft gestellt wird: Warum wird nicht gleich dieser Typ übersprungen und in der Bundesrepublik der 1000-Megawatt-schnelle-Brüter entwickelt?
    Die Fachleute sagen uns aber: Es genüge nicht, das Know how einfach in Lizenz zu kaufen, um in der Lage zu sein, fristgerecht und was wichtig ist — zu konkurrenzfähigen Preisen neue Typen von Kernkraftwerken auf dem Weltmarkt anzubieten. Die Industrie müsse von der Pike auf eigene Erfahrungen sammeln können und würde zwangsläufig ins Hintertreffen geraten, wenn sie sich nur die Erfahrungen der anderen kaufen könne. Das bedeutet sicherlich nicht, daß man nicht alles tun müßte, um
    Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971 9211
    Flämig
    die europäische Zusammenarbeit bei der Entwicklung des Schnellen Natriumbrüters der nächsten Stufe von vornherein auf europäischer Ebene anzustreben.
    Einige Beispiele der europäischen Zusammenarbeit, die neu vor uns stehen! Wenn wir eines Tages zur Verwendung des Hochtemperaturreaktors kommen, wird ein völlig unabhängiger dritter Brennstoffkreislauf notwendig sein. Geschätzte Kosten zwischen 500 Millionen und einer Milliarde DM! Hier könnte eine Zusammenarbeit im Rahmen der Europäischen Gemeinschaft notwendig und nützlich sein. Metallurgieprobleme werden auftreten bei Gasturbinen und bei Brennelementen; auch hier wäre eine Zusammenarbeit auf europäischer Ebene empfehlenswert.
    Nun wird man erwidern: Es gibt doch eine Zusammenarbeit! Wir haben doch die Gasultrazentrifuge! Sie wird geschaffen gemeinsam von Großbritannien, den Niederlanden und der Bundesrepublik! Auf diesem Gebiete fehlt noch ein echter Kostenvergleich zwischen den einzelnen technischen Möglichkeiten, die es für die Anreicherung von Uran gibt. Die Antwort darauf sollte uns auch die Europäische Gemeinschaft geben.
    Doch wie steht es mit dieser europäischen Zusammenarbeit? Es wäre wohl ein bißchen untertrieben, wenn man sagte, sie stehe unter keinem guten Stern. Ich würde weitergehen und hinzufügen: sie ist in echter Gefahr!
    Das macht uns Sorge. Diese Sache macht uns wirklich Sorge, denn das ist nicht nur eine technologische Angelegenheit — das sage ich in aller Deutlichkeit , das ist eine eminent wichtige politische Frage! Die Euratom ist ein Stück vereintes Europa. „Für die Bundesrepublik hat die internationale Technologiepolitik auch den Aspekt, Instrument und Element für andere Bereiche ihrer Politik zu bilden." Das ist ein Zitat aus der Antwort der Bundesregierung. Dem können wir als Regierungskoalition voll zustimmen. Ich glaube, dem kann sogar die Opposition zustimmen.

    (Abg. Raffert: Das wäre ganz vernünftig!)

    Meine Damen und Herren, noch ein paar kurze Bemerkungen zu dem, was sich in Ispra, in der Gemeinsamen Forschungsstelle, tut. Sie wissen, wie das damals angefangen hat. Am 25. März 1957 ist der Vertrag in Rom unterzeichnet worden. Aber eine Koordinierung der Reaktorbaurichtlinien hat es leider nie gegeben. Die Aktivitäten liefen in den europäischen Ländern parallel. In der Euratom hat sich Frankreich mit seinem Konzept zunächst durchgesetzt. Das ist dann später erst gescheitert. Rund 2000 Wissenschaftler und Techniker waren dem Ruf gefolgt. Sie hatten manches aufgegeben und wurden dafür Lebenszeitbeamte. Ob man das heute noch so machen würde, ist eine andere Frage.
    Aber Mitte der sechziger Jahre ist dann in der Euratom deutlich geworden: Es gibt bei der Industrie kein Interesse für diesen Reaktortyp, den sogenannten Orgel-Typ. Dann war die große Frage: Was tun? Was soll mit diesen 2000 Wissenschaftlern
    der Gemeinsamen Forschungsstelle geschehen? Der Rat hätte die Antwort zu geben gehabt. Er gab sie nicht.
    In Den Haag, im Dezember 1969, kam es zunächst noch einmal zu einem Höhepunkt. Das war ein Auftrieb, das war ein Hoffnungsschimmer. Ich möchte sagen: dank der Initiative unserer Bundesregierung; denn sie hat damals die Vorschläge für neue Richtlinien eingebracht. Am 11. März 1970 hat sich der Expertenausschuß der vier Weisen unter Professor Casimir für ein Weiterbestehen der Gemeinsamen Forschungsstelle ausgesprochen.
    Im November 1970 kam dann der Ratsbeschluß mit einer Reorganisation der Gemeinsamen Forschungsstelle, mit einer größeren Autonomie, industriellem Management, mit Elementen der Demokratisierung. All das ist beschlossen worden. Aber was nicht beschlossen wurde, war ein Mehrjahresforschungsprogramm.

    (Abg. Frau Dr. Walz: Eben, gerade jetzt wieder nicht!)

    Das Europäische Parlament lehnte wegen des Fehlens dieses europäischen Mehrjahres-Forschungsprogramms sowohl 1970 wie 1971 den Haushalt der Euratom ab.
    Was sich in der Gemeinsamen Forschungsstelle zur Zeit tut oder besser: nicht tut, ist eine Zumutung für das Personal, das arbeiten will, aber nicht darf. Es ist aber auch eine Zumutung für den europäischen Steuerzahler.
    Unsere Regierung hat auf ein Mehrjahres-Forschungsprogramm gedrängt. Was sich auf der Ratstagung am 6. Dezember dieses Jahres ereignete, war eine einzige Enttäuschung. Man war sich offenbar nur darüber einig, daß man sich nicht einig ist. Es wäre kein Fehler, wenn unsere Bundesregierung, die ja keine Schuld trifft, uns sagte, was sie auf der Ratstagung am 20. Dezember zu tun ge- denkt.
    Hier ist von unserem Kollegen Dr. Probst der Schwerpunkt Luft- und Raumfahrttechnik angesprochen worden. Meine Damen und Herren von der Opposition, der Gedanke, ELDO und ESRO zusammenzuführen, ist übrigens nicht neu. Das war schon ein Antrag unserer Fraktion in der vergangenen Legislaturperiode.

    (Abg. Dr. Probst: Also doch eine Initiative! Wunderbar!)

    Allerdings muß ich sagen, daß der Fehlstart der Europa-Il-Rakete am 5. November hierfür nicht gerade ein gutes Omen war.

    (Abg. Seiters: Da waren Sie schon an der Regierung!)

    In diesen Versuch sind viele Hoffnungen derjenigen investiert worden, die an einer maßgeblichen Rolle Europas auf dem Weltraumgebiet interessiert sind. Welche Konsequenzen — das möchte ich hier zur Debatte stellen — ergeben sich aus diesem Fehlstart?

    (Abg. Dr. Schober: Das war eine Frage?)

    9212 Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 159. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 15. Dezember 1971
    Flämig
    — Das war eine Frage, ganz richtig. Wir werden sicherlich auch die Antwort darauf hören; denn wir können nicht für die Regierung erklären, was sie im ELDO-Rat tun wird. Das ist bei uns so, und das wird wohl bei Ihnen nicht anders sein.

    (Abg. Raffert: Obwohl man das natürlich ahnen kann!)

    — Wir ahnen das, ja.

    (Heiterkeit. — Zuruf von der CDU/CSU: Ich hoffe, daß Sie Verbindungen dahin haben!)

    Nun zum Schluß, meine Damen und Herren, noch ein paar kurze Bemerkungen.
    Die Regierung hat in ihrer Antwort von bilateralen Abkommen, von einer breiteren europäischen Zusammenarbeit gesprochen. Wir begrüßen das. Denn dieses Denken in zwei Ebenen hat wirklich bisher gefehlt. Allerdings ist bilaterale Zusammenarbeit nicht als ein Ersatz für die Zusammenarbeit in der Europäischen Gemeinschaft, sondern als eine Ergänzung über die Gemeinschaft hinaus — auch, meine Damen und Herren von der Opposition, nach Osten — zu werten. Wir sehen gerade in der Möglichkeit einer technologischen Zusammenarbeit einen positiven Aspekt der Ostpolitik unserer Regierung.

    (Zurufe von der CDU/CSU: Ach!)

    Und das kann für beide Seiten und auch für den Frieden nur von Nutzen sein.

    (Zuruf von der CDU/CSU: Das hat es auch früher schon gegeben!)

    In diesem Zusammenhang ist in dem Bericht der Bundesregierung die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa angesprochen worden. Die Regierung strebt im Rahmen der in Aussicht genommenen KSZE eine besondere Berücksichtigung des technologischen Bereichs an. Es wäre ganz interessant, wenn im Rahmen der Debatte dieses Thema vielleicht noch etwas vertieft werden könnte, wenn uns erklärt werden könnte, was mit dieser Zusammenarbeit in der KSZE gemeint ist.
    Nun zum Antrag der CDU/CSU zur europäischen Technologiekonferenz: Der Antrag ist sicher gut gemeint. Es bestehen aber Zweifel, ob der CDU-Vorschlag, die WEU damit zu betrauen, wirklich den bestmöglichen Rahmen darstellt.

    (Abg. Frau Dr. Walz: Ihre Kollegen haben mit unterschrieben!)

    — Ja, ich stelle diesen Gedanken nur anheim. Auf der einen Seite haben wir die OECD, auf der anderen Seite haben wir die europäischen Gemeinschaften, die jetzt vor der Erweiterung durch die Aufnahme der vier Staaten stehen. Doch ich glaube, diese Probleme können wir im Fachausschuß vertiefen.
    Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluß. Was ich hier in den wenigen Minuten, die mir gegeben waren, ansprechen konnte, war nur ein kleiner Ausschnitt aus den Problemen. Wir sind im Grunde dankbar für die schriftliche Antwort, die uns
    die Regierung gegeben hat. Sie ist durchaus nicht so negativ zu sehen, wie die Opposition es hinstellt. Es sind ganz erhebliche Steigerungsraten auch für die neuen Technologien im Haushalt vorgesehen. Wir werden uns in der Haushaltsberatung und im Zusammenhang mit der Diskussion des Forschungsberichts IV damit zu beschäftigen haben.
    Die Dinge sind im Fluß. Es gibt neue Erkenntnisse. Die neuesten Ergebnisse müssen eingearbeitet werden. Wir meinen, die Regierung ist auf dem richtigen Weg. Sie tut, was in ihrer Macht steht, um zu koordinieren, um zu helfen, wo es im öffentlichen Interesse angezeigt ist, neue Entwicklungen anzuregen und diese zu fördern. Warum? Um dem Menschen in seiner Umwelt bessere Lebensbedingungen zu schaffen. Ich meine, dafür hat sie Anerkennung verdient.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Zuruf von der CDU/CSU: Das walte Gott!)