Rede:
ID0614708800

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Metadaten
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    Vokabeln: 6
    1. Das: 1
    2. Wort: 1
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    4. Herr: 1
    5. Abgeordneter: 1
    6. Jung.: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 147. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 3. November 1971 Inhalt: Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 8435 A Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 8435 B Große Anfrage betr. Lage der Städte und Gemeinden (Abg. Dr. Schneider [Nürnberg] und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksachen VI/ 2429, VI /2600) Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 8436 C, 8474 A Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . . 8444 A Gallus (FDP) . . . . . . . . . 8449 C Dr. Evers (CDU/CSU) . . . . . . 8452 D Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 8457 A Wurbs (FDP) . . . . . . . . . 8459 A Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) . . 8460 D Dr. Schiller, Bundesminister . . . 8463 D Frau Huber (SPD) . . . . . . . 8469 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 8471 A Jung (FDP) . . . . . . . . . . 8472 D Haar (Stuttgart) (SPD) . . . . . . 8475 A Fragestunde (Drucksache VI /2775) Frage des Abg. Peters (Poppenbüll) (FDP) : Einkommens- und Liquiditätslage der landwirtschaftlichen Betriebe Ertl, Bundesminister . 8476 D, 8477 C, D, 8478 A, C, D Peters (Poppenbüll) (FDP) . . . 8477 C, D Bewerunge (CDU/CSU) 8478 A Dr. Ritz (CDU /CSU) 8478 B Dr. Reinhard (CDU/CSU) 8478 C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 8478 D Frage des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Entwicklung des Wohnungsbaues in der Bundesrepublik Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 8479 A, B, C, D Höcherl (CDU/CSU) 8479 B, C Erpenbeck (CDU/CSU) 8479 C Vogt (CDU/CSU) 8480 A Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident 8480 A II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 147. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. November 1971 Frage des Abg. Wolfram (SPD) : Kompetenzen der Gemeinden in Fragen des Umweltschutzes Genscher, Bundesminister . . . 8480 B, C Wolfram (SPD) . . . . . . . . 8480 C Frage des Abg. Wolfram (SPD) : Förderung der Umsiedlung umweltbelästigender Betriebe aus Wohngegenden Genscher, Bundesminister 8480 D, 8481 A Wolfram (SPD) 8481 A Fragen des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) : Bekanntgabe der Zahl der Flüchtlinge aus der DDR Genscher, Bundesminister . 8481 B, C, D, 8482 A Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 8481 C, D Horn (SPD) 8482 A Frage des Abg. Hansen (SPD) : Bericht über die Praxis des Asylrechts in der Bundesrepublik in der Zeitschrift „konkret" Genscher, Bundesminister . . 8482 B, C Hansen (SPD) 8482 C Frage des Abg. Dr. Arnold (CDU/ CSU): Meldungen über die Gründung eines Traditionsverbandes der früheren SS- Division „Das Reich" Genscher, Bundesminister 8482 D, 8483 A Dr. Arnold (CDU/CSU) . 8482 D, 8483 A Fragen des Abg. Dr. Müller (München) (SPD) : Rechtsstellung der Bauarbeiter aus Ostblockstaaten in der Bundesrepublik Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 8483 B, D, 8484 A Dr. Müller (München) (SPD) . . . 8483 D Frage des Abg. Dr. Gatzen (CDU /CSU) : Gefährdung der Alterssicherung von Auslandsdeutschen durch Maßnahmen südamerikanischer Staaten Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 8484 A, B Dr. Gatzen (CDU/CSU) . . . . . 8484 B Fragen des Abg. Varelmann (CDU/CSU) : Einrichtung überregionaler Ausbildungsförderungszentren in Großstädten und ländlichen Arbeitsamtsbezirken Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . 8484 B, C, D, 8485 A Varelmann (CDU 'CSU) 8484 C, D, 8485 A Fragen des Abg. Berberich (CDU/CSU): Finanzierung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung — Vorarbeiten für ein Gemeinlastverfahren Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . 8485 B, C, D, 8486 A Berberich (CDU/CSU) 8485 C, D Frehsee (SPD) 8486 A Frage des Abg. Schlee (CDU/CSU) : Schaffung einer Einrichtung zur Erforschung der Ursachen und der Behandlung der Krebserkrankungen als Gemeinschaftsaufgabe der europäischen Länder Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär 8486 B Fragen des Abg. Wende (SPD) : Veröffentlichung des „Deutschen Ärzteblattes" über handelsübliche Wurst Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär 8486 C, D, 8487 A, B, C, D, 8488 A Wende (SPD) . . . . . 8486 D, 8487 B Dr. Müller (München) (SPD) . 8487 C Dr. Sperling (SPD) 8487 C Hansen (SPD) . . . . . . . . 8487 D Frau Griesinger (CDU/CSU) . . 8488 A Fragen des Abg. Dr. Kempfler (CDU/ CSU) : Maßnahmen gegen den Mangel an praktischen Ärzten, insbesondere auf dem Lande — Verkauf von Arzneimitteln durch Landärzte Dr. von Manger-Koenig, -Staatssekretär 8488 B, C, D Dr. Kempfler (CDU/CSU) . . 8488 B, D Fragen des Abg. Dr. Hubrig (CDU/CSU) : Weitere Aufgaben und finanzielle Aufwendungen des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär . . . . 8488 D, 8489 B Dr. Hubrig (CDU/CSU) . . . . . 8489 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 147. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. November 1971 III Frage des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Eintreten der Bundesregierung für das deutsche Reinheitsgebot bei der Bierherstellung gegenüber der Europäischen Kommission Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär . . . . . . . 8489 C, D Niegel (CDU/CSU) 8489 D Frage der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/ CSU) : Interview des Bundesministers für Bil- dung und Wissenschaft betr. Studium an der integrierten Gesamthochschule Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär 8490 A, C, D Frau Dr. Walz (CDU/CSU) . 8490 B, C, D Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident 8490 B Nächste Sitzung 8491 A Anlage i Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 8493 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 147. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. November 1971 8435 147. Sitzung Bonn, den 3. November 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Aigner * 5. 11. von Alten-Nordheim 5. 11. Dr. Beermann 3. 12. Frau von Bothmer 5.11. Dasch 18. 12. Dichgans 4. 11. Dr. Dittrich 5. 11. Fellermaier * 5.11. Dr. Frerichs 3.11. Dr. Furler 5.11. Gerlach (Emsland) * 5.11. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Giulini 6. 11. Freiherr von und zu Guttenberg 18. 12. Dr. Hallstein 6. 11. Hauck 5. 11. Horstmeier 3. 11. Frau Jacobi (Marl) 12.11. Kienbaum 5. 11. Klinker * 5. 11. Meister * 5.11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 4. 11. Müller (Aachen-Land) * 5. 11. Müller (Berlin) 3.11. Ott 5. 11. Dr. Prassler 15. 11. Richarts * 5. 11. Riedel (Frankfurt) * 5. 11. Seefeld * 3.11. Dr. Stark (Nürtingen) 5.11. Windelen 3.11.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Ernst Müller-Hermann


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CDU)

    Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Teil der Themen und Fragen, die Herr Minister Schiller hier aufgeworfen und speziell an die Adresse der CDU/ CSU-Fraktion gerichtet hat, wird morgen behandelt werden, wo sie am Platze sind, wenn es um die Fragen der Steuerpolitik geht. Mir liegt aber doch sehr daran, auf einen Vorwurf einzugehen, der von Herrn Minister Schiller an die Adresse meiner Fraktion gerichtet worden ist und der auch in verschiedenen Auslassungen anderer Politiker heute hier mit anklang; nämlich den Vorwurf, wenn es um unangenehme Dinge wie -die Anhebung von Steuern gehe, dann fehle es uns an Mut.

    (Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]: So ist es!)

    Meine Damen und Herren, ich erinnere daran, daß wir im Jahre 1966 schon einmal eine Anhebung der Mineralölisteuer zugunsten der Gemeinden gefordert haben, damals- ebenfalls um 3 Pf. Damals war es in erster Linie die FDP? — deshalb erstaunt mich das, was der Kollege Gallus hier heute gesagt hat —, die an diesem Thema der Steuererhöhung sogar die ganze Koalition platzen ließ.

    (Abg. Gallus: Da war ich noch nicht dabei!)

    -- Aber deshalb ist doch die FDP damit gebunden. Ich besinne mich auch sehr genau, meine Damen und Herren, daß die sozialdemokratischen Kollegen, als das Thema öffentlich diskutiert wurde, heftig gegen jede Art der Steuererhöhung zugunsten des gemeindlichen Verkehrsausbaus opponiert haben

    (Zuruf des Abg. Dr. Schäfer [Tübingen])

    sehr geehrter Herr Kollege Schäfer, da gibt es sehr viele Unterlagen, die Ihnen das leicht beweisen können bis es zur Bildung der Großen
    Koalition kam, und dann war die erste gemeinsame Maßnahme, die wir damals beschlossen haben,

    (Abg. Dr. Schäfer [Tübingen] : Das ist richtig, ja!)

    die Anhebung der Mineralölsteuer um diese 3 Pf zugunsten der Gemeinden. Dann ging, sehr verehrter Herr Kollege Schäfer, Herr Minister Leber durch die Lande und verkündete, welche Leistungen die Sozialdemokraten zugunsten der Gemeinden bewirkt hätten.

    (Abg. Dr. Schäfer [Tübingen]:: So war es auch!)

    Damit keine falsche Legendenbildung entsteht, wollte ich den Weg der damaligen Steuererhöhung hier noch einmal kurz in Erinnerung rufen.

    (Zuruf Dr. Schäfer [Tübingen]:: Also stimmt es, ohne uns hätten Sie es nicht gemacht!)

    -- Aber, Herr Kollege Schäfer, ein gewaltiger Unterschied zur damaligen Situation ist folgender: Diese 3 Pf bewirkten damals eine Mehreinnahme von 660 Millionen DM, mit denen beim gemeindlichen Verkehrsausbau und -aufbau tatsächlich ein vermehrtes Leistungsangebot erreicht wurde im Unterschied zu heute, wo wir unter keinen Umständen von einer stabilen Preispolitik ausgehen können. Ich will Ihnen sagen, wie die Situation damals war. Der Maßstab ist 1962 — 100. 1967 hatten wir im Straßenbau einen Preisindex von 91,8, 1968 einen solchen von 96,2. Beim sehr wichtigen Brückenbau, der gerade im gemeindlichen Straßenbau eine große Rolle spielt, hatten wir 1967 einen Preisindex —verglichen mit 1962 — von 105,9 und 1968 von 109,9.

    (Abg. Dr. Schneider [Nürnberg] : Da war Strauß Finanzminister!)

    Heute liegt der Preisindex für den Straßenbau bei 126,6 und beim Brückenbau bei 155,9. Das sind die Zahlen vom Anfang dieses Jahres.

    (Abg. Stücklen: Das ist die Inflationspolitik!)

    Mit anderen Worten heißt das, damals konnte mit dieser zusätzlichen Finanzmasse und dieser Konsumabschöpfung ein Mehr an Leistungen bewirkt werden, während Sie heute nichts an Mehrleistung bewirken, sondern nur einen Teil der Preisauftriebe wieder neutralisieren, die letztlich doch durch Ihre Politik zustande gebracht worden sind.
    Leider ist der Bundeswirtschaftsminister nicht anwesend. Er hat hier immer wieder auf die Stabilitätsbemühungen hingewiesen, und ich muß das einmal sagen, denn es liegt mir auf der Seele: Diese Bundesregierung soll doch einmal den Mut haben, auch zu sagen: Jawohl, wir haben Fehler gemacht, und deswegen ist bisher die Preisstabilisierung nicht erreicht worden. Statt dessen geht diese Bundesregierung durch die Lande wie ein wandelndes Alibi und hat für alles und jedes eine Entschuldigung in Form eines Hinweises auf andere. Selbst bei den Steuererhöhungen sind die Länder und Gemeinden verantwortlich und nicht diese Regierung. Das einzige, was sich diese Regierung in ihrem



    Dr. Müller-Hermann
    Verantwortungsbereich selbst zuschreibt, ist die bisherige Anhebung der realen Einkommen. Alles andere hat jemand anders zu verantworten. Glauben Sie doch nicht, daß Sie ihre eigene Glaubwürdigkeit erhöhen, indem Sie diese Art der dauernden Alibi-Politik weiterverfolgen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Ich füge auch hinzu, meine Damen und Herren, Steuererhöhungen oder nicht Steuererhöhungen sind für uns keine Frage von Tabus. Wir wollen aber eben, wenn der Bürger vermehrt zur Kasse gebeten wird, auch ein Mehr an Leistungen der öffentlichen Hand bewirkt sehen.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)

    Insofern ist es völlig richtig, wenn Herr Minister Schiller davon spricht, daß wir unsere staatlichen Einheiten als ein großes Ganzes sehen müssen. Zweifellos sind eben die Länder und noch mehr die Gemeinden, in deren Zuständigkeit die öffentlichen Investitionen in erster Linie liegen, die Hauptbetroffenen der jetzigen Preisentwicklung.
    Meine Damen und Herren, auch hier eine Zahl, die das einmal verdeutlicht. Was bisher durch die 3 Pf an Finanzmasse bewegt worden ist, ist in den letzten Jahren einem Substanzverlust in einer Größenordnung von 1,3 Milliarden DM ausgesetzt gewesen. Was jetzt durch die Steuererhöhung den Gemeinden vermehrt zugeführt werden soll, kann also nicht einmal voll das abdecken, was den Gemeinden an Substanz verlorengegangen ist. Bei allem Verständnis für die sehr schwierigen Probleme im gemeindlichen Verkehrsausbau und bei vollem Verständnis für die sehr, sehr schwierige Situation der öffentlichen Verkehrsunternehmen ist doch das, was jetzt von der Bundesregierung als Lösung vorgeschlagen wird, bestenfalls ein Schluck aus der Pulle, aber keine Lösung des Problems.
    Der Kollege Apel hat vorhin — ich glaube, in einem Zwischenruf — deutlich gemacht, die Regierung würde ein Gesamtkonzept für die Lösung der Probleme des innerstädtischen Verkehrs vorlegen. Auch wir arbeiten. Wir werden ein eigenes Programm vorlegen und uns dann gern darüber verständigen, welches das bessere und welches das lohnendere ist. Meine Damen und Herren, hier ließe sich schon jetzt ein ganzer Katalog von Maßnahmen aufführen, der in einem solchen Konzept enthalten sein müßte. Ich möchte das aus Zeitgründen im Augenblick nicht vertiefen.
    Eine letzte Anmerkung möchte ich aber doch machen. Wir haben in diesem Hohen Hause gemeinsam die Gemeindefinanzreform beschlossen und waren damals alle des guten Glaubens, daß wir mit der vermehrten Bereitstellung von Finanzmitteln zugunsten der Gemeinden diesen für eine ganze Weile genügend Mittel für die Bewältigung ihrer großen Investitionsaufgaben zur Verfügung gestellt hätten. Erst die Preissteigerungen, die in den letzten Jahren unter der Verantwortung dieser Bundesregierung eingetreten sind, haben doch dazu geführt, daß wir uns jetzt schon wieder mit dieser Aufstockung der Mineralölsteuer um drei Pfennige beschäftigen müssen, und dafür tragen allein diese Koalition und diese Bundesregierung die Verantwortung.

    (Abg. Gewandt: Schlamperei!)

    Verantwortung für Steuererhöhungen kann man
    doch nur übernehmen, meine Damen und Herren
    auch wir können es nur dann , wenn man eine Gewähr für die künftige Stabilitätspolitik dieser Bundesregierung hat. Ich habe nicht ohne Absicht darauf hingewiesen, daß die Sozialdemokraten 1966 zu der Steuererhöhung erst ja gesagt haben, nachdem sie auch als Regierungspartei die Mitverantwortung trugen.
    Herr Minister Schiller hat im Zusammenhang mit der Stabilitätspolitik darauf hingewiesen, es würde entscheidend sein, was in den nächsten Jahren auf dem Gebiete der Finanz-, Steuer-, Wirtschafts- und Währungspolitik in diesem Hohen Hause zu machen sei. Völlig richtig! Aber zur Zeit haben nun einmal die Länder und die Gemeinden und schließlich auch der Bund auszubaden, was in den letzten zwei Jahren unter der Verantwortung dieser Regierung auch in diesem Hohen Hause gemacht oder nicht gemacht worden ist.
    Unsere Vorbehalte zu dieser Art der Steuererhöhung, meine Damen und Herren, sind -- neben der Frage, ob es einen anderen Weg zur Lösung der Probleme gibt, wie er heute von meinen Kollegen vorgeschlagen ist — letztlich auch ein Ausdruck des mangelnden Vertrauens — ich spreche das mit dieser Offenheit aus —, daß diese Bundesregierung den Weg zur Stabilität und zur Solidität zurückfindet. Aus dieser Motivation heraus können wir uns nicht dazu entschließen, dieser Art von Steuererhöhungen zum jetzigen Zeitpunkt unsere Zustimmung zu geben.

    (Beifall bei der CDU/CSU.)



Rede von Dr. Hermann Schmitt
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)
Das Wort hat Herr Abgeordneter Jung.

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Kurt Jung


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (FDP)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (FDP)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schneider hat heute vormittag am Beispiel einer vor einem Jahrzehnt fertiggestellten Fest- oder Musikhalle den euphorischen Ausruf gewagt: „Ach, was waren das herrliche Zeiten für unsere Städte!"

    (Abg. Stücklen: Im Verhältnis zu heute!)

    Nun, meine Damen und Herren, ich fühlte mich dabei in meine Jugendzeit zurückversetzt. Da schwärmte meine Großmutter auch immer von der guten alten Zeit, in der die Postkutsche noch nicht vom Auto verdrängt war. — Die Kostensteigerung im Bereich städtischer Infrastruktur der jetzigen Bundesregierung anzulasten, die gerade zwei Jahre im Amt ist, ist ein Witz, über den jeder Fachmann nur laut und herzlich lachen kann. Als Architekt würde ich Ihnen gern aufzeigen, Herr Kollege Schneider, was für sprunghafte Erhöhungen unter vorangegangenen Regierungen eingetreten sind. Denken Sie allein an die Stahlpreisentwicklung, die



    Jung
    so bedeutend für die Baupreisentwicklung ist und wo in der Zeit der Großen Koalition Preissteigerungen um immerhin 300 % eingetreten sind.

    (Abg. Gewandt: Da war Herr Schiller Wirtschaftsminister! — Abg. Haase [Kassel] : Wer war da Wirtschaftsminister?)

    Ich finde diese Argumentation unsolide, sie hilft den Gemeinden nicht, meine Damen und Herren! Wir sollten nüchtern argumentieren und nicht polemisieren. Für Ihre Vorschläge sind wir immer aufgeschlossen; nur fehlen sie halt.
    Demgegenüber hat der Bundesinnenminister Ihre Frage 6, wie ich meine, in knapper Form, umfassend und gut beantwortet. Daraus mögen Sie erkennen, daß diese Bundesregierung ernst damit macht, unsere Umweltprobleme durch eine vernünftige Raumordnung und Strukturplanung einer Lösung näherzubringen. Aber was in zwei Jahrzehnten nicht oder nur zaghaft angepackt wurde, konnte in zwei Jahren unmöglich vollendet werden. Immerhin hat diese Bundesregierung in Punkt 6 konkret gesagt, was getan wurde und was getan wird, und sich nicht hinter nebulosen Begriffen wie „Gemeinschaftsaufgaben" versteckt, die weitgehend als Feigenblatt für Untätigkeit früherer Regierungen auf dem Gebiet der Umwelt- und Raumordnungspolitik dienten. Schlagworte, meine Damen und Herren, haben uns in der Vergangenheit nicht geholfen.
    Wir hoffen nur, daß die CDU/ CSU-regierten Länder mitziehen werden, wenn es darum geht, die bedrohliche Entwicklung zu stoppen, die sich einerseits aus dem Kontraktionsprozeß — d. h. der Verdichtung von Besiedlung, Wirtschaft und Verkehr — und andererseits aus der Entleerung abseits liegender Teilräume in ländlichen Zonen ergibt. Dazu brauchen wir nicht nur das Bundesraumordnungsprogramm, an dem die Bundesregierung arbeitet; dazu brauchen wir auch eine klare Kompetenzübertragung auf den Bund.
    Ja, angesichts eines sich über die Ländergrenzen ausbreitenden Systems von Verdichtungsbändern brauchen wir auch eine über die Landesgrenzen übergreifende Raumordnung im europäischen Bereich. Innenminister Genscher hat dankenswerterweise Initiativen ergriffen, die erstmals zu einer Konferenz führten, auf der Raumordnungs- und Umweltprobleme im europäischen Rahmen erörtert werden konnten.
    Der Raumordnung obliegt die Aufgabe, ein dynamisches Gleichgewicht mit der Umwelt herzustellen, um den Bestand freiheitlicher Ordnungsräume zu gewährleisten. Man kann wahrlich nicht behaupten, daß dies in den beiden Jahrzehnten einer CDU/CSU- Regierung gelungen sei; sonst hätten wir nicht den derzeit kritischen Zustand unserer Städte und Gemeinden.

    (Zustimmung bei der FDP.)

    Wie ist es denn dazu gekommen?

    (Abg. Dr. Wörner: Haben Sie denn die Aufbaujahre verschlafen, Herr Jung?)

    Da heute verschiedene CSU-Kollegen für die Opposition gesprochen haben - Herr Kollege Wörner,
    ich empfehle auch Ihnen, das einmal nachzulesen -

    (Abg. Lemmrich: Der liest nur die Rede ab, die sie im Innenministerium gemacht haben!)

    empfehle ich die Lektüre der Information Nr. 17 des Instituts für Raumordnung und Städtebau.

    (Abg. Lemmrich: Sie haben doch auch nicht die Zeit zum Nachlesen!)

    Da wird am Beispiel Bayern und insbesondere am Beispiel München deutlich, daß finanzstarke Städte immer stärker öffentlich gefördert werden müssen zu Lasten der ohnehin schon schwachen Gemeinden und Kleinstädte,

    (Abg. Lemmrich: Das ist richtig!)

    die als zentrale Orte wichtige Funktionen übernehmen müssen, um der Entleerung des Raumes entgegenzuwirken. Dies geschieht, weil in Verdichtungsräumen die Städte wegen der hohen Folgekosten immer noch mehr Kosten auf sich ziehen,' wobei die Mittel dann den Kleinen abgehen. Der Kostenvergleich zwischen gleich großen Infrastrukturvorhaben in Verdichtungsräumen und in kleineren Städten macht deutlich, daß in den Verdichtungsräumen ein Vielfaches aufgewendet werden muß, um dasselbe hinzustellen,

    (Abg. Lemmrich: Das stimmt!)

    was in kleinen Städten hingestellt werden könnte. Vom volkswirtschaftlichen Standpunkt aus ist es also schon sinnvoll, sich diesen Problemen der Raumordnung mehr zuzuwenden.

    (Abg. Lemmrich: Sehr richtig!)

    Da mein Kollege Gallus schon auf die strukturverzerrende Wirkung der Gewerbesteuer hingewiesen und mein Kollege Wurbs das Folgekosten-system in Ballungsräumen behandelt hat, will ich diese Probleme jetzt nicht mehr vertiefen. Wir werden bei der Beratung des Raumordnungsprogramms sicher Gelegenheit haben, auf die Details einzugehen.
    Lassen Sie mich aber noch mit wenigen Sätzen auf zwei Fragen eingehen. Unter dem Gesichtspunkt weiterer Verdichtung erwachsen in Ballungsräumen enorme Probleme des Umweltschutzes. Auch hier muß das dynamische Gleichgewicht hergestellt werden, nicht nur im Infrastrukturbereich. Der Staat muß auch hier mit verstärkten Umweltschutzmaßnahmen helfen. Das von der FDP zugrunde gelegte Verursachungsprinzip und die von Minister Genscher eingeleiteten und weiter zu entwickeinden Maßnahmen werden dazu beitragen, dieses dynamische Gleichgewicht zu fördern und, z. B. durch Verlagerung der Industrie nach außen, die Infrastruktur auch in nicht so sehr verdichteten Räumen weiter zu entwickeln.
    Ira Rahmen der Raumordnung ist ein weiteres Problem dringend zu lösen: die Frage der Neuordnung sowohl des Bundesgebiets als auch der Verwaltungsgrenzen nach strukturellen Gesichtspunk-



    Jung
    ten. Es genügt nicht, Länder, Kreise oder Gemeinden nach irgendwelchen oft obskuren Grundsätzen zusammenzufassen. In den letzten Tagen habe ich z. B. festgestellt, daß bei uns in Rheinland-Pfalz offensichtlich die Grundsätze der Farbpsychologie eine besondere Rolle spielen, nämlich in der Form, daß man auf der Landkarte schwarze oder rote Punkte malt und dabei bemüht ist, möglichst viele schwarze Punkte auf die Landkarte zu bekommen, um in der Zukunft nach parteipolitischen Gesichtspunkten Mehrheiten für die CDU zu sichern. —Nein, meine Damen und Herren, die Abgrenzung der Räume muß deutlicher als bisher nach Raumordnungsgesichtspunkten erfolgen. Integrationsräume dürfen nicht durch Länder-, Kreis- oder Stadtgrenzen zerschnitten werden. Vorwiegend an CDU /CSU-
    regierte Länder richte ich deshalb die Aufforderung, unter Zurückstellung parteipolitischer Interessen ihren Teil zu einer vernünftigen Ordnung unseres Lebensraumes in der Bundesrepublik beizutragen.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)