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ID0614709000

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Metadaten
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    Vokabeln: 7
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    5. Herr: 1
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    7. Schneider.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 147. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 3. November 1971 Inhalt: Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 8435 A Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 8435 B Große Anfrage betr. Lage der Städte und Gemeinden (Abg. Dr. Schneider [Nürnberg] und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksachen VI/ 2429, VI /2600) Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 8436 C, 8474 A Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . . 8444 A Gallus (FDP) . . . . . . . . . 8449 C Dr. Evers (CDU/CSU) . . . . . . 8452 D Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 8457 A Wurbs (FDP) . . . . . . . . . 8459 A Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) . . 8460 D Dr. Schiller, Bundesminister . . . 8463 D Frau Huber (SPD) . . . . . . . 8469 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 8471 A Jung (FDP) . . . . . . . . . . 8472 D Haar (Stuttgart) (SPD) . . . . . . 8475 A Fragestunde (Drucksache VI /2775) Frage des Abg. Peters (Poppenbüll) (FDP) : Einkommens- und Liquiditätslage der landwirtschaftlichen Betriebe Ertl, Bundesminister . 8476 D, 8477 C, D, 8478 A, C, D Peters (Poppenbüll) (FDP) . . . 8477 C, D Bewerunge (CDU/CSU) 8478 A Dr. Ritz (CDU /CSU) 8478 B Dr. Reinhard (CDU/CSU) 8478 C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 8478 D Frage des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Entwicklung des Wohnungsbaues in der Bundesrepublik Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 8479 A, B, C, D Höcherl (CDU/CSU) 8479 B, C Erpenbeck (CDU/CSU) 8479 C Vogt (CDU/CSU) 8480 A Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident 8480 A II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 147. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. November 1971 Frage des Abg. Wolfram (SPD) : Kompetenzen der Gemeinden in Fragen des Umweltschutzes Genscher, Bundesminister . . . 8480 B, C Wolfram (SPD) . . . . . . . . 8480 C Frage des Abg. Wolfram (SPD) : Förderung der Umsiedlung umweltbelästigender Betriebe aus Wohngegenden Genscher, Bundesminister 8480 D, 8481 A Wolfram (SPD) 8481 A Fragen des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) : Bekanntgabe der Zahl der Flüchtlinge aus der DDR Genscher, Bundesminister . 8481 B, C, D, 8482 A Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 8481 C, D Horn (SPD) 8482 A Frage des Abg. Hansen (SPD) : Bericht über die Praxis des Asylrechts in der Bundesrepublik in der Zeitschrift „konkret" Genscher, Bundesminister . . 8482 B, C Hansen (SPD) 8482 C Frage des Abg. Dr. Arnold (CDU/ CSU): Meldungen über die Gründung eines Traditionsverbandes der früheren SS- Division „Das Reich" Genscher, Bundesminister 8482 D, 8483 A Dr. Arnold (CDU/CSU) . 8482 D, 8483 A Fragen des Abg. Dr. Müller (München) (SPD) : Rechtsstellung der Bauarbeiter aus Ostblockstaaten in der Bundesrepublik Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 8483 B, D, 8484 A Dr. Müller (München) (SPD) . . . 8483 D Frage des Abg. Dr. Gatzen (CDU /CSU) : Gefährdung der Alterssicherung von Auslandsdeutschen durch Maßnahmen südamerikanischer Staaten Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 8484 A, B Dr. Gatzen (CDU/CSU) . . . . . 8484 B Fragen des Abg. Varelmann (CDU/CSU) : Einrichtung überregionaler Ausbildungsförderungszentren in Großstädten und ländlichen Arbeitsamtsbezirken Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . 8484 B, C, D, 8485 A Varelmann (CDU 'CSU) 8484 C, D, 8485 A Fragen des Abg. Berberich (CDU/CSU): Finanzierung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung — Vorarbeiten für ein Gemeinlastverfahren Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . 8485 B, C, D, 8486 A Berberich (CDU/CSU) 8485 C, D Frehsee (SPD) 8486 A Frage des Abg. Schlee (CDU/CSU) : Schaffung einer Einrichtung zur Erforschung der Ursachen und der Behandlung der Krebserkrankungen als Gemeinschaftsaufgabe der europäischen Länder Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär 8486 B Fragen des Abg. Wende (SPD) : Veröffentlichung des „Deutschen Ärzteblattes" über handelsübliche Wurst Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär 8486 C, D, 8487 A, B, C, D, 8488 A Wende (SPD) . . . . . 8486 D, 8487 B Dr. Müller (München) (SPD) . 8487 C Dr. Sperling (SPD) 8487 C Hansen (SPD) . . . . . . . . 8487 D Frau Griesinger (CDU/CSU) . . 8488 A Fragen des Abg. Dr. Kempfler (CDU/ CSU) : Maßnahmen gegen den Mangel an praktischen Ärzten, insbesondere auf dem Lande — Verkauf von Arzneimitteln durch Landärzte Dr. von Manger-Koenig, -Staatssekretär 8488 B, C, D Dr. Kempfler (CDU/CSU) . . 8488 B, D Fragen des Abg. Dr. Hubrig (CDU/CSU) : Weitere Aufgaben und finanzielle Aufwendungen des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär . . . . 8488 D, 8489 B Dr. Hubrig (CDU/CSU) . . . . . 8489 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 147. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. November 1971 III Frage des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Eintreten der Bundesregierung für das deutsche Reinheitsgebot bei der Bierherstellung gegenüber der Europäischen Kommission Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär . . . . . . . 8489 C, D Niegel (CDU/CSU) 8489 D Frage der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/ CSU) : Interview des Bundesministers für Bil- dung und Wissenschaft betr. Studium an der integrierten Gesamthochschule Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär 8490 A, C, D Frau Dr. Walz (CDU/CSU) . 8490 B, C, D Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident 8490 B Nächste Sitzung 8491 A Anlage i Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 8493 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 147. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. November 1971 8435 147. Sitzung Bonn, den 3. November 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Aigner * 5. 11. von Alten-Nordheim 5. 11. Dr. Beermann 3. 12. Frau von Bothmer 5.11. Dasch 18. 12. Dichgans 4. 11. Dr. Dittrich 5. 11. Fellermaier * 5.11. Dr. Frerichs 3.11. Dr. Furler 5.11. Gerlach (Emsland) * 5.11. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Giulini 6. 11. Freiherr von und zu Guttenberg 18. 12. Dr. Hallstein 6. 11. Hauck 5. 11. Horstmeier 3. 11. Frau Jacobi (Marl) 12.11. Kienbaum 5. 11. Klinker * 5. 11. Meister * 5.11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 4. 11. Müller (Aachen-Land) * 5. 11. Müller (Berlin) 3.11. Ott 5. 11. Dr. Prassler 15. 11. Richarts * 5. 11. Riedel (Frankfurt) * 5. 11. Seefeld * 3.11. Dr. Stark (Nürtingen) 5.11. Windelen 3.11.
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    Rede von Kurt Jung


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schneider hat heute vormittag am Beispiel einer vor einem Jahrzehnt fertiggestellten Fest- oder Musikhalle den euphorischen Ausruf gewagt: „Ach, was waren das herrliche Zeiten für unsere Städte!"

    (Abg. Stücklen: Im Verhältnis zu heute!)

    Nun, meine Damen und Herren, ich fühlte mich dabei in meine Jugendzeit zurückversetzt. Da schwärmte meine Großmutter auch immer von der guten alten Zeit, in der die Postkutsche noch nicht vom Auto verdrängt war. — Die Kostensteigerung im Bereich städtischer Infrastruktur der jetzigen Bundesregierung anzulasten, die gerade zwei Jahre im Amt ist, ist ein Witz, über den jeder Fachmann nur laut und herzlich lachen kann. Als Architekt würde ich Ihnen gern aufzeigen, Herr Kollege Schneider, was für sprunghafte Erhöhungen unter vorangegangenen Regierungen eingetreten sind. Denken Sie allein an die Stahlpreisentwicklung, die



    Jung
    so bedeutend für die Baupreisentwicklung ist und wo in der Zeit der Großen Koalition Preissteigerungen um immerhin 300 % eingetreten sind.

    (Abg. Gewandt: Da war Herr Schiller Wirtschaftsminister! — Abg. Haase [Kassel] : Wer war da Wirtschaftsminister?)

    Ich finde diese Argumentation unsolide, sie hilft den Gemeinden nicht, meine Damen und Herren! Wir sollten nüchtern argumentieren und nicht polemisieren. Für Ihre Vorschläge sind wir immer aufgeschlossen; nur fehlen sie halt.
    Demgegenüber hat der Bundesinnenminister Ihre Frage 6, wie ich meine, in knapper Form, umfassend und gut beantwortet. Daraus mögen Sie erkennen, daß diese Bundesregierung ernst damit macht, unsere Umweltprobleme durch eine vernünftige Raumordnung und Strukturplanung einer Lösung näherzubringen. Aber was in zwei Jahrzehnten nicht oder nur zaghaft angepackt wurde, konnte in zwei Jahren unmöglich vollendet werden. Immerhin hat diese Bundesregierung in Punkt 6 konkret gesagt, was getan wurde und was getan wird, und sich nicht hinter nebulosen Begriffen wie „Gemeinschaftsaufgaben" versteckt, die weitgehend als Feigenblatt für Untätigkeit früherer Regierungen auf dem Gebiet der Umwelt- und Raumordnungspolitik dienten. Schlagworte, meine Damen und Herren, haben uns in der Vergangenheit nicht geholfen.
    Wir hoffen nur, daß die CDU/ CSU-regierten Länder mitziehen werden, wenn es darum geht, die bedrohliche Entwicklung zu stoppen, die sich einerseits aus dem Kontraktionsprozeß — d. h. der Verdichtung von Besiedlung, Wirtschaft und Verkehr — und andererseits aus der Entleerung abseits liegender Teilräume in ländlichen Zonen ergibt. Dazu brauchen wir nicht nur das Bundesraumordnungsprogramm, an dem die Bundesregierung arbeitet; dazu brauchen wir auch eine klare Kompetenzübertragung auf den Bund.
    Ja, angesichts eines sich über die Ländergrenzen ausbreitenden Systems von Verdichtungsbändern brauchen wir auch eine über die Landesgrenzen übergreifende Raumordnung im europäischen Bereich. Innenminister Genscher hat dankenswerterweise Initiativen ergriffen, die erstmals zu einer Konferenz führten, auf der Raumordnungs- und Umweltprobleme im europäischen Rahmen erörtert werden konnten.
    Der Raumordnung obliegt die Aufgabe, ein dynamisches Gleichgewicht mit der Umwelt herzustellen, um den Bestand freiheitlicher Ordnungsräume zu gewährleisten. Man kann wahrlich nicht behaupten, daß dies in den beiden Jahrzehnten einer CDU/CSU- Regierung gelungen sei; sonst hätten wir nicht den derzeit kritischen Zustand unserer Städte und Gemeinden.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Wie ist es denn dazu gekommen?

    (Abg. Dr. Wörner: Haben Sie denn die Aufbaujahre verschlafen, Herr Jung?)

    Da heute verschiedene CSU-Kollegen für die Opposition gesprochen haben - Herr Kollege Wörner,
    ich empfehle auch Ihnen, das einmal nachzulesen -

    (Abg. Lemmrich: Der liest nur die Rede ab, die sie im Innenministerium gemacht haben!)

    empfehle ich die Lektüre der Information Nr. 17 des Instituts für Raumordnung und Städtebau.

    (Abg. Lemmrich: Sie haben doch auch nicht die Zeit zum Nachlesen!)

    Da wird am Beispiel Bayern und insbesondere am Beispiel München deutlich, daß finanzstarke Städte immer stärker öffentlich gefördert werden müssen zu Lasten der ohnehin schon schwachen Gemeinden und Kleinstädte,

    (Abg. Lemmrich: Das ist richtig!)

    die als zentrale Orte wichtige Funktionen übernehmen müssen, um der Entleerung des Raumes entgegenzuwirken. Dies geschieht, weil in Verdichtungsräumen die Städte wegen der hohen Folgekosten immer noch mehr Kosten auf sich ziehen,' wobei die Mittel dann den Kleinen abgehen. Der Kostenvergleich zwischen gleich großen Infrastrukturvorhaben in Verdichtungsräumen und in kleineren Städten macht deutlich, daß in den Verdichtungsräumen ein Vielfaches aufgewendet werden muß, um dasselbe hinzustellen,

    (Abg. Lemmrich: Das stimmt!)

    was in kleinen Städten hingestellt werden könnte. Vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus ist es also schon sinnvoll, sich diesen Problemen der Raumordnung mehr zuzuwenden.

    (Abg. Lemmrich: Sehr richtig!)

    Da mein Kollege Gallus schon auf die strukturverzerrende Wirkung der Gewerbesteuer hingewiesen und mein Kollege Wurbs das Folgekosten-system in Ballungsräumen behandelt hat, will ich diese Probleme jetzt nicht mehr vertiefen. Wir werden bei der Beratung des Raumordnungsprogramms sicher Gelegenheit haben, auf die Details einzugehen.
    Lassen Sie mich aber noch mit wenigen Sätzen auf zwei Fragen eingehen. Unter dem Gesichtspunkt weiterer Verdichtung erwachsen in Ballungsräumen enorme Probleme des Umweltschutzes. Auch hier muß das dynamische Gleichgewicht hergestellt werden, nicht nur im Infrastrukturbereich. Der Staat muß auch hier mit verstärkten Umweltschutzmaßnahmen helfen. Das von der FDP zugrunde gelegte Verursachungsprinzip und die von Minister Genscher eingeleiteten und weiter zu entwickeinden Maßnahmen werden dazu beitragen, dieses dynamische Gleichgewicht zu fördern und, z. B. durch Verlagerung der Industrie nach außen, die Infrastruktur auch in nicht so sehr verdichteten Räumen weiter zu entwickeln.
    Ira Rahmen der Raumordnung ist ein weiteres Problem dringend zu lösen: die Frage der Neuordnung sowohl des Bundesgebiets als auch der Verwaltungsgrenzen nach strukturellen Gesichtspunk-



    Jung
    ten. Es genügt nicht, Länder, Kreise oder Gemeinden nach irgendwelchen oft obskuren Grundsätzen zusammenzufassen. In den letzten Tagen habe ich z. B. festgestellt, daß bei uns in Rheinland-Pfalz offensichtlich die Grundsätze der Farbpsychologie eine besondere Rolle spielen, nämlich in der Form, daß man auf der Landkarte schwarze oder rote Punkte malt und dabei bemüht ist, möglichst viele schwarze Punkte auf die Landkarte zu bekommen, um in der Zukunft nach parteipolitischen Gesichtspunkten Mehrheiten für die CDU zu sichern. —Nein, meine Damen und Herren, die Abgrenzung der Räume muß deutlicher als bisher nach Raumordnungsgesichtspunkten erfolgen. Integrationsräume dürfen nicht durch Länder-, Kreis- oder Stadtgrenzen zerschnitten werden. Vorwiegend an CDU /CSU-
    regierte Länder richte ich deshalb die Aufforderung, unter Zurückstellung parteipolitischer Interessen ihren Teil zu einer vernünftigen Ordnung unseres Lebensraumes in der Bundesrepublik beizutragen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat der Herr Abgeordnete Schneider.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Oscar Schneider


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, daß ich auf das eingehe, was der Herr Bundesfinanz- und -wirtschaftsminister hier ausgeführt hat. Er fühlte sich etwas hart angenommen. Ich muß sagen: ich habe deutlich gesprochen und habe den Herrn Minister noch reichlich geschont. Er hat geglaubt, mir entgegenhalten zu müssen, die Große Anfrage der CDU/CSU sei durch Beschlüsse der Bundesregierung in der Sache überholt, und er meinte, ich hätte als Lobbyist eines Wirtschaftsverbandes gesprochen. Die Städte werden diesen Satz sehr genau notieren.

    (Abg. Stücklen: Sehr richtig!)

    Denn gegen keinen Vorwurf haben sich die deutschen Städte und Gemeinden jemals so heftig zur Wehr gesetzt wie gegen den Vorwurf, die Gemeinden seien mit irgendeinem Lobbyisten-Verband gleichzusetzen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Was dieser sozialdemokratische Minister gesagt hat, sagt über die Ehrlichkeit, über die Seriosität und über die Klarsicht der inneren Reformen nach der Diktion dieser Bundesregierung mehr aus, als zehn Professoren in zehn Jahren schreiben können.

    (Beifall bei der CDU CSU. --Zuruf von der SPD: Das nimmt Ihnen niemand ab!)

    Daß Herr Professor Schiller mich in die Nähe eines Lobbyisten gerückt hat, weil ich mich hier zum Sprecher der Städte gemacht habe, war eine böse Tat. Das war ein ganz böses Wort.
    Wie wenig er in der Sache Recht hat, beweist der Pressedienst des Deutschen Städtetages, die „Kommunale Korrespondenz", vom 27. Oktober 1971. Ich möchte dies nicht allzu umfangreich zitieren. Nur eines will ich anführen ich zitiere wörtlich —:
    Bisher ist von der Bundesregierung nur die Erhöhung der Mineralölsteuer um 3 DPf für die Gemeinden anerkannt worden. Die entscheidende Verbesserung der Gemeindefinanzen. durch Erhöhung des Gemeindeanteils an der Lohn- und Einkommensteuer von 14 auf 18 °/o steht noch aus.
    Also nicht die Sozialdemokraten und die Bundesregierung haben das Entscheidende vorgeschlagen, sondern wir haben nach dem Selbstverständnis der Städte und Gemeinden des Entscheidende vorgeschlagen. Dies müßte der Herr Bundeswirtschafts-
    und -finanzminister besser wissen als ich.
    Ich war sehr gespannt auf die Einlassungen des Ilerrn Ministers zu der Forderung der Deutschen Städte: Zuerst Stabilität, dann Priorität! Der Herr Minister hat dazu auch auf meine Zwischenfrage hin keinen einzigen Satz gefunden. Entweder ist sein Pulver naß, oder er hat sein Pulver schon verschossen.
    Es wäre durchaus reizvoll gewesen, vom Minister eine präzise Antwort auf die Frage zu erhalten, ob er im Finanzplanungsrat am 21. März 1971 folgenden Satz gesprochen hat: „Stellen Sie doch einfach ein Jahr lang keine neuen Lehrer ein." Ich zitiere aus der Weltwirtschaftswoche Nr. 41, 25. Jahrgang, vom 8. Oktober 1971, Seite 15. Meine Damen und Herren, ich bin fair genug, anzunehmen darauf habe ich in meiner ersten Äußerung schon hingewiesen , daß er sich durch die Fragen der Länderfinanzminister bedrängt gefühlt hat.
    Eines hat mich sehr überrascht. Der Herr Wirtschafts- und Finanzminister ist auf die Belastung der Gemeinden und Länder durch die Folgelastverpflichtungen nicht eingegangen.

    (Abg. Dr. Evers: Er hat das bagatellisiert!)

    Er hat es bagatellisiert. Und er hat in einem Ton gesprochen, in dem nur jemand reden kann, der entweder keine guten Argumente hat oder der sich gereizt fühlt, weil er an alte Versprechungen erinnert. wird.
    Wenn wir hier bilanzieren, welche politische Kraft in unserem Lande für die Städte und Gemeinden mehr getan hat, wir, die CDU/CSU, die alten Regierungen unter Adenauer, Erhard und Kiesinger, oder die jetzige Regierung, dann werden wir mit einer hervorragenden Note im Leistungsvergleich abschneiden. In unserer Zeit wurden die Voraussetzungen geschaffen: 12 Millionen Wohnungen, mehr als 25 000 km Autobahnen und Straßen, mehr als 4 Millionen neue Schulplätze. Von den zusätzlichen Arbeitsplätzen will ich gar nicht reden. Vom Nullpunkt 1949 ausgehend haben wir in unserer Zeit für die Gemeinden mehr als 180 Milliarden DM investiert. Ich muß Ihnen sagen, beim Herrn Professor Schiller stimmt das Einmaleins nicht. Zweimal zwei ist vier. Man muß nach Adam Riese rechnen und nicht nach der höheren Wirtschaftsanalysis des Herrn Professor Schiller, die darin besteht, daß man eine Mark für drei Programme unterschiedlicher Art, gegensätzlicher Richtung dreimal ausgeben kann.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)