Rede von: Unbekanntinfo_outline
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen, verehrter Herr Dr. Hubrig, zunächst Dank sagen für den historischen Exkurs, den Sie am Anfang gegeben haben. Ich darf hinzufügen: Ich war nicht so schrecklich entfernt von diesen Ereignissen; immerhin war ich schon in dem früheren Ministerium ein Beratungsmitglied.
Ich muß sagen: Ich habe manchmal so ein bißchen den Eindruck, als wenn der Neuigkeitswert irgendeiner Sache als positives Kriterium gewertet wird. Dieser Eindruck ist mir beim Anhören Ihrer Ausführungen gekommen. Ich darf dagegensetzen: der Neuigkeitswert ist für mich kein Kriterium, wenn es sich um die Kontinuität in der Technologie- und Forschungspolitik handelt. Es ist doch ganz klar, daß alle diese Dinge auf Jahrfünfte, auf Jahrzehnte angelegt sind und daß es ganz falsch wäre — selbst wenn man etwas grundlegend ändern will —, damit
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anzufangen, daß man erst einmal einen großen Wirrwarr hineinbringt. Wir wissen ganz genau, was wir ändern wollen, und wir ändern das in der Kontinuität und an den Stellen, die sich aus der Entwicklung ergeben.
Dann hatten Sie, verehrter Herr Hubrig gesagt, unsere Antwort sei voll von Gemeinplätzen. Ich will hier keine Retourkutschen fahren. Aber Sie haben in Ihren fünf heute eingebrachten Anträgen eine ganze Menge neuer Gremien, Stellen usw. vorgesehen. Könnten wir uns nicht darauf einigen, eine weitere neutrale Kommission vorzuschlagen, die sachlich prüft, wie es mit den Gemeinplätzen in unseren jeweiligen Ausführungen steht?
Sie akzeptieren sogar; wunderbar!
Die Bundesregierung hat gesagt, die Technologiepolitik ist Teil der Gesamtpolitik, Das heißt, zum einen — das möchte ich an erster Stelle nennen — dient die Technologiepolitik wichtigen öffentlichen Aufgaben. Ich will hier nur ganz wenige Beispiele noch einmal anführen; aber gerade darin sehe ich die Gewichtsverlagerung in der Kontinuität und im Ausbau gegenüber cien früheren .Jahren: Die Kabinettsitzung begann heute im Postministerium. Dort wurde das Modell einer Magnetschwebebahn vorgeführt. Das ist mindestens ein neuer Schlenker in der Regierungspraxis, daß sich das gesamte Kabinett mit einer so wichtigen — wie ich zugeben will, nicht von uns erfundenen — Angelegenheit beschäftigt.
— Ich habe auch damit gespielt, wie Sie vielleicht auf Bildern in der Zeitung gesehen haben; das war sehr nett.
Ich will weiter nur das Gesundheitswesen anführen und die Umweltplanung, die technologischen Hilfen für Medizin und Gesundheitsfürsorge, die Systeme für Herz- und Kreislaufunterstützung, alles langfristige Projekte. Zumindest ist bei dem Umweltschutz oder der Umweltplanung doch der neuartige Aspekt eingetreten, daß wir uns nicht nur mit der Beseitigung der nun einmal unvermeidlichen Schäden beschäftigen, sondern unter dem Schlagwort „umweltfreundliche Technologie" viel mehr Geistesschmalz darauf verwenden, wie man Technologie von vornherein so entwickeln kann, daß man den Umweltschutz im alten Sinne nicht mehr braucht.
Dann haben Sie etwas über die Meeresforschung gesagt, Herr Dr. Hubrig, und bemerkt, wir behandelten sie sehr stiefmütterlich. Ich darf Ihnen nur ganz „technokratisch" einige Zahlen nennen — wir verstehen uns : 1969 6 Millionen DM, 1970 11 Millionen DM, 1971 26 Millionen DM, 1972 50 Millionen DM — die Zahlen für die nächsten Jahre zu nennen, will ich mir ersparen —, 1975 110 Millionen DM. Zwischen 1969 und 1972 besteht, wenn ich etwas untertreibe, ein Verhältnis von 1 : 8. Herr Hubrig, das
ist für mich ein völlig neues Gefühl der Stiefmütterlichkeit.
Hinsichtlich der Prozentrechnerei gebe ich Ihnen recht. Das ist immer verwirrend, und je nachdem, was man nimmt, kommt man selbstverständlich zu verschiedenen Zahlen. Lassen Sie mich für die gesamte technologische Forschung, d. h. also für die industrielle Innovation, die Meeresforschung, die Umweltforschung und die Bereiche der Biologie und der Medizin folgende Zahlen nennen: 1969 22 Millionen DM, 1970 75 Millionen DM, 1971 160 Millionen DM, 1972 290 Millionen DM — die nächsten beiden Zahlen will ich weglassen —; für 1975 sind von uns 870 Millionen DM vorgesehen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, jeder von uns bedauert die Kostenexplosion. Aber selbst wenn Sie in dieser Hinsicht 18 % an die Wand malen, kommen Sie bei dieser Steigerungsrate absolut nicht nach, und Sie können mit Ihren Bemerkungen diese Dinge nicht einfach vom Tisch wischen.
Der zweite Strang der Technologiepolitik: Sie dient der Förderung der technischen Innovation in der Wirtschaft, also der Produktion und auch der Produktivität. Auch hier wieder einige Beispiele: Schlüsseltechnologien, Kernenergie. Darüber ist schon einiges gesagt worden. Herr Dr. Hubrig, wenn Sie sich nur einmal den Organisationsplan unseres Ministeriums ansehen würden, werden Sie zumindest feststellen, daß der Bereich der Reaktorsicherheit, und zwar wirklich vom Oktober 1969 an, so groß geschrieben und so viel anders behandelt wird, daß Sie hier einfach nicht behaupten können, es sei nur ein mühsames Sichfortbewegen auf den bisherigen Linien.
Auch zur Datenverarbeitung darf ich zwei Zahlen nennen. In der Sechs-Jahres-Periode von 1966 bis 1971 wurden insgesamt 0,42 Milliarden DM aufgewandt. Für die Vier-Jahres-Periode von 1972 bis 1975 sind 2,2 Milliarden DM, d. h. das Fünffache, vorgesehen. Wenn das ein mühsames Weiterführen ist, dann bin ich gern bereit, solche mühsamen Geschäfte weiterhin zu machen.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, zu den zwei Strängen — Technologiepolitik im Sinne einer öffentlichen Aufgabe und Technologiepolitik zur zur Förderung der Innovation in der Industrie — nun folgendes sagen. Dies ist für mich kein Gegensatz, und dies darf es meines Erachtens auch für niemanden sein. Wir sollten beides auch nicht dauern in einen Gegensatz zueinander stellen. Herrn Kollegen Lohmar habe ich so verstanden, daß er das in diesem Sinne gemeint hat. Wer z. B. einen umfassenden Umweltschutz und eine Umweltvorsorge fordert — der ganze Bundestag tut das —, muß dieser meiner Feststellung zustimmen: Ohne gesunde Infrastruktur kein wirtschaftliches Wachstum, ohne Innovation in der Wirtschaft kein Fortschritt für die Lösung gesellschaftsrelevanter technischer Probleme. Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, uns immer meistens
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leise — unterschieben, wir betrachteten das alles ideologisch, so verkennen Sie doch unsere wahre Einstellung.
Sie haben gesagt — und Sie haben es freimütig gestanden, das waren Ihre Worte —, daß die früheren Programme der Bundesregierungen im wesentlichen unter dem Gesichtspunkt der Beseitigung der technologischen Lücke gestanden hätten. Das war sicher auch richtig. Aber zumindest die Gleichwertigkeit der beiden Stränge, die ich anzudeuten versucht habe, ist neu.
Sie haben dann als besonders zu lobendes Beispiel Japan genannt. Dieses Argument hat ja, wie Sie sich sicher erinnern werden, in früheren Jahren gerade zur Begründung der Kritik an den von Ihnen getragenen Regierungen gedient, und ich finde es sehr schön, daß Sie sich jetzt eben diese Kritik selbst zu eigen machen. Aber die Japaner, deren Mut in dieser Hinsicht tatsächlich nur bestaunt werden kann, fingen mit diesen Maßnahmen 1952 an. Wenn man berücksichtigt, daß wir nur ein Viertel der Zeit gehabt haben, wird man feststellen müssen, daß wir inzwischen ebenso mutige Dinge in Angriff genommen haben, wie es die Japaner — das muß zugegeben werden — getan haben.
Sehr richtig haben Sie hingegen gesagt: Ein Projekt muß auch sterben können. Sie haben mich da völlig auf Ihrer Seite. Aber, meine Damen und Herren, wenn man sich ansieht, welches — darf ich das so sagen? — Geschrei losgeht, wenn man nur über Umorganisationen diskutiert — und jeder, der hier sitzt, soll sich einmal an die eigene Nase fassen und ) sich fragen, ob er nicht schon entsprechende Briefe an die zuständigen Regierungsstellen geschrieben hat —, dann darf ich Ihnen nur sagen, wir sollten hier zusammenstehen und solche Absterbe-Ordnungen nicht nur propagieren, sondern auch gemeinsam durchführen.
Die dritte Bemerkung: Die Bundesregierung sieht die Technologiepolitik als wichtiges Element der internationalen Kooperation an. Wir haben dies in der Antwort auf Frage - 3 der Koalitionsfraktionen und auf Frage V/3 der CDU/CSU-Fraktion näher erläutert, so daß ich mich auf einige ergänzende Bemerkungen beschränken kann. Wissenschaft, Forschung und Technologie können nicht die grundlegenden politischen Schwierigkeiten, die es in der Welt gibt, einfach wegräumen. Es ist reine Romantik, wenn man das annimmt.
— Das hört man immer wieder! — Aber die genannten Bereiche können sehr wohl die politischen Grundlinien, wenn diese existieren, unterstreichen, mit Leben erfüllen und für den einzelnen unmittelbar fühlbar machen.
An der Haltung dieser Regierung hinsichtlich der Europäischen Gemeinschaft, hinsichtlich der atlantischen Zusammenarbeit und hinsichtlich einer weltweiten Offenheit zur Zusammenarbeit, wo immer sie möglich ist, gibt es überhaupt keinen Zweifel. Dar-
aus folgt, daß wir jede sich bietende Gelegenheit nutzen, die konkrete technologische Zusammenarbeit vorwärtszubringen. Wir gehen dabei — das wissen Sie ebenso wie ich — besonders im europäischen Rahmen oft so weit, daß wir unsererseits erhebliche und sehr empfindliche Opfer bringen.
Die internationale technologische Zusammenarbeit hat, wie gesagt, ihre besonderen politischen, organisatorischen und technischen Probleme; eben deshalb kommt es hier nicht nur zu Erfolgen, sondern — das muß klar gesagt und eingestanden werden — immer wieder auch zu Rückschlägen.
Wenn wir über Euratom nichts gesagt haben, so auch deswegen, weil sich hier der Stand der Dinge von Woche zu Woche ändert. Am 20. 12. sitzt man wieder zusammen, um aus diesem schwierigen Unternehmen noch etwas Vernünftiges zu machen. Die Überwindung der Schwierigkeiten liegt nicht allein in unserer Hand. Die Bundesregierung wird aber zäh daran festhalten, die Kooperationsmöglichkeiten zu verstärken.
Ein Fortschritt war sicher die vor einigen Wochen in Brüssel abgehaltene Konferenz der Forschungs- und Technologieminister aus 19 europäischen Staaten. Aber wenn wir von Fortschritt reden, dann sehen wir auch gleich den Maßstab, der hier anzulegen ist, denn es gibt hier überhaupt keine glanzvollen Ergebnisse. Trotzdem gibt es einen ersten Einstieg, und wir werden ihn nutzen. In diesem Sinne interpretieren wir die Empfehlung der WEU-Versammlung, auf einer Konferenz der Technologieminister die Prioritäten einer europäischen Technologiepolitik festzulegen. Wir sehen diese Empfehlung, auf die Sie, Frau Dr. Walz, in Ihrem Antrag abheben, in der Perspektive des bevorstehenden britischen Beitritts, nach dem alle WEU-Staaten der Europäischen Gemeinschaft angehören werden.
Lassen Sie mich zu einem vierten Punkt kommen. Technologiepolitik als Teil der Gesamtpolitik bleibt auf die Dauer unwirksam und kurzatmig, wenn sie nicht auf dem soliden Fundament der Bildungs- und allgemeinen Forschungspolitik steht. Das ist ebenfalls ein neuer Aspekt. Er wird viel stärker als früher betont. Das kann ich aus Erfahrung vieler Unterhaltungen mit dem Vertreter der früheren Regierung sagen. Bildung als Voraussetzung für die technische Weiterentwicklung, aber auch für die Bewältigung des Lebens in der technisch bestimmten Welt, muß in der Bedeutung und in der Wechselwirkung zu dem Problem, das wir hier behandeln, gesehen werden. Auch die Grundlagenforschung darf in einem solchen Exkurs nicht fehlen. Man kann nicht über Technologie reden, ohne die Bedeutung der Grundlagenforschung, die ihrerseits durchaus von der Technologie wieder angeregt wird, herauszustellen.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf eine gerade in den letzten Tagen merkwürdig ausführlich diskutierte Frage eingehen. Ohne entsprechend qualifiziertes Personal in Wirtschaft und Forschung kann keine Wissenschafts- und Technologiepolitik überhaupt, jeden-
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falls nicht erfolgreich, betrieben werden. Dieses Personal wird an unseren Hochschulen herangebildet. Der Steuerzahler läßt sich das viel kosten, wenn auch dabei dem einzelnen ebenfalls oft große Opfer abverlangt werden.
— Warten Sie doch, das ist doch nur der Einstieg, um zu dem zu kommen, was Sie hören wollen. Mir liegt daran, hier noch einmal klarzustellen, daß eine besondere Besteuerung von Akademikern, die in den letzten Tagen durch die Presse geisterte, niemals von dieser Regierung auch nur erwogen worden ist.
— Herr von Dohnanyi — lesen Sie es im Protokoll nach — hat dies in der Fragestunde am 9. Dezember ganz klar zum Ausdruck gebracht. Vielleicht hat er es für manche noch nicht klar genug gemacht. Deswegen stelle ich hier noch einmal fest: Derartige Pläne hat es in dieser Bundesregierung nicht gegeben, und ich kann hinzufügen, es wird sie auch nicht geben. Wenn aber renommierte Wissenschaftler — und dazu muß man ja wohl Professor Krelle und Professor von Weizsäcker zählen — ökonomische Fragen der Verteilung von Bildungslasten aufwerfen und in seriöser Form erforschen wollen, so ist das für mich auch eine Frage der Freiheit der Forschung und der Freiheit der Wissenschaft, über die so viel geredet wird.
— Das ist auch eine merkwürdige Auslegung von Freiheit, wenn Sie das daraus lesen. Man darf, auch wenn man grundsätzlich anderer Auffassung ist — und das sind wir, das habe ich betont —, hier für die Forschung keine unnötigen Grenzen ziehen.
Die Forschungspolitik der Bundesregierung ist durch die Konzeption der OECD-Minister auf ihrer Tagung vor wenigen Wochen bestätigt worden, jedenfalls in der Richtung. Herr Lohmar hat schon darauf hingewiesen, welches die neuartigen Forderungen der OECD-Forschungsminister sind. Ich will hier nur noch einmal eine Forderung wiederholen, nämlich die der Verstärkung von Forschung, Entwicklung und Innovation für soziale Erfordernisse — social needs — auf Gebieten wie der Qualität der menschlichen Umwelt, des Gesundheitswesens, des Bildungswesens und der Entwicklung der Städte.
Ich möchte noch einen Satz aus diesem Konferenzbericht zitieren: Quantitative und vor allem qualitative Wachstumsfortschritte zur Verbesserung der Lebensbedingungen. Dieses jetzt auch von den OECD-Forschungsministern anerkannte und formulierte Ziel, war von Anfang an die Richtschnur für die Technologiepolitik dieser Bundesregierung.
Lassen Sie mich jetzt noch einige wenige Worte zu den fünf Anträgen sagen, die die Opposition heute eingebracht hat und die ich auch erst seit wenigen Stunden kenne. Ich gehe der Reihe nach vor.
Umdruck 250: Hier wird eine Erfassungs- und Koordinationsstelle des Bundes für Forschungsprojekte gefordert. Diese ist bereits da, das ist das BMBW, das durch Kabinettsbeschluß die Aufgabe der Koordinierung seit jeher hatte. Auch mein Vorgänger hatte sie schon, und wenn der es nicht geschafft hat, könnte es unter Umständen daran liegen, daß das eine schwierige Materie ist.
Es wird ein Forschungskatalog gefordert, in dem Forschungsvorhaben nach Sachgebieten, Auftraggebern, aufgewendeten Mitteln, Empfängern und voraussichtlicher Zeitdauer erfaßt werden sollen. Meine Damen und Herren, das gibt es schon längst. Der Forschungskatalog befindet sich seit langem in .Vorbereitung. Er wird Ihnen im Frühjahr 1972 vorgelegt werden. Wir werden das sogar auf Datenverarbeitung umstellen. Wir haben inzwischen schon Probeläufe für die Ressorts anlaufen lassen.
Dann fordern Sie unter b) des Umdrucks, daß das den Mitgliedern des Ausschusses für Bildung und Wissenschaft sowie des Haushaltsausschusses halbjährlich, auf den neuesten Stand gebracht, in geschlossener Sitzung unterbreitet wird. Wir wollen das sogar veröffentlichen.
Die Gutachten der Ministerien sollen nach Auftraggeber, Sachgebiet, Kosten und Verfasser erfaßt werden. Das ist ein Erfordernis, das sich aus § 61 Abs. 2 der Gemeinsamen Geschäftsordnung Teil I ergibt. Der Staatssekretär muß solche Dinge abzeichnen. Außerdem wollen wir das mit auf die Datenverarbeitungsanlage bringen. So viel zum Umdruck 250.
Zu Umdruck 251: Hier wird —, eine europäische NASA ist gar kein Ausdruck! — eine europäische Super-NASA gefordert. Zunächst habe ich eine Frage. Das ist ja wohl mit der glühenden Nadel gemacht worden.
— Nicht? Dann wollen Sie in der Tat die bestehenden Raumfahrtorganisationen ELDO, ESRO mit CEPT — CEPT steht für Commission Européenne des Postes et Télécommunications — zusammenschließen? Herr Hubrig, Sie haben doch etwas ganz anderes gemeint. Sie haben nämlich CETS gemeint.
Sie haben Commission Européenne des Télécommunications par Satellite gemeint. Stimmt das?
— Sehr schön. Dann sind wir uns ja einig. Deswegen habe ich von glühender Nadel gesprochen. Ich wollte das nur verbessern.
Hinter dem Antrag steckt das romantische Idealbild des Europas von morgen, das wir ja alle bejahen.
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Mein verehrter Vorgänger Stoltenberg hat sich jahrelang bemüht — ein sehr bescheidenes Programm —, die ELDO und ESRO wenigstens zu amalgamieren, zu fusionieren. Wir haben uns auch schon zwei Jahre lang angestrengt, aber es ist bisher nicht gelungen. Man kann das nicht so machen, wie es hier zum Teil formuliert wird. So ist das in Europa nicht möglich.
Ich möchte Sie an das erinnern, was Herr Dr. Achenbach heute früh sehr amikabel ausgeführt hat. Herr Achenbach hat nämlich Erfahrung. Wir haben auch Erfahrung, und wir wissen, wie schwierig so etwas ist. Dazu kann jedermann ja sagen. Aber jedermann, der auch nur ein bißchen davon versteht, weiß von vornherein, daß davon auch nicht 10 % durchsetzbar sind.
Zu Umdruck 252: Darin haben Sie alle Gesellschaften, die mehr oder weniger von uns abhängig sind, aufgeführt; merkwürdigerweise nicht die DFVLR, die Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt. Ich nehme an, daß das auch ein Versehen ist, oder steckt dahinter Absicht?
— Ich muß doch einmal die Qualität dieser Anträge prüfen. Sie fordern eine Kommission. Ich darf Ihnen sagen, daß bereits ein Ad-hoc-Ausschuß, der für die Diversifikation der Institutionen, in Karlsruhe, Jülich und der GKSS in Hamburg zuständig ist, zu arbeiten angefangen hat.
Dann fordern Sie, die Gesellschaft für Schwerionenforschung solle mit einbegriffen werden. Die fängt gerade erst an zu arbeiten. Die ist mitten im Aufbau. Was dort eine Sachverständigenkommission soll, die Aufgabenbereiche für ein mittel- und langfristiges Sach- und Finanzprogramm für die angeführten Forschungszentren entwickeln soll, ist mir ein Rätsel.
Wenn ich das einmal wörtlich nehme: Stellen Sie sich einmal vor, was für ein Supersachverständigengremium das sein muß, daß sich auch nur darauf einläßt, die Sach- und Finanzprogramme mittel- und langfristig für das Institut für Plasma-Forschung zu beschließen — wie hier steht —, d. h. also für das Institut, das sich mit der Energiequelle befaßt, die vielleicht um das Jahr 2000 überhaupt einmal in den Bereich der konkreten Möglichkeiten kommt. Ich halte das für eine Überforderung, um nicht mehr zu sagen.
Der Antrag Umdruck 253 behandelt die Chancengleichheit zwischen Erfindern, Unternehmern und Unternehmensgruppen bei der Bewerbung um staatlich geförderte Forschungsprojekte. Das ist sicher eine wichtige Angelegenheit. Ich darf auch hierzu sagen, daß wir längst auf dem Wege sind. Wir haben jetzt ausschreibungsähnliche öffentliche Einladungen mit Angabe der von uns gewünschten Termine z. B. für das sehr wichtige Gebiet der Datenverarbeitung in der Medizin, herausgegeben. Wir
machen also so etwas schon. Die Frage kann man also bejahen. Aber da kommt man leicht in die Nähe des berühmten Senders Eriwan: Man sagt im Prinzip ja.
Aber der Teufel steckt leider im Detail.
Sie sagen, wir hätten eine starre Finanzierungsregel bei den Subventionen. Meine Damen und Herren von der Opposition, die Bezeichnung Subvention für diese Dinge, habe ich bisher nie von Ihnen, sondern von ganz anderen Seiten gehört. Die Starrheit der Grenzen besteht darin, daß wir bisher einen Anteil zwischen 30 und 80 °/o haben. Darlehen geben wir längst. Bürgschaften übernehmen wir ebenfalls. Außerdem darf ich auf die Gutachten über die Vergabemodalitäten, die bei der Treuarbeit und woanders bestellt sind, hinweisen. Wir tun da also schon einiges.
Nach dem Antrag Umdruck 254 sollen — das finde ich sehr richtig — die Methoden der Industrie, die teilweise vorbildlich sind, wie ich gern zugeben will, auf den Bereich der Forschung übertragen werden. Auch das tun wir längst. Z. B. sind unsere Methoden, mit denen wir die Weltraumprogramme, die Satellitenprogramme, über die Gesellschaft für Weltraumforschung betreiben, oder die Managementmethoden, mit denen das Programm der Gasultrazentrifuge betrieben worden ist und betrieben wird, selbst von der Industrie zum großen Teil als vorbildlich anerkannt.
Dies nur als erste Reaktion auf Ihre Anträge. Sie haben mir freundlicherweise zugestanden, Herr Dr. Hubrig, daß ich mich jetzt sozusagen in den Urlaub begeben darf.