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ID0614700500

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Metadaten
  • sort_by_alphaVokabular
    Vokabeln: 7
    1. Eine: 1
    2. Zwischenfrage: 1
    3. des: 1
    4. Herrn: 1
    5. Abgeordneten: 1
    6. Dr.: 1
    7. Schneider: 1
  • tocInhaltsverzeichnis
    Deutscher Bundestag 147. Sitzung Bonn, Mittwoch, den 3. November 1971 Inhalt: Überweisung von Vorlagen an Ausschüsse 8435 A Amtliche Mitteilungen . . . . . . . . 8435 B Große Anfrage betr. Lage der Städte und Gemeinden (Abg. Dr. Schneider [Nürnberg] und Fraktion der CDU/CSU) (Drucksachen VI/ 2429, VI /2600) Dr. Schneider (Nürnberg) (CDU/CSU) 8436 C, 8474 A Dr. Schäfer (Tübingen) (SPD) . . . 8444 A Gallus (FDP) . . . . . . . . . 8449 C Dr. Evers (CDU/CSU) . . . . . . 8452 D Dr. Schmitt-Vockenhausen (SPD) . . 8457 A Wurbs (FDP) . . . . . . . . . 8459 A Dr. Riedl (München) (CDU/CSU) . . 8460 D Dr. Schiller, Bundesminister . . . 8463 D Frau Huber (SPD) . . . . . . . 8469 D Dr. Müller-Hermann (CDU/CSU) . . 8471 A Jung (FDP) . . . . . . . . . . 8472 D Haar (Stuttgart) (SPD) . . . . . . 8475 A Fragestunde (Drucksache VI /2775) Frage des Abg. Peters (Poppenbüll) (FDP) : Einkommens- und Liquiditätslage der landwirtschaftlichen Betriebe Ertl, Bundesminister . 8476 D, 8477 C, D, 8478 A, C, D Peters (Poppenbüll) (FDP) . . . 8477 C, D Bewerunge (CDU/CSU) 8478 A Dr. Ritz (CDU /CSU) 8478 B Dr. Reinhard (CDU/CSU) 8478 C Dr. Schulze-Vorberg (CDU/CSU) . 8478 D Frage des Abg. Höcherl (CDU/CSU) : Entwicklung des Wohnungsbaues in der Bundesrepublik Ravens, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . 8479 A, B, C, D Höcherl (CDU/CSU) 8479 B, C Erpenbeck (CDU/CSU) 8479 C Vogt (CDU/CSU) 8480 A Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident 8480 A II Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 147. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. November 1971 Frage des Abg. Wolfram (SPD) : Kompetenzen der Gemeinden in Fragen des Umweltschutzes Genscher, Bundesminister . . . 8480 B, C Wolfram (SPD) . . . . . . . . 8480 C Frage des Abg. Wolfram (SPD) : Förderung der Umsiedlung umweltbelästigender Betriebe aus Wohngegenden Genscher, Bundesminister 8480 D, 8481 A Wolfram (SPD) 8481 A Fragen des Abg. Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) : Bekanntgabe der Zahl der Flüchtlinge aus der DDR Genscher, Bundesminister . 8481 B, C, D, 8482 A Dr. Marx (Kaiserslautern) (CDU/CSU) 8481 C, D Horn (SPD) 8482 A Frage des Abg. Hansen (SPD) : Bericht über die Praxis des Asylrechts in der Bundesrepublik in der Zeitschrift „konkret" Genscher, Bundesminister . . 8482 B, C Hansen (SPD) 8482 C Frage des Abg. Dr. Arnold (CDU/ CSU): Meldungen über die Gründung eines Traditionsverbandes der früheren SS- Division „Das Reich" Genscher, Bundesminister 8482 D, 8483 A Dr. Arnold (CDU/CSU) . 8482 D, 8483 A Fragen des Abg. Dr. Müller (München) (SPD) : Rechtsstellung der Bauarbeiter aus Ostblockstaaten in der Bundesrepublik Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . . 8483 B, D, 8484 A Dr. Müller (München) (SPD) . . . 8483 D Frage des Abg. Dr. Gatzen (CDU /CSU) : Gefährdung der Alterssicherung von Auslandsdeutschen durch Maßnahmen südamerikanischer Staaten Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . . . . . . 8484 A, B Dr. Gatzen (CDU/CSU) . . . . . 8484 B Fragen des Abg. Varelmann (CDU/CSU) : Einrichtung überregionaler Ausbildungsförderungszentren in Großstädten und ländlichen Arbeitsamtsbezirken Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . 8484 B, C, D, 8485 A Varelmann (CDU 'CSU) 8484 C, D, 8485 A Fragen des Abg. Berberich (CDU/CSU): Finanzierung der landwirtschaftlichen Unfallversicherung — Vorarbeiten für ein Gemeinlastverfahren Rohde, Parlamentarischer Staatssekretär . . 8485 B, C, D, 8486 A Berberich (CDU/CSU) 8485 C, D Frehsee (SPD) 8486 A Frage des Abg. Schlee (CDU/CSU) : Schaffung einer Einrichtung zur Erforschung der Ursachen und der Behandlung der Krebserkrankungen als Gemeinschaftsaufgabe der europäischen Länder Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär 8486 B Fragen des Abg. Wende (SPD) : Veröffentlichung des „Deutschen Ärzteblattes" über handelsübliche Wurst Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär 8486 C, D, 8487 A, B, C, D, 8488 A Wende (SPD) . . . . . 8486 D, 8487 B Dr. Müller (München) (SPD) . 8487 C Dr. Sperling (SPD) 8487 C Hansen (SPD) . . . . . . . . 8487 D Frau Griesinger (CDU/CSU) . . 8488 A Fragen des Abg. Dr. Kempfler (CDU/ CSU) : Maßnahmen gegen den Mangel an praktischen Ärzten, insbesondere auf dem Lande — Verkauf von Arzneimitteln durch Landärzte Dr. von Manger-Koenig, -Staatssekretär 8488 B, C, D Dr. Kempfler (CDU/CSU) . . 8488 B, D Fragen des Abg. Dr. Hubrig (CDU/CSU) : Weitere Aufgaben und finanzielle Aufwendungen des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär . . . . 8488 D, 8489 B Dr. Hubrig (CDU/CSU) . . . . . 8489 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 147. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. November 1971 III Frage des Abg. Niegel (CDU/CSU) : Eintreten der Bundesregierung für das deutsche Reinheitsgebot bei der Bierherstellung gegenüber der Europäischen Kommission Dr. von Manger-Koenig, Staatssekretär . . . . . . . 8489 C, D Niegel (CDU/CSU) 8489 D Frage der Abg. Frau Dr. Walz (CDU/ CSU) : Interview des Bundesministers für Bil- dung und Wissenschaft betr. Studium an der integrierten Gesamthochschule Dr. von Dohnanyi, Parlamentarischer Staatssekretär 8490 A, C, D Frau Dr. Walz (CDU/CSU) . 8490 B, C, D Dr. Schmitt-Vockenhausen, Vizepräsident 8490 B Nächste Sitzung 8491 A Anlage i Liste der beurlaubten Abgeordneten . . 8493 A Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode — 147. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 3. November 1971 8435 147. Sitzung Bonn, den 3. November 1971 Stenographischer Bericht Beginn: 9.03 Uhr
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    Anlage 1 Liste der beurlaubten Abgeordneten Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Aigner * 5. 11. von Alten-Nordheim 5. 11. Dr. Beermann 3. 12. Frau von Bothmer 5.11. Dasch 18. 12. Dichgans 4. 11. Dr. Dittrich 5. 11. Fellermaier * 5.11. Dr. Frerichs 3.11. Dr. Furler 5.11. Gerlach (Emsland) * 5.11. * Für die Teilnahme an Sitzungen des Europäischen Parlaments Anlage zum Stenographischen Bericht Abgeordnete (r) beurlaubt bis einschließlich Dr. Giulini 6. 11. Freiherr von und zu Guttenberg 18. 12. Dr. Hallstein 6. 11. Hauck 5. 11. Horstmeier 3. 11. Frau Jacobi (Marl) 12.11. Kienbaum 5. 11. Klinker * 5. 11. Meister * 5.11. Dr. h. c. Dr.-Ing. E. h. Möller 4. 11. Müller (Aachen-Land) * 5. 11. Müller (Berlin) 3.11. Ott 5. 11. Dr. Prassler 15. 11. Richarts * 5. 11. Riedel (Frankfurt) * 5. 11. Seefeld * 3.11. Dr. Stark (Nürtingen) 5.11. Windelen 3.11.
  • insert_commentVorherige Rede als Kontext
    Rede von Dr. Friedrich Schäfer


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (SPD)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (SPD)

    Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Herr Kollege Schneider hat u. a. hier gesagt: Hier und heute ist die Stunde, den ideologischen Nebel zu durchstoßen. Ich wünsche ihm wirklich Erfolg, daß ihm das in Richtung auf die CDU/CSU-Fraktion gelingen möge.

    (Beifall bei den Regierungsparteien.)

    Der Herr Kollege Schneider hat aus dem Jahre 1963 den damaligen Präsidenten des Deutschen Städtetages zitiert, und er hatte guten Grund, ihn zu zitieren. Dieser Präsident ist heute der Bundeskanzler und der Führer dieser sozialliberalen Koalition. Derjenige Bundeskanzler, der um die gleiche Zeit hier in Richtung auf die Gemeinden davon sprach, daß man doch unterscheiden müsse, wer Koch und wer Kellner sei, war Herr Erhard damals. Schade, daß er nicht da ist. Er ist nie da, wenn es darauf ankommt.

    (Abg. Stücklen: Ihr Kanzler ist ja auch nicht da! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    -- Er ist doch Abgeordneter.

    (Abg. Stücklen: Der Kanzler ist bei der Gemeindediskussion nicht da!)

    — Sie wissen schon, was kommt. Deshalb ist es Ihnen so unangenehm. Herr Erhard meinte damals, die Oberbürgermeister seien nur diejenigen, die servierten, was er koche. Das ist der Unterschied. Deshalb halte ich es für durchaus nützlich, Herr Kollege Schneider, daß Sie Ihren Freunden — für die Angehörigen der SPD und der FDP war es nicht notwendig — auch die Argumentation und Vorgenstellungen des Deutschen Städtetages von der Tagung in München hier vorgetragen haben.
    Ich wünsche nur, daß Ihre positive Einstellung zu den Gemeinden Auswirkungen auch in der Politik hat. Sie haben nur einen Vorschlag gebracht, näm lich von 14 auf 18% zu erhöhen, sonst haben Sie sich damit begnügt —

    (Abg. Stücklen: Und Hebesatzrecht!)

    — Und Hebesatzrecht, vielen Dank für die Ergänzung. Ich komme gleich darauf zurück.

    (Abg. Stücklen: Und 10 % Mehranteil an der Mehrwertsteuer durch eine Frhöhung von 30 auf 40 %!)

    — Das ist neben der Sache, Herr Stücklen, und gehört nicht hierher!

    (Zuruf des Abg. Stücklen und weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Gut, vielen Dank. Das ist Ihr Konzept, wir werden uns nachher damit zu beschäftigen haben.
    Es ist interessant, daß ein Mitglied der CSU hier sagt, daß es die Stunde der Bundesregierung hätte sein können, ihr Verhältnis zu den Städten und Gemeinden zu klären und die Fragen in den Griff zu bekommen. Dabei muß ich mich als erstes verwundert fragen, wo hier die Verantwortung der Länder ist, von der Sie nicht gesprochen haben. Die Länder
    — für uns alle ist das selbstverständlich — sind in erster Linie diejenigen, in deren Verantwortung die Gemeinden stehen. Auch damit werden wir uns nachher noch einmal zu beschäftigen haben.
    Die Bedürfnisse, die der Bürger an seine Gemeinde zu stellen hat, sind in den letzten Jahren wesentlich gestiegen. Nach dem Bedürfnisstand bestimmt sich die Ausgestaltung der Selbstverwaltung. Es ist deshalb begrüßenswert, daß heute in allen Ländern die Landtage dabei sind, die Größenordnung der Gemeinden neu zu durchdenken, leistungsfähige Selbstverwaltungskörper zu schaffen, größere Landkreise zu schaffen und damit auch die Voraussetzungen für stärkere Kompetenzübertragungen auf diese Ebene zu geben. Das ist eine nützliche und gute Entwicklung, die wir in allen Ländern uer Bundesrepublik feststellen können. Damit wird auch eine stärkere Planungsfähigkeit der Gemeinden, der Städte, der Kreise und damit auch wiederum eine erhöhte Leistungsfähigkeit der Gemeinden und Städte in ihre Umwelt hinein zusammenhängen; denn die Leistungen und Aufgaben der Städte sind nicht zuletzt auch daran zu messen, wie sie das sie umgehende Umland mit beeinflussen und Möglichkeiten auf allen Gebieten schaffen.
    Wir wissen, daß nach der Konkretisierung der Politik, die wir hier im Bunde machen, weitgehend auch die Konkretisierung der Landespolitik in den Gemeinden erfolgt. Das beginnt im Kindergarten, geht über die Schule, Ausbildung, Bildung, Wohnungsbau, über die Existenzfragen bis hin zum Alterspflegeheim. Überall in diesen Fragen ist für uns Sozialdemokraten von eh und je selbstverständlich, daß es auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinden ankommt, hier die Politik, die wir im Ganzen wollen, zu konkretisieren. Für die CDU/CSU sind das neue Erkenntnisse

    (Oh! Oh! bei der CDU/CSU)




    Dr. Schäfer (Tübingen)

    ich sagte das schon vorhin —, aber ich hoffe, daß Sie den Nebel durchstoßen, von dem Sie gesprochen haben, Herr Kollege Schneider.

    (Abg. Dr. Evers: Wir werden Ihren Nebel durchstoßen!)

    Die moderne Selbstverwaltung muß aber nicht nur in den Städten leistungsfähig sein, sondern sie muß auch in den Gemeinden im ganzen leistungsfähig sein. Wir streben eine Chancengleichheit in Stadt und Land an und wissen, daß sie nicht von uns allein erreicht werden kann, sondern daß es hier weitgehend auf den kommunalen Finanzausgleich ankommt.
    Es waren sozialdemokratische Vorstellungen, die mit Beginn der Großen Koalition in die Tat umgesetzt wurden, als man sich übereinstimmend darüber klar wurde, daß man keine Finanzpolitik und keine Konjunkturpolitik betreiben kann, wenn nicht die Gemeinden in die Gesamtplanung mit eingefügt sind und wenn sie nicht ihrerseits in der Lage sind, die notwendigen Investitionen durchzuführen.
    Damals hat der heutige Wirtschafts- und Finanzminister darauf gedrängt, daß die Gemeinden in den Konjunkturplanungsrat kommen, daß sie in den Fragen der Konjunktur-, der Investitions- und insbesondere der Kreditpolitik mitwirken. Damals hat man erkannt, daß es für eine gesamte Finanzpolitik von gleicher Bedeutung ist, ob der Bund, die Länder oder die Gemeinden Geld ausgeben oder nicht. Man hat deshalb damals Art. 109 GG geändert, was auf der anderen Seite natürlich wiederum dazu führte, daß der Bund notfalls das Recht haben muß, die Kreditpolitik bis zu den Gemeinden unmittelbar zu beeinflussen. Das eine schließt das andere mit ein.
    Es wurde die Mitwirkung der Gemeinden im Finanzplanungsrat geschaffen, und in der mittelfristigen Finanzplanung wurden auf Grund von Vorschlägen, die unser Kollege Alex Möller in diesem Hause lange vor der Großen Koalition gemacht hatte, erstmals die Gemeinden voll in die Gesamtprojektion der vor uns liegenden vier Jahre mit einbezogen. Seither bemüht man sich, dem Rechnung zu tragen und damit eine Gesamtbilanz und eine Gesamtfinanzplanung aufzustellen.
    Bei den Gemeinden muß man, so glaube ich, unterscheiden zwischen den Personalkosten und den Investitionen. Die Personalkosten, rund 30 °/o des Gemeindehaushalts ausmachend, sind von ganz besonders schwerwiegender Bedeutung; denn die Personalkosten werden zweifellos auch in Zukunft im Rahmen der allgemeinen Lohnentwicklung steigen. Man hat durch die Umstellung der Gewerbesteuer und die Beteiligung der Gemeinden an der Wachstumssteuer, nämlich der Einkommen- und Lohnsteuer, mit 14 % schon Voraussetzungen dafür geschaffen, daß die Mehrkosten, die den Gemeinden erwachsen, einigermaßen wieder aufgefangen werden können.

    (Abg. Dr. Evers: Das war 1969!)

    Ich glaube, daß man auf diesem Wege weitere Untersuchungen anstellen muß.
    Ich verstehe Sie durchaus, Herr Schneider, wenn Sie sich nur kurzerhand die Forderung des Städtetages zu eigen machen und von 18 °/o sprechen. Ich meine, man müßte den wirtschaftlichen Vorgang der Lohnerhöhung, der gleichzeitig zu Lohnerhöhungen in den Gemeinden führt, aber andererseits auch erhöhte Steuereinnahmen zur Folge hat, so ausbalancieren können, daß die Gemeinden tatsächlich eine ungestörte Investitionspolitik durchführen können.
    An diesem Platz ist es dann wohl auch richtig, zu überlegen, den Gemeinden ein Hebesatzrecht zu geben, das es ihnen ermöglicht, den auf sie entfallenden Teil an der Einkommen- und Lohnsteuer zu erhöhen und an der Herstellung der Balance mitzuhelfen. Sie sollen dabei — darin sind wir uns wohl miteinander einig — eigene Verantwortung mit übernehmen. Wir wollen die Selbstverwaltung; Selbstverwaltung heißt aber auch Verantwortung auf den entsprechenden Gebieten.
    Ehe ich zu den Investitionen komme, muß ich einiges zu einem markanten Vorgang sagen, nämlich zur Verabschiedung des Städtebauförderungsgesetzes. Meine Damen und Herren von der CDU/CSU, wenn die Erkenntnisse in Fragen der Städtebauförderung, die wir Sozialdemokraten seit 15 Jahren in diesem Hause vertreten haben, von Ihnen anerkannt worden wären, dann hätte man das Städtebauförderungsgesetz nicht erst 1931 bekommen, sondern schon vor 10 oder 15 Jahren verabschieden können.

    (Beifall bei der SPD.)

    Dann hätten die Städte und Gemeinden in Planungen, die zwangsläufig falsch gemacht werden mußten, Milliarden und aber Milliarden sparen können.

    (Erneuter Beifall bei der SPD. — Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Es freut mich, Herr Erpenbeck, daß Sie hier lachen. Ich habe gerade Sie angesichts Ihrer neuen Vorlage in Verdacht, daß Ihnen die Grundstücksspekulanten in mancher Beziehung näherstehen als die Interessen der Gemeinden.

    (Beifall bei den Regierungsparteien. — Abg. Erpenbeck: Unerhört! — Weitere Zurufe von der CDU/CSU.)

    — Herr von Wrangel, genau um diese Frage geht es seit eh und je. Gerade in dieser Frage der Gestaltung des sozial gebundenen Eigentums — Art. 14 GG! — wollten Sie ja das Städtebauförderungsgesetz aushöhlen.

    (Abg. Baron von Wrangel: Sie sollten hier nicht diffamieren! — Abg. Dr. Evers: Das sind doch üble Verdächtigungen!)

    Wir haben nicht einmal in der Großen Koalition mit Ihnen zusammen das Städtebauförderungsgesetz zustande gebracht.

    (Zustimmung bei den Regierungsparteien.)

    Das hat erst diese sozial-liberale Koalition gegen Ihren härtesten Widerstand geschafft. Dieses Gesetz ist eine Magna Charta für die Städte. Herr Schneider, Sie hätten sich hier an das Podium stel-



    Dr. Schäfer (Tübingen)

    len müssen und für ein Städtebauförderungsgesetz moderner Prägung kämpfen müssen,

    (Abg. Dr. Schneider [Nürnberg] : Das habe ich im Städtetag getan!)

    weil dieses für die Städte das entscheidende Instrument ist, in der Zukunft innerhalb der Städte und am Rande der Städte so zu sanieren und Entwicklungen durchzuführen, die von allen Städteplanern und von allen, die mit diesem Problem befaßt sind, seit eh und je für notwendig gehalten werden, die aber ohne die ausreichenden rechtlichen Grundlagen nicht durchführbar sind. Sie haben den Städten diese Rechtsgrundlage bis heute verweigert. Erst diese Koalition hat den Städten diese Möglichkeit geben können.

    (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Schneider [Nürnberg] : Und Sie nehmen sie ihnen wieder weg!)

    Solche Hinweise werden Ihnen auch in Zukunft wehtun, wenn es darauf ankommt, Taten vorzuweisen und nicht nur aus der Opposition heraus Kritik zu üben. Sie hatten 17 Jahre lang Gelegenheit, Ihre — eigentlich müßte man sagen: nicht vorhandenen — Vorstellungen zu revidieren.

    (Abg. Dr. Schneider [Nürnberg]:: Wer hat denn die Städte aufgebaut? — Abg. Baron von Wrangel: Wo blieben denn die SPD Initiativen in diesen 17 Jahren?)

    — Sie haben uns die Fragen nie so abgenommen, daß sie übersetzt werden konnten.

    (Abg. Baron von Wrangel: Das ist doch keine Antwort! — Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Das ist eine Frage der Verständigung!)

    Hier muß man auch noch einmal an den falschen Lücke-Plan erinnern. Man muß daran erinnern, daß die Mieterhöhungen und die Bodenpreiserhöhungen Ihr Werk sind. Sie kamen auf Grund der Gesetzgebung zustande, die Sie in all diesen Jahren gemacht haben.

    (Abg. Dr. Schneider [Nürnberg] : Das glauben Sie doch selber nicht!)

    Heute lamentieren Sie über die Auswirkungen. Heute tun Sie, Herr Schneider, so, als wenn bis vor zwei Jahren alles in Ordnung gewesen wäre. Nein, bis vor zwei Jahren haben Sie die falschen Gesetze gemacht, und seither machen wir die richtigen Gesetze.

    (Beifall bei der SPD. — Lachen und Zurufe von der CDU/CSU.)

    Sie meinen den Eindruck erwecken zu können, als wenn diese CDU auf diesem Gebiet ein Erbe hinterlassen hätte, das man hätte fortführen können.

    (Abg. Dr. Schneider [Nürnberg] : Was sagen die Städte?)

    Weit gefehlt! Auf dem Gebiete der Gesetzgebung ist von uns hier ganz Entscheidendes und Neues in die Wege geleitet worden.

    (Abg. Dr. Schneider [Nürnberg] meldet sich za einer Zwischenfrage. — Abg. Stücklen: Herr Präsident, eine Zwischenfrage!)

    Einen kleinen Augenblick! Dieses Städtebauförderungsgesetz ist die Magna Charta für einen vernünftigen Ausbau und für vernünftige Planung der Städte in der Zukunft.
    Bitte, Herr Schneider!


Rede von Dr. Richard Jaeger
  • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CSU)
  • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Dr. Schneider (Nürnberg).

  • insert_commentNächste Rede als Kontext
    Rede von Dr. Oscar Schneider


    • Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede: (CDU/CSU)
    • Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)

    Herr Kollege Schäfer, Sie haben gesagt, die CDU — Sie meinen wohl die CDU/ CSU und die früheren Bundesregierungen unter unserer politischen Führung -hätten den Gemeinden nichts hinterlassen. Kennen Sie die Entschließung des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages vom 10. Oktober 1969 — also elf Tage vor der Wahl des neuen Bundeskanzlers —, in der es wörtlich heißt:
    Mit der Verabschiedung der Gemeindefinanzreform in der 5. Legislaturperiode wurde eine wichtige Grundlage für eine endgültige Sanierung der Gemeindefinanzen geschaffen. Das Werk muß in dieser Legislaturperiode fortgeführt und vollendet werden.

    (Abg. Stücklen: Hört! Hört! Hochinteressant!)