Rede von
Dr.
Friedrich
Zimmermann
- Parteizugehörigkeit zum Zeitpunkt der Rede:
(CDU/CSU)
- Letzte offizielle eingetragene Parteizugehörigkeit: (CSU)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Darf ich mit den letzten Worten des Kollegen Neumann beginnen. Es ist zuerst ein bißchen Unruhe im Saal aufgekommen, weil der Wehrbeauftragte nicht mehr anwesend war. Die Obleute der Fraktionen, das möchte ich hier sagen, waren davon verständigt, daß er heute abend eine dienstliche Verpflichtung hat, und waren damit einverstanden, daß er sie wahrnimmt. Das war auch der
Grund, warum ihm vor der Mittagspause das Wort erteilt worden ist. Ich sage das, weil es vielleicht nicht allen Kollegen hier im Hause bekannt war und ist. Auch meine Fraktion nimmt Anlaß, dem Wehrbeauftragten für seinen Bericht ausdrücklich zu dan ken.
Der Herr Verteidigungsminister hat heute vormittag erklärt, es seien Fehler bei der Anlage der Debatte von meiner Fraktion gemacht worden, und man solle das beim nächstenmal anders machen. Hier muß ich doch noch einmal auf den Gang der Dinge zurückkommen. Wir hatten ja eine Debatte im März, und diese Märzdebatte, so war vorgesehen, sollte eine Antwort auf die beiden Großen Anfragen, die vorlagen, geben. Aber auf einmal war das keine Debatte über die beiden Großen Anfragen, sondern der Herr Verteidigungsminister gab eine Regierungserklärung ab, und zwar zu einem ganz anderen Thema und Sachverhalt als zu den beiden Großen Anfragen, eine Regierungserklärung, von der — ich sagte das schon einmal im März an dieser Stelle — nicht einmal seine engsten Mitarbeiter etwas wußten, oder: wenn sie es gewußt haben sollten, so haben sie es jedenfalls für sich behalten. Das ist der Grund, warum diese Debatte längst hätte stattfinden können, aber nicht stattgefunden hat, und veranlaßt war nicht etwa durch die Große Anfrage meiner Fraktion
— die kam erst nachher —, sondern durch die Große Anfrage der Regierungskoalition.
Ich überlasse es also dem Herrn Verteidigungsminister, wer hier Fehler bei der Anlage der Debatte gemacht hat.
Darf ich dann ein paar Anmerkungen zunächst zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Wienand machen. Er begann mit dem auf meinen Kollegen Marx gemünzten Satz: „Rüsten, rüsten, aufrüsten, die letzten 20 Jahre."
Wer so primitiv die Verteidigungspolitik der letzten 20 Jahre kennzeichnet, der zeigt — und das hat auch seine nachfolgende Rede bewiesen —, daß er eigentlich der Alte geblieben ist. Der Kollege Wienand ist sich ganz treu geblieben
in seinen Auffassungen, die er auch heute wieder von sich gegeben hat.
Wenn die Frage nach der Rüstung erlaubt ist, dann darf man wohl auch fragen: Wer hat denn eigentlich die letzten 20 Jahre mehr gerüstet? Wer hat denn eine pausenlose Erhöhung der Kampfkraft zustande gebracht? Wer drängt jetzt das erstemal maritim in den Atlantik, nachdem er das Mittelmeer schon ausreichend präsentiert? Wer schafft sich laufend neue Basen im Nahen Osten und in
Deutscher Bundestag — 6. Wahlperiode 122. Sitzung. Bonn, Mittwoch, den 12. Mai 1971 7131
Dr. Zimmermann
Afrika? Wer hat die Amerikaner auf dem Sektor der nuklearen Raketen überholt?
Wer hat auf dem Sektor der U-Boote die Vereinigten Staaten fast eingeholt? Wer hat die stärkste konventionelle Kampfkraft in Mitteleuropa? Sie mögen die Divisionen hin und her zählen. Selbstverständlich weiß jeder — jedenfalls wissen Sie es, die Sie noch hier sitzen —, daß die Umfangsstärke der westeuropäischen und amerikanischen Divisionen größer ist als die der Sowjetunion. Nehmen Sie jedoch die Anzahl der Divisionen, so ergibt sich, daß die konventionelle Überlegenheit der Sowjetunion doppelt so groß ist, und in der dritten Linie sogar mehr als das.
Wer dann noch sagt — das hat nicht nur Herr Bußmann, sondern auch Herr Wienand getan —, kommunistische Staaten hätten keine Alternative zur friedlichen Koexistenz und zum Status quo, der verkennt fundamental, wie die Lage in Mitteleuropa heute wirklich ist.
Wer so etwas erklärt, der sagt das genaue Gegenteil dessen, was im letzten NATO-Kommuniqué, das auch der Herr Verteidigungsminister angesprochen hat, festgehalten ist. Das genaue Gegenteil davon haben immerhin zwei nicht ganz unbedeutende Sprecher der SPD-Fraktion gesagt. Ich stelle deshalb fest, daß ein tiefgreifender Unterschied in der Tendenz der Aussagen, der Handschrift und im Sprachgebrauch zwischen dem Verteidigungsminister und anderen Kollegen von der SPD-Fraktion besteht.
- Nein, das meine nicht nur ich, sondern das meint
auch weitgehend meine Fraktion.